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Blick auf Haren von 1950 bis 1965
Kapitel i
TExT WIlly FEHrEn Die Polenzeit bereitete den ehemals evakuierten Harenern auch in den 50er Jahren noch reichlich Sorgen. Viele Häuser waren in einem sehr schlechten Zustand. Bedingt durch das Hochwasser 1946 und die folgenden kalten Winter hatten die polnischen Bewohner keine andere Möglichkeit zum Beheizen der Wohnungen gesehen, als alles Brennbare wie Holzmöbel, Fußböden, Türen, Dachbalken usw. zu verbrennen.
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Dies erzeugte nach Beendung der Evakuierungszeit starke Abneigung gegen die Polen. Daher gab es auch keinen Gedenkstein in dieser Zeit. Auf dem Friedhof in Haren waren seinerzeit auch Polen beerdigt. Die Mehrzahl der beerdigten Polen ist dann 1958 auf die Kriegsgräberstätte in Groß-Fullen umgebettet worden. Das auf dem Friedhof stehende etwa fünf Meter hohe von den Polen errichtete Holzkreuz wurde bereits 1952 entfernt.
Schwierigkeiten hatten die Schifferstädter Anfang 1950 auch bei der Beschaffung von Baumaterialien. Meistens fehlten auch die finanziellen Mittel, da die Schiffer wegen der vielen gesprengten Emsbrücken erst spät wieder mit ihren Binnenschiffen in Fahrt kamen. Hinzu kam die Tatsache, dass einige Schiffe durch Beschuss stark beschädigt worden waren und erst noch repariert werden mussten bevor sie wieder in Fahrt gehen konnten. Die Harener Handwerker hatten aber schnell wieder Arbeit, da viele Häuser zerstört waren und repariert werden mussten. Einige Häuser waren indes so stark beschädigt, dass ein Neubau unausweichlich war.
Viele Schiffe waren noch zum Kriegsende versenkt worden. Wollten die Schiffer also einen neuen Schifffahrtsbetrieb aufbauen, mussten sie sich ein neues Schiff kaufen und sich zwangsläufig verschulden.
Nachdem die „Polenzeit“ so langsam aus dem Gedächtnis der Haren Bürger verschwand, rückte der Wunsch der Bevölkerung nach einer besseren Eindeichung der Gemeinde in den Mittelpunkt des Interesses. Der Gemeinderat hat sich in den 50er Jahren entsprechend mehrfach mit diesem Thema befasst. 1956/57 begannen dann die ersten Kanalisationsarbeiten.
Gräberfeld hinter der Martinuskirche
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Das verheerende Hochwasser in Haren am 11. Februar 1946
Eine zweite Hochwasserkatastrophe wie 1946 - als alle Harener Straßen aber auch Wohnungen unter Wasser standen - wollte man nicht noch einmal erleben. Immer öfter sorgten das jährliche Sommer- und vor allem das Winterhochwasser für Überschwemmungen. Nur dem Einsatz der Feuerwehr und Bürgern, die Deichwache hielten, ist es zu verdanken, dass Haren nicht bei mehreren Hochwassern überflutet wurde.
Große Probleme hatten die Harener Bürger aber auch mit der Wasserver- und Entsorgung. Insbesondere bei den ständigen Hochwassern stieg das Wasser in den Brunnen und Klärgruben stark an. Viele Ackerflächen und Gärten waren stets so nass, das Ernten oft ausfielen. Besonders die Friseure hatten große Sorgen mit dem Seifenwasser und die Metzger mit dem blutdurchtränkten und fettigen Wasser. Daher war der Wunsch nach einer Lösung des Problems groß. 1956 wurde im Rat über die Eindeichung Harens und die dadurch erforderliche Kanalisation sowie parallel über den Bau eines Hafens gesprochen. Der beim Bau des Hafens – die Arbeiten wurde 1958 vergeben - ausgebaggerter Sand wurde für die Eindeichung Harens verwandt. Die komplette Eindeichung wurde dann ebenfalls bald in Angriff genommen.
Noch heute sind die damals an der Kanalstraße, der Hafenstraße, der Landegger Straße sowie der Deich- und Rütenbrocker Straße errichteten Hochwassermauern vorhanden. Die Deiche und die Hochwasserwände wurden etwa 25 cm höher als der Hochwasserstand 1946 gebaut. Im Übrigen wurde zum Schutz der Gemeinde Haren eine Flutmulde im Emmelner Teil des Ortes gebaut. Damit konnte man bereits das Hochwasser am Nadelöhr Emsbrücke schneller abfließen lassen.
