Holztragwerke, Entwurfs- und Konstruktionsregeln

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Die technischen Holzinformationen der Lignum

Gestalten Konstruieren

Holztragwerke Entwurfs- und Konstruktionsregeln

2/1995

Prof. Ernst Gehri, Professur fĂźr Holztechnologie, ETH ZĂźrich Adrian Mischler, dipl. Bauing. ETH

Lignum


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Inhalt

Seite

2 5

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15

1 2 2.1 2.2 2.3 2.4 3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 4 4.1 4.2 4.2.1 4.2.2 4.2.3 4.3 4.4 4.4.1 4.4.2 4.4.3 4.5

23 23 24

1

4.5.1 4.5.2 5 6

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Einleitung Bedeutung der konstruktiven Gestaltung auf die Leistungsfähigkeit Bedeutung der Beanspruchungsart Biegeträger mit leistungsmindernden Details Bedeutung von Ausklinkungen Rahmenecken Tragverhalten von Holzverbindungen Kriterien für eine optimale Verbindung Verbindungen auf Querdruck Verbindungen auf Querzug Verbindungen auf Schub mit Querdruck Bedeutung fehlender Zentrierung Bedeutung duktilen Verhaltens Bedeutung der Verbindungstechnik für Entwurf und Ausführung Wirkung in Serie- oder Parallelschaltung Leistung der Verbindungsart Wirkungsgrad Ideales Verhalten einer Verbindung Mechanische Verbindungen hoher Leistung Rationelle Fertigung Einfacher Entwurf und Bemessung Generelles Verminderung der Entwurfskosten Typisierte Anschlussformen Gegenseitige Beeinflussung von Verbindungstechnik und konstruktiver Gestaltung Howe'scher Träger Fachwerkträger mit Nagelplatten Zusammenfassung Normen und Literatur Impressum

Einleitung Die vorliegenden Entwurfs- und Konstruktionsregeln für Holztragwerke beruhen sowohl auf langjähriger praktischer Erfahrung als auch auf neueren Erkenntnissen aus der Forschung. Sie sind als Entwurfshilfe für Architekten und Ingenieure gedacht und sollen ein besseres Verständnis für das Verhal-

Abbildung 1 Bei der Portalausbildung der Dörflibrücke in Eggiwil (BE) wurde der Übergang Holz-Beton mittels Stahl-Holz-Verbindungen hergestellt.

ten von Holztragwerken ermöglichen. Auf die Angabe von Bemessungsregeln wurde dabei weitgehend verzichtet. Verbindungen haben in erster Linie den Anforderungen bezüglich Tragsicherheit (Festigkeit) und bezüglich Gebrauchstauglichkeit (Steifigkeit) zu genügen. Darüberhinaus


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kommt dem Verhalten der Verbindungen bezüglich Holzfeuchteänderung grosse Bedeutung zu. Die in Verbindungsbereichen häufig auftetenden Verformungsbehinderungen erzeugen Zusatzbeanspruchungen; im Falle von Querzugbeanspruchungen reisst das Holz häufig auf, womit das Tragvermögen vermindert wird. Wenn das einzubauende Holz auf Gebrauchsfeuchte konditioniert wird, vorzugsweise auf einen Wert unter dem Mittelwert des zu erwartenden Gleichgewichtszustandes, reduziert dies die Aufreissgefahr wesentlich. Dem Einsatz von korrekt getrocknetem Holz kommt deshalb hohe Bedeutung zu. Die konstruktive Gestaltung der Holztragwerke und insbesondere deren Verbindungen haben entscheidenden Einfluss auf die • • • •

Abbildung 2 Die durchdringenden und leicht herausragenden Stahlbolzen wurden von der Gegenseite eingetrieben und haben dabei Holzfasern herausgerissen. Trotz Vordach wird diese Zone regelmässig befeuchtet, was sich negativ auf die Dauerhaftigkeit und Ästhetik der Verbindung auswirkt. Abbildung 3 Portalausbildung des Fussgängersteges Leimbach (ZH). Gleiche Verbindungsart mittels Stahl-Holz-Verbindungen wie in Abbildung 1.

Ästhetik Dauerhaftigkeit Wirtschaftlichkeit Leistungsfähigkeit

Dem Kriterium 'Ästhetik' kommt bei sichtbar bleibenden Tragwerken grosse Bedeutung zu. Die Hauptaufgabe besteht hier darin, konstruktive Lösungen anzubieten, die einerseits den sich wandelnden ästhetischen Ansprüchen zu genügen vermögen und andererseits die Anforderungen bezüglich Dauerhaftigkeit und Wirtschaftlichkeit weiterhin erfüllen.


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Abbildung 4 Auf der exponierten Aussenseite dringen die Stahlbolzen im Gegensatz zu Abbildung 2 nicht durch. Dies führt zu erhöhter Dauerhaftigkeit bei gleichzeitig verbesserter Ästhetik.

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Die Erfüllung des Kriteriums 'Dauerhaftigkeit' setzt den holzgerechten Einsatz voraus. Hiezu gehört vor allem die Wahl geeigneter konstruktiver Formen und Details. Ist dies nicht erfüllbar, müssen kompensierende Schutzmassnahmen getroffen werden, z.B. durch den Einsatz widerstandsfähiger Holzarten oder durch chemische Schutzverfahren.

