MAGAZIN FÃœR SPIRITUOSENKULT / 2018
AB DURCH DIE DECKE ISW-SPEZIAL So brennt der KORN bei Sasse
Probier mal! So verkosten Sie richtig
Wir zeigen den Stof, der richtig brennt!
Die FLASCHENDREHER So geht Sprit-Handel heute
[ MEININGER - SINCE 1903 ]
Brannt-Gefahr U
nd, wofür brennen Sie? Ich frage das jetzt einfach mal ganz ungeniert, denn vielleicht teilen wir ja die gleiche Leidenschaft – und da dieses wunderbare Magazin offensichtlich den Weg in Ihre Hände gefunden hat, ist die Chance ja vielleicht gar nicht so klein. Ich für meinen Teil jedenfalls brenne für die Spirituose. Sicher, Wein, Bier oder anderes vergorenes Zeug ist auch mal ganz nett, aber irgendwie ist es unvollkommen, solange es nicht durch eine Brennblase gelaufen ist (auf den Shitstorm der Winzer und Brauer freue ich mich jetzt schon).
First Drop
BRANNT ist aber nicht nur der Name dieses Magazins, das Sie da in der Hand halten. BRANNT ist vielmehr ein Anspruch, eine Philosphie und ein Versprechen. Uns hat das Feuer gepackt, für das Handwerk, das Können, die Qualität und die Leidenschaft, die es für außergewöhnliche Liquids braucht. Und wir wollen nichts weniger, als Sie anzustecken und einzuladen, uns durch die opulente Welt des Gebrannten zu begleiten. Ich bin mir sicher, der Trip wird Ihnen gefallen – trotz oder gerade wegen der chronischen BRANNT-Gefahr.
Foto:
Ralf Z iegler
- Ad
Lumin
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Aber halt! Zugegeben, das stimmt nicht ganz, denn was dem Stoff meines Herzens bisher zur Perfektion gefehlt hat, war etwas Greifbares, etwas das sich ganz seinem sinneserweiternden Zauber hingibt. Etwas, das der Spirituose, dem Herzstück, der Essenz all dessen, was sich zu trinken lohnt, die Bühne bereitet, die es verdient. Was gefehlt hat, war – ganz klar – BRANNT.
Alexander Thürer Chefredakteur
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IMPRESSUM Geschäftsführung Andrea Meininger-Apfel, Christoph Meininger Chefredaktion Alexander Thürer Tel. 06321–8908–22 thuerer@meininger.de Mitarbeiter Jürgen Deibel, Gudrun Drews, Maximilian Jopp, Barbara Rademacher Produktion Horst Emmert Tel. 06321–8908–16 Design Steffen Heppes Grafik Dominika Rogocka Gesamtleitung Media Ralf Clemens Tel. 06321–8908–81 Mediaberaterin Susanne Kleber Tel. 06321–8908–66 Verwaltung Miriam Raffel Tel. 06321–8908–48 Leserservice Martina Wasner Tel. 06321–8908–36 Titelfoto Adobe.Stock / Fesenko Maksym
MASH BILL Blended .......................................................6 - 11 Kurzmeldungen Trend .........................................................12 - 19 Der Markt auf einen Blick 12 - 13 Das trinken wir morgen 14 - 19 Insight .......................................................20 - 35 So plant Buffalo Trace 20 - 21 Weinquelle Lühmann 22 - 27 Mitgebrannt bei Sasse 30 - 35
ISW Spezial ...............................................36 - 63 Der International Spirits Award 2018: Exklusive Insights und die wichtigsten Prämierungen Spot On .....................................................64 - 89 Tasting? Gewusst wie! 64 - 67 Wie wichtig ist Transparenz? 68 - 71 Was den Gin bewegt 72 - 75 Islay: Reif für die Insel 76 - 81 Top-Drinks 2018 82 - 89
Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen Beiträge, Abbildungen, Illustrationen, Karten und Pläne sowie die Darstellung der Ideen sind urheberrechtlich geschützt. Eine Verwertung gleich welcher Art, einschließlich des Nachdrucks, kann nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages erfolgen. Dies gilt auch für Aufnahmen in elektronische Datenbanken und Vervielfältigungen auf Datenträgern.
