Familienblatt der Pfleiderer, Sommer 2021

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Sommer  2021

Unter Mitarbeit sämtlicher Mitglieder des Familienverbandes herausgegeben von Matthäus Felder, Allee 1, 72805 Lichtenstein-Unterhausen (matthaeusf@aol.com)


i m Kon t er f ei Max Pfleiderer Landwirt in Unterneustetten bei Murrhardt, vordem Missions­ kaufmann in Hongkong. Geboren am 7.  Dez. 1877 in Indien; wurde am 16. Aug. 1907 mit der Hamburger Kaufmannstochter Ida Brütt vermählt. Sterbedaten der beiden liegen uns nicht vor. Foto-Atelier Kling-Jenny, Basel, 1915

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Foto-Archiv: Bert Blattmann, Markgröningen

Julie & Gotthilf Pfleiderer Das Paar gehörte zur Waiblinger Rotgerber-Dynastie. Gotthilf war dort Stadtrat. Julie entstammte dem Pfarrers­ geschlecht Fleischhauer. Urgroßvater Johann Georg (†  1815) war Reutlinger Bürgermeister. Foto-Atelier Theodor Andersen, Stuttgart, 1900

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vorwort | 3

Schreibt uns gerne, wie Euch diese Ausgabe gefällt:  matthaeusf@aol.com

Buch­ neuerscheinung Elsa Noemi Pfleiderer ist als Schriftstellerin aktiv und erfolgreich. Ihr Familienzweig lebt bereits seit 1889 in Venado Tuerto, Santa Fe. Das liegt in Argentinien. Urgroßvater Wilhelm * war in Winnenden noch Tagelöhner, in seiner zweiten Heimat dann schon Bierbrauer. Elsa begab sich auch hierzulande auf  Spuren­ suche und hat über das Leben ihres Vorfahren ein Buch verfasst mit dem Titel “El vecino” (Der Nachbar). Ihr aktueller Roman heißt jedoch “El punto negro”, zu deutsch: Der schwarze Punkt. Es geht darin vor allem um die Frau an sich. Was ist eine Frau  ? Diese Frage prägt die ganze Reise durch Kindheit, Pubertät, Lust, Körper und Pflicht, was für immer verloren geht, was verloren und wieder gefunden wird. Die Liebe und ihr Trug, das Mütterliche und seine Verwüstungen. Von daher ist dieses Buch Zeuge einer unerbitt­ lichen Forschung, um einer nicht existierenden Identität Konsistenz zu verleihen. Eine Über­ setzung ins Deutsche wäre wünschenswert. Mit Elsa nahmen wir über Facebook Kontakt auf. Gerne willigte sie ein, dass wir ihr Bild mit Enkel Benjamin Horacio Long – und dem Buchtitel natürlich – als Einstimmung dieser Sommerausgabe verwenden. Wen wür­ de da nicht gleich die große Leselust packen  ? Herzlich, Matthäus Felder * Wilhelm in der Pfl.- Stammfolge: D 26.  10  23.354.4

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Matthäus Felder Vorsitzender


4 | K LY B E C K*

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Samenhandel mit Fleiß Das siebte Kind und die Geschichte einer Basler Gärtnerei

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er Gründer und Inhaber der einstigen Samenhandlung im Basler Stadtteil Kleinhüningen war Teil einer recht großen Geschwisterschar. Insgesamt zählte man zehn Brüder und fünf Schwestern  ! Die aus Württemberg kommenden Eltern hatten ihr Leben mit ganzer Kraft der Mission gewidmet – der Basler Mission mit Schwerpunkt Indien. Die Kindererziehung konnte man getrost den dafür vorgesehenen Häusern in Basel überlassen. Hermann, Karl, Hans, Gottlob und klein Christian – um den es hier geht, zu der Zeit gerade mal 3 ½ Jahre alt – kamen ins Knabenhaus. Und als er mit der Schule fertig war, schickten sie ihn nach Stuttgart in eine strenge Gärtnerlehre. Sicher war der junge Schweizer anfangs be­ eindruckt vom königlich-württem­ bergischen Reiter-Regiment, Ulanen genannt, von denen er sich nach ab­ geschlossener Lehre rekrutieren ließ. Doch auch hier sei der Vorgesetzte kein Guter gewesen. Im Alter von wohl 24 entschloss er sich – nach ei­ nem Aufenthalt in Stendal und Lon­ don –, in die Schweiz zurückzukeh­ ren, was ihm insofern leichter fiel,

Fotos: Archiv Ingrid Kopp

Ingrid Kopp Matthäus Felder

Die Betreiber der Klybeck-Gärtnerei: Familie Christian Pfleiderer hatte ihm doch der Vater ein geeigne­ tes Gärtnergrundstück in Rheinnähe gekauft. Das war 1894. Nun war es für Christian an der Zeit, sich nach einer tüchtigen Frau umzuschauen. Auch hierzu bot das Missionswerk den passenden Rah­ men. Basler Missionsfeste waren landauf landab im kirchlichen Leben Württembergs an der Tagesordnung. Junge Erwachsene lernten sich hier kennen – ein Schwabenmädchen soll­ te es also werden. Die Wahl fiel auf die „vorwiegend fröhliche, aber leise“ 19-jährige Pfarrerstochter Martha Hermann aus Unterhausen bei Reut­ lingen. Aus jener Zeit sind noch eine Menge Briefe erhalten, einer, in wel­ chem Brautvater Wilhelm Hermann gewisse Bedenken äußert, er könne (bedingt durch begrenzte Vermö­ gensverhältnisse) seiner Tochter nicht genügend Kapital mitgeben. Die Sor­

