4 minute read

Fehndorf

Next Article
Autorenverzeichnis

Autorenverzeichnis

Eine rund 60 Jahre alte Torflok erinnert in Fehndorf an den Torfabbau zu früheren Zeiten

Das Schützenfest in Fehndorf ging früher traditionell am Dienstag damit zu Ende, dass die Feuerwehr Rütenbrock zu einem Kleinbrand „alarmiert“ wurde, um sich danach „bei Kluck und Bier“ für die gute Zusammenarbeit zu bedanken. Die Polizei beendete diese Tradition eines Tages mit dem Hinweis auf ein mögliches Strafverfahren wegen mutwilliger Brandstiftung.

Advertisement

Werner Bruns

Jahrgang 1939, ist geboren in Osnabrück. er verlor seine eltern bei einem Fliegerbombenangriff und kam mit seinem Zwillingsbruder Hans 1941 zu seinen adoptiveltern nach Fehndorf. nach der Zwangsräumung des deutschen Grenzgebiets 1945 musste die Familie nach tinnen übersiedeln. dort wurden Werner und Hans Bruns eingeschult. anfang 1946 kehrte die Familie zurück. der gelernte Fleischer schulte später um zum Versicherungs-kaufmann. seinen Wehrdienst absolvierte er in Hamburg. er war 1963 Gründungsmitglied und Vorsitzender der kolpingfamilie Fehndorf und zugleich Bezirksvorsitzender des kolpingverbandes meppen. Von 1974 bis 1986 war er Ortsvorsteher und lange Jahre schöffe beim landgericht meppen. Im Jahr 1887 errichten die Eheleute Bernhard und Adelheid Ottens im heutigen Bereich Fehndorf-Süd die erste einfache Kate und geben damit den „Startschuss“ zur Besiedlung des Altharener Moores. 25 Jahre später wird die Ortschaft „Fehndorf“ als neue politische Gemeinde gegründet und löst sich am 1. April 1912 von der Muttergemeinde Altharen.

Man lebt vom Torfabbau. Der Torf wird mittels „Verfehnung“ gewonnen und gibt dem Ort seinen Namen. Vom Süd-Nord-Kanal werden Nebenkanäle (Wieken) ins Moor gegraben, über die Torf und Moor mit Pünten abtransportiert werden können.

Noch im Gründungsjahr erhält Fehndorf eine eigene Kirche. Die Holzbaracke, ursprünglich als Provisorium errichtet, dient noch weitere 40 Jahre als Gotteshaus. Zunächst fehlt der Gemeinde das Geld für einen Neubau, später verbietet der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs die Umsetzung dieses Vorhabens.

Erst im September 1953 wird der heutige Kirchenbau benediziert. Im Gründungsjahr 1912 der Gemeinde erhält Fehndorf auch eine Schule. Von den 63 Schülern sind 50 Kinder Niederländer und sprechen oftmals kaum Deutsch. Statt zur Schule gehen viele Kinder arbeiten. „Im Torf“ verdient ein Kind nach Ende des 1. Weltkrieges 5 bis 6 Mark pro Tag, viel Geld für die überwiegende Zahl der Saisonarbeiter-Familien. Fehndorf wächst und damit auch die Schülerzahlen. Im Schuljahr 1971/72 besuchen 207 Kinder im Alter zwischen 6 und 15 Jahren die örtliche Schule. Doch der demografische Wandel bringt Veränderungen: 2011 leben in Fehndorf nur noch 30 Kinder im Grundschulalter - zu wenig um den Betrieb der St. Benedikt-Grundschule fortführen zu können.

Seit 2002 ist Fehndorf Ausgangspunkt der Heeder Fußwallfahrt, die immer am letzten Samstag im August stattfindet. Alljährlich machen sich an diesem Tag mehrere Hundert Gläubige frühmorgens auf den Weg zur 36 km entfernten Gebetsstätte in Heede.

Fehndorf liegt inmitten des Naturparks „Bourtanger Moor“. Seit 2012 führt ein grenzüberschreitender Radweg von Fehndorf nach Barger-Compascuum. Fehndorf ist damit Teil des Fernradweges von Amsterdam nach Berlin.

Herr Bruns, wie haben Sie Fehndorf in den 60er Jahren in Erinnerung?

aus meiner kindheit erinnere ich mich an fehlende straßen, es gab kein elektronisches licht und keine trinkwasserversorgung. Für den Zusammenhalt der Bevölkerung waren eine gute nachbarschaft und die Verwandten quasi überlebenswichtig. deshalb stehen die Fehndorfer heute noch besonders zueinander. in den 60ziger und 70ziger Jahren blüte Fehndorf auf: es wurden einfamilienhäuser gebaut, kleine Handwerksbetriebe, lebensmittelgeschäfte und Gaststätten entstanden. die schule wurde neu gebaut, ein Fußballplatz angelegt und vieles mehr.

Wie änderte sich das politische leben mit der Gemeindereform 1974?

die Gemeindereform war in Fehndorf nie ein großes thema, da der Wunsch rütenbrocks nach einer nordwestgemeinde schon mit der entscheidung aus erika, sich nach Haren zu orientieren, getroffen war. in Fehndorf ging nichts ohne Bürgermeister Bernhard Becker, der bereits seit 1946 im amt war und auch zunächst dem neuen stadtrat Harens angehörte. er hatte gute kontakte zu vielen Behörden, so auch zum landkreis meppen. unter ihm wurde noch der Beschluss gefasst, in Fehndorf eine turnhalle zu bauen und auf sein anraten hin wurde ich 1974 der damals jüngste Ortsvorsteher in der neuen stadt.

Hat sich durch die Gemeindereform in Fehndorf etwas verändert?

das dorf hat sich davon unabhängig verändert. Früher hatten wir vier lebensmittelgeschäfte, tankstellen, Banken, eine Poststelle und vier kneipen. der „Vollmond“ war weit über Fehndorf hinaus bekannt. die schule war schon 1976 thema. die diskussionen habe ich damals hautnah miterlebt. das gibt es heute alles nicht mehr. die stadt hat aber ihren positiven Beitrag geleistet, angefangen mit dem Bau eines neuen sportplatzes über neubaugebiete bis zur aktuellen dorferneuerung.

Was geben Sie der Stadt zum 50. Geburtstag mit auf den Weg?

es wäre schön, wenn die Ortsteile besser über laufende Projekte oder geplante maßnahmen informiert werden würden. das würde die akzeptanz erhöhen. Bürgerversammlungen oder mitteilungen, z.B. über die informationshefte der kirchengemeinden, wären dafür mögliche kanäle. auch wäre es schon, wenn für Fehndorfer Gestaltungsmaßnahmen ein eigenes Budget im dorf verwaltet werden könnte - etwa über einen Ortsrat. Stadtgeschichte(n)

This article is from: