
4 minute read
Landegge
„Wenn se die vroagen, dan must du dat daun!“ Antwort vieler Frauen auf das ehrenamtliche Engagement ihrer Männer. Frei übersetzt: „Hinter jedem starken Mann steht eine starke Frau!“ – oder umgekehrt.
mittelpunkt des dorfes landegge ist die kapelle mit dem Glockenturm
Advertisement

Im Jahr 1178 läßt der Bischof von Münster Burg Landegge bauen, eine Wehranlage mit einem mächtigen aus Findlingen erbauten Turm. Sie schützt seine Besitzungen vor den Raubzügen der Ritter aus Haren. Außerdem sind die Burgmänner für die Sicherheit der „Friesischen Straße“ zuständig. 200 Jahre lang ist die Stiftsburg in Landegge Sitz der Verwaltung für das gesamte Emsland. Der Drost, „Verwaltungschef“ und Vertreter des Landesherrn, wohnt ebenfalls in Landegge.
Viele Sagen ranken sich um die Burgherrin Jutta von Ravensberg, die im 13. Jahrhundert die emsländischen Besitzungen ihres Vaters erbt. Über die „Frau von Mundeloh“ gibt es zahlreiche Andekdoten. Und auch wenn die Geschichten nicht der Wirklichkeit entsprechen sollten, ist doch der Glaube an den im Woilol-See versunkenen Goldschatz der Gräfin ungebrochen.
Immerhin stößt ein Knecht im Jahr 1932 bei Feldarbeiten in Landegge auf einen vergrabenen Steintopf, gefüllt mit 65 alten Silbermünzen. Sie stammen vermutlich aus dem Jahr 1634, als der schwedische Graf Königsmark mit seinen Truppen im dreißigjährigen Krieg entlang der Ems wütet. Die Münzsammlung wird ab 1934 im Heimatmuseum der Stadt Meppen ausgestellt, wo sie nach dem Umzug des Museums aber verlorengeht – wie gewonnen,…
Kurz nach dem Krieg trifft das Hochwasser des Jahres 1946 Mensch und Vieh. Überdies ist Landegge mit evakuierten Harenern und ausgewiesenen Einwohnern der benachbarten Grenzorte bevölkert, hinzukommen Kriegsflüchtlinge und Vertriebene aus den Ostprovinzen. Nur ein Haus im Ort bleibt vom Wasser verschont.
Bereits 1938 strebt Landegge eine Eingemeindung nach Haren an, die aber nie vollzogen wird. Erst im Juni 1965 schließen sich Haren und Landegge zu einer Samtgemeinde zusammen.

Gerhard Gebken
Gerhard Gebken wurde 1940 in landegge geboren.
der landwirt lebt mit seiner Frau auf dem Hof der Familie an der landegger straße. aus dem Jahr 1717 stammt der Hof-Beiname „Brunen“, unter dem die Familie auch heute noch bekannt ist.
Von 1960 bis 1968 war Gerd Gebken mitglied des Gemeinderates von landegge und gehörte 1966 zu den Gründungsmitgliedern des örtlichen schützenvereins.
Herr Gebken, welche Erinnerungen haben Sie an ihre Kindheit und Jugend in landegge?
mit der Besetzung Harens 1945 wurde landegge zu einem Zufluchtsort für die Harener Bevölkerung. auch kriegsflüchtlinge fanden in landegge eine erste Bleibe. 1946 wurde es dann richtig eng. durch das Hochwasser stand die ems in allen Häusern der Ortschaft rund ½ meter hoch, für Wochen waren nur die Obergeschosse bewohnbar. als kind war das eine spannende Zeit.
mit ausnahme meines 18-monatigen Wehrdienstes, den ich in lingen und Fürstenau ableisten musste, habe ich mein ganzes leben in landegge verbracht.
Bis 1956 hatten wir eine Fährstelle an der ems. Bei Bedarf rief man vom emsufer zu unserem Hof hinüber und wurde dann mit einem ruderboot übergesetzt. das kostete einen Groschen. das Geld habe ich anfangs gleich weggeworfen, weil es bis 1948 ja nichts wert war.
Wie kamen Sie zur politischen Arbeit?
1961 standen Gemeinderatswahlen in landegge an. ich war schon einige Zeit Vorsitzender der örtlichen landjugend. als kandidaten gesucht wurden, bin ich vorgeschlagen und dann auch gewählt worden. damals war ich 21 Jahre alt. ich war dann noch eine weitere amtszeit mitglied im Gemeinderat, bis 1969 die samtgemeinde Haren-landegge gebildet wurde.
landegge bildete immer eine gute Gemeinschaft – alles war sehr familiär. ratssitzungen waren fast wie Familientreffen: zwei schwäger von mir waren zur selben Zeit ratsherren. die Gemeindekasse befand sich bis 1969 bei uns im küchenschrank. Grundsteuern wurden anfangs einmal im monat am küchentisch bar eingezahlt. später wurde ein Zimmer als Büro genutzt. die themen dieser Zeit waren der erhalt der landegger Grundschule, straßenbau und Flurbereinigung.
Was änderte sich 1969 mit der Gründung der Samtgemeinde Stadt Haren (Ems) – landegge?
der Zusammenschluss mit der stadt Haren (ems) war richtig und notwendig. als kleine Gemeinde war landegge allein auf dauer nicht mehr handlungsfähig. die kooperation mit der stadt hat uns rückblickend viele Vorteile gebracht, wir konnten u.a. auf die Verwaltung im Harener rathaus zurückgreifen und hierdurch kosten einsparen. die kinder besuchten auch die weiterführende schule in Haren. dennoch war man zunächst skeptisch. die letzte eigenständige maßnahme vor dem Zusammenschluss 1969 war deshalb eine straßensanierung in landegge, dazu haben wir die Gemeindekasse geleert – das Guthaben wäre sonst in den gemeinsamen Haushalt mit der stadt Haren (ems) geflossen…
Wie war die Haltung zur Gemeindereform von 1974 in landegge?
Von der samtgemeinde zur neuen stadt Haren (ems) war es für landegge nur ein kleiner schritt, denn faktisch hatten wir diese entwicklung ja schon 1969 vollzogen. in den fünf Jahren bis 1974 haben wir aber schnell erkannt, dass die Vorteile einer größeren Verwaltungseinheit klar überwiegen. in landegge gab es daher meines Wissens keine allzu großen Ängste vor einem Bedeutungsverlust und auch keinen Widerstand gegen die Gemeindereform. um uns weiterhin einzubringen, haben wir u.a. einen cdu-Ortsverein gegründet. Heute haben wir in landegge eine intakte infrastruktur, ein neubaugebiet für junge Familien aus dem Ort und ein reges Vereinsleben - die Basis stimmt also.
Was wünschen Sie der Jubilarin zum Geburtstag?
ich würde sagen: „Bleib wie du bist.“