* Bezeichnung des an Kleinhüningen angren zenden Gebietes im Norden der Stadt Basel


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gen konnten jedoch zerstreut werden, und am 24. September 1896 wurde in Unterhausen Hochzeit gefeiert. Unendlich viel Arbeit erwarte­ te nun die Unternehmensgründer. Auf Bestellzetteln, die im Jahr 1897 im Laden eingingen, sind Bukette, Kränze sowie Blumenkörbe notiert. Christian stellte Hilfskräfte ein für den Garten, das Kontor (oder die Handlung), die Präsenz im Stadtla­ den, das Binden oder Stecken sowie das Austragen. Denn er vertrieb ja Sämereien, die auch und hauptsäch­ lich aus Südfrankreich oder Holland kamen. Er spezialisierte sich auf Keimproben als obligate Bedingung vor dem Verkauf. Auch stellte er jähr­ lich umfangreiche Verkaufskatalo­ ge her. Der Samenhandel erforderte Kundenkontakte, Betreuung, Reisen zu Gartenausstellungen etc. In den Biographien steht, dass Christian und Martha sich das Vor­ derhaus sowie Gewächshäuser ge­ baut und das bisherige Häuschen als Werkstatt benutzt haben. Im Vorder­ haus vermieteten sie die oberen Stock­ werke. All das so schnell zu meistern, funktionierte ja nur mit ganz großem Geschick und Fleiß. Kinder: 1. Hanny, geboren 7. Sep. 1897 2. Theodor, geb. 15. April 1902 3. Gertrud, geb. 31. Mai 1907 4. Paultheo, geb. 2. März 1913 „Die Klybeck“ wurde zum Inbegriff für sprudelndes Leben, wobei es auch Rückschläge zu verzeichnen gab. So der Tod eines Neugeborenen wie auch der des neunjährigen Sohnes Theodor

B as e l | 5 1911 beim großen Eisenbahnunglück im badischen Müllheim. Doch damit nicht genug. Leider verlor auch Paul­ theo bereits 19-jährig sein Leben, als er im Gebirge beim EdelweißPflücken abstürzte. Er, der sich doch genauso vielversprechend und talen­ tiert entwickelt hatte, wie es uns von Theodor berichtet wird.

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Aus heutiger Sicht sieht das alles so aus wie eine Entwicklung zum Unheil, aber sie erlebten sicher die schönste Zeit damals, als Hanny und Gertrud sich zu Krankenschwestern ausbildeten, als sie reisten, Paultheo die Berge fotografierte, halb Würt­ temberg zu Besuch erschien und die Handlung blühte. Nach Paultheos Tod hat Hanny – der Not gehorchend – sich entschie­ den, anstatt Krankenschwester zu sein, beim Vater zu bleiben und als dieser zwei Jahre später (an gebro­ chenem Herzen ?) starb, da blieb sie bei der Mutter. Das war eindeutig ein Verzicht. Die Handlung blühte unter ihr weiter. Aber es gibt keine Ehen und keine Nachkommen, es gibt nur die riesige Verwandtschaft.


6 | schw e i z e r Im Krieg und danach wurde die Ver­ wandtschaft zur wesentlichen Aufga­ be für sie alle. Und hiermit beschrei­ ben wir etwas Unbeschreibliches, denn es steht noch aus, diese Beträge, die für die Liebesgaben aufgewen­ det worden sind, zusam­ menzurechnen.

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men, wenn das Gespräch darauf kam. Wie haben die das geschafft und was ging in ihnen vor ? Sicher war Hanny nur die Ausübende und Tante Mar­

Die Liebesgaben   in der Nachkriegszeit Deutschland hungerte jahrelang. Nach einiger Zeit wurde es erlaubt, Lebensmittel hin zu senden. Das konnte man privat tun oder mittels spezieller Organisatio­ nen. Hanny beauftragte jedenfalls verschiedene davon. Sie gab die Ad­ ressen, zahlte ein, die bestellte Sendung ging mit Begleitzettel dorthin und wurde vom Emp­ fänger unterschrieben. Dieser Coupon ging an Hanny zurück. Die Bündel aller Quittungen befanden sich verschnürt in ihrem Nachlass in Schuhkartons. Eine amerikanische Firma ver­ sandte für Hanny etwa hundertfach “two cans of lard”, das sind zwei Do­ sen Schmalz, eine andere Röstkaffee, eine andere Mehl. Noch fast 50 Jahre später war das z. B. für die Verwandten der Seiten Pfleiderer und Hermann ein Phäno­

tha und Gertrud haben es mitgetra­ gen, aber es muss doch eine HauptLebensaufgabe für alle gewesen sein. In der weiten Familie waren jene regelmäßigen Spenden sozusagen ein feststehendes Attribut zum Namen Klybeck geworden. Folgendes Bild bot sich Ingrid


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Solcher Reichtum schuf für sie den­ noch auch Distanz, d. h. man scheute sich davor, übermäßiges Interesse zu zeigen. Der Garten wiederum war faszinierend. Aber weit weg von Binningen war er schon. „Tante Martha war doch meine Paten­ tante ! Aber was sollte ich mit ihr reden  ? Ein ebenbürtiges Gespräch kam also erst mit Tan­ te Hanny zustande, als ich erwachsen war und auch jetzt empfinde ich jene Unterhaltungen bei weitem als viel zu wenig erschöpfend, denn jetzt erst betreibe ich die Do­ kumentation und stelle mir viel mehr Fragen. Tante Hanny hat auch mit Geld geholfen, wenn jemand nicht flüssig war. Es gibt einen Brief an Willi, wo sinngemäß drinsteht: Interessant, was du da schreibst, aber wo sind die Sicherheiten und warum macht die Bank nicht selber das Geschäft ? Die Auskünf­ te sind noch viel zu un­ Bündel solcher Quittungen befanden sich genau … Was Willi ge­ verschnürt in Hanny Pfleiderers Nachlass wollt hatte, ist mir nicht bekannt, ich ersehe nur, Hanny aber obendrein konnte recht wie vorsichtig Hanny reagiert. Das kritisch sein. Außerdem stieg ihr andere Geschäft mit Willi ist bekannt Gartengrundstück am Rhein stetig und da gab es handfeste Sicherheiten: im Wert, da es vom Pharmakonzern Unser Binninger Haus und ihr Zu­ trauen zu Willi.“ CIBA umzingelt war.“

