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Zur Ersatzerwerbernominierung nach § 62 Abs 3 letzter Satz AktG

Treuepflichten: Bestandsaufnahme und Zukunftsperspektiven, in Kalss/U. Torggler, Treuepflichten [2018] 43 [44]).

Die Entscheidung bietet auch Anhaltspunkte für eine Klärung, wann die mitgliedschaftliche Treuepflicht zu einer Zustimmungspflicht zur Gesellschaftsvertragsänderung führt und wann dies nicht der Fall ist. Der Mehrheitsgesellschafter wurde vom OGH nur verpflichtet, für die Einführung eines neuen gesellschaftsvertraglichen Entsendungsrechts zu stimmen, nicht aber für die gesellschaftsvertragliche Festsetzung, dass das vierte Aufsichtsratsmitglied im Einvernehmen zu wählen ist.

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Zwar begründete der OGH sowohl die Treuwidrigkeit der Abberufung des Aufsichtsratsmitglieds entgegen dem gesellschaftsvertraglich nicht mehr bestehenden Entsendungsrecht (OGH 18.2.2021, 6 Ob 155/20t) als auch die Wahl des neuen Aufsichtsratsmitglieds ohne Herstellung eines Einvernehmens (OGH 18.2.2021, 6Ob 140/20m) sowie die Zustimmungspflicht zur Gesellschaftsvertragsänderung im vorliegenden Fall im Ergebnis mit denselben Argumenten (mit der jahrelangen Übung, mit der die Inhalte des Syndikatsvertrages gelebt wurden, und den Vertrauenstatbeständen, die auf dieser Basis geschaffen wurden). Letztlich war für die Entscheidung aber ausschlaggebend, dass das Entsendungsrecht – anders als eine Regelung zum Einvernehmen – bereits einmal Inhalt des Gesellschaftsvertrages war. Das Verhalten des Mehrheitsgesellschafters über die 13 Jahre war darauf gerichtet, ein gesellschaftsvertragliches Entsendungsrecht anzuerkennen. Die Pflicht zur Herstellung des Einvernehmens bei der Wahl des vierten Aufsichtsratsmitglieds war hingegen lediglich im Syndikatsvertrag geregelt. Einen entsprechenden Willen, diese Regelung in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, gab es gerade nicht. Die Frage, ob ein solcher Wille zur Aufnahme oder Änderung einer Regelung im Gesellschaftsvertrag gebildet wurde, ist damit stets im konkreten Einzelfall zu beurteilen.

Das bedeutet keineswegs, dass die syndikatsvertragliche Regelung über die Herstellung eines Einvernehmens auf Ebene der GmbH keine Rolle spielt. Dies zeigt zum einen die E 6 Ob 140/20m, nach der die Bestellung des vierten Aufsichtsratsmitglieds ohne die Herstellung eines Einvernehmens treuwidrig und damit anfechtbar war. Zum anderen wird dies auch durch die ebenfalls in der vorliegenden Entscheidung enthaltenen Feststellungen sichtbar, wonach bis zum Ende der Laufzeit des – inzwischen gekündigten – Syndikatsvertrages ein Einvernehmen bei der Wahl des vierten Aufsichtsratsmitglieds herzustellen ist.

Im Ergebnis bildet diese Entscheidung damit einen weiteren Baustein in der Entscheidungsreihe zum Verhältnis zwischen Syndikatsvertrag und Gesellschaftsvertrag. Über die Brücke der mitgliedschaftlichen Treuepflicht bejaht der OGH unterschiedliche Einflusswirkungen des Syndikatsvertrages auf den Gesellschaftsvertrag der GmbH oder AG. Dies gilt sowohl für die Auslegung des Gesellschaftsvertrages (Natlacen, Das Verhältnis zwischen Syndikat und Hauptgesellschaft [Dissertation, Wirtschaftsuniversität Wien 2022] 91) als auch – wie hier – für die mitgliedschaftliche Zustimmungspflicht zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrages. Der Syndikatsvertrag und die darauf aufbauende Übung sowie daraus resultierende Vertrauenstatbestände führten in der vorliegenden Entscheidung zur Begründung echter positiver Handlungspflichten der Syndikatsmitglieder.

Sophie Natlacen

Dr. Sophie Natlacen war Universitätsassistentin am Institut für Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien und ist zurzeit als Rechtspraktikantin am BGHS Wien tätig.

Zur Ersatzerwerbernominierung nach §62 Abs3 letzter Satz AktG §62 Abs2 und 3 sowie §95 Abs5 AktG §77 GmbHG §§6 und 863 ABGB 1. In aller Regel kann aus einem Schweigen des Gesetzgebers bzw der Materialien keine bestimmte Absicht des Gesetzgebers abgeleitet werden (§§6 und 863 ABGB). 2. Die Mitteilung nach §62 Abs3 letzter Satz AktG kann durch den Vorstand erfolgen. 3. Die Mitteilung nach §62 Abs3 letzter Satz AktG kann die dort normierte Wirkung nur entfalten, wenn tatsächlich ein dazu bereiter und fähiger Ersatzerwerber vorhanden ist, die Gesellschaft diesem gegenüber die „Gestattung“ des Aktienerwerbs erklärt und der Ersatzerwerber die gleichen Bedingungen innerhalb angemessener Frist erfüllt. 4. Die Möglichkeit, den Gesellschaftern die Kompetenz zur Entscheidung über die Person eines neu hinzutretenden Gesellschafters einzuräumen, hat bei GmbH und AG denselben Zweck, nämlich den Gesellschaftern die Entscheidungsgewalt über die Eigentümerstruktur der Gesellschaft zu geben und ihr möglicherweise vorhandenes, gesetzlich als schutzwürdig erachtetes Interesse, „unter sich“ zu bleiben, wahren zu können. 5. Ist für die Zustimmung zur Veräußerung von vinkulierten Aktien nach der Satzung die Hauptversammlung zuständig, so bedarf es auch für die Nominierung eines Ersatzerwerbers gem §62 Abs3 letzter Satz AktG der entsprechenden Zustimmung der Hauptversammlung. 6. Deren Fehlen bewirkt die Unwirksamkeit der Ersatzerwerbernominierung nach §63 Abs3 letzter Satz AktG. 7. Sowohl die Bestimmungen über Zustimmungsrechte des Aufsichtsrats (§95 Abs5 AktG) als auch die Verpflichtung der Befassung der Hauptversammlung bei der Ersatzerwerbernominierung (bei entsprechender Satzungsbestimmung) bezwecken primär den Schutz der Gesellschaft, sekundär auch den Schutz der Öffentlichkeit, der Arbeitnehmer und der Gläubiger, nicht aber der Schutz eines Aktionärsanwärters. OGH 6.4.2022, 6 Ob 108/21g (OLG Graz 3 R 131/20i; LG Klagenfurt 28 Cg 3/20g)

[1] Die Beklagte ist eine österreichische AG, deren Grundkapital 1.905.000€ beträgt und in 190.500 auf Namen lautende Stückaktien zerlegt ist. Alleinvorstand der beklagten Partei ist C. K., der die Gesellschaft seit 1.5.2019 selbständig vertritt.

Die Satzung der Beklagten enthält ua folgende Bestimmungen: „I.

... 2. Gegenstand des Unternehmens 2.1. Gegenstand des Unternehmens ist die weitere Aufschließung der Erholungsgebiete S. und P. in touristischer Hinsicht; insbesondere durch die Errichtung und den Betrieb von Seilbahnanlagen und anderen Aufstiegshilfen sowie Skipisten, von allgemein benützbaren Verkehrseinrichtungen, Garagen, Sportstätten und -anlagen und von Gastronomiebetrieben in jeder denkmöglichen Art und Betriebsform und überhaupt die Durchführung aller Maßnahmen, die der Verbesserung der touristischen Infrastruktur dieses Erholungsgebiets dienen.

... II.

... 4.4. Die Übertragung von Namensaktien bedarf der Zustimmung der Gesellschaft.

... V.

... 23.2. Zwischen dem Tag der Einberufung und dem Tag der Hauptversammlung müssen mindestens vier Wochen liegen.

... 23.6. Die Hauptversammlung ist beschlussfähig, wenn mehr als drei Viertel des Grundkapitals vertreten sind.

