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Zu Treuepflichten zwischen GmbH-Gesellschaftern
30.10.2018, 2 Ob 13/18b; 25.3.2020, 6 Ob 20/20i). Der OGH spricht damit aus, dass der Gesetzgeber in Ansehung des §68 Abs1 litf NO der Verlesung (bzw Vorlesung) besonderes Gewicht eingeräumt hat. Das ist nachvollziehbar, wenn man auch §52 NO ins Treffen führt, nach dem der Notar sich bei der Errichtung ua „nach geschehener Vorlesung des Actes“ durch persönliches Befragen der Parteien zu vergewissern hat, „daß derselbe ihrem Willen entsprechend sei“ (vgl dazu auch OGH 30.5.2022, 2 Ob 63/22m).
Die Entscheidung zeigt auch einmal mehr, dass auf die vollständige Vorlesung zu bestehen ist, auch wenn Parteien darauf „verzichten“ wollen oder eine Einschränkung auf „wesentliche Punkte“ wünschen. Die Parteien können auf die Vorlesung nämlich nicht verzichten (vgl Kisser, Best Practice – Formvorschriften und Beglaubigungen [2013] 8). Die tatsächliche Vorlesung dient daher wohl auch der Schutz- und Klarstellungsfunktion als auch dem Zweck des Gesetzgebers, durch eine besonders aufwendige Form Geschäftsanteile zu immobilisieren. 2. Zur Parteistellung des GmbH-Gesellschafters – Beweis des Gegenteils zulässig Aus prozessualer Sicht sprach der OGH aus, dass den Rechtsmittelwerbern die Behauptung und Beweisführung daher offensteht, dass entgegen der Beurkundung in der öffentlichen Urkunde der Notariatsakt tatsächlich nicht verlesen worden sei. Nach stRspr kommt GmbH-Gesellschaftern Rechtmittellegitimation auch dann zu, wenn der GmbH-Gesellschafter als Rechtmittelwerber am erstinstanzlichen Verfahren nicht beteiligt war. Ihm kommt dann im Rekursverfahren Neuerungserlaubnis zu. 3. Keine gleichzeitige Anwesenheit der Parteien notwendig Der OGH stellt auch klar, dass eine fehlende gleichzeitige Anwesenheit der Vertragsparteien bei Errichtung des Notariatsaktes nicht den Verlust der Kraft einer öffentlichen Urkunde bewirkt, wobei der OGH konsequenterweise mit Verweis auf Wagner/Knechtel (NO6, §68 Anm zu E 6) ausspricht, dass in einem solchen Fall (auch) der nachträglich unterfertigenden Partei der Notariatsakt vorzulesen ist. 4. Formpflicht bei Nebenabreden Zur Übertragung von Geschäftsanteilen mittels Rechtsgeschäfts unter Lebenden bedarf es eines Notariatsaktes (vgl §76 Abs2 GmbHG). Der gleichen Form bedürfen Vereinbarungen über die zukünftige Abtretung, etwa auch Optionen (vgl dazu schon OGH 9.4.1986, 1 Ob 518/86). Fehlt die Notariatsaktsform, ist das Geschäft nicht gültig zustande gekommen; es kann weder auch die Errichtung des Notariatsaktes geklagt werden (vgl RIS-Justiz RS0060256) noch kommt eine Heilung durch Erfüllung infrage (vgl OGH 20.10.2004, 7 Ob 110/04h).
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Eine Vereinbarung über die Voraussetzungen für eine Ausübung der Option (betreffend den Erwerb eines Geschäftsanteils) ist – weil keine bloße Nebenabrede – von der Notariatsaktspflicht umfasst. Zutreffend hat nach dem OGH das Rekursgericht die von den Rechtsmittelwerbern behauptete Vereinbarung über die Voraussetzung der Optionsausübung als wesentlichen Bestandteil der Optionsausübung und nicht bloß als Nebenabrede qualifiziert. Mangels jeglicher Andeutung im Notariatsakt (vgl RIS-Justiz RS0118519) läge aber nach den Behauptungen der Rechtsmittelwerber insoweit keine formgültige und daher rechtswirksame Erklärung der Vertragsteile vor. Das führt nach Ansicht des OGH (anders das Rekursgericht) aber nicht dazu, dass die Optionsvereinbarung ohne die behaupteten Bedingungen zustande gekommen wäre: Als Vertragsinhalt gilt vielmehr, was die Parteien gewollt haben (vgl RIS-Justiz RS0017280).
Nebenabreden sind formpflichtig, wenn dies im Hinblick auf die mit der Notariatsaktspflicht verfolgten Zwecke erforderlich ist (vgl OGH 15.5.2001, 5 Ob 41/01t). Der OGH spricht in der vorliegenden Entscheidung aus, dass nach der „Andeutungstheorie“, deren Reichweite durch den Formzweck begrenzt wird, (nur) die weitere Frage zu lösen ist, ob und – bejahendenfalls – inwieweit der Parteiwille auch formgültig und daher rechtswirksam erklärt wurde (vgl OGH 16.12.2003, 1 Ob 213/03k; 18.6.2020, 5 Ob 73/20a). Mangels eines wesentliche Bestandteile enthaltenden Notariatsaktes wäre nach dem OGH in diesem Fall die gesamte Optionsvereinbarung wegen Verletzung der Formpflicht des §76 Abs2 GmbHG ungültig (keine „Restgültigkeit“ der Optionsvereinbarung ohne die behaupteten Bedingungen, wie es das Rekursgericht aussprach).
Bernhard Maier
Mag. Bernhard Maier, LL.M. ist Rechtsanwalt in Wien.
Zu Treuepflichten zwischen GmbH-Gesellschaftern (im Gefolge von OGH 18.2.2021, 6 Ob 140/20m, GesRZ2021, 175 [Natlacen]; 18.2.2021, 6 Ob 155/20t, GesRZ2021, 164 [Leonhartsberger]) §1210 ABGB §§4 und 49 GmbHG
1. Die Geltendmachung des Auflösungsrechts bei der Auflösung einer GesBR aus wichtigem Grund hat durch Klage des Gesellschafters zu erfolgen (§1210 Abs1 ABGB). 2. Aus der gegenseitigen Treuepflicht der GmbH-Gesellschafter kann auch die Verpflichtung folgen, einer Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen. 3. Ist die Stammeinlage von allen Gesellschaftern eingezahlt worden, verliert die Aufzählung der ursprünglichen Gesellschafter und die Höhe der von ihnen seinerzeit zu leistenden Stammeinlagen im Gesellschaftsvertrag ihre Bedeutung; es könnten auch in einer Neufassung des Gesellschaftsvertrages nur die ursprünglichen Gesellschafter und deren Stammeinlagen angeführt werden. Daher müssen nach Eintragung einer Gesellschaft und Erfüllung der Einlageverpflichtungen die Gesellschafter und die einzelnen Stammeinlagen nicht mehr angeführt werden. OGH 6.4.2022, 6 Ob 192/21k (OLG Linz 3 R 44/21t; LG Salzburg 2 Cg 34/18a)
[1] Die Klägerin ist Teil des im Lebensmittelhandel tätigen S.-Konzerns (im Folgenden: S. bzw S.-Konzern). Die Beklagte gehört dem d.-Konzern an (im Folgenden: d. bzw d.-Konzern). Die Klägerin hält als Gesellschafterin eine Beteiligung von zirka 32% an der d. GmbH (künftig: die Gesellschaft), die Beklagte einen Anteil von zirka 68%. [2] Die Zusammenarbeit zwischen beiden Gesellschafterinnen, die ursprünglich jahrelang reibungslos abgelaufen war, führte im Frühjahr 2017 anlässlich der Einführung eines Kundenbindungsprogramms zu tiefgreifenden Auffassungsdifferenzen, die Gegenstand diverser gerichtlicher Verfahren waren. [3] Anfang der 1980er-Jahre waren die Geschäftsführer von d. und S. übereingekommen, durch ein gemeinsames unternehmerisches Projekt die d.-Drogeriemärkte in Österreich zu vermehren. S. hatte aufgrund einer entsprechenden Beteiligung die Möglichkeit, die Märkte einer Drogeriekette in Österreich zu übernehmen. Der Plan sah vor, dass ein Unternehmen des S.-Konzerns diese Drogeriemärkte in Österreich übernehmen und an die Gesellschaft verkaufen sowie im Gegenzug dafür einen Geschäftsanteil an der Gesellschaft übernehmen sollte. Die Gesellschaft konnte auf diese Weise ihr Filialnetz in Österreich deutlich vergrößern und zugleich ihre damalige Hauptkonkurrentin auf dem österreichischen Markt, nämlich die zu übernehmenden Drogeriemärkte, verdrängen. [4] Am 21.8.1981 unterzeichneten die Vertreter des S.-Konzerns sowie jene des d.-Konzerns eine Grundsatzvereinbarung, wonach eine GmbH errichtet werden sollte, an der die Beklagte mit 68% und eine S.-Tochter mit 32% beteiligt sein sollte. Die GmbH sollte einen Aufsichtsrat mit vier Kapitalvertretern haben, wovon zwei von der Beklagten und einer von der S.-Tochter entsendet werden sollten; der vierte Kapitalvertreter sollte gemeinsam bestellt werden.
[5] Die in der Grundsatzvereinbarung aufgelisteten Schritte wurden in der Folge im Wesentlichen so umgesetzt, dass die S.-AG sich im Jahr 1981 durch ihre 100%ige Tochtergesellschaft, die P.-GmbH (im Folgenden: P.), an der Gesellschaft mit einem Geschäftsanteil von 32% beteiligte. Die Beklagte war bereits Gesellschafterin der Gesellschaft und hielt in der Folge einen Geschäftsanteil von 68%. [6] Der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft in der Neufassung vom 9.9.1981 lautet auszugsweise: „... §8. Aufsichtsrat (1) Der Aufsichtsrat besteht aus mindestens drei, höchstens vier Mitgliedern, welche von der Gesellschaft bestellt werden. (2) Sie werden, sofern keine abweichenden gesetzlichen Bestimmungen bestehen, längstens für vier Jahre gewählt. Die Funktionsperiode endet mit der Beschlussfassung über die Entlastung für das vierte auf die Bestellung folgende Geschäftsjahr nach der Wahl. Wiederholte Bestellung als Aufsichtsratsmitglied ist zulässig. (3) Der Gesellschafter ... [Beklagte] ist berechtigt, zwei Mitglieder des Aufsichtsrats zu entsenden, der Gesellschafter P.-GmbH ist berechtigt, ein Mitglied des Aufsichtsrats zu entsenden. Das weitere Aufsichtsratsmitglied wird von der Generalversammlung gewählt. (4) Der Aufsichtsrat kann sich seine Geschäftsordnung selbst geben. ... (7) Der Aufsichtsrat ist beschlussfähig, wenn drei gemäß §8 Abs3 bestellten Mitglieder, davon der Vorsitzende oder sein Stellvertreter anwesend sind. Der Vorsitzende, im Falle seiner Verhinderung sein Stellvertreter, leitet die Sitzung. Die Art der Abstimmung bestimmt der Leiter der Sitzung. (8) Beschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst. Im Falle der Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Leiters der Sitzung.
Für die Genehmigung zustimmungspflichtiger Geschäfte bedarf es überdies der Zustimmung der Aufsichtsratsmitglieder, welche von den Gesellschaftern entsandt wurden. ...“ [7] Zur Regelung der Beschickung des Aufsichtsrats schlossen die Beklagte und die P. unter Beitritt dreier Vertreter des d.-Konzerns persönlich (G. L., G. W. und G. B.) sowie der S.-AG im Jahr 1981 oder 1982 einen Syndikatsvertrag. [8] Der Syndikatsvertrag lautet auszugsweise: „§1. Die Syndikatspartner verpflichten sich, über das in der Generalversammlung der ... [Gesellschaft] von den Kapitaleignern zu wählende Aufsichtsratsmitglied Einvernehmen herzustellen und dem gemeinsam erstellten Wahlvorschlag in der Generalversammlung die Zustimmung zu erteilen.
