Linkswende Nr. 171

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Linkswende Monatszeitung für Sozialismus von unten

NIE WIEDER! Nr. 171 Oktober 2013 Spende 1,50 EUR Solidaritätsspende 2,00 EUR

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Foto: Martin Juen

KEIN PAKT MIT DER FPÖ! von Manfred ECKER

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ollen demokratische Parteien einen Pakt mit der FPÖ in Erwägung ziehen? Auf gar keinen Fall, sagen wir, denn das würde einen deutlichen zusätzlichen Rechtsruck nach den Wahlen bedeuten. Das Wahlergebnis war in Zahlen schon schlimm genug (SPÖ 26,8%, ÖVP 24,0%, FPÖ 20,6%, Grüne 12,4%, Stronach 5,7%, NEOS 5,0%, BZÖ 3,5%). Faktisch verloren die Linken aber mehr als nur Mandate, sie verloren Positionen: Sonja Ablinger und Karl Öllinger flogen aus dem Parlament, Susanne Winter und Barbara Rosenkranz zogen ein. Ablinger, die aufrechte Sozialde-

mokratin, wurde von der SPÖParteiführung und Karl Öllinger, der kämpferische Antifaschist, von der grünen Parteibasis soweit nach hinten gereiht, dass sie den Wiedereinzug ins Parlament verpassen mussten. Das ist mehr als nur ein bedenkliches Signal, es ist ein defensiver Rückzieher vor einem Rechtsruck. Die FPÖ ist nicht nur weiter rechts als die ÖVP, in dem Sinne dass sie rassistischer, sexistischer und allgemein rückschrittlicher agiert. Sie ist eine Partei, deren Kader, die deutschnationalen Burschenschafter, eine prinzipiell antidemokratische Haltung vertreten. Sie verstehen sich als eine Elite, die demokratische Mitbestimmung als

KLIMAWANDEL Sozialistische Antworten auf ein kapitalistisches Problem

Zumutung empfindet, und sie verehren die schlimmsten Naziverbrecher als „ihre“ Helden. Die FPÖ in eine Regierung zu holen, wäre ein weiterer großer Schritt nach rechts – egal welche Partei mit ihr koaliert. Aber wenn die SPÖ einen solchen Schritt täte, dann käme das einer taktisch dummen Kapitulation gleich, allerdings nicht der ersten. Als Bruno Kreisky 1970 einen Pakt mit der FPÖ einging, hatte er kurzfristig riesige und verführerische Vorteile geerntet, aber langfristig hat Kreisky die FPÖ in das politische System Österreichs integriert, und sie damit derart gestärkt, dass sie heute bei Nationalratswahlen beinahe gleichauf mit SPÖ und ÖVP ran-

giert. Und das ist – wenn man sich die Geschichte der FPÖ vor Augen hält – eine politische Katastrophe. Auch heute argumentieren manche SPÖ-Politiker mit den Vorteilen eines Pakts mit der FPÖ. Allen ist klar, dass SPÖ und ÖVP weiter werden verlieren müssen. Weil sie Österreichs Abgleiten in die soziale (und politische) Krise verwaltet haben, kann es kaum anders kommen, als dass sie dafür abgestraft werden. Beide wollen diesem Schicksal entkommen und haben sich keine andere Option freigehalten als die Blauen. Wie entkommt man diesem Schlamassel? Erstens muss die SPÖBasis jetzt während der Regierungsverhandlungen lautstark die

FRONTEX MORDET VOR LAMPEDUSA >> Seite 11

MARXISTISCHE ANTHROPOLOGIE >> Seite 10

Die EU ist kein Friedensprojekt: Vom Friedhof im Mittelmeer berichtet Peter Herbst

Christoph Jünke im Interview über das marxistische Menschenbild und warum das Individuum wichtig ist

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Option einer rot-blauen Koalition zurückweisen. Zweitens muss sie den Widerstand gegen den schon eingeschlagenen Kurs organisieren. Es braucht ganz einfach eine linke Offensive. Passivität führt nur dazu, dass wir sehr bald wieder vor einer unappetitlichen Entscheidung stehen. Auf keinen Fall darf man aus lauter Kurzsichtigkeit die FPÖ weiter aufwerten. Die Fehler der Nachkriegszeit, als die FPÖ als Parlamentspartei zugelassen wurde und als Kreisky sie der Öffentlichkeit als regierungstauglich präsentierte, bedürfen einer historischen Korrektur. Die FPÖ darf niemals in eine Regierung, sie gehört im Gegenteil raus aus dem Parlament.

ARDITI DEL POPOLO: STOSSTRUPP GEGEN MUSSOLINI >> Seite 13 Vergessene Geschichte: Manfred Ecker über die Einheit, die Mussolini das Fürchten lehrte


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Oktober 2013 Linkswende DEUTSCHLAND

BANGLADESCH

Zu Weihnachten wird bei Amazon gestreikt!

N „Die relative Stärke einer radikal rechten Partei mit xenophoben Inhalten und Personal aus dem ­Neonazi- und deutschnationalen Milieu mag in Österreich Gewohnheit geworden sein, im westlichen Europa bleibt sie einzigartig.“ Das „Profil“ zum Wahlausgang

„Ihre [FPÖ] Spitzenpolitiker verkehren in rechtsextremen Kreisen. Die „Frankfurter allgemeine Zeitung“ zur Wahl in Österreich

Textilarbeiterinnen kämpfen weiter

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ährend in Bangladesch auch weiterhin Textilarbeiterinnen bei Bränden umkommen, und deren Angehörige vergeblich auf eine Entschädigung warten, gehen die Proteste weiter. Ende September waren 200.000 auf den Straßen um für eine Anhebung ihres Lohns auf 104 Dollar zu demonstrieren. Derzeit liegt der Lohn bei etwa 50 Dol-

lar pro Monat. Die Polizei setzte Gummigeschosse und Tränengas ein, stellenweise gelang es, den Sicherheitskräften die Waffen abzunehmen und zu zerstören. Mehrere Streikende wurden getötet, 400 Betriebe blieben geschlossen und mindestens zwei Fabriken wurden angezündet. Der Anteil von Textilien an den Gesamtexporten liegt bei 78 ­Prozent.

ÄGYPTEN

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Das verspricht Johann Gudenus für den Fall, dass die FPÖ an die Macht kommt

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Palästinenser erkämpfen Land zurück

Der griechische Kabinettssprecher Simos Kedikoglu zur Verhaftung von Mitgliedern der „Goldenen Morgenröte“

alästinenser_innen könnten das erste Mal in der Geschichte Land zurückerhalten, das von israelischen Siedlern besetzt war. In den 70er-Jahren wurde die Bevölkerung von den Anhöhen Samarias vertrieben, um Platz für die israelische Siedlung Homesh zu machen, die 1978 errichtet wurde. 2005 wurden im Zuge des Abzugsplans des damaligen Premierministers Sharon, Siedlungen im Gazastreifen und auf der Westbank abgerissen, darunter auch Homesh. Die Hoffnungen auf eine Rückkehr erfüllten sich jedoch nicht, da das israelische Militär das Land

„Sie sind übereinander aufgetürmt. Glück hatten noch die, die zuerst ertrunken sind.“

IM VISIER: Maximilian Krauss

Christa Zöchling vergleicht im „Profil“ Jörg Haider mit Strache

„Die soziale und politische Front gegen den Nationalsozialismus ist in vollem Gange. Das strafrechtliche Ermittlungsverfahren befindet sich erst am Anfang“

Der Taucher Rocco Canell berichtete vom Wrack vor Lampedusa

IMPRESSUM Linkswende

Monatszeitung für Sozialismus von unten Herausgeber (für den Inhalt verantwortlich): Manfred Ecker. Redaktion: Tom D. Allahyari, Manfred Ecker, Peter Herbst, Hannah Krumschnabel, Judith Litschauer, Oliver Martin, Ludwig Sommer. Post: Kettenbrückeng. 5/102 1050 Wien Telefon: 0650 452 24 73 Web: www.linkswende.org Email: redaktion@linkswende.org ZVR: 593032642

nicht darauf verlassen, vor Weihnachten alle Kundenversprechen einhalten zu können.“ Die Gewerkschaft fordert nach wie vor, dass Amazon seine Mitarbeiter nicht nach dem Logistik-Kollektivvertrag bezahlt, sondern nach dem KV für Versandund Einzelhandel, der höhere Löhne bietet.

WESTJORDANLAND

„Jetzt heißt es ‚Knüppel aus dem Sack!‘ für alle Asylbetrüger, Verbrecher, illegalen Ausländer, kriminellen Islamisten und linken Schreier“

„Beide mobilisieren ihre Anhängerschaft durch Niedertracht. Und beide wissen, dass sie mit dem Feuer spielen.“

ach wiederholten Streiks dieses Jahr, traten Ende September 600 Amazon-Mitarbeiter_innen in Leipzig und Bad Hersfeld in einen dreitägigen Streik. Die Gewerkschaft Verdi droht mit Streiks in der Vorweihnachtszeit. Verdi-Sekretär Heiner Reimann: „Ich würde mich an Amazons Stelle

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besetzt hielt. Jetzt entschied der Generalstaatsanwalt, den 4.000 Menschen die Rückkehr in ihre alte Heimat zu gestatten und israelischen Siedlern den Zugang zu verwehren. Wie sich dies in der Praxis gestalten wird bleibt abzuwarten, denn in der Vergangenheit gestattete die Armee im Sperrgebiet israelische Versammlungen unter Beteiligung hochrangiger Politiker. Auch gab es illegale Ansiedlungen die geduldet wurden. Die Aktivisten von Yesh Din, die diese Entscheidung erstritten haben, betrachten sie jedenfalls als wertvollen Präzedenzfall.

ine steile Karriere. Mit 13 Jahren Obmann des Rings Freiheitlicher Jugend (RFJ) in der Josefstadt, mit 19 FPÖBezirkschef und sich mit 20 als freiheitlicher Jugendkandidat im Wahlkampf das erste (wohlverdiente) blaue Auge eingefangt. Maximilian Krauss wollte als schlagender Burschenschafter im P ­arlament einziehen, nun reicht es vorerst doch nur für eine Stelle im Wiener Rathausklub der FPÖ. Stellt man das stramme Mäxchen mit Designer-Jacket und Stecktuch ins Scheinwerferlicht, ziehen sich dessen Mundwinkel nach oben und es labert wie eine aufgezogene Spieluhr. Krauss hat die Arroganz eines Herrenmenschen bereits mit der Muttermilch aufgesogen. Bereits mit 20 Jahren beherrscht er die Kunst im Interview keine Frage wirklich zu beantworten und sinnentleert in die Kamera zu grinsen. Als junger Bursch besuchte er acht Jahre das Gymnasium, zwei davon ein privates. Von ei-

Besetzung in Mahalla

ie kämpferischen Arbeiter_innen der Mahalla-Textilwerke im Nildelta machen derzeit wieder von sich reden. Die 22.000 Arbeiter befinden sich im Streik um ausständige Bonuszahlungen einzufordern. Mit Sit-Ins und der Besetzung des Betriebs kämpfen sie um ihr Recht. Und kampferprobt sind diese Kollegen und Kolleginnen! Schon 2006 und wieder 2008 hatten ihre militanten Streiks das Mubarak-Regime herausgefordert. 2008 entwickelten sich aus dem Streik heraus

ner „Gleichmacherei in Form einer Gesamtschule“ hält der Jus-Student nichts, das Bildungssystem müsse schon die Eliten vom Pöbel differenzieren. Vor allem würde Krauss gerne Ausländer in eigene Klassen stecken, damit die Österreicher nicht „unter die Räder kommen“. Überhaupt sollten Ausländer „mit türkischem Blut zurück in ihre Heimat“ verfrachtet werden. Die zerstören auch das „klassische Familienbild“, weil nur mehr Kinder „von Homoeltern“ adoptiert werden und Ausländer häufiger straffällig werden. Den Zusammenhang muss er freilich nicht ­erklären. Gemeinsam mit Johann Gudenus wollte sich Krauss im Jänner mit einer „Protestveranstaltung“ gegen die „Asylbetrüger“ in der Votivkirche beweisen. Als sich Neonazis ankündigten, machte die FPÖ allerdings noch einmal einen Rückzieher. Den Drill erhält Kraus in der deutsch­ nationalen Burschenschaft Aldania in Wien. Zu der gehörten stolze Recken wie Helmut

die größten Anti-Mubarak Proteste in 30 Jahren. Es kam damals zu erbitterten Straßenschlachten zwischen Streikenden und Sicherheitskräften. Nie zuvor gesehene Bilder von Mubarak-Postern, auf denen herumgetrampelt wird, gingen um die Welt. Ein Signal für den baldigen Sturzes des Diktators. Ägyptische Medien und Aktivist_innen sind sich einig, dass die äußerst populären Streiks der Mahalla-Arbeiter_innen den Boden für den Sturz des Diktators bereitet haben.

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Kowarik, der es zu gemeinsamen Veranstaltungen mit dem Holocaustleugner ­David Irving auf den „Norddeutschen Kulturtagen“ brachte. Die Aldania führte bereits 1933 das „Führerprinzip“ ein und teilte nach dem „Anschluss“ 1938 in einem Rundschreiben feierlich mit: Das „Kampfziel“ wurde erreicht. „Eine neue Zeit... stellt an uns neue Aufgaben... in den Reihen der braunen Bataillonen Adolf Hitlers... Heil Hitler!“ Heinz-Christian Straches „Zukunftshoffnung“ Krauss demonstriert uns, wie Indoktrinierung und Kaderbildung in der FPÖ funktioniert.


Linkswende Oktober 2013

EDITORIAL von Manfred ECKER

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enn Wahlen etwas verändern könnten, wären sie verboten“ – klingt gut, aber Wahlen sind für die politischen Entwicklungen ziemlich bedeutend, wie nach dem Wahlergebnis vom 29. September 2013 nicht wegzureden ist. Vor allem haben wir schmerzhaft das Fehlen einer Linkspartei zu spüren bekommen. Es gab so manche Initiativen für sozialere und gerechtere Politik aus der Basis der Sozialdemokratie, aber sie konnten sich nicht im Wahlergebnis niederschlagen, weil sie niedergehalten und totgeschwiegen werden. Oder sie laufen ins Leere, weil sie eben keinen politischen Ausdruck in Form einer Partei für die linken und kämpferischen Teile der Arbeiter_innenbewegung finden. Auf den Seiten 5 und 12 berichten wir von solchen Initiativen, weil sie uns klar machen, dass es nicht am Willen der Aktivist_innen mangelt, sondern an der politischen Präsenz der Linken. Das Schicksal von Flüchtlingen vor Lampedusa ist eine unfassbare Tragödie oder vielmehr ein Verbrechen. Die Verbrecher – unsere Regierungen, ihre Gerichte und Polizisten – wollen wir nicht ungestraft weitermachen lassen. Mikl-Leitners Rückzieher vom Schleppereivorwurf und die Verhaftung griechischer Neonazis sind Erfolge, die deshalb gefeiert gehören; auf den Seiten 11 und 16. Die Große Koalition ist eine der we-

nigen Regierungen Europas, die nicht abgewählt und ersetzt wurde, was mehr mit der Verteilung der Kosten der Wirtschaftskrise in der EU zu tun hat, als mit der Performance der Regierung, aber schon beim nächsten Mal können wir italienische Verhältnisse erleben, wo ehemalige Großparteien aus dem Parlament flogen und rechtsextreme Spinner politikdominierend wurden. Uns Linken bleibt gar nichts anderes übrig, als den Aufstieg der extremen Rechten zu konfrontieren. Auf den Seiten 4, 13 und 16 und auf der Titelseite widmen wir uns diesem Themenkomplex. Die Armut in Europa erreicht schon bisher skandalöse Ausmaße und ist eine Folge der Brutalität der Unternehmer. Die Bosse nutzen die Verzweiflung der Menschen und ihre Angst vor Jobverlust. Auf Seite 5 könnt ihr von beidem lesen – den brutalen Methoden der Arbeitgeber und vom Widerstand dagegen. Die Mittelseite widmet sich dem neuesten Bericht des Weltklimarats, der ungewohnt deutlich ausgefallen ist. Die offensichtliche Unmöglichkeit Kapitalismus und Vernunft unter einen Hut zu bringen, ist eines der stärksten Argumente für Revolution und Sozialismus und gegen jegliche Form von Reformismus, egal ob grün oder sozialdemokratisch. Aber wir leben im Hier und Jetzt und haben keine Lust den Kampf gegen die Klimakatastrophe auf die Zeit nach einer Revolution zu vertagen. Green Jobs sind angesichts der gewaltigen Arbeitslosigkeit ein brandaktuelles Thema, das außerdem ein wichtiges Feld für radikale Gewerkschafter_innen bieten wird.

Linkswende online Besuche uns auch auf unserer Homepage: www.linkswende.org Dort findest du weiterführende Artikel, Analysen, Termine, Demoberichte und Links zu unseren internationalen Schwesterorganisationen und zu marxistischer Theorie, außerdem Fotos und Videos sowie ein umfangreiches, thematisch geordnetes Artikelarchiv. Viel Spaß beim Stöbern. Wir freuen uns auch über Feedback und Kritik: redaktion@linkswende.org Linkswende auf Facebook: www.facebook.com/ Linkswende.IST.Austria Linkswende auf youtube: www.youtube.com/ anticapitalista1917 Linkswende auf flickr: www.flickr.com/linkswende

FOTOBERICHT

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KOMMENTAR

Rauswurf von Ablinger und Öllinger

Rote und Grüne säubern sich von Radikalen von Tom D. ALLAHYARI

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ragt Mensch sich, wie es wohl mit der Politik von SPÖ und Grünen weitergehen wird, lohnt sich ein Blick darauf, wen die jeweiligen Parteiführungen nicht wieder im Parlament haben wollten. Marienkäfer statt Antifaschismus Die Grünen konnten mit ihrem FeelGood-Wahlkampf und mit der heimatbezogenen „Eva“ ihre eigenen Erwartungen nicht erfüllen. Viele Bobos wechselten zu den offen neoliberalen „Neos“. Den etwas linkeren Wähler_innen der Grünen, denen Antirassismus und soziale Gerechtigkeit ein Anliegen sind, wurde eine eindeutige Botschaft gesandt: Karl Öllinger musste per Vorzugsstimmenwahlkampf um sein Abgeordnetenmandat kämpfen. Von Anfang an kein sehr erfolgversprechendes Unterfangen. Wie hatte es auf den bedruckten Liegestühlen bei grünen Wahlkampfaktionen geheißen? „Politikfreie Zone“. Der einzige profilierte Sozialexperte der Grünen, der Mann, der mit Internetplattform „Stoppt die Rechten“ eine wirklich wertvolle Dokumentation rechter Umtriebe in Österreich betreibt, ist damit aus dem Parlament geflogen. Den Grünen insgesamt war Antifaschismus im Wahlkampf wohl zu „kantig“. Irritiert vom Grünen Wahlkampf – Zitat: „Das ist nicht meine Welt“ – führte Öllinger einen Separatwahlkampf mit sozialen Inhalten, vor allem über seinen Blog „Problemlagen im Sozialbereich“. Das Fazit aus der grünen Personalentscheidung: Sozialpolitik und Antifaschismus werden wohl in Zukunft nicht die große Rolle spielen. SP: Rebellinnen unerwünscht

Brüssel, 7. Oktober: Belgische Feuerwehrleute zünden Autoreifen an (1), räuchern Polizisten ein (2) und besprühen sie danach noch mit Löschschaum (3). Sie demonstrieren für bessere Arbeitsbedingungen und ein höheres Budget. Schon im Februar 2012 gingen sie auf die Straße und protestierten gegen das Vorhaben der Regierung das Pensionsantrittsalter von 58 auf 65 Jahre anzuheben.