23.7. Im Falle der Beschlussunfähigkeit einer Hauptversammlung ist unverzüglich mit gleicher Tagesordnung eine Hauptversammlung einzuberufen, wobei zwischen dem Tag der Einberufung und dem Tag dieser Hauptversammlung mindestens sieben Tage liegen müssen. Diese Hauptversammlung ist dann ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen oder vertretenen Aktionäre beschlussfähig. ... 26.2. Die nachstehend angeführten Beschlüsse bedürfen einer Mehrheit von mehr als drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals ... e) die Zustimmung zur Übertragung von Aktien; ...“ [2] Die H. und die G. (beide in der Folge als „Veräußerer“ bezeichnet) beabsichtigten, ihre Anteile an der Beklagten (V. 29,52% und G. 3,81%, zusammen 33,33%) zu veräußern, und schlossen zu diesem Zweck einen Aktienkaufvertrag vom 5.2.2018 mit der Klägerin ab, sodass diese insgesamt 63.500 Aktien der Beklagten von den Veräußerern erwerben sollte. Der vereinbarte Kaufpreis für diese Aktien betrug 4,7Mio€, wobei 4.162.127,56€ auf die vertragsgegenständlichen 56.233 Aktien der V. (Sammelurkunde Nr2) und 537.872,44€ auf die vertragsgegenständlichen 7.267 Aktien der G. (Sammelurkunde Nr12) entfallen sollten. [3] Der Kaufpreis war binnen 10 Tagen nach Unterzeichnung des Vertrages (signing) auf ein Treuhandkonto beim Vertragsverfasser zu erlegen. In Pkt XI. wurden folgende Bedingungen aufgenommen: „1. Die Rechtswirksamkeit des vorliegenden Vertrages steht unter nachfolgenden aufschiebenden Bedingungen: lita: Die Vorlage der in Anlage ./XI., 1.a., angeführten Dokumente und Informationen durch die Käuferin und deren wirtschaftliche Eigentümer betreffend ‚AML-Background Check‘ und ‚Source of Funds Assessment‘ zur Bestätigung vonseiten der V., wonach diese Unterlagen unbedenklich sind; litb: Zustimmung der Hauptversammlung der Gesellschaft zum gegenständlichen Verkauf mit einer Mehrheit von drei Vierteln des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals oder im Falle der Nichtzustimmung der Hauptversammlung Vorliegen des rechtskräftigen Beschlusses des zuständigen Firmenbuchgerichts betreffend das Ersetzen der Zustimmung der Hauptversammlung gemäß §62 AktG und Nichtnamhaftmachung eines anderen Erwerbers gemäß §62 Abs3 AktG durch die Gesellschaft innerhalb eines Monats ab Rechtskraft der Entscheidung des Gerichts. Wird hingegen gemäß §62 Abs3 AktG von der Gesellschaft fristgerecht ein anderer Erwerber namhaft gemacht, tritt die aufschiebende Bedingung gemäß diesem Punkt auch dann ein, wenn 1.) der namhaft gemachte Erwerber nicht bereit ist, den Vertrag binnen angemessener Frist abzuschließen, 2.) der abgeschlossene Vertrag nicht rechtswirksam wird oder der abgeschlossene Vertrag vom namhaft gemachten Erwerber nicht binnen angemessener Frist erfüllt wird. litc: Hinterlegung der in zwei einzelnen Aktienurkunden verbrieften vertragsgegenständlichen Aktien mit jeweils einem Indossament, das auf die Käuferin ausgestellt ist, beim Treuhänder durch die Verkäufer.“ [4] In der außerordentlichen Hauptversammlung (im Folgenden: HV) der Beklagten vom 16.3.2018 wurde über den Antrag auf Zustimmung der Übertragung gemäß dem vorbezeichneten Kaufvertrag abgestimmt, wobei das nach der Satzung erforderliche Konsensquorum von 75% der Stimmen nicht erreicht wurde. Der Aktionär (und Alleinvorstand der Beklagten) C. K. (0,28% der abgegebenen Stimmen) enthielt sich der Stimme, die A. GmbH, Dipl.-Ing. C. H., Dipl.-Ing. E. H., H. L. und N. S. (insgesamt 26,90% der abgegebenen Stimmen) stimmten dagegen. [5] Am 20.3.2018 beantragten die Veräußerer die Gestattung der Übertragung der Aktien gem §62 Abs3 AktG beim LG Klagenfurt, das dem Antrag mit Beschluss vom 27.7.2018 Folge gab. Den dagegen erhobenen Rechtsmitteln gab das OLG Graz als Rekursgericht hingegen mit Beschluss vom 14.11.2018 nicht Folge; der OGH bestätigte die Entscheidung mit Beschluss vom 27.6.2019, 6 Ob 18/19v. Dieser Beschluss wurde den Parteien am 30.7.2019 zugestellt. [6] In der außerordentlichen HV vom 16.5.2019 sollte unter Tagesordnungspunkt 3. die Beschlussfassung über die Gestattung der Übertragung der streitgegenständlichen Aktien an die Nebenintervenientin als Ersatzerwerber gem §62 Abs3 letzter Satz AktG abgehandelt werden. Der Vorsitzende der HV ließ die Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt aber nach Diskussion über Stimmverbote für die Veräußerer nicht zu, weil er die Auffassung vertrat, „dass die Hauptversammlung hinsichtlich der Beschlussfassung des Ersatzwerbers über keine Zuständigkeit und Kompetenz verfügt“ und die Entscheidung hierüber allein der Gesellschaft, und zwar vertreten durch den Vorstand, zustehe. Ausdrücklich wurde über die Frage der Kompetenz für die Zustimmung zur Ersatzerwerbernominierung in dieser HV gesprochen, jedoch keine Einigkeit darüber erzielt. [7] Im Anschluss an diese außerordentliche HV entbrannte eine Auseinandersetzung zwischen den Vertretern der Klägerin einerseits und der Beklagten und den Vertretern der Nebenintervenientin andererseits über die Frage, welches Organ die Ersatzerwerbernominierung rechtsgültig vollziehen könne, wobei die Klägerin ihre Eintragung als Aktionärin im Aktienbuch forderte. Eine solche Eintragung wurde bis heute nicht vorgenommen. [8] Mit Schreiben vom 27.8.2019 benannte die Beklagte durch ihren Alleinvorstand gegenüber den Veräußerern die Nebenintervenientin als Ersatzerwerberin gem §62 Abs3 letzter Satz AktG für die von den Veräußerern gehaltenen 63.500 Aktien. [9] Mit Schreiben vom 28.8.2019 ersuchte der Vertreter der Nebenintervenientin den Klagevertreter um Übermittlung eines entsprechenden und auf die Nebenintervenientin adaptierten Aktienkaufvertrages samt Beilagen und einer Treuhandkontonummer, auf die der Kaufpreis zu entrichten sei, und erklärte, die Nebenintervenientin sei bereit, den vereinbarten Kaufpreis ab sofort zur Anweisung zu bringen, und damit erfüllungsbereit. Weiters wurde um Offenlegung aller Vertragsinhalte zwischen den Veräußerern und der Klägerin ersucht. [10] Der Aktienkaufvertrag zwischen den Veräußerern und der Klägerin wurde in Pkt XI.2. („Long-Stop-Date“) geschwärzt. [11] Am 28.8.2019 schlossen die durch den Vorstand vertretene Beklagte und die durch deren Alleingeschäftsführer Dipl.-Ing. C. H. vertretene Nebenintervenientin eine Vereinbarung betreffend die Benennung als Ersatzerwerber iSd §62 Abs3 letzter Satz AktG, in dem die Nebenintervenientin festhielt, dass sie verpflichtet sei, die vertragsgegenständlichen Aktien zu denselben Bedingungen zu erwerben wie im Aktienkaufvertrag vorgesehen, wobei in Pkt1.2. festgehalten wurde: „Die in Punkt 1.1. verwendete Formulierung ‚zu denselben Bedingungen wie im Aktienkaufvertrag vorgesehen‘ umfasst nicht nur den im Aktienkaufvertrag vereinbarten Kaufpreis und Aktienzahl, sondern auch alle anderen Bestimmungen des Aktienkaufvertrages, wobei dazu festgehalten wird, dass eine Offenlegung aller Vertragsbedingungen (das sind die Anlagen zum Aktienkaufvertrag sowie das ‚Long-Stop Date‘ gemäß PunktXI. Abs2 des Aktienkaufvertrages) bis dato verweigert wurde. Von der Formulierung: ‚zu denselben Bedingungen wie im Aktienkaufvertrag vorgesehen‘ sind jedoch solche Bestimmungen des Aktienkaufvertrages ausgenommen, die I.) bis dato unbekannt sind und auf Treue und Glauben erwartbar nicht erfüllt werden können oder II.) ausschließlich von der ... [Klägerin] (und somit weder von der ... [Nebenintervenientin] oder einem sonstigen Dritten) rechtlich und/oder faktisch erfüllt werden können.“ [12] Festgehalten wurde in dieser Vereinbarung auch, dass eine Weiterübertragung des in Rede stehenden Aktienpakets an erwerbswillige Aktionäre zu den Bedingungen des Aktienkaufvertrages der Klägerin ermöglicht werden solle. Die Kauffinanzierung war sichergestellt. [13] Dass der Vorstand der Beklagten bewusst entgegen dem Gleichbehandlungsgebot und im kollusiven Zusammenwirken mit der Nebenintervenientin zum Nachteil der anderen Aktionäre gehandelt hatte, nämlich mit dem Interesse, den durch die Nebenintervenientin repräsentierten Aktionärsgruppen einen Sondervorteil zu gewähren, steht nicht fest. [14] Die Klägerin begehrt, 1.) zwischen den Streitteilen festzustellen, dass die Aktien Nr2 (mit der 56.233 auf Namen lautende Stückaktien verbrieft werden) und Nr12 (mit der 7.267 auf Namen lautende Stückaktien verbrieft werden) am 19.11.2019 rechtswirksam an die Klägerin übertragen worden seien und