Die Syndikatspartner verpflichten sich weiters, auf die von ihnen entsandten und gewählten Aufsichtsratsmitglieder einzuwirken, dass diese den Vorsitzenden und den Stellvertreter des Aufsichtsrats so wählen, dass jede dieser Funktionen von einem Aufsichtsratsmitglied ausgeübt wird, welches von jeweils einem der Syndikatspartner nominiert wird. §2. Die Syndikatspartner verpflichten sich, sich wechselseitig von einer Übertragung bzw vertragsgemäßen Verpfändung oder sonstigen Verfügung oder Belastung ihres Geschäftsanteils rechtzeitig zu informieren. ... §5. Die Syndikatspartner verpflichten sich, die mit diesem Syndikatsvertrag eingegangenen Verpflichtungen auch an ihre jeweiligen Rechtsnachfolger zu überbinden. §6. Verstöße gegen die gegenständliche Vereinbarung bilden zwischen den Vertragspartnern einen klagbaren Anspruch. §7. Dieser Syndikatsvertrag wird grundsätzlich auf die Dauer des Bestehens der ... [Gesellschaft] abgeschlossen. Beide Partner verzichten unwiderruflich auf die Ausübung des Kündigungsrechts auf 10 Jahre, dh bis zum 30.9.1992. Wird der Syndikatsvertrag zu diesem Termin nicht aufgekündigt, so verlängert er sich jeweils um fünf Jahre. Die jeweilige Aufkündigung ist gültig, wenn sie unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr dem anderen Partner mittels eingeschriebenen Briefs mitgeteilt wird. ...“
[9] In der ersten Generalversammlung (im Folgenden: GV) der Gesellschaft am 22.1.1982 machten beide Gesellschafterinnen unter Bezugnahme auf §8 Abs3 des Gesellschaftsvertrages von ihrem Entsendungsrecht in den Aufsichtsrat Gebrauch. Die P. entsandte ein, die Beklagte entsandte zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat. Beide Gesellschafterinnen wählten sodann als viertes, von den Kapitaleignern zu wählendes Aufsichtsratsmitglied stimmeneinhellig den anwesenden Univ.-Prof. DDr. W. J. In diesem ersten GV-Protokoll wird sprachlich zwischen der Entsendung (betreffend die entsandten Mitglieder) und der Wahl des vierten Aufsichtsratsmitglieds differenziert. [10] Im Protokoll über die GV der Gesellschaft vom 18.12.2001 wurde unter Pkt5. („Entsendung in den Aufsichtsrat“) festgehalten: „Herr Präsident KR L. D. erklärt, dass er sein Aufsichtsratsmandat mit Ablauf dieser Generalversammlung zurücklegt. Der Gesellschafter P.-GmbH erklärt, gemäß §8 Abs3 des Gesellschaftsvertrages Herrn Dr. G. D. in den Aufsichtsrat zu entsenden. Herr Dr. G. D. erklärt, diese Funktion anzunehmen.“ [11] Im Protokoll der GV der Gesellschaft vom 18.12.2003 ist zum fünften Tagesordnungspunkt („Neuwahl des Aufsichtsrats“) festgehalten: „Der Vorsitzende stellt fest, dass von dem Gesellschafter P.-GmbH weiters Herr Dr. G. D. ... und von der ... [Beklagten] weiters Herr G. L. ... und Herr G. W. ... in den Aufsichtsrat entsandt werden. Als viertes Aufsichtsratsmitglied wird von Herrn Dr. G. D. Herr Prof. DDr. W. J. ... zur Wahl vorgeschlagen. Die Wahl erfolgt stimmeneinhellig. ...“ [12] Der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft wurde in der GV vom 10.3.2004 in §7 Abs4 dahin geändert, dass die Höhe der Einzelinvestitionen, für die die Geschäftsführer der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen, auf 1Mio€ angehoben wurde. [13] Der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft sah zu keinem Zeitpunkt vor, dass eine Gesellschafterin ihren Geschäftsanteil nur mit Zustimmung der jeweils anderen an einen Dritten übertragen könnte. [14] Mit Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 27.5.2004 wurde der Geschäftsanteil der P. an die B.-GmbH (im Folgenden: B.) übertragen. Mit Sacheinlage-, Übertragungs- und Abtretungsvertrag vom 27.10.2004 wurde im Zuge einer konzerninternen Umstrukturierung des S.-Konzerns der Geschäftsanteil der B. an die Klägerin übertragen. [15] Im Protokoll der GV der Gesellschaft vom 13.12.2007 ist zum sechsten Tagesordnungspunkt („Neuwahl des Aufsichtsrats“) festgehalten:
„Der Vorsitzende stellt fest, dass von dem Gesellschafter ... [Klägerin] weiters Herr Dr. G. D. ... und von der ... [Beklagten] weiters Herr G. L. ... und Herr G. W. ... in den Aufsichtsrat entsandt werden.
Als viertes Aufsichtsratsmitglied wird von Herrn Dr. G. D. Herr Prof. DDr. W. J. ... zur Wahl vorgeschlagen. Die Wahl erfolgt stimmeneinhellig.“ [16] Das Protokoll ist von G. W. unterfertigt. [17] Die Aufsichtsratsmitglieder der Gesellschaft (sowohl Kapitalals auch Arbeitnehmervertreter) beschlossen in der Aufsichtsratssitzung am 13.12.2007 eine Geschäftsordnung für den Aufsichtsrat. Diese sieht vor:
„§1. Zusammensetzung des Aufsichtsrats 1. Der Aufsichtsrat besteht derzeit aus vier Mitgliedern, welche von der Gesellschaft bestellt sind. 2. Der Gesellschafter ... [Beklagte] entsendet zwei Mitglieder des Aufsichtsrats, der Gesellschafter ... [Klägerin] entsendet ein Mitglied des Aufsichtsrats. Das weitere Aufsichtsratsmitglied wird von der Generalversammlung gewählt. 3. Die Aufsichtsratsmitglieder werden auf längstens vier Jahre bestellt. ...“ [18] Am 14./19. 12. 2011 fassten die Gesellschafter der Gesellschaft gem §34 GmbHG folgenden Umlaufbeschluss: „5. Neuwahl des Aufsichtsrats
Es wird der Beschluss gefasst, dass von dem Gesellschafter ... [Klägerin] weiters Herr Dr. G. D. ... und von der ... [Beklagten] weiters Herr Prof. G. W. ... sowie Herr KR G. B. ... in den Aufsichtsrat für eine Funktionsperiode entsandt werden.
Es wird aufgrund des Vorschlags von Herrn Dr. G. D. der Beschluss gefasst, Herrn em. Univ.-Prof. DDr. W. J. ... als viertes Aufsichtsratsmitglied für eine Funktionsperiode in den Aufsichtsrat zu wählen.“ [19] Am 16./21.12.2015 fassten die Gesellschafter der Gesellschaft abermals einen mit Pkt5. des Beschlusses vom 14./19.12.2011 wortgleichen Umlaufbeschluss gem §34 GmbHG. [20] Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Gesellschaftern verlief von 1981 bis etwa Mitte 2017 im Wesentlichen friktionsfrei. Ab dem Frühjahr 2017 wurden zwischen ihnen anlässlich der Einführung eines Kundenbindungsprogramms durch die Gesellschaft jedoch tiefgreifende Auffassungsdifferenzen offenbar, die Gegenstand verschiedener gerichtlicher Verfahren sind. [21] In der GV der Gesellschaft am 21.11.2017 wurde Dr. D. als Aufsichtsratsmitglied der Gesellschaft mit den Stimmen der Beklagten als Mehrheitsgesellschafterin und gegen die Stimmen der klagenden Minderheitsgesellschafterin abberufen. Dieser GV-Beschluss wurde von der Klägerin (neben weiteren Streitpunkten) in dem zu 8 Cg 88/17k des LG Salzburg (6 Ob 155/20t) geführten Verfahren angefochten. [22] Am 10.1.2018 kündigte die Beklagte gegenüber der Klägerin für den Fall, dass wider ihr Erwarten ein Syndikatsvertrag zwischen der Beklagten und der Klägerin bestehe, diesen „höchstvorsorglich aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung auf“. Sie führte darin aus, nach den ihr vorliegenden Informationen habe zwischen der Beklagten und der Klägerin als Gesellschafter der Gesellschaft zu keinem Zeitpunkt ein Syndikatsvertrag bestanden. Hilfsweise erklärte die Beklagte die Kündigung zum nächstmöglichen Kündigungstermin. [23] Am 12.3.2018 verstarb das Mitglied im Aufsichtsrat der Gesellschaft Univ.-Prof. DDr. W. J. [24] In der außerordentlichen GV der Gesellschaft am 12.4.2018 wurden zwei Aufsichtsratsmitglieder mit den Stimmen der Beklagten und gegen die Stimmen der Klägerin gewählt, ohne dass im Vorhinein das Einvernehmen mit der Klägerin hergestellt worden wäre. Die Klägerin focht die Wahlbeschlüsse zu 9 Cg 36/18x des LG Salzburg an (6 Ob 140/20m). [25] Mit Urteil vom 18.2.2021 gab der Senat zu 6 Ob 155/20t dem Eventualbegehren der (auch hier) Klägerin statt und erklärte den Beschluss, mit dem Dr. G. D. als Mitglied des Aufsichtsrats abberufen worden war, für nichtig. [26] Mit weiterem Urteil vom 18.2.2021 gab der Senat zu 6 Ob 140/ 20m dem Begehren der (auch hier) Klägerin auf Nichtigerklärung der Wahl der zwei Aufsichtsratsmitglieder in der GV der Gesellschaft am 12.4.2018 statt. [27] Die Klägerin begehrt 1.) die Feststellung, dass der Syndikatsvertrag zwischen den Parteien ungekündigt aufrecht bestehe, hilfsweise, dass er bis zum 30.9.2022 aufrecht bestehe, 2.) die Feststellung der Haftung der Beklagten für Schäden aus der Verletzung der Bestimmungen des Syndikatsvertrages, 3.) der Beklagten zu untersagen, in einer GV der Gesellschaft ein Aufsichtsratsmitglied zu wählen, ohne vorher das Einvernehmen mit der Klägerin herzustellen, sowie 4.) die Beklagte zur Zustimmung zu den aus dem Spruch ersichtlichen Änderungen des Gesellschaftsvertrages zu verpflichten. Hilfsweise begehrt sie die Verankerung eines Nominierungs- anstelle eines Entsendungsrechts der Klägerin. [28] Sie brachte vor, der Syndikatsvertrag sei auf die Klägerin übergegangen. Die Kündigung aus wichtigem Grund sei unwirksam, die ordentliche Kündigung widerspreche Treu und Glauben. Der Klägerin drohe beträchtlicher Schaden, weil die Beklagte ihr die Ausübung ihrer Rechte aus dem Syndikatsvertrag verweigere. Die Beklagte sei aufgrund der langjährigen gelebten Praxis aus der Treuepflicht verpflichtet, den Gesellschaftsvertrag an die tatsächlichen Gegebenheiten klarstellend anzupassen, dies im Hinblick auf das Entsendungsrecht, die Nennung der Klägerin als Gesellschafterin und die Herstellung von Einvernehmen über das zu wählende Aufsichtsratsmitglied. [29] Die Beklagte wandte ein, eine Rechtsnachfolge der Klägerin in den Syndikatsvertrag habe nicht stattgefunden; dessen Regelungen seien auch nicht gelebt worden. Ungeachtet dessen hätten wichtige Gründe für die Vertragskündigung bestanden, weil es der Beklagten nicht zumutbar sei, an einen Vertragspartner gebunden zu sein, der gesellschaftsfremde Interessen – jene des S.-Konzerns – verfolge. Die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung sei nicht rechtsmissbräuchlich erfolgt. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, mit der Klägerin das Einvernehmen über die Person des zu wählenden Aufsichtsratsmitglieds herzustellen. Das Begehren auf Feststellung der Haftung sei unbegründet, weil ein solches Begehren nicht auf theoretisch denkbare Möglichkeiten zukünftiger Rechtsverletzungen gestützt werden könne. Die Beklagte habe auch kein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten gesetzt. Das Entsendungsrecht der P. sei untergegangen und nicht auf die Klägerin übergegangen, es sei auch nicht als Recht der Klägerin von Vertretern der Beklagten gewollt oder von den Parteien tatsächlich gelebt worden. Eine derartige Änderung des Gesellschaftsvertrages sei der Beklagten nicht zumutbar. [30] Das Erstgericht wies sämtliche Klagebegehren ab und traf zusätzlich zum eingangs wiedergegebenen Sachverhalt – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – folgende Feststellungen: [31] Es ist nicht feststellbar, dass es für die damaligen Gesellschafter zum Zeitpunkt des Beginns der Zusammenarbeit 1981/1982 gleichgültig war, welche konkrete Gesellschaft des S.-Konzerns die Beteiligung an der Gesellschaft hält. [32] Es kann nicht festgestellt werden, dass es dem gemeinsamen