Kopp, geb. Eidenbenz zur Zeit ihrer Kindheit: „Die drei Frauen waren eben­ so reich wie bescheiden und gütig .


8 | K r i e gsb e g i n n

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Antwerpen unter Beschuss Gottlob Pfleiderers 13 tes  Kind berichtet

Unserem Familienblatt wurde der Auszug aus dem Pfleiderer - Rundbuch zur Verfügung gestellt, in welchem Paul Pfleiderer vom Beginn des 1. Weltkrieges in Antwerpen berichtet. Er war dort Kaufmann bei der ­Import-Export-Firma Zeller & Co. Seine Frau Adrienne geb. Parfait war bis zu ihrer Hochzeit 1906 Belgierin, sodann Deutsche.  Paul pfleiderer

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er Himmel hat es gewollt und fast ganz Europa war in Aufruhr und der Krieg entfesselte alle Lande und hetzt nun schon bald

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Portraitvorlagen aus Pfleiderer-Rundbuch; digital coloriert

Paul Pfleiderer (1877  – 1962) und der Hund „Rolf“

drei Monate alle Völker Europas gegeneinander auf, ohne dass bis jetzt ein Ende zu erhoffen ist bzw. auf ein rasches Ende gerechnet werden kann. Dieser seit Jahren schon gefürchtete Weltkrieg ist also Tatsache geworden. Am meisten wurden wohl wir im neutralen Belgien überrascht und am meisten in Mitleidenschaft gezogen. Wer hätte dies wohl je gedacht  ? So oft auch vor Ausbruch des Krieges Adrienne mich fragte, was wohl mit uns würde, wenn Belgien in den Krieg gezogen werden könnte, so musste ich immer über ihre ängstlichen Fragen lachen und beschwichtigte sie stets, dass doch Belgien bei einem eventuellen Krieg am allerwenigsten zu befürchten habe. Dass ich, und mit mir wohl tausende andere sich hierin ganz gewaltig getäuscht haben, hat uns leider nur zu sehr die Vergangenheit gezeigt. Von uns Geschwistern sind wohl außer Bruder Willi, der ja leider in der Front täglich dem Tode ins Auge schauen


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muss, wir Antwerpener am meisten von den Kriegswirren überrascht worden. In Antwerpen war die Aufregung groß, als am 2. August 1914 plötzlich das deutsche Ultimatum gegen Belgi­ en bekannt wurde. Wir Deutschen sa­ ßen in Antwerpen schon wochenlang wie auf  Kohlen, denn schon verlaute­ te das Gerücht, dass alle Ausländer ausgewiesen werden sollten. Tags da­ rauf wurde es wieder ruhiger. Der für 24 Stunden über die Stadt verhängte Kriegszustand wurde aufgehoben, schon glaubte man, das Gewitter wäre abgezogen. Doch nein, es trat neuer Kriegszustand ein und am 4. August nachmittags wurden im Büro alle Vorsichtsmaßnahmen für die ernstli­ che Ausweisung der Reichsdeutschen und Österreich-Ungarn getroffen. An jenem Abend wollte ich eben noch aufs deutsche Konsulat gehen, aber nur wenige Schritte vor dem Tore sah ich von einer Seitenstraße eine wütende Volksmenge herbeiströmen, direkt aufs Konsulat zu und schnell drückte ich mich von dannen; denn anders wäre ich darin eingeschlos­ sen worden. Es folgte ein aufregender Abend und ich machte mit Adrienne bis spät gegen ein Uhr noch diverse Gänge, u. a. zum Platzkommandan­ ten, um Erkundigungen einzuziehen, ob auch wir im Falle die Stadt ver­ lassen müssten, trotz des Umstands, dass Adrienne geborene Antwerpe­ nerin ist. Überall negative Bescheide. Die Nacht verbrachten wir natürlich schlaflos, umso mehr, da die vielen Droschken, die durch unsere Straße beständig dahin rollten, und nur zu

Adrienne Pfleiderer   geb. Parfait (1885  – 1963) deutlich bestätigten, dass es mit der Ausweisung jetzt ernst geworden sein muss. Am frühen Morgen ging dann Adrienne von zu Hause weg mit der Absicht, durch ihren Vater, der per­ sönliche Beziehungen mit der zivilen Behörde am Stadthaus hat, eventuelle Schritte für unser Bleiben einleiten zu lassen. Sie traf aber schon an unserer nächsten Straße einen Polizisten, der von Haus zu Haus ging und auf ihre Anfrage erwiderte, dass auch sie ih­ rem deutschen Mann zu folgen und innerhalb von 24 Stunden die Stadt zu verlassen habe. So war denn unser Schicksal beschieden. Wir hatten schon abends vorher die Einladung eines unserer Freunde


