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ZUKUNFTSVISIONEN

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QUO VADIS, GRAZ?

QUO VADIS, GRAZ?

wenn es um finanzielle Unabhängigkeit geht.

Für viele wohl die größte finanzielle Anschaffung im Leben ist Wohneigentum. Die neuen Regeln bei der Vergabe der Wohnkredite sorgen aber für Verunsicherung.

Vor den neuen Regeln braucht man sich nicht zu fürchten. Eigenmittelanteile in der Höhe von 20 Prozent sind auch in der Vergangenheit schon empfohlen worden und auch die Maximal-Laufzeit von 35 Jahren sowie eine empfohlene Maximalbelastung des Haushaltseinkommens für die Wohnraumbeschaffung von nicht mehr als 30–40 Prozent sind sinnvolle Richtlinien. Als Steiermärkische Sparkasse stehen wir bei der Entscheidung über die Leistbarkeit der Schaffung eines privaten Eigentums gerne professionell zur Seite.

Wie erleben Sie selbst das Leben in der Stadt?

Ich sehe – zwar als nicht in Graz Geborener, aber schon seit 15 Jahren hier Lebender – beeindruckt die Entwicklung der Stadt. Von der Verbesserung der Lebensqualität bis zu spannenden Entwicklungsprojekten wie Reininghaus wird Graz kontinuierlich immer wieder einen Schritt lebenswerter.

Sie verantworten auch den Bereich der Auslandsbeteiligungen der Steiermärkischen Sparkasse. Welche Rolle spielt Graz als Drehscheibe für Südosteuropa?

Wir sind mit unseren Auslandstöchtern die einzige österreichische Bank, die in sechs Ländern, und somit in fast allen Ländern des ehemaligen Jugoslawiens, vertreten ist. Für uns hat dies eine sehr große Bedeutung, denn rund 50 Prozent unseres Jahresüberschusses erzielen wir bereits in dieser Region. Durch den konstanten internationalen Austausch konnte unser Haus über viele Jahre eine große Kompetenz aufbauen, die sicherlich auch zukünftig von Vorteil sein wird.

GESUNDE STADT

Gute Infrastruktur und Lebensqualität müssen sich nicht ausschließen. Deshalb machen Faktoren wie etwa gendergerechte Mobilität und umweltverträgliche Stadtgestaltung gesunden, urbanen Raum aus, weiß Eva Schwab vom Grazer Institut für Städtebau.

TEXT: YVONNE HÖLZL, FOTOS: THOMAS LUEF

Was ist für eine klimafreundliche, nachhaltige Stadt der Zukunft essenziell?

Eva Schwab: Kompakte Städte, die an den Grundprinzipien Funktionsmischung, Dichte und Nähe ausgerichtet sind, bieten am ehesten die Grundlage für Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit. Sie bieten mehr Möglichkeiten für aktive Mobilität, neue, zirkuläre Modelle der Energieversorgung, Sharing-Angebote, Nachbarschaftshilfe und eine stärkere Kombination von Wohnen und Arbeiten. Wenn diese Ressourceneffizienz mit mehr Bedacht auf den öffentlichen Frei- und Grünraum, der sowohl sozial als auch für das Hitzeentlastungssystem der Stadt relevant ist, gelegt wird, kommen wir dem Ideal schon sehr nahe.

Dabei denken Sie auch an einen Fußgänger:innen-Masterplan für die Steiermark?

Wir sind gerade Teil eines Projektkonsortiums, das an einer Fußgänger:innen-Strategie für die Steiermark arbeitet. Die Strategie soll mit einer Reihe von Vorschlägen für konkret umsetzbare Maßnahmen die Attraktivierung des Fußgänger:innen-Verkehrs unterstützen. Damit wird der Bedeutung von Fußgänger:innen-Mobilität für eine nachhaltige Entwicklung unserer Mobilität, für die Belebung und Lebendigkeit öffentlicher und halböffentlicher Räume, für die Gemeindeentwicklung, den Klimaschutz und nicht zuletzt für die Gesundheit jeder und jedes Einzelnen Rechnung getragen.

Wie sehen Sie eine gelungene umweltverträgliche, alltagstaugliche Mobilität im urbanen Raum?

Ich sehe vor allem eine multi-modale Mobilität, eine Kombination aus Radfahren, Zufußgehen, öffentlichem Verkehr und auch Autoverkehr. Dazu ist eine „Gleichberechtigung“ zwischen den Verkehrsarten nötig – es muss genauso für die aktive Mobilität geplant und Raum geschaffen werden, wie es bisher für den Autoverkehr der Fall war, der derzeit unglaublich viel der Fläche in Anspruch nimmt.

Wie unterschiedlich sind Frauen und Männer in Graz unterwegs?

Frauen, die alltägliche Care-Arbeit leisten, haben viele kleine Wege – auf dem Weg zur Arbeit werden die Kinder mitgenommen, am Weg nach Hause wird eingekauft… Die Verkehrsplanung denkt zum Teil noch in überholten Konzepten. Wege werden von A (zu Hause) nach B (zur Arbeit) konzipiert und nicht in der oben angesprochenen Lebensrealität.

Und wie wirkt sich das auf die Verteilung des öffentlichen Raumes aus?

Viel vom öffentlichen Raum ist Mobilitätsraum, also Straßenraum. Wir reden zwar immer von der Gestaltung sowie Nutzung von Parks und Plätzen, sollten aber auch mehr über die Qualität des Straßenraums reden. Straßen müssen Lebensräume werden. Die Verteilung des öffentlichen Raums nach Mobilitätsformen ändert sich natürlich, wenn sich die Prioritäten in der Mobilität ändern. Wenn man mehr Bedacht auf Frauen und ihre Care-Arbeit, Fußgänger:innen und Radfahrer:innen legt, wird sich der Raum ändern müssen. Wir haben uns in einem kürzlich abgeschlossenen Forschungsprojekt in der My Smart City Waagner Biro den öffentlichen Raum angesehen und festgestellt, dass der größte Teil des öffentlichen Freiraums Straßeninfrastruktur ist. Hier ist also ein immenses Potenzial für Klimawandelanpassung vorhanden. Dazu haben wir 13 Handlungsempfehlungen für mehr Ressourceneffizienz und klimagerechte Lebensqualität entwickelt, die auf Mischnutzung, Sharing-Angebote und die Aktivierung der Erdgeschoßzonen genauso abzielen wie auf die qualitative und quantitative Verbesserung der Grünraumversorgung und die Unterstützung der aktiven Mobilität.

Stadtstruktur und Architektur fördern die Gesundheit und das Wohlbefinden. Welche Faktoren formen dabei die „gesunde Stadt“?

Eine kompakte Siedlungsentwicklung und eine Stadtgestaltung, die Klimawandelanpassung und Lebensqualität großschreibt, sind die Basis für eine gesunde Stadt. Gerade ältere Menschen, Kranke und Kinder leiden unter der Hitze in der Stadt, und Leute, die zu Fuß gehen und Rad fahren im Alltag, sind gesünder. Sie sehen, die Dinge greifen ineinander.

Welche Projekte im Städtebau der Stadt Graz sind gerade aktuell und zukunftsweisend?

Ein großes Thema ist die Transformation des peri-urbanen Raums – des Speckgürtels um die Städte. Denn Stadtwachstum passiert nicht in der Innenstadt, sondern am Rand. Dort fehlt es an urbanen Qualitäten wie Funktionsmischung und Nähe, da fehlt der gut ausgebaute öffentliche Verkehr, da fehlen die öffentlichen Räume. Man könnte dezentrale Stadtteilzentren intensivieren und ausbauen und sie z.B. über grüne Korridore mit der Innenstadt vernetzen. Gerade schauen wir uns am Stadtrand von Feldbach an, wie man öffentlichen Straßenraum so gestaltet, dass er einerseits ein qualitätsvoller Raum für aktive Mobilität und Aufenthalt ist und andererseits auch dem Regenwassermanagement dient, damit es bei klimawandelbedingten, immer häufiger auftretenden Starkregenereignissen nicht zu Überschwemmungen kommt.

Eva Schwab vom Grazer Institut für Städtebau

ZUKUNFTSVISIONEN

Autonomes Fahren, Wohnen, Nachhaltigkeit – der BUSINESS MONAT hat bei steirischen Vordenkerinnen und Vordenkern nachgefragt. Das Ergebnis: Einblicke mit Ausblicken.

TEXT: LISSI STOIMAIER

Anja Benesch Leiterin der KEM und KLAR! StadtLandSee

Sieben-Punkte-Plan

In Kapfenberg heißt das Motto zukünftig: Zuerst genau prüfen, dann handeln, denn wichtigen Entscheidungen wird ab sofort eine Prüfung auf Nachhaltigkeit vorangestellt. Anja Benesch, Leiterin der Klima- und Energie-Modell-Region (KEM) und und Klimawandel-Anpassungsmodellregion (KLAR!) StadtLandSee sowie Gemeinderätin in Kapfenberg, erklärt dabei den SiebenPunkte-Plan für ein zukunftsfähiges Kapfenberg: „Unsere Stadt der Zukunft schont ihre Ressourcen und vergibt Aufträge nach klimafitten Kriterien. Wir ermöglichen lebenswertes Wohnen in einer grünen Umgebung mit kurzen Wegen und der Nutzung von autarken Energiequellen. Die Stadt ist fair miteinander, achtet auf gleiche Chancen in Bildung, Ausbildung und Beruf für Jung und Alt, Frauen und Männer, unabhängig von den Lebensumständen.“

Gemeinsam in eine starke Zukunft

Die weiteren Punkte umfassen ein gesundes Leben in angenehmen Temperaturen, mit gratis Bewegungsmöglichkeiten im Alltag, Beratungs- und Unterstützungsangeboten. Die Bürger:innen werden motiviert, Rad zu fahren, Autos zu teilen und den ÖV zu nutzen. Zukunftsfähiges Wirtschaften, welches Dekarbonisierung und attraktivste Arbeitsplätze sowie Kreislaufwirtschaft bewirkt, wird gefördert. Und schlussendlich kooperieren alle Beteiligten über Abteilungs- und Gemeindegrenzen hinweg in Sachen Klimaschutz und Klimawandelanpassung.

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