Verständnis der Vertragsparteien im Jahr 1981 entsprochen hätte, dass der Syndikatsvertrag nur gelten sollte, solange die Gesellschafter direkte Haftungen übernehmen. [33] Nicht feststellbar ist weiters, dass im Zeitpunkt der Neufassung des Gesellschaftsvertrages zwischen den beiden Gesellschafterinnen die Willensübereinstimmung geherrscht hätte, dass das in §8 Abs3 enthaltene Entsendungsrecht und die Rechte aus dem Syndikatsvertrag der P. für den Fall einer Anteilsübertragung durch diese an eine andere Gesellschaft der S.-Gruppe oder auch an eine Tochtergesellschaft der S.-AG dieser anderen Gesellschaft der S.-Gruppe oder der Tochtergesellschaft der S.-AG zustehen sollten. [34] Bei der „Vereinbarung zur Zusammenführung von D. und
V.-Märkten“ vom 21.8.1981 handelt es sich um ein Zwischenergebnis auf dem Weg der Vertragsverhandlungen, das durch den Syndikatsvertrag und den Gesellschaftsvertrag umgesetzt wurde. [35] Mit Spaltungs- und Übernahmevertrag vom 27.5.2004 übertrug die P. an die B. ua den Geschäftsanteil an der Gesellschaft, welcher einer zur Gänze erbrachten Stammeinlage von 4.185.955€ und damit 32% des Stammkapitals entsprach, „einschließlich aller damit verbundenen Rechte und Pflichten sowie Rechts- und Vertragsverhältnisse, soweit sich diese auf die Geschäftsanteile beziehen“, im Wege der Gesamtrechtsnachfolge, und zwar durch Abspaltung zur Aufnahme gem §1 Abs2 Z2 SpaltG. Die B. stimmte dieser
Übertragung zu. Der Syndikatsvertrag ist in diesem Notariatsakt nicht erwähnt. [36] Mit Sacheinlage-, Übertragungs- und Abtretungsvertrag vom 27.10.2004 übertrug dann die B. ihren Geschäftsanteil an der Gesellschaft als Sacheinlage zur Durchführung einer Kapitalerhöhung an die Klägerin. Der Syndikatsvertrag ist auch in diesem Notariatsakt nicht erwähnt. [37] Die B. verständigte die Gesellschaft mit Schreiben vom 9.7.2004 und 29.11.2004 von beiden Übertragungsvorgängen je mit dem Ersuchen, die Änderung im Stand der Gesellschafter im Firmenbuch anzumelden. [38] Es ist nicht feststellbar, dass die Beklagte von diesen Umstrukturierungen verständigt wurde. [39] Es ist nicht feststellbar, dass Dr. G. D. und Mag. G. D. bei einem persönlichen Treffen 2004 mündlich vereinbart hätten, dass nunmehr die Klägerin die Rechte und Pflichten aus dem Syndikatsvertrag wahrnehmen solle. Es ist weiters nicht feststellbar, dass es ein solches Treffen gegeben habe, bei dem weiters besprochen worden sei, dass nunmehr die Klägerin entsendungsberechtigt sei, es in
Ordnung sei, wenn das vierte einvernehmlich abzustimmende Mitglied auch weiterhin Prof. J. sei, und dass dabei alle Bezug habenden
Verträge (Syndikatsvertrag, Grundsatzvereinbarung) auch physisch übergeben worden seien. Es kann nicht festgestellt werden, dass die
Beklagte (namentlich durch G. W.) der Übertragung des Geschäftsanteils und/oder des Syndikatsvertrages auf die Klägerin zuge-
stimmt habe und/oder mehrfach anerkannt habe, dass der Syndikatsvertrag auf die Klägerin übergegangen sei. [40] Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Beklagte im
Jahr 2004 (oder auch bis zum Eintritt der Meinungsverschiedenheiten im Jahr 2017) im Zuge der S.-internen Umstrukturierungen zu einer Abänderung des Gesellschaftsvertrages dergestalt bereit gewesen wäre, dass in §8 Abs3 statt der P. die Klägerin als Entsendungsberechtigte aufscheine, und/oder zu einer Vertragsübernahme des Syndikatsvertrages durch die Klägerin bereit gewesen wäre. [41] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise (in den Spruchpunkten 1.b., 2., 3. und 4.a.) Folge. [42] Es bestätigte die Abweisung des Feststellungsbegehrens, der
Syndikatsvertrag zwischen den Parteien sei ungekündigt aufrecht (Spruchpunkt 1.a.), gab aber dem Eventualbegehren auf Feststellung des aufrechten Bestands bis zum 30.9.2022 statt (Spruchpunkt 1.b.). [43] Es gab weiters dem Begehren auf Feststellung der Haftung der
Beklagten für sämtliche Schäden der Klägerin aufgrund der Verletzung des Syndikatsvertrages statt (Spruchpunkt 2.). [44] Es untersagte der Beklagten, in einer GV der Gesellschaft ein
Aufsichtsratsmitglied zu wählen, ohne vorher das Einvernehmen mit der Klägerin über dessen Person herzustellen (Spruchpunkt 3.). [45] Zu Spruchpunkt 4. (zu dessen Auslegung unten Pkt1.1. ff) verpflichtete es die Beklagte, einer Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen, nach der die dort genannte P. durch die
Klägerin ersetzt werde, und zwar in §5 Abs1 des Gesellschaftsvertrages als Gesellschafterin, die eine Stammeinlage in bestimmter
Höhe übernommen habe, sowie in §8 Abs3 des Gesellschaftsvertrages als Gesellschafterin, die zur Entsendung eines Aufsichtsratsmitglieds berechtigt ist (Spruchpunkt 4.a.). [46] Hingegen bestätigte es die Abweisung des Klagebegehrens auf
Änderung des Gesellschaftsvertrages dahin, dass die Wahl des vierten Aufsichtsratsmitglieds einstimmig zu erfolgen habe. [47] Es ließ die Revision zu, weil keine höchstgerichtliche Rspr zur
Zustimmungspflicht eines Gesellschafters zu einer Änderung des
Gesellschaftsvertrages bestehe. [48] Rechtlich bejahte das Berufungsgericht gestützt auf die E 6 Ob 140/20m – deren Bindungswirkung auf die an diesem Verfahren als
Nebenintervenientin beteiligte (hier) Beklagte es offenließ – den
Übergang des Syndikatsvertrages von der P. auf die B. sowie in der
Folge auf die Klägerin. Zur von der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen und ordentlichen Kündigung des Syndikatsvertrages erörterte es, ein Syndikatsvertrag begründe ein Dauerschuldverhältnis, das üblicherweise als GesBR qualifiziert werde. Die Auflösung aus wichtigem Grund setze nach dem hier anzuwendenden §1210 Abs1 ABGB idF des GesbR-RG, BGBl I 2014/83, eine
Rechtsgestaltungsklage voraus, sodass die (bloß) mit Schreiben vom 10.1.2018 erklärte Auflösung aus wichtigem Grund unwirksam sei und es nicht auf die behaupteten Auflösungsgründe ankomme. Hingegen sei die von der Beklagten unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist erklärte ordentliche Kündigung zum 30.9.2022 wirksam. Entgegen dem Klagevorbringen ergebe sich aus den Leistungen des S.-Konzerns und der Grundsatzvereinbarung des Jahres 1981 nicht die Sittenwidrigkeit der Kündigung, weil die
Parteien die Kündigungsmöglichkeit im Syndikatsvertrag nach Abschluss der Grundsatzvereinbarung und in Kenntnis der Leistungen von S. im Syndikatsvertrag vereinbart hätten. [49] Die Verletzung eines Syndikatsvertrages könne Schadenersatzansprüche begründen. Dies sei hier der Fall, weil die Beklagte durch ihre Stimmabgabe bei der Wahl der Aufsichtsratsmitglieder
Univ.-Prof. Dr. M. A. und Dkfm. Dr. D. in der Aufsichtsratssitzung am 12.4.2018 gegen §1 des Syndikatsvertrages und ihre Treuepflicht verstoßen habe und ein Schaden der Klägerin nicht bezifferbar sei. Aus dem Verstoß der Beklagten gegen ihre Pflichten aus dem Syndikatsvertrag folge auch das Verbot, ohne vorheriges Einvernehmen mit der Klägerin ein Aufsichtsratsmitglied zu wählen. [50] Zum Entsendungsrecht führte das Berufungsgericht im Anschluss an die E 6 Ob 155/20t – deren Bindungswirkung auf die (hier) Beklagte es wiederum offenließ – aus, dieses sei in §8 Abs3 des Gesellschaftsvertrages der P. höchstpersönlich und nicht dem
Inhaber eines Geschäftsanteils eingeräumt worden und spätestens mit der Übertragung des Geschäftsanteils auf die Klägerin am 27.4.2004 erloschen. Im vorliegenden Fall habe das Entsendungsrecht aber iZm dem faktischen Vetorecht der entsendeten Aufsichtsratsmitglieder bei zustimmungspflichtigen Geschäften dazu gedient, der Minderheitsgesellschafterin eine starke Position einzuräumen. Die Beklagte habe während 13 Jahren nach dem – den Parteien zunächst nicht bewussten – Erlöschen des Entsendungsrechts bis 2017 mehrfach zu erkennen gegeben, von einem Entsendungsrecht der Klägerin in den Aufsichtsrat auszugehen. Sie habe durch diese langjährige Übung einen Vertrauenstatbestand geschaffen, das tatsächlich nicht bestehende Entsendungsrecht der Klägerin anzuerkennen. Im vorliegenden Fall sei die Beklagte ausnahmsweise aus ihrer Treuepflicht heraus verpflichtet, die Satzung im
Hinblick auf das Entsendungsrecht an die geänderten Verhältnisse anzupassen. Die weitere Anpassung des Gesellschaftsvertrages dahin, dass die Klägerin anstatt der P. als Gesellschafterin genannt werde, diene nur der Klarstellung. [51] Hingegen bestehe keine Rechtsgrundlage, für das vierte Aufsichtsratsmitglied eine einstimmige Wahl in der Satzung zu verankern, weil die Herstellung von Einvernehmen über das vierte Aufsichtsratsmitglied nur im Syndikatsvertrag verankert sei. Insofern sei das Klagebegehren abzuweisen. [52] Die Klägerin macht in ihrer Revision eine im Hinblick auf die
Entscheidungen 6 Ob 140/20m und 6 Ob 155/20t unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Die ordentliche Kündigung des Syndikatsvertrages sei treu- und sittenwidrig und daher gem §879 Abs1
ABGB unwirksam. Die Beklagte habe aus der Treuepflicht der Verankerung der einvernehmlichen Wahl des vierten Aufsichtsratsmitglieds im Gesellschaftsvertrag zuzustimmen. [53] Die Beklagte stützt ihre Revision auf die Revisionsgründe der
Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung. Sie macht zusammengefasst geltend, Spruchpunkt 4. des Berufungsurteils sei in sich widersprüchlich, das Berufungsgericht habe sich mit der Beweisrüge der
Beklagten ungenügend auseinandergesetzt und die Rechtssache insb deshalb unrichtig beurteilt, weil es von den Entscheidungen 6Ob 140/20m und 6 Ob 155/20t abweichende Sachverhaltsfeststellungen nicht beachtet habe. Der Syndikatsvertrag sei nicht auf die
Klägerin übergegangen. Sollte ein Übergang stattgefunden haben, wäre er durch die außerordentliche Kündigung aus wichtigem
Grund aufgelöst. Das Unterlassungsbegehren sei mangels aufrechten Syndikatsvertrages, aber auch deshalb abzuweisen, weil Fälle denkbar seien, in denen die Herstellung des Einvernehmens nicht erforderlich sei. Die Beklagte müsse auch einer Verankerung des
Entsendungsrechts im Gesellschaftsvertrag nicht zustimmen, weil das der P. eingeräumte Entsendungsrecht untergegangen sei, die
Berücksichtigung der tatsächlichen Übung der objektiven Satzungsauslegung widerspreche und kein Vertrauenstatbestand gesetzt worden sei. Die Klägerin habe auch keine Stammeinlage übernommen. Der OGH wies die Revision der Klägerin zurück.