diese somit Aktionärin der Beklagten im Ausmaß von 63.500 auf Namen lautenden Stückaktien sei; 2.) die Beklagte schuldig zu erkennen, die Bezug habenden Eintragungen im Aktienbuch der Beklagten vorzunehmen; 3.) festzustellen, dass die Beklagte ihr darüber hinaus für alle zukünftigen Schäden hafte, die daraus resultierten, dass die Beklagte die Übertragung der Aktien Nr2 und Nr12 nicht anerkannt und/oder die Klägerin nicht als Aktionärin in das Aktienbuch eingetragen habe. [15] Die Ersatzerwerbernominierung zugunsten der Nebenintervenientin durch die Beklagte gem §62 Abs3 Satz 3 AktG sei infolge Nichteinhaltung der gesetzlichen Bestimmungen gescheitert. ... Der Ersatzerwerber könne die Aktien nur zu gleichen Bedingungen wie der gerichtlich genehmigte Erwerber kaufen. Die Nebenintervenientin habe die Erfüllung der Verkaufsbedingungen laut Aktienkaufvertrag zwischen den Veräußerern und der Klägerin verweigert. Die vom Ersatzerwerber einzuhaltenden Bedingungen des Aktienkaufvertrages benötigten daher die Zustimmung der HV der Beklagten. Durch eine Übertragung der Aktien an die Nebenintervenientin habe die Beklagte gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Aktionäre gem §47a AktG verstoßen, sodass auch die Benennung der Nebenintervenientin als Ersatzerwerberin unwirksam sei. ... Die Bestimmungen des §62 Abs3 AktG und des §77 GmbHG seien gleich zu interpretieren. Die Entscheidung über die Person des Ersatzerwerbers habe jenes Organ zu treffen, das gemäß der Satzung auch für die Erteilung der Zustimmung zur Übertragung der Aktien zuständig sei. Wenn die HV die Zustimmung zur Übertragung der Aktien zu erteilen habe, sei auch die HV für die Bestimmung des Ersatzerwerbers zuständig. Da die Satzung der Beklagten die Zustimmungskompetenz der HV zuweise, sei diese auch für die Auswahl des Ersatzerwerbers zuständig. Eine solche HV habe nicht stattgefunden. Es liege weiters eine außerordentliche Maßnahme der Geschäftsführung vor, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehe und daher der Entscheidung des Aufsichtsrats vorbehalten sei. Unabhängig von der höchstgerichtlich noch nicht geklärten Frage, welches Organ für die Auswahl des Ersatzerwerbers und die Zustimmungserteilung für die Übertragung an diesen zuständig sei, liege ein mehrfacher Verstoß gegen die Satzung und die Geschäftsordnungen des Aufsichtsrats und des Vorstands durch die Nichtbefassung des Aufsichtsrats vor. Die Beklagte habe diese Vorschriften rechtswidrig und schuldhaft missachtet und hafte der Klägerin für den daraus künftig entstehenden Schaden, wie etwa entgangene Dividendenansprüche. Deshalb habe die Klägerin ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Haftung der Beklagten. [16] Die beklagte AG wendete ein, die Kompetenz zur Entscheidung, ob und wer als Ersatzerwerber benannt werden solle, komme ausschließlich und zwingend dem Vorstand der AG zu. Durch die form- und fristgerechte Benennung der Ersatzerwerberin für die gegenständlichen Aktien sei ex lege eine Veräußerung an den ursprünglich geplanten Erwerber unwirksam geworden, sodass der veräußerungswillige Aktionär die Aktien entweder an den Ersatzerwerber veräußern oder vom Verkauf gänzlich Abstand nehmen könne. §62 Abs2 AktG enthalte eine Öffnungsklausel, die aber in §62 Abs3 AktG nicht enthalten sei. Eine Kompetenzverschiebung zwischen den Organen der AG (Vorstand, Aufsichtsrat und HV) setze eine gesetzliche Grundlage voraus. ... Eine wirksame Übertragung der Aktien an die Klägerin im Rahmen des closing sei nicht erfolgt, sodass die Beklagte zu Recht die Eintragung der Klägerin im Aktienbuch verweigere. Die Klägerin habe demnach die verfahrensgegenständlichen Aktien nicht wirksam erwerben können und sei auch nicht Aktionärin der Beklagten. Da die Beklagte auf Grundlage einer vertretbaren Rechtsansicht gehandelt habe, treffe sie kein Verschulden, sodass das Feststellungsbegehren betreffend die Haftung der Beklagten nicht berechtigt sei. ...  [18] Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. ...  [19] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die Zuständigkeit der HV für die Benennung des Ersatzerwerbers würde zu einer

Beeinträchtigung der Rechtssicherheit führen, zumal ein Beschluss der HV über die Benennung eines Ersatzerwerbers angefochten werden könnte. Ein stattgebendes rechtskräftiges Anfechtungsurteil würde den angefochtenen HV-Beschluss ex tunc beseitigen.

Bis zur Rechtskraft eines Anfechtungsprozesses bestünde somit

Unsicherheit über die Person des Erwerbers. Auch die einzuhaltenden Fristen für die Einberufung einer HV nach §107 Abs1 AktG (28 bzw 21 Tage) sprächen gegen eine notwendige Befassung der

HV. Der Vorstand könnte in diesem Fall bis zur HV keine ernsthaften Verhandlungen mit Interessenten führen und hätte nur noch wenige Tage Zeit, um mit den von den Aktionären bestimmten

Interessenten zu verhandeln und bis zum Ablauf der Frist dem veräußerungswilligen Aktionär mit eingeschriebenem Brief den Ersatzerwerber bekannt zu machen. ... Die Benennung eines Ersatzerwerbers gem §62 Abs3 AktG stelle keine außergewöhnliche

Maßnahme der Geschäftsführung dar. Eine Zustimmung des Aufsichtsrats gem Pkt18.2. der Satzung, Pkt8.2. der Geschäftsordnung des Aufsichtsrats und Pkt9.1. der Geschäftsordnung des Vorstands sei daher nicht erforderlich. ... Zusammenfassend sei daher in der

Benennung der Nebenintervenientin als Ersatzerwerberin durch den Vorstand der Beklagten kein Verstoß gegen §62 Abs3 AktG zu erblicken und eine Aktivlegitimation zur Geltendmachung eines

Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz gem §47a AktG durch die Klägerin zu verneinen. [20] Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil höchstgerichtliche Rspr zur Frage fehle, welchem Organ einer AG das Recht zukomme, gem §62 Abs3 AktG einen Ersatzerwerber zu benennen.  Der OGH änderte die Urteile der Vorinstanzen dahin gehend ab, dass er den ersten beiden Begehren (Feststellung der Aktionärseigenschaft der Klägerin und Verpflichtung der Beklagten zur Eintragung der Klägerin in das Aktienbuch der Beklagten) stattgab und das dritte Begehren (Feststellung der Haftung der Beklagten für Schäden der Klägerin) abwies.

Aus den Entscheidungsgründen des OGH: 1. Ergänzende Tatsachenfeststellungen [22] Aufgrund der im Akt befindlichen, in ihrer Echtheit unbestrittenen Urkunden (RIS-Justiz RS0121557 [T3]) sowie von Außerstreitstellungen werden folgende weitere Umstände festgehalten:

Die Satzung der Beklagten enthält ua noch folgende Bestimmungen: „IV. Aufsichtsrat ... 18. Aufgaben des Aufsichtsrats/Kompetenzvorbehalt ... 18.2. Der Entscheidung des Aufsichtsrats bleiben vorbehalten: ... d) der Abschluss von Verträgen mit Mitgliedern des Aufsichtsrats, durch die sich diese außerhalb ihrer Tätigkeit im Aufsichtsrat gegenüber der Gesellschaft oder einem Tochterunternehmen (§228 Abs3 HGB) zu einer Leistung gegen ein nicht bloß geringfügiges Entgelt verpflichten. Dies gilt auch für Verträge mit Unternehmen, an denen ein Aufsichtsratsmitglied ein erhebliches wirtschaftliches Interesse hat. e) alle Geschäftsführungsmaßnahmen, die nicht im Budget Deckung finden oder über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, ... j) alle Vertragsabschlüsse mit ... Aktionären sowie mit allen Gesellschaften, an oder in denen diese Personen zu mehr als 50% beteiligt sind oder sonst einen beherrschenden Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben, ...“

[23] Der Aufsichtsrat der Beklagten besteht aus sechs Personen. Dipl.-Ing. C. H. ist seit 2003 Mitglied des Aufsichtsrats der Beklagten. [24] Die Nebenintervenientin ist eine GmbH mit einem Stammkapital von 35.000€. Einziger, seit 13.4.2019 selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer ist Dipl.-Ing. C. H. Ihre Gesellschafter sind die Sp. GmbH mit einer Stammeinlage von 17.500€, die A. GmbH mit einer Stammeinlage von 12.110€ sowie die C. GmbH mit einer Stammeinlage von 5.390€, deren Alleingesellschafter Dipl.-Ing. C. H. ist. Weder die Sp. GmbH noch deren Alleingesellschafter, eine natürliche Person, sind Aktionäre der Beklagten. Die A. GmbH ist mit einem Anteil von 17,55%, Dipl.-Ing. C. H. ist mit einem Anteil von 7,84% an der Beklagten beteiligt.

Der Gesellschaftsvertrag der Nebenintervenientin enthält in §10 (Generalversammlung) folgende Bestimmung: „e) Für alle Beschlussfassungen gilt: Werden gleich viele Pround Kontra-Stimmen abgegeben, gilt jene Entscheidung als getroffen, der sich die Mehrheit der Gesellschafter angeschlossen hat.“ [25] Die HV der Beklagten hat keinen Beschluss über die Gestattung der Übertragung der Aktien der Veräußerer an die Nebenintervenientin gefasst. [26] Der zwischen den Veräußerern und der Klägerin abgeschlossene Aktienkaufvertrag wurde mit closing vom 19.11.2019 vollzogen und die Aktien wurden mit Indossament übergeben. Die Beklagte wurde über die Übertragung der Aktien durch Übermittlung der Aktien samt Indossament informiert.

