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Haren-Altharen

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Autorenverzeichnis

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Holterhuisbrücke 2015

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Zerstörte Kuppel der St. Martinuskirche 1945 Holterhuisbrücke 1968

Der Ort „Harenes“ wird 890 erstmals im Register der Klosters Corvey erwähnt. Auf einem Sandrücken befinden sich eine Burg und drei Nebenhöfe. Hieraus entsteht das Dorf „Altenharen“. Später lassen sich fremde Siedler zwischen den damaligen Flussläufen der Ems nieder, es entsteht eine „Inselsiedlung“, aus der um 1150 „Neuenharen“ entsteht.

Beide Ortsteile entwickeln sich unterschiedlich. Die Bevölkerung Altharens besteht zumeist aus Landwirten und Handwerkern, wie Müllern, Schmieden oder Wagenbauern. Das Wappen Altharens ziert deshalb bis 1956 eine Windmühle.

Die verkehrsgünstige Lage zwischen Ems und Handelsstraße macht Neuenharen zum Umschlagplatz für Waren. Ein Marktflecken entsteht, Kaufleute siedeln sich an. Nach dem 30-jährigen Krieg werden 22 Emspünten gezählt, schon damals ist Haren damit eine „Schifferstadt“.

Immer wieder kommt es zum Streit zwischen den benachbarten Ortschaften über Besitzund Nutzungsrechte der Altharener Mark bei Rütenbrock. Erst ein 1646 geschlossener Vergleich stiftet Frieden. Ab 1800 wechseln Landesherren und Zugehörigkeiten in der Region in rascher Folge: Mal ist man Franzose, dann Hannoveraner, später Preuße… Mit dem Ende des 2. Weltkriegs steht Haren unter polnische Militärverwaltung. In „Maczków“, wie die Stadt nun heißt, leben polnische Soldaten, ehemalige polnische Kriegsgefangene und Flüchtlinge. Erst 1948 verlassen die Polen die Stadt und die deutschen Einwohner können in ihre Häuser zurückkehren.

1956 schließen sich die Gemeinden Altharen und Haren zur Großgemeinde zusammen. Das neue Stadtwappen vereint die Symbole beider Gemeinden. Es zeigt einen Sechserpass aus drei silbernen Segeln und drei goldenen Windmühlenflügeln.

Weithin sichtbares Wahrzeichen Harens ist die St. Martinus Pfarrkirche, im Volksmund auch „Emslanddom“ genannt. Am 8. April 1945 hisst die Ordensschwester Kunigunde während des Beschusses durch kanadische Truppe auf dem Turm der Kirche ein weißes Bettlaken zum Zeichen der Kapitulation. Sie rettet die Kirche und die Stadt damit vor weiterer Zerstörung.

Im Jahr der Stadtwerdung 1965 lösen Schweißarbeiten einen Brand der Kirchenkuppel aus. Glücklicherweise bleibt das Kuppelgewölbe selbst unversehrt. Schon ein Jahr später erstrahlt die Kirchenspitze in alter Schönheit. „Haren 356 ha war mit ein Volk ohne Raum und Altharen mit 4500 ha ein Raum ohne Volk.“ Gemeindedirektor Otto Nerkamp zu den Voraussetzungen zur Bildung der Großgemeinde Haren am 1. Oktober 1956.

Herr Schüer, wie erlebten Sie die Diskussion zur Stadtwerdung 1965 in Altharen?

Bis 1961 war ich Geselle bei schneidermeister Gerhard Pinkernell, der seinerzeit Gemeinderatsmitglied in altharen und mitglied im kreistag war. da war die lokalpolitik immer auch thema. in den nächsten Jahren wurde vieles oft sonntags beim Frühschoppen in der Gaststätte drees diskutiert. Für die altharener ging es am ende auch darum, einen wichtigen Posten zu besetzen, was ja später mit Bürgermeister Walter Pinkernell dann auch gelungen ist.

Erleichterte die Zusammenlegung HarenAltharen die Gemeindereform 1974?

damals waren die kolpingfamilien sehr politisch. in vielen diskussionsrunden wurden Pro und contra besprochen. das Zünglein an der Waage war aus meiner sicht erika. dort hatte sich Gerhard knoll klar für eine Zusammenarbeit mit Haren (ems) ausgesprochen. als es um die kandidatenaufstellung für die kommunalwahlen ging, trat ich in die cdu ein, um die kandidaten aus altharen unterstützen zu können. seitdem bin ich politisch aktiv.

Wie sehen Sie in der rückschau die Entwicklung der Stadt?

die Zusammenschlüsse waren zwingend notwendig. die kleinen Gemeinden hätten die allgemeinkosten, z.B. für eine Feuerwehr, gar nicht aufbringen können. trotzdem war selbst 1991, als ich in den stadtrat gewählt wurde, noch die stadt-umland-diskussion in vollem Gange. Zuletzt gab es selbst bei der ansiedlung des eurohafens noch die sorge, dass damit jede weitere gewerbliche entwicklung an anderer stelle blockiert wäre. dass diese diskussionen heute kaum noch eine rolle spielen, ist der Verdienst von Bernd-carsten Hiebing, der als Bürgermeister viel für die einheit der stadt geworben hat.