Der Revision der Beklagten gab er 1.) hinsichtlich der Spruchpunkte 1.2. und 1.b. des Berufungsurteils (Syndikatsvertrag) nicht Folge; 2.) hinsichtlich des Spruchpunktes 2. des Berufungsurteils (Haftung aus Verletzung des Syndikatsvertrages) Folge und stellte das klageabweisende Ersturteil wieder her; 3.) hinsichtlich des Spruchpunktes 3. des Berufungsurteils (Wahl des Aufsichtsratsmitglieds in der GV) teilweise Folge und änderte ihn folgendermaßen ab: „3. Die beklagte Partei ist schuldig, es bis zum Ablauf des 30.9.2022 zu unterlassen, in einer Generalversammlung der d. GmbH ein Aufsichtsratsmitglied zu wählen, ohne vorher Einvernehmen mit der
klagenden Partei über die Person dieses Aufsichtsratsmitglieds herzustellen.“; 4.) hinsichtlich des Spruchpunktes 4. des Berufungsurteils (Zustimmung zur Änderung des Gesellschaftsvertrages) teilweise Folge und änderte ihn folgendermaßen ab: „4.a. Die beklagte Partei ist schuldig, in einer außerordentlichen Generalversammlung, welche über Verlangen der klagenden Partei binnen drei Monaten stattzufinden hat, für einen notariell beglaubigten Beschluss über die Änderung des Gesellschaftsvertrages der d. GmbH (FN ...) dahin gehend zu stimmen, dass die in §8 Abs3 genannte P.-GmbH durch die A. AG zu ersetzen ist, sodass dieser Paragraf des Gesellschaftsvertrages in seinem geänderten Absatz zu lauten hat wie folgt: ‚§8. Aufsichtsrat (3) Der Gesellschafter d. V.-GmbH ist berechtigt, zwei Mitglieder des Aufsichtsrats zu entsenden, der Gesellschafter A. AG ist berechtigt, ein Mitglied des Aufsichtsrats zu entsenden. Das weitere Aufsichtsratsmitglied wird von der Generalversammlung gewählt.‘ 4.b. Das Mehrbegehren und das gleichlautende Eventualbegehren, die beklagte Partei zur Zustimmung zur Satzungsänderung dahin zu verpflichten, dass in §8 Abs3 letzter Satz des Gesellschaftsvertrages zwischen den Worten ‚Generalversammlung‘ und ‚gewählt‘ das Wort ‚einstimmig‘ einzufügen sei, werden abgewiesen. 4.c. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei zur Zustimmung zur Satzungsänderung dahin zu verpflichten, dass die in §5 Abs1 genannte P.-GmbH durch die A. AG zu ersetzen sei, sodass dieser Paragraf des Gesellschaftsvertrages in dem geänderten Absatz zu lauten hat wie folgt: ‚§5. Stammkapital und Stammeinlagen [1) Das Stammkapital beträgt 13.081.110€. Auf dieses Stammkapital haben die Gesellschafter folgende Beträge als Stammeinlagen übernommen: a) d. V.-GmbH 8.895.155€, b) A. AG 4.185.955€ ‘ wird abgewiesen.“
Aus den Entscheidungsgründen des OGH: 1. bis 2. ... 3. Zum Übergang des Syndikatsvertrages auf die Klägerin [64] 3.1. Die Beklagte zieht den Übergang des Syndikatsvertrages von der P. auf die B. nicht in Zweifel. Sie steht jedoch auf dem Standpunkt, es habe keine Vertragsübernahme durch die Klägerin stattgefunden. [65] 3.2. Der OGH hat die Frage, ob der im Jahr 1981 zwischen der Beklagten und der P. abgeschlossene Syndikatsvertrag auf die Klägerin übergegangen ist, in dem zwischen der (auch hier) Klägerin und der Gesellschaft geführten Verfahren 6 Ob 140/20m behandelt. Die (hier) Beklagte war an diesem Verfahren als Nebenintervenientin auf Beklagtenseite beteiligt. [66] Der im vorliegenden Fall festgestellte Sachverhalt weist keine entscheidungswesentlichen Unterschiede zu den den Entscheidungen 6 Ob 140/20m und 6 Ob 155/20t zugrunde liegenden Feststellungen auf. Auf eine allfällige Bindung der Beklagten an die sie belastenden, in den Verfahren 6 Ob 140/20m und 6 Ob 155/20t getroffenen Tatsachenfeststellungen kommt es daher im vorliegenden Fall nicht entscheidend an.
[67] 3.3. Soweit die Beklagte das Fehlen eines Titels für den Rechtsübergang zwischen der B. und der Klägerin rügt (so bereits auch in ihrer Revisionsbeantwortung zu 6 Ob 140/20m), stellte der OGH klar, dass eine Vertragsübernahme auch schlüssig iSd §863 ABGB erfolgen kann. Vor dem Hintergrund der Verpflichtung der (ausscheidenden) B., ihre Pflichten aus dem Syndikatsvertrag auf die neu eintretende Gesellschafterin, also die Klägerin, zu überbinden, hegte der OGH keine Zweifel daran, dass der Wille der Parteien des Sacheinlage-, Übertragungs- und Abtretungsvertrages vom 27.10.2004 im Zuge der Umstrukturierungen aufseiten des S.-Konzerns auch auf die Übertragung der Rechtsposition aus dem Syndikatsvertrag gerichtet war. Bei der vorliegenden Sachlage, bei der innerhalb der Unternehmensgruppe S. lediglich aus steuerlichen und unternehmenspolitischen Überlegungen eine Umstrukturierung stattfand, aufgrund derer die B. bloß für fünf Monate die Gesellschafterstellung in der Gesellschaft innehatte, wäre es lebensfremd anzunehmen, dass der Wille der vertretungsbefugten Organe der B. und der Klägerin nicht darauf gerichtet war, die mit der Ausübung der Gesellschafterstellung in der Gesellschaft verbundenen Rechtspositionen auf ihre Einzelrechtsnachfolgerin als Gesellschafterin zu überbinden. Dass der Syndikatsvertrag im Sacheinlage-, Übertragungs- und Abtretungsvertrag vom 27.10.2004 nicht ausdrücklich angeführt ist, schadet nicht, weil die Übernahme eines Syndikatsvertrages nach allgemeinen Regeln auch konkludent erklärt werden kann (6 Ob 140/20m, Rn 79). [68] Darauf, ob es im Jahr 2004 ein Treffen zwischen Dr. G. D. und Mag. G. D. gegeben hat, bei dem der Übergang ausdrücklich vereinbart wurde – wozu das Erstgericht eine Negativfeststellung getroffen hat –, kommt es, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, schon deshalb nicht an, weil beiden genannten Personen nur Kollektivzeichnungsbefugnis (Dr. G. D. für die B. und Mag. G. D. für die Klägerin) zukam.
[69] 3.4. Der OGH bejahte zu 6 Ob 140/20m auch die für die Dreiparteieneinigung erforderliche konkludente Zustimmung der (hier) Beklagten zur Vertragsübernahme, weil aufgrund der konkreten Umstände des Falles bereits geringe Anhaltspunkte für die Annahme einer solchen Zustimmung ausreichten. Für die Zustimmung der Beklagten zur Vertragsübernahme fiel nämlich bereits ins Gewicht, dass in der am 15.12.2005 vom Aufsichtsrat der Gesellschaft erlassenen und vom Aufsichtsratsvorsitzenden, der gleichzeitig alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer der Beklagten war, unterfertigten Geschäftsordnung für die Geschäftsführung ausdrücklich die Klägerin als Vertragspartnerin des Syndikatsvertrages genannt war. Insgesamt wurde die gelebte Praxis bereits zu 6 Ob 140/20m dahin verstanden, dass die (hier) Beklagte nach den 2004 erfolgten Gesellschafterwechseln mehrfach zu erkennen gegeben hatte, daraus insgesamt keine Änderung der Rechte ihrer Gesellschafterin abzuleiten. [70] 3.5. Die Beklagte behauptet in ihrer Revision, im vorliegenden Verfahren seien Sachverhaltselemente festgestellt worden, die zu einer abweichenden Beurteilung führen würden. Dies ist nicht der Fall, wozu rechtlich Folgendes vorauszuschicken ist: [71] Ob ein bestimmtes willentliches Verhalten nach §863 ABGB als Willenserklärung zu beurteilen ist, ist ein Ergebnis der Auslegung. Maßgeblich ist, ob nach dem objektiven Erklärungswert des Verhaltens eine die Rechtslage gestaltende
Erklärung mit Bindungswirkung vorliegt (jüngst etwa 8 ObA 78/20h; RIS-Justiz RS0102748 [T1]; vgl RIS-Justiz RS0014236 [T2]). Es kommt also nicht auf das Vorhandensein einer entsprechenden Absicht an, sondern allein darauf, welchen Eindruck das Gegenüber vom Gesamtverhalten seines Partners haben musste (stRspr; s bloß 5 Ob 219/16s). Ein vom objektiven Erklärungswert abweichender Wille geht nur dann vor, wenn der andere Vertragsteil ihn erkannt hat (vgl RIS-Justiz RS0014005 [T1 und T3]) oder sich die Parteien in der Sache einig sind (6 Ob 36/20t). Soweit die von der Beklagten in ihrer Revision hervorgehobenen Feststellungen lediglich den tatsächlichen, aber gegenüber der Klägerin nicht nach außen getretenen Willen der für die Beklagte handelnden Personen betreffen, vermögen sie nichts an den bereits zu 6 Ob 140/20m angestellten Erwägungen zur konkludenten Vertragsübernahme zu ändern.
