Die technischen Holzinformationen der Lignum
Lignatec
9
HSLU
Smart Density Erneuern und Verdichten mit Holz
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Lignum
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2 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Inhalt
Diese Publikation wurde von folgenden Partnern erarbeitet und unterstützt:
Forschungspartner CCTP Kompetenzzentrum Typologie & Planung in Architektur, Hochschule Luzern – Technik & Architektur, Horw (Projektleitung) ISE Institut für Soziokulturelle Entwicklung, Hochschule Luzern – Soziale Arbeit, Luzern Architekturbüro kämpfen für architektur AG, Zürich
Beirat ARE Bundesamt für Raumentwicklung, Bern BAFU Bundesamt für Umwelt, Bern Blumer-Lehmann AG, Gossau Holzbau Schweiz, Verband Schweizer HolzbauUnternehmungen, Zürich Lignum, Holzwirtschaft Schweiz, Zürich rawi Dienststelle Raum und Wirtschaft Kanton Luzern
Massgebliche finanzielle Unterstützung Aktionsplan Holz, BAFU Bundesamt für Umwelt, Bern
Autoren Ulrike Sturm, Dr.-Ing. (Arch), M.A., CCTP, Horw (Kapitel 1) Jörg Schumacher, Dipl.-Ing. (Arch), CCTP, Horw (Kapitel 1) Franco Bezzola, lic. phil. I soc., ISE, Luzern (Kapitel 2) Colette Peter, lic. phil. I soc., MAS Raumplanung ETH, ISE, Luzern (Kapitel 2) Beat Kämpfen, dipl. Arch. ETH/SIA, Zürich (Kapitel 3)
Projektmitarbeit Peter Schwehr, Prof. Dr.-Ing. (Arch), Horw David Altiger, Dipl.-Ing., Zürich Reto Gassmann, dipl. Geograf, Luzern Roger Köppel, Stud. Arch., Horw Marco Schmutz, lic. phil. I soc., Luzern Rahel Strack, Architecte DPLG, Zürich Markus Tschannen, BA Arch., Horw
Fachliche Begleitung Urs Christian Luginbühl, dipl. Holzing. HTL, Biel
Seite 3 1 1.1 1.2 26 2 2.1 2.2 2.3 2.4
Von der Raumplanung zum Bauprojekt Wer verdichtet, baut kontextbezogen Wer verdichtet, baut mit Holz – 17 Beispiele für gelungene Verdichtung
31 3 3.1 3.2 3.3 3.4
Die ökonomischen Vorteile Erneuern und Verdichten versus Ersatzneubau Verdichten durch Einfügen von Neubauten Verdichten durch Erweiterungen Ökonomische und ökologische Argumente für den Holzbau
Eine Frage des Dialogs Hohe Akzeptanz des Werkstoffes Holz Unterschiedliche Einschätzung der baulichen Eigenschaften Beurteilung konkreter Beispiele Fazit
3 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
1
Von der Raumplanung zum Bauprojekt
Die Zunahme der Bevölkerung und zugleich steigende Wohnansprüche lösen in vielen Schweizer Gemeinden einen starken Siedlungsdruck aus.1 Mit der eidgenössischen Abstimmung zur Revision des Raumplanungsgesetzes RPG wurde im März 2013 ein haushälterischer Umgang mit der Ressource Boden beschlossen. Gemeinden sind somit verpflichtet, zunächst die nicht unerheblichen Baureserven innerhalb der bereits bestehenden Bauzonen zu nutzen.2 Dabei geht es sowohl um die Umnutzung und Neustrukturierung von Brachen und Siedlungen als auch um die Schliessung von Baulücken und die Erhöhung der Ausnützung von bereits bebauten Liegenschaften, eine Entwicklung, die vor allem in urbanen und suburbanen Gebieten von Städten und Agglomerationsgemeinden gewünscht ist.3 Ziel dieser sogenannten ‹Siedlungsentwicklung nach innen› ist eine bauliche und soziale Verdichtung, d.h. die Nutzung gleicher Bodenfläche durch mehr Einwohner und Arbeitnehmer.4 Insbesondere die Verdichtung bereits bebauter Grundstücke stösst jedoch bei der in der Schweiz häufig anzutreffenden kleinteiligen Eigentümerstruktur 5 auf vielfältige Hindernisse. Aber auch die Neustrukturierung grösserer Brach- oder Siedlungsflächen durch institutionelle Bauträger wird seitens der Bevölkerung nicht immer gutgeheissen.6 Damit Verdichtung als langfristige raumplanerische Strategie erfolgreich ist, gilt es folgendes zu klären: Wie können Quartiere verdichtet werden, ohne an Qualität zu verlieren oder einem unerwünschten Austausch der Bewohnerschaft Vorschub zu leisten? Welche Bauformen eignen sich speziell für die Herausforderungen eines Bauens im Bestand? Das Kompetenzzentrum Typologie & Planung in Architektur (CCTP) der Hochschule Luzern befasste sich mit Partnern aus Forschung und Wirtschaft im Forschungsprojekt ‹Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz› mit der Verdichtung in Wohnquartieren. Das Projektteam entwickelte anhand von Fallbeispielen Verdichtungsstrategien für städtische, Agglomerations- und stadtnahe Gemeinden7, welche auf die Rahmenbedingungen des jeweiligen Ortes eingehen. Neben der Gemeinde wurde die Eigentümerschaft einbezogen und nach ihrer Offenheit für Verdichtungsmassnahmen – einschliesslich neuer Bewohner – sowie nach ihrer Investitionsbereitschaft und ihrer Einstellung zum Holzbau befragt.
Anstelle universeller Planungsmethoden sind, so das Ergebnis, standortspezifische Strategien gefragt. Verdichtungsanreize bestehen vor allem, wenn eine anstehende Sanierung oder ein Ersatzneubau durch ein erweitertes Flächenangebot teilfinanziert werden kann. Damit dies auch zu sozialer Verdichtung beiträgt, sind zusätzliche Wohneinheiten zu schaffen. Wie eine Analyse von realisierten Beispielen zeigt, hält der moderne Holzbau für diese Aufgaben zahlreiche Lösungen bereit (siehe Kapitel 1.2). Kellenberger M. 2013: Wachsende Bevölkerung und steigende Nachfrage nach Fläche. Bundesamt für Raumentwicklung ARE: Dichter planen und bauen. Forum Raumentwicklung Informationsheft 2 (13): 9–11. 2 2012 bestanden in bereits eingezonten Gebieten Baulandreserven für 1,4 bis 2,1 Mio. zusätzliche Einwohner. ETH Zürich, Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung IRL 2012: Schweizweite Abschätzung der inneren Nutzungsreserven. Studie im Auftrag des Bundesamtes für Raumentwicklung ARE, Zürich. 3 Schweizerischer Bundesrat, KdK, BPUK, SSV, SGV (2012): Raumkonzept Schweiz. Überarbeitete Fassung 20.12.2012. www.are.admin.ch: 43 und 45. 4 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird nachfolgend auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Die männliche Form schliesst die weibliche mit ein. 5 2000 befanden sich 88,5 % des Wohngebäudebestandes im Besitz von Privatpersonen. Bundesamt für Statistik BFS 2004: Eidgenössische Volkszählung 2000 – Gebäude, Wohnungen und Wohnverhältnisse. Neuenburg: Bundesamt für Statistik BFS. 6 Das Amt für Raumentwicklung und das Statistische Amt des Kantons Zürich (www.are.zh.ch) haben daher 2013 eine umfassende Befragung zur Akzeptanz von Dichte durchgeführt. 7 Am Projekt ‹Smart Density› nahmen neun Gemeinden sowie drei Baugenossenschaften teil. Es wurden dabei drei Ortszentren, zwei zentrumsnahe Quartiere, drei zentrumsnahe Liegenschaften von Baugenossenschaften sowie zwei Einfamilienhausquartiere untersucht. 1
4 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
1.1
Wer verdichtet, baut kontextbezogen
Die soziale und bauliche Verdichtung von Quartieren kann auf verschiedenste Weise erfolgen. Dies bedeutet, dass die konkreten Lösungen jeweils erst entwickelt werden müssen. Hierbei werden Prozesse – nicht Bauprojekte – initiiert. Dies hat Konsequenzen auf verschiedenen Ebenen: Eine frühe Einbindung der Schlüsselakteure ist für Erfolg und Akzeptanz von Verdichtung entscheidend. Neben den Gemeinden, von denen meist die Initiative ausgeht, sind Eigentümer, mögliche Investoren, Bauträger sowie heutige und künftige Nutzergruppen Schlüsselakteure eines Aushandlungsprozesses, der moderiert werden muss. Die Moderation hat dabei die Aufgabe, zwischen den Beteiligten zu vermitteln. Bei kleinteiliger Eigentumsstruktur gilt es meist, den AusFigur 1 und 2 Links: Situationsplan Fliegersiedlung Tottikon: bestehende Überbauung. Rechts: Situationsplan Fliegersiedlung Tottikon: geplante Überbauung.
handlungsprozess in Zusammenarbeit mit der Gemeinde zu initiieren. Ziel ist es, gemeinsam für ausgewählte Quartiere Verdichtungsstrategien zu bestimmen, mit deren Hilfe die baulichen Erweiterungsmöglichkeiten bis hin zu konkreten Verdichtungstypen auf Gebäudeebene ausgearbeitet und gegebenenfalls Anreize zu Investitionen geschaffen werden können. Die Ergebnisse können entweder in einem Masterplan festgehalten oder im Rahmen der Ortsplanung rechtlich verankert werden. In der Broschüre ‹Qualitätsvolle Innenentwicklung durch Dialog und Kooperation› der Hochschule Luzern werden die wesentlichen Schritte des Prozesses aufgezeigt.8
Beispiel Die Gemeinde Stans wies die an der Moderne orientierten zehn Zeilenbauten der Fliegersiedlung Tottikon aus den 1940er Jahren als schutzwürdig aus (Figur 1). Dies stand im Widerspruch zum Wunsch der Eigentümerin, der Wohnbaugenossenschaft Stans, den Bestand durch Neubauten zu ersetzen. Im Rahmen von ‹Smart Density› wurden Bebauungsstudien für den Umbau erarbeitet, die zu einem Konzept mit Teilerhalt
führten. Auf dieser Basis wurde ein Studienauftrag ausgeschrieben, dessen Siegerprojekt neben vier Gebäuden auch die für die Siedlung charakteristische Zeilenstruktur auf dem nördlichen Baufeld erhält (Figur 2). Auf dem südlichen Baufeld entsteht neu ein offener Blockrand, der angemessen auf die Zentrumsnähe reagiert.
5 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Gemeinden, die ihre Flächenpotentiale sichten und Verdichtungsstrategien für Quartiere formulieren, besitzen einen Entwicklungsvorteil. Unterstützt durch den Ortsplaner, sollten Gemeinden ihre Flächenreserven frühzeitig erfassen.9 Neben dem rechnerischen Entwicklungspotential ist auch die qualitative Eignung eines Quartiers entscheidend. Verdichtungsrelevante Quartiere zeichnen sich durch ihre Bedeutung für die Gemeindeentwicklung sowie eine erweiterungs- oder umbaufähige Bau- und Parzellenstruktur aus und erlauben die Schaffung von zusätzlichen Wohneinheiten. Im Projekt ‹Smart Density› wurden über die Merkmale Gebäudetyp, Ausnützungsziffer (AZ)10 und Einwohnerdichte (Anzahl EW/ha) acht verdichtungsrelevante Quartiertypen beschrieben (siehe Figur 10).11 Figur 3 und 4 Links: Quartier Riedmatt, Horw: Gebäudebestand. Rechts: Quartier Riedmatt, Horw: Situationsplan.
Beispiel Um die Möglichkeiten zur Aufwertung von Quartieren auszuloten, liess die Gemeinde Horw im Rahmen der Gesamtrevision der Nutzungsplanung 2007 eine detaillierte Quartieranalyse erarbeiten. Im zentrumsnah gelegenen Quartier Riedmatt (Figur 3 und 4) wurden zahlreiche Gebäude als sanierungsbedürftig eingestuft. Unzeitgemässe Wohnungsgrundrisse und schlechter baulicher Zustand führen dazu, dass
die Wohnungen in einem tiefen Preissegment angeboten werden. Im Projekt ‹Smart Density› wurden die baulichen Entwicklungs- und Verdichtungsmöglichkeiten im Quartier untersucht sowie der Dialog zwischen Eigentümern und Gemeinde gefördert. Auf dieser Grundlage ist die Gemeinde in der Lage, den Eigentümern konkrete planerische Unterstützung bei der Verbesserung der Wohn- und Umgebungsqualitäten im Quartier anzubieten.
6 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Figur 5 Seeseitige Ansicht Vitznau: Verdichtungskonzept unter Berücksichtigung der bestehenden Struktur.
Figur 6 Seeseitige Ansicht Vitznau: Verdichtungskonzept mit Strukturveränderung durch parallel zur Uferlinie orientierte Gebäuderiegel.
Beispiel In der Gemeinde Vitznau am Vierwaldstättersee wurde deutlich, dass die Bewohner des Ortes besonders den Bezug zum Wasser schätzen. Bei der heutigen Bebauungsstruktur stehen die meisten Gebäude mit der Schmalseite zum Wasser und lassen dadurch zahlreiche Blick- und Wegbeziehungen zum See zu. Ein Verdichtungskonzept, das
Verdichtungsstrategien müssen Identitätselemente des Bestehenden übernehmen. Mit der Erneuerung und Verdichtung von Quartieren ist die Gefahr verbunden, dass prägende Identitätsmerkmale zerstört werden. Das kann bei den Betroffenen zu Widerstand führen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, neue Identitätsmerkmale zu schaffen. Für die richtige Balance zwischen Erhalten und Gestalten bedarf es der Kenntnis des Kontexts. Aus dem Aushandlungsprozess sollten Verdichtungsstrategien hervorgehen, die wesentliche Identitätsmerkmale von Quartieren erhalten oder neue schaffen. Im Projekt ‹Smart Density› wurde auf folgende Strategien eingegangen, die weiter unten anhand von Beispielen erläutert werden (siehe Kapitel 1.2):12
diese Struktur berücksichtigt (Figur 5), stösst auf weniger Widerstand als eine Strukturveränderung mit Gebäuderiegeln parallel zur Uferlinie (Figur 6). Die Beschränkung der seeseitigen Frontlängen neuer Bauten soll nun bei der Revision der Bauund Zonenordnung berücksichtigt werden.
Wohnen statt Industrie (für Transformationsgebiete) Erhalt historischer Dichte (für Ortskerne) Nutzung von Reserven (für unterschiedliche Wohnquartiere) Mehrfamilienhaus statt Einfamilienhaus (für Wohnquartiere mit EFH-Bestand) Neue Siedlungsstruktur (für unterschiedliche Wohnquartiere).
7 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Verdichtungsstrategien sollten den Eigentümern den nötigen Handlungsspielraum belassen und soziale Verdichtung fördern. Beim Verdichten stellen sich je nach Bauvorhaben und Grundstück unterschiedliche Herausforderungen: kleine Baufläche ungünstiger Zuschnitt der Baufläche geringe Gebäudeabstände – kompakte Bauformen schwierige Bodenverhältnisse – Erdbebensicherheit geringe Tragfähigkeit von Bestandsbauten Unterbringung von Mischnutzung geforderte Grossmassstäblichkeit geforderte Gebäudehöhe gestalterische Vorgaben durch den Kontext bezahlbares Bauen notwendige Flexibilität/Anpassbarkeit Bauen im Bestand als Störfaktor
Figur 7 Verdichtungstyp Neubau/Ersatzneubau.
Figur 8 Verdichtungstyp Ergänzungsneubau.
Figur 9 Verdichtungstyp Sanierung mit Anbau.
Figur 10 Verdichtungstyp Sanierung mit Aufstockung.
Figur 11 Verdichtungstyp Sanierung mit Anbau und Aufstockung.
Die Verdichtungsstrategie und die darauf aufbauenden planerischen Weichenstellungen durch die Gemeinde stecken den Handlungsrahmen für Bauherren und Architekten ab. Der ökonomische Anreiz zur Verdichtung besteht für die Eigentümer vor allem darin, eine anstehende Sanierung oder einen Ersatzneubau durch zusätzliche vermietbare Fläche teilzufinanzieren. Damit diese jedoch nicht durch einen erhöhten Wohnflächenkonsum pro Kopf aufgebraucht wird13, können Gemeinden beispielsweise einen Ausnützungsbonus für die Schaffung zusätzlicher Wohnungen auf dem Grundstück gewähren. Je nach Herausforderung eignen sich fünf verschiedene Verdichtungstypen für die Umsetzung (siehe Figur 7–11).14
Kompetenzzentrum Regionalökonomie, Hochschule Luzern – Wirtschaft und Kompetenzzentrum Typologie & Planung in Architektur, Hochschule Luzern – Technik & Architektur 2013: Qualitätsvolle Innenentwicklung durch Dialog und Kooperation. Argumentarium und Wegweiser. www.hslu.ch/cctp/t-fat_publikationen 9 Aus der Differenz zulässiger und realisierter Geschossflächen und Bauvolumen ergeben sich überschlägig Flächenkapazitäten sowie mögliche zusätzliche Einwohnerkapazitäten. Sind diese zu knapp, sollte gegebenenfalls die zulässige Ausnützung erhöht werden. Vgl. Raum+ (ETH 2010: www.raumplus. ethz.ch), Dichtebox (Metron AG 2011: www.metron.ch/m/mandanten/73/ topic5512/story15790.html), LUBAT Luzerner Bauzonen Analyse-Tool (rawi Kanton Luzern: http://www.rawi.lu.ch/index/themen/siedlungsentwicklung/ siedlungsentwicklung_hilfsmittel.htm) und Arbeitshilfe Siedlungsentwicklung nach innen (rawi Kanton Luzern 2013: www.rawi.lu.ch/arbeitshilfe_siedlungsentwicklung_nach_innen.pdf). 10 Die Ausnützungsziffer (AZ) als ein bislang gebräuchliches Mass für bauliche Dichte gibt das Verhältnis der anrechenbaren Geschossfläche des Gebäudes zur Grundstücksfläche an. Die anrechenbare Fläche ist allerdings kommunal unterschiedlich definiert, so dass bei den Angaben zu den Beispielen geringfügige Varianzen bestehen. Zum künftigen Ersatz der AZ als Mass baulicher Dichte vgl. Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe IVHB. http://www.bpuk.ch/konkordate/ivhb.aspx 11 Für Quartiertypen gibt es keine einheitliche Systematik. Zur Quartiertypologie von ‹Smart Density› vgl. RES Raumentwicklungskonzept Zürich (Stadt Zürich – Amt für Städtebau 2010: www.stadt-zuerich.ch/hbd/de/index/staedtebau_u_ planung/planung/raeumliche_entwicklungsstrategie.html), Dichtebox (Metron AG 2011: www.metron.ch/m/mandanten/73/topic5512/story15790.html) und Arbeitshilfe Siedlungsentwicklung nach innen (rawi Kanton Luzern 2013: www.rawi.lu.ch/arbeitshilfe_siedlungsentwicklung_nach_innen.pdf). 12 Vgl. RES Raumentwicklungskonzept Zürich mit drei Strategien (Bauen im Bestand, Verdichtung und Weiterentwicklung, Transformation und Neuorientierung) und Arbeitshilfe Siedlungsentwicklung nach innen des rawi Kanton Luzern mit sechs Strategien (Bewahren, Erneuern, Weiterentwickeln, Umstrukturieren, Neuorientieren und Neuentwickeln). 13 So führte in Zürich die erhebliche bauliche Verdichtung des letzten Jahrzehnts nicht zu der erhofften sozialen Verdichtung. Vgl. Raumdaten 2013: Soziale Profile und Wohnsituation in der Stadt Zürich in Abhängigkeit vom Eigentümertyp 2000–2011. Studie im Auftrag des Mieterverbandes Zürich. www.raumdaten.ch 14 Vgl. Plagaro Cowee N., Schwehr P. 2008: Die Typologie der Flexibilität im Hochbau. Luzern: interact Verlag 8
8 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
1.2 Wer verdichtet, baut mit Holz – 17 Beispiele für gelungene Verdichtung Die im Projekt ‹Smart Density› durchgeführte Analyse von gebauten Beispielen zeigt, dass der Holzbau für die Anforderungen der Verdichtung vielfältige Lösungen bereithält.15 Die Überblicksgrafik (Figur 12) zeigt die Verknüpfung von planerischen Herausforderungen mit 17 Lösungen im konstruktiven Holzbau, die in der Beispielsammlung dieses Lignatec vorgestellt werden. Jedes der Projekte bietet eine holzbauspezifische Lösung für verdichtetes Bauen. Die Grafik verdeutlicht den Zusammenhang von Quartiertyp, Verdichtungsstrategie, Herausforderung und Verdichtungstyp. Zu jeder der fünf Verdichtungsstrategien wird je ein Beispiel ausführlich dargestellt. Im Anschluss werden zwölf weitere Beispiele steckbriefartig porträtiert. Dabei werden jeweils auch die konkreten Herausforderungen und der gewählte Verdichtungstyp erläutert. Basis hierfür ist die signifikante technische Entwicklung in den letzten Jahrzehnten. Vgl. Lignatec Nr. 25 ‹Klimaschonend und energieeffizient bauen mit Holz – Grundlagen› (2011), Lignatec 26 ‹Klimaschonend und energieeffizient bauen mit Holz – Umsetzung› (2012).
15
Figur 12 Antworten im Holzbau auf raumplanerische Herausforderungen.
Quartiertypologien Transformationsgebiet ehem. Industrie AZ 0,5; EW-Dichte 0 EW/ha
Verdichtungsstrategie
kleine Baufläche Wohnen statt Industrie
Homogenes EinfamilienhausQuartier
ungünstiger Zuschnitt der Baufläche
AZ 0,2–0,4; EW-Dichte < 50 EW/ha
Gemischtes Mehrfamilienhaus-/ Einfamilienhaus-Quartier
Erhalt historischer Dichte
AZ 0,4; EW-Dichte 50–80 EW/ha
geringe Gebäudeabstände/ Kompakte Bauformen
Mehrfamilienhaus-Quartier (Einzelgebäude) AZ 0,6–0,9; EW-Dichte > 80 EW/ha
Nutzung von Reserven
Zeilenbebauung/ReformBlockrandbebauung
schwierige Bodenverhältnisse/ Erdbebensicherheit
AZ 0,9–1,3; EW-Dichte 130–160 EW/ha
Grossmassstäbliche Siedlung AZ 1,3–1,7; EW-Dichte 220–250 EW/ha
Herausforderungen
MFH statt EFH
Historischer Ortskern
geringe Tragfähigkeit von Bestandsbauten
AZ 0,6–2,7; EW-Dichte var. EW/ha
Homogenes Blockrandquartier (des 19. Jahrhunderts) AZ 0,8–3,0; EW-Dichte 190–500 EW/ha
Neue Siedlungsstruktur
Mischnutzung
9 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Beispiele 1
Giesserei, Winterthur 2
Verdichtungstyp
Mühlebachstrasse, Thalwil 3
Casa Montarina, Lugano 4
Gebäudehöhe
MFH Tramenaz, La Tour-de-Peilz 5
Neubau ergänzend Grossmassstäblichkeit
gestalterische Vorgaben durch den Kontext
Heckenweg, Zollikofen 6
SZU Betriebsgebäude, Zürich Giesshübel 7
Ersatzneubau
WylerPark, Bern 8
Altstadthäuser, Bern 9
Überbauung Buchthalen, Schaffhausen
bezahlbares Bauen 10 MFH Habsburgstrasse, Zürich Flexibilität/ Anpassbarkeit
11
Sanierung mit Anbau
12 Erweiterung EFH Schiffmatt, Unterägeri
Bauen im Bestand als Störfaktor
13 14
Bewahrung von Freiraum auf dem Grundstück
Sanierung mit Aufstockung
MFH Gebhartstrasse, Köniz
15
Dachneubau in Kilchberg
Siedlung Grünmatt, Zürich
Wohn- und Gewerbebau Mühlematt, Luzern
16 Wohnüberbauung Victor Ruffy, Lausanne 17 Wohnhausanlage Via Cenni, Mailand
10 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Verdichtungsstrategie: Wohnen statt Industrie 1 Mehrgenerationenhaus Giesserei, Ida-Sträuli-Strasse 65–79, 8404 Winterthur
Raumplanerische Einordnung Kernstadt einer Agglomeration16 | CEN ≥ 100 000 Quartiertyp Transformationsgebiet ehem. Industrie | AZ 2,6510 Herausforderungen geforderte Grossmasstäblichkeit | Flexibilität/Anpassbarkeit Verdichtungstyp/Holzbau Neubau/Ersatzneubau | Skelettkonstruktion
Bauherrschaft GESEWO, Genossenschaft für selbstverwaltetes Wohnen, Winterthur Architektur Galli Rudolf Architekten AG, Zürich Holzbauingenieur Indermühle Bauingenieure, Thun Grundstücksfläche SIA 416 11 037 m2 Geschosszahl 6 VG Geschossfläche SIA 416 29 265 m2 Gebäudevolumen SIA 416 96 367 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 645.– Bauzeit April 2009 – Januar 2013 Nutzung Wohnnutzung Wohneinheiten 155 Mietwohnungen (1½-9-Zi.-Whg., Jokerzimmer) Nutzfläche SIA 416 14 270 m2
Weitere Nutzung Restaurant, Quartierbibliothek, Kindertagesstätte, Tageszentrum für Menschen mit einer Hirnverletzung, Veloladen, TCM-Praxis, Musikschule, 2 Gemeinschaftsräume, 3 Werkstätten (für die Bewohnerschaft), 61 Parkplätze, davon 31 Mietparkplätze (0,2 PP/Whg.), 577 Veloplätze Nutzfläche SIA 416 2711 m2 Konstruktion Trag-/Primärstruktur Untergeschoss und Treppenhäuser zur Aussteifung aus Stahlbeton, Holzbau als Skelettkonstruktion, bestehend aus Dach- und Deckenelementen, Unterzügen, längs zum Gebäude verlaufenden Mehrfeldträgern und Stützen mit Achsmassen von 3,20–3,59 m Fassade/Gebäudehülle nichttragende Aussenwandelemente angeordnet zwischen Tragwerkstützen aus Brettschichtholz, hinterlüftetes Fassadensystem mit Gipsfaserplatten-Beplankung und vorgehängter Schalung in Fichte/Weisstanne Innenwände Metallständer-Leichtbauwände mit Gipskartonplatten-Beplankung Decken Aussenfeld: Rippendecke, Innenfeld: Brettstapeldecke Die raumplanerische Einordnung der Gemeinde erfolgt gemäss dem Bundesamt für Statistik nach Gemeindetyp und Einwohnerzahl. Relevant für die Verdichtung sind insbesondere Kernstädte (CEN) und Agglomerationsgemeinden (SUB bzw. RE für finanziell reiche Agglomerationsgemeinden). Vgl. Bundesamt für Statistik BFS, 2013: Die Raumgliederungen der Schweiz 2013. Gemeindetypen, Bern
16
11 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Figur 13 Umgebungsplan.
Figur 14 Situationsplan.
Der Masterplan für die Nachnutzung der Giesserei Winterthur verlangte eine industriequartiertypische Gebäudegrösse. Die 2013 fertiggestellte Wohnanlage zeigt, dass mit Holzbau Grossformen mit hoher Bewohnerdichte realisierbar sind. Mit einem modularen System wurde das bislang grösste Bauvolumen in Holzbau in Europa errichtet.
Auf 17 Mio. m2 bezifferte eine Untersuchung des Bundesamtes für Raumentwicklung ARE und des Bundesamtes für Umwelt BAFU 2004 die brachliegenden Industrie- und Gewerbeflächen in der Schweiz.17 Der vom Bundesrat beschlossene ‹Massnahmenplan zur Förderung der Umnutzung von Industrie- und Gewerbebrachen› umfasste den Aufbau einer Datenbank, in der die entsprechenden Flächen 2008 verzeichnet wurden.18 Von rund 350 brachliegenden Arealen lagen 70 % in Agglomerationsgemeinden.19 Diese Lage prädestiniert viele dieser Flächen für eine Umnutzung und Neustrukturierung zu Wohn- oder Mischquartieren. Die Verdichtungsstrategie ‹Wohnen statt Industrie› und der Verdichtungstyp Neubau/Ersatzneubau führen bei der Transformation ehemaliger Industrie- und Gewerbeflächen häufig zu einer grossmassstäblichen Bebauung, die seit den Brandschutzbestimmungen von 2005 auch mit Holzkonstruktionen möglich ist. Im Osten Winterthurs entsteht auf einem Areal, das bis 1993 ein Industriequartier der Firma Sulzer bildete, derzeit der Stadtteil Neuhegi als zweiter Kern der von der Planung anvisierten ‹bipolaren Stadt›. Bei Vollausbau werden ca. 10 000 Arbeitsplätze und rund 4000 Einwohner in der Planungszone Neuhegi-Grüze Platz finden, was eine Verdreifachung der Arbeitsplatzzahl und eine Verdoppelung der Bewohnerzahl bedeutet. Ein Masterplan setzte in diesem Kontext auch die Rahmenbedingungen für das Mehrgenerationenhaus Giesserei, welches sich in Massstab und Dimension an den ehemaligen Produktionsgebäuden orientiert. In der sechsgeschossigen Überbauung von Galli Rudolf Architekten entstanden auf einer Grundstücksfläche von rund 11 000 m2 insgesamt 155 Wohnungen sowie Gemeinschaftsräume und Gewerbeflächen (AZ 2,65). Die Bauherrschaft setzte schon in der Ausschreibung des Wettbewerbs auf Holzbauweise und auf das Label Minergie-P-Eco. Die Holzkonstruktion ermöglicht ein flexibles, modulares System im Inneren. Hierdurch können Zimmer mit einfachen baulichen Mitteln verschiedenen Wohnungen zugeordnet und Kleinwohnungen ohne grossen Aufwand in Grosswohnungen umgewandelt werden. Das breite Wohnungsangebot und der hohe Grad der Anpassbarkeit durch modulare Bauweise sprechen eine vielfältige Bewohnerschaft an und können sich wandelnden Raumansprüchen Rechnung tragen. Weitere Informationen: Lignum-Holzbulletin 107/2013 S. 2344 Valda A., Westermann R. 2004: Die brachliegende Schweiz – Entwicklungschancen im Herzen von Agglomerationen. Bundesamt für Raumentwicklung ARE, Bundesamt für Umwelt BAFU. Bern 18 www.brachen-bank.ch; Wüest & Partner führt die Datenbank seit 2008 intern weiter. 19 Bundesamt für Raumentwicklung ARE, Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK 2008: Die Brachen der Schweiz. Reporting 2008: 4–5 17
12 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Verdichtungsstrategie: Erhalt historischer Dichte 2 Ensemble Mühlebachstrasse, Mühlebachstrasse 28–32, 8800 Thalwil
Raumplanerische Einordnung Agglomerationsgemeinde16 | SUB 10 000–19 999 Quartiertyp Historischer Ortskern | AZ 0,9210 Herausforderungen geringe Gebäudeabstände/kompakte Bauformen |gestalterische Vorgaben durch den Kontext Verdichtungstyp/Holzbau Neubau/Ersatzneubau | Skelettkonstruktion
Bauherrschaft Heer & Co. AG, Thalwil Architektur Archplan AG Architekten, Thalwil Holzbauingenieur Renggli AG, Sursee Grundstücksfläche SIA 416 2800 m2 Geschosszahl 3 VG / 4 VG Geschossfläche SIA 416 2581 m2 Gebäudevolumen SIA 416 11 000 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 830.– Bauzeit Juni 2009 – Dezember 2010 Nutzung Wohnnutzung Wohneinheiten 15 Wohneinheiten (2- bis 6½-Zi.-Whg., vorher 8 Wohneinheiten)
Weitere Nutzung Art der weiteren Nutzung Dienstleistung Nutzfläche SIA 416 220 m2 Konstruktion Trag-/Primärstruktur Hybridkonstruktion: Tragstruktur als Beton-Skelettkonstruktion mit nichttragenden, auf Stahlbetondecken abgestellten Wandelementen in Holzbauweise Fassade/Gebäudehülle Holzelementbau, innere Vorsatzschale ausgedämmt, partielle Aussendämmung auf Holzelementen, Oberflächenmaterial: Brüstungs-/Sturzbänder als Putzfassade, Fensterbänder als Holzverkleidung mittels offener Holzlatten Innenwände Leichtbauwände mit doppelter Zementfaserplattenverkleidung, verputzt Decken Stahlbetondecken
13 Smart Density â&#x20AC;&#x201C; Erneuern und Verdichten mit Holz
Figur 15 Umgebungsplan.
Figur 16 Situationsplan.
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Im Zentrum von Thalwil konnte bei einem Ensemble aus drei Neubauten und einem 270 Jahre alten denkmalgeschßtzten Fachwerkhaus die fßr Ortszentren typische Dichte erhalten werden. Ein Gestaltungsplan ermÜglichte die Unterschreitung der sonst fßr die Bauzone zulässigen Gebäudeabstände. Technische LÜsungen zur Verhinderung von Brandßberschlag und zur Ausbildung brandgeschßtzter Fluchtwege erlauben die geringen Gebäudeabstände auch im Holzbau.
Die historischen Kerne von kleineren Gemeinden wie auch die historischen Zentren kleiner und mittlerer Städte durchlaufen in der Schweiz seit vielen Jahren einen Strukturwandel. Detailhandel und andere gewerbliche Nutzungen dĂźnnen aus, mancherorts ist auch die Attraktivität als Wohnort aufgrund älterer, nicht gepflegter Bausubstanz begrenzt. Seit einigen Jahren berät das Netzwerk Altstadt20 Gemeinden bei der Ortskernentwicklung und stellt Werkzeuge fĂźr die Entwicklung von Gebäuden und Liegenschaften bereit.21 Der Fokus liegt dabei auf der Stabilisierung oder Erweiterung der Wohnnutzung. Historische Ortskerne weisen oft eine hohe bauliche, aber geringe soziale Dichte auf, da die Qualität der Wohnungen nicht mehr zeitgemäss ist. Ziel der Verdichtungsstrategie â&#x20AC;šErhalt historischer Dichteâ&#x20AC;ş ist es, die bauliche Dichte von Ortskernen sowie deren Eigenart zu erhalten22 und die Gebäude heutigen Wohnstandards anzupassen. Dabei ist es nicht immer mĂśglich, die Bausubstanz vollständig zu erhalten. Deshalb wird eine Kombination von Sanierung und Ersatzneubau vorgeschlagen. Auffallend am MĂźhlebachrank-Areal im Ortszentrum von Thalwil ist die Nähe der Gebäude zueinander. Diese ist â&#x20AC;&#x201C; wie auch die fĂźr die Bauzone eigentlich nicht zulässige GebäudehĂśhe â&#x20AC;&#x201C; nur durch die Gestaltungsplanregelung des Planungs- und Baugesetzes des Kantons ZĂźrich (PBG) mĂśglich. Laut dieser darf von den kantonalen Mindestabständen abgewichen werden, wenn ein Gestaltungsplan vorgelegt wird. Auf dem MĂźhlebachrank-Areal wurden ein aus dem Jahr 1741 stammendes Fachwerkgebäude erhalten und zwei baufällige Wohnhäuser durch drei Neubauten mit Wohnund Gewerbenutzung ersetzt. Durch die Anordnung der Bauvolumen entstanden Aussenräume, die durch ihren schmalen Querschnitt und die abknickenden Fluchtlinien Assoziationen zu Altstadtgassen aufkommen lassen. In HĂśhe und Form nehmen die Neubauten Bezug zur Nachbarbebauung. Während der Neubau in Massivbauweise mit seinem Giebeldach eine eher traditionelle Formensprache aufnimmt, treten die beiden Holzbauten mit Flachdach und horizontalen Fensterbändern als zeitgenĂśssische Bauten in Erscheinung. FĂźr die Erreichung des angestrebten Minergie-P-Standards bot der Holzbau eine Ăśkonomische LĂśsung. Die Skelettkonstruktion erlaubt eine freie Unterteilung der Grundrisse und stellt damit eine langfristige Nutzung der Gebäude sicher. Weitere Informationen: www.archplan.ch23 Das Netzwerk Altstadt versteht sich als Kompetenzzentrum fĂźr Fragen rund um den Ortskern, auch fĂźr kleinere Gemeinden (www.netzwerk-altstadt.ch). Collage. Zeitschrift fĂźr Planung, Umwelt und Städtebau 1 (10): Strukturwandel in Kerngebieten: 8â&#x20AC;&#x201C;19 22â&#x20AC;&#x201A; Vgl. auch Schweizer Heimatschutz 2011: Positionspapier â&#x20AC;šVerdichten braucht Qualitätâ&#x20AC;ş. http://www.heimatschutz.ch/index.php?id=1879 23â&#x20AC;&#x201A; www.archplan.ch/arbeiten/bauten/detailansicht/projekt/348-drei-mfh-neubauten.html 20â&#x20AC;&#x201A;
21â&#x20AC;&#x201A;
14 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Verdichtungsstrategie: Nutzung von Reserven 3 Casa Montarina, Via Aprica 30, 6900 Lugano
Raumplanerische Einordnung Kernstadt einer Agglomeration16 | CEN 50 000–99 999 Quartiertyp Mehrfamilienhaus-Quartier (Einzelgebäude) | AZ 1,3210 Herausforderungen kleine Baufläche | schwierige Bodenverhältnisse/Erdbebensicherheit Verdichtungstyp/Holzbau Ergänzungsneubau | Tafelkonstruktion
Bauherrschaft Mimi Lepori Bonetti/Lorenzo Felder Architektur Studio d'architettura Lorenzo Felder, Lugano Holzbauingenieur Borlini & Zanini SA, Pambio Noranco Grundstücksfläche SIA 416 716 m2 Geschosszahl 6 VG Geschossfläche SIA 416 948 m2 Gebäudevolumen SIA 416 2929 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 846.– Bauzeit Februar 2007 – März 2008 Nutzung Wohnnutzung Wohneinheiten 4 Eigentumswohnungen (5½-Zi.-Whg.)
Konstruktion Trag-/Primärstruktur Holztafelkonstruktion auf Betonsockel. Die Aussteifung übernehmen die zum Hang senkrecht ausgebildeten Wände, zum Hang parallele Wände sind tragend Fassade/Gebäudehülle Vorfabrizierte Holztafelelemente (mit bis zu 9 m Höhe) aus mit OSB beplanktem Ständerwerk und ausfachender Mineralwolldämmung, hinterlüftetes Fassadensystem, Oberflächenmaterial: anthrazitfarbene Zementfaserplatten Innenwände Holzständerwände, mit Mineralwolle gedämmt und mit Gipsfaserplatten beplankt Decken Hohlkastenelemente mit Zementunterlagsboden
15 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Figur 17 Umgebungsplan.
Figur 18 Situationsplan.
Bei der Casa Montarina in Lugano waren unter anderem die schwierigen Bodenverhältnisse entscheidend für eine Realisierung im Holzbau. Dieser eignet sich aufgrund seines geringen Eigengewichtes für den Einsatz bei instabilem Grund oder in Hanglagen, da ein weniger aufwendiges Fundament nötig ist. Zudem konnte bei der Casa Montarina aufgrund des schlanken Querschnitts der Aussenwandkonstruktion im Holzbau bei kleiner Baufläche anteilig mehr Nutz- und Wohnfläche realisiert werden.
Neben Brachen besitzen sowohl unbebaute Parzellen in der Bauzone als auch unternutzte bebaute Parzellen ein grosses Flächenpotential. Auf kantonaler Ebene werden jährlich die inneren Nutzungsreserven ermittelt. Dies geschieht mithilfe unterschiedlicher Kenngrössen, sei es über den ‹Ausbaugrad› als Differenz zwischen Ausnützungsziffer und tatsächlicher Ausnützung oder über die ‹Verdichtungskapazität› als Verhältnis einer theoretischen zur tatsächlichen Einwohnerzahl. Zusätzlich zum rechnerischen Potential ist die qualitative Eignung zu prüfen.24 In den letzten Jahren sind zahlreiche Instrumente entwickelt worden, geeignete Nutzungsreserven zu identifizieren.25 Die Umsetzung stösst jedoch häufig auf Hindernisse – sei es auf seiten der Eigentümer oder aufgrund rechtlicher oder baulicher Voraussetzungen der Liegenschaft –, welche sich durch eine kooperative Entwicklungsplanung der Beteiligten angehen lassen.26 Zur Umsetzung der Verdichtungsstrategie ‹Nutzung von Reserven› eignen sich – neben der Sanierung und Erweiterung bestehender Gebäude oder einem Ersatzneubau – insbesondere auch Ergänzungsneubauten. Das stark geneigte Gelände in der Umgebung der Casa Montarina hat trotz der günstigen Lage zum Zentrum von Lugano eine Bebauung bisher behindert. Mit dem sechsgeschossigen Holzbau wird nun eine für das Umfeld angemessene Dichte auf dem Grundstück erreicht (AZ 1,32). Die spezielle Topografie liess sich für die vom Brandschutz gestellten Anforderungen nutzen. Das Gebäude kommt ohne einen massiven Erschliessungskern aus. Die Hanglage erlaubte eine gesonderte Erschliessung der vier Wohneinheiten – teils ebenerdig, teils über Brücken zum Hang – und damit die Ausbildung separater Brandabschnitte. Es entstanden insgesamt vier Triplexwohnungen mit 5½ Zimmern. Der private Aussenraum ist direkt von den Wohnungen aus zugänglich. Die zwei unteren haben einen direkten Zugang zum Garten, die beiden oberen verfügen über eine eigene Dachterrasse. Die Holzkonstruktion leistete auch einen wichtigen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit. Unter anderem konnte der Querschnitt der Aussenwandkonstruktion sehr schlank gehalten und somit die Konstruktionsfläche auf ein Minimum reduziert werden. Die daraus resultierende, im Vergleich zur Massivbauweise geringere Wandstärke erlaubte eine grössere Wohnfläche. Weitere Informationen: Lignum-Holzbulletin 88/2008 S. 1744 In einer Studie der Planteam S AG für das Bundesamt für Raumentwicklung werden sechs ausgewählte Formen der Erfassung von Nutzungsreserven miteinander verglichen: Bundesamt für Raumentwicklung ARE 2008: Nutzungsreserven im Bestand. Konzeptstudie. www.are.admin.ch: 11–23 25 Raum+ (ETH 2010), Dichtebox (Metron AG 2011), LUBAT Luzerner Bauzonen Analyse-Tool (rawi Kanton Luzern) und Arbeitshilfe Siedlungsentwicklung nach innen (rawi Kanton Luzern 2013). Vgl. Fussnote 9 26 Vgl. Infopapier zum Thema Baulandverflüssigung (rawi Kanton Luzern 2013: www.rawi.lu.ch/infopapier_baulandverfluessigung.pdf) und Qualitätsvolle Innenentwicklung durch Dialog und Kooperation. Argumentarium und Wegweiser. (Hochschule Luzern: 2013). Vgl. Fussnote 8 24
16 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Verdichtungsstrategie: Mehrfamilienhaus statt Einfamilienhaus 4 Gebäudeerweiterung Avenue de Tramenaz 38b, 1814 La Tour-de-Peilz
Raumplanerische Einordnung Agglomerationsgemeinde16 | SUB 10 000–19 999 Quartiertyp Gemischtes Mehrfamilienhaus-/Einfamilienhaus-Quartier | AZ 0,5010 Herausforderungen Bauen im Bestand als Störfaktor Verdichtungstyp/Holzbau Sanierung mit Anbau | Tafelkonstruktion
Bauherrschaft M. Muller und F. Gumy Architektur AAS cristobal delgado veluzat, Vevey Holzbauingenieur M. Jeannet et Guy Volet, Lignocad sàrl, Vevey Grundstücksfläche SIA 416 2535 m2 Geschosszahl 4 VG Geschossfläche SIA 416 1290 m2 (gesamt), 700 m2 (Gebäudeerweiterung), 590 m2 (Bestand) Gebäudevolumen SIA 416 5583 m3 (gesamt), 3030 m3 (Gebäudeerweiterung), 2553 m3 (Bestand) Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 720.– Bauzeit April–Oktober 2006 (Gebäudeerweiterung), September 2005 – Oktober 2006 (Gesamtbauzeit) Nutzung Wohnnutzung Wohneinheiten 3 Wohneinheiten (5½-Zi.-Whg., in der Gebäudeerweiterung)
Konstruktion Trag-/Primärstruktur Holztafelkonstruktion, vollständig aus Holz gebaute Obergeschosse auf einem massiven Fundament Fassade/Gebäudehülle vorfabrizierte Holztafelelemente, innenseitig mit Gipsfaserplatten beplankt, hinterlüftetes Fassadensystem, Fassadenbekleidung aus massiver Weisstanne mit einer auf Aluminium basierenden Farbbeschichtung Decken bestehend aus beidseitig mit Dreischichtplatten beplankten und mit Mineralfaserdämmung ausgefachten Hohlkastenelementen mit Sandschüttung
17 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Figur 19 Umgebungsplan.
Figur 20 Situationsplan.
Die kurzen, durch hohen Vorfabrikationsgrad bedingten Bauzeiten und die in der Regel trockene Bauweise sorgen beim Holzbau für eine geringere Störung der Nachbarschaft und fördern die Akzeptanz solcher Bauprojekte. So auch bei dem Projekt in La Tour-de-Peilz, wo ein Mehrfamilienhaus an eine aus den frühen 1920er Jahren stammende Stadtvilla angebaut wurde. Der Holzanbau zeigt, dass Verdichtung bestehender Wohngebiete möglich ist, ohne die Lebensqualität oder die historische Bausubstanz zu beeinträchtigen.
Bei vielen der in den letzten Jahrzehnten gebauten Einfamilienhäuser in der Schweiz ist eine bauliche und soziale Verdichtung auf dem Grundstück möglich. Ob dies sinnvoll ist, hängt davon ab, ob für die jeweiligen Gemeinden und Quartiere eine Siedlungsentwicklung nach innen angestrebt wird. Obwohl in etwa einem Drittel der über 800 000 dauernd bewohnten Einfamilienhäuser künftig nur noch eine oder zwei ältere Personen wohnen werden27, ist eine höhere Ausnützung der Grundstücke oft nicht gewünscht, da diese in erster Linie Eigengebrauchsgüter sind. Inzwischen zeigt sich jedoch bei Liegenschaftsverkäufen die Tendenz, wegen der allgemein hohen Bodenpreise das zulässige Nutzungsmass mit Erweiterungs- oder Ersatzbauten möglichst auszuschöpfen. Auch für das Wohnen im Alter bietet der Umbau älterer Einfamilienhäuser zu einem Mehrfamilienhaus eine mögliche Lösung.28 Um eine grössere Akzeptanz für diese Umwandlungen zu erreichen, ist es wichtig, dass die mit dem Einfamilienhaus assoziierten Wohnqualitäten erhalten bleiben.29 Die Verdichtungsstrategie ‹Mehrfamilienhaus statt Einfamilienhaus› wird häufig als Sanierung mit Anbau und/ oder Aufstockung realisiert. Das Quartier in La Tour-de-Peilz weist eine nur geringe bauliche und soziale Dichte auf. Zwischen den drei- bis viergeschossigen freistehenden Wohnbauten der Umgebung befinden sich grosszügige Gärten. Nicht wenige der Gebäude im Umfeld beherbergen lediglich einen Haushalt. Bei den meisten dieser Liegenschaften ist die maximal zulässige Ausnützung bislang nicht realisiert worden. Die Übernahme des Grundstücks in der Avenue de Traménaz durch mehrere Haushalte ermöglichte die Teilung finanzieller Lasten bei Erwerb, Umbau und Unterhalt. Mit dem viergeschossigen Anbau wurden drei zusätzliche Wohnungen – zwei Triplex- und eine eingeschossige Wohnung – mit jeweils 5½ Zimmern geschaffen. Entscheidend für eine optimale Nutzung der Baureserven bei Erweiterungsvorhaben sind Anordnung und Form des Bestandes. Bei dem vorliegenden Projekt ermöglichte die Randlage des bestehenden Gebäudes auf dem Grundstück einen grosszügig dimensionierten Anbau bei gleichzeitiger Einhaltung der minimalen Grenzabstände. Weitere Informationen: Lignum-Holzbulletin 86/2008 S. 1683 Hornung D. 2010: Einfamilienhaus – wie lange noch ein Familienhaus? In: AgeStiftung: Weiterbauen. Wohneigentum im Alter neu nutzen. Zürich: Christoph Merian Verlag: 135–140 28 Beyeler M. 2010: Wohneigentum neu nutzen – Motivation, Perspektiven und Voraussetzungen. In: Age-Stiftung: Weiterbauen. Wohneigentum im Alter neu nutzen. Zürich: Christoph Merian Verlag: 11–22 29 Kompetenzzentrum Typologie & Planung in Architektur, Hochschule Luzern – Technik & Architektur und Kompetenzzentrum Stadt und Regionalentwicklung, Hochschule Luzern – Soziale Arbeit 2012: Transfer der Wohnqualitäten vom Einfamilienhaus auf das Mehrfamilienhaus. Argumentarium, Planungshilfen und Indikatorensystem. www. www.hslu.ch/cctp/t-fat_publikationen 27
18 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Verdichtungsstrategie: Neue Siedlungsstruktur 5 Reihenhäuser Heckenweg, Heckenweg, 3052 Zollikofen
Raumplanerische Einordnung Agglomerationsgemeinde16 | SUB 5000–9999 Quartiertyp Homogenes Einfamilienhaus-Quartier | AZ 0,5010 Herausforderungen Bewahrung von Freiraum | geringe Gebäudeabstände/kompakte Bauformen Verdichtungstyp/Holzbau Neubau/Ersatzneubau | Tafelkonstruktion
Bauherrschaft TU Luginbühl, Bern Architektur Daniela Luginbühl, Bern / Georg Luginbühl, Bern Holzbauingenieur Urs Christian Luginbühl, Biel/Bienne Grundstücksfläche SIA 416 2160 m2 Geschosszahl 2 VG Geschossfläche SIA 416 1562 m2 Gebäudevolumen SIA 416 4400 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 565.– Bauzeit Dezember 1999 – Juli 2000 Nutzung Wohnnutzung Wohneinheiten 7 Reiheneinfamilienhäuser (3½- bis 5½-Zi.-Whg., Eigentum) Nutzfläche SIA 416 1272 m2
Konstruktion Trag-/Primärstruktur tragende Wände als Tafelkonstruktion (Achsmass 6,1 m), Decken und Dach parallel zu den tragenden Wänden als Dreifeldträger ausgebildet Fassade/Gebäudehülle Tafelelemente innenseitig mit Gipsfaserplatten (Brandwand) oder Dreischichtplatten (Fassadenwand) und aussenseitig mit Holzfaserplatten beplankt, Mineralfaserdämmung, hinterlüftetes Fassadensystem, Oberflächenmaterial: Lärchenholz Decken Aufbau von unten: Einschichtplatten aus Fichte mit Nut und Feder, Trittschalldämmung, Parkett oder Verlegeplatten für Linoleum Dach grossformatige Dreischichtplatten, Mineralfaserdämmung mit Gefälle, extensive Begrünung
19 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Figur 21 Umgebungsplan.
Figur 22 Situationsplan.
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In Zollikofen wurde ein bestehendes Einfamilienhaus durch sieben Reihenhäuser in Holzkonstruktion ersetzt. Diese bauliche und soziale Verdichtung wurde durch die vorausgegangene Anhebung der Ausnützungsziffer ermöglicht. Der kreative Umgang mit den baurechtlichen Rahmenbedingungen erlaubte bei der Überbauung in Zollikofen eine kompakte Anordnung der Gebäude und dadurch die Erhaltung eines Grossteils des Gartens.
Der Anstoss zu einer Veränderung der Siedlungsstruktur kann durch eine Anhebung der Ausnützungsziffer gegeben werden. Häufig ist es auch das Alter der Bausubstanz, welches diese Entwicklung auslöst. So steht für einen Grossteil der Schweizer Wohnsiedlungen aus den 1940er bis 1970er Jahren in nächster Zeit eine Sanierung an. Dabei geht es darum, die Wohnungen und Gebäude an veränderte Wohnbedürfnisse wie auch an neue Standards im energetischen Bereich anzupassen. Das Beispiel der Stadt Zürich zeigt, dass sich im Zuge der geforderten Verdichtung gerade Wohnbaugenossenschaften häufig gegen eine Sanierung und für Abriss und Neubebauung entscheiden. Die im Zusammenhang neu beplanten und bebauten Siedlungen führen oft neue städtebauliche Strukturen ein.30 Die gelungenen Beispiele entwickeln dabei nicht einfach neue Binnenqualitäten, sondern orientieren sich am städtebaulichen Kontext. Dies bedeutet, die Neubauten mit ihrem neuen Massstab sensibel in das Quartier einzufügen und quartierprägende Merkmale, insbesondere auch Freiraumqualitäten, zu erhalten. Bei der Verdichtungsstrategie ‹Neue Siedlungsstruktur› werden üblicherweise Ersatzneubauten realisiert. Dies kann auch in Kombination mit einem Teilerhalt – auch von Freiräumen – geschehen. Auf dem Grundstück in Zollikofen stand ursprünglich ein Einfamilienhaus, das nach der Familienphase von der Eigentümerin lange allein bewohnt wurde. Anschliessend wurde die Liegenschaft zunächst vermietet. Als die Ausnützungsziffer für das Einfamilienhausgebiet von 0,35 auf 0,50 angehoben wurde, erwogen die Erben einen Verkauf. Fast sämtliche Angebote zielten darauf ab, das bestehende Einfamilienhaus durch bis zu fünf neue zu ersetzen. Allerdings hätte die Errichtung von Ersatzneubauten unter Berücksichtigung der baurechtlich geforderten Mindestabstände eine Überbauung des Gartens verlangt. So beschlossen die Erben, die Planung selbst in die Hand zu nehmen. Ausgehend vom Artikel 75 des Planungs- und Baugesetzes des Kantons Bern (PBG) wurden sieben Reiheneinfamilienhäuser in Holzbau am östlichen Parzellenrand errichtet. Der Rückgriff auf die Arealüberbauungsbestimmung erlaubte, dass die arealinternen Grenz- und Gebäudeabstände und die Anordnung der Bauten frei bestimmt werden konnten. Das Grundstück wurde unterhalb der Reihenhäuser in kleine, separate Parzellen aufgeteilt. Der Gartenteil konnte durch den Verzicht auf eine Separierung als zusammenhängender Grünraum erhalten werden. Weitere Informationen: Lignum-Holzbulletin 68/2003 S. 1192 Stadt Zürich 2012: Dichter – Eine Dokumentation der baulichen Veränderung in Zürich. www.stadt-zuerich.ch/content/hbd/de/index/staedtebau_u_planung/planung/konzepte_leitbilder/publikation_dichter.html
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20 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Verdichtungsstrategie: Wohnen statt Industrie 6 Aufstockung SZU-Betriebsgebäude, Wolframplatz 21, 8045 Zürich
Raumplanerische Einordnung Kernstadt einer Agglomeration16 | CEN ≥ 100 000 Quartiertyp Transformationsgebiet ehem. Industrie | AZ 2,6710 Herausforderungen geringe Tragfähigkeit von Bestandsbauten Verdichtungstyp/Holzbau Sanierung mit Aufstockung | Tafelkonstruktion
Bauherrschaft Sihltal Zürich Uetliberg Bahn SZU AG, Zürich Architektur burkhalter sumi architekten, Zürich Holzbauingenieur Makiol + Wiederkehr, Beinwil am See Grundstücksfläche SIA 416 1920 m2 Geschosszahl 6 VG Geschossfläche SIA 416 5127 m2 Gebäudevolumen SIA 416 18 243 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 712.–
Die Leichtigkeit der Holzkonstruktion erlaubt die Aufstockung von mehreren Geschossen im Bestand – je nach Tragfähigkeit des Bestandsbaus. Um ganze vier Geschosse wurde das ehemalige SZU-Betriebsgebäude an der Sihltalbahn aufgestockt. So entstanden 24 neue Wohnungen auf dem bisher rein gewerblich genutzten Gebäude. In den beiden unteren Geschossen befinden sich die Betriebs- und Büroräume der SZU. Bauzeit: 2009–2011. Weitere Informationen: www.burkhalter-sumi.ch/projects/betriebsgebaeude
7 Dienstleistungs- und Wohngebäude WylerPark, Wylerstrasse 121/123, 3014 Bern
Raumplanerische Einordnung Kernstadt einer Agglomeration16 | CEN ≥ 100 000 Quartiertyp Transformationsgebiet ehem. Industrie | AZ 0,7010 Herausforderungen Mischnutzung Verdichtungstyp/Holzbau Neubau/Ersatzneubau | Tafelkonstruktion
Bauherrschaft SBB AG, Schweizerische Bundesbahnen, Immobilien, Bern31 Architektur Rolf Mühlethaler, Architekt BSA SIA, Bern Holzbauingenieur hrb Ingenieurbüro für Holzbau GmbH, Thun Grundstücksfläche SIA 416 17 910 m2 Geschosszahl 5 VG Geschossfläche SIA 416 8000 m2 (Massivbau) / 4500 m2 (Holzbau) Gebäudevolumen SIA 416 85 000 m3 (Massivbau) / 25 000 m3 (Holzbau) Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 670.– (Massivbau) / CHF 750.– (Holzbau)
Die Ausbildung zweier Geschosse in Massivbauweise erlaubt im Berner Wylerpark grosse Spannweiten, die sich für Gewerbenutzung eignen. Hierauf wurde ein dreigeschossiger Riegel in Holzbauweise mit 39 Wohnungen aufgesetzt. Durch die Stapelung von Gewerbe- und Wohnnutzung konnte der Baukörper kompakt gestaltet und ein grosszügiger Aussenraum auf dem Grundstück freigehalten werden. Bauzeit: Oktober 2007 – Januar 2008. Weitere Informationen: Lignum-Holzbulletin 88/2008 S. 1750 Seit Juni 2007 Livermore Investments Group Ltd., British Virgin Island/Zürich
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21 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Verdichtungsstrategie: Erhalt historischer Dichte 8 Umbau dreier Altstadthäuser, Brunngasse 54, 56 und 58, 3001 Bern
Raumplanerische Einordnung Kernstadt einer Agglomeration16 | CEN ≥ 100 000 Quartiertyp Historischer Ortskern | AZ 4,3010 Herausforderungen gestalterische Vorgaben durch den Kontext Verdichtungstyp/Holzbau Sanierung mit Anbau | Ständerkonstruktion
Bauherrschaft Fonds für Boden & Wohnbaupolitik, BE Architektur Campanile & Michetti Architekten, Bern Holzbauingenieur WAM Partner AG, Bern Grundstücksfläche SIA 416 Total: 569 m2 Geschosszahl Nr. 54: 6 VG / Nr. 56 & 58: 5 VG Geschossfläche SIA 416 Total: 2450 m2 Gebäudevolumen SIA 416 Total: 7290 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) Durchschnitt: CHF 1087.–
Bei der Sanierung und Erweiterung der drei Häuser in der Berner Altstadt wurde die rückseitige Parzelle neu bebaut. Bei der Fassadengestaltung lassen sich die Holzbauten an beliebige Kontexte gestalterisch anpassen. Das Beispiel Brunngasse Bern zeigt einen sensiblen Eingriff im historischen Kontext mit einer Fassade aus Holz, durch den innerstädtische Wohnungen aufgewertet wurden. Bauzeit: 2002–2005. Weitere Informationen: Lignum-Holzbulletin 83/2007 S. 1606
Verdichtungsstrategie: Nutzung von Reserven 9 Überbauung Buchthalen, Kesselstrasse/Dürstlingweg, 8203 Schaffhausen
Raumplanerische Einordnung Kernstadt einer Agglomeration16 | CEN 20 000–49 999 Quartiertyp Mehrfamilienhaus-Quartier (Einzelgebäude) | AZ 0,5210 Herausforderungen ungünstiger Zuschnitt der Baufläche | geringe Gebäudeabstände/ kompakte Bauformen Verdichtungstyp/Holzbau Ergänzungsneubau | Skelettkonstruktion
Bauherrschaft ARGE Bergamini Néma Architekten und Sandri Architekten, Schaffhausen Architektur ARGE Bergamini Néma Architekten und Sandri Architekten, Schaffhausen Holzbauingenieur WRS, Wüst Rellstab Schmid AG, Schaffhausen Grundstücksfläche SIA 416 2065 m2 Geschosszahl 3 VG + 1 AG Geschossfläche SIA 416 1073 m2 Gebäudevolumen SIA 416 5870 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 868.–
Moderne Holzbauten können sich ungünstigen Grundstückszuschnitten und -geometrien anpassen. Bei der Überbauung Buchthalen in Schaffhausen entstanden fünf separate Bauten in Holzbauweise. Ein geschickter Umgang mit den Vorschriften zum Brandschutz erlaubte relativ geringe Gebäudeabstände. Bauzeit: 2010–2011. Weitere Informationen: www.sandri-architekten.ch
22 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Verdichtungsstrategie: Nutzung von Reserven 10 Mehrfamilienhaus an der Habsburgstrasse 1, 8037 Zürich
Raumplanerische Einordnung Kernstadt einer Agglomeration16 | CEN ≥ 100 000 Quartiertyp Homogenes Blockrandquartier (des 19. Jahrhunderts) | AZ 5,0410 Herausforderungen gestalterische Vorgaben durch den Kontext | geforderte Gebäudehöhe Verdichtungstyp/Holzbau Neubau/Ersatzneubau | Skelettkonstruktion
Bauherrschaft Einfache Gesellschaft OsterwaldDahm, Zürich Architektur Hauenstein LaRoche Schedler Architekten, Zürich Holzbauingenieur Timbatec GmbH, Zürich Grundstücksfläche SIA 416 420 m2 Geschosszahl 5 VG Geschossfläche SIA 416 2115 m2 Gebäudevolumen SIA 416 6485 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 839.–
Das sechsgeschossige Mehrfamilienhaus in der Zürcher Habsburgstrasse dokumentiert die in der Schweiz zu beobachtende Rückkehr des Holzbaus in den urbanen Kontext. Ermöglicht haben das in erster Linie die seit 2005 geltenden Brandschutzvorschriften. Durch die Putzfassade fügt sich das Gebäude in sein städtisches Umfeld ein. Bauzeit: November 2009 – Januar 2011. Weitere Informationen: Lignum-Holzbulletin 105/2012 S. 2284
11 Neubau Wohnhaus, Gebhartstrasse 15, 3097 Liebefeld
Raumplanerische Einordnung Agglomerationsgemeinde16 | SUB 20 000–49 999 Quartiertyp Zeilenbebauung/ReformBlockrandbebauung | AZ 0,8410 Herausforderungen ungünstiger Zuschnitt der Baufläche Verdichtungstyp/Holzbau Ergänzungsneubau | Rahmenkonstruktion
Bauherrschaft Stockwerkeigentümer, Liebefeld Architektur Halle 58 Architekten GmbH, Bern Holzbauingenieur hrb Ingenieurbüro für Holzbau, Thun Grundstücksfläche SIA 416 802 m2 Geschosszahl 4 VG Geschossfläche SIA 416 675 m2 Gebäudevolumen SIA 416 2518 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 786.–
Lange Zeit schien das spitz zulaufende Grundstück an der Gebhartstrasse wegen der ungünstigen Geometrie für eine Wohnüberbauung nicht geeignet. Anstelle von drei baufälligen Autoeinstellhallen wurde ein neues Wohnhaus mit drei Wohnungen errichtet, das mit seiner Holzkonstruktion zwischen den regelmässigen Siedlungsbauten der 1960er Jahre einen Akzent setzt. Bauzeit: November 2004 – Oktober 2005. Weitere Informationen: Lignum-Holzbulletin 88/2008 S. 1731
23 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Verdichtungsstrategie: Mehrfamilienhaus statt Einfamilienhaus 12 Erweiterung Einfamilienhaus Schiffmatt, Alte Landstrasse 51, Unterägeri
Raumplanerische Einordnung Agglomerationsgemeinde16 | SUB 5000–9999 Quartiertyp Homogenes EinfamilienhausQuartier | AZ 0,5510 Herausforderungen geringe Tragfähigkeit von Bestandsbauten Verdichtungstyp/Holzbau Sanierung mit Anbau und Aufstockung | Tafelkonstruktion
Bauherrschaft Herbert und Patricia Treier-Blöchlinger, Unterägeri Architektur aardeplan Architekten, Baar Holzbauingenieur Pius Schuler AG, Rothenthurm Grundstücksfläche SIA 416 713 m2 Geschosszahl 3 VG Geschossfläche SIA 416 392 m2 Gebäudevolumen SIA 416 1204 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 826.–
Bei dem aus den 1960er Jahren stammenden EFH wurde durch einen Generationenwechsel ein Umbau nötig. Aufgrund der schwachen Ausnützung der Liegenschaft entschied man sich für eine Erweiterung zum Dreifamilienhaus. Weil die alte Bausubstanz nicht zu stark belastet werden durfte, wurde eine Holzkonstruktion gewählt, für die auch Termingründe sprachen. Bauzeit: 2000–2002. Weitere Informationen: www.aardeplan.ch/mfh_schiffmatt.html
13 Dachneubau Mehrfamilienhaus, Drusbergstrasse 10, 8802 Kilchberg
Raumplanerische Einordnung Agglomerationsgemeinde16 | RE 5000–9999 Quartiertyp Gemischtes Mehrfamilienhaus-/ Einfamilienhaus-Quartier | AZ 0,6410 Herausforderungen geringe Tragfähigkeit von Bestandsbauten Verdichtungstyp/Holzbau Sanierung mit Aufstockung | Ständerkonstruktion
Bauherrschaft Yvonne Lüdi, Kilchberg Architektur Fuchs Architekten ETH SIA, Zürich Holzbauingenieur Flückiger + Bosshard AG, Zürich Grundstücksfläche SIA 416 523 m2 Geschosszahl 2 VG + 1 DG Geschossfläche SIA 416 Total: 338 m2/ Dachausbau: 131 m2 Gebäudevolumen SIA 416 Total: 859 m3/ Dachausbau: 281 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 698.–
Aufgrund des geringen Eigengewichtes ist Holzbau für Aufstockungen sehr geeignet. Durch einen Dachneubau in Holzkonstruktion, der sich an der ursprünglichen Mansarde-Form orientiert, konnte bei diesem Zweifamilienhaus in Kilchberg der ehemalige Abstellraum unterm Dach zu einer weiteren separaten Wohnung ausgebaut werden. Bauzeit: 2010–2011. Weitere Informationen: www.fuchs-architekten.ch/projekte/113umbau-mfh-kilchberg.html
24 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
14 Siedlung Grünmatt, Grünmatt- und Baumhaldenstrasse, Zürich Wiedikon
Raumplanerische Einordnung Kernstadt einer Agglomeration16 | CEN ≥ 100 000 Quartiertyp Zeilenbebauung/ReformBlockrandbebauung | AZ 0,6310 Herausforderungen bezahlbares Bauen Verdichtungstyp/Holzbau Neubau/Ersatzneubau | Tafelkonstruktion
Bauherrschaft Familienheim-Genossenschaft Zürich FGZ, Zürich Architektur Graber Pulver Architekten AG, Zürich Holzbauingenieur Pirmin Jung Ingenieure für Holzbau AG, Rain Grundstücksfläche SIA 416 31 799 m2 Geschosszahl 4 VG Geschossfläche SIA 416 19 890 m2 Gebäudevolumen SIA 416 84 224 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 740.–
Mit dem Ersatz der eingeschossigen Reihenhäuser durch mehrgeschossige Häuserzeilen in Holzkonstruktion wird das Angebot der Familienheim-Genossenschaft Zürich FGZ in der Siedlung Grünmatt von bisher 64 Wohnungen auf 160 vergrössert. Bei vielfacher, modularisierter Anwendung sinken im Holzbau die Kosten. Der optimierte Erstellungsprozess trug dazu bei, dass die Bauarbeiten schnell abgeschlossen wurden und die erneuerte Siedlung bezahlbaren Wohnraum bietet. Bauzeit: 2010 bis voraussichtlich 2014. Weitere Informationen: Lignum-Holzbulletin 105/2012 S. 2267
Verdichtungsstrategie: Neue Siedlungsstruktur 15 Wohn- und Gewerbebau Mühlematt, Mühlemattstrasse 2, 6004 Luzern
Raumplanerische Einordnung Kernstadt einer Agglomeration16 | CEN 50 000 – 99 999 Quartiertyp Mehrfamilienhaus-Quartier (Einzelgebäude) |AZ 1,2210 Herausforderungen Mischnutzung | gestalterische Vorgaben durch den Kontext Verdichtungstyp/Holzbau Neubau/Ersatzneubau | Tafelkonstruktion
Bauherrschaft Brauchli Holzbau, Luzern Architektur Scheitlin und Syfrig AG, Luzern Holzbauingenieur Lauber Ingenieurbüro für Holzbau, Luzern Grundstücksfläche SIA 416 4361 m2 Geschosszahl 5 VG Geschossfläche SIA 416 Total: 5338 m2/ Holzbau: 2233 m2/Massivbau: 3105 m2 Gebäudevolumen SIA 416 Total: 17 226 m3/ Holzbau: 6823 m3/Massivbau: 10 903 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 638.–
In der Luzerner Mühlemattstrasse wurden auf Wunsch der Bauherrschaft, einer Holzbaufirma, über einem zweigeschossigen Sockel in Massivbauweise drei Wohngeschosse in Holzbau errichtet. Die baukonstruktive horizontale Trennung hat sich hinsichtlich der durch die unterschiedlichen Nutzungen nötigen akustischen Anforderungen als vorteilhaft erwiesen. Bauzeit: Oktober 2004 – Oktober 2006. Weitere Informationen: http://scheitlin-syfrig.ch/projekte/wohnen_arbeiten/ muehlematt.html
25 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
16 Wohnüberbauung Victor Ruffy, Avenue Victor Ruffy 57–63, Lausanne
Raumplanerische Einordnung Kernstadt einer Agglomeration16 | CEN ≥ 100 000 Quartiertyp Mehrfamilienhaus-Quartier (Einzelgebäude) | AZ 4,3210 Herausforderungen bezahlbares Bauen Verdichtungstyp/Holzbau Ergänzungsneubau | Rahmenkonstruktion
Bauherrschaft Coopérative Cité Derrière, Lausanne Architektur Bonhotezapata Architectes SA, Genf Holzbauingenieur Chabloz et Partenaires SA, Lausanne Grundstücksfläche SIA 416 1728 m2 Geschosszahl 4 VG Geschossfläche SIA 416 7460 m2 Gebäudevolumen SIA 416 36 000 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 700.–
Wohnbaugenossenschaften haben in der Schweiz Pionierarbeit für klimaschonendes Bauen mit Holz geleistet und damit dessen Eignung auch für verdichtetes Bauen unter Beweis gestellt. Das Holz für die Wohnüberbauung in Lausanne stammt aus dem stadteigenen Wald und wurde in einer regionalen Sägerei verarbeitet. Auf diese Art wurden Transportwege minimiert und Treibhausgasemissionen reduziert. Bauzeit: 2008–2010. Weitere Informationen: LignumHolzbulletin 97/2010 S. 2024
17 Wohnhausanlage, Via Quinto Cenni, Mailand (Italien)
Raumplanerische Einordnung Kernstadt einer Agglomeration16 | CEN ≥ 100 000 Quartiertyp Grossmassstäbliche Siedlung | AZ 1,4410 Herausforderungen schwierige Bodenverhältnisse/ Erdbebensicherheit | bezahlbares Bauen Verdichtungstyp/Holzbau Ergänzungsneubau | Massivholzkonstruktion
Bauherrschaft Polaris Investment Italia SGR, Mailand Architektur Rossiprodi Associati s.r.l., Florenz Holzbauingenieur Borlini & Zanini SA, Pambio Noranco Grundstücksfläche SIA 416 7072 m2 Geschosszahl 9 VG Geschossfläche SIA 416 10 200 m2 Gebäudevolumen SIA 416 26 975 m3 Kubikmeterpreis SIA 416 (BKP 2) CHF 877.–
Mit zunehmender Geschosszahl wachsen die Anforderungen vor allem an den Brandschutz und an die Erdbebensicherheit von Gebäuden. Der Stand der Technik erlaubt es inzwischen, die schlanken Türme an der Via Quinto Cenni mit 13,5 x 19 m Grundfläche und neun Geschossen in einem Gebiet mit Erdbebengefährdung als Holzkonstruktion auszuführen. Bauzeit: 2012–2013. Weitere Informationen: www.rossiprodi.it
26 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
2
Eine Frage des Dialogs
Das Forschungsprojekt ‹Smart Density› fokussierte auf die Eignung moderner Holzbaukonzepte zur Verdichtung nach innen von kleinräumigen Gebieten. Hierbei wurden unter anderem die Quartiere Riedmatt in Horw und Oberdorf in Vitznau sowie die Wohnbaugenossenschaften ‹Familie› in Horw, ‹Sälihof› in Olten und ‹WBG› in Stans untersucht. Die beiden Quartiere eignen sich aufgrund ihrer Zentrumsnähe und ihres relativ alten Baubestands gut für allfällige Verdichtungsmassnahmen; bei den Genossenschaften steht im Bestand demnächst eine Sanierung oder ein Ersatz an. Bestandteil des Projektes war in beiden Quartieren der gezielte Einbezug der betroffenen Eigentümerschaft, dies in Form aufeinander aufbauender Sequenzen: Nach einer Analyse der Eigentümerschaftsstruktur und einer schriftlichen Vorinformation wurden die Eigentümer zu einer moderierten Informationsveranstaltung eingeladen, an der sie erste Statements zum Vorhaben sowie zu ihrer Wahrnehmung des Quartiers einbrachten. Auf dieser Basis erfolgte eine ‹halbstrukturierte Befragung›32 repräsentativ ausgewählter Eigentümer respektive – bei den Genossenschaften – zweier für bauliche Fragen zuständiger Vorstandsmitglieder.
Insgesamt wurden 38 Interviews geführt.33 Neben Fragen zur persönlichen Einschätzung von Verdichtungsmassnahmen für die jeweiligen Quartiere oder Siedlungen (Chancen, Risiken, Bedingungen, soziale Auswirkungen) wurden die Bereitschaft zur Nachverdichtung der eigenen Liegenschaft (Umfang, Zeithorizont, Zusammenarbeit mit Nachbarn und Gemeinde) sowie die Einschätzungen der Interviewpartner zum Holzbau erhoben. Die Befragungsergebnisse34 sowie die inzwischen vom Forschungsteam vorgenommene städtebauliche Analyse und mögliche Verdichtungsstrategien wurden den Eigentümern in einer Schlussveranstaltung präsentiert und mit ihnen diskutiert. Im folgenden Kapitel werden die Einschätzungen zum Werkstoff Holz zusammengefasst und die sozialen und räumlichen Faktoren der Beurteilung verdeutlicht.
2.1 Hohe Akzeptanz des Werkstoffes Holz Der Werkstoff Holz geniesst eine sehr hohe Akzeptanz, die befragten Personen sind ihm gegenüber positiv eingestellt. Geschätzt werden insbesondere seine natürliche und emotional ansprechende Ausstrahlung und seine Qualitäten für ökologisch nachhaltiges Bauen. Viele betonen den eigenen, praktischen Bezug zum Holz. Nur vereinzelt sind skeptische Stimmen zu schlechter Witterungsbeständigkeit und Schallschutz
zu vernehmen. Andere Befragte bringen den Holzbau mit dem Chalet in Verbindung – schreiben ihn also einer ‹traditionellen› Schweiz zu, die erhaltenswert und schön sei, längst aber nicht überall hinpasse.35
2.2 Unterschiedliche Einschätzung der baulichen Eigenschaften Weniger eindeutig fallen die Einschätzungen zu den baulichen Eigenschaften des Werkstoffs Holz aus. Als Nachteil werden mit hoher Priorität mindere Witterungsbeständigkeit und vereinzelt schlechte statische Eigenschaften genannt. Unbehandelte Holzfassaden werden mehrheitlich abgelehnt. Aufgrund seines warmen, wohnlichen Ausdrucks wird Holz in erster Linie beim Innenausbau geschätzt.
Befragte mit Erfahrungen im Baugewerbe hingegen heben vor allem die bautechnischen Qualitäten hervor: Holz sei flexibel einsetzbar, gut mit anderen Baustoffen zu kombinieren, zudem einfach zu verarbeiten und für die Vorfabrikation geeignet. Einig sind sich die Befragten, dass das Holz spürbar bleiben müsse. Viele betonen die lebendigen Eigenschaften von Holzbauten.
27 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
2.3 Beurteilung konkreter Beispiele Beispiele für Anbau, Aufstockung und Ersatzneubau Figur 23 Holzaufbau Stadthaus in Basel. Architektur: Anarchitekton GmbH, Basel.
Figur 24 Holzanbau Mehrfamilienhaus Salvatorstrasse, Zürich Oerlikon. Architektur: kämpfen für architektur AG, Zürich.
Figur 25 Ersatzneubau Einfamilienhaus Horgen. Architektur: Jäger Zäh Architekten, Zürich.
Bewertung der Integration ins Ortsbild Für die Befragten ist unbestritten, dass sich Holzbauten – auch als An- und Aufbauten – in den bestehenden Kontext integrieren müssen. So würde ein Chalet oder eine moderne Holzbauweise nicht überall in das bestehende Ortsbild hineinpassen. Beim Holzanbau (Figur 24) wird beispielweise bemängelt, dass der Kontrast zu gross und der Anbau ein Fremdkörper sei. Der Holzaufbau (Figur 23) wird als ‹zu krass› und ‹viel zu modern› beschrieben.
28 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Beispiele für grossvolumige Holzbauten Figur 26 Mehrgenerationenhaus Giesserei, Winterthur. Architektur: Galli Rudolf Architekten, Zürich.
Figur 27 Sunny Woods, Zürich Höngg. Architektur: kämpfen für architektur AG, Zürich.
Figur 28 Mehrfamilienhaus Freihofweg Aarau. Architektur: Ernst Niklaus Fausch Architekten, Aarau.
Figur 29 Haus Müller, Unterägeri. Architektur: giuliani.hönger Architekten, Zürich.
Bewertung grossvolumiger Holzbauten Die Kommentare zu grossvolumigen Holzbauten fallen ebenfalls unterschiedlich aus. ‹Falls sie grössere Riegelbauweise benötigen, könnte das eine Möglichkeit sein›, heisst es beispielsweise zur Giesserei in Winterthur (Figur 26). Während der Holzbau in Höngg (Figur 27) positiv bewertet wird, werden die Beispiele in Aarau und Unterägeri skeptischer beurteilt (Figur 28 und 29).
29 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Beispiele für Holzbau mit Holz-, Metall- und Putzfassade Figur 30 Umbau und Erweiterung Weinfelden. Architektur: Projekt 3 Architektur GmbH, Weinfelden.
Figur 31 Aufstockung Kiss, Riehen. Architektur: HHF Architekten, Basel.
Figur 32 Umbau einer Garage in ein Wohnhaus, Luzern. Architektur: Architekturbüro Iwan Bühler GmbH, Luzern.
Bewertung verschiedener Fassaden Die Interviewpartner beurteilten zudem verschiedene Beispiele moderner Holzfassaden – dies nahezu ausschliesslich nach ästhetischen, weniger nach bautechnischen Kriterien. Das Meinungsspektrum ist gross: So wird der Holzaufbau (Figur 30) einerseits als ‹völlig unpassend›, andererseits als ‹äusserst gelungen› bezeichnet. Rund ein Drittel der Befragten empfindet die Metallfassade (Figur 31) als unpassend oder künstlich, während andere einzig die Proportionen des Aufbaus kritisieren. Den Anbau mit weiss verputzter Fassade hingegen (Figur 32) bewertet die Mehrheit der Befragten als gut und passend oder gibt an, damit leben zu können. Ein interessantes Resultat der Befragung ist die unterschiedliche Beurteilung der gleichen Beispiele je nach Gebiet, dies am deutlichsten beim Holzaufbau (Figur 30): Während dieser im Oberdorf (Vitznau) mehrheitlich positiv bewertet wurde, konnten sich die befragten Eigentümer der Riedmatt (Horw) nicht damit anfreunden. Es scheint, als würden die Einschätzungen ausgehend vom eigenen Wohnumfeld vorgenommen, womit der Holzaufbau im ländlich geprägten Oberdorf auf eine höhere Zustimmung stösst als im Horwer Quartier Riedmatt mit seinem Siedlungscharakter.
30 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
2.4 Fazit Aus den geführten Interviews geht hervor, dass eine Mehrheit der Befragten – unterschiedlich begründet – eine Verdichtung befürwortet oder als nötig erachtet. Doch es gibt auch Vorbehalte und Bedenken. Es ist wichtig, dass diese von den Behörden erkannt werden. Die betroffenen Eigentümer, so ein weiteres Ergebnis, schätzen fachliche Informationen über die mittel- und langfristige Entwicklung ihres Gebietes ausserordentlich. Dies wurde auch bei den im Rahmen des Projektes unter fachlicher Leitung moderierten Informationsabenden für betroffene Eigentümer deutlich. Einerseits bot sich für sie die Gelegenheit, offene Fragen und Vorbehalte vorzubringen und sich mit ihren Nachbarn auszutauschen. Andererseits konnten die Gemeindebehörde und die anwesenden Fachleute vom lokalen Wissen und der Vernetzung der Eigentümer profitieren. Die Interviews zeigen, dass Holz grundsätzlich eine sehr hohe Akzeptanz geniesst, dass gleichzeitig aber auch Aufklärungsbedarf hinsichtlich der bautechnischen Qualitäten von Holzbaustoffen besteht. Deutlich wird zudem die Forderung nach einer behutsamen gestalterischen Integration moderner Holzbauten in die bestehenden Quartiere. Wollen Verdichtungsmassnahmen mit Holzbaukonzepten auf Akzeptanz stossen, müssen sie die identitätsstiftenden Qualitäten eines Wohnumfelds respektieren. Bei dieser Methode der qualitativen Sozialforschung erfolgt die Befragung entlang eines halbstrukturierten Leitfadens, welcher dem Interviewer eine gewisse Offenheit in der Abfolge und Formulierung der vorbereiteten Fragen erlaubt. Die qualitative Befragungsmethode eignet sich, wenn es gilt, die subjektiven Sichtweisen und Handlungsmotivationen ausgewählter Zielgruppen – in diesem Fall der betroffenen Eigentümerschaft in einem definierten Gebiet – im Detail zu erheben. Vgl. Flick U. 2009: Qualitative Sozialforschung. Eine Einführung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Verlag 33 Es wurden 15 Interviews in Horw, 20 in Vitznau und je eines mit den Wohnbaugenossenschaften durchgeführt. 34 Die Auswertung erfolgte mit der Methode einer zusammenfassenden Inhaltsanalyse. Die Ergebnisse der qualitativen Befragung lassen sich in diesem Fall nicht generalisieren, sondern beziehen sich auf die Untersuchungsgebiete mit der jeweiligen Eigentümerschaft. Vgl. Mayering Ph. 2008: Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Weinheim und Basel: Beltz Verlag 35 Den Eigentümern in den Quartieren wurden kleinmassstäblichere Beispiele für Anbau, Aufbau und Ersatzneubau vorgelegt, den Genossenschaftsvertretern Beispiele für grossvolumige Holzbauten. Die Fassadenbeispiele waren bei allen Interviews gleich. 32
31 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
3
Die ökonomischen Vorteile
3.1
Erneuern und Verdichten versus Ersatzneubau
Figur 33
Erneuerung eines typischen norwegischen Mehrfamilienhauses zu einem Nullenergiegebäude. Architektur: kämpfen für architektur, Zürich, und Diva Arkitekter, Oslo.
1. Preis Wettbewerb ‹FutureBuilt› Drammen, Norwegen Erneuerung eines typischen norwegischen Mehrfamilienhauses zu einem Nullenergiegebäude (kämpfen für architektur, Zürich, und Diva Arkitekter, Oslo). Das Mehrfamilienhaus mit 18 Wohnungen wurde 1946 gebaut und ist seither nur geringfügig verändert worden. Bei dem Umbau wird die Siedlungsstruktur erhalten. Eine neue Gebäudehülle aus vorfabrizierten Holzelementen umschliesst das Mehrfamilienhaus aus nichtgedämmtem Sichtbacksteinmauerwerk. Sie erhöht die Kompaktheit des Gebäudes und reduziert die Wärmeverluste. Die Vergrösserung der Geschossfläche um 80 % macht die energetische Erneuerung wirtschaftlich attraktiv.
Zur besseren Ausnützung von Grundstücken werden ganze Siedlungen aus den 1930er bis 1960er Jahren abgerissen und durch Ersatzneubauten ersetzt. Die Argumente hierfür reichen von schlechter Ausnützung der Landfläche und fehlenden oder nur oberirdischen Autoabstellplätzen bis hin zu schalldurchlässigen Wohnungen mit veralteter Raumaufteilung und zu kleinen Zimmern. Manchmal wird unreflektiert angenommen, dass neu Bauen kostengünstiger sei als Umbauen. Diese Art der grossflächigen Erneuerung der Siedlungsstruktur kann mit Holzbauten, aber – je nach Anforderungen – in der Regel auch mit Massivbauten erfolgen. Wenn aber die bestehende Siedlungsstruktur (siehe Figur 33) oder Quartiere mit kleinteiligen Parzellen- und Eigentumsstrukturen erhalten werden sollen (siehe Figur 34 und 36), hat der Holzbau erhebliche Vorteile. Auch
darf nicht vergessen werden, dass der Vergleich der ökologischen Auswirkungen zwischen Neu- und Umbau in der Regel grundsätzlich deutlich für einen Umbau spricht. Wenn dieser zusätzlich mit einem An- oder Aufbau gekoppelt wird und in Holz erfolgt, liegen z.B. die Treibhausgasemissonen halb so hoch, als wenn neu gebaut würde (vgl. Lignatec 26 ‹Klimaschonend und energieeffizient bauen mit Holz – Umsetzung›, 2012). Ob schliesslich ein Umbau oder ein Ersatzneubau die richtige Antwort darstellt, muss aber im Einzelfall untersucht werden. Denn dabei spielen auch der Zustand der vorhandenen Bausubstanz, die Anpassbarkeit der Grundrisse an neue Bedürfnisse und das planungsrechtliche Potential für mögliche Erweiterungen eine Rolle. Umbauten stellen zwar höhere Anforderungen an die Planenden und Ausführenden, profitieren dafür aber manchmal von Bestandsgarantien und weniger restriktiven Bauvorschriften. Zudem ist die allgemeine Akzeptanz für ungewöhnliche Raumanordnungen, für heutigen Anforderungen nicht entsprechende Schalldämmungen oder Zugänge sowie für fehlende Tiefgaragenparkplätze bei Umbauten höher als bei Neubauten. Unsere Städte wurden bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts fast immer mit Ergänzungsbauten, rückseitigen Anbauten oder Aufstockungen in kleinen Schritten verdichtet. Solche Massnahmen können problemlos in Etappen ausgeführt und den bestehenden individuellen Umständen angepasst werden. Das Einfügen eines Neubaus und ein Umbau mit Erweiterung werden im folgenden kurz vorgestellt und hinsichtlich der Kosten mit einem Ersatzneubau verglichen.
32 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
3.2
Verdichten durch Einfügen von Neubauten
In den älteren, durchgrünten Wohnquartieren weisen Gebäude häufig Gartenflächen auf, die genügend gross sind, um einen Ergänzungsbau aufzunehmen. Ein zusätzliches, losgelöstes Gebäude ist technisch und baulich oft die einfachste Lösung.
Figur 34 Zürichbergstrasse mit Neu- und Altbau.
Figur 35 Kostenunterschiede Haus am Zürichberg.
Beispiel Ergänzungsbau Ein Haus am Zürichberg sollte gemäss Wunsch der Eigentümer abgebrochen werden, um einem energieeffizienten Ersatzneubau mit zwei oder drei Wohnungen Platz zu machen. Die Bauherren liessen sich jedoch davon überzeugen, dass eine Erweiterung mit einem angebauten Einfamilienhaus die Vorgabe der maximalen Verdichtung gleichermassen erfüllt. Zugleich bleibt das vertraute Quartierbild erhalten. Die Bauzeit war deutlich kürzer, und das Vorhaben konnte etappiert werden. Der Anbau ist energetisch vorbildlich (Minergie-P mit zusätzlicher dachintegrierter PV-Anlage) und die Energiebilanz des Altbaus wurde verbessert (Minergie). Der Altbau ist behutsam saniert, der Neubau als
vorfabrizierter, nicht unterkellerter Holzbau erstellt worden. Dieses Vorgehen hatte Vorteile für Bauablauf und Bautechnik wie auch hinsichtlich Finanzen. Ein Kostenvergleich zwischen der Variante Ersatzneubau und der Variante mit dem Ergänzungsbau zeigt, dass der Ersatzneubau rund 50 % mehr gekostet und einen Verlust für das Quartierbild bedeutet hätte.
ausgeführte Erneuerung [CHF] BKP 1
Vorbereitungsarbeiten Gebäudeabbrüche Gebäude Aushub Untergeschoss und Garage: 400 m3 à CHF 600.– Kanalisation und Werkleitungen Gebäudekosten (Minergie-P) Neubauvolumen Gebäudekosten Altbau (Ertüchtigung auf Minergie) Umgebung Baumeisterarbeiten Gärtnerarbeiten Baunebenkosten Gebühren, Werkanschlüsse Ersatzwohnung während Bauzeit 0 Mt/15 Mt Bauzinsen 4 Mt/15 Mt Bauzeit
Ersatzneubau [CHF]
10 000
70 000
20 000 – 40 000 1 000 000 700 000
100 000 240 000 60 000 2 000 000 –
10 000 30 000
40 000 80 000
15 000 – 5000
45 000 60 000 35 000
1 830 000
2 730 000
zusätzliche Kosten Ersatzneubau
–
900 000
Differenz
–
49 %
BKP 2
BKP 4
BKP 5
Total
33 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
3.3
Verdichten durch Erweiterungen
Holz war schon immer das Material für Gebäudeerweiterungen und erlaubte fast spontane An- und Umbauten, da das Material und die Bauweise keine schweren Gerätschaften erfordern.
Figur 36 Das umgebaute und erweiterte Mehrfamilienhaus.
Figur 37 Kostenunterschiede Mehrfamilienhaus Zürich-Höngg.
Elemente auf und steht unter schönen alten Bäumen. Die Wohnungen haben Charme, gerade durch die nicht zeitgemässe Raumaufteilung.
Beispiel tiefgreifender Umbau Ein Mehrfamilienhaus in Zürich-Höngg mit Baujahr 1954 wurde modernisiert. Ein Ersatzneubau hätte ungefähr die gleiche Position und in etwa die gleichen Abmessungen. Die Wohnflächen entsprächen denjenigen des Umbaus. Zusätzlich müsste der Ersatzneubau jedoch eine wesentlich grössere Untergeschossfläche aufweisen, um die geforderten Nebenräume und Parkplätze unterzubringen. Ein Ersatzneubau wäre rund 45 % teurer geworden als die erfolgte Gebäudeerneuerung. Die Vorteile des Neubaus lägen in einer zeitgemässeren Grundrisseinteilung, besserer Schalldämmung zwischen den Wohnungen, in Garagenplätzen und einem allgemein grosszügigeren Kellergeschoss. Das renovierte Gebäude hingegen weist teilweise noch die vertrauten
ausgeführte Erneuerung [CHF] BKP 1
Vorbereitungsarbeiten Gebäudeabbrüche
BKP 2
Gebäude Aushub Garage, teilweise unter Gebäude: 400 m3 à CHF 600.– Anbau für Technik Kanalisation und Werkleitungen Gebäudekosten (Minergie-P) CHF 800.–/900.– pro m3 Umgebung Baumeisterarbeiten Gärtnerarbeiten Baunebenkosten Werkanschlusskosten Mietzinsverlust 5 Wohnungen 6/15 Mt Bauzeit Bauzinsen 6 Mt/15 Mt Bauzeit
Ersatzneubau [CHF]
20 000
70 000
10 000 – 10 000 40 000 1 600 000
50 000 240 000 – 80 000 1 800 000
10 000 30 000
30 000 80 000
5 000 50 000 5000
30 000 125 000 35 000
1 780 000
2 540 000
zusätzliche Kosten Ersatzneubau
–
760 000
Differenz
–
43 %
BKP 4
BKP 5
Total
34 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
3.4
Ökonomische und ökologische Argumente für den Holzbau
Aus ökologischer und ökonomischer Sicht sind Ersatzneubauten als Mittel der Verdichtung oft nicht zu rechtfertigen. Die ökologischen Vorteile des Holzbaus decken sich oft mit den ökonomischen. Diese Thematik wurde in Lignatec 26 ‹Klimaschonend und energieeffizient bauen mit Holz – Umsetzung› (2012) u.a. anhand des gleichen Mehrfamilienhauses in Zürich Höngg ausführlich untersucht. Geringe Eingriffstiefe Zwischen 1920 und 1970 erstellte Bauten entsprechen oft nicht mehr den heutigen Vorstellungen. Auf der anderen Seite weisen sie selten Schäden struktureller Art auf und zeichnen sich durch eine sehr hohe Materialeffizienz aus. Im Vergleich zu heute waren Baumaterialien teuer, Arbeit hingegen günstig. Die statischen Eigenschaften sind fast bis an ihre Grenzen ausgereizt, speziell die Betondecken sind nur minimal armiert. Dies gilt ganz speziell für die oberste Decke, den Estrichboden. Bestehende Bauten können fast immer das zusätzliche Gewicht von ein bis zwei Geschossen in Holzkonstruktion tragen, da Holzkonstruktionen leicht sind, gute statische Eigenschaften besitzen und zur Erdbebensicherheit beitragen können. Kurze Bauzeit Für die Mieter, aber auch für die Gebäudeeigentümer stellt der Umbau der Liegenschaft in bewohntem Zustand einen bedeutenden finanziellen Vorteil dar. Dank der im Holzbau üblich gewordenen Vorfertigung von ganzen Wand-, Decken- oder Dachelementen mit bereits im Werk integrierten Fenstern und technischen Installationen bis hin zur fertigen Fassade kann die Bauzeit vor Ort deutlich reduziert werden. Gemäss dem unter der Federführung der Empa entwickelten ‹retrofit›-System36 können fast alle Umbaumassnahmen von aussen durchgeführt werden. Die Bewohner können unter Einschränkungen in ihren Wohnungen bleiben, die Mietzinsausfälle fallen geringfügiger aus, durch die kurze Bauzeit liegen die Bauzinsen tiefer. Integrierte Gebäudetechnik Die Vorfertigung unter kontrollierten Arbeitsbedingungen erhöht die Präzision und Qualität der Bauteile und wird in Zukunft auch die Kosten der Bauelemente senken. Die Leitungen der Gebäudetechnik werden zunehmend direkt im Werk eingebaut, womit sich die Koordination unter den verschiedenen Gewerken vereinfacht. Dabei wird die Systemtrennung der verschiedenen Lebensdauern beachtet.
Dicke Wärmedämmung Mit den steigenden Energievorschriften hin zu ‹NZEB – nearly zero energy buildings› werden die Wärmedämmstärken weiter zunehmen. Beim Holzelementbau ist die fertige Wand, die 40 cm Wärmedämmung aufweist, nur unwesentlich teurer als diejenige mit 20 cm. Die Preisdifferenz liegt nur im zusätzlichen Material begründet. Im Unterschied dazu steigen bei einer Massivwand die Kosten wesentlich stärker an, da sich der Konstruktionsaufbau ändert. Der Holzbau ist prädestiniert für den energieeffizienten Umbau und die energieeffiziente Sanierung. Graue Energie Wie erwähnt, haben Abbruch und Ersatzneubau eine wesentlich schlechtere ökologische Bilanz, sogar wenn ein Teil des Abbruchmaterials wiederverwendet werden kann. Um die graue Energie zu reduzieren, ist es sinnvoll, möglichst viel stehenzulassen oder wenigstens direkt vor Ort wieder zu verwenden. Fazit Die Gebäudeerneuerung mit dem Baumaterial Holz hat bei kleinen und mittleren Gebäuden nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile gegenüber dem Ersatzneubau. Im ersten Moment scheinen tiefgreifende Umbauten aufwendig, genauer betrachtet sind sie jedoch meist günstiger als vergleichbare Neubaulösungen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass die Grundrisse sinnvolle Veränderungen zulassen und dass substantielle Erweiterungen der Geschossfläche möglich sind. Die Postulate der Verdichtung des Siedlungsraumes und der Reduktion des Energiebedarfs ergänzen sich hierbei hervorragend. www.bfe.admin.ch/php/modules/publikationen/stream.php?extlang=de&name =de_633787605.pdf
36
35 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz
Partner
Leistungspartner
Unterstützt von
Fermacell GmbH Schweiz, Münsingen
BAFU Bundesamt für Umwelt 3003 Bern Tel. 031 322 93 11 www.bafu.admin.ch
isofloc AG, Bütschwil
Hochschule Luzern 6002 Luzern Tel. 041 228 42 42 www.hslu.ch
Knauf Insulation GmbH, Hunzenschwil VELUX Schweiz AG, Trimbach
kämpfen für architektur AG 8048 Zürich Tel. 044 344 46 20 www.kaempfen.com
HWS Holzwerkstoffe Schweiz, Fachverband des Holzhandels, Reinach
Fermacell GmbH Schweiz 3110 Münsingen Tel. 031 724 20 20 www.fermacell.ch
VGQ Schweizerischer Verband für geprüfte Qualitätshäuser, Biel
isofloc AG 9606 Bütschwil Tel. 071 313 91 00 www.isofloc.ch
rawi Dienststelle Raum und Wirtschaft Kanton Luzern, Luzern Denkmalpflege Kanton Nidwalden, Stans
Knauf Insulation GmbH 5502 Hunzenschwil Tel. 062 889 19 90 www.knaufinsulation.ch
Gemeinde Horw Gemeinde Vitznau
VELUX Schweiz AG 4632 Trimbach Tel. 0848 945 549 www.velux.ch
Idee Seetal AG mit Gemeinden des Luzerner Seetals, Hochdorf Baugenossenschaft Familie, Horw Baugenossenschaft Sälihof, Olten WBG Wohnbaugenossenschaft, Stans
HWS Holzwerkstoffe Schweiz Fachverband des Holzhandels 4153 Reinach Tel. 061 713 08 15 www.holzhandelszentrale.ch VGQ Schweizerischer Verband für geprüfte Qualitätshäuser 2501 Biel Tel. 032 327 20 07 www.vgq.ch Holzbau Schweiz 8050 Zürich Tel. 044 253 63 93 www.holzbau-schweiz.ch
Impressum Lignatec Die technischen Holzinformationen der Lignum Herausgeber Lignum, Holzwirtschaft Schweiz, Zürich Christoph Starck, Direktor Koordination Olin Bartlomé, dipl. Holzing. FH, Lignum, Holzwirtschaft Schweiz, Zürich Bildnachweis Titelbild: Fabienne Koller, MA Design, Horw Fig. 1, 2: Architektur & Baumanagement AG, Luzern, und Freiraumarchitektur, Luzern; Fig. 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 15, 17, 19, 21: CCTP; Bild S.10, S.12, S.24 (oben), Fig. 26: Hannes Henz, Zürich; Fig. 14: Galli Rudolf Architekten, Zürich; Fig. 16: Archplan AG Architekten, Thalwil; Bild S.14: Jürg Zimmermann, Zürich; Fig. 18: Studio d'architettura Lorenzo Felder, Lugano; Bild S.16: Arnaldo Genitrini, Lausanne; Fig. 20: AAS cristobal delgado veluzat, Vevey; Bild S.18: Christine Blaser, Bern; Fig. 22: Daniela Luginbühl/Georg Luginbühl, Bern; Bild S.20 (oben): Burkhalter Sumi Architekten, Zürich; Bild S.20 (unten): Alexander Gempeler, Bern; Bild S.21 (oben): Campanile & Michetti Architekten, Bern; Bild S.21 (unten): ARGE Bergamini Néma Architekten und Sandri Architekten, Schaffhausen; Bild S.22 (oben): Hauenstein LaRoche Schedler Architekten, Zürich; Bild S.22 (unten): Halle 58 Architekten GmbH, Bern; Bild S.23 (oben): aardeplan Architekten, Baar; Bild S. 23 (unten): Fuchs Architekten ETH SIA, Zürich; Bild S.24 (unten): Scheitlin und Syfrig AG, Luzern; Bild S.25 (oben): Bonhotezapata Architectes SA, Genf; Bild S.25 (unten): Rossiprodi Associati s.r.l., Florenz; Fig. 23: Anarchitekton GmbH, Basel; Fig. 24, 27, 33, 34, 36: kämpfen für architektur AG, Zürich; Fig. 25: Beat Bühler, Zürich; Fig. 28: Ernst Niklaus Fausch Architekten, Aarau; Fig. 29: Roger Köppel, Horw; Fig. 30: Projekt 3 Architektur GmbH, Weinfelden; Fig. 31: Tom Bisig, Basel; Fig. 32: Philipp Mächler, Luzern Gestaltung und Realisation BN Graphics, Zürich Administration/Versand Andreas Hartmann, Lignum Druck Kalt Medien AG, Zug
Die Schriftenreihe Lignatec informiert zu Fachfragen bezüglich der Verwendung von Holz als Bau- und Werkstoff. Lignatec richtet sich an Planer, Ingenieure, Architekten sowie an die Ver- und Bearbeiter von Holz. Lignatec wird zunehmend in der Ausbildung auf allen Stufen eingesetzt. Ein Sammelordner ist bei Lignum erhältlich. Mitglieder der Lignum erhalten ein Exemplar jeder Lignatec-Ausgabe gratis. Weitere Einzelexemplare für Mitglieder CHF 15.– Einzelexemplar für Nichtmitglieder CHF 35.– Sammelordner leer CHF 10.– Preisänderungen vorbehalten Das Copyright dieser Publikation liegt bei Lignum, Holzwirtschaft Schweiz, Zürich. Eine Vervielfältigung des Werks oder von Teilen desselben, die Wiedergabe von Inhalten im Internet und die Einspeisung von Inhalten in Datenbanken ist nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung des Herausgebers zulässig. Haftungsausschluss Die vorliegende Publikation wurde mit grösster Sorgfalt und nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Die Herausgeber und Autoren haften nicht für Schäden, die durch die Benützung und Anwendung der vorliegenden Publikation entstehen können. LIGNUM Holzwirtschaft Schweiz Mühlebachstrasse 8, 8008 Zürich Tel. 044 267 47 77, Fax 044 267 47 87 info@lignum.ch www.lignum.ch Lignatec 29/2014 Smart Density – Erneuern und Verdichten mit Holz Erschienen im Januar 2014 Auflage deutsch: 5000 Exemplare ISSN 1421-0320