2. Normen §62 AktG lautet: „(1) ... (2) Die Satzung kann die Übertragung von Namensaktien an die Zustimmung der Gesellschaft binden. Die Zustimmung gibt der Vorstand, wenn die Satzung nichts anderes bestimmt. Die Zustimmung darf nur aus wichtigem Grund verweigert werden. (3) Ist nach der Satzung die Zustimmung der Gesellschaft zur Übertragung der Aktien notwendig, so ist, falls die Zustimmung versagt wird, dem Aktionär bei Nachweis der Einzahlung des auf die Einlage eingeforderten Betrags vom Gericht die Übertragung der Aktie zu gestatten, wenn kein wichtiger Grund für die Verweigerung der Zustimmung vorliegt und die Übertragung ohne Schädigung der Gesellschaft, der übrigen Aktionäre und der Gläubiger erfolgen kann. Das Gericht hat vor der Entscheidung den Vorstand zu hören. Ungeachtet der erteilten Zustimmung des Gerichts zur Übertragung kann diese dennoch nicht wirksam stattfinden, wenn die Gesellschaft innerhalb eines Monats nach Rechtskraft der Entscheidung dem Aktionär durch eingeschriebenen Brief mitteilt, daß sie die Übertragung der Aktie zu den gleichen Bedingungen an einen anderen von ihr bezeichneten Erwerber gestatte.“ 3. Normengeschichte [27] §62 Abs2 Satz 1 und 2 AktG entspricht inhaltlich §61 Abs3 Satz 1 und 2 dAktG 1937, Satz 2 ist überdies wortgleich. [28] §62 Abs3 AktG hat hingegen keine Entsprechung im deutschen AktG 1937, das Vorbild für das österreichische AktG 1965 war (ErlRV 301 BlgNR 10. GP, 62), ebenso wenig im nunmehr geltenden deutschen AktG (vgl 6 Ob 18/19v, Pkt4.2.1.). Auch das deutsche GmbHG hat keine entsprechende Bestimmung. Deutsche Rspr oder Literatur kann daher zur Auslegung dieser Bestimmung nicht herangezogen werden. [29] §62 Abs3 AktG wurde bei der Erlassung des AktG 1965 weithin wort- und sinngleich (vgl 6 Ob 18/19v, Pkt4.1.2.) von §77 letzter Satz GmbHG übernommen. Die Materialien zum AktG erschöpfen sich in folgendem Hinweis (ErlRV 301 BlgNR 10. GP, 68): „Die die Übertragung einer Namensaktie regelnden Vorschriften wären durch sinngemäße Übernahme der für gebundene (vinkulierte) Geschäftsanteile an der Gesellschaft mbH geltenden zweckentsprechenden Regelungen (§76 Abs4, §77 GesmbHG) zu ergänzen.“ [30] §77 letzter Satz GmbHG wurde durch die Herrenhaus-Kommission in das GmbHG in der Stammfassung eingefügt. Der HHB (272 BlgHH 17. Sess, 14) gibt lediglich folgenden Aufschluss: „Selbst wenn das Gericht die Zustimmung schon erteilt hat, so soll der Gesellschaft noch immer das Recht zustehen, sich einen ihr nicht genehmen Gesellschafter fernzuhalten; sie braucht nur einen andern Erwerber zu den gleichen Bedingungen zu stellen, muss dies aber dem betreffenden Gesellschafter binnen Monatsfrist nach Rechtskraft der Entscheidung durch rekommandierten Brief mitteilen.“ 4. Meinungsstand 4.1. Kommentarliteratur [31] Nach hA in der Kommentarliteratur zum GmbHG kommt die Entscheidung über den Ersatzerwerber den Personen zu, die hinsichtlich der Übertragung zustimmungsbefugt seien, weil andernfalls der Zweck des Entscheidungsvorbehalts verfehlt werde. Dabei werde auch die für die Gestattung der Veräußerung erforderliche Beschlussmehrheit einzuhalten sein (Rauter in Straube/Ratka/Rauter, GmbHG [2020] §77 Rz34f; Schopper in Gruber/Harrer, GmbHG2 , §77 Rz8; Hoffenscher-Summer in H. Foglar-Deinhardstein/ Aburumieh/Hoffenscher-Summer, GmbHG, §77 Rz27). [32] Obliege die Entscheidung der Gesellschaft, sind nach Schopper (aaO) die Geschäftsführer entscheidungsbefugtes Organ. Dabei hätten sie den Gesellschaftern die Möglichkeit zum Erwerb der frei werdenden Anteile zu ermöglichen (§52 Abs3 GmbHG analog). Machten die Gesellschafter von ihrem Recht keinen Gebrauch, erfolge die Willensbildung der Gesellschaft mittels eines Gesellschafterbeschlusses, wobei dem veräußerungswilligen Gesellschafter kein Stimmrecht zukomme (so auch Rauter, aaO, Rz36; Hoffenscher-Summer, aaO). In Ermangelung einer gesonderten Regel im Gesellschaftsvertrag sei jene Beschlussmehrheit heranzuziehen, die für die Gestattung der Veräußerung gelte. [33] Haberer/Zehetner (in Artmann/Karollus, AktG6, §62 Rz63) meinen, die Gesellschaft müsse entsprechend dem Gleichbehandlungsgebot den anderen Aktionären die Möglichkeit geben, die Aktien anteilsmäßig zu erwerben, sofern es keine sachlichen Gründe für eine abweichende Vorgangsweise gebe.

[34] Nach Eckert/Schopper/Reheis (in Eckert/Schopper, AktG-ON, §62 Rz29f, unter Berufung auf Schopper, NZ2019, 365 [siehe unten Pkt4.2.8.]) liegt die Entscheidungskompetenz zur Nominierung des Ersatzerwerbers zwingend beim Vorstand; ohne Vereinbarung in der Satzung bestehe kein generelles Bezugsrecht der Altaktionäre gem §153 AktG (analog), weil mit Übertragung der Aktien an den Ersatzerwerber kein Verwässerungseffekt verbunden sei. 4.2. Monografien und Aufsätze [35] 4.2.1. Reich-Rohrwig (Übertragung vinkulierter Anteile, ecolex 1994, 757 [759]) vertritt die Auffassung, bei der Ersatzerwerbernominierung müsse den bisherigen Gesellschaftern (Aktionären) die Möglichkeit gegeben werden, die „frei werdenden Anteile“ zu erwerben. Im Zweifel stehe dieses Recht den bisherigen Anteilsinhabern im Verhältnis der Nennbeträge ihrer Beteiligung zu (§52 Abs3 GmbHG; §153 Abs1 AktG). Die Gesellschafter bzw Aktionäre wollten sich durch die satzungsmäßige Vinkulierung zusätzlich gegen das Eindringen dritter Personen schützen und unter sich bleiben. Es wäre nicht einsichtig, warum Geschäftsführer oder Vorstand in dieser innersozietären Frage Einfluss nehmen können sollten, wo diese Frage doch primär die Gesellschafter bzw Aktionäre betreffe. In allfälligen Gesellschafterbeschlussfassungen über das Verfahren beim Firmenbuchgericht und über die Ausübung dieses Bezugsrechts der verbleibenden Gesellschafter sei der veräußerungswillige Gesellschafter nicht stimmberechtigt, weil er einerseits Verfahrensgegner sei, andererseits aber auch kein schutzwürdiges Interesse daran habe, wie sich der Kreis der Gesellschafter nach seinem Ausscheiden zusammensetze.

4.2.2. Fantur/Zehetner (Vinkulierte Geschäftsanteile, ecolex 2000, 428 [432]) vertreten (zur GmbH) die Auffassung, das Nominierungsrecht komme den die Zustimmung verweigernden Gesellschaftern zu. Folge man der Ansicht ReichRohrwigs, so werde die Gesellschaft im Verfahren über die Ersetzung der Zustimmung durch das zustimmungsberechtigte Organ vertreten, dem in der Folge somit auch das Nominierungsrecht zukomme. Dies begründen die genannten Autoren auch mit der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung, wonach das Gericht vor seiner Entscheidung über die Gestattung „die Geschäftsführer“ (§77 Satz 2 GmbHG; vgl dem entsprechend §62 Abs3 Satz 2 AktG: „den Vorstand“) zu hören hat, welche Regelung überflüssig wäre, wenn die Gesellschaft im Verfahren ohnehin stets durch die Geschäftsführer vertreten würde.

[36] 4.2.3. Nach Auer (Doppelvinkulierung bei GmbH & Co KG, WBl 2002, 253 [255]) hat der Zustimmungsberechtigte das Nominierungsrecht. [37] 4.2.4.Gurmann/Sakowitsch (Vinkulierung von Geschäftsanteilen und Rechtsfolgen der Umgehung, GES2008, 136 [137f]) gehen davon aus, dass primär die bisherigen Gesellschafter die Möglichkeit zum Erwerb der nun „frei werdenden Anteile“ erhalten, wobei eine Generalversammlung einzuberufen und die Erklärungen der Gesellschafter einzuholen seien, ob die Gesellschafter ihr Bezugsrecht ausüben und als Nomine genannt werden wollen; werde das Bezugsrecht nicht ausgeübt, sei mit Gesellschafterbeschluss über die Nominierung eines Dritten als Erwerber zu entscheiden, wobei dem abtretungswilligen Gesellschafter kein Stimmrecht zukomme. [38] 4.2.5. Weismann (Übertragungsbeschränkungen bei GmbH-Geschäftsanteilen [2008] 117f) führt aus, das Nominierungsrecht sei bei individuellen Zustimmungsrechten einzelner Gesellschafter den zustimmungsberechtigten Gesellschaftern und nicht der Gesellschaft als solcher einzuräumen. Das ergebe sich auch aus dem Zweck und der Wirkungsweise der Vinkulierungsbestimmungen und insb des Nominierungsrechts. Werde einzelnen Gesellschaftern durch eine Vinkulierungsklausel ein individuelles Zustimmungsrecht zur Anteilsübertragung eingeräumt, dann solle diesen Gesellschaftern die Entscheidung über die Zustimmungserteilung oder -verweigerung bei Übertragung eines Geschäftsanteils und damit die Kontrolle über den Gesellschafterkreis zukommen. Die gerichtliche Ersetzung einer grundlos verweigerten Zustimmung gem §77 GmbHG habe den Zweck, den übertragungswilligen Gesellschafter nicht unlösbar an die Gesellschaft zu ketten. Nach gerichtlicher Ersetzung der Zustimmung bleibe dem Nominierungsberechtigten aber noch das Recht, einen Ersatzerwerber zu benennen. Der Sinn dieses Nominierungsrechts liege wiederum darin, einen gänzlich unerwünschten Erwerber doch noch aus der GmbH fernzuhalten. Die Entscheidung, ob auf eine Nominierung verzichtet werde, sei damit letztlich eine Entscheidung darüber, wer neuer Mitgesellschafter werde. Diese Entscheidung und damit das Nominierungsrecht könne konsequenterweise aber nur demjenigen zukommen, dem über das vinkulierungsmäßige Zustimmungsrecht gesellschaftsvertraglich die Kontrolle über den Gesellschafterkreis zugestanden worden sei. [39] 4.2.6. Grassner (Immobilisierungsmaßnahmen bei GmbH-Geschäftsanteilen [2010] 230f) vertritt die Meinung, aus dem Zweck der Vinkulierungsklausel leite sich ab, dass den einzelnen zustimmungsberechtigten Gesellschaftern auch das Nominierungsrecht zuzugestehen sei. Sei in der Vinkulierungsklausel einzelnen Gesellschaftern die Entscheidung über die Genehmigung zur Anteilsübertragung eingeräumt gewesen, sei damit auch intendiert gewesen, dass diesen die Kontrolle über den Gesellschafterbestand zukommen solle. IdS müssten es auch diese Gesellschafter sein, die nach der Ersetzung der Zustimmung durch das Gericht einen Ersatzerwerber bestimmten. Die Ansicht Reich-Rohrwigs vom Ausschluss des veräußerungswilligen Gesellschafters vom Stimmrecht stehe mit der hL im Widerspruch, die diesem sein Stimmrecht auch bei der Beschlussfassung über die Erteilung der Zustimmung zur Anteilsübertragung nicht aberkenne. Bei der Suche nach einem Ersatzerwerber sei zuerst in den eigenen Reihen zu suchen. So solle vorrangig vor allem den übrigen Gesellschaftern Gelegenheit gegeben werden, den Geschäftsanteil (im Zweifel iSd §52 Abs3 GmbHG aliquot) zu übernehmen.