In der SPÖ sorgt unter linken, kritischen Mitgliedern für Unmut, dass Sonja Ablinger nicht mehr im Parlament sitzen wird. Die rote Führung hatte sie auf der oberösterreichischen Landesliste nur auf den (aussichtslosen) dritten Platz gereiht. Ablinger hatte den Fehler begangen, sich nicht nur für eine menschlichere Politik einzusetzen, sondern – Kardinalsünde – auch noch gegen den heiligen Klubzwang zu verstoßen. Die mutige Abgeordnete hatte gegen den Fiskalpakt gestimmt. In ihren eigenen Worten: „Der Fiskalpakt ist insgesamt die falsche Antwort auf die Krise, in der sich Europa befindet. Er verschlechtert die Lebenssituation der meisten Menschen in Europa durch die drastische Sparpolitik, die er erfordert, ohne dass sich die Verschuldungssituation der öffentlichen Haushalte verbessert.“ Schon zuvor war Ablinger äußerst positiv aufgefallen, als sie 2011 gegen die Verschärfungen im Fremdenrecht stimmte. Ganz im Gegensatz zu vielen blau-affinen „Genossen“ sind für Ablinger Themen wie Frauenrechte, Freiheit des Internets und Antirassismus politische Leitlinien: „Man sollte sich nicht immer ducken, denn dann hört man immer nur Herrn Strache. Das trägt dazu bei, dass die Ausländerfeindlichkeit zunimmt.“ Trotz des Einsatzes vieler SPÖ-Mitglieder, wie etwa der „Sektion 8“ in Wien, hat es Sonja Ablinger, wie vorherzusehen war, nicht in den Nationalrat geschafft. Rebellische, kritische Geister aus dem SP-Klub zu entfernen, soll wohl den Weg für einen weiteren Rechtsruck der Partei freimachen.


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Oktober 2013 Linkswende

DEBATTE

Wahlen 2013:

Ohne größeren Widerstand rückt Österreich nach rechts

Nach der Nationalratswahl beantwortet Manfred ECKER die Frage, wie wir Faschismus effektiv bekämpfen können.

U

von Karin WILFLINGSEDER

FPÖ gewann bei Arbeitern Die Arbeiter_innenpartei SPÖ verlor den größten Teil ihrer Stimmen von 2008 an die Nichtwähler_innen, mit 12% weit mehr als alle anderen. Frustrierte blieben zuhause, „nur“ 4% wechselten zur FPÖ. Die Mehrheit der wählenden Arbeiter (34%) stimmte, laut der Forschungsinstitute SORA und ISA, für die FPÖ. Es ist ein Drama, wenn so viele Arbeiter nach rechts gehen. Ständig nach rechts nach zu rutschen, wie es die anderen Parteien bei Rassismus und Sozialabbau machen, hat die Hemmschwelle, die FPÖ zu wählen, nur gesenkt. Eine Umfrage des Hayek-Instituts zeigte, das wichtigste Motiv, die FPÖ zu wählen, war Rassismus. Faymanns skurril wirkende Erleichterung am Wahlabend war nicht unberechtigt: Überall in Europa, außer in Deutschland, werden Sparpaket-Regierungen in der Krise abgewählt. Das Wahlergebnis ist zwar eine Ohrfeige für die Koalition, aber eine von der die allermeisten europäischen Regierungen nur träumen können.

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REVOLUTIONÄ

PRAXIS

von David ALBRICH

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evolutionäre Bündnispolitik orientiert sich an dem Verständnis für Einheitsfronten, die auf den Ebenen von Führungen und Basis verschiedener Arbeiter_innenorganisationen geschlossen werden. Zwei Gedanken sind dabei wesentlich. Zum einen verlangt der Kampf gegen die Angriffe des Kapitalismus und Imperialismus die größtmögliche Einheit. Die revolutionäre Minderheit ist zu klein, um den nötigen Widerstand gegen Faschismus, Unternehmeroffensiven oder Sparpolitik zu organisie-

Foto: Linkswende

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ie FPÖ erreichte ihr Wahlziel „20% plus“ und überstand ihre tiefe Krise. Im Frühjahr war der FPÖ-Kooperationspartner FPK bei der Landtagswahl in Kärnten auf 16,9% abgestürzt. Rund um den Achten Mai – als die Zivilgesellschaft am Heldenplatz das Totengedenken der Faschisten verhinderte – hatte die FPÖ ihren Tiefpunkt. Nach dem Wahldesaster demaskierten dann Neonaziskandale die FPÖ. Diesen aufgelegten Elfmeter verschoss der politische Gegner. Denn die Stimmung gegen die FPÖ wurde nicht im Wahlkampf der Konkurrenzparteien offenbart, sondern durch eine Studie von Fritz Plasser: 73% der Wähler_innen wollen die FPÖ geschwächt sehen! Linke Politik heißt nicht der verhetzten FPÖWählerschaft ein Angebot zu stellen, sondern den 73% FPÖ-Hasser_innen. Aber Faymann distanzierte sich sogar von türkischsprachiger Wahlwerbung. Die Grünen schöpften das Potenzial nicht ab. Sie waren mehr staatstragend und regierungsgeil als der Stimmung gerecht. Ihren fundierten Faschismusexperten Karl Öllinger haben sie aus dem Parlament ebenso rausgekickt wie die SPÖ die rebellische Antirassistin Sonja Ablinger. Die Frankfurter Allgemeine schrieb zu den österreichischen Wahlen: „Erst das Schweigen macht das Schreckliche salonfähig.“

Mit Schild und Schwert gegen Faschismus

Widerstand zeigte sich bei jeder Aktion – es gab nur zu wenig Aktionen

Die ÖVP schließt weiterhin eine Regierung mit der FPÖ nicht aus. Die Verbrechen der letzten ÖVP/FPÖ-Regierung hätten im Wahlkampf plakatiert werden müssen. Keine Gespräche mit Arbeiterfeinden Es ist erschreckend, dass sich mehrere ­SPÖ-, AKund Gewerkschaftsfunktionäre nicht scheuten, sich für Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ auszusprechen. Das widerspricht nicht nur diametral den Interessen der Lohnabhängigen ganz allgemein, es verstößt auch gegen die Statuten des ÖGB! Unter „Aufgaben des ÖGB“ steht dort als erster Punkt: „Der ÖGB ist zur... Bekämpfung des Faschismus, jeder Reaktion und aller totalitären Bestrebungen, zur Mitarbeit an der Sicherung des Weltfriedens... und zum Einsatz für Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern berufen und verpflichtet.“ Im Leitbild des ÖGB steht: „Der ÖGB kämpft für eine Gesellschaft in der Faschismus und Rassismus keinen Platz haben.“ Gespräche mit den Ewiggestrigen der FPÖ sind inakzeptabel. Wer diese fordert ist es ebenso! Es ist ein historischer Skandal, dass die Parteigründung des VdU (später FPÖ) als Sammelbecken ehemaliger Nationalsozialisten unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg zugelassen wurde. Die Schwächen der politischen Gegner lassen die FPÖ salonfähig erscheinen und wachsen. Wer dies künftig verhindern will, muss aktiv daran, eine starke und geeinte antifaschistische Bewegung zu formieren. Das rechte Wahlergebnis verdeckt nur zu leicht die Tatsache, dass 73% die FPÖ hassen.

Bündnisarbeit ren. Revolutionäre müssen daher mit anderen politischen Kräften, die möglicherweise langfristig andere Ziele verfolgen, kurz- und mittelfristig Bündnisse um gewisse Einzelthemen sicherstellen. Zum anderen müssen Revolutionäre die Unabhängigkeit ihrer Zeitung, Treffen und Agitation bewahren und ihre eigene Organisation aufbauen. Langfristig können die Übel wie Faschismus, Sexismus oder Rassismus nur beseitigt werden, wenn ihre Wurzel, das kapitalistische System, zerschlagen und durch Sozialismus ersetzt wird. Wenn revolutionäre Sozialist_in-

m Faschismus effektiv zu bekämpfen brauchen wir Schild UND Schwert. Einen Schild zu haben bedeutet in diesem Zusammenhang, antifaschistische Kampagnen gegen die Fortschritte der Faschisten auf ideologischem und politischem Terrain einsetzen zu können. Als Schwert brauchen wir die sozialen Kämpfe gegen Verarmung und Sozialabbau. „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“, so hat es Max Horkheimer, ein Vertreter der alten Frankfurter Schule, 1939 kurz vor Kriegsausbruch auf den Punkt gebracht. Faschismus erlebte erst durch den Ausbruch der Weltwirtschaftskrise einen Aufschwung und Krisen waren und sind ein integraler Bestandteil der kapitalistischen Wirtschaftsweise. Damals wie heute hatten die herrschenden Eliten nur wenig Phantasie, wie sie ihre kapitalistische Wirtschaft wieder in Schwung bringen könnten. Ihre Strategien verwirklichten sie in verschiedenen Abstufungen der Brutalität auf Kosten der „kleinen Leute“. Die Verzweiflung, vor allem der Kleinbürgerlichen, brachte den Faschisten europaweit Massenzulauf. Die Hartnäckigkeit der Krise und das politische Chaos schwächten die etablierten bürgerlichen Parteien, während die Faschisten deren Basis einsammelten. Die Arbeiter_innenbewegung wäre zumindest in Italien, Österreich und Deutschland stark genug gewesen, gegen die Faschisten (Schild) und für eine neue soziale Ordnung (Schwert) zu kämpfen, aber sie war politisch dazu nicht in der Lage oder nicht willens. Auch heute sehen die Menschen in Europa deutlich, dass ihr Lebensstandard und der kommender Generationen gefährdet

ist. Wer den Widerstand gegen diese Politik organisiert, wird interessant für die Massen. Faymann will dem Merkel-Kurs folgen und wird auf Unmut in der Basis treffen. Es braucht einen koordinierten Protest, der von den Basisgewerkschaftern in den Betrieben getragen wird. Wenn die nächsten Angriffe auf Pe n s i o n e n und andere soziale Errungenschaften kommen, dann darf Parteiräson keine Rolle mehr spielen, dann muss man eine echte Protestbewegung aufbauen. Die Linke muss in der Auseinandersetzung mit den Rechten in die Offensive gehen. Beginnen kann sie damit schon heute, indem sie sich in die Koalitionsverhandlungen einschaltet. Die Basis in der SPÖ und in den Gewerkschaften kann sich ihrer Führung beim Kurs nach rechts in den Weg stellen. Sie kann ein Nachgeben bei den Forderungen nach Arbeitszeitflexibilisierung verhindern oder bei den Vorstellungen der Industrie über den Pensionsabbau – Themen und Anlässe gäbe es genug. Wir Linken müssen dabei eine Rolle spielen. Aber all das wäre nicht ausreichend, wenn man nicht gleichzeitig politische Kampagnen gegen die Bedrohung durch Faschismus aufbaut. Wir sind in der seltsamen Position, dass die FPÖ von den Parlamentsparteien zwar als rechts wahrgenommen wird, aber sie alle finden scheinbar nichts daran, dass die „Nachfolgepartei der NSDAP“ (Anton Pelinka) eine Fraktion im Parlament und den Gewerkschaften stellen darf. Hier gibt es für die antifaschistische Bewegung noch sehr viel zu tun, bis sich das Bewusstsein durchsetzt, dass dieser Missstand behoben gehört.

In dieser Serie erarbeiten wir uns das Rüstzeug für revolutionären Aktivismus

nen gemeinsam mit Menschen, die an Veränderung über Reformen glauben, kämpfen, können sie in der Praxis beweisen, dass ihr Ansatz richtig ist und die Menschen an der Basis für den revolutionären Pol gewinnen. Diese Form der Bündnispolitik ist also eine Methode, mit politischen Kräften rechts von Revolutionären und zugleich gegen ihr Politikverständnis zu arbeiten. In der Einheitsfrontpolitik lauern auch Gefahren. Erstens kann die Übereinstimmung zwischen den Ideen der verschiedenen Kräfte überschätzt werden. Millionen Aktivist_innen gingen seit Seat-

tle 1999 gegen Kapitalismus auf die Straße – gerade diese Proteste waren von einer weitgehenden Ablehnung aller Parteien, auch der leninistischen Partei, gekennzeichnet. Die Anwendung der Einheitsfront auf Wahlbündnisse ist besonders gefährlich, da man sich hier auf eine ganze Reihe von Themen in Form eines Programms einigen muss. Zweitens kann die Einheitsfront plötzlich alles bedeuten, die Partei nichts. In Österreich gibt es keine Linkspartei. Der Weg dorthin führt nicht über die Auflösung der eigenen Organisation und den Aufbau eines Bündnisses der radi-

kalen Linken, die fast durchwegs von der Arbeiter_innenklasse isoliert ist. Eine neue Linkspartei kann über Einheitsfronten gegen Sparpakete, etc. entstehen, wenn Teile der Sozialdemokratie infolge einer Auseinandersetzung mit ihrer Führung brechen. Genau deshalb strecken die Führungen der Sozialdemokratie und Gewerkschaften anderen Kräften nur zögerlich die Hand aus und halten ihre Basis über ritualisierte und limitierte Proteste an der kurzen Leine (siehe Sozial- und Pflegebereich in Oberösterreich und Wien, Sparpakete in der Steiermark).


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Linkswende Oktober 2013

Gewerkschaftsbasis gegen Sparpolitik:

I

m Frühjahr dieses Jahres starteten ein paar Gewerkschafter_innen und Betriebsrät_innen eine eigenverantwortliche Aktion, um gegen die weitere Sparpolitik im eigenen Land, aber auch in der EU zu protestieren. Man kann auch sagen, diese Menschen haben es satt auf Diktate von „oben“ zu warten und zuzuschauen, wie die einseitigen Kürzungen den „Normalbürger“ und vor allem Schwächere immer mehr belasten, während die Vermögenden geschont werden. Sie ließen Postkarten mit der Aufschrift „Löhne und Pensionen bestimmen wir!“ und einer Erklärung, warum das so sein soll, produzieren. Adressiert an Bundeskanzler Faymann. Diese Postkarten verteilten sie unter den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, mit dem Hinweis, sich ebenfalls zu wehren. Der Gedanke dahinter: Je mehr Menschen sich das einseitige Spardiktat nicht mehr gefallen lassen wollen, umso eher muss sich die Regierung damit befassen und sich etwas Besseres überlegen. Im Grunde genommen eine Rückendeckung für Faymann, der sagen kann, die österreichische Bevölkerung wird keine weiteren Verschlechterungen im Sozialbereich mehr hinnehmen, dafür haben viele Arbeitsnehmerinnen und Arbeitnehmer unterschrieben. Konkreter Anlass war im Juni dieses Jahres das Treffen des EU-Rats mit den Regierungsbossen der einzelnen EU-Länder, um einen Pakt zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion zu schmieden. „Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion“ bedeutet übersetzt: Wichtig sind den EU-Granden die Wirtschaft und das Kapital! Um Wirtschaft und Währung zu schützen, fällt den Regierungsspitzen nichts anderes als Sparen ein. Sparen bei Sozial(gegen)leistungen, Sparen bei Pensionen, Sparen bei Löhnen, usw. Dass diese Maßnahmen die Staats-

schulden nur noch mehr in die Höhe treiben, ist logisch. Denn wenn den Menschen immer weniger Geld zum Leben bleibt, wird auch der Staat immer weniger einnehmen. Es kam jedoch kein Aufschrei der sozialdemokratischen Regierung für die Menschen und gegen das Spardiktat von Merkel, Barroso und der Lobby im Hintergrund, den Banken und Konzernen. Doch die erwähnten Gewerkschafter und Betriebsräte haben beschlossen, sich dagegen zu wehren und auch andere davon zu überzeugen, dass es Sinn macht, etwas selbst in die Hand zu nehmen. Nachdem über einhundert Postkarten beim Bundeskanzler eingelangt waren, pfiff dieser die Gewerkschafter via Gewerkschaftsführung zurück. Die Gewerkschaftsführung hatte davon offensichtlich nichts gewusst und prangerte die Aktivist_innen an. Besonders störte sie der Vordruck auf den Postkarten, wonach das Porto beim Empfänger – dem Bundeskanzleramt – einzuheben sei. Ein großer Streitpunkt war auch, dass das offizielle ÖGB-Logo für diese Aktion verwendet wurde, wo doch angeblich niemand von der ÖGB Führung diese Aktion guthieß. Viele Funktionär_innen waren sehr enttäuscht, dass von „oben“ einfach diktiert werden kann, wann man etwas zu beenden hat, wann etwas zu beginnen hat, was man zu tun hat… Auch ein Gewerkschafter und sozialdemokratischer Vizebürgermeister verlangte eine Erklärung, warum diese Aktion nicht als eine Art Unterstützung des Volkes für eine Gegenposition in den späteren Verhandlungen angesehen wird. Einige waren aber auch auf die Organisatoren der Aktion sauer, weil sie sie nicht gut genug vorbereitet und durchdacht haben. Ansonsten hätte sie höchstwahrscheinlich zu einem Zwischenerfolg geführt und die Motivation für weitere engagierte Menschen wäre ein Vielfaches.

Foto: Linkswende

Porto zahlt Empfänger!

