Linkswende Monatszeitung für Sozialismus von unten
HETZT DIE HETZER! Nr. 169 Juli/August 2013 Spende 1,50 EUR Solidaritätsspende 2,00 EUR
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FPÖ-Wahlkampf wird rassistisch
Unser Beitrag zum Wahlkampf heißt: Rassismus bekämpfen
S
eien wir nicht naiv. Wenn Strache zur Eröffnung des Wahlkampfs versichert, er habe noch nie einen Ausländerwahlkampf gemacht, dann erwartet uns ein besonders rassistischer Wahlkampf. Wobei Ausländerwahlkampf nicht wirklich zutrifft, schon eher ein „Türkenwahlkampf“ oder ein „Muslimewahlkampf“ und ein „Asylantenwahlkampf“, aber das traut man sich dann doch nicht in aller Offenheit so verkünden. Denn die FPÖ drischt nicht auf alles Fremde ein, sondern nur auf jene, die besonders verletzlich sind. Die FPÖ wird bei den Nationalratswahlen nicht gut abschneiden. Von ihren Wähler_innen aus dem Jahr 2008 werden sich viele ganz von der FPÖ abwenden, andere werden sich schwer motivieren können überhaupt wählen zu gehen, obwohl sie der FPÖ die Treue halten. Um diese zu mobilisieren werden Strache und seine Mannschaft auf die Sorte Rassismus setzen, die bei gewissen Menschen Schenkelklopfen auslösen soll. Die Frage ist für die Blauen: wenn sie in der Mitte verlieren, wie mobilisieren sie wenigstens am rechten Rand? Eine verzweifelte FPÖ wird wahrscheinlich hässlichere Ausländerfeindlichkeit einsetzen als eine FPÖ, die sich, wie 2008, zutrauen durfte, den anderen Parteien Stimmen weg-
Foto: Tips
BLEIBERECHT
Das Dorf Stadl-Paura kämpft gegen die Abschiebung einer tschetschenischen Flüchtlingsfamilie
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zunehmen. 2008 wuchs der Stimmenanteil der FPÖ von 11,0% auf 17,5% an. Hat die FPÖ Zulauf von Wähler_innen, dann erfüllt ihr Rassismus zum Teil andere Funktionen. Er soll Menschen fester ans rechte Lager binden, die es zum ersten Mal betreten haben. 2013 erfüllt Rassismus für die FPÖ vor allem Mobilisierungszwecke. Dieser Wahlkampf wird polarisieren und auf Widerstand treffen. In einer Presseaussendung beschwerte sich Ende Mai die Freiheitliche Partei im 10. Wiener Gemeindebezirk über Angriffe durch „drei türkischstämmige Jugendliche“ auf einen Informationsstand der Favoritner Freiheitlichen. Man sei bedroht worden, ein Freiheitlicher sei geschlagen worden, ein anderer getreten, so die Bilanz der Blauen. Wie glaubwürdig das ist, sei dahingestellt, aber es zeugt davon, dass „den Türken“ längst bewusst geworden ist, dass eine Partei im Besonderen gegen sie hetzt, vom „Türkenproblem“ redet und sie zum Feindbild macht. Wer mit uns gegen Rassismus im Wahlkampf antreten möchte, wird diese Umstände nicht ignorieren können. Wir müssen die türkische Community in Österreich ansprechen und sie in unsere Mobilisierungen einbinden. Und wir müssen standhaft gegen Islamfeindlichkeit und Rassismus gegen Flüchtlinge auftreten. Wir hoffen, dass besagter Angriff durch türkischstämmige Jugendliche keine bloße Erfindung der Freiheitlichen war, sondern
Ausdruck eines erstarkten Selbstbewusstseins bei der migrantischen Jugend und einer stärkeren Politisierung. Dafür spricht eigentlich alles: Migrantische Jugendliche haben in den letzten Jahren eine zunehmend aktive Rolle beim Aufbau von Bewegungen gespielt; etwa bei den Protestbewegungen gegen die Kriege im Irak, in Afghanistan und Palästina, bei Protesten wegen Polizeigewalt gegen Flüchtlinge oder bei den Demos an den Universitäten. Dazu kommt die globale Komponente dieser
Entwicklungen: Muslimische Jugendliche haben im Zuge der Revolutionen und Aufstände im Iran, Tunesien, Libyen, Ägypten und nicht zuletzt der Türkei eine neue Wahrnehmung von sich selbst und der Rolle entwickelt, die sie in Protestbewegungen spielen können. Sie sind eine entscheidende Kraft, an die wir uns wenden müssen, wenn wir der FPÖ weh tun wollen. Man muss die Bedrohung durch die Hetze der Freiheitlichen ernst nehmen, aber man kann ihnen auch die Schneid abkaufen.
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Auf der Straße wird unsere Stärke gegen die FPÖ sichtbar.
TÜRKEI
ÖKOLOGIE
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Über die Motivation der türkischen Demokratiebewegung und die Mythen, die sie begleiten, schreibt David Albrich
Ludwig Sommer appelliert für eine marxistische Lösung der ökologischen Krise
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ÜBERWACHUNG Foto: links.org.au
von Manfred ECKER
>> Seite 12 Die Hintergründe des Datenskandals hat Peter Herbst recherchiert Foto: Wikipedia