Verlag Meininger Verlag GmbH Maximilianstr. 7-17 67433 Neustadt/Weinstraße Tel. 06321–8908–0 Fax 06321–8908–84 www.meininger.de contact@meininger.de
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B R A N N T 2018
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[ BLENDED ]
2. Ne coole
Pulle
Selbst der beste Brand verkauft sich nur halb so gut, wenn die Verpackung nicht stimmt. Was aber tun, um im Regal aufzufallen? Richtig, eine markante Flasche muss her! Zum Beispiel das Modell Denver der italienischen Glaskultur-Profis von Vetroelite. Inspiriert von der zeitlosen Form alter Apothekerflaschen sind es die kleinen Details, die hier den Unterschied ausmachen. Stabil im Stand, leicht in der Handhabung, einfach zu etikettieren, wahlweise mit Kork- oder Schraubverschluss und in verschiedenen Größen erhältlich... die Möglichkeiten sind enorm vielseitig. Und wer lieber eine andere Form hätte, für den haben die Designer noch viel mehr in der Schublade. www.vetroelite.com
Mach Dein Ding!
Spirit News
3. Der Sprit ist fertig und in die coole Pulle gefüllt? Fehlt noch ein Label als Eyecatcher! Auch hierfür braucht es einen kompetenten Partner. So zum Beispiel die Graphischen Betriebe Staats aus Lippstadt. Als Fullservice-Dienstleister bietet das Unternehmen die kreativen Lösungen und flexiblen
Feine
1. Botanicals
Haben Sie schon mal von einer eigenen Spirituose geträumt? Oder vielleicht davon, endlich diesen einen Gin zu kreieren, auf den die Welt schon immer gewartet hat? Egal wie ihr Plan aussieht, wenn Sie es ernst meinen, wird an hochwertigen Botanicals kein Weg vorbeiführen. Aber kein Grund zum Verzagen: Seit gut 100 Jahren liefert die Firma Kräuter Mix aus dem unterfränkischen Abtswind alles, was Sie an hochqualitativen Kräutern, Heilpflanzen und Gewürzen brauchen. Die natürlichen Botanicals für die Herstellung Ihres Gins oder Spirituosenkreation gibt es natürlich auch in Bio-Qualität. www.kraeuter-mix.de
Lieferzeiten, die für ein individuelles Label unerlässlich sind. In den unterschiedlichsten Druckverfahren können für jedes Einsatzgebiet selbstklebende Haftetiketten gefertigt werden - materialunabhängig, vielseitig veredelbar, auch in Kleinstauflagen sowie mit schnell wechselnden Motiven. Lust auf Inspiration? Dann einfach nach der STAATS-Akte fragen unter...
Foto: Stefan Ernst
www.staats.de
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2018 B R A N N T
[ TREND ]
Quelle: IWSR
Gin boomt.
5,1 Liter
Allein 2017 kletterte der Absatz um gut 7 %. In den letzten zehn Jahren ging es für den Wacholderschnaps um über 30 % aufwärts. Etwas ernüchternd ist allerdings ein Blick auf die absoluten Zahlen: 2017 wurden nicht einmal 12 Mio. Liter verkauft. Zum Vergleich: Bei Whisk(e)y waren es mehr als 40 Mio. Liter, und Wodka führt mit über 75 Mio. Litern die Spirituosen-Hitliste an.
25,3l Südkorea 15,5l
Quelle: BSI/IWSR
Spirituosen trinkt jeder Deutsche im Schnitt pro Jahr. Damit liegt Deutschland auf Platz 51 in der Weltrangliste. Auf Platz 1 steht St. Martin und St. Maarten mit unglaublichen 62,3 Litern pro Kopf, doch z.B. auch in Südkorea oder Russland wird deutlich mehr Hochprozentiges getrunken als bei uns. Ein Auszug aus den Charts…
Russland 12,8l Estland
93 Mio. Euro
FAQ
werden jährlich in Deutschland für Spirituosenwerbung ausgegeben.
11,3l
Quelle: Nielsen Media Research/ZAW
Hard Facts
Bulgarien 8,6l Japan 8,0l China 5,1l Deutschland 4,5l Großbritannien
Was trinken die Deutschen am liebsten?
3,8l Spanien 2,0l
Die größten Kategorien nach Marktanteil
Italien
Andere - 5,4% Obstbrände -5,7%
Liköre - 28%
Weinbrand, Cognac, Armagnac - 6,9%
14%
des
Spirituosenabsatzes werden Whisk(e)y 9,8%
Korn und andere Klare - 13,9%
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Wodka - 18,3%
Quellen: Statistisches Bundesamt, BSI
Quelle: Information Resources/BSI
Rum, Arrak, Taffia - 12%
in der Gastronomie erzielt. Deutlich mehr Konsumenten kaufen ihre Hochprozenter im Lebensmittelhandel (63 % Absatzanteil).
2018 B R A N N T
[ INSIGHT ]
DIE FLASCHENDREHER Proile
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[ INSIGHT ]
Geiz-ist-Geil-Denken, übermächtige E-Commerce-Plattformen, LEH-Preiskampf – man könnte meinen, der lokale Sprithandel mache heute keinen Spaß mehr. Doch die Weinquelle Lühmann liefert eine Blaupause dafür, wie man die Flaschen 2018 zum Drehen bringt. Text & Bilder: Gudrun Drews
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igentlich hätten wir auch erst nächstes Jahr vorbeischauen können. Zum 100. Geburtstag nämlich, wie man das halt so macht. Aber manche Dinge sollte man nicht auf die lange Bank schieben. Das weiß man auch bei Familie Lühmann in Siek bei Hamburg, wo die Planungen für besagtes Jubiläum im nächsten Jahr schon jetzt auf Hochtouren laufen. Und das durchaus zurecht, denn ihre am 1.4.1819 gegründete „Weinquelle“ kann auf eine spannende Geschichte zurückblicken und zudem – was noch wichtiger ist – sehr zufrieden sein mit der aktuellen Situation. Der Laden im B R A N N T 2018
Hamburger Stadtteil Hohenfelde, wo auf 80 m2 ein exklusiver Querschnitt des unglaublich umfangreichen Sortiments präsentiert wird, wurde gerade renoviert und zeigt sich nun in klarem Design. Genau wie der große Showroom im Schleswig-Holsteinischen Siek. Hier, in einem eher unspektakulären Gewerbegebiet direkt an der Autobahn, hat die Weinquelle seit 2015 ihren Firmensitz, ihr großes Lager. Dort treffe ich mich mit dem Junior-Chef Jens Lühmann zum Interview, der erst einmal auskunftsfreudig und offen durch verschie-
dene Hallen führt. Im Kommissionierungslager werden permanent die Pakete für die Online-Kunden gepackt, mehr als hundert gehen durchschnittlich täglich per DHL raus. Daneben der große Humidor. Luftfeuchtigkeit und Temperatur sind ständig kontrolliert und angepasst, damit die hier gelagerten Raritäten über die Jahre die optimale Umgebung behalten. Hier finden sich z.B. seltene alte Weine, Portweine, etc. „Im Moment helfe ich auch hier unten“ erzählt Lühmann „weil viele jetzt im Juni schon im Urlaub sind und einige Mitarbeiter sind auch leider krank.“ Insgesamt beschäftigt die Weinquelle 21 festangestellte Leute im Verkauf, Versand und Büro. Der Ton ist freundschaftlich und vertraut, bekomme ich mit, das Betriebsklima stimmt also. Am Ende unseres Rundgangs kommen wir ins Hochregallager, wo bis unter die Decke Weine und Hochprozentiges lagern. Insgesamt führt die „Weinquelle Lühmann“ ca. 7.000 Artikel, täglich etwas schwankend. „Limitierte Auflagen, wie z.B. ‚Single Barrel‘ Abfüllungen kommen spontan rein und bleiben auch nicht lange im Bestand, weil sie auch schnell wieder ausverkauft sind“, kann Lühmann das erklären. Jetzt sind wir in seinem Büro im ersten Stock angekommen. Die Türen stehen überall offen, jeder darf mithören, reinkommen oder sonst wie „stören“.
Online ja, aber nicht um jeden Preis Wie das alles so funktionieren kann in der heutigen Zeit, möchte ich wissen. Wie setzt man sich als Familienunternehmen gegen die Supermärkte oder Amazon durch? Es sei ein Trend zum bewussten Genuss erkennbar, erklärt Lühmann. Die Menschen, die sich das leisten können, legten heute mehr Wert auf gute Qualität beim Essen und auch beim Trinken. Leider kann das nicht für alle Menschen in unserem Land gel23
[ INSIGHT ] Mitgebrannt
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chnapsbrennen ist Herzenssache. Wenn du nicht liebst, was du tust, schmeckt man das. Was aber außer einem heißen Herzen brauchst du noch? Genau das will ich herausfinden und bin dafür bis ins (zumindest für uns Süddeutsche) abgelegene Münsterland gereist. Hier in Schöppingen brennen sie nämlich Korn, dieses Zeug, das jenseits des Weißwurstäquators kaum einer anrührt. Aber auch ich habe schon das leise Flüstern vernommen, das behauptet, Korn sei der nächste große Wurf. Dass da was dran ist, will mir heute Sasse-Master-Distiller Hendrik Viefhues zeigen. Und kaum in die Tür gestolpert, brenne ich schon mit – oder messe mit Teststreifen zumindest schon mal den PH-Wert der fertigen Maische (#1). Gehört eben auch dazu, denn passt der nicht, hilft am Ende nur noch „Kanale Grande“. So nennt Hendrik grinsend das Entsorgen durch „Hahn-auf-und-weg-
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Methode“. Sieht aber alles gut aus. Zum Glück, denn um den bierig duftenden Brei wäre es auch verdammt schade gewesen. Mindestens genauso schade, wie um die 300 Kilo getorften Gerstenmalzes, die wir heute zum Einmaischen brauchen (#2 u. #3). Bei dessen Aroma könnte ich glatt zum Vegetarier werden. Wäre vielleicht gut für meinen BMI, aber um den ist es eh geschehen, und gemahlen (#4) verpasst es mit seiner Peatyness dem neuen Nju Korn Wuchtig erst die richtige – man ahnt es – Wucht. Und so lerne ich nebenbei: Eingemaischt und destilliert wird immer das ganze Korn und maximal 25 Prozent darf der Anteil gemälzten Getreides betragen. Alte Korn-Regel. Aber wir haben gut gewogen, also rein damit (#5) in den Tank, heißes Wasser dazu und Deckel drauf. Während der Azubi (also ich) schuftet, gönnt sich Hendrik erst mal einen Humpen Maggi (#6). Komische Bräuche hier, denke ich. Aber als er das Zeug in
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den Maischetank kippt, erklärt er mir, dass er da kein olles Suppengewürz, sondern wichtige Enzyme hinzugibt. Warum er das mache, frage ich, wo doch das Malz eigentlich den Job des Stärke-in-Zucker-Verwandelns ganz gut allein bewältigt. „Da kann ich sicher sein, dass auch alles klappt und wir hier nicht umsonst rumackern“, erklärt er. „Wird wohl nix aus meinen Maggi-Leaks“, denke ich, als ich mich dranmache, die letzten Reste der Mehlpampe vom Tankrand zu spritzen (#7). So trocknet nichts an und die Reinigung für die nächste
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2018 B R A N N T
[ ISW ] Sonderauszeichnungen
KRÄUTERLIKÖR DES JAHRES 2018 INTERNATIONAL AMARO SIBONA Einreicher: Distilleria Sibona SpA, Piobesi d‘Alba, Italy, www.distilleriasibona.it Amaros zählen zu den Spirituosenklassikern schlechthin. Umso erfreulicher, dass sie nichts von ihrer Strahlkraft eingebüßt haben. So auch der Amaro der Distilleria Sibona, der als krautig-frischer Aperitif/ Digestif eine echte Benchmark ist. Ausgewogen bewegt sich sein Aroma zwischen Süße, Bittere und herber Frische, die im Nachklang in ein erfrischendes, an Enzian erinnerndes Finish mündet.