[72] 3.6. Im Einzelnen ist zu den Argumenten der Beklagten auszuführen: Bei der zu 6 Ob 140/20m (Rn 82) angesprochenen Absicht der (ursprünglichen) Syndikatspartner, grundsätzlich einen Übergang dieses Vertrages auf einen neu hinzukommenden Gesellschafter anzustreben, handelte es sich nicht um den – dem Tatsachenbereich zuzuordnenden – tatsächlichen Parteiwillen, sondern um das Ergebnis der Auslegung des Syndikatsvertrages (vgl 6 Ob 140/20m, Rn 82f), konkret der schriftlichen Vertragserklärungen der Parteien. Die Schlussfolgerung, dass die Frage, welche Gesellschaft des S.-Konzerns Mitgesellschafterin wurde, zu Beginn der Zusammenarbeit nicht entscheidend war (vgl 6 Ob 140/20m, Rn83), leuchtet aus der Grundsatzvereinbarung hervor, die durch den Syndikatsvertrag und den Gesellschaftsvertrag umgesetzt wurde. Die im vorliegenden Verfahren getroffenen Negativfeststellungen – es konnte nicht festgestellt werden, dass die Parteien eine Willensübereinstimmung dahin hatten, dass die Rechte der P. im Falle einer Anteilsübertragung übergehen sollten, dass den Parteien in den Jahren 1981/1982 gleichgültig gewesen sei, welche Gesellschaft des S.-Konzerns die Anteile halte oder dass die Beklagte zu einer Übertragung des Syndikatsvertrages auf die Beklagte bereit gewesen wäre –betreffen sämtlich den tatsächlichen, nicht den geäußerten Willen der Vertragsparteien und stehen der Beurteilung des Berufungsgerichts daher nicht entgegen. [73] Allein der Umstand, dass sich Dr. G. D. bei einer Aufsichtsratssitzung der Beklagten (am 23.9.2010) über das Bestehen eines Syndikatsvertrages überrascht zeigte, führt unter Berücksichtigung der Gesamtheit der Umstände ebenfalls noch nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Bei der für die Beurteilung nach §863 ABGB vorzunehmenden Gesamtbetrachtung kommt nämlich der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung, die am 15.12.2005 beschlossen wurde und die ausdrücklich festhält, dass ein Syndikatsvertrag zwischen der Beklagten und der namentlich genannten Klägerin bestehe, entscheidende Bedeutung zu. So wurde bereits zu 6 Ob 140/20m klargestellt, dass die Unterfertigung dieser Geschäftsordnung durch G. W. zwar in seiner Funktion als Aufsichtsratsvorsitzender der Gesellschaft – also nicht in seiner Funktion als alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer der Beklagten – erfolgte. Ein redlicher Erklärungsempfänger in der Situation der Klägerin konnte die ausdrückliche Bezeichnung der Klägerin als Vertragspartnerin aber nur dahin auffassen, dass die Beklagte damit dem Eintritt der Klägerin in die zuvor von der B. innegehabte Stellung als Vertragspartnerin des Syndikatsvertrages zustimmte. Ob G. W. diese Geschäftsordnung auch inhaltlich zur Kenntnis nahm oder ob er sie, wie in der Revision behauptet, ungeprüft unterfertigte, ist für den daraus ableitbaren objektiven Erklärungswert nicht entscheidend. Die festgestellte überraschte Reaktion von Dr. D. in der Aufsichtsratssitzung am 23.9.2010 beseitigt diese schlüssige Willenserklärung der Beklagten nicht. Auch der Umstand, dass G. W. in dieser Aufsichtsratssitzung behauptete, der Syndikatsvertrag gelte nicht mehr, vermag den objektiven Erklärungswert des im Jahr 2005 gesetzten Verhaltens nicht mehr zu beseitigen. Es steht nämlich nicht fest, dass G. W. seine Ansicht, der Syndikatsvertrag gelte nicht mehr, mit dem Gesellschafterwechsel begründete. Vielmehr ergibt sich aus dem eigenen Vorbringen der Beklagten, dass im Laufe der Zeit auch die Ansicht vertreten wurde, der Syndikatsvertrag solle nur so lange gelten, wie die Gesellschafter direkte Haftungen übernommen hätten, sodass sich daraus der Wegfall der Vertragsgrundlage ergebe. [74] Dass sich ein Geschäftsführer der Beklagten im Jahr 2011 bei einem der Geschäftsführer der Gesellschaft nach dem Syndikatsvertrag erkundigte und die Auskunft erhielt, dieser sei weggefallen, ändert ebenfalls nichts an dem der Beklagten zuzurechnenden Erklärungstatbestand, der mit der Zustimmung zur Geschäftsordnung für die Geschäftsführung gesetzt wurde. [75] 3.7. Soweit das Erstgericht ausführte, es könne nicht festgestellt werden, dass die Beklagte der Übertragung des Syndikatsvertrages auf die Klägerin zugestimmt oder den Übergang auf die Klägerin anerkannt habe, handelt es sich um Fragen der rechtlichen Beurteilung, die einer Feststellung nicht zugänglich sind. [76] 3.8. Die in der Revision der Beklagten in den Vordergrund gerückten Feststellungen führen daher nicht zu einer von 6 Ob 140/20m abweichenden Beurteilung des Übergangs des Syndikatsvertrages auf die Klägerin als Vertragspartnerin. 4. Zur Kündigung des Syndikatsvertrages durch die Beklagte [77] 4.1. Das Berufungsgericht beurteilte die von der Beklagten mit Schreiben vom 10.1.2018 erklärte vorsorgliche Kündigung des Syndikatsvertrages aus wichtigem Grund als unwirksam, weil die Auflösung der durch den Syndikatsvertrag begründeten GesBR nach §1210 Abs1 ABGB (idF des GesbR-RG) eine Klage voraussetze, die nicht erhoben worden sei. [78] Die Beklagte rügt in ihrer Revision, die Erhebung einer Klage sei im vorliegenden Fall nicht erforderlich gewesen, weil die Klägerin sich mit der Auflösung einverstanden gezeigt habe, indem sie der Auflösung nicht unverzüglich, sondern erst mit der Klageeinbringung im vorliegenden Verfahren am 27.3.2018 widersprochen habe. [79] 4.2. Durch das GesbR-RG wurde klargestellt, dass die Geltendmachung des Auflösungsrechts bei der Auflösung aus wichtigem Grund durch Klage des Gesellschafters zu erfolgen hat (vgl nur Artmann in Klang, ABGB3, §1210 Rz4 und 20). Das Erfordernis der Klagsführung ist dispositiv, anstatt dessen kann eine außergerichtliche Auflösungserklärung vor-
gesehen werden (Artmann, aaO, Rz26; Kalss in Kalss/ Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht2 [2017] Rz2/234). Zeigen sich die anderen Gesellschafter mit der Auflösung einverstanden, soll die Notwendigkeit einer gerichtlichen Auflösung entfallen (S. Bydlinski/R. Fritz, GesbRRG [2015] §1210 ABGB Anm 4). [80] 4.3. Eine Zustimmung der Klägerin zur Auflösung des Syndikatsvertrages kann dem festgestellten Sachverhalt jedoch nicht entnommen werden. [81] Nach den Feststellungen fand am 12.1.2018 ein Gespräch zwischen den Verwaltungsräten der Klägerin Dr. G. D. sowie Mag. F. P. und „den Geschäftsführern der Gesellschaft Dipl.-Kfm. M. D. sowie Dipl.-Kfm. E. H.“ statt. Wie sich aus dem offenen Firmenbuch ergibt, waren Dipl.-Kfm. M. D. und Dipl.-Kfm. E. H. zu keinem Zeitpunkt Geschäftsführer der Gesellschaft (d. GmbH), sie waren vielmehr im Jänner 2018 Geschäftsführer der Beklagten. IdS, nämlich dass es sich bei den beiden genannten Personen um Geschäftsführer der Beklagten handelte, ist daher auch die Feststellung zu den Gesprächsteilnehmern zu verstehen. Bei dem Gespräch wurde versucht, eine Lösung für die offenen Konflikte herbeizuführen. Zum Syndikatsvertrag vertraten Dr. D. und Mag. P. den Standpunkt, dieser sei unverändert aufrecht und die Kündigung nicht rechtswirksam. Die Behauptung der Beklagten in ihrer Revision, die Klägerin habe der Auflösung des Syndikatsvertrages dadurch zugestimmt, dass sie seiner Beendigung nicht rechtzeitig widersprochen habe, geht daher nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. [82] Selbst wenn Dr. D. und Mag. P. in diesem Gespräch der Kündigung des Syndikatsvertrages nicht widersprochen haben sollten (diesen Standpunkt vertritt die Beklagte in ihrer Verfahrensrüge), kann daraus nicht die von der Beklagten behauptete stillschweigende Zustimmung zur Auflösung des Syndikatsvertrages abgeleitet werden. §863 ABGB verlangt, dass mit Überlegung aller Umstände kein Zweifel an einem bestimmten Erklärungswillen bestehen kann. Nach den Feststellungen wurde bei dem Gespräch am 12.1.2018 versucht, eine Gesamtlösung für die zum Teil bereits gerichtsanhängigen Konflikte zu finden. Dieses Unterfangen scheiterte jedoch; es kam keine Einigung zustande. Allein dieses Gesprächsergebnis spricht gegen die Annahme, dass Dr. D. und Mag. P. durch bloßes Schweigen ihre Zustimmung zur Vertragskündigung erteilen wollten. Redliche Verhandlungspartner in der Rolle der Vertreter der Beklagten durften nämlich nicht annehmen, dass trotz des Scheiterns einer Gesamtlösung durch bloßes Schweigen die Zustimmung zu einer isolierten Einzelfrage erklärt werden sollte. Ebenso ist der Zeitraum bis zur Klageeinbringung nicht derart lang, um ein Schweigen der Vertreter der Klägerin trotz der offenen Konfliktsituation als zweifelsfreie Zustimmung deuten zu können. [83] 4.4. Da die Beklagte die Kündigung der GesBR aus wichtigem Grund nicht gem §1210 ABGB gerichtlich vornahm und auch keine Zustimmung der Klägerin zur Auflösung vorlag, trifft die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass mit dem Schreiben der Beklagten vom 10.1.2018 keine sofortige Beendigung des Syndikatsvertrages bewirkt werden konnte, zu. 5. Zur ordentlichen Kündigung des Syndikatsvertrages [84] 5.1. Die Klägerin wendet sich in ihrer Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, das Schreiben der Beklagten vom 10.1.2018 bewirke die Auflösung des Syndikatsvertrages mit Ablauf des 30.9.2022. Das Berufungsgericht habe verkannt, dass die Kündigung wegen Sittenwidrigkeit unwirksam sei.
[85] 5.2. Es trifft zu, dass die Regelung des §879 Abs1 ABGB nicht nur für Verträge, sondern auch für einseitige Rechtsgeschäfte wie Kündigungen gilt (4 Ob 39/16p; RIS-Justiz RS0016534). Die Rechtswidrigkeit wegen Verstoßes gegen die guten Sitten ist aber nur dann zu bejahen, wenn eine Interessenabwägung eine grobe Verletzung rechtlich geschützter Interessen ergibt oder wenn bei einer Interessenkollision ein grobes Missverhältnis zwischen den durch die angegriffene Bestimmung verletzten und den durch sie geförderten Interessen besteht. Dies ist jeweils anhand der besonderen Umstände des Einzelfalles zu beurteilen (RIS-Justiz RS0042881 [T6 und T8]; 4 Ob 39/16p). [86] 5.3. Das Berufungsgericht erachtete als maßgeblich, dass die Klägerin im Wissen um ihre Investitionen und das kaufmännische Risiko einer Kündigungsmöglichkeit des Syndikatsvertrages zustimmte. [87] Die Klägerin vermag nicht aufzuzeigen, dass das Berufungsgericht dadurch den ihm eingeräumten Ermessensspielraum im vorliegenden Einzelfall überschritten hätte. Im vorliegenden Fall konkretisiert der Syndikatsvertrag zwar die zwischen den Gesellschaftern bestehenden Treuepflichten insofern, als er das in der Grundsatzvereinbarung festgehaltene Verständnis der Zusammenarbeit der beiden, aus den Unternehmensgruppen S. und d. stammenden Gesellschafter umsetzte und der Minderheitsgesellschafterin aus dem S.-Konzern über den Aufsichtsrat eine wesentlich weiter gehende Einflussmöglichkeit zugewiesen wurde, als es ihrer Beteiligungsquote entspricht (6 Ob 140/20m, Rn 102). Bereits zu 6 Ob 140/20m wurde aber auch darauf hingewiesen, dass es infolge der Beendigung des Syndikatsvertrages zu einer Änderung des Inhalts der zwischen den Vertragsparteien bestehenden Treuepflichten kommen könne; diese Frage wurde ausdrücklich offengelassen (Rn 107). [88] 5.4. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Vereinbarung einer einseitigen Beendigungsmöglichkeit den Inhalt der Treuepflicht mitprägte – nämlich dahin, dass beide Vertragspartnerinnen diese Möglichkeit für die Zukunft bedenken konnten und in Kauf nahmen – steht daher nicht im Widerspruch zur E 6 Ob 140/20m. Auch ein Widerspruch zur E 6 Ob 155/20t liegt nicht vor, weil auch in dieser Entscheidung weder die Beendigung des Syndikatsvertrages noch eine daraus abzuleitende Änderung des Inhalts der Treuepflichten zwischen den Gesellschafterinnen zu beurteilen waren. Wenn das Berufungsgericht ein Vertrauen auf die langjährige Übung – iS eines Vertrauens auf die Nichtausübung des Kündigungsrechts – nicht erkannte, liegt darin keine vom OGH aufzugreifende Fehlbeurteilung. [89] 5.5. Soweit die Klägerin eine Schädigungsabsicht der Beklagten behauptet und auf die Entscheidungen 6 Ob 140/20m und 6 Ob 155/20t verweist, ist Folgendes klarzustellen: Die
zentrale Frage, die in diesen Entscheidungen zu beurteilen war, ist, ob die langjährig gelebte Praxis nach dem Gesellschafterwechsel aufseiten der S.-Gesellschafterin dazu führte, dass die Vorgangsweisen der Beklagten im Jahr 2017 als treuwidrig anzusehen waren, weil sie der neuen Gesellschafterin implizit dieselbe Einflussposition zugestand wie der ausgeschiedenen Gründungsgesellschafterin. Diesen Entscheidungen kann aber nicht entnommen werden, dass die Beklagte die Rechte, die ihr gegenüber ihrer ursprünglichen Mitgesellschafterin aus dem Syndikatsvertrag zustanden, im Verhältnis zur Klägerin – auf die der Syndikatsvertrag übergegangen ist – nicht ausüben darf.