Widerstand gegen Verschlechterungen im Lehrerdienstrecht

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ie Initiative für ein faires Dienstrecht für LehrerInnen rief zu einer Demonstration gegen die Sparpläne der Regierung auf. Über 500 Personen beteiligten sich am Protest. Lehramtsstudierende und Junglehrer_innen wehren sich u.a. gegen die Pläne der Regierung, mit dem neuen

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Kündigung von der Gebietskrankenkasse bekommen hätte, macht nur die Hälfte der Entgeltfortzahlung aus. Bei ihrem Bruttomonatslohn von 876 Euro wäre das existenzgefährdend für die Reinigungskraft gewesen. Das ist kein Einzelfall. Eine AK-Online-Umfrage im Juni 2013 ergab, dass 90 Prozent der Arbeitskräfte schon einmal krank arbeiten gegangen sind. Knapp neun Prozent der Befragten seien im Zusammenhang mit Krankenstand zu einer Kündigung gedrängt worden. Und weitere elf Prozent wurden tatsächlich im Krankenstand gefeuert.

– Lehrverpflichtung im ersten Jahr sollen Junglehrer_innen auch noch ihren Master absolvieren. Wer zu lange braucht, kann gekündigt werden. „Nicht mit uns!“, sagt die Initiative für ein faires Dienstrecht für LehrerInnen und kündigt weitere Proteste an. Stellungnahme siehe Seite 6.

Krise und Sparzwang in Europa:

43 Millionen können sich Essen nicht mehr leisten von Hannah KRUMSCHNABEL

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ine neue Studie der Hilfsorganisation Rotes Kreuz über die Folgen der Wirtschaftskrise hat ergeben, dass in Europa 43 Millionen Menschen nicht genug zu essen haben. 8,9% der Europäer_innen leben unter der Armutsgrenze. Das Rote Kreuz stellt im Zusammenhang damit auch fest, dass der Bedarf an ihrer kostenlosen Nahrungsmittelausgabe allein in den letzten drei Jahren um

Suppenküche in der Wirtschaftskrise der 1930er

75% gestiegen ist und 3,5 Millionen Menschen erreicht. In Anspruch genommen wird sie nicht nur von den „sichtbaren“ Armen wie Obdachlosen, sondern zunehmend auch von „Working Poor“, also arbeitenden Menschen mit zu geringem Einkommen, und denen, die durch die Krise arbeitslos geworden sind. Sie sind in einer Lage, in der sie sich von Monat zu Monat zwischen dem Bezahlen der Miete und ausreichend zu essen entscheiden müssen. Besonders dramatisch ist die Lage in Spanien, wo seit dem Wirtschaftseinbruch und den ständigen Sparmaßnahmen der Regierung die Arbeitslosenquote bis auf 27% im Jahr 2013 angestiegen ist – hier nehmen sogar 1,2 Millionen Menschen die Nahrungsmittelhilfe des Roten Kreuzes in Anspruch. Auch in Österreich sind es immerhin 80 Ausgabestellen, die heuer voraussichtlich an 160.000 Bedürftige Lebensmittel verteilen werden. Die Folgen von Krise und Armut betreffen, so ergab die Studie, auch und besonders die psychische Gesundheit. Vor allem depressive Erkrankungen werden durch großen Stress, Mehrfachbelastungen oder Arbeitslosigkeit immer häufiger, und damit auch die Nachfrage nach dem psychosozialen Dienst des Roten Kreuzes. Doch diese Entwicklung fällt ausgerechnet zusammen mit den europaweiten Versuchen der Regierungen, im Gesundheitssystem einzusparen.

EU-weite Umfrage:

Nach Operation gekündigt ine Frau, die sechs Jahre als Teilzeitkraft bei einer Reinigungsfirma arbeitete, wurde gekündigt, weil sie sich operieren lassen musste. Das Unternehmen wollte ursprünglich, dass sie das Arbeitsverhältnis einvernehmlich auflöst, bis sie wieder gesund wäre. Die Frau wollte aber nicht kündigen und auf die ihr zustehende Entgeltfortzahlung verzichten. Sie wurde daraufhin gefeuert. Die Arbeiterkammer (AK) hat dies angefochten und erreichte dass die Reinigungsfirma die Kündigung zurückziehen musste und die Angestellte ihren Job behält. Das Krankengeld, das sie im Falle der

Dienstrecht die Lehrverpflichtung zu erhöhen. Entgegen der Behauptungen der Regierung von „mehr Geld“ sinken damit sowohl der Stundenlohn als auch das Monatsgehalt, während gleichzeitig der Arbeitsaufwand untragbar würde. Denn neben der vollen – statt wie bisher stark reduzierten

D

60% wollen Alternative zur Sparpolitik

er Zwang zum Sparen wird uns – nicht erst seit der Wirtschaftskrise, aber ganz besonders in den letzten Jahren – als Lösung ohne Alternativen verkauft. Diese ewig gleiche Leier („Ein Staat darf seinen Kindern keine Schulden vererben!“, „Der Standort Österreich muss wettbewerbsfähig bleiben!“), vorgetragen von aalglatt-kompetenten Technokraten, schleift sich ein. So sehr, dass allein durch die ständige Wiederholung am Ende wirklich die „Austeritätspolitik“ à la Merkel als einzig vernünftige Antwort auf die Krise

erscheint. Die Strategie, den Sparkurs und die beinharte Politik im Interesse der eigenen Banken und Konzerne, der großen Masse der Krisenverlierer_innen als Eigeninteresse zu verkaufen, hat der deutschen CDU/CSU eine beinahe absolute Mehrheit verschafft. Anders sieht das Stimmungsbild aber aus, wenn ohne beschönigendes Blabla nach dem tatsächlichen Erfolg der Maßnahmen gefragt wird. Das tat eine EU-weite Gallup-Umfrage im September – und siehe da, nur 5% der Be-

fragten denken, dass die Krisenpolitik funktioniert, weitere 34% glauben den Politikern, dass ein Erfolg eben noch Zeit brauche. Doch eine Mehrheit von 51% der Befragten, sagt klar: „Die Austeritätspolitik funktioniert nicht.“ In Österreich meinen das sogar 68%. Eine überwältigende Mehrheit von 77% denkt außerdem, dass diese Form der Krisenpolitik nur bestimmten Ländern, speziell Deutschland, hilft. Und vor allem: 60% (und 66% in Österreich) glauben, dass es bessere Alternativen gibt!


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Oktober 2013 Linkswende

Postfach

Nur gemeinsam sind wir stark!

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lementarpädagogik ist hochqualifizierte Arbeit und bildungspolitisches Niemandsland im Aufbruch. Der neue Schwung tut Not: Es existieren über 60 verschiedene Dienstrechte und jedes Bundesland hat sein eigenes Kindertagesheim-Gesetz. Einen einheitlichen Kollektivvertrag gibt es nicht. Für die Beschäftigten des außerschulischen Bildungsbereiches sind vier verschiedene Teilgewerkschaften zuständig. Zusätzliche Spaltungsmechanismen waren unterschiedliche Fraktionen und pädagogische oder ideologische Unterschiede der Kindertagesheim-Betreiber. Außerdem ist Österreich das einzige Land in Europa mit einem nicht-akademischen Abschluss für Elementarpädagog_innen, seit in Malta vor kurzem eine tertiäre Ausbildung eingeführt wurde. Die nötige Wertschätzung für die verantwortungsvolle und gesellschaftlich wichtige Leistung der Kolleg_innen fehlt. Die Entlohnung und die Rahmenbedingungen entsprechen den komplexen Anforderungen nicht im Geringsten, die Umstände sind jedoch oft unzumutbar. Derzeit liegt der Betreuungsschlüssel in Österreich bei 25 Kindern pro Gruppe (EU-Empfehlung wäre max. 16). Eine Kindergartengruppe wird von einer Vollzeitpädagogin und einer (Teilzeit-)Hilfskraft betreut. In der Nachmittagsbetreuung und im Hort ist die Betreuungssituation trotz hohem Förderbedarf und mannigfachen Interessen der Kinder keinen Deut besser. Zu viele Kinder, zu viele verschiedene Gesetze, zu wenig Platz, zu wenig Zeit und zu wenig Gehalt – so lassen sich die Rahmenbedingungen der Elementarpädagog_innen zusammenfassen. Zeit für Veränderungen! Der Univ. Prof Dr. Ernst Berger, Kinderund Jugendpsychiater, stellte klar: „Die Arbeitsbedingungen der Pädagog_innen sind die Lebensbedingungen unserer Kinder.“ Wenn es der Politik ernst ist mit der Aussage, dass das Fundament für den weiteren

LEHRERDIENSTRECHT

Die hier veröffentlichten Briefe und Berichte repräsentieren nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion von Linkswende.

Das Warten bringt mich um! Seit März 2011 werd ich jeden Wochentag umgebracht – montags bis freitags, wenn ich meine Post hole in Erwartung eines Briefs von der Asyl-Behörde. Aber wieder nichts. Es heißt: Warten auf den nächsten Tag. Warten auf die Post. Warten, dass endlich der Brief kommt. Aber er kommt nicht. Hast du schon mal auf etwas

SCHREIB UNS Linkswende lebt von Kommentaren, Reaktionen und Berichten. Deshalb die Bitte an dich: Schreib uns! Wir freuen uns über Post und drucken gerne die eingesendeten Beiträge ab. E-Mail: redaktion@linkswende.org Post: Linkswende Kettenbrückeng. 5/102 1050 Wien

gewartet? Für ein paar Stunden, einen Tag, eine Woche. Wenn ja, dann kannst du dir vorstellen, wie sehr ich darunter leide und wie mich das Warten umbringt. Manchmal, nachdem ich das Postkastl aufgemacht hab‘ und wieder nichts drinnen war, bringt es mich zum Weinen und laut Schreien. Ich weiß wirklich nicht, wie oft ich noch weinen muss, wie lang ich noch warten muss und ob mich das Warten umbringt bevor der Brief endlich da ist. Ich erinnere mich noch an den ersten Monat als ich hierher kam. Damals hat mir ein Mitbewohner gesagt, dass er schon drei Jahre wartet. Ich war geschockt und hab mich gefragt, wie das möglich sein soll, drei Jahre lang auf den Bescheid von deinem Asylverfahren zu warten. Mir ist jetzt dasselbe passiert wie ihm: Seit fast drei Jahren warte ich – und er fast sechs Jahre. Wegen dieser Warterei hat er

Bildungsweg der Kinder im Kindergarten beginnt, dann muss sie auch dementsprechend handeln. Wir, die Wiener GPA-djp-Betriebsrät_innen der privaten Wiener Kindergärten, Horte und Nachmittagsbetreuung, haben uns vernetzt, um gemeinsam stärker für dringende Verbesserungen eintreten zu können. Wir lassen uns nicht mehr spalten! Gewerkschaftsübergreifend haben wir erste Schritte geschafft: Zur bunten und lautstarken Großdemonstration „Kindergarten: Achtung Einsturzgefahr“ im Oktober 2012 kamen tausende Kolleg_innen von der GdG, VIDA und GPA-djp. Es war die erste übergreifende De-

Flüchtlinge holen sich bei Ute Bock ihre Behördenpost ab

zum Rauchen angefangen. Wegen dieser Warterei hat er psychische Probleme. Und genau dasselbe passiert auch mir. Ich bin jetzt krank und habe psychische Probleme. Angst, Schlaflosigkeit, zittrige Hände, mit jedem und jeder über mein zukünftiges Leben zu sprechen, weinen, Selbstgespräche – all das ist das „Geschenk“, das mir das Warten brachte. Oder anders gesagt: es ist das kostbare Geschenk meines Richters, der mich zum Warten verdammt. Seit Jahren muss ich schon mei-

monstration des außerschulischen Bildungsbereiches. Wir haben 7.600 Unterschriften gesammelt und übergaben diese an Nationalratspräsidentin Barbara Prammer im März 2013 für die Parlamentarische Bürgerinitiative „Bundesrahmengesetzes zur Struktur und Organisationsgestaltung für elementarpädagogische Einrichtungen und Horte“. Die Themenplattform Mit der Gründung der „Themenplattform Elementar-, Hort- und Freizeitpädagogik“ setzen wir Wiener Betriebsrät_innen einen nächsten Schritt hin zu einer permanenten Struktur. Am

Marjan

29. Oktober findet die Präsentation unserer neuen Themenplattform mit der Vorstellung der gemeinsamen Ziele und der Akteur_innen statt. Prominente Gäste solidarisieren sich mit berechtigten Anliegen. Wir hoffen auf viele Kolleg_innen und Interessierte für einen lebendigen Austausch der Ideen. Denn wir wissen, alles Gute kommt nicht von oben. Es wurde und wird immer von unten erkämpft. Wir haben bereits einen langen Atem bewiesen und stellen uns selbstbewusst den künftigen Herausforderungen. Karin Wilfingseder Betriebsratsvorsitzende Verein StudentInnenkinder

Sparpaket zu Lasten aller Beteiligten alle LehrerInnen gleich viele Stunden in der Klasse stehen. Das führt zu mehr Ungleichheit als heute. Außerdem gibt es unterschiedliche Fächerzulagen für die Unterstufe und die Oberstufe, sodass z.B. eine Mathematiklehrerin der 8. Schulstufe weniger verdient als eine Mathematiklehrerin der 9. Schulstufe.

Die Initiative für ein faires Dienstrecht für LehrerInnen (IFLD) versteht sich als unabhängige, überparteiliche Gruppe von JunglehrerInnen, LehramtstudentInnen und UnterrichtspraktikantInnen. In dieser Stellungnahme stellt sich die Initiative vor und entlarvt was wirklich hinter dem neuen Lehrer_innen-Dienstrecht steckt.

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ne Psychopharmaka schlucken. Und dieses Gift muss ich nur wegen der Warterei nehmen. Es gibt mehr als tausend Asylwerbende in Österreich. Alle haben ihre eigene Geschichte, aber das Warten ist allen gemein. Ich hoffe, ihr alle drückt mir die Daumen, damit die Warterei bald ein Ende hat, damit ich nicht fünf Tage in der Woche tausend Tode sterbe und damit mein Brief bald kommt. Wartend…

s geht um einen Dienstgeber, der ein Bildungssystem ausbluten lassen möchte und es der Bevölkerung als Gewinn verkauft. Wir wünschen uns ein faires Dienstrecht für LehrerInnen, das uns ermöglicht, unsere SchülerInnen bestmöglich zu betreuen und zu begleiten. Und wir wünschen uns eine faire Berichterstattung in den Medien. Darum geht es. Und dafür setzen wir uns ein. Auch wenn das Bildungsministerium immer wieder behauptet, dass das neue Dienstrecht Verbesserungen bringt, so bleibt es doch ein Sparpaket zu Lasten aller Beteiligten – der SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen. Leider wird sehr vieles von dem, was wirklich auf die Schulen zukommt, verschwiegen. Deshalb möchten wir auf die Probleme des neuen Dienstrechts aufmerksam machen.

Die Junglehrer sind alles andere als zufrieden mit dem neuen Dienstrecht Foto: Linkswende

Was verschweigt das Ministerium? Behauptet wird: LehrerInnen werden künftig mehr Zeit mit den SchülerInnen verbringen. Verschwiegen wird: LehrerInnen werden zusätzliche Klassen übernehmen müssen, was weniger Zeit für jedes einzelne Kind bedeutet. Behauptet wird: Es handelt sich um eine Erhöhung der Lehrverpflichtung um etwa zwei Stunden. Verschwiegen wird: Für LehrerInnen der derzeitigen Lehrverpflichtungsgruppe I (Sprachen) erhöht sich die Lehrverpflichtung um sogar

sieben Stunden! Dabei handelt es sich um die reine Unterrichtszeit, die zusätzlichen Vor- und Nachbereitungsstunden müssen natürlich auch noch dazugerechnet werden. Behauptet wird: Es gibt attraktivere Anfangsgehälter. Die Gewerkschaft rechnet falsch. Verschwiegen wird: Das Ministerium vergleicht das Einkommen einer vollbeschäftigten Lehrperson im alten System (z.B. Deutsch und Englisch, 17 Unterrichtsstunden) mit dem Einkommen einer vollbeschäftigten Lehrperson im neuen System (ebenfalls Deutsch und Englisch,

allerdings 24 Unterrichtsstunden). Richtigerweise müsste man die Arbeitszeit mit einbeziehen und eine Vollbeschäftigung heute mit Überstundenzuschlägen mit dem neuen System vergleichen: Dann sieht man die Verluste. Wenn man die gleichzeitige Erhöhung der Arbeitszeit in die Rechnung mit einbezieht, ist das neue Dienstrecht von Anfang an eine Verschlechterung. Behauptet wird: Endlich werden alle LehrerInnen gleich behandelt. Verschwiegen wird: Unabhängig davon, wie viel für ein Fach vor- und nachbereitet wird, sollen künftig

Behauptet wird: Es wird keinen LehrerInnenmangel mehr geben. Verschwiegen wird: Durch das neue Dienstrecht können LehrerInnen dazu verpflichtet werden, Fächer zu unterrichten, für die sie keine Ausbildung haben. In den Naturwissenschaften ist der Mangel derzeit aufgrund der besseren Arbeitsbedingungen in der Privatwirtschaft besonders groß. Mithilfe des Dienstrechts könnten nun z.B. Geschichtelehrer dazu verpflichtet werden, Physik zu unterrichten. Ob das den Mangel auf eine sinnvolle Art und Weise beseitigt, ist fraglich. Initiative für ein faires Dienstrecht für LehrerInnen Diese Stellungnahme wurde redaktionell bearbeitet. Das Original und weiter Informationen auf: ifld-blog.at


Linkswende Oktober 2013

„Voll motiviert!“ statt „Null Bock!“ Beweise, dass du wirklich studieren willst

ÖSTERREICH

sind, heißt es, das Motivationsschreiben soll Fragen beantworten, wie: Wie haben Sie von der Stelle oder dem Unternehmen erfahren? Das soll eine Verbindung mit dem künftigen Arbeitgeber schaffen. Die eigentliche Übersetzung ist aber: Welche Kontakte haben Sie? Oder die Grundfrage: Warum sind gerade Sie am besten für diese Stelle geeignet? Heißt: Was sind die Eigenschaften, die wir besonders gut ausbeuten können? Wie steht es mit Ihrer Motivation? Heißt: Wie viele unbezahlte Überstunden sind Sie bereit zu leisten, um Ihren Job zu behalten? Wie teamfähig sind Sie? Heißt: Neigen Sie zu Aufmüpfigkeit oder legen Sie etwa keinen Wert darauf, bei jedem beliebt zu sein? Und so weiter. Übrig bleiben Ehrgeizlinge und die Elite

Die Universität als Heimat kritisch denkender Menschen ist ein Märchen, das immer wieder gern erzählt wird. Zumindest in der Führungsriege ist man streng konservativ und neoliberal, meint Katharina NAGELE.