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TRESTERBRAND DES JAHRES 2018 GRAPPA DI NEBBIOLO Einreicher: Distilleria Sibona SpA, Piobesi d‘Alba, Italy, www.distilleriasibona.it Bei Sibona kann man nicht nur Amaro, sondern natürlich auch Grappa und mit dem Grappa di Nebbiolo ist den Piemontesern sogar ein besonders guter Tropfen gelungen. Sein üppiges, floral-fruchtiges Bouquet verspricht viel, und der Gaumen liefert: elegant, weich und gefällig entfalten sich die Aromen von fruchtiger, roter Traube und frischen Blüten in perfekter Balance und münden in einem langanhaltenden Finish.
GIN DES JAHRES 2018 INTERNATIONAL
FRUCHTLIKÖR DES JAHRES 2018 INTERNATIONAL
GIN 1&9-40°
SUPPERCASSIS 20° LIQUEUR DE CASSIS
Einreicher: Pages Vedrenne, Nuits Saint Georges, France, www.vedrenne.fr Ein großartiger Gin muss in jedem Drink-Klassiker funktionieren, vom Gin & Tonic bis zum Martini und Negroni. Der französische Le Gin 1&9 von Pages Vedrenne bringt genau diese Stärken mit. Sein Bouquet zeigt sich elegant und harmonisch, geschmacklich kommt er ausgewogen mit Wacholderbeeren, süßen Orangenschalen, Koriander, Piment und Ingwer daher. Macht Spaß!
Einreicher: Pages Vedrenne, Nuits Saint Georges, France, www.vedrenne.fr Die Fruchtbombe ist wieder da! Wie schon im Vorjahr räumt der Supercassis eine Sonderprämierung ab. Und das erneut zurecht, denn Schwarze Johannisbeere kann kaum besser in einem Créme-Likör eingefangen werden. Sein cremig-herbes Spiel zwischen Süße, Säure und purer Frucht beherrscht er in Perfektion. Als Aperitif, in Drinks, Pur... Sie haben die Qual der Wahl!
VERMOUTH DES JAHRES 2018 SILVIO CARTA VERMOUTH BIANCO “SERVITO“ Einreicher: Silvio Carta Srl., Cagliari CA, Italy, www.silviocarta.it Weniger ist mehr, das gilt zunehmend auch für den Alkoholgehalt von Spirituosen, weshalb Vermouth schwer im Kommen ist. Einer, der diesen Trend noch befeuern dürfte, ist unser Vermouth des Jahres. Weinig-herb und fruchtig-floral im Glas, entfaltet er seine feine Aromatik auch am Gaumen. Zunächst mit dezenter Bittere und lieblich-blumig, zeigt er seine Würze und Herbe vor allem im Finish.
2018 B R A N N T
[ SPOT ON... ]
Education
Foto: Ralf Ziegler - Ad Lumina
Tasting? Gewusst wie! „Tastings“ sind schwer in Mode – für Industrie, Handel und Endverbraucher gleichermaßen. Das Gute daran: der Trend ist kategorieübergreifend. Das Schlechte: Nicht immer macht der Aufbau Sinn. SpirituosenExperte Jürgen Deibel erklärt, wie es richtig geht.
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[ SPOT ON... ]
ÜBER JÜRGEN DEIBEL Sein Beruf ist seine Berufung. Seine Leidenschaft sind seit nunmehr 40 Jahren die edlen Spirituosen der Welt.
