Linkswende Nr. 167

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Linkswende Monatszeitung für Sozialismus von unten

SCHIKANEN FÜR AUSLÄNDER, KAPUTTE BILDUNG: Nr. 167 Mai 2013 Spende 1,50 EUR Solidaritätsspende 2,00 EUR

www.linkswende.org

DAS HAT SYSTEM! von Manfred ECKER

E

in sehr großer Teil der Bevölkerung ist sich der Missstände bewusst, die wir im Titel angesprochen haben, und lehnt sie rundweg ab. Aufklärung ist deshalb nicht die vorrangige Aufgabe, wenn man bei den katastrophalen Zuständen Änderungen herbeiführen will. Wer meint, es ginge darum die herrschenden Eliten zu bekehren, zu belehren oder über ihre Irrtümer aufzuklären, liegt ebenfalls daneben. Den Entscheidungsträgern ist nämlich sehr klar, was schief rennt, also wie sehr Migrant_innen benachteiligt werden und wie krank unser Bildungssystem tatsächlich ist. An sie zu appellieren, das ist vergebliche Liebesmüh oder um ein treffenderes Sprichwort zu gebrauchen: Perlen vor die Säue werfen. Anfang April wurde der jährliche Nationale Bildungsbericht präsentiert. Ein Teilnehmer berichtete uns, dass außergewöhnlich klare Worte für den Zustand des österreichischen Bildungssystems gefunden

wurden. Er sei darauf vorbereitet gewesen, die üblichen Weichspüler bei den Vorträgen zu hören, die sich um die Wahrheiten herumdrücken und so formulieren, dass die staatlichen Auftraggeber das nächste Mal nicht ein anderes Untersuchungsteam beauftragen. Nein, diesmal hieß es klipp und klar: Bildung kaputt! Aber bitte keine Illusionen. Nur weil die Fachleute mit ihrer Meinung nicht mehr hinter dem Berg halten, bedeutet das nicht, dass sich etwas verbessern wird. Die verantwortlichen Politiker spüren keinen Leidensdruck, wenn den Kindern ärmerer Familien der Aufstieg verwehrt wird. Den spüren die ärmeren Familien. Wie schlimm die Situation für Kinder aus Einwandererfamilien, in erster Linie aus der Türkei und ExJugoslawien sich darstellt, haben wir

schon des Öfteren kritisiert. Aber eben nicht nur linke Medien tun das, sondern auch hochangesehen Professor_innen der Wirtschaftsuniversität oder des Instituts für höhere Studien (IHS). Erkenntnisse und Scham werden die Verantwortlichen nicht dazu bewegen, die nötigen Schritte gegen Rassismus zu setzen. Rassismus wirkt in den Kindergärten, in den Schulen und beim Berufseinstieg. Überall bekommen diese Kinder und Jugendlichen das Gefühl des Nicht-WillkommenSeins zu spüren. Überall haben sie es schwerer und werden benachteiligt, wie wir etwa in unseren Mittelseite darstellen. Es beginnt schon damit, dass ihnen die automatische Einbürgerung verwehrt wird. „So weit kommt’s noch“, hört man es förmlich tönen, „dass wir ohne irgendwas zu verlangen, denen die Staatsbürgerschaft geben.“ Für rassistische Politiker (die Mehrheit)

bedeutete das einen Machtverlust, den sie nicht kampflos hinnehmen. Kampf und Angst vor größeren Niederlagen ist das Einzige, was Veränderungen bringen kann. Für Kämpfe gibt es schlechtere Zeiten und bessere Zeiten. Aktuell sind die Bedingungen gut: Die Empörung ist groß, die Kampfbereitschaft ist hoch, der Rückhalt durch die Mehrheit der Bevölkerung ist spürbar. Und es bildet sich eine neue Kampfformation, die Lust hat, etwas zu tun, und die verstanden hat, dass man nur durch Angriff die Leute hinter sich mobilisieren kann. SOLI (Solidarische Linke) ist eine Wahlformation und ein Netzwerk an der Uni Wien, die man unterstützen sollte, um die ersten Erfolge an den ersten Fronten einzufahren. Ausländische Studierende aus Drittstaaten dürfen zwar doppelte Studiengebühren bezahlen, aber sie dürfen nicht bei Wahlen zur Studienvertre-

DING DONG DIE HEX’ IS TOT

Über den ­vergessenen Widerstand gegen das NS-Regime schreibt Karin Wilflingseder

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Um die neoliberale Klassenkämpferin Thatcher braucht man nicht zu ­trauern

Um die öffentliche ­Meinung zu gewinnen gibt Israel Millionen aus – ­­und verliert­, schreibt Ludwig Sommer

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FRAUEN GEGEN HITLER

tung antreten. Appelliert hat man an die zuständigen Behörden vom Innen- und Wissenschaftsministerium schon lange und schon oft. Verständnis wurde von deren Seite auch immer signalisiert. Geändert hat sich natürlich nichts. Deshalb will man sich nicht länger an der Nase herumführen lassen, sondern seine Kräfte sammeln und mit Protesten losschlagen. SOLI kann beide Themen – Rassismus und die Bildungskatastrophe – zusammen bringen und daraus Kämpfe entwickeln. Am 30. April geht es los. SOLI ruft zur Demonstration gegen die Schikanen für Flüchtlinge und ausländische Studierende auf und verbindet diesen Protest mit der zunehmenden Jugendarbeitslosigkeit in der EU. Denn eines muss auch klar sein: Die Schikanen und der Bildungsabbau haben System, ein System, das wir angreifen und letztendlich besiegen müssen.

BLUTIGER RASSISMUS >> Seite 5 In Griechenland schießen Aufseher auf Erdbeerpflücker, weil sie ihren seit ­Monaten ausständigen Lohn ­einforderen


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