W

issenschaftsminister Karlheinz Töchterle (ÖVP-nahe) arbeitet unermüdlich daran, kritisches Denken auszumerzen. Jüngster Geistesblitz von Töchterle: Warum erst während des Studiums Gebühren kassieren, wenn man schon bei den Aufnahmeprüfungen die Hand aufhalten kann? Damit soll die Anmeldung zu den Aufnahmeverfahren, wo regelmäßig weniger Personen auftauchen, als sich angemeldet haben, „verbindlicher“ werden. Für all jene, die sich vorsorglich an mehreren Hochschulen anmelden, falls es an der gewünschten Institution nicht klappt, ist das nicht nur ein technisches Problem. Und Aufnahmeverfahren sind nicht nur eine Methode, um den Mangel an Studienplätzen aufgrund des Unwillens mehr Geld für Bildung in die Hand zu nehmen, auszugleichen. Sie sind auch ein Signal: Junge Menschen, die erwarten, sich an einer Universität ein tieferes Wissen über die Welt erarbeiten zu können und die dabei riskieren, Fehler zu machen und Irrwege zu gehen,

sollen durch Aufnahmeverfahren gleich zu Beginn aussortiert werden. System fordert Verlogenheit Ein Blick über die Grenzen macht deutlich, wohin die Reise geht: In Deutschland wurde der Numerus Clausus an vielen Unis durch ein Bewerbungsverfahren ersetzt, das Motivationsschreiben einschließt. In den USA und in Großbritannien ist das schon seit Jahrzehnten Standard. Wer erwerbstätig ist, kennt Motivationsschreiben ebenso: In einem Begleitschreiben zu Lebenslauf und Zeugnissen ist man als Bewerber_in gezwungen, einen Seelenstriptease hinzulegen. Das ganze Schreiben soll vermitteln, dass man für die Stelle maßgeschneidert ist – egal, ob man als Verkaufskraft, Kellner oder Putzfrau ganz einfach nur Geld verdienen will. Gerade jemand, der grundsätzlich auf Arbeitssuche ist oder sich an mehreren Unis bewirbt, kann gar nicht anders, als maximale Verlogenheit an den Tag zu legen. In einschlägigen Leitfäden, wie Bewerbungen richtig zu schreiben

Dass diese oft demütigende Prozedur auch an den Universitäten eingeführt werden soll, ist längst entschieden. Im Frühjahr fand der Testlauf der neuen Anmeldeverfahren für Architektur, Biologie, Pharmazie und Wirtschaftswissenschaften statt. Einzelne Unis verlangten bereits Motivationsschreiben. Andere ließen Interessent_innen ein „Self-Assessment-Center“ durchlaufen, einen Internetfragebogen, mit dem man sich mit den eigenen Motiven für die Studienwahl auseinander setzen soll. Diese Form des Bittbriefs auch an den Universitäten einzuführen bedeutet, dass zwei Typen von Studierenden übrig bleiben sollen: Jene, die mit einem goldenen Löffel im Mund geboren wurden und deren tieferes Forschungsinteresse darin besteht, die herrschenden Meinungen und Machtverhältnisse zu reproduzieren, weil das auch ihre eigene bevorzugte Stellung in der Gesellschaft einzementiert. Und jene, die in der Hoffnung in diesen erlauchten Kreis vorzudringen, bereit sind, jeden Studieninhalt weitgehend kritiklos in Rekordzeit wiederzukäuen um am Ende des Studiums als biegsame, hoch qualifizierte Arbeitskräfte der wirtschaftlichen Verwertung zugeführt zu werden. Wer weiß, vielleicht führt einen das Hamsterrad namens Karriere bis ganz an die Spitze und man wird womöglich Wissenschaftsminister.

Frischer Wind NEOs? Die Partei der Unternehmensberater Die NEOs haben den Einzug in den Nationalrat geschafft und werden seitdem medial für die bloße Tatsache „frischer Wind“ zu sein, geradezu verehrt. Vom altbekannten Neoliberalismus der Partei berichtet Hannah KRUMSCHNABEL.

S

chon lange warten die Meinungsmacher_innen bei Presse und Co auf eine liberale Partei ohne Ballast von der FP, auf eine Partei, deren unsoziale Wirtschaftspolitik man frei von gesellschaftlichem Konservativismus als modern hinstellen kann. Doch auch wenn sie im Standard-Interview noch so darum betteln, nicht als „neoliberale Säcke“ wahrgenommen zu werden: Genau das sind die NEOs. Als neuer Heiland werden sie nun ausgerechnet in der Bildungspolitik gefeiert. Wofür, das ist die Frage. Denn ihr „Programm“ besteht hier im Wesentlichen darin, Parteipolitik abzulehnen und die Schulen einem hohen Konkurrenzdruck zu unterwerfen. „Die Förderungen sollen den Schülern folgen“, das bedeutet im Klartext eine Aufwertung der Privatschulen und ein Abwirtschaften der Standorte in sozial schwachen Gebieten. Genauso würde ein Kampf um die besten Lehrer_innen durch die einzelnen Direktor_innen

nur den ohnehin „guten“ Schulen nutzen und den „Problemschulen“ nur mehr die Reste, anstatt wie wünschenswert, die fähigsten Pädagog_innen, überlassen. Zum drängenden Problem, dass in unserem Schulsystem im Moment soziale Ungleichheit verstärkt wird, sucht man vergeblich eine Position. Das politische Programm der NEOs strotzt vor Begriffen wie „Eigenverantwortung“ und „Effizienz“ und ist durchgängig wirtschaftsliberal, auch und gerade in den Details. Da wird im Bereich Gesundheit und bei der Problematik der ausgehungerten Krankenhäuser ausgerechnet gefordert, Spitäler zu verkleinern und dafür niedergelassene – also private – Gesundheitszentren zu fördern. Das würde nicht, wie dringend nötig, zu einer besseren Gesundheitsversorgung am Land führen, sondern das öffentliche System schwächen und auf Kosten der Allgemeinheit gehen. Da sollen in den Universitäten staat-

liche Mittel – und selbstverständlich Studiengebühren – „ergebnisorientiert“ und „leistungsbezogen“ zugeordnet werden, sodass am Ende wohl nur mehr marktwirtschaftlich verwertbare Forschung übrigbleibt. Dass die NEOs im Bereich „Arbeit“ die Kollektivverträge aufweichen und nur mehr Mindeststandards aushandeln wollen, dass sie die Frage der Arbeitszeiten komplett den einzelnen Unternehmen überlassen wollen, dass ihnen zum Problem der Arbeitslosigkeit vor allem der „Anreiz zur Erwerbstätigkeit“ und der Schutz vor „Sozialmissbrauch“ einfällt und zur Flüchtlingsproblematik (nachdem sie sich von ihrer Unterstützung für Frontex doch noch distanziert haben) den Afrikaner_innen die Migration durch ein „realistisches Bild“ von Europa

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USA

Shut-Down Folgen dummer Schuldenbremse

von Judith LITSCHAUER

I

n den USA werden laufende Staatsausgaben einfach eingestellt, weil keine Einigung bezüglich des Budgets besteht. Dies zeigt, welch verheerende Auswirkungen eine „Schuldenbremse“ haben könnte, die in vielen europäischen Ländern mittlerweile verfassungsmäßig verankert ist. Über eine Woche lang sind hunderttausende Staatsangestellte nun schon „auf Pause gestellt“ – ohne Lohn natürlich. Und weitere Hunderttausend arbeiten weiter, aber ohne Garantie auf Gehalt. Die Grundversorgung wurde großflächig eingestellt: vorschulische Bildungsprogramme, Essen auf Rädern und das Ernährungsprogramm für Frauen, Babies und Kinder sind von den Kürzungen betroffen. Geschätzte 19.000 Kinder können deshalb nicht die Vorschule besuchen. Die Unterstützung für mehr als vier Millionen Menschen im Rahmen der akuten Sozialhilfe wackelt. In machen Bundesstaaten warnen Behörden, dass ihre Mittel zur Unterstützung von Haushalten mit niedrigem Einkommen bis November aufgebraucht seien, sollte der Shut-Down andauern. Dies würde bedeuten, dass die Ärmsten ihre Häuser nicht mehr heizen könnten. Die ­­­Lebensmittel­aufsichts­­­­­be­­hörde hat ihre Angestellten nach Hause geschickt, wodurch Kontrollen von Nahrungsmitteln ausbleiben. Arbeitsplatzinspektionen werden nicht mehr durchgeführt, genauso wenig wie Inspektionen von Giftmüll-Stätten. Gleichzeitig beziehen Kongressmänner und –frauen weiterhin ihre bis zu 15.000 Euro monatlich. Hier wird klar, was Schuldenbremse & Co bedeuten: Arbeiter_innen und die Ärmsten zahlen die Zeche für die Politik der Reichen. Wir brauchen ein klares NEIN zu Schuldenbremsen!

auszureden – das alles zeigt ihren Zynismus gegenüber Arbeiter_innen und Armen. Auch die personelle Zusammensetzung der Parteispitze spricht Bände. Spitzenkandidat Strolz und die Wiener Frontfrau Meinl-Reisinger haben lange in der ÖVP in Schlüsselpositionen gearbeitet, konnten aber in der Partei nicht aufsteigen. Fast alle prominenten NEOs gehören der Unternehmerseite an und sind verankert in Wirtschaftskammer oder –bund. Vom Unternehmensberater (Strolz), über den Personalentwickler bei der Sparkasse (Loacker) oder den Gesellschafter eines Management-Unternehmens (Pock), bis zum Danone-Geschäftsführer (Vavrik) kommt die angebliche Wirtschafts- und Sozialkompetenz der NEOs aus der Perspektive

der Bosse. Gerade Matthias Strolz inszeniert sich auch persönlich als hipper Vertreter der bürgerlichen Elite. Mit seinen Hobbies Schwitzyoga, Fasten und Selbstfindung im Wienerwald scheint er repräsentativ für die „Neosphäre“, in der laut Falter „die Sprösslinge der Döblinger und Hietzinger Regimenter“ Prosecco trinken und der Mittagsimbiss selbstverständlich aus Sushi und Bio-Obst besteht. Ausgerechnet der Großfinanzier Haselsteiner tritt als einziger für Reichensteuern und soziale Großzügigkeit ein, ist aber nach neuen Profil-Berichten selbst für die Strabag in Ungarn in Korruption verwickelt. Im Standard-Interview darauf angesprochen, dass die NEOs den Sozialstaat für überholt halten, meint Strolz: „Bitte mich nicht dafür geißeln! Ich bin nicht die Botschaft, nur der Überbringer.“ Genau diese behauptete Alternativlosigkeit zu Sozialabbau ist die neoliberale Lüge, und sie macht die NEOs nicht zum „frischen Wind“, sondern zum neuen Abklatsch vom ewig Gleichen.


Ök o-Spezial: Systemwandel statt Klimawandel! 8 Oktober 2013 Linkswende

Weltklimarat präsentiert neuen Bericht

Verheerender als erwartet von Ludwig SOMMER

Grafik: IPCC

Trend (°C über den Zeitraum 1901-2012)

Anstieg des Meeresspiegels

Die Karte Zeigt die Erderwärmung seit 1901. Im Durchschnitt ist es um 0,9°C wärmer geworden, in manchen Regionen (violett gefärbt) sind es 2,5°C. Eisfläche über dem Meer im arktischen Sommer

Jahr

Die Graphik zeigt den Rückgang der arktischen Eisfläche auf dem Meer. Von rund 10 Millionen Quadratkilometern im Jahr 1900 ist die Eisfläche heute auf etwa 6 Millionen Quadratklimeter geschrumpft.

Temperaturanstieg Die Lufttemperatur ist seit 1900 um 0,9°C gestiegen. Bis 2100 wird die globale Durchschnittstemperatur um bis zu 4,8°C steigen. Schon bei einer Erderwärmung von 2°C werden die Auswirkungen katastrophal und der Klimawandel nicht mehr kontrollierbar. Das Zwei-Grad-Ziel wurde 2010 von den 194 Mitgliedstaaten der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen unterschrieben. Im Klimabericht 2013 heißt es, dass ein Anstieg der Temperatur über 2°C wahrscheinlicher ist als ein

Anstieg, der unter der Zwei-Grad-Marke bleibt. Außerdem wird die Temperatur über das Jahr 2100 hinaus steigen. Mehr Treibhausgase Die Konzentration an Treibhausgasen in der Atmosphäre ist auf ein Niveau angestiegen, wie es seit mindestens 800.000 Jahren nie da-

Seit Mitte des 19. Jahrhunderts steigt der Meeresspiegel deutlich schneller als in den zwei Jahrtausenden davor. Zwischen 1901 und 2010 ist die Meereshöhe um 19 Zentimeter gestiegen. Bis 2100 können wir mit einem Anstieg auf rund einen Meter rechnen. Durch die Erderwärmung werden weitere Eisflächen und Gletscher abschmelzen und dadurch den Meeresspiegel weiter erhöhen. Dieser Prozess führt zu einem Teufelskreis. Je weniger weiße Oberflächen es gibt, desto weniger Sonnenlicht wird reflektiert, desto mehr wird die Erdoberfläche erhitzt, desto höher werden die Lufttemperaturen, desto mehr Eisflächen ­schmelzen ab, usw.

I

m vergangenen Wahlkampf erklärte H.C. Strache, dass die FPÖ die erste Umweltpartei Österreichs gewesen wäre. Bereits 2007 hatte er festgestellt, wer wie die Grünen seine Heimat nicht liebe, könne keinen glaubwürdigen Naturschutz betreiben. Doch die Rechten verwechseln Umweltschutz regelmäßig mit dumm-dreistem Patriotismus. Wenn es um den Klimawandel geht, vereinigt sich alles, was radikal rechts ist, zu einer Front, die hartnäckig behauptet, der menschengemachten Klimawandel existiere gar nicht! Strache versucht, auf

Hemmschuh Kapitalismus Wenn wir all das wissen – warum ist praktisch nichts davon umgesetzt? Erstens wehren sich die größten Unternehmen der Welt gegen so gewaltige Veränderungen, weil sie enorm viel zu verlieren haben. Acht der zehn größten Konzerne der Welt gehören zur Automobil, Erdöl- und Energieindustrie. Sie werden bis zum Schluss um ihr Überleben und ihre Profite kämpfen. Zweitens würde die Umsetzung der Maßnahmen massive Eingriffe von Regierun-

gen erfordern aber seit den Gegenteil, nä besser“. Die M cherlich kein I zerstören, aller den Grenzen d Kyoto-Protoko Drittens benö zwischen allen talismus steckt ten Krise. Regi denn je darum aus der Krise ferenz in Kope krotterklärung

Arbeiterklass

Die Umweltbe Jahren gingen dass man die men gegen de kann. Diese Ve scheitert. Offen Bewegung von

Trotz aller Erkenntisse über die bevorstehende Klimakatastrophe, rühren die Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft keinen Finger. Nur eine entschlossene Protestbewegung kann sie dazu zwingen. Es ist höchste Zeit für ­ einen ­Systemwandel.

Strache, Palin und andere skurile Klimaskeptiker dieser rechten Welle mitzuschwimmen. Im Zentrum der „Zweifler-Fraktion“ steht die rechte Tea-Party-Bewegung in den USA. Eines der Sprachrohre der Tea-Party ist beispielsweise die Republikanerin, FoxNews-Kommentatorin und frühere Gouverneurin von Alaska, Sarah Palin. Dieses Jahr stellte sie fest, dass es keine Erderwärmung gäbe, weil es ja im Mai in Alaska geschneit habe. Parteigenossin Michele Bachmann vertraut auf höhere Autoritäten: „Nancy Pelosi (Fraktionschefin der Demokraten) ist ihrem Erderwärmungsfanatismus dermaßen verpflichtet, dass sie sagt, sie versucht bloß den Planeten zu retten. Wir alle wissen, dass das jemand schon vor 2.000

D

ie Bewältigung des Klimawandels gehört unumstritten zu den größten gesellschaftlichen Herausforderungen der Menschheit. Die Treibhausgasemissionen auf der Erde müssen in den nächsten 20 Jahren um die Hälfte reduziert werden, in den Industrienationen gar um 80 Prozent. Erneuerbare Energien, vor allem Sonne und Wind, müssen Kohle, Gas und Erdöl ersetzen. Die Energie muss um ein Vielfaches effizienter eingesetzt werden.

Es wird auf uns ankommen

Radikale Rechte leugnet Klimawandel von Peter HERBST

Wäre die Welt eine Bank, hätten sie die Mächtigen läng Wandel der Gesellschaft, wenn wir die Zerstörung uns

Jahren getan hat, den Planeten gerettet – wir brauchen nicht Nancy Pelosi dafür.“ Der republikanische Repräsentant „Smokey Joe“ Barton sieht das ähnlich und macht als Ursache für die Erderwärmung den Zorn Gottes aus, Windenergie lehnt er ab, weil diese den Klimawandel beschleunigen würde. Und der gefühlsstarke Fernsehmoderator Glenn Beck meinte: „Al Gore ist nicht unterwegs um die Juden zusammen zu treiben und auszurotten. Es ist jedoch dieselbe Taktik. Das Ziel ist unterschiedlich. Das Ziel ist Globalisierung ... und man muss alle widersprechenden Stimmen zum Verstummen bringen. Das ist was Hitler tat. Das ist was Al Gore, die UNO und alle im Erderwär-

Selbst für die Klimaforscher völlig überraschend ist eine Die Schelfeistafeln gelten als Barrieren gegen das Abgleite

mungs-Verein tun.“ Und der rassistische Talk-Show-Host Rush Limbaugh stellt fest: „Wenn man an Gott glaubt, kann man nicht an den vom Mensch verursachten Klimawandel glauben.“ In Deutschland spielt unter anderen das islamfeindliche Blog „Politically Incorrect“ den klimapolitischen Geisterfahrer. Hinter all diesen Aussagen steckt die Angst, dass womöglich Großkonzerne in irgendeiner Form eingeschränkt werden könnten. Und so werden einfach sämtliche wissenschaftlichen Erkenntnisse angezweifelt und der Kopf in den Sand gesteckt.

Klimakrieger

Der neue Klimabericht kann mit 95%iger Wahrscheinlichkeit den Klimawandel auf den Menschen zurückführen. In der wissenschaftlichen Sprache bedeutet diese Wahrscheinlichkeit, dass der Einfluss des Menschen auf das Klima damit bewiesen ist. Die Ergebnisse der letzten Klimaberichte werden durch Daten und Erkenntnisse des neuen Berichts noch in den Schatten gestellt. Der Meeresspiegel steigt schneller, die Erderwärmung beschleunigt sich stärker und die das Eis der Antarktis wird früher schmelzen als erwartet.

Beobachtete Veränderung der durchschnittlichen ­Oberflächentemperatur von 1901 bis 2012

Grafik: IPCC

Klimawandel ist bewiesen

Die globale Erderwärmung wird zu vermehrten Dürreperioden führen und Tiere und Menschen gefährden.

(Millionen km²)

er Klimawandel ist Wirklichkeit und er ist vom Menschen verursacht. Das bestätigt der neue Klimabericht, ebenso wie seine vier Vorgängerberichte. Doch diesmal untermauern noch mehr Daten, noch mehr Wissenschaftler_innen und noch mehr wissenschaftliche Beiträge die Ergebnisse des Berichts. Der neue Klimabericht umfasst über 2.200 Seiten, mehr als 3.000 Wissenschaftler_innen haben in den letzten sechs Jahren daran gearbeitet. Rund 9.200 Studien und über 54.000 Kommentare wurden eingearbeitet. Das ist aber nur der Bericht der ersten Arbeitsgruppe, welche die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels untersucht. Zwei weitere Arbeitsgruppen werden im nächsten halben Jahr ihre Berichte fertigstellen, in denen mögliche Maßnahmen gegen den Klimawandel behandelt werden.

Bild: Brendan Cox Oxfam International

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gewesen ist. CO2 spielt die größte Rolle bei der Erderwärmung. Die CO2 Konzentration ist mit der Industrialisierung, also seit etwa 1800 bis heute, um 40% gestiegen. Für die hohen CO2 Konzentrationen in der Luft sind in erster Linie fossile Energieträger, aber auch die Entwaldung und andere Veränderungen in der Landnutzung verantwortlich. Die Weltmeere haben rund 30% der vom Menschen freigesetzten Treibhausgase aufgenommen, wodurch sie übersäuern und für viele Lebewesen unbewohnbar werden. Wenn der Klimawandel gebremst werden soll, denn verhindern kann man ihn nicht mehr, müssen die Treibhausgase drastisch reduziert werden. Zudem verursacht der Klimawandel selber einen weiteren Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre. So sind beispielsweise große Mengen Treibhausgase in den Permafrostböden gespeichert, die mit dem Auftauen der Böden freigesetzt werden.

EIN PLÄD FÜR SOZI

Arbeite britann Schließ


Linkswende Oktober 2013

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DOYER IALISMUS

se

ewegungen seit den 1970erim Wesentlichen davon aus, Regierungen von Maßnahen Klimawandel überzeugen ersuche sind phänomenal gensichtlich brauchen wir eine n weit größerem Maßstab

und mit radikaleren Ideen. Und gerade heute geben uns die Arabischen Revolutionen Hoffnung, dass die einfachen Menschen die Welt verändern können. Die Arbeiter_innenklasse ist stark genug und am besten für die Bekämpfung der Ursachen des Klimawandels organisiert. Als revolutionäre Sozialist_innen wollen wir die Forderungen der Umweltbewegung im Zentrum der Bewegung der werktätigen Massen platzieren. Der Klimawandel verändert die Machtverhältnisse und die Regierungen werden alles tun, um ihren Einfluss zu verteidigen. Darfur und Tschad sind uns warnende Beispiel. Hungersnöte, hunderttausende Flüchtlinge und Krieg stehen uns bevor, wenn wir die Probleme nicht in den Griff bekommen. Die Welt steht vor der Entscheidung – Sozialismus oder Barbarei. Wir müssen Kapitalismus stürzen und die Wirtschaft unter die demokratische Kontrolle der Mehrheit der Menschheit stellen, wenn wir unseren Planeten Erde retten wollen.

Grüne Jobs schaffen – Planeten retten von Tom D. ALLAHYARI

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rbeitslosigkeit, Massenentlassung auf der einen Seite, die drohende Zerstörung unserer Lebensgrundlageen auf dem Planeten auf der anderen. Zwei Problematiken der heutigen kapitalistischen Gesellschaften, die selten im Zusammenhang gesehen werden. Widerspruch Arbeit-Umwelt? Bisher ist es leider oft gelungen, Forderungen zum Schutz der Umwelt, wie etwa der nach einem Ausstieg aus der Atomkraft und die Interessen der Lohnabhänigen in einen Widerspruch zu bringen. In Österreich erinnert man sich noch an die Auseinandersetzungen um die Hainburger Au, als sich Gewerkschafter, aus Angst um Arbeitsplätze, gegen die Umweltbewegung positionierten. Bei genauerer Betrachtung kann aus diesem scheinbaren Widerspruch aber sogar eine positive Entwicklung hervorgehen. Wie wäre es denn, wenn wir gegen den Klimawandel vorgehen könnten – und dabei Arbeitsplätze schaffen? Der Kampf gegen den Klimawandel und der gegen Arbeitslosigkeit könnten sich vereinen. Ein Beispiel für so einen Versuch gibt es momentan in Großbritannien Dort arbeiten KlimaAktivist_innen und Gewerkschaften schon seit einigen Jahren rund um Kampagnen für einen „fairen Übergang“ zusammen, in dem Arbeiter_ innen in CO2-intensiven Industrien,

wie der Autoindustrie, stattdessen „grüne“ Jobs bekommen würden. Nun stellen sich Gewerkschafter und Umweltaktivist_innen gemeinsam hinter einen Plan, der nicht nur Arbeitsplatzverluste verhindern soll und umweltfreundliche Energiegewinnung finanzieren würde, sondern eine Million brandneue Jobsschaffen würde. Klimaschutz durch Verzicht? Während Umweltaktivist_innen bisher Lohnabhänigen immer sinngemäß gesagt haben, diese müssten noch mehr Opfer bringen und noch mehr Kürzungen hinnehmen um den Klimawandel zu stoppen, macht die aktuelle „One Million Climate Jobs“Kampagne klar, dass Arbeiter_innen Aktivitäten gegen den Klimawandel nicht nur unterstützen sollten, um die Umwelt zu retten, sondern auch um gut bezahlte, sichere Arbeitsplätze für sich und ihre Kinder zu schaffen. Das wendet die Debatte weg davon, was wir alles aufgeben müssen und dahin, was wir gewinnen können. Als positive Alternative zum neoliberalen Einheitsbrei sollte die Forderung nach „grünen Jobs“ Teil jeder Kampagne gegen Entlassungen und Kürzungen werden. Die Kampagne hat eine beeindruckende Anzahl an Gewerkschafter_innen, Klima-Aktivist_innen und Ökonom_innen zusammengebracht, die gemeinsam dafür argumentieren, dass nur massive Investitionen ein Mittel gegen die ökologische und die ökonomische Krise sind. Ei-

e der großen Schelfeistafeln der Antarktis ins Meer gebrochen. en der großen antarktischen Gletscher in die Weltmeere. Transparent: "Eine Millionen grüne Jobs, jetzt! CO2 reduzieren, nicht Arbeitsplätze streichen." www.climate-change-jobs.org

Bild: twitter.com luna17activist

er bei Vestas, der einzigen Fabrik für Windradturbinen in Großnien, besetzten ihre Fabrik in Newport, um gegen die geplante ßung zu protestieren

nig ist man sich auch darin, dass die Privatwirtschaft nicht in der Lage sein wird, diese Jobs zu schaffen, schaut sie doch nur auf ihre Profite. Es müssten daher Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst sein, mit Löhnen. von denen man auch leben kann. Ganze Fabriken müssten umgerüstet werden, um die Technik für erneuerbare Energie herzustellen. Wohnhäuser und Bürogebäude müssten umgebaut werden, um Energie zu sparen. Das würde nicht nur hunderttausende Jobs schaffen, sondern auch die Energieeffizienz erhöhen und die individuellen Stromrechnungen senken. Streiken für die Umwelt Um beim Beispiel Großbritannien zu bleiben, hier haben die Arbeiter_innen des Vestas-Werkes, wo Windturbinen hergestellt werden, letzten Sommer gegen die Schließung der profitablen Fabrik demonstriert und das Werk besetzt. Die mediale und öffentliche Unterstützung für ihren Kampf war enorm. Die Wut über die Entlassungen war zusammengekommen mit der Sorge um die Umwelt, die Kämpfe hatten sich gegenseitig verstärkt. Dieses Beispiel zeigt deutlich, welches Potential in dieser Kombination liegt. Die Ideen der One Million Climate Jobs-Kampagne fordern die Dominanz der Märkte heraus und erlauben einen kleinen Vorgeschmack auf eine Gesellschaft, in der ein rationales, geplantes System menschliche Bedürfnisse höher bewertet als die verrückte Jagd nach Profiten.

Protestaktion in Berlin gegen Fracking, eine fragwürdige Methode, um Erdgas und Erdöl mit Chemikalien aus dem Boden zu holen

Bild: OBS

n. Neoliberalismus predigt 1980er-Jahren das genaue ämlich: „weniger Staat ist Mächtigen der Welt haben siInteresse daran, die Welt zu rdings ist ihr Horizont von des Marktes beschränkt. Das oll hat genau deshalb versagt. ötigen wir Zusammenarbeit Staaten auf der Erde. Kapit hingegen in seiner schwersierungen konkurrieren mehr m, wer wettbewerbsfähiger hervorgeht. Die Klimakonenhagen 2009 war eine Bang der herrschenden Klassen.

Grafik: amandla.org.za

gst gerettet. David ALBRICH argumentiert für einen radikalen seres Planeten stoppen wollen.


10 Oktober 2013 Linkswende

Wo bleibt der Mensch?

als ganzheitliches Wesen und plädiert für eine volle Entfaltung der Persönlichkeit dieses Menschen als eines Gattungswesens. Hierin steckt eine Kritik der kapitalistischen Klassengesellschaft, die dem menschlichen Wesen eben nicht gerecht wird und die beispielsweise immer auch auf einer repressiven, asketischen Arbeitsdisziplin gegründet ist. Warum hat gerade Kofler so betont, dass man sich klar darüber werden muss, was man will, was man unter Sozialismus eigentlich versteht?

dass der Mensch Teil eines Kollektivs, dass er ein Gattungswesen ist – und eben nicht jener vereinzelte Einzelne, als der er heute gilt. Der Mensch, so Kofler, kann sich nur in der Gemeinschaft vereinzeln. Und was uns fehlt, ist ein Bewusstsein dieses Kollektiven, des Solidarischen. Was darf der Mensch, was darf er nicht? Kann man beispielsweise über das Klonen oder die Eugenik diskutieren, ohne sich über das eigene Menschenbild zu verständigen? Dass sich so wenig Marxisten einer solchen Diskussion stellen, zeigt, wie viel in den letzten drei Jahrzehnten verlorengegangen ist.

Das ist natürlich auf seine praktischen Erfahrungen mit dem DDRSozialismus zurückzuführen – er Bei Leo Kofler wird die Humanilebte und wirkte von 1947 bis Ende tät vor allem durch Bewusstsein 1950 in Ostdeutschland. Dort und Bildung gebildet. wurde ihm klar, dass man diese reDie Linke diskutiert zu wenig über das alsozialistischen Verhältnisse nicht Es sind ja zwei große Quellen, aus Individuum, meint Historiker Christoph JÜNKE. angemessen kritisieren kann, wenn denen sich die klassische sozialisIm Interview spricht er über die Bedeutung Leo man keinen Begriff davon hat, wozu tische Bewegung speiste. Auf der Koflers (Bild links) und erklärt, warum eine der Sozialismus eigentlich da sein einen Seite die radikale Tradition marxistische Anthropologie notwendig ist. soll, was das Ziel der menschlichen der Aufklärung, die vor allem auf Emanzipation ist. Einen solchen Bildung und Erziehung setzt. Auf Emanzipationsbegriff kann man der anderen Seite haben wir den aber nicht bekommen, wenn man Emanzipationskampf der arbeiFoto: Leo Kofler-Gesellschaft e.V. nicht auch einen Begriff vom Wesen tenden Klassen. Gerade mit dem Arthur Bruls: Der Mensch als als solchem zu argumentieren, und Du selbst hast dich am Beispiel des Menschen hat. Ende der klassischen sozialistischen solches – darüber haben Linke zwar in abschreckender Weise. Mit des deutschen Marxisten Leo In der philosophischen Tradition Bewegungen in der Mitte des 20. Anfang der 1980er-Jahre noch dem Biologismus und Rassismus Kofler mit dieser Problematik gibt es zwei große Stränge. Die so- Jahrhunderts hat sich die tendenzidiskutiert. Ein Autor wie Erich der bürgerlichen D ­ enktradition, bis beschäftigt. genannten Naturalisten führen al- elle Einheit von Theorie und Praxis Fromm war mit seinem Huma- hin zum Faschismus, hatten Linke les auf die Natur der Welt zurück, wieder gelockert. Davon ist natürnismus sehr beliebt. Heute wer- schon immer mächtige Probleme. Ja, und ich halte Koflers Werk für ei- während die Kulturalisten in allem lich auch das Werk eines Fromm, den Debatten über marxistische Sie wollten nicht ins Fahrwasser nen der systematischsten und über- die Kultur erkennen. Das Spannen- Marcuse oder Kofler betroffen. Anthropologie kaum noch ge- dieses Denkens geraten. zeugendsten Versuche einer solchen de bei einem Denker wie Kofler Ich denke, dass die Zeiten vorbei führt. Warum? Es gibt aber auch theoretische, in- Neubearbeitung des anthropologi- scheint mir zu sein, dass er diese Di- sind, wo man glauben durfte, dass nermarxistische Gründe. Der Mar- schen Themas. chotomie von die Menschen durch Erziehung zu Christoph Jünke: Das hat natürlich xismus besitzt eine starke Tradition, Kofler hat Naturalismus Sozialisten werden. Das soll nicht vor allem damit zu tun, dass die so- sich eben nicht auf die vermeintlich bereits in den und Kultu- heißen, dass die praktische Bewezialistische, marxistische Linke seit abstrakte menschliche Wesensschau 1950er-Jahren ralismus ten- gung alles ist. Doch ohne praktiChristoph Jünke ist den 80er-Jahren weitgehend zerrüt- einzulassen, sondern sich um das zu systematisch denziell über- sche Bewegung kann die Theorie Vorsitzender der Leo tet, geschrumpft und marginalisiert kümmern, was konkret zu verän- angesetzt und windet. Der nicht nur nicht fruchten, sondern Kofler-Gesellschaft e.V. ist. Mit dem historischen Moment, dern ist – im Gegensatz zur Anth- ist dabei zu Mensch ist noch nicht einmal richtig erarbeitet (www.leo-kofler.de) als die sozialistische Linke Ende der ropologie, die immer Wesensschau dem Ergebnis beides: Natur- werden. Man wird zum Sozialisten, 70er-, Anfang der 80er-Jahre weit- ist, das Betrachten des Unveränder- g e k o m m e n , wesen ebenso indem man praktische Erfahrungen gehend zerfällt, hört auch die Dis- lichen. dass es eine wie Kultur- macht und diese Erfahrungen thekussion über Menschenbilder wie- Dass Marxisten im 20. Jahrhun- spezifisch marxistische Anthropolo- wesen. Ja, unsere Natur ist, dass oretisch verarbeitet. Beides kann der auf und wird von rechts besetzt, dert begonnen haben, sich explizi- gie gibt – was andere, die sich da- wir kulturelle Wesen sind. Doch aber nicht zusammenkommen, vor allem von den damals aufkom- ter mit Fragen der Anthropologie mit beschäftigt haben, oft verneint wir können uns nur bis zu einem wenn man keine oder nur kleine menden Neoliberalen und Postmo- zu beschäftigen, liegt natürlich vor haben. bestimmten Punkt verändern, ohne soziale Bewegungen hat. Man muss dernisten. Die Diskussion um den allem an den Erfahrungen mit dem Kofler hat die Anthropologie als, aufzuhören, Menschen zu sein. wieder einen Weg finden, im Alltag sozialistischen Humanismus und Faschismus und dem Stalinismus, so wörtlich, Wissenschaft von den Bewusstseinsarbeit, Theoriearbeit, eine marxistische Anthropologie aber auch mit der zunehmenden In- unveränderlichen Voraussetzungen Könnte der vorherrschende Neo- Bildungsarbeit zu verbinden mit war aber auch damals schon nicht tegration der sozialdemokratischen menschlicher Veränderungen zu liberalismus diese Sichtweise Oppositionskämpfen im weiteren sehr hegemonial auf der Linken. Bewegung in den sozialstaatlichen fassen versucht. Auch er betont in schärfen? Sinne und mit Arbeiterkämpfen im Kapitalismus. Gerade das Scheitern marxistischer Tradition, dass es vor engeren Sinne. Das scheint mir die Womit hängt das deiner Mei- linker Emanzipationsbewegungen allem die Arbeit als ganze, also die Wo der Mensch dem Menschen ein Aufgabe, vor der heutige Marxisten nung nach zusammen? spielt hier eine zentrale Rolle. Denn menschliche Tätigkeit ist, die den Wolf ist; wo er als Ich-AG verstan- stehen. mit der Frage, in welcher Form und Menschen zum Menschen macht. den wird, als vereinzelter Einzelner, Ich denke, dass wir es hier mit einem mit welchem Inhalt man diese nun Doch stärker als die meisten ande- der seine individuellen Ressourcen Bündel von Ursachen zu tun haben nicht mehr emanzipativen Bewe- ren Marxisten betont Kofler, dass in den Wettlauf der Warenförmig- Dies ist eine gekürzte Version eines – zum einen historische: Im bürger- gungen kritisieren kann und soll, ist man diese Arbeit nicht vom Be- keit zu werfen hat – dort sind lin- Interviews, das in Marx21 (Nr. 24) auf lichen Denken gibt es eine sehr star- man schnell bei der Frage nach dem wusstsein des Menschen trennen ke, emanzipative Überlegungen zu Deutsch erschien: www.marx21.de ke Tradition, mit dem Menschen sozialistischen Menschenbild. könne. Er betont außerdem, dass einem anderen Menschenbild mehr Eine ausführlichere Fassung dieses Menschen danach streben, ihre Tä- als angebracht. Interviews ist (allerdings auf tigkeit so spielerisch wie möglich Die marxistische Tradition steht Niederländisch), in der Zeitschrift anzulegen, weil letztlich auch die und fällt damit, dass man trotz al- Grenzeloos (Nr. 115) erschienen: Arbeit der Befriedigung menschli- ler Individualität berücksichtigt, www.grenzeloos.org cher Bedürfnisse dient. Diese Bedürfnisse erschöpfen sich nicht im rein Materiellen, sondern haben immer auch einen im weitesteten Sinne des Wortes erotischen Zweck. Der deutsch-österreichische Soziologe und Philosoph Der Mensch ist nicht nur Ratio, er Leo Kofler (1907-1995) war eine markante Gestalt ist auch ein irrationales Triebwesen, des deutschen Nachkriegsmarxismus. Geboren im das mittels der Ratio versucht, seine österreichisch-ungarischen Ostgalizien, aufgewachsen letztlich irrationalen menschlichen Triebe zu verwirklichen. im »Roten Wien« der Zwischenkriegszeit und während Für Kofler ist jedoch, und das wurFaschismus und Krieg in der neutralen Schweiz interniert, de selten verstanden, die marxistiwurde Kofler 1947 an die ostdeutsche Universität Halle sche Anthropologie keine direkte berufen. Ende 1950 floh der Bürokratiekritiker nach Anleitung zum Handeln, wohl aber Westdeutschland, wo er als »heimatloser Linker« und unabdingbar bei der Kritik des Bestehenden und bei der Diskussion marxistischer Einzelgänger zu einem wichtigen Vermittler Leo Kofler lehrte Anfang der 70er-Jahre in der Ruhr-Universität Bochum. Die Studierendenbewegung hatte ihm 1972 die Vertretung für den Lehr- notwendiger und möglicher Altervon alter Arbeiterbewegung und Neuer Linker wurde. stuhl Soziologie erkämpft nativen. Kofler sieht den Menschen

Zur Person

Foto: Anita Kloten

Hintergrund


Linkswende Oktober 2013

Rot und Blau – Kreiskys Erbe In den 1970er-Jahren kam es zu einer Annäherung von SPÖ und FPÖ mit den uns heute bekannten Konsequenzen, schreibt Tom D. ALLAHYARI.