Abbildung 5 Konstruktiver Holzschutz der Tragstruktur durch den Einbau von leicht auswechselbaren Verschleissteilen. Aabachbrücke in Uster (ZH)

Ausschlaggebend für die Wirtschaftlichkeit von Holztragwerken ist heute die Gestaltung der konstruktiven Details und der damit verbundene Arbeitsaufwand. Die Kosten des Tragwerkes sind weitgehend durch die Systemwahl und durch die gewählte Konstruktionsart bestimmt. Diese werden durch die Planer, d.h. grundsätzlich durch Architekten und Ingenieure festgelegt. Dabei bleiben meistens die Möglichkeiten rationeller Herstellung und somit niedriger Produktionskosten, die nur hei angepasster Wahl von System und Konstruktionsart voll zum Tragen kommen, unbeachtet.

Das Kriterium 'Leistungsfähigkeit' ist eigentlich implizite in der Wirtschaftlichkeit enthalten. Die Wettbewerbsfähigkeit des Holzes für Tragwerke wird sich langfristig nur verbessern, wenn traditionelle Konstruktionsweisen durch neuere, leistungsfähigere Konstruktionen ersetzt werden. Weil die Leistungsfähigkeit im Holzbau weitgehend durch Anschluss- und Konstruktionsdetails vorgegeben wird, sind Verbindungstechnik und Gestaltung der Details derart wesentlich.


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Bedeutung der konstruktivan Gestaltung Leistungsfähigkeit 2.1

uf die

Bedeutung der Beanspruchungsart

Holz erreicht dann seine hohe Leisliungsfähigkeit, wenn es überwiegend parallel zur Faser beansprucht wird. Ein einfacher tiergleich mit anderen Beanspruchungsarten und dem Baustoff Stahl verdeutlicht dies.

Leistung von Stahl 100%

Schub Zug/D uck unabhängig der Richtung

Figur 1

Figur 2

Aufgrund dieses Vergleiches wird folgendes erkennbar:

Lokale Verstärkungen mit geeigneten Holzwerkstoffen wie Furniererschicht- oder Furniersperrhölzern, können die Schwächen des Bauholzes und des Brettschichtholzes eliminieren (Figur 3). Konstruktive Details, bei denen Beanspruchungen senkrecht zur Faser und/oder örtlich hohe Schubspannungen auftreten, vermindern das Tragvermögen des Bauteils und können ein frühzeitiges Versagen auslösen. Derartige Beanspruchungen können durch entsprechende konstruktive Gestaltung oder durch Ausschalten deratiger Schwachstellen (z.B. durch angepasste lokale Verstärkungen) vermieden werden. Auf diese Weise wird die Leistungsfähigkeit des Bauteiles wirksam erhöht und die Wirtschaftlichkeit spürbar verbessert.

* Druckbeanspruchte Holzkonstruktionen weisen generell eine höhere Leistung als zugbeanspruchte Konstruktionen auf. * In Konstruktionsteilen mit hoher Schubbeanspruchung kann der Einsatz von Bauholz oder Brettschichtholz (BSH) unzweckmässig werden. * Konstruktionsteile mit hoher Querbeanspruchuna sind zu vermeiden. Sind Zugbeanspruchungen senkrecht zur Faser nicht auszuschliessen, müssen konstruktive Massnahmen getroffen werden.

Figur 3 Querträger der Strassenbrücke San Niclä (GR)

spezieller Keilzinkenstoss Furniersperrholz

Brettschichtholz vertikal laminiert


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2.2

Biegeträger mit leistungsmindernden Details

Am Beispiel des Biegeträgers, eines häufig vorkommenden Tragelementes, lässt sich der Einfluss konstruktiver Details auf das

Tragvermögen aufzeigen. Beim Biegeträger sind die Versagensformen gemäss Figuren 4-6 zu beachten:

Figur 4 Versagen auf Querdruck — durch ungenügende, zu kleine Auflagerflächen durch ungleichmässige Auflage — durch Nichtbeachten der Trägerendverdrehung

Figur 5 Versagen auf Schub in Kombination mit Querzug — wegen Ausklinkungen — wegen Durchbrüchen

Figur 6 Versagen auf Biegung — durch Einschnitte (Kombination Schub/ Querzug) — der Keilzinkenstoss der Lamellen (bei BSH) kann bei ungenügender Qualität (Qualitätssicherung) eine Schwachstelle darstellen

2.3

Bedeutung von Ausklinkungen

Aus konstruktiven Gründen (geringere Stapelhöhe und grössere Kippsicherheit) weisen Träger oftmals im Auflagerbereich eine Ausklinkung auf. Auch die bei traditionellen Balkendecken bei Wechselbalken verwendeten Zapfenverbindungen stellen eine Son-

derform der Ausklinkung dar. Derartige Ausklinkungen führen insbesondere bei hohen Trägern zu einer wesentlichen Verminderung der Schubtragfähigkeit, wie aus Figuren 7+8 ersichtlich.

Wirkungsgrad -q Schub (qualitativ) r-- Träger ohne Ausklinkung .geometrisch bedingte Reduktion der Schubzugfähigkeit Verminderung der Leistung infolge Aufreissen des Trägers

he

Figur 7

Figur 8


7

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Ein Aufreissen des Trägers (Abbildung 6) kann durch örtliche Verstärkung, z.B. eingeleimte Gewindestangen, verhindert werden. Die geometrisch bedingte Reduktion lässt sich durch den Einsatz von Furniersperrholz vermindern bzw. kompensieren (Wirkungsgrad ri Schub = 1).

spezielle Keilzinkenverbindung

Furniersperrholz aus Buche

Abbildung 6

BSH (=Brettschichtholz)

Figur 9

2.4

Rahmenecken

Bei Rahmentragwerken müssen in den Eckbereichen die Biegemomente 'umgelenkt' werden. Dadurch wird ein Schubfeld mit entsprechend hoher Schubbeanspruchung gebildet.