[90] 5.6. Soweit die Klägerin eine Interessenabwägung vermisst, lässt sie außer Acht, dass die Vereinbarung der einseitigen Kündigungsmöglichkeit die Interessenlage zwischen den Parteien dahin gestaltete, dass jede der Vertragspartnerinnen das damit verbundene Risiko in Kauf nahm. Die Beurteilung des Berufungsgerichts steht daher mit den Entscheidungen 6 Ob 140/20m und 6 Ob 155/20t im Einklang. Eine im Einzelfall aufzugreifende Fehlbeurteilung der Interessenbeeinträchtigung der Klägerin wird nicht dargetan. [91] 5.7. Die Klägerin zeigt in ihrer Revision betreffend die ordentliche Kündigung des Syndikatsvertrages daher insgesamt keine Rechtsfrage der Qualität des §502 Abs1 ZPO auf. 6. Zur Feststellung der Haftung der Beklagten [92] 6.1. Die Beklagte wendet sich in ihrer Revision gegen die Feststellung der Haftung für Schäden der Klägerin aus der Verletzung des Syndikatsvertrages. [93] 6.2. Wird die Feststellung der Haftung für künftige Schäden begehrt, so ist in der Klage aufzuzeigen, welcher Art die möglichen Schäden sein können (9 Ob 30/14y; RIS-Justiz RS0038949); ein Schadenseintritt bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich (RIS-Justiz RS0038949 [T3]; 7Ob 91/14d; RIS-Justiz RS0038909). Eine derartige Feststellung ist dann möglich, wenn sich das schädigende Ereignis, das den konkreten Schaden hatte auslösen können, bereits ereignet hat und der Schaden auch ohne weiteres Zutun des Schädigers in der Zukunft eintreten kann (1 Ob 210/14k; RIS-Justiz RS0038909 [T1 und T2]; RS0040838 [T9]). Soweit ein Schaden bereits eingetreten ist, besteht für ein Feststellungsbegehren hingegen grundsätzlich kein Raum, weil diesbezüglich bereits eine Leistungsklage erhoben werden könnte (RIS-Justiz RS0038849; 6 Ob 41/18z). Wird dennoch ein Feststellungsbegehren erhoben, muss die klagende Partei dartun, weshalb ihr die Erhebung einer Leistungsklage im konkreten Fall nicht zumutbar ist (vgl RIS-Justiz RS0127761 [T1]). [94] 6.3. Die Klägerin brachte zur Begründung ihres Anspruchs vor, ihr Schaden resultiere aus dem Verlust der Kontrollmöglichkeit „über den (nur einvernehmlich zu wählenden) Kapitalvertreter“, weshalb für sie finanzielle Nachteile bei der Festlegung der Höhe des Jahresgewinns zu erwarten seien. Weiters sei absehbar, dass sie durch die zukünftige Verletzung der im Syndikatsvertrag verankerten Vollausschüttungspflicht Schaden erleiden würde. Es hätten auch bereits Rechtsverletzungen stattgefunden, nämlich das Abstreiten der Existenz des Syndikatsvertrages, die rechtswidrige und schuldhafte Kündigung desselben sowie die Nichteinholung des Einvernehmens über die Person des Kapitalvertreters; es drohe eine Wiederholung dieser Verhaltensweisen. [95] Die Beklagte hielt dem Begehren zusammengefasst entgegen, die Feststellungsklage diene nicht dazu, alle theoretisch denkbaren zukünftigen Rechtsverletzungen abzuwenden. [96] Das Vorbringen der Klägerin vermag den geltend gemachten Feststellungsanspruch nicht zu tragen. Es zielt im Kern auf befürchtete Nachteile durch zukünftige Ereignisse ab (Gewinnfeststellung, Beschlussfassung über die Gewinnausschüttung), die von der nicht weiter konkretisierten Umschreibung des rechtswidrigen Verhaltens als „Verletzung der Pflichten aus dem Syndikatsvertrag“ nicht umfasst sind. Soweit sich die Klägerin auf die unterbliebene Herstellung des Einvernehmens über die Wahl eines Kapitalvertreters stützt, hat sie nicht dargetan, welcher Art die ihr daraus drohenden Nachteile sein sollen, die mit der Anfechtung des Beschlusses über die Wahl des Aufsichtsratsmitglieds (siehe 6 Ob 140/20m) nicht beseitigt sind. Wenn die Klägerin sich auf die Kündigung des Syndikatsvertrages stützt, ist auszuführen, dass die von der Beklagten erklärte Kündigung aus wichtigem Grund keine Rechtswirkungen entfaltete, die ordentliche Kündigung hingegen – wie dargelegt – nicht als rechtswidrig beurteilt wurde. Darauf kann daher kein Schadenersatzanspruch gegründet werden. Das Abstreiten des Bestehens des Syndikatsvertrages ist vom Begehren, das auf eine Verletzung der Pflichten aus dem Vertrag abstellt, nicht umfasst. Eine Erörterung des Vorbringens mit der Klägerin war nicht erforderlich, weil bereits die Beklagte deutlich darauf hingewiesen hat, dass aus befürchteten zukünftigen Rechtshandlungen kein Anspruch auf Feststellung der schadenersatzrechtlichen Haftung abgeleitet werden kann. [97] 6.4. Die Revision der Beklagten ist daher hinsichtlich der Feststellung ihrer Ersatzpflicht berechtigt. 7. Zum Unterlassungsbegehren [98] 7.1. Die Beklagte bekämpft das Unterlassungsgebot mit der Begründung, mangels Vertragsübergangs auf die Klägerin, hilfsweise wegen erfolgter Auflösung aus wichtigem Grund, bestehe kein Syndikatsvertrag, aus dem die Pflicht zur Herstellung des Einvernehmens abgeleitet werden könne. Mit diesem Rechtsstandpunkt dringt sie nicht durch, weil die Klägerin – wie ausgeführt – Partnerin des Syndikatsvertrages wurde.
[99] 7.2. Im Weiteren steht die Beklagte auf dem Standpunkt, der Klägerin stehe kein Entsendungsrecht in den Aufsichtsrat zu, sodass ein Aufsichtsratsmitglied – nämlich jenes, für das die Klägerin ein Entsendungsrecht beansprucht – unbeschadet des Syndikatsvertrages ohne Herstellung des Einvernehmens zwischen den Parteien durch Gesellschafterbeschluss zu wählen sei. Auch dieses Argument geht ins Leere, weil die Beklagte zur Zustimmung zur Änderung des Gesellschaftsvertrages dahin, dass der Klägerin ein Entsendungsrecht für ein Aufsichtsratsmitglied zukommt, verpflichtet ist (dazu unten). [100] 7.3. Soweit die Beklagte vorbringt, eine Wahl durch Gesellschafterbeschluss ohne vorherige Herstellung von Einvernehmen zwischen den Gesellschaftern habe auch dann zu erfolgen, wenn die Beklagte von ihrem Entsendungsrecht
nicht Gebrauch mache, führt auch dies nicht zur Abweisung des Unterlassungsbegehrens. Das Unterlassungsgebot stützt sich auf die in §1 des Syndikatsvertrages verankerte Verpflichtung zur Herstellung des Einvernehmens zwischen den Gesellschafterinnen über „das zu wählende Aufsichtsratsmitglied“ im Gegensatz zu den von den Gesellschafterinnen zu entsendenden Mitgliedern. Nur idS, dass damit das „vierte“ Aufsichtsratsmitglied, das jedenfalls nicht entsendet werden kann, gemeint ist, kann das Unterlassungsgebot in Zusammenschau mit den Entscheidungsgründen verstanden werden. Zur Frage, ob und unter welchen Umständen eine allfällige zukünftige Nichtausübung des Entsendungsrechts durch die Klägerin zur Bestellung eines Aufsichtsratsmitglieds durch Gesellschafterbeschluss führt (zum Meinungsstand siehe die Nachweise bei Rauter in Straube/Ratka/Rauter, GmbHG, §30c Rz41), ist daher hier nicht weiter Stellung zu nehmen.
[101] 7.4. Wie bereits ausgeführt, ist die von der Beklagten mit Schreiben vom 10.1.2018 erklärte ordentliche Kündigung des Syndikatsvertrages wirksam. Dieser endet daher mit Ablauf des 30.9.2022. Das Unterlassungsgebot war daher bis zu diesem Zeitpunkt zu befristen. Insofern ist die Revision der Beklagten berechtigt. 8. Zur Satzungsänderung betreffend das Entsendungsrecht (§8 Abs3 des Gesellschaftsvertrages) [102] 8.1. Das Berufungsgericht bejahte die Verpflichtung der Beklagten, für näher bezeichnete Änderungen von §5 Abs1 und §8 Abs3 des Gesellschaftsvertrages zu stimmen, sodass die Klägerin anstelle der P. als Übernehmerin einer Stammeinlage angeführt werde (§5 Abs1) und der Klägerin – wiederum anstelle der P. – das Recht zukomme, ein Aufsichtsratsmitglied zu entsenden (§8 Abs3). Das Mehrbegehren auf Verankerung des Einstimmigkeitserfordernisses für die Wahl des weiteren Aufsichtsratsmitglieds (§8 Abs3 des Gesellschaftsvertrages) wurde abgewiesen. [103] Die Revision der Beklagten wendet sich gegen die Klagestattgebung in beiden Punkten, die Revision der Klägerin gegen die Abweisung betreffend das Einstimmigkeitserfordernis.
[104] 8.2. Das Bestehen eines Entsendungsrechts setzt seine Verankerung im Gesellschaftsvertrag voraus (Rauter in Straube/ Ratka/Rauter, GmbHG, §30c Rz9). Bereits zu 6 Ob 155/20t wurde klargestellt, dass das Entsendungsrecht der P. nach §8 Abs3 des Gesellschaftsvertrages spätestens mit der Übertragung des Geschäftsanteils an die Klägerin im Wege der Einzelrechtsnachfolge am 27.10.2004 erloschen ist, weil es sich um ein höchstpersönliches Recht der P. handelte (Rn67ff). Der Klägerin steht daher im Beurteilungszeitpunkt (§193 ZPO) kein Recht zur Entsendung eines Mitglieds in den Aufsichtsrat zu. [105] Im vorliegenden Verfahren ist daher nicht der aufrechte Bestand des Entsendungsrechts, sondern vielmehr die Frage zu beurteilen, ob die Beklagte – aus ihrer Treuepflicht –einer Satzungsänderung, mit der der Klägerin ein solches ihr bislang nicht zukommendes Entsendungsrecht eingeräumt wird, zuzustimmen hat. [106] 8.3. Entgegen dem Revisionsvorbringen der Beklagten hat das Berufungsgericht in seiner Entscheidung weder den Untergang des Entsendungsrechts der P. noch die Anforderungen des §49 GmbHG verkannt, weil es nicht von einem Übergang des Entsendungsrechts der P. auf die Klägerin ausging, sondern die Beklagte zur Zustimmung zu einem satzungsändernden Beschluss, der nach allgemeinen Regeln der Firmenbucheintragung nach §49 Abs2 GmbHG bedarf, verpflichtete. Die von der Beklagten ins Treffen geführten Verkehrsschutzerwägungen gehen daher ins Leere. [107] 8.4. Soweit die Beklagte auf den Grundsatz der objektiven Auslegung korporativer Satzungsbestimmungen hinweist, ist damit nichts über eine erst vorzunehmende Satzungsänderung ausgesagt. [108] 8.5. Der OGH hat bereits in der E 6 Ob 155/20t zu Treuepflichten im Recht der GmbH und zu den für das Verhältnis zwischen den Verfahrensparteien (die hier Beklagte war am Verfahren 6 Ob 155/20t als Nebenintervenientin beteiligt) maßgeblichen Erwägungen Stellung genommen. Dort wurde ausgeführt: „B.I.2. Treuepflichten sind im Gesellschaftsrecht allgemein und insbesondere auch bei der GmbH in ständiger Rechtsprechung anerkannt (RIS-Justiz RS0060175; zuletzt 6 Ob 90/19g). Diese Treuepflichten können unterschiedlich stark ausgeprägt sein und hängen regelmäßig von den besonderen Umständen des Einzelfalles ab (RIS-Justiz RS0106227 [T4]). Gibt es nur zwei Gesellschafter und regeln diese ihre wechselseitigen Rechte und Pflichten auch noch im Rahmen einer schuldrechtlichen Nebenvereinbarung (Syndikatsvertrag), so ist davon auszugehen, dass die Rücksichtnahmepflichten und somit auch die Treuepflichten – insbesondere im Verhältnis Gesellschafter zu Gesellschafter – noch stärker ausgeprägt sind. Mit dem Grad der personalistischen Ausgestaltung der Gesellschaft steigert sich nämlich auch die Intensität der einzuhaltenden Treuepflichten (RIS-Justiz RS0060175 [T2]; 2 Ob 46/97x; RIS-Justiz RS0079236 [T2]).
B.I.3. Im vorliegenden Fall wurde der Minderheitsgesellschafterin im Jahr 1981 (Zeitpunkt des Abschlusses des Gesellschaftsvertrages) indirekt ein Mitspracherecht für wichtige Angelegenheiten der Geschäftsführung eingeräumt. Dies ergibt sich aus §8 Abs3 iVm §8 Abs8 Satz 3 des Gesellschaftsvertrages, wonach den entsendeten Aufsichtsratsmitgliedern faktisch ein Vetorecht für zustimmungspflichtige Geschäfte eingeräumt wurde und zwischen Entsendenden und dem Entsandten regelmäßig ein ‚auftragsähnliches‘ Rechtsverhältnis besteht (vgl Kalss in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG2 [2012] §88 Rz27).
Mit dieser Regelung sollte der Minderheitsgesellschafterin, obwohl sie ‚nur‘ 32% der Geschäftsanteile hält, eine starke Position zukommen, die sie als faktisches Vetorecht in wichtigen Angelegenheiten der Geschäftsführung über das Entsendungsrecht ausüben konnte. Dem Entsendungsrecht kommt somit eine zentrale Bedeutung für die Wahrung des Einflusses auf die Geschäftsführung und somit auf die Geschicke des von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens zu.