[40] 4.2.7. Die Klagevertreter (und Antragstellervertreter im Verfahren 6 Ob 18/19v) Hochfellner/F.-X. Moser (Gerichtliche Gestattung der Übertragung von vinkulierten Aktien und Ausübung des Nominierungsrechts, GesRZ2019, 316 [319f]) meinen, es bestehe kein Grund, die Übertragung der Aktien an einen von der Gesellschaft ausgewählten Ersatzerwerber nicht auch dem Zustimmungsregime der jeweils vereinbarten

Vinkulierungsklausel zu unterziehen. Eine außerordentliche HV könne nach §107 Abs1 AktG innerhalb der Monatsfrist des §62 Abs3 letzter Satz AktG fristgerecht angekündigt und durchgeführt werden. Sofern die Satzung eine die Monatsfrist überschreitende Einberufungsfrist vorsehen sollte und die Gesellschaft die Möglichkeit, einen Ersatzerwerber namhaft zu machen, nutzen möchte, werde der Vorstand bereits vor Vorliegen der rechtskräftigen Entscheidung eine HV einzuberufen haben. Aufgrund des eingeleiteten Verfahrens werde die Gesellschaft ohnehin bereits vor der rechtskräftigen Gerichtsentscheidung den Erwerb der Aktien mit möglichen Ersatzerwerbern sondieren. Die HV würde diesfalls vorsorglich über die mögliche Übertragung der Aktien an einen Ersatzerwerber entscheiden. Bei HV-Beschlüssen über die Zustimmung zur Übertragung der Aktien an einen Ersatzerwerber sei der veräußerungswillige Aktionär stimmberechtigt. Wenn der gerichtlich genehmigte Erwerber oder der Ersatzerwerber bereits Aktionär sei, könnten auch diese ihr Stimmrecht ausüben. Ein Fall des in §125 AktG normierten Stimmverbots liege nicht vor. Das Aktienrecht kenne auch kein generelles Stimmverbot bei Interessenkollisionen. [41] 4.2.8. Schopper (Gerichtliche Gestattung der Übertragung von vinkulierten Aktien und Benennung eines Ersatzerwerbers durch die AG – zugleich eine Besprechung von OGH 6 Ob 18/19v, NZ2019, 365), der nach der von der Beklagten nicht bestrittenen und von der Nebenintervenientin implizit zugestandenen Behauptung der Klägerin für die Beklagte im vorliegenden Verfahren ein Rechtsgutachten erstattet hat (was in der Publikation allerdings nicht offengelegt wird), vertritt folgende Auffassung (aaO, 370 bis 373): Obwohl §77 GmbHG Vorbild für §62 Abs3 AktG gewesen sei, habe der Gesetzgeber die GmbH-Regelung nur „sinngemäß“ in das Aktienrecht übernehmen wollen. Damit brächten die Gesetzesmaterialien deutlich zum Ausdruck, dass die GmbH-rechtliche Regelung und die dazu entwickelte Lehre nicht mechanisch und unbesehen in das Aktienrecht übertragen werden dürften, sondern stets die Besonderheiten der AG zu berücksichtigen seien. Die in §76 Abs2 GmbHG nicht, in §62 Abs2 AktG aber schon enthaltene „Öffnungsklausel“ („wenn die Satzung nichts anderes bestimmt“) müsse auch bei der systematischen Interpretation von §62 Abs3 AktG berücksichtigt werden. Dass der Gesetzgeber in §62 Abs3 AktG keine Öffnungsklausel vorgesehen habe, spreche dafür, dass er bewusst bei der Benennung eines Ersatzerwerbers keinen Gestaltungsspielraum für die Satzung einräumen habe wollen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sich das Kompetenzgefüge einer AG – auch einer personalistischen, nicht börsenotierten – wesentlich von dem einer GmbH unterscheide. Als gesetzlicher Regelfall entscheide der Vorstand der AG in allen Belangen der Gesellschaft alleine und weisungsfrei. Nur in Ausnahmefällen bedürfe es auch einer Entscheidung anderer Organe. Im Rahmen des grundsätzlich zwingenden Kompetenzgefüges bei der AG komme dem Vorstand insoweit eine zwingende Restkompetenz zu, als alle Zuständigkeiten, die das AktG keinem anderen Organ einräume, durch den Vorstand zu erledigen seien. §62 Abs2 AktG wiederhole dieses bei der AG vorgegebene Kompetenzgefüge, eröffne aber auch die Möglichkeit zur Schaffung von statutarischen Abweichungen und schaffe damit die Ausnahme von der aktienrechtlichen Kompetenzordnung. §62 Abs3 AktG spreche dagegen nur von der „Gesellschaft“, ohne ein bestimmtes Organ zu nennen. Daher komme hier der aktienrechtliche Regelfall zur Anwendung, dh, der Vorstand entscheide alleine und weisungsfrei, ob und wer als Ersatzerwerber benannt werde. Für eine zwingende Zuständigkeit des Vorstands bei der Benennung des Ersatzerwerbers ließen sich außerdem auch objektiv-teleologische Argumente ins Treffen führen. Die Zuständigkeit der HV führte angesichts der Anfechtbarkeit eines HV-Beschlusses zu einer massiven Beeinträchtigung der Rechtssicherheit. Sei die Anfechtung am Ende erfolgreich und führe sie zu einer Vernichtung des HV-Beschlusses mit Wirkung ex tunc, dann dürfte ein zwischenzeitlich bereits erfolgter Verkauf an den im HV-Beschluss benannten Ersatzerwerber gegen die Vinkulierung verstoßen. In einem solchen Fall dürfte wohl nur an jenen Erwerber verkauft werden, den das Gericht nach §62 Abs3 Satz 1 AktG genehmigt habe, sofern dieser dann überhaupt noch ein Interesse am Erwerb habe. Überdies wäre die Monatsfrist für die HV angesichts der Fristen des §107 Abs1 AktG viel zu kurz bemessen. Einer Zustimmung anderer Organe bedürfe es nicht. Es liege auch keine Geschäftsführungsmaßnahme vor, weshalb auch kein Zustimmungsrecht des Aufsichtsrats nach §95 Abs5 AktG bestehe. Bei der Auswahl des Ersatzerwerbers habe der Vorstand grundsätzlich freies Ermessen, müsse aber dann, wenn der Ersatzerwerber aus dem Kreis der Altaktionäre stamme, das Gleichbehandlungsgebot nach §47a AktG beachten. [42] 4.2.9.Haberer wägt in seiner Anmerkung zu 6 Ob 18/19v (GesRZ2019, 347 [352f]) ab, ob das Nominierungsrecht dem Vorstand oder der HV zusteht, wobei diesfalls für den veräußerungswilligen Aktionär kein Stimmverbot bestehe, und kommt zum Ergebnis, ein Alleinentscheidungsrecht des Vorstands könnte im Ergebnis die vorige Entscheidung der HV über die Verweigerung der Zustimmung unterlaufen; auch wenn die Gesetzeslage diesbezüglich nicht eindeutig sei, tue der Vorstand auch zu seiner eigenen Absicherung gut daran, einen solchen Ersatzerwerb nur dann vorzunehmen, wenn diesem auch das zur Entscheidung über die Vinkulierung zuständige Organ zustimme. 4.2.10. Reich-Rohrwig/Zimmermann (Zur Benennung eines Ersatzerwerbers für vinkulierte Aktien, ecolex 2021, 438) meinen, es wäre offenkundig wertungswidrig, wenn bspw die Gesellschafterversammlung oder die HV die Übertragung des Geschäftsanteils an einen Außenstehenden verhindern wolle, dann vor Gericht damit scheitere und in der Folge Geschäftsführer oder Vorstand im freien Ermessen einen beliebigen Ersatzerwerber – bspw einen Konkurrenten oder eine andere den Gesellschaftern noch weit missliebigere Person –als Erwerber benennen könnte. Auch die Haftung der Geschäftsführer oder des Vorstands für die Nominierung eines schädlichen Ersatzerwerbers erscheine insoweit kein hinreichendes Korrektiv, als ein Schaden bspw durch den Eintritt eines Konkurrenten oder die Störung des vertrauensvollen Gesellschaftsverhältnisses durch Eintritt eines charakterlich oder aufgrund seiner Reputation ungeeigneten Mitgesellschafters kaum bewertbar sei. Übertrüge man allein der Generalversammlung oder HV per Mehrheitsbeschluss das Recht, einen Ersatzerwerber zu benennen, drohe ein ebenso unbil-