Figur 10 Dreigelenkrahmen

Figur 11 Ausführung einer Rahmenecke mittels Passbolzen

Bei Dreigelenkrahmen treten die grössten Biegemomente normalerweise im Eckbereich auf. Bei üblicher unverstärkter Ausführung in Brettschichtholz wird, unabhängig von der Verbindungsart, höchstens 40% des möglichen Tragvermögens der

Anschlussteile erreicht. Infolge ungleichmässiger Krafteinleitung und lokaler Schwächung durch die Verbindungsmittel kann dieser theoretische Maximalwert nicht erreicht werden.


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Begründung: In einer Rahmenecke mit quadratischem Schubfeld beträgt die Schubspannung 1 — unter der günstigen Annahme einer konstanten Schubspannungsverteilung — rund 1/4 der Biegespannung cr m. Da die Schubfestigkeit fv rund 1/10 der Biegefestigkeit beträgt, tritt das Versagen des Schubfeldes bei rund 40% des Biegewiderstandes ein.

Figur 12

Eine höhere Leistungsfähigkeit ist durch folgende fünf Massnahmen zu erreichen: Schubfeld

a) Durch Vergrösserung des Schubfeldes

günstige Ausbildung

Das vergrösserte Schubfeld erhöht den Wirkungsgrad der Rahmenecke um etwa den Faktor (h1 /h o)2.

zu steile Vouten vermeiden --> hohe Beanspruchung schräg zur Faser

Figur 13

b) Durch den Einsatz von Holzwerkstoffen mit grösserer Schubfestigkeit

spezielle Keilzinkenverbindung BSH

HWS hoher Schubfestigkeit z.B. Furniersperrholz aus Buche

Die Schubfestigkeit f v von Furniersperrholz ist wesentlich höher als diejenige von Brettschichtholz. Mit fv, Buche = 4 5 fv, BSH wird nicht mehr die Rahmenecke, sondern die Leistungsfähigkeit des Keilzinkenstosses massgebend. Der mögliche Wirkungsgrad T1 Stoss liegt bei rund 0,8.

Figur 14

vereinfachtes Tragmodell Diagonalkräfte durch Stahllasche aufgenommen (z.B. BSB)

--e-- Zug —0— Druck

Zug Druck

Figur 15

c) Durch mechanischen Stoss mit 'lokaler' Verstärkung zur Aufnahme der Diagonalkraft Wird die Rahmenecke optimal ausgebildet (z.B. mit BSB-Verbindung) kann unabhängig von der Richtung der Momentenbeanspruchung ein Wirkungsgrad von rund 0,6 erreicht werden.


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d) Durch Kombination mit anderen Baustoffen Brettschichtträger = Rahmenriegel

Steg des Stahlprofils = Schubfeld Ii:

Wird das Schubfeld in die entsprechend ausgelegte Stahlstütze 'verlegt', wird die Leistungsfähigkeit der Rahmenecke durch diejenige der Verbindung begrenzt.

leistungsfähige Stahl-Holz-Passbolzenverbindung Wirkungsgrad ri = 0,6

Stahlprofil

= Rahmenriegel

Figur 16

e) Durch angepasste Wahl des statischen Systems Die bisherigen Überlegungen gehen von 'festliegenden' Biegemomenten in den Rahmenecken aus. Häufig treten in diesen Eckbereichen, also gerade in den Bereichen mit verminderter Leistungsfähigkeit, die grössten Biegemomente auf. Durch eine angepasste Wahl des statischen Systems und der Verhältnisse der Steifigkeiten lässt sich ein, bezüglich der Rahmenecke, optimaler Momentenverlauf erreichen.

Die Verkleinerung der Biegemomente in den Rahmenecken wird erreicht durch: a) Änderung des statischen Systemes b) Änderung der Steifigkeitsverhältnisse zwischen Riegel und Stütze bei statisch unbestimmten Systemen, z.B. mit einer schlanken Stahlstütze Figur 17 Statische Systeme und dazugehöriger Momenten-Verlauf.

3

Tragverhalten v.von Holzverbindunquic, Das Verhalten von Holzverbindungen bezüglich Tragvermögen und Verformbarkeit ist analog dem Tragverhalten des Holzes abhängig von Holzfeuchte und Beanspruchungsdauer, sowie von der Beanspruchungsrichtung zur Faserrichtung. Holzfeuchteänderungen haben einen grossen Einfluss auf das Tragverhalten. Hierzu gehört auch das Austrocknen am Bau von frisch eingeschnittenem oder angetrocknetem Holz.

3.1

Kriterien für eine optimale Verbindung

Gemäss Trysna (1941)* sollten folgende vier Kriterien erfüllt werden:

* Trysna F.: Über die Formänderung hölzerner Tragwerke. Mitteilungen des Fachausschusses für Holzfragen beim Verein Deutscher Ingenieure im NSBDT und Deutschen Forstverein 1941, Heft 30.


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a) Das Schwinden (und Quellen) des Holzes senkrecht zur Faser soll keine Formänderung erzeugen, d.h. die Einzelteile der Tragwerke dürfen an keiner Stelle Kraftdurchleitungen senkrecht zur Faser erhalten (Figur 18, Abbildung 7).

Abbildung 7

Figur 18 Zone mit Kraftdurchleitung senkrecht zur Faser.

Knotenplatte aus Stahl oder Furnierschichtholz-Platten

b) Das Holz ist achsial (parallel zur Faser) zu beanspruchen und in den Verbindungen sollen nur geringe Beanspruchungen senkrecht zur Holzfaser auftreten. Dadurch werden die grossen unerwünschten elastischen Formänderungen senkrecht zur Faser gegenstandslos (Figur 19). c) Die Übertragung der Anschlusskräfte soll parallel zur Faser erfolgen. Im Falle von stabförmigen Verbindungsmitteln sind mehrschnittige Ausbildungen vorzuziehen (Figur 20).

Figur 19 Möglicher Gleichgewichtszustand. Die Verbindungsmittel sind nur parallel zur Faser beansprucht.

Vorteile: • kürzere Anschlusslängen • gleichmässige Krafteinleitung • höhere Leistung d) Die Querschnittsverminderungen und Kerbwirkungen sind möglichst klein zu halten.

Figur 20


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3.2

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Verbindungen auf Querdruck

Beanspruchungen senkrecht zur Faser treten bei den meisten traditionellen Konstruktionsformen auf. Sowohl bei der Riegel- als auch bei der Rahmenbauweise stellt das 'liegende' Holz einen wesentlichen Anteil der Wandhöhe dar. Bei derartigen Bauweisen sind Setzungen unvermeidlich: • Setzungen durch feuchtes oder nur angetrocknetes Holz. Ungenügender Schutz während der Bauphase oder Wasseraufnahme aus feucht eingebrachten Füllungen wirken analog. Das Setzmass beträgt pro 4% Feuchtigkeitsabnahme rund 1% der Höhe an 'liegendem' Holz. Erfolgt die Austrocknung unter Last, so treten zu den elastischen Verformungen noch grössere Kriechverformungen auf, die ein Mehrfaches der elastischen Werte erreichen.

• Setzungen durch höhere Querdruckbeanspruchungen. Bedingt durch die geringe Querdrucksteifigkeit (rund 50 mal kleiner als längs zur Faser) ergeben sich, nicht nur proportional sondern auch absolut gesehen, grössere Verformungen. Durch folgende Massnahmen können Verbindungen auf Querdruck verbessert werden. a) Vermindern der Höhe an 'liegendem' Holz auf das baulich Erforderliche b) Reduzieren der Querdruckbeanspruchung durch das Anordnen von Sattelhölzern (Vergrösserung der Querdruckfläche) c) 'Liegendes' Holz aus Holzarten mit besseren Eigenschaften bezüglich Querbeanspruchung einsetzen (z.B. dichteres Nadelholz wie Lärche oder aus Hartholz) d) 'Liegendes' Holz in den querdruckbeanspruchten Zonen bewehren, sog. querarmiertes Holz.

Figur 21

3.3

Verbindungen auf Querzug

Werden die Holzeigenschaften an kleinen, fehlerfreien Proben ermittelt, ergeben sich relativ hohe Zugfestigkeiten senkrecht zur Faser. Hölzer mit baupraktischen Abmessungen weisen Schwindrisse auf, die zu einer starken Verminderung der Zugfestigkeit senkrecht zur Faser führen, die Querdruckfestigkeit jedoch kaum beeinflussen. Vergleich:

Figur 22

Druck quer zur Faser foo

Leistungsfähige Holzverbindungen sind bei Vorliegen grösserer Querzugbeanspruchung nicht realisierbar. Querzugbeanspruchungen sind zu vermeiden.

Zug quer zur Faser ft,90


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At2/2M/

Riss

Figur 23 Krafteinleitung schräg zur Faser. Grosse Querbeanspruchung; bei ungünstiger Anordnung entsteht grosser Querzug.

3.4

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Figur 24 Krafteinleitung II zur Faser. Günstigste, leistungsfähigste Form; lokaler Querzug beim Verbindungsmittel (Grösse abhängig vom Typ und Abmessung des Verbindungsmittels).

Verbindungen auf Schub mit Querdruck

Die erhöhte Schubfestigkeit fv bei gleichzeitigem Auftreten von Querdruck wird z.T. indirekt berücksichtigt, z.B. indem bei Trägern auflagernahe Einzellasten für den Schubnachweis nur abgemindert berücksichtigt werden (Figur 26).

Querdruck erhöht das Tragvermögen auf Schub. Der Zusammenhang ist aus dem Interaktionsdiagramm ersichtlich (Figur 25).

Schub f,

charakteristischer Wert (Index k) Streubereich Quetschbereich

Querzug ft,90 Querdruck fc,90 ft,90,k

fc,90,k

Figur 25

auflagernahe Einzellast

h Einflusslinie der Auflagerkraft A Figur 26

Analoger positiver Einfluss des Querdruckes ist auch beim Abscheren erkennbar. Dies ist die häufigste Versagensform beim Versatz. Wie aus dem Interaktionsdiagramm ersicht-

Figur 27

lich, führen bereits geringe Querzugspannungen zu einem beträchtlichen Abfall an Schubvermögen. Derartige Ausbildungen sind konstruktiv auszuschliessen.


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Im Krafteinleitungsbereich entsteht (aus Gleichgewichtsgründen) lokaler Querzug (Figur 27, links).

3.5

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Durch die Komponente senkrecht zur Faser entsteht kein lokaler Querzug, sondern Querdruck; somit Erhöhung der Scherfestigkeit (Figur 27, rechts).

Bedeutung fehlender Zentrierung Bei verschiedenen der heute eingesetzen Konstruktionsweisen ist eine vollständige Zentrierung gar nicht möglich. Der durch fehlende Zentrierung resultierende Leistungsabfall kann beträchtlich sein und muss im Bemessungsprozess berücksichtigt werden.

Bei tachwerkartiger Ausbildung ist stets eine vollständige Zentrierung anzustreben. Dadurch lassen sich zusätzliche, aus Gleichgewichtsgründen bedingte, Beanspruchungen der Fachwerkstäbe und deren Anschlüsse ausschliessen. Die verformungsbedingten, durch biegesteife Anschlüsse erzwungenen, Zwängungskräfte lassen sich allerdings nicht vermeiden, durch entsprechende konstruktive Massnahmen jedoch klein halten.

Bei ebenen Fachwerken sind folgende Fälle fehlender Zentrierung zu beachten:

Exzentrizitäten in der Tragebene

Exzentrizitäten senkrecht zur Tragebene

Figur 28 Exzentrische Anwendungen liegen vor * bei der Nagelbauweise und bei der Menigbauweise • z.T. auch bei Fachwerken mit Knotenplatten, insbesondere Nagelplatten

Figur 29 Exzentrische Anwendungen liegen vor • bei der Nagelbauweise und bei der Menigbauweise • hei Einpress- und Einlassdübeln (asymmetrische Ausbildungen sind ohnehin auszuschliessen)

Beispiel Nagelträger/Menigbauweise Exzentrizität • in der Tragebene

• senkrecht zur Tragebene

Figur 30

Dadurch entstehen zusätzliche Gurtbeanspruchungen auf Querkraft (knotenplattenlose Ausbildung) Durch Verwendung schmaler Querschnitte kann sie möglichst klein gehalten werden (Figur 30). Die Exzentrizitäten haben bei der Menigbauweise grössere Bedeutung, da gegenüber der Nagelbauweise leistungsfähigere Anschlüsse erzielt werden.


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Beispiel Einlassdübel Exzentrizität: Senkrecht zur Tragebene liegt eine ausserordentlich hohe Exzentrizität vor. Die Verdrehung der Diagonalen und die Verbiegung im Pfosten werden dank der symmetrischen Anordnung weitgehend im Knoten abgebaut. Eine Verbesserung ist nur möglich durch den Einsatz der jeweils minimal zulässigen Holzabmessungen (min. Dicken für die jeweiligen Dübeldurchmesser) und durch den Einsatz übergrosser Bauschrauben (höherer Anteil des Ausgleiches der exzentrischen Kräfte direkt über Biegung der Bauschrauben). Figur 31

3.6

Bedeutung duktilen Verhaltens

Nebst ausreichendem Tragvermögen und Steifigkeit ist eine hohe Duktilität der Verbindungen anzustreben. Im Holzbau stellen die Verbindungen in der Regel die Schwachstellen der Konstruktion dar. Soweit diese Schwachstellen nicht vermeidbar, sind diese möglichst duktil auszubilden. Das Duktilitätsmass einer Verbindung bzw. einer Gruppe von Verbindungsmitteln wird als Verhältnis der Bruchverformung wu zur eiastischen Verformung wy dargestellt.

Die Duktilität hat entscheidende Bedeutung: • für das Gesamtverhalten des Tragwerkes. Durch Schnittkraftumlagerung ergibt sich in der Regel eine höhere Belastbarkeit. • für das Tragverhalten des Stosses. Da das Grundmaterial Holz bzw. Holzwerkstoff häufig sprödes Bruchversagen aufweist, muss durch eine optimale Auslegung der Verbindung die duktilere Versagensform «Verbindungsmittel» angestrebt werden. • für das Tragverhalten einer Gruppe von Verbindungsmitteln. In der Regel wirken in einem Stoss mehrere Verbindungsmittel zusammen; eine Summierung der Tragwiderstände setzt nicht nur eine grössere Duktilität der Einzelverbindungen, sondern auch des Stosses voraus. Die Bedeutung der Duktilität für das Zusammenwirken von Verbindungsmitteln kann am Beispiel einer Stahl-Holz-Passbolzenverbindung mit innenliegendem Stahlblech und den folgenden Abmessungen aufgezeigt werden.

Figur 32

Figur 33 Verbindung mit 5 Bolzen in Kraftrichtung hintereinander

Figur 34 Analoge Verbindung wie Figur 33 mit Einzelbolzen


15

Kraft pro Bolzen und Scherfläche kN 50 1 Bolzen 40

30

20

15 Bolzen

10 Verschiebung in der Verbindung 1 mm

12

mm

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Die Ergebnisse der an der Professur für Holztechnologie der ETH Zürich durchgeführten Untersuchungen sind in Figur 35 ersichtlich; die Bruchwerte beziehen sich jeweils auf einen Bolzen und eine Scherfläche. Die Verbindung mit Einzelbolzen verhält sich äusserst duktil; trotzdem versagt die Verbindung mit fünf Bolzen hintereinander sehr spröde bei 40 bis 60 % der erwarteten Bruchlast durch Aufspalten des Holzes quer zur Faser und mit einer sehr kleinen Bruchverformung von 0,5 bis 0,8 mm. Bei diesen geringen Bruchverformungen sind, bedingt durch geringste, baupraktisch unvermeidbare Fertigungstoleranzen, die Bolzen ungleichmässig belastet.

Figur 35

Dieses Beispiel erläuteri, dass nebst einer genügend hohen Duktilität auch eine genügend grosse Schlankheit des Bolzens gewährleistet sein muss.

4

Bedeutung der Verbindungstechnik für Entwurf und Ausführung 4.1

Wirkung in Serie- oder Parallelschaltung

Holzteile werden zum Teil als Einzelelemente, häufiger mit anderen Teilen zusammenwirkend verwendet. Die Zusammenwirkung — bei enger, unzertrennlicher Wirkung spricht man auch von Verbundwirkung — erfordert geeignete Verbindungsverfahren und Verbindungsmittel. Je nach Art des Zusammenfügens ergibt sich eine Serieschaltung oder eine Parallelschaltung der Einzelelemente.

Wirkung im Verband

• Serieschaltung

Zugstab mit beidseitigen 4:1 Anschlüssen

Figur 37 z.B. Fachwerkträger

Wirkung als Einzelelement

• Parallelschaltung

Koppelungsträger (Querverteilung)

Figur 36 z.B. Einzelbalken

Figur 38 z.B. Balkenlage mit Koppelungselement


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Je nach der Art des Zusammenwirkens ergeben sich unterschiedliche Versagensmöglichkeiten: ® Serieschaltung Bei einem zusammengesetzten Bauteil mit mehreren gleichwertigen Versagensmöglichkeiten ist für das Versagen nur das schwächste Glied in der Kette entscheidend. Der Bruch eines Elementes führt zu einem vollständigen Versagen. Von Bedeutung ist hier ein möglichst gleichmässiges Ausnützen aller Teilelemente und somit eine möglichst kleine Streuung der Eigenschaften. ® Parallelschaltung Angestrebt wird die Mitwirkung verschiedener Bauteile; Art (Steifigkeit und

4.2

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Festigkeit) der Koppelungselemente bzw. Verbindungen untereinander sind entscheidend. Im Idealfall erfolgt eine vollständige Mitwirkung aller Bauteile bis zum Versagen. Das Tragverhalten nähert sich dabei dem Mittelwert der Bauteileigenschaften: deren Streubreite hat eine abnehmende Bedeutung.

Liegt eine Serieschaltung vor, so ist eine hohe Ausnützung des Baustoffes Holz nur möglich, falls Baustoffe und Verbindungsarten hoher Zuverlässigkeit und geringer Eigenschaftsstreuungen eingesetzt werden. Dies verlangt den Einsatz von maschinell sortiertem Bauholz sowie entsprechend zuverlässiger und leistungsfähiger Verbindungsarten.

Leistung der Verbindungsart

4.2.1 Wirkungsgrad Bevorzugt werden Verbindungsarten, die einen hohen Wirkungsgrad bezüglich Tragvermögen aufweisen.

Definition:

Wirkungsgrad bi) = Verhältnis Tragwiderstand des Anschlusses bezogen auf Tragwiderstand des ungestossenen Ele...) mentes (Stab,

Der Wirkungsgrad -q ist abhängig von: — Verbindungsart (Verbindungsmittel) — Holzabmessungen — Holzart — Schnittholz, BSH, Holzwerkstoffe — Beanspruchungsart (Zug, Druck, Biegung, Querkraft) Figur 39 Zugstoss

Figur 40 Biegestoss

In einer reinen Druckverbindung (allerdings nur parallel zur Faser) kann ein hoher Wirkungsgrad erreicht werden, unter der Voraussetzung, dass das Knicken konstruktiv verhindert wird.

Figur 41 Verbindungsart (für Beanspruchung: Zug parallel zur Faser)

R"ngclibel

Bolzen

Schäf ung Keilzinkung


17

Tragwiderstand ideale Verbindung

/

optimale Verbindung

1 I

Duktilitätsmass = — wu wy

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im Bruchzustand (vgl. hiezu Holzbau-Tabellen 2 — Generelles zu Holzverbindungen, Lignum). Erwünscht sind mechanische Verbindungsarten mit hoher Duktilität, was gleichbedeutend mit der früheren Forderung nach einem grossen Arbeitsvermögen ist.

C= Verschiebungsmodul Verformung w Wy

wu

4.2.3 Mechanische Verbindungen hoher Leistung

plastischer Bereich mit grosser Verformung

elastischer Bereich möglichst steif Figur 42

4.2.2 Ideales Verhalten einer Verbindung Das Tragverhalten einer Verbindung wird sowohl durch das Festigkeitsverhalten (Wirkungsgrad) als auch durch das Verformungsverhalten umschrieben. Erwünscht ist dabei — nebst hoher Steifigkeit im Anfangsbereich — ein hohes Verformungsvermögen

[kr\l] 600 500 400-

Fora B Forni

4

5x40

Passbolzen 0 6.3 mm gleiche Anordnung und Anzahl Passbolzen für beide Proben

-BSH- - Fichte 200/200

300200-

F 100Anschlussverformung 4

5

6

Emm]

Mechanische Verbindungen hoher Leistungsfähigkeit lassen sich mit stabförmigen Verbindungsmitteln erreichen. Besonders geeignet sind Passbolzen in Verbindung mit Stahlblechen in mehrfach eingeschlitzten Hölzern. Bei nur aussenliegenden Verbindungen können Nägel oder Schrauben eingesetzt werden. Entscheidend ist es, die Verbindungsmittel zweckmässig auf die Einsatzbedingungen abzustimmen (Schlankheit, Stahleigenschaften). Gedrungene Bolzen, wie heute vorzugsweise verwendet, ergeben in der Regel steifere Anschlüsse; wegen der fehlenden oder nur geringen Biegeverformungen der Bolzen weisen derartige Verbindungen ein relativ sprödes Bruchverhalten auf und sind deshalb zu vermeiden (siehe Abschnitt 3.6). Die Bedeutung angepasster Abstimmung des Verbindungsmittels ist auch aus nachstehendem Vergleich ersichtlich. Bei sonst gleichen Bedingungen wurde in der Ausbildungsform B durch Weglassen (!) eines Bleches gegenüber Form A ein wesentlich besseres Tragverhalten erreicht. Der Tragwiderstand wurde noch leicht angehoben und die Duktilität der Verbindung auf das dreifache gesteigert.

Figur 43

4.3

Rationelle Fertigung

Im Hinblick auf die hohen Arbeitskosten sollen die erforderlichen Fertigungszeiten verkürzt werden und ist eine weitergehende Automatisierung der Fertigung anzustreben. Dieses Ziel lässt sich mit unterschiedlichen Massnahmen erreichen: • Durch Aufbau aus möglichst wenigen, einheitlichen Bauteilen z.B. wie bei den Nagelplatten — Fachwerkträgern ® Durch Verwendung typisierter Anschlussformen z.B. bei Raumfachwerken (Abbildung 9), oder bei Windverbänden aus Rundstahl

• Durch Einsatz von Fertigungsautomaten Je nach Produkt ergibt sich eine unterschiedliche Flexibilität. Oft ist eine Anpassung des Entwurfes an die Fertigung erforderlich. Es ergibt sich eine MindestIosgrösse bedingt durch den grösseren Aufwand der Arbeitsvorbereitung. Grössere Anforderungen werden bezüglich Fertigungs- und Holzqualität, insbesondere der Masshaltigkeit, gestellt (Abbildung 8).


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4.4

Einfacher Entwurf und Bemessung

Abbildung 8 Fertigungsautomat

4.4.1 Generelles Einer Vereinfachung von Entwurf und Bemessung kommt in Zukunft grösste Bedeutung zu. Nur so wird es möglich sein, kurzfristig und mit kleinem Aufwand den Anforderungen eines leistungsfähigen Holz baues und rationeller Fertigung gerecht zu werden. Im Vordergrund stehen: - Verringern der Entwurfskosten (und Dauer) - Verwendung typisierter Anschlussformen - Möglichkeit zu rationeller Fertigung (vgl. hiezu 4.3) - Optimale Ausnützung der Eigenschaften des Holzes Erschwerend wirken sich die laufenden Anpassungen an neue Normen aus. Beispiele dafür sind die Norm SIA 160 (1989) 'Einwirkungen auf Tragwerke' und die vorgesehene Einführung des europäischen Normenwerkes. Diese Erschwernis geht insbesondere auf die aus diesen Normen resultierende Überbetonung des rechnerischen Nachweises zulasten der konstruktiven Gestaltung zurück.

Abbildung 9 Typisierter Anschluss für ein Raumfachwerk


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4.4.2 Verminderung der Entwurfskosten Viele der früher üblichen Verbindungstechniken sind entwurfsaufwendig. Zudem ergeben sich die Abmessungen der Holzteile oftmals erst aufgrund der erforderlichen Grösse der Anschlussbereiche. Dies gilt generell für

alle auf Überlappung wirkenden Verbindungsarten, wie Nagelung, Menig-Nagelplatten, Bulldog- und Ringdübelverbindungen. Dies sei wie folgt erläutert:

Figur 44 Nagelverbindung

Figur 45 Nagelplatten-Verbindung

Die 'Anschlussfläche' wird festgelegt durch die überlappten Bereiche, das heisst durch die Abmessungen der Holzteile und die Geometrie des Knotens.

Die 'Anschlussfläche' kann durch die Wahl der Grösse und Anordnung der Nagelplatte den entsprechenden Anschlusskräften angepasst werden.

Holzdicken:

Holzdicken:

Diagonalen gleich, Gurtungen unterschiedlich

alle 3 Teile gleiche Dicke

Anschlussleistung:

Anschlussleistung:

Anpassung über die Holzdicken. Die Anschlussleistung des Nagels ist von den Holzdicken abhängig.

Vom Plattentyp abhängig

Entwurf:

Entwurf:

Kaum automatisierbar, erfordert zudem aufwendige Darstellung der Nagelbilder.

Automatisierbarer Entwurf, heute integriert in Fertigungsprozess, zudem rationelle Herstellung

4.4.3 Typisierte Anschlussformen Im Holzbau sind kaum typisierte Anschlussformen vorhanden (Ausnahme einige Lizenzprodukte), dies im Gegensatz zum Stahlbau.

Stahlbau

Holzbau

• Typisierte Ausbildungsformen mit standardisierten Verbindungsmitteln • Isotropes Material

• Vielzahl von Verbindungsmitteln und Ausbildungsformen • Probleme mit Kraft- zur Faserrichtung


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Stahlbau Systeme

Abbildung 10 Stirnplattenstoss > Abbildung 11 BSB-Knotenpunkt

Abbildung 12 Winkelanschluss > Abbildung 13 Howe'scher Träger

Einzelkonzeptionen

Abbildung 14 Nagelverbindung

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Holzbau


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4.5 Gegenseitige Beeinflussung von Verbindungstechnik und konstruktiver Gestaltung An zwei Beispielen soll aufgezeigt werden, wie sich die Verbindungstechnik und die konstruktive Gestaltung gegenseitig beeinflussen. 4.5.1 Howe'scher Träger Prinzip:

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Konstruktive Vorteile: Kontaktstösse: Diagonalstäbe mit geraden (senkrechten) Schnitten. Entwurf: Erhöhung der Tragfähigkeit bzw. der Spannweite durch mehrfache parallele Anordnung der Howe'schen Träger. Figur 46

Parallelgurtiger Fachwerkträger mit gekreuzten Holzdiagonalen und Hängestangen aus Stahl. Durch Vorspannung der Hängestangen wird in den Diagonalen stets eine minimale Druckkraft gewährleistet. Somit können alle Verbindungen der Diagonalen als reine Druckverbindungen (Kontaktverbindungen) ausgeführt werden. Normalfall 2 Gurtungen 1 Hängestange

verstärkte Ausbildung

Konstruktiver Nachteil:

Problemlösung über Verbindungstechnik:

Betrachtet man den Kraftfluss in den Knoten, so stellt man fest, dass die Gurtungen ständigen Querdruckbeanspruchungen ausgesetzt sind (Abbildung 48). Dies führt wie unter 3.2 beschrieben zu grossen Setzungen infolge Schwindverformungen, elastischen Verformungen und im Laufe der Jahre noch Kriechverformungen.

In den USA wurde dieses Problem mit der Knotenausbildung gemäss Abbildung 49 gelöst. Die Knotenkräfte der Zugstangen werden über die Gusseisenschuhe direkt als Druckkräfte in die Diagonalen weitergeleitet. Dadurch entfällt der Querdruck in den Gurtungen. Die Leistungsfähigkeit des Knotens und damit der ganzen Konstruktion kann mit diesen einfachen Massnahmen wesentlich gesteigert werden.