1945

beschloss die Sozialistische Partei Österreichs unter dem Eindruck des eben zu Ende gegangenen Krieges, dass kein ehemaliger Nationalsozialist in ihrer Organisation eine Funktion ausüben dürfe. 1970 waren vier von elf Ministern der sozialistischen Alleinregierung ehemalige Mitglieder der NSDAP, einer davon SS-Mann.“ Mit diesen Worten beginnt das Kapitel „Kreiskys braune Ernte“ im Buch „Recht nicht Rache“ des berühmten österreichischen Nazi-Jägers Simon Wiesenthal. In der Zwischenzeit buhlten schon ÖVP und SPÖ um die die Stimmen der „Ehemaligen“. Nachdem Österreich nach dem Krieg ermöglicht worden war, sich als Opfer darzustellen, wurden nun assimilierungswillige Na- Simon Wiesenthal auf dem geschändeten jüdischen Friedhof in Eisenstadt (1982) zis mit offenen Armen in SPÖ und ÖVP empfangen. Die „Unverbesserlichen“ Rehabilitierung der Nazis weiter. Öllinger SPÖ ihre Mehrheit verlieren würde. Kreisky durften sich im VdU und später in der FPÖ trat „krankheitsbedingt“ zurück, sein Nach- war bereit, auch das letzte Tabu zu brechen, sammeln. folger wurde Oskar Weihs, ebenfalls ehema- um an der Macht zu bleiben: Eine Koalition liges NSDAP-Mitglied. In Österreich sagten mit dem Sammelbecken der Nazis, der FPÖ. Nazis in SPÖ-Regierung sich viele, wenn ein sozialistischer Jude wie Schon vor der Wahl hatte Simon Wiesenthal Der oben erwähnte SS-Mann in Kreiskys Ka- Kreisky nicht mehr wissen will, wer bei der zufällig herausgefunden, dass Friedrich Pebinett von 1970 war Landwirtschaftsminis- SS war, dann können wir das doch auch ter, der dann Vizekanzler geworden wäre, ter Karl Öllinger. Bruno Kreisky verteidigte endlich hinter uns lassen – Eine gefährliche bei einer Mordbrigade der SS gewesen war. den ehemaligen Untersturmführer: „Auch ein Entwicklung, die bis zu den heutigen FPÖ- Ein Kriegstagebuch dieser Einheit beweist NSDAP-Mitglied oder ein SS-Mann muss in Erfolgen nachwirkt, die seither die Sozial- den fortgesetzten Massenmord an Frauen, Österreich jedes politische Amt bekleiden dür- demokratie und die Österreichische Gesell- Kindern und Alten. So beschreibt ein Tätigfen, solange ihm keine Verbrechen nachgewiesen schaft insgesamt vergiftet. keitsbericht von Peters Einheit, wie an einem sind.“ Eine Koalition mit der FPÖ wäre 1970 einzigen Tag im russischen Dorf Leltschitky Ein SSler als Vizekanzler? noch an überzeugten Antifaschist_innen in ohne eigene Verluste 1098 Juden erschossen der SPÖ gescheitert, doch Kreisky trieb die 1975 wurde allgemein angenommen, dass die wurden. Kreisky konnte 1975 noch einmal

Todsichere Grenzen

eine hauchdünne Mehrheit retten. Nach der Wahl erst veröffentlichte Wiesenthal Beweise für Peters Vergangenheit, er fürchtete seine eigene Nähe zur ÖVP würde die Enthüllungen vor der Wahl als Eingreifen in den Wahlkampf wirken lassen. Daraufhin warf Kreisky sein gesamtes politisches Gewicht in die Waagschale um Peter zu verteidigen und ritt wüste Angriffe gegen Wiesenthal. Seine Attacken gipfelten in der infamen Behauptung, Wiesenthal wäre selbst für die GESTAPO tätig gewesen. Der Weg zu Rot-Blau Kreisky, dessen Verdienste um den Sozialstaat und die zumindest teilweise Durchlüftung Österreichs hier nicht geleugnet werden sollen, der selbst vor den Nazis hatte fliehen müssen, hat leider einiges dazu beigetragen, dass die antifaschistischen Abwehrkräfte der österreichischen Gesellschaft so unterentwickelt sind. Er setzte durch, dass mit „Ehemaligen“ über Regierungsbeteiligungen geredet werden kann, er ließ seine Minderheitsregierung nach 1970 von der FPÖ stützen und holte mehr Nazis in seine Regierung als Seyß-Inquart 1938. Wiesenthal dagegen, der immerhin den berüchtigten Nazi-Verbrecher Eichmann aufgespürt hatte, sah sich, gemeinsam mit der jüdischen Gemeinde dem Hass und dem Antisemitismus vieler Österreicher ausgesetzt, Drohbriefe und Schmierereien nahmen überhand. Heinz Fischer, damals Klubchef der SPÖ, drohte Wiesenthal mit einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss gegen seine Person. 1983 verlor die SPÖ ihre Mehrheit und Kreisky sorgte dafür, dass es zur ersten rot-blauen Koalition mit der angeblich liberalen FPÖ unter Norbert Steger kam. Zumindest die Installierung Friedrich Peters als dritter Nationalratspräsident konnte damals durch Proteste verhindert werden.

Mikl-Leitner muss Rückzieher machen:

Flüchtlinge sind keine Schlepper

von David ALBRICH

S 319 Särge zeugen von der Tragödie in Lampedusa

von Peter HERBST

D

ie Verantwortlichen für die vielen Toten im Mittelmeer heucheln Betroffenheit, aber die Situation lindern werden sie mit ziemlicher Sicherheit auch nach der Tragödie von Lampedusa nicht. Anstatt den Flüchtlingen zu helfen, will die EU-Kommissarin für Innenpolitik FRONTEX (die Agentur für die Überwachung der Außengrenzen) weiter aufrüsten. Das Überwachungsprogramm EUROSUR soll mittels Satelliten, Radar und Drohnen, jede Luftmatratze aufspüren können – Kostenpunkt bis zu 874 Millionen EURO. Eine Subvention für die Rüstungsindustrie, die mehr tote Flüchtlinge mit sich bringen wird,, denn es geht

nur darum sie von der EU fernzuhalten. Sollte ein Boot weit genug kommen, um Aussicht zu haben die Küste zu erreichen, wird es von Kriegsschiffen zur Umkehr gezwungen, ungeachtet in welchem Zustand Boot und Passagiere sind. Gerät ein Boot in Seenot, wird den Flüchtlingen beim Ertrinken zugesehen. Werden die Flüchtlinge von Fischerbooten gerettet, dann werden die Flüchtlinge in überfüllte Lagern eingewiesen. Den Fischern, die geholfen haben, droht eine Haftstrafe, obwohl sie nach dem Gebot der Menschlichkeit und dem Seerecht dazu verpflichtet sind. Elias Bierdel von borderline europe berichtet von einem Vorfall aus dem August 2007, bei dem ein Angler in der Nacht von der griechischen Küstenwache erschossen

wurde. Weil sich die Angler der Identitätsfeststellung entzogen hätten, sei auf den Motor geschossen worden. Der Vorfall wurde bekannt, weil es sich um EU-Bürger handelte. Wären es Afrikaner gewesen, hätte man davon nicht erfahren. Während die Verantwortlichen weiterhin von niederträchtigen Schlepperbanden reden haben Deutschland und Österreich sich bereits gegen eine Anhebung der Aufnahmequoten ausgesprochen. Die EU, Friedensnobelpreisträger des Jahres 2012, versucht Flüchtlinge abzuschrecken, während sie gleichzeitig Menschen in die Flucht treibt. Durch den Klimawandel (siehe Mittelseite) wird es künftig noch mehr Flüchtlinge geben, die so lange zurückgeschoben werden, bis sie auf der Flucht sterben.

ie will von nichts gewusst haben und falsch verstanden worden sein. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner musste ihre Schlepperei-Vorwürfe gegen die Flüchtlinge im Servitenkloster zurücknehmen. Das Ministerium gab auf Anfrage der Grünen bekannt, dass die Flüchtlinge nie für die „brutale Vorgehensweise gegen Geschleppte“ verantwortlich waren. Mikl-Leitner hatte mit ihren falschen Anschuldigungen unmissverständlich die Flüchtlinge im Servitenkloster gemeint und Verzerrungen in der Berichterstattung zugelassen. Eine Chronik: Als die Kronenzeitung am 31. Juli mit Bezug auf die Staatsanwaltschaft Wien und Wiener Neustadt schrieb, die Asylwerber wären „beinharte Bosse der Schleppermafia“ und hätten insgesamt „zehn Millionen Euro verdient“, schwieg MiklLeitner. Mehr noch sie stärkte diese infamen Lügen in einem Interview mit dem Kurier am 3. August und brachte neuerlich Schlepperei-Vorwürfe: „Wir wissen (!), dass es sich hier um einen Schlepper-Ring handelt, der auf die brutalste Art und Weise vorgeht. Bis jetzt gab es sieben

Foto: Daniel Weber / http://danielweber.at

LAMPEDUSA

11

Flüchtlinge organisierten die großartigen Proteste im Februar

Verhaftungen, davon fünf allein im Umfeld des Servitenklosters.“ Nachdem der Falter am 7. August Akten der Staatsanwaltschaft veröffentlichte („Wir können [die Vorwürfe] nicht bestätigen“), ruderte Mikl-Leitner tags darauf im Ö1Morgenjournal zurück, und sagte, sie hätte stets nur „die Ermittlungsarbeiten des internationalen Schlepperrings“ und nie die Flüchtlingsaktivisten im Servitenkloster gemeint. Sie behauptete: „Ich habe mich immer auf den internationalen Schlepperring bezogen, in jedem einzelnen Interview (!)“. Die nun veröffentliche Stellungnahme des Innenministeriums ist eine Bankrotterklärung Mikl-Leitners. Wer solcher niederträchtigen Hexenjagd überführt ist, muss zurücktreten.


12 Oktober 2013 Linkswende

Linker

Lesetipp von Katharina NAGELE

Marc-Uwe Kling

Das Känguru-Manifest Ullstein-Verlag, ISBN 978-3-548-373836, 304 Seiten, € 8,99

Als Linke in Österreich hat man derzeit nicht viel zu lachen. Da kommt Marc-Uwe Klings zweiter Teil der Känguru-Saga, „Das KänguruManifest“ gerade recht. Wer den ersten Teil, die „KänguruChroniken“ nicht gelesen hat, sei kurz auf den letzten Stand gebracht: Das Känguru zog irgendwann bei Autor und Kleinkünstler Marc-Uwe Kling ein, schreit seither beständig nach mehr „Schnapspralinen“ und futtert den Kühlschrank mit dem Argument „Privateigentum ist Diebstahl“ leer, denn: Das Känguru ist Kommunist. Gefragt, ob es eher Stalin, Mao oder Trotzki anhängt, sagt es beinhart: „Vietcong.“ Ein Känguru geht also um in Europa. Soweit die Ausgangslage. Mit einer treffenden Charakterisierung der Sozialdemokratie beginnt das Känguru-Manifest: Kleinkünstler Kling erzählt, er habe bei einem Auftritt das Straßenkampflied „Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!“ zum Besten gegeben – und erst im Nachhinein erfahren, dass das Publikum beinah zur Gänze aus der SPD-Ortsgruppe bestand. „Es hat denen überhaupt nicht gefallen. Aber die haben die ganze Zeit geklatscht“, so Kling. „Das sind die so gewohnt von ihren Parteitagen“, sagt das Känguru. Dabei sind Kling und das Känguru nur so verrückt wie die Wirklichkeit. Etwa wenn der Spruch auf den neuen Plakaten der „Initiative für mehr Arbeit“ des Ministeriums für Produktivitätssteigerung lautet: „Ich bin nur froh – im Großraumbüro.“ Dann setzt sich das Känguru mit einer neuen Form von Straßenkunst zur Wehr: falsch zugeordneten Zitaten, wie: „Frage nicht, was dein Land für dich tun kann. Frage, was du für dein Land tun kannst. Kim Jong-il.“ Wenn Worte nicht reichen, schreitet das Känguru zur Tat. So bei Jörn Dwigs, Gründer der neuen Rechtspartei „Sicherheit und Verantwortung“, dem das Känguru ans Bein gepinkelt hat. „Du weißt doch, ich nehme da an diesem Kunstprojekt teil... Mit den angewandten Redewendungen.“ Kein Wunder, dass das Känguru bald Anhänger findet: junge, schwarz gekleidete Menschen mit roten Boxhandschuhen, die an den Lippen des Kängurus hängen. „Die erste Regel des Boxclubs lautet: Ihr redet nicht über den Boxclub. Die zweite Regel lautet: Ihr redet nicht über den Boxclub. Die dritte Regel lautet: wer einen Nazi sieht, muss ihn boxen!“ Gerade für Menschen, die schon lange politisch aktiv sind, ist es eine Wohltat einmal herzlich über alles Übel in der Welt, aber auch über sich selbst lachen zu können. Aktivist_innen werden sich im Känguru-Manifest oft wiedererkennen. Kling erliegt dabei aber nicht der Versuchung, sich durch Humor von politischer Aktivität gänzlich zu distanzieren. Im Gegenteil bekommt auch die Methode, sich durch Humor aus allem rauszuhalten, ihr Fett ab, wenn das Känguru feststellt, dass es mittlerweile nur mehr zwei ideologische Kategorien gibt: witzig und nicht witzig.

KV-VERHANDLUNGEN

Wir hackeln genug!

von Judith LITSCHAUER

Z

u Beginn der Lohnrunden fordern Unternehmen und ÖVP Maßnahmen zur Arbeitszeitflexibilisierung. Der Begriff „Arbeitszeitflexibilisierung“ bedeutet besten Falles Lohnkürzungen und schlimmsten Falles kann er gleich gesetzt werden mit „Arbeiten rund um die Uhr“. Die Tendenz geht dahin, dass die Arbeitszeit ausschließlich auf Betriebsebene verhandelt wird. Geltende gesetzliche Arbeitszeitbestimmungen sollen so weiter ausgehölt werden. Die Unternehmer-Seite will flexiblere Arbeitszeiten, um „besser auf Auftragsschwankungen reagieren zu können“, so ihr Argument. „Wir sind in stürmischen Zeiten und in diesen Zeiten ist es umso wichtiger eine gewisse Flexibilität zu haben.“, meint der Obmann der Maschinen- und Metallwarenindustrie. Damit wird offensichtlich dass die Krise nach wie vor als Vorwand dafür dient, auf Kosten der Arbeiter_innen, ihrer Einkommen und ihrer Gesundheit die Gewinne der Unternehmen zu erhöhen. Die ÖVP meint, durch Flexibilisierungen die „Work-Life-Balan-

Grafik: ÖGB / Solidarität; Daten: Statistik Austria

ce“ für Beschäftigte zu erhöhen und beteuert, dass dies ganz in Interesse der Lohnabhängigen wäre. Die Wünsche der Arbeiter_innen sind aber sicher keine langen Arbeitszeiten – im Gegenteil. Laut dem Österreichischen Arbeitsklima Index der Arbei-

terkammer Oberösterreich liegt die durchschnittliche Wunscharbeitszeit bei 35,2 Stunden. Was es also tatsächlich braucht, ist eine allgemeine Arbeitszeitverkürzung bei gleichbleibendem Monatsgehalt. Denn: Wir hackeln genug! Mit durchschnittlich 41,8 Wo-

chenstunden hat Österreich die zweitlängsten Arbeitszeiten in der EU (durchschnittlich 40,4 Stunden). ÖGB-Präsident Erich Foglar stellt richtiger Weise fest: „Arbeit ist in Österreich ungleich verteilt: Die einen haben extrem lange Arbeitszeiten, andere arbeiten unfreiwillig Teilzeit mit oft nicht Existenz sichernden Einkommen, und viel zu viele haben gar keine Arbeit.“ Dass weniger Arbeit auf mehr Menschen aufgeteilt werden sollte, anstatt umgekehrt, wird auch an den enormen ÜberstundenZahlen klar. Laut Arbeitskräfteerhebung 2012 der Statistik Austria entsprechen alle geleisteten Überstunden insgesamt 180.000 Arbeitsplätzen. Allein die unbezahlten Überstunden, die weder in Geld noch in Zeitausgleich abgegolten werden, würden 42.000 neue Jobs schaffen. All dies macht klar: Die propagierte „Modernisierung des Arbeitsmarktes“ wäre eine Rückkehr ins vorletzte Jahrhundert. 123 Jahre nach Einführung des Acht-Stunden-Tages gehen die Unternehmer in die Offensive und wollen den erkämpften Fortschritt rückgängig machen.