liges Ergebnis. Diesfalls hätte nämlich bspw der Mehrheitsaktionär nicht nur de facto ein alleiniges Vorkaufsrecht – da er jederzeit grundlos die Übertragung verhindern könnte, um dann sich selbst als Ersatzerwerber zu nominieren –, sondern könnte auch beliebige Eigeninteressen durch die Nominierung eines der Gesellschaft und den übrigen Minderheitsaktionären schädlichen Ersatzerwerbers fördern. Das in §62 AktG zum Ausdruck kommende Gesellschaftsinteresse, welches der gerichtlichen Überprüfung unterliege, würde diesfalls überhaupt nicht berücksichtigt werden. Im Ergebnis würde der gerichtlich als für das Gesellschaftsinteresse unschädlich befundene Erwerber durch einen solchen ersetzt werden können, auf den die Schädlichkeit oder Interessenwidrigkeit in hohem Maße zutreffe. Sachgerecht sei daher ein aliquotes Bezugsrecht der bestehenden Aktionäre. Würden nicht alle Aktien aufgegriffen, könne eine Nominierung eines Gesellschaftsfremden durch den Vorstand erwogen werden. Ein Zustimmungsvorbehalt könne durch die Satzung auch (ausdrücklich oder schlüssig etwa durch Wendungen wie „wesentliche Geschäfte“ oder „Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen“) dem Aufsichtsrat eingeräumt werden. 5. Stellungnahme 5.1. Zur Organkompetenz für die Ersatzerwerbernominierung [43] 5.1.1. Wie die Normengeschichte zeigt, kann den Materialien zum GmbHG 1906 nur die Absicht entnommen werden, dass nicht das (die verweigerte Zustimmung der Gesellschaft ersetzende) Gericht, sondern die Gesellschaft das „letzte Wort“ bei der Benennung der Person des Erwerbers von vinkulierten Geschäftsanteilen haben sollte. Absichten des Gesetzgebers dazu, wie diesbezüglich die Willensbildung in der Gesellschaft erfolgen sollte oder – mit anderen Worten – welches Organ in der GmbH für die Entscheidung über die Person des Erwerbers zuständig sein sollte, lassen sich den Materialien nicht entnehmen. Es muss aus diesem Schweigen der Materialien im Zweifel vermutet werden, dass die maßgeblichen Personen im Gesetzwerdungsprozess sich darüber keine Gedanken gemacht haben. §6 ABGB stellt auf die „klare Absicht des Gesetzgebers“ ab. Sind die Absichten des Gesetzgebers aus dem Gesetzeswortlaut oder den Materialien nicht eindeutig, so kann man für deren Erforschung daher auf den Maßstab des §863 ABGB an schlüssige Willenserklärungen („keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln“) sowie den allgemeinen Grundsatz, dass Schweigen grundsätzlich keinen Erklärungswert hat, zurückgreifen. Somit kann in aller Regel aus einem Schweigen des Gesetzgebers bzw der Materialien eben keine bestimmte Absicht des Gesetzgebers abgeleitet werden. Dasselbe gilt angesichts der diesbezüglich nichtssagenden Materialien für den Gesetzgeber des AktG 1965. 5.1.2. Zu §62 Abs3 letzter Satz AktG ist zunächst festzuhalten, dass die Bestimmung nur von der „Gesellschaft“ spricht, ohne das handlungsbefugte bzw handlungspflichtige Organ zu bezeichnen. Dieser Satz normiert bei genauer Betrachtung kein Rechtsgeschäft der Gesellschaft. Es ist nämlich nur von der „Mitteilung“ einer „Gestattung“ an den veräußerungswilligen Aktionär die Rede. Diese Mitteilung ist aber keine Willens-, sondern eine (freilich Rechtsfolgen auslösende) Wissenserklärung, auf die etwa §71 Abs2 AktG, der Willenserklärungen behandelt, unmittelbar gar nicht anwendbar ist. §62 Abs3 letzter Satz AktG regelt somit die Ersatzerwerbernominierung durch die Gesellschaft gar nicht, sondern setzt diese voraus. Dabei legt sich die Bestimmung nicht fest, ob diese Nominierung vor oder nach der Mitteilung erfolgen kann, soll oder muss und wie die Willensbildung in der Gesellschaft erfolgt. Die Frage, wem in der Gesellschaft die Willensbildung über die Person des Ersatzerwerbers zukommt, ist somit überhaupt ungeregelt. [44] 5.1.3. Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Mitteilung nach §62 Abs3 letzter Satz AktG durch den Vorstand erfolgt, kommen doch die HV und der Aufsichtsrat als nicht ständig tagende Organe dafür realistischerweise nicht infrage. Damit ist aber über die Willensbildung in der Gesellschaft noch nichts gesagt. [45] 5.1.4. Weiters ist mit der insoweit einhelligen Literatur (Reich-Rohrwig, ecolex 1994, 757; Weismann, aaO, 120; Grassner, aaO, 231; Rauter, aaO, Rz40; Hochfellner/F.-X. Moser, GesRZ2019, 319) festzuhalten, dass die Mitteilung nach §62 Abs3 letzter Satz AktG die dort normierte Wirkung nur entfalten kann, wenn tatsächlich ein dazu bereiter und fähiger Ersatzerwerber vorhanden ist, die Gesellschaft diesem gegenüber die „Gestattung“ des Aktienerwerbs erklärt und der Ersatzerwerber die gleichen Bedingungen innerhalb angemessener Frist erfüllt. Bei dieser Erklärung der Gesellschaft handelt es sich um eine Willenserklärung, zu deren Abgabe gem §71 AktG der Vorstand zuständig ist. [46] 5.1.5. Das formale Argument Schoppers (NZ2019, 365), mangels „Öffnungsklausel“ in §62 Abs3 AktG (im Gegensatz zu dessen Abs2) komme die gesellschaftsinterne Willensbildung über den Ersatzerwerber zwingend dem Vorstand zu, überzeugt nicht: Dass §62 Abs2 AktG (anders als §77 GmbHG) ausdrücklich erlaubt, dass für die Zustimmung die Satzung anderes als die Zuständigkeit des Vorstands vorsehen kann, ist aus der wörtlichen Übernahme dieser Bestimmung aus dem deutschen AktG 1937 (vgl Pkt3.) zu erklären. [47] Im österreichischen GmbHG war seit jeher die Möglichkeit, die Kompetenz zur Zustimmung zur Person des Ersatzerwerbers der Beschlussfassung durch die Gesellschafter einzuräumen, völlig klar: Der Gesellschaftsvertrag kann nämlich – abgesehen von den zwingend erforderlichen Bestimmungen (§4 Abs1 GmbHG) – grundsätzlich alles regeln, was keinen (zwingenden) Normen des GmbHG widerspricht (§4 Abs2 GmbHG). Nach §35 Abs2 Satz 1 GmbHG (Stammfassung) können die Gegenstände, die der Beschlussfassung durch die Gesellschafter unterliegen sollen, im Gesellschaftsvertrag vermehrt oder verringert werden. Dies wird in der Lehre dahin verstanden, dass die Gesellschafter ihren eigenen Entscheidungsbereich durch Einführung eines grundsätzlich umfassenden Zustimmungsvorbehalts ausdehnen können (Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3, §20 Rz8 und §35 Rz47; Enzinger in Straube/Ratka/Rauter, GmbHG, §35 Rz112). Somit war in §77 GmbHG bereits in der Stammfassung die Erwähnung der Möglichkeit, dass der Gesellschaftsvertrag sowohl für die Zustimmung zur Übertragung als auch für die Ersatzerwerbernominierung die Beschlussfassung durch die Gesellschafter vorsehen kann, gar nicht nötig.