1950
Bürgermeister
kapitän Bernhard Hermes
Gemeindratsmitglieder
Bernhard Bohlen
Johann Gerdes
engelbert elfring
Johann von Hebel
engelbert Held
Franz Held
Johann Held
Johann Jüngerhans
Bernhard meentken
Gerhard meyering
Gerhard schöning
Peter schwarz
Protokollführer
anton menke (führte auch den titel „Gemeindedirektor“) Der Rat der Gemeinde Haren befasste sich damals insbesondere mit der Unterbringung von Flüchtlingen, darüber hinaus ging es um die Einrichtung eines Kinos durch den Gastwirt Cantzen, den Milchhandel, die gemeindliche Stromversorgung, Wege und Gräben usw.
Dem Rat lagen viele Anträge von Bürgern vor, die genehmigt oder abgewiesen werden mussten. Meistens waren es Anträge auf Erlass von Steuern oder Beiträgen. Reparaturen und Einrichtung der Schulen und Fertigstellung des Sportplatzes, Grabenreinigungen sowie Straßen- und Wegeausbesserungen standen ebenfalls an. Beschlossen wurden vom Rat ferner die Aufstellung eines Flächennutzungsplanes und die Anfertigung eines Ortsplanes. Auch lag dem Rat bereits 1950 ein Antrag auf Einrichtung einer Badeanstalt vor. Bekanntlich dauerte es aber noch über 20 Jahre bis 1972 das Wellenfreibad eingeweiht wurde und 1976 auch das städtische Hallenbad für Besucher öffnete.
In der Sitzung am 13.10.1950 befasste sich der Rat erstmals mit den geplanten Maßnahmen wie Eindeichung, Kanalisation und Wasserversorgung, weil durch die Eindeichung der Stadt Meppen auch die Eindeichung für den Ort Haren unumgänglich wurde.
Das 1969 fertigstellte Klärwerk an der Zeppelinstraße
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Erste Neubauten wurden auf dem „Höften“ (heute Ringstraße) erstellt. Später folgten Bebauungen im Weeden, im Gebiet zwischen Mühlendamm und Emsstraße sowie zwischen der Schulstraße und Schleusenstraße.
Die Notwendigkeit einer neuen Flutbrücke stand 1951 an, da die alte Holzflutbrücke (1871 erbaut) baufällig wurde. 1953 begannen Vertreter der Gemeinden Altharen und Haren mit Verhandlungen über einen Zusammenschluss der beiden Gemeinden. Nach unzähligen Verhandlungen wurde mit Genehmigung des Innenministers in Hannover der Zusammenschluss zur Gemeinde Haren beschlossen. Der Ratsbeschluss zum Zusammenschluss erfolgte am 11.6.1954. Der Name der zusammengeschlossenen Gemeinde war
Die Einwohnerzahl von Haren belief sich am 1. September 1952 auf 2.915 Personen.
Im November 1952 fand die Wahl des Gemeinderates statt.
Bei der Wahl des Bürgermeisters gab es zwei Kandidaten und zwar Bernhard Hermes und Hermann Wichers. Für Hermann Wichers stimmten acht, für Bernhard Hermes fünf Ratsmitglieder.
Haren.
Das neue Wappen sollte eine Verbindung des bisherigen Wappens der Gemeinde Altharen (Mühle) und der Gemeinde Haren (Schiff) darstellen. Als Farben der neuen Gemeinde Haren wurden „Blau“ und „Gold“ festgelegt. Blau bezieht sich auf das Wasser und die Schifffahrt, die Farbe Gold auf Korn und Landwirtschaft.
In einem Festakt am 1.10.1956 wurde der Zusammenschluss vollzogen. In einer geheimen schriftlichen Wahl wurde der Bürgermeister gewählt. Vorgeschlagen waren Hermann Wichers (Haren) und Anton Berkenheger (Altharen). In zwei getrennten Wahlgängen entfielen bei der geheimen Wahl jedesmal je drei Stimmen auf die Kandidaten. Das Los musste daher entscheiden.
Bevor das Los gezogen wurde, meldete sich indes Herr Wichers zu Wort und teilte den Anwesenden mit, dass Herr Berkenheger und er sich mit dem gesamten Verwaltungsausschuss darin einig seien, dass derjenige, der durch das Los als Vorsitzender bestimmt werde, nach einer Amtszeit von sechs Wochen zurücktritt, damit der andere von beiden für den Rest der Wahlperiode zum Vorsitzenden gewählt werden konnte. So kam es, dass Hermann Wichers zunächst Bürgermeister wurde, nach sechs Wochen von dem Amt zurücktrat und Anton Berkenheger ebenfalls für weitere sechs Wochen Bürgermeister wurde, ehe im Januar 1957 die turnusmäßigen Bürgermeisterwahlen stattfanden.
Im Zusammenhang mit der Gemeindezusammenlegung wurde auch die Frage über die Anstellung eines Gemeindedirektors beraten. Otto Nerkamp aus Lohne i.O. wurde am 13.2.1957 schließlich zum Gemeindedirektor gewählt. Die Zusammenarbeit zwischen Rat und Verwaltung war aber nicht immer die Beste. Anlässlich einer Ratssitzung am 30.6.1961 kam es zu einem Eklat. Der Gemeindedirektor wurde durch Zuhörer beschuldigt, die Interessen der Schifffahrt nicht zu vertreten. Der Gemeindedirektor verwahrte sich gegen diesen jeglicher Grundlage entbehrenden Vorwurf. Er bedauerte, dass der Bürgermeister solche beleidigenden und entwürdigenden Angriffe zulasse. Da die Angriffe fortgesetzt wurden, beauftragte der Gemeindedirektor den Gemeindeoberinspektor Hans Altmeppen-Többen mit seiner weiteren Vertretung und verließ die Sitzung.
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Vordere Reihe sitzend (v.l.n.r.): Hermann Hebbelmann, Wirt (Haren), Hermann Kiepe, Engelbert Held (Haren), Anton Berkenheger (Altharen Pool, Bürgermeister), August Laing, Bankleiter (Haren), Franz Hasekamp, Schulleiter (Haren).
Stehend (v.l.n.r.): Hermann Schulte, Bauer (Altharen), Clemens Hagen, Bauer (Langenberg), Gerhard Wermes (Hebel), Hermann Cosse, Schmied (Haren), Wilhelm Menke (Haren), Bernhard Bergmann, Elektromeister (Altharen), Josef Hanfeld, Arbeiter (Erika), Adolf Kötter, Werft u. Sägewerk (Haren), Gerhard Pinkernell, Schneider (Altharen), Bernhard Bonnarens, Bauer (Altharen), Clemens Barenbrügge, Schulleiter (Haren).
1954 wurde die Errichtung einer Binnenschifferberufsschule für das Stromgebiet der Ems am alten Sportplatz beschlossen. Im Frühjahr 1956 wurde der Schulbetrieb aufgenommen. Als Heimleiter wurde Kurt Wölke ernannt. Später wurde das Gebäude als Jugendherberge genutzt und schließlich 2013 abgebrochen.
Am 15.1.1957 fand erneut die Wahl des Bürgermeisters statt. Zur Wahl vorgeschlagen wurden die Ratsherren August Laing und Anton Berkenheger. In geheimer Wahl erhielt Ratsherr Berkenheger neun Stimmen und Ratsherr August Laing acht Stimmen. Somit war auch für die nächste Wahlperiode Ratsherr Anton Berkenheger Bürgermeister von Haren. 1957 wurde mit dem Bau der landwirtschaftlichen Berufsschule für Mädchen an der Papenwiese begonnen. Das Gebäude diente später als Sonderschule, Poststelle und schließlich als Senioren- und Jugendzentrum. Senioren- und Jugendgruppen nutzen die Räumlichkeiten auch heute noch.
Die nächsten Kommunalwahlen fanden am 23.10.1960 statt, Bürgermeister wurde der Ratsherr August Laing.
Anfang der 60er Jahre standen der Ausbau der Wasserversorgung und Bau der Kanalisation sowie der Neubau der Emsbrücke und der Ausbau der B 402 im Vordergrund.
1962 wurde in Haren-Höften eine größere Urne gefunden. Sie wurde auf ein Alter von 3.000 Jahre geschätzt – ein archäologisch bedeutsames Ereignis.