Figur 47 Systemskizze Howe'scher Träger

Holzbereiche auf Querdruck —.geringe Beanspruchbarkeit mit gleichzeitig hohen Verformungen

Figur 48 Aufnahme

der Knotenkräfte mit Hartholz

Figur 49 Aufnahme der Knotenkräfte mit Gusseisenschuh


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Rationelle Fertigung: — Stahlteile: Der gleiche Gusseisenschuh kann für alle Knoten verwendet werden. Dadurch kann er in grossen Serien gegossen werden. — Holzteile: Lokale Herstellung möglich (Sägereien). Die Holztrocknung ist unproblematisch, da Abbildung 15 Knotenpunkt eines Nagelplattenbinders

Abbildung 16 Eine der vielfältigen Dachbinderformen

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'luftiger' Einbau. Gerade Teile, grosse Wiederholung, geringste Bearbeitung. 4.5.2 Fachwerkträger mit Nagelplatten Fachwerkträger mit Nagelplatten sind ein Beispiel aus der heutigen Zeit für typisierte Anschlüsse und rationelle Fertigung. Der Entwurf der Binder kann weitgehend auto-


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matisiert und in den dafür eingrichteten Betrieben in den Fertigungsprozess integriert werden. Die Herstellung erfolgt von der Witterung geschützt im Werk auf speziellen Pressen. Dank dem hohen Vorfertigungsgrad kann die Montagearbeit auf der Baustelle gering gehalten werden. Insbesondere bei Serienproduktion von mehreren gleichen Fachwerken ergibt sich eine sehr rationelle

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Bauweise. Die Leistungsfähigkeit und somit auch die Wirtschaftlichkeit dieser Fachwerkträger wird dann am grössten, wenn Geometrie und Abstand der Binder auf das Nagelplatten-System agbestimmt werden. Dies erfordert eine möglichst frühzeitige Zusammenarbeit zwischen Planer und Konstrukteur.

Zusammenfassung Die Neuerungen im Normenwesen (Eurocode 5, SIA 160/1989) >und die vermehrte Anwendung von Computer-Statik beinhalten die Gefahr einer Übergewichtung der rechnerischen Bemessung zu Lasten der konstruktiven Gestaltung. Gerade im Holzbau hat aber die konstruktive Gestaltung, und insbesondere diejenige der Verbindungen, entscheidenden Einfluss auf Ästhetik, Dauerhaftigkeit, Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit des Tragwerkes. Die vorliegende Publikation hat zum Ziel, dem Planer

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wie dem Konstrukteur beim Entwurf von Holzkonstruktionen als Anregung zu dienen. Dabei werden insbesondere die holzspezifischen Eigenschaften wie anisotropes Verhalten bezüglich Festigkeit und Steifigkeit sowie Kerbempfindlichkeit behandelt. Im weiteren wird aufgezeigt, wie die Entwurfsund Konstruktionskosten minimiert und somit die Konkurrenzfähigkeit von Holzkonstruktionen gegenüber anderen Baustoffen gesteigert werden kann.

Normen und Literatur Norm SIA 160 'Einwirkungen auf Tragwerke', 1989 Norm SIA 164 'Holzbau', 1981 Holzbau-Tabellen 1, Lignum, 1991 Holzbau-Tabellen 2, Lignum, 1990 Dokumentation Holz 'Bemessungsgrundlagen, Verbindungen und Verbindungsmittel', Lignum, 1992


Impressum

Ugnatec Die technischen Holzinformationen der Lignum

Autoren Prof. Ernst Gehri, Professur für Holztechnologie, ETH Zürich Adrian Mischler. dipl. Bauing. ETH

Herausgeber LIGNUM Holzwirtschaft Schweiz Christoph Starck, Direktor

Ugnatec erscheint ein- bis dreimal jährlich und informiert zu Fachfragen bezüglich der Verwendung von Holz als Bau- und Werkstoff. Lignatec richtet sich an Planer, Ingenieure, Architekten sowie an die Ver- und Bearbeiter von Holz.

Redaktion Themenwahl. Fachredaktion: Jürg Fischer, Lignum Technik Lektorat: Charles von Büren, Lignum Kommunikation Grafisches Konzept: Albert Gomm SGD, Graphic Design, Basel

Mitglieder der Lignum erhalten Lignatec gratis. Einzelexemplar Fr. 20.Sammelordner mit Register Fr.10.-

Administration /Versand Andreas Hartmann

LIGNUM Holzwirtschaft Schweiz Falkenstrasse 26, 8008 Zürich Telefon 01 267 47 77, Fax 01 267 47 87, E-Mail: infoglitlignum.ch

Druck Kalt-Zehnder-Druck AG. Zug Nachauflage deutsch: 1000 Exemplare Das Copyright dieser Dokumentation liegt bei Lignum, Zürich. Eine Vervielfältigung ist nur mit ausdrücklicher, schriftlicher Genehmigung des Herausgebers zulässig.

Preisänderungen vorbehalten

Lignatec Holztragwerke Entwurfs- und Konstruktionsregeln Nr. 2/1995 Erschienen im November 1995 Unveränderter Nachdruck August 2004

Rechtsansprüche aus der Benützung der vermittelten Daten sind ausgeschlossen. Bildnachweis Figuren: E. Gehri, ETH Zürich; Abbildungen 1, 5, 7, 9. 15: J. Fischer. Lignum. Zürich; Abbildungen 2, 3. 4, 6, 8. 10..14, 16: E. Gehri, ETH Zürich

ISSN 1421-0320


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