10 | R o t t e r da m angenommen, im Notfall mit ihm zu seiner Mutter nach Puhl / Waldbröl (Rheinlande) zu flüchten. Wir pack­ ten schnell das Allernötigste zusam­ men, und reisten mit dem ersten Zug, der 10.29 Uhr ab Antwerpen fuhr via Hamont nach Mönchen - Gladbach bis Düsseldorf, wo wir abends nach Mitternacht ankamen. In Antwerpen hatten wir eine Droschke genommen und sind ohne jede Belästigung zum Bahnhof gekommen. In Deutschland ging das Reisen äußerst beschwerlich und langsam, denn wir brauchten von Düsseldorf bis Puhl volle zwei Tage, wogegen die Reise zu Friedenszeiten in vielleicht maximal 4 – 5 Stunden zurückgelegt wird. In Puhl wurden wir von einfachen Bauern sehr liebe­ voll aufgenommen. Ich vertrieb mir die Zeit, indem ich mir auf dem Feld und in der Scheune Arbeit suchte. Eigentlich wollten wir nach Würt­ temberg weiterreisen. Leider sollte unser Vorhaben nicht zur Ausfüh­ rung kommen, denn das Geschäft rief mich nach Rotterdam, wohin ich mit Adrienne zu kommen bald aufge­ fordert wurde. Wir kamen in Rotter­ dam am 12. September an und sind nun schon anderthalb Monate hier, und zwar bei Juden in Pension. Be­ sonders die Frau gibt sich immer viel Mühe, wenn sie für uns etwas tun kann. Beschäftigung habe ich hier viel, und doch auch wieder nicht viel gefunden. Mein Chef, Herr Zeller, welcher, nachdem er vor seiner Aus­ weisung in Antwerpen 36 Stunden im Gefängnis gesessen hatte, nachher dann in Rosendael, Rotterdam, und schließlich in Scheveningen seinen

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provisorischen Wohnsitz aufgeschla­ gen hatte, kam sozusagen jeden Tag von Scheveningen nach Rotterdam herein; eine Stunde Fahrt mit elektri­ scher Bahn. Die langen Besprechun­ gen und Gänge zu hiesigen Firmen, Konsulaten, etc. haben auch viel Zeit verbraucht. Wenn er dann abends wegging, konnte ich erst die schrift­ lichen Arbeiten besorgen, sodass ich oft bis spät abends 11 Uhr noch am Schreiben war. Erst in letzter Zeit war mir mehr freie Zeit vergönnt, insbesondere seit der Einnahme Ant­ werpens, denn erst von dem Moment an konnten wir uns über die geschäft­ lichen Operationen orientieren, wie sie von Antwerpen aus vom Personal besorgt worden waren, nachdem wir bis dahin durch alle möglichen Kniffe brockenweise dies und jenes erfahren konnten. In Antwerpen war es näm­ lich verboten, mit irgend einem Deut­ schen zu korrespondieren. Wenn es uns dennoch schließlich gelang, ab und zu schriftliche oder telegraphi­ sche Nachrichten zu erhalten, so war dies lediglich dem Umstand zu ver­ danken, dass die belgischen Behörden hinter dem Namen Paul Parfait kei­ nen Deutschen vermuten konnten  ! In Rotterdam kamen Anfang Oktober aufregende Zeiten auf uns zu. Antwerpen war vom Süden her schon seit der Besetzung der Stadt Brüssel vollständig abgeschlossen. Im Westen und Norden waren die Ver­ bindungslinien noch offen. So konn­ ten z. B. Holländer wochenlang von Antwerpen nach Holland ruhig hin und herreisen. Eine Verbindung und Verständigung mit Deutschen war


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aber auf schriftlichem Wege unmög­ lich. Etwaige Briefe, die Ausreisende mit sich trugen, wurden konfisziert, d. h., es war streng untersagt, Schrift­ stücke mit sich zu tragen. Nun fing Ende September die deutsche Ak­ tion gegen die Feste Antwerpen an. Es wurde uns von Tag zu Tag mehr bange, denn wir sahen nur zu sicher, dass in wenigen Tagen Rotterdam bombardiert werden würde. And­ rerseits lasen wir in Zeitungen, dass auch die Einwohner Antwerpens ab­ sichtlich über die wahren Ereignisse getäuscht wurden. Etwa 4 – 5 Tage vor der eigentlichen Beschießung der Stadt forderten wir noch unsere zwei Tanten, die unser Antwerpener Haus bewachten, auf, bei nahender Gefahr zu uns nach Rotterdam zu kommen. Sie wollten davon aber nichts wissen und schrieben uns noch zwei Tage vor der Bombardierung, dass sie bis zum letzten Augenblick bleiben würden. Die Bevölkerung der Festung erhielt erst am Vorabend der Beschießung eine Ahnung von der sie umringen­ den Gefahr, nämlich durch die Auf­ forderung, die Stadt schleunigst zu verlassen. In der Nacht vom 7. auf 8. Oktober begann dann die Be­ schießung, von der nur derjenige eine ungefähre schwache Beschreibung geben kann, der sie selbst miterlebt hat. Von unserem Geschäftspersonal waren noch die Belgier und Schwei­ zer geblieben. Es wurde vereinbart, dass in dem Leichterschiff, das unsere Leute gemietet hatten, auch die Tan­ ten mitgenommen werden sollten. Zwei unserer Angestellten machten sich am Morgen des 8. Oktober auf

den Weg zur Rue da la Duchesse; doch fiel gerade in jener Umgebung ein solcher Bombenhagel, dass selbst die Soldaten sich glatt auf den Bauch legten, und unsere Leute nicht wei­ ter konnten. Am 29. Oktober abends 11 Uhr kamen dann plötzlich vor unserer Wohnung in Rotterdam die flüchtigen Angestellten mit Frauen und Kindern (zwölf an der Zahl) an, und ich hatte das Glück, noch alle, trotz der vorgerückten Stunde in der Nachbarschaft unterzubringen. Ad­ rienne war traurig, dass die Tanten nicht unter den Flüchtigen waren und machte sich natürlich die größ­ ten Sorgen um ihr Schicksal. In der Nacht vorher hatte schon Adriennes Bruder bei uns Zuflucht gesucht. Wir legten uns zu Bett, konnten aber keinen Schlaf finden. Da plötzlich gegen halb zwei Uhr hörten wir auf der Straße Stimmen und Adrienne erkannte sie sofort, sprang aus dem Bett und mit einem Satz war sie im Nachthemd draußen, um vor Freude weinend ihren Tanten um den Hals zu fallen. Die Aufregung hatte ih­ ren Höhepunkt erreicht, aber diesmal war es die Freude des Wiedersehens und der Gewissheit, sie aus der bren­ nenden Stadt heil gerettet zu sehen. Die Armen erzählten, wie sie in der Nacht (7./8. Okt.) zwei belgischen Soldaten Zuflucht gewährten, die Nacht im sicheren Keller zubrachten, wie dann die gleichen Soldaten vor­ mittags nochmals kamen, in Dank­ barkeit sie inständig baten und es als ihre Pflicht erachteten, sie aufzufor­ dern, unverzüglich die gefährdete Stadt zu verlassen. Wie sie dann alles Fortsetzung Seite 14


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14 | Fak e n e ws stehen und liegen ließen, in der Eile ihre notwendigsten Sachen in Bün­ del schnürten, und dann zu Fuß über die Grenze bis nach Ossendrecht bei Bergen op Zoom hinauswanderten. Wie sie dann endlich noch in einer Straßenbahn Platz fanden, und so nach zwei Tagen ohne jegliche Nah­ rung bei uns halb verhungert und er­ mattet anlangten. Wir haben uns in jener Nacht im Zimmer so gut es ging eingeteilt, unser Bett überließen wir selbstverständlich den ermatteten ru­ hebedürftigen Tanten. Adrienne ruh­ te auf einem Canapée, mein Schwa­ ger und ich legten uns in Mänteln auf den nackten Fußboden. Doch soll hier nicht unerwähnt bleiben, dass die guten Tanten auch unseren Hund „Rolf “ mitgebracht haben. So waren wir alle wieder ver­ eint. Die nächsten Tage hörte man stets mehr Schauermärchen über die Verwüstungen in unserer schö­ nen Scheldestadt. Ein aus Antwer­ pen 2 – 3 Tage später ankommender Flüchtling erzählte uns, die ganze Rue de la Duchesse sei in Flammen gestanden. Damit wäre also unser Schicksal besiegelt gewesen  ! Glückli­ cherweise las ich nur zwei Tage später eine Zeitungsnotiz, nach welcher in unserer Straße nur drei Häuser ein­ geäschert worden sind, etwa 100 m vom unsrigen entfernt. Überhaupt stellte es sich nach und nach heraus, dass alle die Schauergeschichten bei weitem übertrieben waren. Ich selbst bin in den letzten zehn Tagen schon zweimal in Antwerpen gewesen. Das erste Mal allein, um nach un­ serm Haus zu sehen, wobei ich alles

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vollständig in Ordnung vorgefunden habe. Es war ein erhebendes Gefühl nach drei Monaten wieder das Haus betreten zu dürfen, aus welchem ich mit Adrienne so plötzlich vertrieben worden war. Das zweite Mal letzten Freitag bis Samstag (30. / 31. Okt.) um die Tanten mit Hund wieder zurück­

zubringen. Adrienne und ich bleiben bis auf weiteres noch hier, denn we­ gen des Geschäfts muss jemand hier bleiben, solange das jetzt deutsche Antwerpen von England und Über­ see postalisch abgeschnitten ist. Ich hoffe allerdings, dass ich bald durch einen anderen Angestellten ersetzt werde und wieder in mein eigenes Heim zurückkehren kann. Dass Ad­ rienne und ich uns geradezu danach sehnen, wieder im eigenen Haushalt zu sein, könnt ihr euch lebhaft vor­ stellen. Die letzte Reise nach Ant­


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werpen mit den Tanten machte ich auf dem Wasserweg. Unser Dampfer fuhr ab Rotterdam morgens 6 Uhr und lief im Antwerpener Hafen erst nach 13-stündiger Fahrt ein. Unter­ wegs nahm er noch hunderte belgi­ sche Flüchtlinge auf, die wieder zu­ rückkehrten.

In Broschüren* sollten solche ­ ilder die Belgier über Gräuel­ B taten der Deutschen gegenüber der Zivilbevölkerung aufklären. In Holland sind, wie wohl den meis­ ten bekannt, unendlich viele belgi­ sche Flüchtlinge untergebracht – ins­ gesamt ca. 1,5 Millionen. Es kostet noch viel Mühe, die Leute zur Rück­ kehr zu bringen, die Menschen ha­ ben eine schreckliche Angst nach all den Greueltaten, die unsere Truppen ihren Landsleuten angeblich zuge­

fügt hätten. Ferner glauben sie noch immer, dass die jungen Leute von 17 – 50 Jahren in Haft genommen oder zu Zwangsarbeit herangezogen werden könnten. Allmählich kommt Vernunft in ihren Schädel und durch­ schnittlich kehren jetzt täglich zwi­ schen 10’000 und 12’000 über Rosen­ dael nach Antwerpen und Umgebung zurück. Die Eisenbahn ist, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, förmlich überfüllt. Sie fährt bis vor die Fes­ tungswälle, da infolge der fehlenden – von den Engländern gesprengten – Brücke die Weiterfahrt in die Stadt unmöglich ist. Besatzung in Antwer­ pen ca. 3000 - 4000, in den Außen­ forts ca. 12’000, zusammen also etwa 16’000, meist bayerische Landsturmund Mannessoldaten. So, jetzt habt ihr etwas vom Ant­ werpener Kriegsschauplatz gehört. Möge es den anderen Geschwistern erspart bleiben. Ob wir hier jetzt vor weiteren Kriegserlebnissen ver­ schont bleiben, darüber irgend welche Schlüsse zu ziehen, wäre verfrüht. Möge der Himmel geben, dass wir im Norden unbehelligt bleiben. Lei­ der sind ja die Operationen im west­ lichen Belgien Ypern – Diksmuide – Nieveport – Ostende augenblicklich nicht so günstig und man weiß noch gar nicht, wie sich die Sache weiter­ entwickelt, besonders, da nun schon seit drei Wochen ohne nennenswerte Erfolge und mit großen Verlusten ge­ fochten wird. Wir wünschen Euch alles Gute und grüßen alle insgesamt. Eure treuen Geschwister Paul und Adrienne

* Quelle: www.stleger.info; als Geheimdruck herausgegeben von einem gewissen L. C. M. d’ Ars


FA MI L IEN B L A TT 16 | D e ka n P f l e i d e r e r Sommer

Eine schwäbische Stimme im Kirchenkampf

Paul Gotthilf Pfleiderer wurde am 4. September 1876 als Sohn des Rotgerbers Gotthilf Pfleiderer und seiner Frau Julie geb. Fleischhauer, einer Pfarrerstochter, in Waiblingen geboren. Birgit und Helmut Arnold

N

ach Abschluss der erforderlichen Schullaufbahn leistete er seinen Militärdienst und konnte im Oktober 1895 mit dem Studium der Theologie in Tübingen beginnen. 1903 legte Paul Pfleiderer seine zweite Dienstprüfung ab und erhielt eine Anstellung in Ruppertshofen. 1917 wurde er als Feldgeistlicher verpflichtet, zunächst in Nordfrankreich und Flandern, 1918 war er in der Ukraine. 1921 bewarb er sich nach Tailfingen, später nach Balingen und wurde dort 1927 ­Dekan und Stadtpfarrer. Paul Pfleiderer war verheiratet mit Hedwig Braungart. Zwischen 1913 und 1942 verlor das Paar seine drei Söhne  : Der älteste Sohn Werner starb 7-jährig, die beiden 1915 und 1922

geborenen Söhne Otto und Gerhard fielen 1939 bzw. 1942. Die 1908 ge­ borene Tochter Elsbeth heiratete 1932 Arnold Binder, damals Pfarrer in Göttelfingen. Paul Pfleiderer starb nach längerer Krankheit 1946 kurz nach seinem 70. Geburtstag. Verfolgt man sein in einer um­ fangreichen Akte gespiegeltes Le­ ben – soweit es sich auf Papier dar­ stellen lässt –, verlief es in geregelten Bahnen. Eine mehrmonatige Reise 1903, die Kriegszeit 1917  / 18, schließ­ lich 1927 der Aufstieg zum Dekan ra­ gen heraus. Viel Zeit widmete er der Ausbildung seiner beiden jüngeren Söhne, deren Tod ihn schwer traf. Aber da war noch etwas  : Im Sep­ tember 1934 fasste Dekan Pfleiderer seinen Verdruss über den „Kirchen­ streit“ in folgendem Gedicht zusam­ men, das er nach Berlin sandte  :


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s e i n G e d i ch t | 17

Der Reichsbischof aus Preißeland Hot Jäger ons ond Walzer g’sandt. Aus Ebinge kommt au’ der Krauß Ganz onbedacht ond g’wissenlaus. Die suchet ’s Geld beim arme Wurm. Des geit im Schwobeländle Sturm. An ällem schuld ischt Wilhelm Rehm Aus Simmersfeld. Dass er se’ schäm  ! Mit „Bodelschwingh ischt ein Rebell“ Fangt vorm a’ Jahr er a’ ’s Gebell Im Stuegerter NS-Kurier Ond älles bringt er hindersche fir. Er hoißt dr „Hongerpastor“ au, Hot Auto ond e’ reiche Frau, Missbraucht d’Partei ond d’Polizei 12 Monet schau’. Dass Gott verzeih  ! Wo bleibt do ’s Evangelium? O lieber Heiland, sorg de drom  ! Ond lass bald onsern Führer wisse: Mit sotte Kerle ischt er b’schisse. Grad so wie dr „saubre“ Röhm Machet die sich’s au’ bequem: Mit Betrug, List und Gewalt Wellet’s Maul se stopfe halt.

Doch der wackre Schwabe schreit: Herr Gott, gib Gerechtigkeit  ! Der Wurm ischt reacht für ons ond guet, Grad weil er d’ G’wisse schärfe tuet. Des ischt au’ eich, ihr Herre, g’sond. Drom treibets no net gar so bont. Sonst ganget still mir Schwobe weg Ond die Reichskirch – sitzt em Dreck. Was will Berlin am Nesebach? Mir b’sorget selber onser Sach. De „Deitsche“ Christe sollet gau’ Ond d’Schwobe bald em Friede’ lau’. Dr Heiland guckt d’Montur net a’; Er frogt bloß: was isch’s für e Ma’  ? Hält er Wort ond hält er Stand, No ischt er reacht fürs Schwobeland. Für Führer, Volk ond guetes Recht Steht furchtlos treu das Schwobegschlecht. Doch d’Kirch bleibt grad so, wie se ischt. ’s Berliner Bapsttom ischt e Mischt, E Spott aufs Evangelium  ! Drom, Herr Minister, sieh de om, Wehr jetzet endlich dene Leit  ! Ond aus ischt äller Kirchestreit. Heil Hitler  !


18 | G laub e u n d Was hatte es mit dem Kirchen­ kampf auf sich  ? Landesbischof Theo­ phil Wurm hatte sich im April 1934 für die von ihm geführte Evangeli­ sche Landeskirche in Württemberg zu den Zielen der Bekennenden Kirche bekannt. Daneben gab es eine starke Bewegung der Deutschen Christen, deren Landesleiter in Württemberg Pfarrer Wilhelm Rehm aus Simmers­ feld war. Diese wollten dem von den Nationalsozialisten unterstützten Reichsbischof Müller helfen, „Ord­ nung“ in die auf ihre Unabhängigkeit bedachte württembergische Landes­ kirche zu bringen. Im September 1934 eskalierte der Konflikt. Reichsbischof Müller ver­ suchte, die Situation in Württemberg von Berlin aus in den Griff zu bekom­ men. Er schickte den Rechtswalter Jäger und den Verwaltungskommissar Walzer nach Stuttgart. Diese beiden sollten mit Hilfe der parteihörigen Deutschen Christen in Württemberg für die Gleichschaltung der würt­ tembergischen Landeskirche mit der evangelischen Reichskirche sorgen. Am 14. 9. 1934 eröffnete Rechts­ walter Jäger während einer Bespre­ chung im Oberkirchenrat dem Lan­ desbischof seine Beurlaubung unter dem Vorwand der Veruntreuung von Haushaltsgeldern. Bei dieser Bespre­ chung war Dekan Pfleiderer vermut­ lich anwesend und erlebte mit, wie die Beurlaubung Wurms abgewickelt wurde und der Ebinger Stadtpfarrer Krauss seine ersten Amtsgeschäfte als „geistlicher Kommissar“ tätigte. Wei­ tere renommierte Kirchenvertreter wurden in den folgenden Tagen aus

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ihren Ämtern entfernt, d. h. entweder beurlaubt oder in den Ruhestand ver­ setzt. Paul Pfleiderer selber war davon nicht betroffen. Es zeigte sich aber, dass sehr vie­ le Pfarrer und Gemeindemitglieder nicht dazu bereit waren, sich das aus der Reichshauptstadt Berlin impor­ tierte Kirchenregime aufzwingen zu lassen. Sie hielten an der in der Wei­ marer Verfassung garantierten Selb­ ständigkeit der Landeskirchen fest. In dieser Situation hatte Dekan Pfleiderer den Mut, an Reichsinnen­ minister Frick zu schreiben, und er fasste seine „b’scheidne Bitt“ in Rei­ me. Damit drückte er nicht nur seine Solidarität mit dem Landesbischof aus, sondern unterstützte auf seine besondere Weise den vielstimmigen Chor der Gegner dieses diktatori­ schen Vorgehens. Wie ging die Geschichte aus  ? Nach einem Gottesdienst in der Stiftskir­ che Stuttgart am 4. 10. 1934 verfügte der württembergische Innenminister Schmid Hausarrest für Landesbischof Wurm. Eine von Krauss geleitete und vorwiegend aus „deutschen Christen“ bestehende Rumpfsynode versetzte ihn einige Tage später in den Ruhe­ stand. Daraufhin kam es im ganzen Land zu eindrucksvollen Solidari­ tätskundgebungen des Kirchenvolks, vor allem aber in Stuttgart. Vor dem Wohnhaus von Wurm in der Silber­ burgstraße kam es zu einer der größ­ ten Kundgebungen gegen den Na­ tionalsozialismus während der Zeit des dritten Reiches. Am 21. Oktober versammelten sich dort etwa 7000 Menschen, um einen Gottesdienst


D ER P F L EI D ERER 2021

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zu feiern. Es kam zu Tumulten und Selbständigkeit der Landeskirche blieb schließlich erhalten. Was Paul Festnahmen mehrerer Pfarrer. Unerwartet schnell führten die Pfleiderer und allen Amtskollegen eskalierenden Unruhen in Württem­ allerdings nicht erspart blieb, war die berg zu einer von allerhöchster Stel­ Verpflichtung zur Anerkennung des le angeordneten Befriedungsaktion. NS-Staates und seiner Maßnahmen. Im Mai 1938 Gemeinsam verlangte der mit den Lan­ Oberkirchen­ desbischöfen rat folgendes von Bayern Gelöbnis an und Hannover Eides Statt  : wurde Landes­ „Ich gelo­ bischof Wurm be, ich werde Ende des Mo­ dem Führer nats in die des Deutschen Reichskanzlei Reiches und nach Berlin Volkes Adolf beordert. Das Hitler treu Gespräch mit und gehorsam dem „Führer“ sein, die Ge­ ergab letzt­ setze beach­ endlich eine ten und meine Rück nahme Amtspflichten der Amtsent­ gewissenhaft hebung und erfüllen. So aller anderer wahr mir Gott mit ihr ver­ helfe.“ Nur bundenen Be­ Dekan Paul G. Pfleiderer ein paar Dut­ u rlaubu ngen wirkte in Balingen von 1927 bis 1946 D 64.215.47  14  .3 zend Pfarrer und Pensio­ nierungen. Wegen des erbitterten verweigerten diesen unnötigen und Widerstandes der „deutschen Chris­ bedingungslosen persönlichen Ge­ ten“ in Württemberg konnte Bischof horsam. Paul Pfleiderer gehörte nicht Wurm allerdings erst am 20. 11. 1934 dazu. Nicht wenige Amtskollegen seine Amtsgeschäfte wieder aufneh­ bezahlten dafür unter Druck der NSKreisleitungen mit Rügen, Verset­ men. Paul Pfleiderer hat an einem wich­ zungen, Zurruhesetzungen oder Ver­ tigen Punkt im Kirchenkampf seine lust ihrer festen Anstellung. Stimme erhoben. Auf unkonventi­ onelle Weise wollte er mit diesem Quelle : Hansjörg Kammerer, Amts­ enthoben. Verein für württember­ originellen Beitrag zu einer Lösung gische Kirchengeschichte, 2004 des Kirchenkampfes beitragen. Die Grafik aus dem Dekanatsarchiv Balingen