Wie dargestellt (Pkt3.), wurde ohne erkennbare Reflexion des Gesetzgebers des AktG 1965 betreffend die (interne) Zuständigkeit über die Ersatzerwerbernominierung fast wortgleich von §77 GmbHG als §62 Abs3 AktG in das AktG 1965 übernommen. Wenn nun die in §77 GmbHG nicht vorhandene (weil nicht notwendige) „Öffnungklausel“ des §62 Abs2 AktG in Abs3 der Bestimmung ebenso nicht vorkommt, so kann daraus entgegen Schopper aus den dargestellten Gründen nicht geschlossen werden, für die Ersatzerwerbernominierung sei zwingend (auch betreffend die gesellschaftsinterne Willensbildung) der Vorstand zuständig. [48] 5.1.6. Mangels – jedenfalls eindeutiger – gesetzlicher Regelung ist nach dem Sinn und Zweck der Norm zu fragen. Die Möglichkeit, den Gesellschaftern die Kompetenz zur Entscheidung über die Person eines neu hinzutretenden Gesellschafters einzuräumen, hat in beiden Rechtsformen denselben Zweck, nämlich den Gesellschaftern die Entscheidungsgewalt über die Eigentümerstruktur der Gesellschaft zu geben und ihr möglicherweise vorhandenes, gesetzlich als schutzwürdig erachtetes Interesse, „unter sich“ zu bleiben, wahren zu können (vgl 3 Ob 223/11g, Pkt V.1.). Mag auch die Einflussnahme der Aktionäre auf die Geschicke „ihrer“ AG im AktG weniger direkt und gewissermaßen „mediatisierter“ ausgestaltet sein als diejenige der Gesellschafter einer GmbH nach dem GmbHG, so ist doch nicht erkennbar, dass oder warum Aktionäre ein geringeres Interesse an der personellen Zusammensetzung der Eigentümer der Gesellschaft haben sollten. Als Eigentümer „ihrer“ Gesellschaft haben Aktionäre letztlich ebenso das letzte Wort darüber, was mit und in ihrer Gesellschaft zu geschehen hat, wie Gesellschafter einer GmbH. Die unterschiedliche (Organ-)Struktur beider Kapitalgesellschaften rechtfertigt daher keine unterschiedliche Sichtweise betreffend die Frage der Zuständigkeit für die Ersatzerwerbernominierung (so auch Reich-Rohrwig/Zimmermann, ecolex 2021, 441). Zur GmbH vertrat Schopper (vgl Pkt4.1.) aber noch das Gegenteil von dem, was er zuletzt zur AG (NZ2019, 365ff) ausführte. Auch die übrigen Autoren zum GmbHG verneinen praktisch einhellig eine völlige Freiheit des Geschäftsführers bei der Auswahl des Ersatzerwerbers selbst dann, wenn der Gesellschaftsvertrag dazu gar nichts vorsieht (vgl die Darstellung in Pkt4.1. und 4.2.1. bis 4.2.6.). [49] 5.1.7. Von Schopper (NZ2019, 365ff) wird weiters als systematisches Argument ins Treffen geführt, die Abhaltung einer HV zur Abstimmung über den Ersatzerwerber würde sich wegen der vorgeschriebenen Einberufungsfristen von drei bis vier Wochen (§107 Abs1 AktG) mitsamt der Zeit für die notwendige Suche nach einem Ersatzerwerber und sonstigen Vorbereitungen in der Monatsfrist nach §62 Abs3 letzter Satz AktG zeitlich praktisch gar nicht ausgehen. Daher könne dies vom Gesetzgeber nicht intendiert gewesen sein. [50] Dem ist zunächst zu entgegnen, dass die Norm – wie ausgeführt – praktisch unbesehen von §77 GmbHG in das AktG 1965 übernommen wurde. Nach §38 Abs1 GmbHG beträgt die Mindestfrist zwischen Ankündigung und Abhaltung der Generalversammlung sieben Tage. Im GmbHG stellen sich daher die Zeitprobleme jedenfalls nicht in der Schärfe wie im AktG. Überdies betrug die Mindesteinberufungsfrist für die HV nach §107 Abs1 AktG 1965 in der Stammfassung nur 14 Tage. Da sich der Gesetzgeber des AktG 1965 bei der Übernahme der einschlägigen GmbH-Norm keine besonderen Gedanken gemacht haben dürfte, ist das Zeitproblem im AktG kein tragfähiges Argument für eine etwa bestehende Absicht des Gesetzgebers, der HV bei der Nominierung des Ersatzerwerbers jedenfalls keine Kompetenz einräumen zu wollen. [51] Weiters ist zu bedenken, dass der Vorstand ja nicht gehindert ist, schon vor Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts über die Ersetzung der Zustimmung planend tätig zu werden und unter Umständen auch eine HV darüber abzuhalten (genau dies war hier im Übrigen ja sogar ursprünglich für die HV vom 16.5.2019 vorgesehen). Ein vorausschauender Vorstand wird dies auch tun: Sobald er von einer Antragstellung nach §62 Abs3 Satz 1 AktG erfährt (und zwar schon zu Beginn des Verfahrens durch Zustellung des Antrags an die AG als Antragsgegnerin; vgl überdies §63 Abs3 Satz 2 AktG), weiß er von der „Gefahr“ der Ersetzung der Zustimmung durch das Gericht. Er weiß daher auch, dass bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung bei einem durchlaufenen dreistufigen Instanzenzug bis zu einer Entscheidung des OGH schon allein wegen der einzuhaltenden Verfahrensfristen zumindest mehrere Monate vergehen werden. In dieser Zeit kann er handeln und auch eine HV abhalten. Er weiß schon von Beginn des Gerichtsverfahrens an, dass sich im Falle der späteren rechtskräftigen Ersetzung der Zustimmung durch das Gericht (wie in 6 Ob 18/19v) aufgrund der Abneigung der Gesellschaft bzw der HV gegen den Erwerbswilligen die Notwendigkeit ergeben kann, einen Ersatzerwerber binnen Monatsfrist zu nominieren. Einen solchen kann er schon während des Gerichtsverfahrens suchen und ihn der HV zur Abstimmung für den Fall der gerichtlichen Ersetzung der Zustimmung vorlegen (ähnlich Reich-Rohrwig/Zimmermann, ecolex 2021, 438). [52] Zusammenfassend kann daher weder nach historischer Auslegung noch vom realistisch zu erwartenden Zeitablauf her gesagt werden, dass die Abhaltung einer HV zur Einholung der Zustimmung für einen Ersatzerwerber vom Gesetzgeber nicht gewollt oder zeitlich nicht möglich wäre. [53] 5.1.8. Weiters wird gegen eine Befassung der HV von Schopper ins Treffen geführt, diese führe zu einer massiven Rechtsunsicherheit, könnte doch ein HV-Beschluss angefochten werden, sodass bis zur Rechtskraft des über eine Anfechtungsklage ergehenden Urteils Unsicherheit über die Person des „richtigen“ Aktionärs bestünde. [54] Dem ist entgegenzuhalten, dass diese Anfechtungsgefahr genauso bei der ersten Namhaftmachung einer erwerbswilligen Person durch den verkaufswilligen Aktionär besteht, wenn nach der entsprechenden Satzungsbestimmung ein HV-Beschluss gefasst wird. Ein HV-Beschluss bei der Ersatzerwerbernominierung erhöht daher die Unsicherheit nicht, sondern verlängert sie allenfalls. Dass diese unter Umständen mehrere Jahre dauernde Unsicherheit für die erwerbswilligen Prätendenten lästig ist, mag zwar zutreffen; dieses Risiko war für die Prätendenten jedoch voraussehbar. [55] Für die Gesellschaft hingegen bringt die Anfechtung eines HV-Beschlusses keine Unsicherheit: Konsequenz eines stattgebenden Anfechtungsurteils betreffend die Zustimmung zum Erwerb vinkulierter Aktien kann zwar sein, dass –

ex tunc – der andere Prätendent Aktionär war bzw werden kann. Insofern könnten zwischenzeitliche HV-Beschlüsse unter der Teilnahme des – ex post betrachtet – „Scheinaktionärs“ mangelhaft sein. Da kein Nichtigkeitsgrund nach §199 AktG vorliegt, sind davon betroffene HV-Beschlüsse jedenfalls nicht nichtig. Einer Anfechtbarkeit wird jedoch in aller Regel der Ablauf der Monatsfrist nach §197 Abs2 AktG entgegenstehen. Abgesehen von rezenten HV-Beschlüssen, bei denen die Monatsfrist noch offen ist, ist daher für die Gesellschaft selbst keine Unsicherheit durch die Kompetenz der HV zur Zustimmung betreffend den Ersatzerwerber gegeben. [56] Sich aus einem stattgebenden Anfechtungsurteil ergebende bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche sind nur zwischen den Prätendenten auszutragen, tangieren die Gesellschaft aber nicht.

[57] 5.1.9. Die von Schopper gegen die Zuständigkeit der HV bei gegebener Satzungsbestimmung auch für die Ersatzerwerbernominierung vorgetragenen Argumente erweisen sich daher nach Ansicht des Senats bei näherer Betrachtung als nicht gewichtig genug, um für die Ersatzerwerbernominierung zwingend und ausschließlich den Vorstand als zuständig anzusehen. Nochmals ist auf den schon erörterten Sinn und Zweck der Bestimmung zurückzukommen: Wenn der Gesetzgeber es in die Ingerenz der Eigentümer stellt, auch die HV als zustimmungsberechtigtes Organ und somit die Eigentümer selbst als mitwirkungsberechtigt bei der Frage des Erwerbers der Aktien zu konstituieren, ist mangels tragfähiger Argumente dagegen nicht ersichtlich, dass dies bei der Ersatzerwerbernominierung nicht gelten soll. [58] 5.1.10. Als Ergebnis ist somit festzuhalten: Ist für die Zustimmung zur Veräußerung von vinkulierten Aktien nach der Satzung die HV zuständig, so bedarf es auch für die Nominierung eines Ersatzerwerbers gem §62 Abs3 letzter Satz AktG der entsprechenden Zustimmung der HV. 5.2. Rechtsfolgen [59] Ist die Abtretung von Geschäftsanteilen im Gesellschaftsvertrag gem §76 Abs2 GmbHG an weitere Voraussetzungen gebunden, so führt deren Fehlen, solange sie noch erfüllt werden können, zur schwebenden Unwirksamkeit und, wenn ihr Nichteintreten feststeht, zur endgültigen Unwirksamkeit einer dennoch vorgenommenen Abtretung (8 Ob 547/92; RIS-Justiz RS0039034 [T1]). [60] Nichts anderes kann bei vergleichbarer Rechtslage im Aktienrecht gelten. Da für den Erwerb der Aktien durch die Nebenintervenientin die erforderliche Zustimmung durch die HV nicht vorliegt, hat sie die Aktien nicht erworben. Dieser HV-Beschluss kann auch nicht nachgeholt werden, weil die einmonatige Frist des §62 Abs3 letzter Satz AktG schon abgelaufen ist. Somit steht das Nichteintreten der Voraussetzungen für den Erwerb durch die Nebenintervenientin endgültig fest. 6. Ergebnis zu Klagebegehren 1. und 2. [61] Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Ersatzerwerbernominierung der Nebenintervenientin unwirksam war. Daraus folgt, dass die Klägerin kraft der gesetzten Übertragungsakte und der vom Gericht ersetzten Zustimmung zum Erwerb der Aktien (6 Ob 18/19v) Aktionärin der Beklagten ist. Daher ist dem entsprechenden Feststellungsbegehren stattzugeben und die Beklagte verpflichtet, die Klägerin als Aktionärin in das Aktienbuch einzutragen. 7. Wirkung für die Nebenintervenientin [62] Die Rechtswirkung dieses Urteils (Feststellung der Aktionärseigenschaft und Verpflichtung zur Eintragung in das Aktienbuch) wirkt auch für die Nebenintervenientin (RISJustiz RS0018558; 1 Ob 218/97h; 1 Ob 292/00y; 6 Ob 140/12z; 5 Ob 68/11b). 8. Zum Klagebegehren 3. (Feststellung der Haftung der Beklagten) [63] 8.1. Aufgrund der Berechtigung des Begehrens auf Feststellung der Aktionärseigenschaft sowie auf Eintragung in das Aktienbuch ist das die Schadenersatzverpflichtung der Beklagten betreffende Feststellungsbegehren zu prüfen. [64] 8.2. Die Beklagte muss sich für ihre allfällige Schadenersatzpflicht das Verschulden ihres Vorstands zurechnen lassen (RIS-Justiz RS0009113 [T16 und T33]; 6 Ob 12/05g). [65] 8.3. Die Klägerin hat ihren Anspruch ua darauf gestützt, der Vorstand habe gegen – näher bezeichnete – Vorschriften der Satzung sowie der Geschäftsordnungen für den Aufsichtsrat und den Vorstand verstoßen. Insb hat sie auf Pkt18.2. litj der Satzung hingewiesen. [66] Gegen diese Bestimmung hat der Vorstand verstoßen, weil die Vereinbarung zwischen Beklagter und Nebenintervenientin vom 28.8.2019 unter diese Bestimmung subsumierbar ist: Es liegt ein Vertrag zwischen der Beklagten und einer Gesellschaft vor, in der Aktionäre einen beherrschenden Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben. Dieser beherrschende Einfluss ist dadurch gegeben, dass Dipl.-Ing. C. H. (Aktionär und Aufsichtsratsmitglied) alleiniger, selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer der Nebenintervenientin ist, kraft der 50%-Beteiligung gegen den Willen der Aktionäre nicht abberufen werden kann und diese mit ihrer Kopfmehrheit nach §10 lite des Gesellschaftsvertrages auch jederzeit die Person des Geschäftsführers bestimmen können. [67] Daraus folgt, dass der Vorstand diese Vereinbarung dem Aufsichtsrat der Beklagten zur Entscheidung vorlegen hätte müssen.

