Familienblatt der Pfleiderer, Sommer 2019

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m u  p ty H p m t  y D u Eine Reflektion von Michael Harvey*

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eute Morgen werde ich über Humpty Dumpty sprechen und auf Zusammenhänge zwischen seiner Geschichte und der von Jesus hinweisen. Zuerst muss ich jedoch etwas über das Wesen des Mythos sagen. Ein Mythos ist die li­ terarische Form, die den zugrunde liegenden Ängsten und Hoffnungen gegeben wird, die in unserer tiefsten Natur verborgen sind. Zum Beispiel sind die griechischen Geschichten über die Unterwelt für uns immer noch von Interesse, weil sie die Angst vor dem Tod zum Ausdruck bringen, die wir alle haben. Die Geschichte von Cocagne, wo einem die Nahrung in den Mund fällt, drückt den Wunsch aus, dass wir alle genug zu Essen be­ kommen. Heute Morgen werde ich auf zwei Arten von Mythen eingehen. Die beiden Mythen, auf die ich gerade Bezug genommen habe, können wir Mythen des Körpers nennen, die sich hauptsächlich um Geburt, Nahrung, Geschlecht und Tod drehen. Eine weitere Gruppe von Mythen können wir Geschichtsmythen nennen, denn es geht um frühe Erfahrungen der Menschheit mit Naturka* D 64. 215.482.371’

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tastrophen wie z. B. Überschwemmungen. Die angestammte Erinnerung an die Überschwemmungen in Mesopotamien fand ihren Ausdruck in mythischen Geschichten wie der von Noah oder Gilgamesch. Als um ein solches Ereignis eine mythische Geschichte entstand, wollte diese weniger auf das Ausmaß der Katastrophe hinaus als auf Gottes Beziehung zum Menschen. Zum Beispiel war die Geschichte der Sintflut wichtig, weil sie nahe legte, dass Gott die erschaffene Welt leicht zerstören oder, wenn er es wollte, verschonen könnte. Die Überquerung des Toten Meeres hinterließ ihre Spuren in den Köpfen der Israeliten. Nicht wegen der bemerkenswerten Art des physischen Ereignisses, sondern weil es zeigte, dass Gott eine besondere Absicht mit Israel verfolgte. Betrachten wir die Mythen des Körpers: Eine Erfahrung des Körpers, der wir nicht entkommen können, ist die Geburt. Während sich unser Körper im Schoß unserer Mutter bildete, bildete sich auch unser Gehirn, und als wir dort lagen – zusammengerollt – und die Nahrung aus dem Körper unserer Mutter aufnahmen, wurden wir allmählich


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