Mitglieder des Stadtrates vor der St. Nikolaus Schifferberufsschule
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Im Juni 1962 richtete Ratsherr Hermann Hebbelmann (auch 1. Vorsitzender des TuS Haren) an Rat und Verwaltung die dringende Bitte, sich für die Schaffung einer geeigneten Sportstätte in Haren einzusetzen. Er bemerkte hierzu, dass die augenblicklichen Verhältnisse auf die Dauer untragbar seien. Der Niedersächsische Fußballverband habe schon mit einer Stilllegung des Harener Fußballplatzes gedroht. Die Antwort des Gemeindedirektors lautete: „Wenn Ihr in die Bundesliga aufsteigt, bekommt Ihr euren neuen Fußballplatz.“
Die seit langem geplante Änderung der Gemeindegrenzen zwischen Emmeln und Haren im Bereich der Flutbrücke wurde mit Ratsbeschluss vom 5.4.1963 besiegelt. Der neue Grenzverlauf wurde im gegenseitigen Einvernehmen mit der Gemeinde Emmeln festgelegt. Die Gemeinde Haren zahlte der Gemeinde Emmeln eine Abfindung in Höhe von 150.000 DM.
Am 28.4.1964 verabschiedete der Rat der Gemeinde Haren eine neue Hauptsatzung und eine Geschäftsordnung des Rates. Bisher schrieb man den Ort „Haren“ oder auch „Haren a.d. Ems“. Mit der neuen Satzung führte die Gemeinde den Namen
Haren/Ems.
Nach der Gebiets- und Verwaltungsreform im Jahre 1974 führte die Stadt schließlich den Namen
Haren (Ems).
Diese Schreibweise gilt auch heute noch.
Die neue Emsbrücke wurde am 28.4.1964 feierlich eingeweiht. Nach dem Harener Lied „Wie London an der Themse ….“ begrüßte Bürgermeister August Laing die anwesenden Festgäste und darüber hinaus die Bevölkerung und die zahlreichen Schulkinder. Die Verkehrsübergabe der Brücke wurde mit dem Zerschneiden des weißen Bandes durch den Leiter des Straßenbauamtes Lingen, Baurat Gißelmann, vorgenommen. Der Norddeutsche Rundfunk und das Deutsche Fernsehen berichteten von diesem für die Gemeinde Haren/Ems bedeutsamen Ereignis.
Links die alte Emsbrücke, die später abgerissen wurden. Rechts der Brückenneubau.
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1964 wurde vom Rat erstmals angeregt, ein Gymnasium in Haren/ Ems einzurichten. In vielen Ratssitzungen wurde dann über diese Schuleinrichtung besprochen, ehe im Jahr 1977 im gerade entstandenen Schulzentrum ein Gymnasium für die Sekundarstufe I (Kl. 7-10) eingerichtet wurde. Ab dem Schuljahr 1981/82 durfte dann auch im Sekundarbereich II unterrichtet werden. 1984 schließlich wurde das erste Abitur am Gymnasium Haren/Ems vergeben. Lange hatten der TuS Haren aber auch die Harener Schulen um den Bau eines Sportzentrums gekämpft. 1964 befassten sich dann der Rat und die Verwaltung mit diesem Thema. 1970 wurde das Stadion (heute Emspark-Stadion) eingeweiht. Das Stadion hatte drei Sportplätze, eine Rundbahn, Stehtraversen und ein modernes Umkleidegebäude.
„Am besten integriert man sich auf der Harener Kirmes.“
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Luftaufnahme aus früheren Zeiten
Die Unwirtschaftlichkeit der Schifferberufsschule war ein Dauerthema des Rates. Die schwache Besetzung der Lehrgänge wurde aus der Mitte der Ratsmitglieder u.a. damit begründet, dass an der hiesigen Schule nur der 1. Lehrgang absolviert werden konnte - Das Ende der Schifferberufsschule war gekommen.
Nach sorgfältiger Prüfung der materiellrechtlichen Voraussetzungen und unter Berücksichtigung des einmütigen Vorschlages des Schul- und Kulturausschusses vom 26.2.1965 beschloss der Rat der Gemeinde Haren/Ems einstimmig, einen Antrag auf Verleihung der Bezeichnung Stadt an den Niedersächsischen Minister des Innern zu richten. Schließlich wurde der Antrag von Innenminster Bennemann genehmigt.
Seit dem 3.12.1965 konnte sich die Gemeinde Haren/Ems nun „Stadt“ nennen.
Im selben Jahr war die Gemeinde Landegge daran interessiert, zusammen mit der Gemeinde Haren/Ems eine Samtgemeinde zu bilden. Am 25.5.1965 beschloss der Gemeinderat Haren/Ems die Bildung einer Samtgemeinde gemeinsam mit Landegge.