Deibel: Dafür müssen wir erst mal den Begriff „Tasting“ definieren. Es ist primär dazu gedacht, die Teilnehmer über Produkte zu informieren und die Möglichkeit zu eröffnen, diese unter fachkundiger Leitung zu degustieren und kennen zu lernen. Hier unterscheiden sich Tastings von Promotionveranstaltungen, wo es nur darum geht, den Kunden probieren zu lassen. Bei Promotions fehlt meist eine fachkundige Begleitung bzw. die Personen, die es durchführen, haben nur rudimentäres Wissen. Das ist für Promotions aber auch ausreichend, denn es geht dabei nur darum, die Ware anzupreisen und mit Marketingunterbau an den Mann zu bringen. Bei einem „Tasting“ im Fachhandel hingegen wird ein etwas tieferes Verständnis der Produkte des Vortragenden erwartet, als bei einer reinen Promotion. Hier ist Wissen um die vorgestellten Produkte gefragt, das dabei helfen soll, die Produkte zu verkaufen. Ob dieses aber wirklich tief sein muss, bleibt offen und ist auch abhängig von den erwarteten Teilnehmern. BRANNT: Gilt also: Augen auf bei der Refentenwahl? Deibel: Das ist sicher ein Faktor. Bei der Zusammenstellung eines Handels-Tastings steht oft die Auswahl des HanB R A N N T 2018
Autor, Co-Autor und Editor vieler Fachbücher und Artikel Mitglied und Dozent in vielen weltweit führenden Spirituosenorganisationen, darunter. RumXP (USA), Vodkamaster (Poland / Russia) und Consejo Regulador de Sherry y Brandy de Jerez (Spanien) Offizieller Sherry Educator. 2010 wurde er für seine Verdienste für den Cognac zum weltweit ersten „Cognac BNIC Educator“ ernannt. Über seine Deibel Consultants GmbH bietet er hochwertige Beratungen, Schulungen, Seminare und Tastings im Bereich aller Spirituosen an. www.deibelconsultants.com
dels im Vordergrund. Das ist dann vor allem durch Sondervergünstigungen im nachgeschalteten Abverkauf deutlich erkennbar. Das Tasting ist hier nicht vordergründig zur Wissensvermittlung sondern als Verkaufsunterstützung gedacht. Gleiches sieht man oft auch in Restaurants, wo es weniger um die Produkte, als um die „gute Atmosphäre“ und die Bekanntmachung des Restaurants geht. Und ganz klar: ein einfaches Hinstellen von mehreren Produkten und das Aushändigen der dazugehörigen Information aus dem Internet ist kein Tasting! Das sind „Flights“, bei denen der Gast sich selbst informieren kann, aber nicht muss! Eine Masterclass stellt da schon ganz andere Anforderungen. Hier sind nicht nur ein tiefes Verständnis der Produkte, ihrer Herstellung und Geschichte gefragt, auch die übergreifende Kategorieerfahrung (auch in Herstellung und Historie) sollten hier Standard sein. Nicht umsonst sind hier oftmals langjährige erfahrene Personen als Durchführende gefragt. Es reicht nicht aus, die Produkte in den höchsten Tönen zu loben, um dies gleich eine Master Class zu nennen! Hier sollte doch schon mehr Erfahrung vorhanden sein, als nur ein paar Besuche im Herstellungsland und die Literatur diverser Bücher. Auch ist es kein Kriterium von Erfahrung, wenn man viele Flaschen bereits selbst geleert hat! Man hat dann vielleicht einen guten Überblick über Produkte des Marktes, aber nicht notwendigerweise auch die Erfahrung, diese
einzuordnen und in den erforderlichen Kontext zu stellen. BRANNT: Was sollte ein Tasting-Leiter neben Wissen noch mitbringen? Deibel: Wichtig sollte vor allem die sprachliche Gewandtheit des Vortragenden sein. Der Vortragende ist im besten Fall kein reiner Verkäufer, sondern begleitet die Produkte, ergänzt mit Fachwissen und stellt sich selbst nicht in den Vordergrund. Das Produkt ist der Star! Oft wird heute zudem mit Powerpoint gearbeitet, nicht selten mit Bilderschauen der eigenen Reisen (zur Unterstützung der Bedeutung des Vortragenden) und dabei wird vergessen, dass zu viele Bilder schnell ermüden. Die Teilnehmer sollen Spaß haben und nicht an ihren tagtäglichen Powerpointwahnsinn im Job erinnert werden.
Foto: offenblen.de/Lys Y. Seng
BRANNT: Tastings gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Daher erstmal ganz grundsätzlich: Wie kann der Teilnehmer erkennen, ob es sich um ein professionelles Tasting handelt?