Was wünschen Sie der Stadt zum 50. Geburtstag?

ich wünsche mir, dass die Bürgerinnen und Bürger weiterhin ein gutes miteinander pflegen und sich die Freundlichkeit und Offenheit bewahren, die viele Gäste positiv hervorheben.

Clemens Schüer

Jahrgang 1940, ist geboren und aufgewachsen in Altharen, wo er heute noch wohnt. Als gelernter Schneider wechselte er 1961 zur Bundeswehr, bei der er auf der Wehrtechnischen Dienststelle bis zu seiner Pensionierung als Panzer-Testfahrer und Schießleiter tätig war. Seit 1958 ist er Kolpinger, davon rund 40 Jahre im Vorstand. Von 1991 bis 2011 war er Mitglied im Rat der Stadt Haren (Ems), zuletzt als Ratsvorsitzender.

Herr Sibum, wie kamen Sie Anfang der 1960er zur Politik?

ich war bereits aktiv beim tus Haren und durch meine berufliche tätigkeit in Haren bekannt. dann wurde ich gebeten, als Vertreter der schifffahrt für die cdu zu kandidieren und wurde stets mit guten ergebnissen gewählt. anfangs bestand der rat nur aus 17 cduratsherren, sPd-Vertreter kamen erst später dazu. Für uns spielten die Parteien allerdings nie eine große rolle, wir wollten die stadt voranbringen. Wichtige Gespräche dazu fanden auch oft nach den sitzungen im rathauskeller oder den Gaststätten statt.

Was beschäftigte Sie persönlich politisch besonders Ende der 60er Jahre?

es ging uns damals darum, die Berechnung der Gewerbesteuer zu ändern. ich bin stolz darauf, dass es mir gelungen ist, erfolgreich für eine neubewertung von ertrag und kapital geworben zu haben. das hat der schifffahrt geholfen und die Betriebe in Haren gehalten, von denen ansonsten einige vielleicht der stadt den rücken gekehrt hätten. die stadt profitierte danach von den schiffsneubauten und die Beschäftigten von sicheren arbeitsplätzen. an eine Zahl erinnere ich mich gut: Über 80 Prozent der Gewerbesteuer kamen damals aus der schifffahrt.

Dann kam 1974 die Gemeindereform - mit heißen Diskussionen auch in Haren?

das kann ich so nicht sagen. Für uns waren die Vorgaben aus Hannover verbindlich, wir hatten uns damit abgefunden. Über meinen Bekanntenkreis in Wesuwe, wo ich während der evakuierung 1945 bis 1948 untergekommen war, und Verwandte in emmeln habe ich nur positive stimmen gehört. Gespräche über eine mögliche nordwestgemeinde liefen an Haren vorbei. Bitter aufgestoßen ist damals die entscheidung in Wesuwe, noch schnell ein schwimmbad für mehrere hunderttausend dm zu bauen, obwohl die Haushaltslage der Gemeinde dies nicht zuließ.

Wie bewerten Sie rückblickend die Gemeindereform?

ausnahmslos positiv. die strukturen ergänzten sich gut, hier die starke schifffahrt, im umland eher die landwirtschaft und andere leistungsstarke unternehmen. es war von anfang an ein miteinander auf augenhöhe, wenn auch das umland innerhalb der cdu-Fraktion stets mit einer mehrheit ausgestattet war. in der Politik hatte man immer mit vernünftigen leuten zu tun. das erleichterte auch die Zusammenarbeit zwischen rat und Verwaltung.

Gibt es einen Wunsch an die Stadt zum 50. Geburtstag?

es wäre wünschenswert, wenn die vielen Vereine und Verbände stärker zusammenarbeiten würden. Besonders beim Fußball würde das den spielern helfen, höherklassiger spielen zu können. und für den unterhalt der sportanlagen wäre es sicherlich auch von Vorteil. Zur sauberkeit in der stadt könnten alle beitragen. so wünsche ich mir, dass es für Hundehalter selbstverständlich wird, die Hinterlassenschaften zu beseitigen.

Stefan Sibum

Jahrgang 1926, stammt aus einer alten Schifffahrtsfamilie. Gemeinsam mit seinem Bruder baute er die Reederei Sibum auf, die sein Sohn Bernd in der nächsten Generation weiterführt. Sibum gründete in Haren (Ems) in den Nachkriegsjahren vier Versicherungen auf Gegenseitigkeit zur Absicherung und eine Sterbekasse der Beschäftigten in der Schifffahrt. Er war viele Jahre Vorstandsmitglied beim TuS Haren und von 1961 bis 1986 Mitglied im Rat der Stadt sowie der Neugliederungskommission 1973/1974 und Mitglied im Interimsstadtrat von März bis Juni 1974.

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