Unternehmer gehen in die Offensive von Peter HERBST

N

achdem die Metaller-Gewerkschaft im Vorjahr mit einer Forderung von 5% in die Verhandlungen des Kollektivvertrages (KV) gestartet war, gibt sie sich heuer moderater und fordert mindestens 3,4% mehr bzw. 100 Euro mehr für die Mindestlöhne. Krachen wird es trotzdem, denn die Unternehmerseite fühlt sich inzwischen erstarkt und geht zum Angriff über. Das hat bereits im Vorjahr begonnen, als die Verhandlungsposition der Gewerkschaft geschwächt wurde, indem mit jedem der sechs Teilbereiche gesondert Verhandlungen geführt wurden. Dieses Jahr fordern die Unternehmer Arbeitszeitvereinbarungen auf Betriebsebene. Ob die Überstunden ausbezahlt oder als Zeitausgleich konsumiert werden, soll sich zukünftig der Betriebsrat mit der Geschäftsführung ausmachen. Zusammen mit einer Erhöhung der Normalarbeitszeit auf zwölf Stunden, längeren Durchrechnungszeiträumen und aufgeweichten Schutzbestimmungen, könnte das einen Verlust von Überstundenzuschlägen in der Höhe von brutto 2.500 bis 4.000 Euro im Jahr bedeuten. Eine kürzere Arbeitszeit für Schicht- und Schwerarbeiter lehnt der Chefverhandler des Fachverbandes Maschinen- und Metallwarenindustrie ab. Veit Schmid-Schmidsfelden meint, die Industrie arbeite nicht mehr wie in den 1950er-Jahren und eine körperlich besonders harte Arbeit gäbe es nicht mehr. Bei der Inflationsrate legt die Gewerkschaft, wie üblich, jene der letzten 12 Monate in Höhe von 2,4% zu Grunde. Die Unternehmerseite ist auf die Idee gekommen, sich jene von August in Höhe von 1,8% auszusuchen, bzw. sich überhaupt am

Protestaktion bei Kollektivvertrags-Verhandlungen Chemie am 30. April 2013

nächsten Jahr zu orientieren, wo die Inflation sinken soll. Währenddessen vermeldet der Leiter des Voest-Werkes in Donawitz, Günter Kolb: „Wir sind zu fast 100 Prozent ausgelastet und steuern heuer auf eine Rekordproduktion zu.“ Da dürfte die Gehaltserhöhung für Kolb noch über den 4,5% liegen, die der Branchendurchschnitt für Führungskräfte sind. Die Dividende für die Aktionäre wird jedenfalls erhöht, nachdem im abgelaufenen Geschäftsjahr der Gewinn um ein Viertel auf 521,9 Millionen Euro gestiegen ist. Die KV-Verhandlungen für die 530.000 Angestellten im Handel orientieren sich an den Metaller-KVs und begannen am 15. Oktober. Dort fordert die Unternehmerseite, die Zuschläge für die Arbeit zwischen 18:30 und 21:00 abzuschaffen. Die 250 Branchenriesen schütten heuer einen Gewinn von bis zu einer Milliarde Euro aus. Derweil wird es bei der betrieblichen Alters-

Foto: PRO-GE

vorsorge, aufgrund der schlechten Entwicklung am Finanzmarkt, zu weiteren Kürzungen kommen. Seit 2000 schrumpften die Firmenpensionen oft um die Hälfte. Und auch der staatlich geförderten Zukunftsvorsorge hat die Krise am Kapitalmarkt zugesetzt. Nach 10 Jahren ist bei den meisten Verträgen nicht mehr als die, mittlerweile halbierte, staatliche Prämie dazugekommen. Ein gutes Geschäft war es aufgrund der hohen Gebühren nur für die Versicherungen. Der Präsident der Industriellenvereinigung Kapsch meinte zu den KV-Verhandlungen, es sei „nicht die Zeit, die gerade jetzt für gewaltige Lohnabschlüsse spricht“. Stattdessen will er, dass Steuern gesenkt, Vermögenssteuern verhindert und Sozialleistungen gekürzt werden. Und die Pensionen sollen zukünftig beitragsorientiert und staatlich gesichert sein, was nach der gescheiterten Zukunftsvorsorge klingt.


Linkswende Oktober 2013

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VERGESSENE GESCHICHTE Arditi del Popolo – Stoßtruppen gegen Mussolini Mussolinis faschistische Bewegung erlitt mehrere demütigende Niederlagen durch die Arditi del Popolo (ADP), Stoßtruppen des Volks. Die Arditi entstanden im Jahr 1921 und waren eine bunte Mischung aus Männern und Frauen, Kommunisten, Anarchisten, Republikanern, Sozialisten, revolutionäre Syndikalisten und sogar einigen Katholiken, schreibt Manfred ECKER.

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hr Gründungszweck war es, die Angriffe durch die faschistischen Schwarzhemden aufzuhalten. Die faschistische Bewegung gründete sich im März 1919 in Mailand. Sehr bald attackierte sie Büros der sozialistischen Zeitschrift Avanti und mordete meist ungestraft Aktivistinnen und Aktivisten der Linken. Die Schwarzhemden wüteten quer über das Land und griffen vor allem die politischen Zentren der Arbeiter_innenbewegung an, die „Case del Popolo“ (Volkshäuser), wobei es zahlreiche Tote gab. Danach waren sie oft die einzigen, die sich in den betroffenen Städten öffentlich versammeln und marschieren konnten. Sie konnten die Arbeiter_innenbewegung in die Defensive schlagen, wie es dem Staat bis dorthin unmöglich war. Die Arditi del Popolo waren darauf ausgerichtet, diese Angriffe zu stoppen. Einigkeit als Notwendigkeit Die Art der Bedrohung trieb das Proletariat dazu, sich über Parteigrenzen und über ideologische Dispute hinweg zu organisieren. Die Heftigkeit der Attacken führte dazu, dass die Arditi sich militärisch diszipliniert aufstellten. Viele der Arditi del Popolo hatten im Krieg gekämpft, manche von ihnen waren sogar vorher Mitglieder der protofaschistischen Arditi d’Italia. Sie bekamen Zulauf aus allen Organisationen der Linken und erhielten Unterstützung von Gewerkschaften. Kurz nach ihrer Gründung hatten sie eine Mitgliederzahl von 20.000 in 144 Ortsgruppen. Die Geschichte der Arditi del Popolo blieb bis in die 1980erJahre völlig ignoriert. Der Grund dafür war, dass die beiden großen Parteien der Linken dabei versagt haben, die Arditi zu unterstützen – im Gegensatz zu vielen ihrer Mitglieder.

Die Sozialisten der PSI hatten einen Nichtangriffspakt mit Mussolini geschlossen und die Kommunisten weigerten sich mit „bürgerlichen Kräften“ zusammenzuarbeiten, wie sie bei den Arditi sicherlich vertreten waren. Parmas glorreicher Abwehrkampf Bei der Verteidigung von Parma im August 1922 gegen einen Überfall von 10 – 20.000 bewaffneten Faschisten wirkte die gesamte Bevölkerung mit. Frauen waren Teil der Kampfformationen und organisierten hinter den Linien. Sie gossen kochendes Wasser aus den Fenstern, warfen Dachziegel von den Dächern. Die Arditi arbeiteten dabei mit den „formazioni di difesa proletaria“ (Formationen zur proletarischen Verteidigung) zusammen. Angeführt wurde die Verteidigung Parmas von Guido Picelli, einem Sozialisten, und dem Anarchisten Antonio Cieri. Wie weit ins bürgerliche Lager die Arditi reichten, zeigt eindrucksvoll die Figur des Ulisse Corazza, der mit dem Gewehr in der Hand an den Barrikaden sein Leben gab. Er war in einer katholischen Schule erzogen worden und amtierte nach dem Krieg als lokaler Abgeordneter der katholischen Volkspartei. Am Ende gab es bei den Faschisten 39 Tote und 150 Verletzte, während die Verteidiger von Parma fünf Tote und 30 Verletzte beklagten. Marsch auf Rom gestoppt Ebenfalls kaum bekannt ist die zweimalige Zerschlagung von Mussolinis „Marsch auf Rom“ durch die Arditi. Von 9. bis 13. November 1921 herrschte Krieg in Rom. Die ersten der 35.000 Faschisten, die Rom erreichten, benahmen sich in der üblichen Weise. Sie schlugen einzelne Personen, die sie als Arbeiter identifizierten, rissen ihnen die roten Halsbänder oder Abzeichen herunter. Sie ermordeten einen Bahnarbeiter. Darauf rief das „Proletarische Verteidigungskomitee“ dem die Arditi angehörten, einen Gene-

Zentralismus von Ludwig SOMMER

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emokratie ohne Zentralismus ist zum Scheitern verurteilt. Zentralismus ohne Demokratie hat nichts mit Sozialismus zu tun. In der Geschichte der Klassenkämpfe wurden viele verschiedene Organisationsformen ausprobiert. Der demokratische Zentralismus hat sich bisher am besten bewährt. Demokratie In Klassengesellschaften gibt es keine echte Demokratie. In einer Gesellschaft, wo Macht, Geld, Eigentum und Bildung extrem ungleich verteilt sind, haben Menschen nicht die gleichen Voraussetzungen für die Teilnahme am demokratischen Prozess. Die Demokratie im Kapitalismus beschränkt sich außerdem darauf, dass wir die freie Wahl haben, von wem wir uns aus-

beuten lassen. Die Herausforderung ist es, dass wir uns möglichst viel Demokratie aneignen. Dafür brauchen wir politische Führung und Zentralismus. Zentralismus Ist Führung nicht prinzipiell undemokratisch? Nein, überhaupt nicht. Wenn eine Gruppe von Menschen, z.B. Studierende im Streik, sich fragen, wie sie mit ihrer Bewegung weiterkommen, dann bietet jeder, der eine Lösung anbietet, damit auch Führung an. In diesem Sinne ist Demokratie ohne Führung, inhaltlos und sinnlos. Die Kräfte oder Fähigkeiten innerhalb der Arbeiter_innenklasse sind sehr ungleich verteilt. Wir brauchen Zentralismus, um Macht möglichst gleichmäßig zu verteilen. Wissen und Erfahrungen, sei es aus der Praxis oder aus Büchern,

August 1922: Barrikaden im Kampf um Parma

ralstreik aus, der sich rasch ausbreitete. Den ganzen Tag kam es zu Zusammenstößen mit vier Toten und 150 Verletzten. Am nächsten Tag kam der Streik voll zur Geltung. Die Faschisten wussten nicht mehr, wie sie die Stadt verlassen sollten. Mussolini wollte, dass sie in dem Hotel blieben, in dem ihre Versammlung stattfand. Er selbst wurde von der Polizei aus der Stadt eskortiert, so wie seine Anhänger an den Tagen darauf. Auch der zweite Marsch auf Rom endete mit der Flucht der Faschisten, allerdings übergab ihnen der italienische König Mussolini am Tag darauf die Regierungsgewalt. Denn die Arditi konnten die Demorali-

sierung nicht wettmachen, welche Sozialisten und Kommunisten bei ihrer Basis verursachten, und der König wollte nicht riskieren, dass die Faschisten nach ihrer Niederlage von der Bühne verschwanden. Am 31. Oktober 1922, zwei Tage nach ihrer Flucht, marschierten die Faschisten erneut in Rom ein.

Literaturtipp: Tom Behan, „The Resistible Rise of Benito Mussolini“, erschienen bei Bookmarks, greift die bisher verschwiegene Geschichte der Arditi del Popolo auf.

In dieser Serie erklären wir Begriffe des Marxismus von A bis Z.

müssen geteilt werden. Mehrheitsbeschlüsse in einer Partei müssen von allen Mitgliedern in die Tat umgesetzt werden. Damit der Wille der Mehrheit sich durchsetzt, brauchen wir revolutionäre Disziplin. Proletarische Disziplin Arbeiter_innen stimmen vor einem Streik ab. Wenn die Mehrheit dafür ist, müssen auch die Streikgegner sich am Streik beteiligen. Wer trotzdem arbeiten gehen will, sprich den Streik brechen würde, der wird von den Kolleg_innen mittels einer Streikkette daran gehindert, also mittels Gewalt. Darüber zu wachen, dass Mehrheitsbeschlüsse nicht sabotiert werden ist ein notwendiger Teil von Demokratie. Mehrheitsbeschlüsse zu hintergehen ist dagegen höchst undemokratisch. Auf diese Wei-

se funktionieren Streiks seit über zwei Jahrhunderten bzw. scheitern, wenn die Entscheidung der Mehrheit nicht von allen umgesetzt wird. Sozialismus von unten Die Kontrolle, bzw. Macht, muss von unten ausgehen. Die Führung ist verantwortlich für die Umsetzung des Mehrheitswillens und ist jederzeit abwählbar. Eine revolutionäre Organisation muss sich ständig darum bemühen die Fähigkeiten und das Selbstbewusstsein jedes einzelnen Mitglieds zu erhöhen, damit jeder und jede auch selbst Führung übernehmen kann. Gedächtnis der Arbeiterklasse Woher wissen wir, dass Rassismus oder Imperialismus Arbeiter_innenorganisationen zerstören? Woher wissen wir, dass die Basis der

Lohnabhängigen sich unabhängig von der Gewerkschaftsbürokratie organisieren muss. Woher wissen wir, dass der beste Weg die Faschisten zu bekämpfen die Einheitsfront ist? Die einfache Antwort darauf ist: Wir wissen es von den Erfahrungen vergangener sozialer Bewegungen. Wir sollten nicht unnötigerweise Fehler, die in der Vergangenheit gemacht wurden, wiederholen. Wir müssen gewinnen Der Klassenfeind ist stark zentralistisch organisiert. Wir müssen uns organisieren, um effektiv in den Lauf der Geschichte eingreifen zu können. Unsere Organisationsform muss sich ständig neuen Gegebenheiten anpassen. Wenn wir wollen, dass sich die fortschrittlichsten Ideen durchsetzen, brauchen wir demokratischen Zentralismus.


14 Oktober 2013 Linkswende

AUSSTELLUNG DIE ARBEITSLOSEN VON MARIENTHAL 1930: Die Textilfabrik Marienthal muss wegen der Wirtschaftskrise schließen. Junge Wissenschaftler erforschen in einer Studie die Auswirkungen von Langzeitarbeitslosigkeit auf 1.300 Menschen und ihr Umfeld: „Man lebt von Tag zu Tag dahin und weiß nicht warum.“

12. Sep.–1. Mai, Karl-Marx-Hof, Waschsalon 2 19., Halteraug. 7

DOKU POPULATION BOOM! Mythos Überbevölkerung. In seiner neuen Dokumentation entlarvt Werner Boote („Plastic Planet“) die Hysterie über Ressourcenmangel und Überbevölkerung als Verteilungskonflikt: „Geld kauft Platz“, und: „Wer von uns ist zu viel?“

Filmstart: 20. September

AUSSTELLUNG/KABARETT SO IST AFRIKA Mit Ironie gegen Afrika-Klischees – Werbejingles, Bilder und Videos im humorvollen Widerspruch zu „urwüchsigen Trommlern“, „den bunten Farben Afrikas“ oder „Masken und Fetischkult“. Am 29. Oktober wird die Ausstellung nach einer Führung (18:00) mit dem Kabarett „Schmäh gegen Rassismus“ (19:00) ergänzt.

KULTUR

Edith Tudor-Hart: Die Kamera als Waffe

Bis 12.1. zeigt das Wien Museum eine Ausstellung von Bildern von Edith Tudor-Hart. Die aus Wien stammende Kommunistin begriff ihre Tätigkeit als Arbeiterfotografin nicht als außenstehende Beobachterin, sondern sie kämpfte auf einer Stufe mit ihren Motiven für eine andere Welt, schreibt Oliver MARTIN.