Der hohe Stellenwert des Einflusses auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats für die beiden Gesellschafter zeigt sich auch daran, dass sich die beiden Gesellschafter gleich am Anfang (§1) des Syndikatsvertrages dazu verpflichten, über die Wahl des vierten zu bestellenden Kapitalvertreters im Aufsichtsrat Einvernehmen herzustellen und dem gemeinsam
erstellten Wahlvorschlag in der Generalversammlung die Zustimmung zu erteilen. Weiters sollen gemäß §2 die beiden Gesellschafter auf ‚ihre‘ Aufsichtsratsmitglieder bei der Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und dessen Stellvertreter derart einwirken, dass jede dieser Funktionen von einem Aufsichtsratsmitglied ausgeübt wird, welches von jeweils einem der Syndikatspartner nominiert wird. Gemäß Abs5 verpflichten sich die Syndikatspartner weiters, ‚die mit diesem Syndikatsvertrag eingegangenen Verpflichtungen auch an ihre jeweiligen Rechtsnachfolger zu überbinden‘.
B.I.4. Hier hat die Nebenintervenientin durch 13 Jahre, nämlich vom – beiden Parteien zunächst nicht bewussten – Erlöschen des Entsendungsrechts der P. im Jahr 2004 bis zum Jahr 2017, nach den Feststellungen insgesamt zu drei Zeitpunkten zu erkennen gegeben, von einem Entsendungsrecht der Klägerin für den Aufsichtsrat und von der Entsendung von Dr. D. in den Aufsichtsrat auszugehen (Generalversammlung und Aufsichtsratssitzung vom 13.12.2007, Umlaufbeschluss 14./19.12.2011, Umlaufbeschluss 16./21.12.2015). Ungeachtet der Tatsache, dass – wie noch zu zeigen sein wird (Pkt B.II.1.) – (zumindest) die Entsendung von Dr. D. durch die P. im Jahr 2001 unbefristet erfolgte und daher eine neuerliche (befristete) Entsendung in den Jahren 2007, 2011 und 2015 nicht notwendig war und keine Wirkung zeitigen konnte, handelte es sich bei den jeweils im Einvernehmen der Gesellschafter erfolgten Entsendungen nicht bloß um Wissenserklärungen, sondern um Willenserklärungen; diese waren dem Umstand geschuldet, dass die Gesellschafter offenbar irrtümlich davon ausgingen, die Entsendung sei jeweils befristet erfolgt.
Gegenteilige Willens- oder Wissenskundgebungen von der Nebenintervenientin (oder auch der Beklagten) dahin gehend, das Entsendungsrecht der Klägerin sowie die Stellung von Dr. D. als von der Klägerin entsandtes Aufsichtsratsmitglied infrage zu stellen oder zu bestreiten, wurden für diesen Zeitraum weder behauptet noch festgestellt.
Durch diese langjährige Übung hat die Nebenintervenientin einen Vertrauenstatbestand dahin geschaffen, das – tatsächlich nicht bestehende – Entsendungsrecht der Klägerin anzuerkennen.
B.I.5. Die Gesellschafter der Beklagten hatten fast 36 Jahre lang ‚im Wesentlichen friktionsfrei‘ zusammengearbeitet. Dies änderte sich erst im Laufe des Jahres 2017, als grundlegende Meinungsverschiedenheiten über die Implementierung des Kundenbindungsprogramms zutage traten. Unter der – hier nicht zu prüfenden – Voraussetzung, dass dieses Projekt zustimmungspflichtig war (‚Einzelinvestition, die den Betrag von 1.000.000€ übersteigt‘; vgl §7 Abs4 des Gesellschaftsvertrages), konnte es kraft des Erfordernisses, dass diesfalls auch die entsendeten Aufsichtsratsmitglieder zustimmen mussten (§8 Abs8 des Gesellschaftsvertrages), gegen den Willen der Klägerin nicht durchgeführt werden.
Ein redlicher Gesellschafter hätte in diesem Fall an der Stelle der Nebenintervenientin versucht, die Klägerin doch noch vom geplanten Projekt zu überzeugen und so deren Zustimmung zu erwirken, oder wäre eben vom Projekt abgestanden.
Die Nebenintervenientin hingegen begann im Sommer 2017 nach juristischen Mitteln und Wegen zu suchen, wie sie die Klägerin entmachten und ‚ausbooten‘ könnte, um doch noch gegen deren Willen das Kundenbindungsprogramm durchziehen zu können. Mit dem gemäß §30c GmbHG (welche Bestimmung bis dahin niemanden interessiert hatte) weggefallenen Entsendungsrecht der Klägerin in den Aufsichtsrat wurde sie schließlich ‚fündig‘.
So geht man mit einem langjährigen Geschäftspartner, mit dem man nicht nur durch einen detaillierten Gesellschaftsvertrag, sondern auch durch einen Syndikatsvertrag verbunden ist, nicht um. Mag auch der beharrliche Widerstand der Klägerin bzw von Dr. D. gegen das Kundenbindungsprogramm für die Nebenintervenientin überaus lästig und unbequem gewesen sein, so bietet entgegen der Ansicht der Beklagten das festgestellte Verhalten der Klägerin oder von Dr. D. keine Rechtfertigung für die Handlungsweise der Nebenintervenientin.
Die Treuepflicht des Gesellschafters einer GmbH gebietet eine angemessene Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Mitgesellschafter auch bei Ausübung des Stimmrechts in der Generalversammlung (RIS-Justiz RS0060175; 6 Ob 130/05v; 6Ob 90/19g). Die potenzielle Treuwidrigkeit der Stimmabgabe ist von der Judikatur anerkannt (RIS-Justiz RS0106227; RS0120599).“ [109] 8.6. Diese Erwägungen sind auch im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblich. [110] 8.7. Eine Entscheidung des OGH über die Verpflichtung eines GmbH-Gesellschafters, einer dem vorliegenden Fall vergleichbaren Satzungsänderung zuzustimmen, liegt zwar nicht vor. Dass aus der gegenseitigen Treuepflicht der GmbH-Gesellschafter auch die Verpflichtung folgen kann, einer Änderung des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen, wurde vom OGH aber bereits ausdrücklich anerkannt (6 Ob 695/87). [111] Zu 6 Ob 166/05p (JBl 2006, 521 [H. Torggler]) wurde darüber hinaus bereits eine aus der Treuepflicht abgeleitete Verpflichtung zur Zustimmung des (Mit-)Stifters zu einer Änderung der Stiftungsurkunde bejaht. Grundlage dieser Entscheidung waren die zur wechselseitigen Treuepflicht im Gesellschaftsrecht entwickelten Überlegungen, die auf die Privatstiftung übertragen wurden. Dieser Entscheidung kommt daher auch für das Verhältnis zwischen Gesellschaftern einer GmbH Bedeutung zu. [112] 8.8. Auch in der österreichischen Literatur wird eine aus der Treuepflicht abgeleitete Pflicht von GmbH-Gesellschaftern, Satzungsänderungen zuzustimmen, ganz überwiegend bejaht (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3, §39 Rz14; Rauter/ Milchrahm in Straube/Ratka/Rauter, GmbHG, §92; Enzinger in Straube/Ratka/Rauter, GmbHG, §39 Rz52; Thöni, Beschlussanfechtung und Schadenersatzhaftung im GmbH-Recht, ecolex 1993, 674 [675]; kritisch hingegen Harrer in Gruber/ Harrer, GmbHG2, §§49, 50 Rz82ff). [113] Die Zustimmungspflicht soll ultima ratio sein (Enzinger in Straube/Ratka/Rauter, GmbHG, §39 Rz52) und dann zum Tragen kommen, wenn sie im Gesellschaftsinteresse dringend geboten und den Gesellschaftern zumutbar ist (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3, §39 Rz14; Thöni, ecolex 1993, 674 [675]; Ch. Nowotny, Durchsetzung der Kapitalerhöhung auf S500.000 bei Pattstellung in der Generalversammlung? RdW 1986, 359). [114] 8.9. Die Beklagte macht in ihrer Revision geltend, diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt, weil die begehrte Satzungsänderung nicht im Gesellschaftsinteresse gelegen, der
Klägerin nicht zumutbar sei und in den Kernbereich ihrer Mitgliedschaft eingreife. Darüber hinaus habe die Beklagte weder den Willen gehabt noch einen Vertrauenstatbestand dahin gesetzt, ein Entsendungsrecht der Klägerin zu akzeptieren. [115] 8.10. Diese Argumente sind nicht stichhaltig. Treuepflichten bestehen nicht nur zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft, sondern auch zwischen den Gesellschaftern untereinander (ausführlich U. Torggler, Treuepflichten im faktischen GmbH-Konzern [2007] 75ff). Sie resultieren aus der zwischen den Gesellschaftern bestehenden Sonderbeziehung und sind Korrelat der durch die Mitgliedschaft vermittelten Einflussmöglichkeiten auf die Interessen der Mitgesellschafter. Solche Einflussmöglichkeiten bestehen auch, aber nicht nur bei gleichzeitiger Treuwidrigkeit gegenüber der Gesellschaft (U. Torggler, aaO, 114f). [116] Der Verpflichtung der Beklagten, einer Änderung des §8 Abs3 des Gesellschaftsvertrages zuzustimmen, kann daher nicht entgegengehalten werden, dass die Gesellschaft kein Interesse an einer derartigen Satzungsänderung habe. [117] 8.11. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Konkretisierung der Verpflichtung der Beklagten zur Wahrung der Interessen der Klägerin durch die Verpflichtung zur Satzungsänderung im konkreten Einzelfall. Diese Verpflichtung beruht, wie das Berufungsgericht bereits erkannte, auf dem von der Beklagten selbst über insgesamt 13 Jahre gesetzten Vertrauenstatbestand (vgl 6 Ob 155/20t, Rn 95) und ist der Beklagten deshalb auch zumutbar. [118] Die konkreten Formulierungen der Protokolle der Aufsichtsratssitzungen – in denen sowohl von Entsendung als auch von Wahlen die Rede ist – wurden dabei bereits berücksichtigt. Das gilt auch für den Umstand, dass die für die Klägerin und die Beklagte handelnden Personen die Unwirksamkeit der vermeintlich von der Klägerin vorgenommenen Entsendungen nicht erkannten (vgl 6 Ob 155/20t, Rn 95). [119] 8.12. Soweit das Revisionsvorbringen darauf abzielt, dass seitens der Beklagten (bzw der für sie handelnden Personen) kein rechtsgeschäftlicher Wille bestand oder geäußert wurde, ein Entsendungsrecht der Klägerin zu begründen, wird auch damit keine unrichtige rechtliche Beurteilung durch das Berufungsgericht aufgezeigt. Die Verpflichtung, der Satzungsänderung zuzustimmen, beruht nämlich nicht auf einer schuldrechtlichen Einigung oder einem natürlichen Konsens der Gesellschafterinnen dahin, eine entsprechende Satzungsänderung vorzunehmen, sondern auf dem durch langjährige Übung geschaffenen Vertrauenstatbestand, das – tatsächlich nicht bestehende – Entsendungsrecht der Klägerin anzuerkennen (6 Ob 155/20t, Rn 97). Dem Vertrauen der Klägerin kann im hier zu beurteilenden Fall auch nicht anders als durch die Verankerung des Entsendungsrechts im Gesellschaftsvertrag Rechnung getragen werden (ultima ratio). [120] 8.13. Der Beklagten wird auch keine Verpflichtung auferlegt, die sie nicht erfüllen könnte. Es ist offenkundig, dass mit der Formulierung „in einer außerordentlichen Generalversammlung, welche über Verlangen der klagenden Partei binnen drei Monaten nach Rechtskraft dieses Urteils stattzufinden hat“, auf §37 GmbHG Bezug genommen und nicht – entgegen §36 Abs1 GmbHG – die Beklagte persönlich zur Einberufung verpflichtet wird. [121] 8.14. Die Revision der Beklagten betreffend die Änderung von §8 Abs3 des Gesellschaftsvertrages ist daher insgesamt nicht berechtigt. 