[68] 8.4. Eine Haftung der Beklagten wegen Verletzung der von der Klägerin ins Treffen geführten Normen scheitert aber aus nachstehenden Erwägungen am fehlenden Rechtswidrigkeitszusammenhang. [69] 8.4.1. Nach stRspr sind die Satzungen von AGs nach §§6 und 7 ABGB auszulegen (1 Ob 586/94; 6 Ob 169/16w). Ähnliche, ja sogar im Wesentlichen gleichlautende (§95 Abs5 Z12 AktG bspw entspricht Pkt18.2. litd der Satzung) Bestimmungen wie in der vorliegenden Satzung der Beklagten über die Entscheidungsbefugnis kennt das AktG im Katalog der zustimmungspflichtigen Geschäfte nach §95 Abs5 AktG. Es kann daher auf den Schutzzweck der Zustimmungspflichten nach §95 Abs5 AktG zurückgegriffen werden. [70] 8.4.2. In der oberstgerichtlichen Rspr wurde bisher ausgeführt, §30i Abs3 GmbHG (entspricht §94 Abs3 AktG: Verpflichtung des Aufsichtsrats zur Abhaltung von mindestens drei bzw vier Sitzungen jährlich) lasse sich die Wahrung der Interessen der Gesellschaft angelegen sein, weshalb die Vorschrift als Schutzgesetz zu werten sei (1 Ob 144/01k).

[71] In der E 6 Ob 58/20b (Pkt1.3.) wurde klargestellt, dass bei den zustimmungspflichtigen Geschäften des §95 AktG der Aufsichtsrat insb die Auswirkungen auf die künftige Vermögens- und Ertragslage der Gesellschaft und die Veränderung der Risikoposition durch das Geschäft als Kriterien heranzuziehen hat. Der Aufsichtsrat habe zu prüfen, ob die geplante Maßnahme dem Wohl des Unternehmens entspreche. Sei der Aufsichtsrat nicht der Auffassung, dass die Maßnahme dem Wohl des Unternehmens entspreche, dürfe er der Maßnahme nicht zustimmen.

[72] 8.4.3. Nach Kalss (in Doralt/Nowotny/Kalss, AktG3, §95 Rz24) ist die oberste Richtschnur pflichtgemäßen Verhaltens auch für die Überwachungstätigkeit das Wohl des Unternehmens. Alle anderen Interessen seien daher untergeordnet. In Anlehnung an §70 AktG seien dabei nicht nur die Gesellschaftsinteressen, sondern auch die Interessen der Öffentlichkeit, der Arbeitnehmer und der Gläubiger in die Entscheidung bei der Beurteilung des Unternehmenswohls miteinzubeziehen (ähnlich zum deutschen Recht Hopt/Roth in Großkomm AktG5, §93 Rz28 bis 30 und §111 Rz78). [73] 8.4.4. §84 AktG normiert Schadenersatzansprüche der Gesellschaft gegenüber den Vorstandsmitgliedern. Aus Abs5 leg cit ist ersichtlich, dass die Verhaltensvorschriften für die Vorstandsmitglieder auch den Schutz der Gesellschaftsgläubiger bezwecken. [74] 8.4.5. Zusammengefasst bezwecken daher die hier von der Klägerin ins Treffen geführten Bestimmungen über Zustimmungsrechte des Aufsichtsrats (die Geschäftsordnungen für den Vorstand und den Aufsichtsrat normieren insoweit nichts anderes als die Satzung) primär den Schutz der Gesellschaft, sekundär auch den Schutz der Öffentlichkeit, der Arbeitnehmer und der Gläubiger; die Klägerin als Aktionärsanwärterin gehört hingegen nicht zum genannten Kreis der Geschützten.

[75] 8.5. Weiters erweist sich im Lichte der hier vorgenommenen rechtlichen Beurteilung der Umstand, dass der Vorstand für die Nominierung der Nebenintervenientin als Ersatzerwerberin nicht die HV konsultiert hat, zwar als rechtswidrig. Die Erwägungen zum Schutzzweck der Normen, die die Befassung des Aufsichtsrats vorschreiben, treffen jedoch auch hier zu: Die Verpflichtung zur Befassung der HV bei der Ersatzerwerbernominierung bei entsprechender Satzungsbestimmung bezweckt (primär) den Schutz der Gesellschaft und der (Alt-)Aktionäre, nicht aber denjenigen einer Aktionärsanwärterin. Somit kann offenbleiben, ob den Vorstand angesichts der bis zu dieser Entscheidung nicht klaren Rechtslage diesbezüglich überhaupt ein Verschulden trifft (vgl RIS-Justiz RS0089613). [76] 8.6. Damit bestehen die von der Klägerin angedachten Schadenersatzansprüche schon dem Grunde nach nicht, weshalb das diesbezügliche Feststellungsbegehren abzuweisen ist. 9. ...

Anmerkung: 1. Ausgangslage In der vorliegenden Entscheidung beschäftigt sich der OGH ausführlich mit der Frage, ob die Ersatzerwerbernominierung (§62 Abs3 letzter Satz AktG) eines Beschlusses der HV bedarf, wenn die Satzung die vorangegangene Entscheidung hinsichtlich der Übertragung der Aktien der Zustimmung der HV unterwirft.

Folgender Sachverhalt liegt der Entscheidung im Wesentlichen zugrunde: Die B. AG betreibt ein Skigebiet. Ihre Aktionärinnen H. GmbH (Tochter einer Abbaueinheit nach dem GSA) und G. AG wollten ihre Aktien (gemeinsam rund 33%) an die S. GmbH veräußern. Die Übertragung der Namensaktien war in der Satzung an die Zustimmung der Gesellschaft gebunden (Vinkulierung). Die Satzung der B. AG sah vor, dass die HV der Übertragung mit einer Dreiviertelmehrheit des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals zustimmen muss. Diese qualifizierte Mehrheit wurde in der HV nicht erreicht, weshalb die veräußerungswilligen Aktionärinnen die gerichtliche Ersetzung der Zustimmung anstrebten und schließlich auch erwirkten (siehe dazu OGH 27.6.2019, 6 Ob 18/19v, GesRZ2019, 347 [Haberer]; Hochfellner/F.-X. Moser, Gerichtliche Gestattung der Übertragung von vinkulierten Aktien und Ausübung des Nominierungsrechts, GesRZ2019, 316).

Es sollte ein Ersatzerwerber nominiert werden, um doch noch zu verhindern, dass die S. GmbH die Aktien erwirbt. In der (außerordentlichen) HV ließ der Aufsichtsratsvorsitzende in seiner Funktion als Versammlungsleiter eine Abstimmung über die Ersatzerwerbernominierung nicht zu. Vielmehr übermittelte der Vorstand der B. AG den veräußerungswilligen Aktionärinnen ein Schreiben, wonach der L. GmbH der Erwerb der Aktien gem §62 Abs3 letzter Satz AktG gestattet werde. Die L. GmbH stand im Einflussbereich eines an der B. AG beteiligten Aktionärs, der zudem im Aufsichtsrat vertreten war. Jedoch verlangte die S. GmbH die Übertragung der Aktien und klagte die Übertragung – erfolglos – vor dem LG Klagenfurt ein. Das OLG Graz bestätigte die abweisende Entscheidung und ließ die ordentliche Revision mangels höchstgerichtlicher Rspr zur Frage der innergesellschaftlichen Zuständigkeit zur Ersatzerwerbernominierung gem §62 Abs3 AktG zu. 2. Mitspracherecht der Aktionäre? Der OGH stellt eingangs fest, dass die Kompetenz für die gesellschaftsinterne Willensbildung zur Ersatzerwerbernominierung nicht geregelt sei. Vielmehr setze der Gesetzeswortlaut diese voraus, wenn §62 Abs3 AktG der Gesellschaft aufträgt, innerhalb eines Monats nach Rechtskraft der Entscheidung dem veräußerungswilligen Aktionär mitzuteilen, dass sie die Übertragung der Aktien zu den gleichen Bedingungen an einen anderen von ihr bezeichneten Erwerber gestatte. Dem OGH ist zuzustimmen, dass es sich bei dieser Mitteilung um eine vom Vorstand zu überbringende Wissenserklärung handelt, die vernünftigerweise weder von der Aktionärsversammlung noch vom Kollegialorgan Aufsichtsrat vorzunehmen ist. Von dieser Kompetenz zur Willensübermittlung ist jedoch die vorangehende gesellschaftsinterne Willensbildung zu trennen.

Hinsichtlich der Zuständigkeit zur Willensbildung erteilt der OGH dem formalen Argument, wonach mangels einer §62 Abs2 AktG vergleichbaren Öffnungsklausel („wenn die Satzung nichts anderes bestimmt“) nur der Vorstand gemeint sein könne, eine Absage (siehe dazu Schopper, Gerichtliche Gestattung der Übertragung von vinkulierten Aktien und Benennung eines Ersatzerwerbers durch die AG, NZ2019, 365 [370ff]).

Vielmehr orientiert sich der OGH bei der Beantwortung der Frage der Zuständigkeit für die gesellschaftsinterne Willensbildung für die Ersatzerwerbernominierung am „Sinn und Zweck“ der Norm. Dieser ziele darauf ab, den Aktionären die Möglichkeit zu geben, sich die Kompetenz einzuräumen, in letzter Instanz darüber zu entscheiden, was mit ihrer Gesellschaft geschieht und wer ihre Mitaktionäre sind.

Davon ausgehend kommt der OGH letztlich zum Ergebnis, dass für die Willensbildung hinsichtlich der Ersatzerwerbernominierung dieselben Anforderungen gelten, die für die vorangegangene (verweigerte) Zustimmung zur Übertragung maßgeblich sind. Dh für den gegenständlichen Fall: Da die Vinkulierungsklausel in der Satzung die HV als zustimmungsberechtigtes Organ vorsah, hätte auch die Nominierung der L. GmbH als Ersatzerwerberin von der Aktionärsversammlung abgesegnet werden müssen. Für diese Willensbildung hätten dieselben Mehrheitserfordernisse zu gelten wie für die

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