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m Jahr 1908 geboren, wuchs Edith Tudor-Hart, geborene Suschitzky, als Kind einer sozialdemokratischen Familie in Favoriten auf. Ihr Vater betrieb dort eine Buchhandlung, in der sozialistische Literatur vertrieben wurde. Als Jugendliche schloss sie sich bereits mit 16 Jahren einem Kollektiv jüdischer Lehrerinnen an und unterrichtete unbezahlt Kinder nach den Ideen der Montessori-Pädagogik. Über das Netzwerk an Kontakten, das sie hier aufbaute, dürfte sie mit radikalen politischen Ideen in Kontakt gekommen sein. Politisierung zwischen den Kriegen Der genaue Hergang ihrer Politisierung ist heute nicht mehr rekonstruierbar, aber vor dem Hintergrund der Zwischenkriegszeit leicht nachvollziehbar. Wie der Historiker Eric Hobsbawm treffend erklärte, habe „man sich das politische Bewusstsein [in dieser Zeit] genauso natürlich angeeignet wie das sexuelle“. Ab 1927 arbeitete Suschitzky als Kontaktperson für die Kommunistische Partei Großbritanniens, die

CPGB. Viele ihrer politischen Aktivitäten sind heute nur mehr aus den Akten der Geheimdienste, die sie ab den 1930ern ihr Leben lang beobachteten, rekonstruierbar. Fotografie auf Augenhöhe Edith Tudor-Hart entwickelte einen Stil, der sich als dokumentarischer Realismus beschreiben lässt. Sie benutzte eine Rolleiflex-Kamera, die sie auf Hüfthöhe hielt, und konnte so Blickkontakt zu ihren Motiven herstellen. Aus diesem Grund sind viele ihrer Bilder aus einer Perspektive von relativ weit unten aufgenommen. Sie sieht sich selbst auf einer Ebene mit den Fotografierten – im Gegensatz zu vielen anderen sozialdokumentarischen Fotograf_innen, die wie Voyeure durchs Schlüsselloch von außen und von oben herab beobachten. Obwohl sie in der kommunistischen Bewegung aktiv war, erschienen die meisten von Edith Tudor-Harts Fotos in sozialdemokratischen Publikationen wie dem „Kuckuck“. Das hatte mehrere Gründe. Erstens war die sozialdemokratische Partei

8. Okt.–5. Nov., Bücherei Philadelphiabrücke 12., Meidlinger Hauptstr. 73

DOKU ALPHABET Nach Lebensmittelindustrie („We Feed The World“) und Finanzkapitalismus („Let’s Make Money“) setzt sich Erwin Wagenhofer in seinem neuen Film „Alphabet“ mit der Ökonomisierung der Bildung auseinander. Über den Wahnsinn von Rankings, Überforderung von Kindern und den Drill zum Humankapital

Filmstart: 11. Oktober

Ein Hundesalon und ein Londoner Slum: Diese Gegenüberstellung wurde im Satireblatt „Lilliput“ gedruckt

The Sensible Gray Cells: A Postcard From Britain

Foto: Al Davies

Leo K’s

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wei Veteranen der Punk-Revolte der späten 1970er-Jahre melden sich mit einem kräftigen Lebenszeichen zurück: Captain Sensible und Paul Gray, beide Mitglieder der legendären Punkband „The Damned“, veröffentlichen mit „A Postcard From Britain“ ein neues Werk, das nahtlos an Punk-Juwelen wie „The Black Album“ (1980) und die AntiRonald-Reagan-Hymne „Bad Time for Bonzo“ (1982) anknüpft. Dem PunkGestus zufolge, sich keine wie immer gearteten Vorschriften machen zu lassen, bewegten sich ihre Kompositionen immer schon im „Art-Punk“-Grenzbereich von mitsingtauglichen, manchmal poppigen up-tempo-songs und psychedelischen Sounds, die den 1960er-Jahren entlehnt schienen. Auch auf „A Postcard From Britain“ sind neben der klassischen Gitarre-Bass-Schlagzeug-Besetzung Sitar-, und Bouzouki- sowie altmodische Keyboard-, und schräge Saxofon-Klänge zu hören. Textlich lässt Sänger und Gitarrist Captain Sensible nach wie vor kein gutes

viel größer als die KPÖ. Deren illustrierte Wochenzeitung „Der Kuckuck“ erreichte eine Auflage von rund 50.000 Stück. Im Jahr 1933 wurde die Fotografin kurzzeitig verhaftet, weil sie für die KPÖ als Botin geheime Nachrichten übermittelt hatte. Im selben Jahr heiratete sie ihren Verlobten Alexander Tudor-Hart und ging nach England ins Exil. In England setzte TudorHart anfangs sowohl ihre politische Tätigkeit als auch ihre Arbeit als Fotojournalistin fort, allerdings gab es dort keine vergleichbar große Publikation. Parallel dazu eröffnete sie in London ein Fotoatelier, das zwar anfangs einigen Erfolg hatte, aber im Krieg zerstört wurde. Verfolgt vom Geheimdienst Ihr geplantes Lebenswerk, ein Buch über die Londoner Arbeiter_innenviertel, das einmal „Rich Man, Poor Man“ und dann wieder „East End, West End“ heißen sollte, musste sie unvollendet aufgeben. Denn einerseits wurden die Verhöre durch den Geheimdienst immer häufiger und sie hatte Angst, ihren Genoss_innen Schaden zuzufügen. 1951 vernichtete sie nach der Verhaftung eines ihr nahestehenden Agenten aus Furcht vor einer Hausdurchsuchung sämtliche Fotos und einige Negative. Andererseits war sie aber von der Moskautreuen Volksfrontpolitik der CPGB enttäuscht und resignierte, weil die Kommunistische Partei jede ernsthafte Radikalisierung verhinderte. Geheimdienstaufzeichnungen zufolge zog sie sich gegen Ende des Zweiten Weltkriegs langsam aus ihren politischen Aktivitäten

Kind in Lumpen vor dem Schaufenster einer Bäckerei, um 1935

zurück. Obwohl Edith Tudor-Hart an der Politik der kommunistischen Partei verzweifelte und 1973 viel zu früh verstarb, sind ihre erhaltenen Bilder ein deutliches Zeichen, dass eine andere, optimistische und hoffnungsvolle sozialistische Politik möglich ist. Zu sehen ist die Ausstellung im Wien Museum am Karlsplatz, geöffnet Di-So und feiertags 10-18 Uhr.

Baskische Flüchtlingskinder in England, 1937

Musiktipps Janelle Monáe: The Electric Lady

Foto: billboard.com

Kultur in Kürze

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Haar an seinen britischen Landsleuten („Tragic Roundabout“), macht sich in „Halfway to Hollywood“ über schwachsinnige TV-Shows lustig und kritisiert in „State of the Nation“ die herrschende Politikerklasse. Das Album wurde zu einem großen Teil live, analog und sprichwörtlich in einer Garage eingespielt, gibt somit ungeschliffen die ursprüngliche Energie der songs wieder. Diese lassen beim Anhören trotz aller negativen Befundung der „Welt wie wir sie sehen“ eine durchaus optimistische Lebenshaltung bzw. beinahe Aufbruchsstimmung aufkommen. www.thesensiblegraycells.co.uk

ie US-amerikanische Soul- und Funk-Sängerin, Songwriterin und Tänzerin gilt als eine der Erneuer_innen des Souls und wird bereits in einem Atemzug mit Frank Ocean und James Blake genannt. Sie veröffentlichte 2007 ihr erstes Solo-Album „Metropolis“, 2010 erschien „The ArchAndroid“. Beiden Veröffentlichungen liegt ein gemeinsames Konzept zugrunde, nämlich eine phantastische Erzählung aus dem 28.Jahrhundert, die in der Androidenstadt Metropolis spielt, ein Verweis auf den gleichnamigen Film von Fritz Lang. „The Electric Lady“ ist inhaltlich die Fortsetzung dieser Geschichte, jedoch keineswegs ein musikalisches Sequel. Was wie der Soundtrack zu einem melodramatischen 60er-Jahre-Film beginnt, entwickelt sich in weiterer Folge zu einem vielschichtigen, in zwei Suiten aufgeteilten Konzeptalbum. Zum schon bekannten, unterkühlt synthetischen Stilmix haben sich Einflüsse aus dem Afro-Funk eines George Clinton und Rock-Gitarren hinzugefunden. Der Albumtitel nimmt Bezug auf das berühmte „Electric

Ladyland“-Album von Jimi Hendrix, es überrascht daher auch nicht, dass Funk-Gitarren-Altmeister Prince sich als Gastmusiker und Duettpartner einfindet („Givin‘ Em What They Love“). Das mit Erykah Badu eingesungene „Q.U.E.E.N“, eine Abrechnung mit Religion, Rassismus und Geschlechterrollen, erinnert an Grace Jones in ihrer besten Zeit, wie überhaupt das Album gerne und gelungen die 80er-Jahre zitiert, ohne dabei Retro zu wirken. Aus den Texten spricht ein schmissiger „Afrofeminismus“ ohne erhobenen Zeigefinger und Verbissenheit, der sich wohltuend von üblichen R’n’B-Klischees abhebt. Janelle Monáe führt somit einerseits die Tradition von R’n’B-Hit-Diven der Gegenwart wie Alicia Keys oder Beyoncé fort, ist aber andererseits Anti-These zu ihnen und verfeinert mit ihren versponnenen Arrangements diesen Musikstil. www.jmonae.com


Linkswende Oktober 2013

PROTEST GEGEN FPÖ - BUCHPRÄSENTATION

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Martin Graf raus aus dem Parlament! Di, 22.10. 17:30, Parlament Martin Graf (FPÖ) stellt sein Buch „Abgerechnet wird zum Schluss“ am 22. Oktober im Parlament vor. In diesem Buch hetzt Graf gegen Muslim_innen und politisch Andersdenkende. Graf ist dritter Nationalratspräsident und Mitglied

der rechtsextremen Burschenschaft Olympia. Es ist ein historischer Skandal, dass die Parteigründung des VdU (später FPÖ) als Sammelbecken ehemaliger Nationalsozialisten unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg zugelassen wurde.

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Gruppentreffen: Stadtgruppe: Jeden Do. um 19 Uhr, Amerlinghaus (7., Stiftg. 8) Unigruppe: Jeden Di. um 17 Uhr, Powi-Institut im 2. Stock des NIG (1., Universitätsstr. 7) Für Interessierte, die mit uns politisch diskutieren wollen, keine Anmeldung erforderlich.

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Infotische: Stadtgruppe: Jeden Sa. von 14 bis 15 Uhr, Mariahilferstr., vor dem Generali Center. Unigruppe: Jeden Do. von 12 bis 13 Uhr, ­ „Uni-Eck“, Schottentor Während der Uni-Ferien finden Infotische und Gruppentreffen gemeinsam mit der Stadtgruppe statt.

Telefon: 0650 452 24 73

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Was wir wollen

Eine andere Welt. Heute lebt die Hälfte der Menschheit von weniger als 2 Dollar pro Tag, 67% der Reichtümer sind in den Händen von nur 2% der Bevölkerung. Weltweit sind Regierungen für krisengeschüttelte Unternehmen und Banken mit rund 6.000 Milliarden Euro in die Bresche gesprungen. Dieser Betrag würde ausreichen, um die weltweite Armut für ein halbes Jahrhundert zu beenden. Was heute produziert wird, würde schon ausreichen,

ABONNEMENT

um alle Menschen der Welt mit dem Grundlegendsten zu versorgen. Die Bedingungen für eine gerechtere Welt waren nie besser als heute. Demokratische Kontrolle. Wir wollen eine Gesellschaft, in der gezielt für die Bedürfnisse der gesamten Menschheit und mit Rücksicht auf die Natur produziert wird. Dafür ist eine wirklich demokratische Ordnung nötig, in der die werktätigen Menschen das Sagen haben, sie produzieren allen Reichtum

dieser Welt. Eine neue Gesellschaft ist nur vorstellbar, wenn sie die Produktion ihrer Reichtümer und ihre Verteilung kontrollieren. Um eine solche gerechte – eine sozialistische – Gesellschaft errichten zu können, müssen Arbeiter und Arbeiterinnen kollektiv gegen das herrschende System vorgehen, seine staatlichen Strukturen zerschlagen und kollektiv die Kontrolle übernehmen. Wir stehen für einen Sozialismus von unten, denn – wie Karl Marx sagte – »Die Befreiung der Arbeiterklasse muss das Werk der Arbeiterklasse selbst sein.« Internationalismus. Die Revolutionen im arabischen Raum und der internationale Aufschwung der Arbeiterinnen- und Arbeiterbewegung im Jahr 2011 demonstrieren, dass der Kampf nicht entlang von Ländergrenzen, sondern von Klassengrenzen stattfindet. Das Scheitern der Russischen Revolution mit der Machtübernahme Stalins hat uns

gezeigt, dass eine sozialistische Revolution nicht isoliert in einem Land erfolgreich sein kann. Der Kapitalismus ist ein internationales System, das nur international besiegt werden kann. Wir unterstützen das Recht aller unterdrückten Gruppen, sich zu ihrer eigenen Verteidigung zu organisieren. Wir unterstützen Befreiungsbewegungen, die sich gegen Unterdrückung durch imperialistische Staaten wehren. Gegen Unterdrückung. Als Sozialistinnen und Sozialisten bekämpfen wir jede Form der Unterdrückung. Wir stellen uns gegen alle Versuche der herrschenden Klassen, uns entlang von Staatsgrenzen, Hautfarbe, Religion, Geschlecht oder sexueller Orientierung zu spalten und damit zu schwächen. Wir treten für echte soziale, politische und ökonomische Gleichberechtigung von Frauen und für ein Ende aller Diskriminierungen von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgender ein.

Gegen Rassismus. Wir wenden uns aktiv gegen alle Versuche, Menschen verschiedener Herkunft gegeneinander zu hetzen. Wir sind gegen jede Diskriminierung, gegen Einwanderungskontrollen, gegen Arbeitsverbote und für grenzüberschreitende Solidarität. Wir stehen für Solidarität mit der muslimischen Bevölkerung und für das volle Recht auf freie Religionsausübung. Revolutionäre Partei. Unsere Herrscher kontrollieren die Medien, die Justiz, Polizei und Militär. Um diese Macht zu konfrontieren, müssen sich auch die Lohnabhängigen organisieren. Wir glauben, dass diejenigen, die eine gerechte und solidarische Gesellschaft wollen, sich zusammentun müssen und die Entwicklung der Protestbewegungen nicht dem Zufall überlassen dürfen. Je stärker die revolutionäre Strömung innerhalb der Bewegung ist, desto mächtiger wird die Bewegung als Ganzes.


Linkswende Monatszeitung für Sozialismus von unten

Massenbewegung erzwingt Verhaftung von Faschisten

Foto: AP

GRIECHENLAND

Die Regierung tut was sie kann, um als „hart“ gegenüber den Faschisten zu erscheinen. Ministerpräsident Antonis Samaras verspricht „Null Toleranz“ gegenüber den Nazis. Aber die Fakten stehen in krassem Widerspruch zu seinen Worten, berichtet Sotiris KONTOGIANNIS aus Athen.

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ie Parteiförderung der Goldenen Morgenröte (800.000 Euro im Vorjahr) wurde eingestellt, die Konten geöffnet und die Steuerfahndung startete eine Untersuchung um die Spender zu enthüllen. Die Goldene Morgenröte wurde zur „kriminellen Organisation“ erklärt. Um diesen Vorwurf zu untermauern, schickte Nikos Dendias, der Minister für öffentliche Sicherheit, 32 Akten zu Verbrechen der Morgenröte an die Staatsanwaltschaft: Angriffe gegen Einwanderer, Morde, Erpressungen, der Verkauf von „Schutz“ an Ladeninhaber, illegaler Schusswaffenbesitz, Amtsanmaßung, Schwarzhandel etc. Aber all das sind alte Fälle: Sie lagen seit Monaten und Jahren in den Schubladen der Regierung, der Justiz und der Polizei. Und sie wären noch immer dort, wenn nicht Pavlos Fyssas erstochen worden wäre. Und die Nazis wären noch immer frei um Terror zu verbreiten. Für ihre Schwäche bestraft Es war die Ermordung von Fyssas, welche die Regierung dazu gezwungen hat eine Kehrtwendung zu machen. Manche versuchen das Durchgreifen gegen die Goldene Morgenröte mit deren Erfolg zu erklären. Sie weisen auf die jüngsten Umfragen vor dem Mord hin, die eine Zustimmung von über 15% attestierten. Samaras, sagen sie, versucht den Tod von Pavlos auszunutzen, um die Partei zu zer-

die Morgenröte zur Ermordung von Pavlos führte. Ein paar Tage zuvor griff eine Bande von 50 Morgenröte-Mitglieder ein Gewerkschaftstreffen in Perama, nahe Athen, an. Neun Arbeiter, darunter der Präsident der Gewerkschaft, wurden verletzt. Die Arschlagen und die konservativen Wähler zur beiter riefen die Polizei, die ihre Ankunft so Nea Dimokratia zurück zu locken. lange hinauszögerte, bis sie sicher war, dass Aber das ist Unsinn: Es war das Versagen von der Job erledigt war. Es war der mit Abstand der Morgenröte und nicht deren Erfolg, der schlimmste Angriff gegen Gewerkschaftsanzur Razzia führte. Die Regierung hat lange gehörige – ausgeführt in einer Periode der Zeit die Nazis nicht bloß toleriert, sie hat sie Massenstreiks im öffentlichen und privaten geschützt und gefördert. Jetzt nennt Samaras Sektor. den faschistischen Terror „eine Bedrohung Mit dem Mord versuchte die Morgenröte gegen die Demokraihre Isolation zu tie“. Aber bis zum durchbrechen, ihDie herrschende Klasse liebäugelte Mord an Pavlos ren Terror wieder sah die herrschen- mit der Idee, den Naziterror als Speer auf die Straße zu de Klasse die Nazis tragen und ihre gegen die Bewegung und gegen die nicht als Feinde, Nützlichkeit dem Linke zu benutzen. sondern als VerSystem gegenüber bündete. Sie liebzu beweisen. Die äugelte mit der Idee, den Naziterror als Speer Aktion ging nach hinten los: der Mord führte gegen die Bewegung und gegen die Linke zu zu einer Massenbewegung, mit zehntausenbenutzen. den, wütenden Menschen auf den Straßen und einem eintägigen, antifaschistischen GeTerror gegen Gewerkschaften neralstreik. Dies „überzeugte“ die Regierung, Diese Strategie versagte kläglich. Die Golde- ihre bisherige Strategie aufzugeben und die ne Morgenröte griff zwar tatsächlich an, und Morgenröte niederzuschlagen. sie war und ist eine gefährliche, gewalttätige Der Kampf gegen Nazis ist nicht vorbei Bande. Aber sie konnte ihre Verbrechen nur im Schutz der Dunkelheit und der Polizei Die Regierung kann und wird die Nazis nicht verüben. Jedes Mal wenn ein Abgeordneter zerschlagen. Die Führer der Morgenröte sind der Morgenröte versuchte, auch nur einen jetzt in Haft, aber ob sie verurteilt werden Kranz an einem Nationalfeiertag niederzu- oder nicht, hängt ausschließlich von der Stärlegen, wurde er von der wütenden Bevölke- ke der Bewegung ab. Im Mai 1963 ermordete rung davongejagt, selbst in den entlegensten „Die Nadel“, eine paramilitärische OrganisaDörfern. Es war exakt dieses Versagen, das tion, den bekannten, linken Abgeordneten

Grigoris Labrakis. Der Zorn war enorm, und die Regierung war gezwungen, zwei Wochen später zurückzutreten. Die Mörder, Gotzamanis und Emmanouilidis wurden festgenommen und eingesperrt. Vier Jahre später, als sich die Bewegung verlaufen hatte, wurde ihnen der Prozess gemacht. Sie wurden des Mordes freigesprochen und bloß zu acht und elf Jahren Gefängnis verurteilt. Und sie blieben nicht lange im Gefängnis: ein paar Monate nach dem Prozess stürzte ein Putsch die Regierung, löste das Parlament auf und übertrug die Macht an eine Militärjunta. Die Killer wurden sofort begnadigt und freigelassen. Zuwanderer gegen Nazis KEERFA (Vereint gegen Rassismus und die Faschistische Bedrohung) hat in der antifaschistischen Bewegung in den vergangenen Monaten und Jahren eine führende Rolle gespielt. Nach dem Wahlerfolg der Goldenen Morgenröte im Jahr 2012, organisierte sie einen Protest an dem Tausende teilnahmen. Im Sommer 2012 organisierte sie eine Massendemonstration gegen Rassismus in Athen mit über 20.000 Teilnehmer_innen, überwiegend Einwanderer. Und sie organisierte die großen, antifaschistischen Mobilisierungen des 19. Jänner, die sich in mehrere Länder ausbreiteten. Letztes Wochenende veranstaltete KEERFA in Athen ein internationales Treffen gegen Nazis. Beim Treffen wurde beschlossen, zu einem internationalen Tag des Antifaschismus am 22. März aufzurufen. Das scharfe Vorgehen gegen die Goldene Morgenröte war ein großer Erfolg für die Bewegung, aber es ist liegt noch ein weiter Weg vor uns.


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