9. Zur Satzungsänderung betreffend die Übernahme von Stammeinlagen (§5 Abs1 des Gesellschaftsvertrages) [122] 9.1. Zutreffend wendet sich die Beklagte in ihrer Revision gegen die Änderung von §5 des Gesellschaftsvertrages („Stammkapital und Stammeinlagen“) dahin, dass die Klägerin anstelle der P. als Übernehmerin einer Stammeinlage von 4.185.955€ ausgewiesen werde. [123] 9.2. Nach §4 Abs1 Z4 GmbHG muss der Gesellschaftsvertrag den Betrag der von jedem Gesellschafter auf das Stammkapital zu leistenden Einlage bestimmen. Der Gesellschaftsvertrag muss sich nach dieser Bestimmung zu den Einlageversprechen der Gesellschafter äußern (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3, §4 Rz13). Die Bestimmung zielt insofern auf den bei der Errichtung der Gesellschaft abzuschließenden Gesellschaftsvertrag ab (vgl 3 Ob 402/58, ÖBA 1960, 58). Ist die Stammeinlage von allen Gesellschaftern eingezahlt worden, verlieren die Aufzählung der ursprünglichen Gesellschafter und die Höhe der von ihnen seinerzeit zu leistenden Stammeinlagen ihre Bedeutung; es könnten auch in einer Neufassung des Gesellschaftsvertrages nur die ursprünglichen Gesellschafter und deren Stammeinlagen angeführt werden (3 Ob 402/58). Daher müssen nach Eintragung einer Gesellschaft und Erfüllung der Einlageverpflichtungen die Gesellschafter und die einzelnen Stammeinlagen nicht mehr angeführt werden (Schmidsberger/Duursma in Gruber/ Harrer, GmbHG2, §4 Rz62). [124] 9.3. Die Klägerin begründete ihren Antrag betreffend §5 Abs1 des Gesellschaftsvertrages ausschließlich damit, dass sie (anstelle der ursprünglichen P.) die Gesellschafterstellung erlangt habe. Aus ihrem eigenen Vorbringen ergibt sich, dass die Stammeinlage in Höhe von 4.185.955€ von der P. übernommen wurde. Da die Klägerin keine Stammeinlage übernommen hat, ist sie auch nicht als Übernehmerin einer Stammeinlage im Gesellschaftsvertrag anzuführen (vgl 3 Ob 402/58). Die Revision der Beklagten ist in diesem Umfang berechtigt. 10. Zur Satzungsänderung betreffend das Einstimmigkeitserfordernis für die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds in der Satzung (§8 Abs3 des Gesellschaftsvertrages) [125] 10.1. Der Inhalt der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht lässt sich nicht allgemein umschreiben. Ob ein bestimmtes Verhalten eines Gesellschafters gegen seine Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft oder Mitgesellschaftern verstößt oder ob die gesellschaftsrechtliche Treuepflicht eine bestimmte Handlungsweise gebietet, hängt daher von den besonderen Umständen des Einzelfalles ab (6 Ob 37/08x; 6 Ob 190/08x; vgl 6 Ob 155/20t; RIS-Justiz RS0106227 [T4]; RS0060175 [T3]). Auch die Frage, ob durch eine über einen bestimmten Zeitraum hinweg geübte Praxis ein Vertrauenstatbestand geschaffen wurde, aus dem ein Mitgesellschafter Rechte ableiten kann, ist von den konkreten Umständen des Einzelfalles abhängig. [126] 10.2. Nach §1 des Syndikatsvertrages – der, wie oben ausgeführt, zwischen der Klägerin und der Beklagten bis zum Wirksamwerden der von der Beklagten ausgesprochenen or-
dentlichen Kündigung aufrecht besteht – sind die Syndikatspartner verpflichtet, über das in der GV der Gesellschaft von den Kapitaleignern zu wählende Aufsichtsratsmitglied Einvernehmen herzustellen und dem gemeinsamen Wahlvorschlag ihre Zustimmung zu erteilen. Diese Regelung hat im Gesellschaftsvertrag keinen Niederschlag gefunden. Dort ist in §8 Abs3 vielmehr nur vorgesehen, dass das nicht zu entsendende weitere Aufsichtsratsmitglied von der GV gewählt wird. [127] 10.3. Ausgehend von diesen zwischen den Gesellschafterinnen bestehenden Vereinbarungen folgerte das Berufungsgericht, dass für eine auf die Treuepflicht oder einen Vertrauenstatbestand gestützte Ergänzung des Gesellschaftsvertrages dahin, dass die Wahl des vierten Aufsichtsratsmitglieds einvernehmlich zu erfolgen habe, keine Grundlage bestehe, weil sich diese Pflicht nur im kündbaren Syndikatsvertrag finde. Damit hat es den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum im vorliegenden Einzelfall nicht überschritten. [128] 10.4. Im vorliegenden Fall konkretisiert der Syndikatsvertrag insofern die zwischen den Gesellschaftern bestehenden Treuepflichten, als er das in der Grundsatzvereinbarung festgehaltene Verständnis der Zusammenarbeit der beiden, aus den Unternehmensgruppen S. und d. stammenden Gesellschafter umsetzt (6 Ob 140/20m, Pkt5.5.). Die Erwägung, dass auch die Vereinbarung einer einseitigen Beendigungsmöglichkeit den Inhalt der Treuepflicht mitgestaltet, steht daher im Einklang mit der E 6 Ob 140/20m. [129] 10.5. Soweit sich die Klägerin auf die Grundsatzvereinbarung bezieht, lässt sie außer Acht, dass diese vom Syndikatsvertrag – der die Kündigungsmöglichkeit vorsieht – konkretisiert wurde. Eine tatsächlich gelebte Praxis, die im Syndikatsvertrag verankerten Rechte trotz Kündigung dieses Vertrages weiter zu respektieren, vermag sie nicht aufzuzeigen. 10.6. bis 12. ...
Anmerkung: Der OGH befasste sich in dieser Entscheidung erneut mit dem Verhältnis zwischen Syndikatsvertrag und Gesellschaftsvertrag in der GmbH. Ausgangspunkt war ein weiterer Teilaspekt des Streits zweier Joint-Venture-Partner, der bereits in verschiedenen höchstgerichtlichen Entscheidungen mündete, ua zum Interessenkonflikt im Aufsichtsrat (OGH 23.5.2019, 6 Ob 1/19v), zum Kartellrecht (OGH 19.12.2019, 6 Ob 105/19p), zum Syndikatsvertrag (OGH 18.2.2021, 6 Ob 140/20m, GesRZ2021, 175 [Natlacen]; 18.2.2021, 6Ob 155/20t, GesRZ2021, 164 [Leonhartsberger]) sowie zur Feststellung des Stimmrechts in der GV (OGH 2.2.2022, 6 Ob 213/21y).
Die GmbH diente seit Anfang der 1980er-Jahre der Umsetzung der Joint-Venture-Unternehmung zweier großer Konzerne. Beteiligungsmäßig stellte ein Konzern den Mehrheitsgesellschafter (zirka 68%), der andere den Minderheitsgesellschafter (zirka 32%). In einer Grundsatzvereinbarung und einem darauf aufbauenden Syndikatsvertrag wurde diese ungleiche Kapitalverteilung zu einem gewissen Grad aufgelöst und ein Gleichgewicht der Joint-VenturePartner erreicht. Konkret wurden die Einflussmöglichkeiten der Gesellschafter durch die Bestellung der Aufsichtsratsmitglieder abgesichert, welchen jeweils ein Zustimmungsrecht bei Beschlüssen über zustimmungspflichtige Geschäfte und damit ein bedeutender Einfluss in der GmbH zukam. Dabei sollte der Mehrheitsgesellschafter zwei Aufsichtsratsmitglieder und der Minderheitsgesellschafter ein Aufsichtsratsmitglied entsenden. Das vierte Aufsichtsratsmitglied sollte im Einvernehmen der beiden Joint-VenturePartner durch die GV gewählt werden.
Inhalt des Gesellschaftsvertrages wurden schließlich die Entsendungsrechte zugunsten der jeweiligen Konzerngesellschaften zum damaligen Zeitpunkt sowie das Zustimmungsrecht der Aufsichtsratsmitglieder, nicht aber die einvernehmliche Wahl des vierten Aufsichtsratsmitglieds. Die Beteiligungsgesellschaft des Minderheitsgesellschafters änderte sich infolge konzerninterner Umstrukturierungsmaßnahmen im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Eine Anpassung des höchstpersönlichen Entsendungsrechts im Gesellschaftsvertrag unterblieb (die Anteile waren nicht vinkuliert), weshalb dieses spätestens im Jahr 2004 erlosch (OGH 18.2.2021, 6Ob 155/20t).
Die Zusammenarbeit der Joint-Venture-Partner funktionierte über 35 Jahre weitgehend gut und entsprach jahrzehntelang den Regelungen aus Grundsatzvereinbarung, Syndikats- und Gesellschaftsvertrag. Unterschiedliche Auffassungen über eine strategische Frage (Einführung eines Kundenbindungsprogramms) führten schließlich zum Streit der Joint-Venture-Partner und zum drohenden Veto durch das Aufsichtsratsmitglied des Minderheitsgesellschafters.
Auf seiner Suche nach einer Möglichkeit, die drohende Blockade durch das Aufsichtsratsmitglied zu umgehen, entdeckte der Mehrheitsgesellschafter 13 Jahre später das formale Erlöschen des gesellschaftsvertraglichen Entsendungsrechts und setzte sogleich gem §30c Abs4 GmbHG die Abberufung dieses Aufsichtsratsmitglieds in der GV durch. Als schließlich das einvernehmlich bestellte Aufsichtsratsmitglied verstarb, besetzte der Mehrheitsgesellschafter die zwei freien Aufsichtsratsmandate neu und stellte damit im Ergebnis alle vier Aufsichtsratsmitglieder.
Das Erlöschen des gesellschaftsvertraglichen Entsendungsrechts bestätigte der OGH in der E 6 Ob 155/20t zwar, hob jedoch die darauf aufbauende Abberufung des ehemals entsendeten Aufsichtsratsmitglieds aufgrund einer Verletzung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht wieder auf (Leonhartsberger, GesRZ2021, 171). Ebenfalls aus Treuepflichterwägungen aufgehoben wurden die Bestellungen der zwei neuen Mitglieder durch den Mehrheitsgesellschafter: Einerseits war die vorangegangene Abberufung des entsendeten Mitglieds bereits unwirksam, andererseits wurde kein Einvernehmen bei der Bestellung des anderen Mitglieds hergestellt (OGH 18.2.2021, 6 Ob 140/20m; dazu Natlacen, GesRZ2021, 180).
Die mitgliedschaftliche Treuepflicht wurde in diesen Fällen insb durch die Regelungen des Syndikatsvertrages über die Einflussmöglichkeiten (allen voran jene des Minderheitsgesellschafters) aufgeladen. Durch die jahrelange Übung schuf der Mehrheitsgesellschafter Vertrauenstatbestände, weshalb sein widersprüchliches Stimmverhalten 13 Jahre später treuwidrig war (Kraus, Keine Berufung auf die objektive Auslegung des Gesellschaftsvertrags!? JBl 2022, 341 [346f]).
Die nun vorliegende Entscheidung baut inhaltlich auf der E 6Ob 155/20t auf und verpflichtet den Mehrheitsgesellschafter, für eine Änderung des Gesellschaftsvertrages zur erneuten Einführung des gesellschaftsvertraglichen Entsendungsrechts zugunsten der derzeitigen Beteiligungsgesellschaft des Minderheitsgesellschafters zu stimmen (Reparaturpflicht). Schließlich gab der Mehrheitsgesellschafter durch sein Verhalten (langjährige Übung) zu erkennen (Vertrauenstatbestand), das – gesellschaftsvertraglich nicht mehr bestehende – Entsendungsrecht des Minderheitsgesellschafters weiterhin anzuerkennen.
Eine solche positive Stimmpflicht eines Gesellschafters aufgrund der mitgliedschaftlichen Treuepflicht ist nach Literatur und Rspr zu bejahen, sofern diese im Gesellschaftsinteresse liegt und den einzelnen Gesellschaftern zugemutet werden kann (Rauter/ Milchrahm in Straube/Ratka/Rauter, GmbHG, §49 Rz92; E. Gruber in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3 [2021] §146 Rz22; OGH 18.12.1987, 6 Ob 695/87; zur Zustimmungspflicht bei der Änderung der Stiftungsurkunde OGH 9.3.2006, 6 Ob 166/05p).
Der vorliegende Fall geht insofern darüber hinaus, als eine positive Stimmpflicht – so der OGH – auch dann bestehen kann, wenn diese im Interesse der Gesellschafter (und nicht nur der Gesellschaft selbst) liegt. Das Höchstgericht begründet dies insb mit der horizontalen Wirkung der mitgliedschaftlichen Treuepflicht unter den Gesellschaftern, welche neben der vertikalen Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft besteht (vgl Fleischer, Mitgliedschaftliche