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22 | f r e ud & L e i d Geburten : 17. Juli 2020 (Heidenheim), Alva Luise Le Glaz, Tochter des Yann Le Glaz und der Anja, geb. Pfleiderer 31. August 2020 (Heidenheim), Theo Bosch, Sohn des Swen Bosch und der Daniela, geb. Pfleiderer (Anjas Schwester) 29. Dezember 2020 (Reutlingen), Elia Pfleiderer, Sohn des Felix Pfleiderer und der Anika, geb. Bleher Eheschließungen : Keine gemeldet Familiäre Zusammenhänge auch einsehbar auf felder.tribalpages.com

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Sterbefälle: 2. Januar 2020, Stephen Douglas Pfleiderer (86 Jahre) 6. März 2020, Frieda Katharina Möhle, geb. Pfleiderer (92 Jahre) 21. Juni 2020, Charlotte Pfleiderer, geb. Beutel (95 Jahre) 28. Oktober 2020, Susanne Ruth Pfleiderer (58 Jahre) 16. Dezember 2020, Hildegard Rösch, geb. Kraus (73 Jahre) 23. Januar 2021, Bernhard Pfleiderer (92 Jahre) 7. Februar 2021, Rose Walter, geb. Bareiß (83 Jahre)

Wir Vorstandsmitglieder werden bei einem geplanten Treffen am 26. Juni in ­Reutlingen gemeinsam das Für und Wider sowie die Möglichkeiten zur Durchführung eines diesjährigen Pfleiderer-Treffens abwägen. Gerne nehmen wir auch eure Stimmen dazu zur Kenntnis, liebe Mitglieder und Freunde. Natürlich wird auch die Corona-Lage dabei eine Rolle spielen. Wir danken euch für euer Verständnis und eure Geduld.

Familienverband Pfleiderer e.V.

Lichtenstein, den 25. Mai 2020

Einladung

zur Vorstandssitzung im Hause Thomas Felder, Stöffelburgstr. 2 A, 72770 Reutlingen-Gönningen am Samstag, 26. Juni 2021, 16.30 Uhr

Liebe Freunde, zur nächsten Vorstandssitzung darf ich Euch sehr herzlich einladen. Tagesordnung 1 2 3 4

Begrüßung Beratung über Pfleiderer-Treffen 2021 Mitgliederwerbung/Öffentlichkeitsarbeit Sonstiges (Vorstands-Zusammensetzung usw.)

Es würde mich sehr freuen, Euch möglichst vollzählig begrüßen zu dürfen.
 Bitte gebt bis 19. Juni bescheid, ob Ihr kommen könnt. Viele Grüße, Euer

Matthäus Felder

Allee 1

72805 Lichtenstein

(07129) 60741

matthaeusf@aol.com


MachT mit im verein Vorsitzender  Matthäus  felder  matthaeusf@aol.com Stellv. Vorsitzender  reiner  pfleiderer  plattenvergolder@gmail.com Schatzmeisterin  Susanne  Schuster  schusterfamily@t-online.de Schriftführerin  andrea  hansen  a.andrea.hansen@googlemail.com Beisitzer  Erich  pfleiderer  erich.pfleiderer@kuechenhaus-pfleiderer.de Beisitzer  Kurt- G eorg  pfleiderer  kurt-georg.pfleiderer@naturehome.com Beitrag Mindestbeitrag  € 10,–  pro Jahr für Einzelpersonen Familienbeitrag pro Jahr  € 15,– unser Konto Familienverband  pfleiderer e.V. Raiffeisenbank  im  oberland  bad  tölz IBAN: DE 81 7016 9598 0003 6261 21 BIC: GENODEF1MIB unsere Gläubiger-identifikationsnummer im sepa-lastschriftverfahren DE 11 ZZZ 0000 1515590

Ich will Mitglied des  Familienverbandes Pfleiderer e.V.  werden. Bitte schickt mir Unterlagen zu ! Absender Vorname / Name

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Einzusenden an den Familienverband Pfleiderer Mitgliederbetreuung Susanne Schuster  Enzianweg 23  83677 Greiling Tel. 08041 8493 schusterfamily@t-online.de


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Was bedeutet Ihnen Ihre Küche? Hier wird gekocht, gelebt, diskutiert, experimentiert. Hier entstehen Gerüche, die die Kindheit prägen und Erinnerungen versüßen. Wir glauben es ist nicht zu groß gedacht, wenn wir sagen: die Küche ist das Herz der Familie. Beim Kauf einer Küche geht es deshalb um nichts weniger, als diesen Lebensmittelpunkt zu gestalten. Hierfür gilt es ein für sich geeigneten Küchen-Partner zu finden. Vertrauen Sie hier auf unsere Erfahrung aus über 60 Jahren Handwerk + Gestaltung und unseren staatlich anerkannten Küchenfachberatern. Wir machen das schon – und schön. Dafür geben wir Ihnen nicht nur unsere Hand, sondern unser ganzes Herz drauf ! Ihre Küchenspezialisten von Pfleiderer

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