fizzz #06/24 Preview

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THE FIZZZ AWARDS Jetzt für Ihre Favoriten voten! KAFFEEBARS Von Schnell-Drehern und Langsam-Bäckern SMART DOWNGRADING Runter fahren, Umsatz retten

NASE IM WIND

JOHANNES RIFFELMACHER UND THOMAS KOSIKOWSKI VON „SALT & SILVER“ HABEN LUST AUF MEER.

GASTRO.CULTURE.NOW! # 06 JUNI 2024 # 06 JUNI 2024 EURO 8,70 · D13971 www.fizzz.de
SINCE 1903
MEININGER –

40 Saft

Die Kategorie gibt sich vielseitig, anpassungsfähig, erfrischend und entspannend.

12 Citycheck

Neueröffnungen aus München

14 Openings

Mina, Berlin; Zeitlang, München

UPDATE

16 Kaffeebars

Neue Impulse zwischen To-go-Adressen und aufwändigen Bakery-Konzepten.

20 The fizzz Awards – die Nominierten

Wir präsentieren die nominierten Konzepte und Köpfe der fizzz Awards 2024.

Business

26 Smart Downgrading

Kapazitäten auslasten, Kunden halten – FineDining-Adressen schalten einen Gang runter.

30 Salt & Silver am Meer, St. Peter-Ording

Wie sich Jo und Cozy von Salt & Silver ihren Traum vom Restaurant am Meer erfüllt haben.

36 Low & No-Trend

Über die alkoholfreie Speisenbegleitung im Düsseldorfer Setzkasten. Plus: Low/No-News.

42 Biertrend Helles

Der Aufwärtstrend des Hellen hält an.

46 Sommerdrinks

Süffig-exotische Drink-Anregungen.

48 Italien-Update

Belebende Impulse aus Bella Italia.

50 Kaffeemaschinen

Vereinfachung und Automatisierung sind die Megatrends der Branche. Plus: Kaffee-News.

54 Küchentechnik

Innovative Tools für die Küche.

56 Best of ISW 2024

Die besten Gins aus dem Meininger’s International Spirits Award 2024.

juni 2024 Coverfoto: Martin Kess # 06 JUNI 2024 EURO 8,70 D13971 THE FIZZZ AWARDS Jetzt für Ihre Favoriten voten! KAFFEEBARS Von Schnell-Drehern und Langsam-Bäckern SMART DOWNGRADING Runter fahren, Umsatz retten NASE IM WIND JOHANNES RIFFELMACHER UND THOMAS KOSIKOWSKI VON „SALT & SILVER“ HABEN LUST AUF MEER.
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Facts
16 46 50 Standards 03 Making of 05 Appetizer 58 Brand Talk & News 60 New Stuff 62 Business Online 63 Gastro-Adressen / Impressum 64 Events 66 undercover 30 # 06 24

DIE GROSSE, BUNTE SAFTAUSWAHL

Mini-Coffeeshops für den schnellen To-go-Konsum und Bakery-Konzepte mit aufwändigen CroissantKreationen geben derzeit den Ton im Kaffeebusiness an. Wir haben uns spannende Vertreter angeguckt.

Text: Benjamin Brouër & Jan-Peter Wulf

16 17 I UPDATE I KONZEPTE I
# 06 I 24
Happy auf nur 10 Quadratmetern. Rawa Amin setzt mit dem „Coffee Kioskie“ in Frankfurt voll auf Reduzierung und Effizienz.

Der Tresen des „Coffee Kioskie“ steht quasi direkt auf der Zeil, was die Kommunikation fördert.

„Ich mache nur noch Miniflächen, nichts mehr über 20 Quadratmeter“, sagt Rawa Amin, der aktuell in Frankfurt mit seinem – der Name ist Programm – „Coffee Kioskie“ für Furore und jede Menge glückliche Laufkundschaft sorgt. Sein auf To-go- oder schnellen Vor-OrtStehkonsum optimierter Miniladen liegt – dem Zweck gemäß – an einem idealen Standort: nahe der Hauptwache, in einer Erdgeschoss-Außenfläche von Galeria Kaufhof mit Ausrichtung zur Zeil. 4.000 bis 5.000 Leute schlendern hier täglich entlang – und etwa 400 davon versorgt Rawa mit seinem Team aus dem 10-Quadratmeter-Kiosk mit feinen Kaffeespezialitäten. Gut fünf Kilogramm des selbstgerösteten Kaffees gehen hier jeden Tag durch die drei Mühlen und die effektvoll platzierte Slayer Espressomaschine. Rückte die weiße Marmortheke auch nur wenige Zentimeter weiter nach vorne, stünde sie mitten auf der Zeil. „Wir wollten im Wortsinn näher an die Leute ran, Kommunikation schaffen und sie in das Thema Kaffee förmlich reinziehen“, erzählt Rawa, der sich für dieses neue Projekt von einer Menge „Ballast“ befreit hat.

SCHLANK UND EFFEKTIV

Fünf Jahre lang lud er in seine „Bohnerie“ in die Eschersheimer Landstraße. Sein Konzept aus Röstsalon und Café samt einer großen Auswahl an selbstgebackenen Kuchen kam bestens an, bis zuletzt. Die Gründe für seinen Konzeptswitch? Vielfältig! Zum einen konnte er nach einem Eigentümerwechsel vor Ort nicht mehr rösten, zum andern wurde ihm das personal- und arbeitsintensive Konzept irgendwann schlichtweg zu viel. „Was, der vegane Apfelkuchen ist schon aus?“ Ballast eben. Er verlagerte seinen Röstbetrieb, machte die „Bohnerie“ zur Dachmarke und sich gleichzeitig Gedanken darüber, wie ein erfolgreiches Kaffeekonzept heute aussehen müsste. „Ich sehe die klassische Gastronomie mit vielen Sitzplätzen nicht zuletzt durch den Personalmangel definitiv in Gefahr“, sagt er und schloss daraus seine unternehmerische, „ganz opportunistische“ Entscheidung.

Sein „Coffee Kioskie“ ist auf schlanke Prozesse, maximale Effektivität, dabei gleichzeitig aber auch auf Top-Qualität, getrimmt. Pro Stunde, so sein überschaubarer Personalschlüssel, arbeiten 1,5 Mitarbeiter im „Kioskie“. Und egal, wer dies ist – das Ergebnis im Becher ist stets dasselbe, nicht zuletzt dank externer Milchmaschinen, für die sich Rawa entschieden hat. Insgesamt also ein absolut zielgruppenorientierter und absolut wirtschaftlicher Ansatz, der zudem einen weiteren Vorteil mit sich bringt. „Dadurch dass der Zubereitungsvorgang nicht im Fokus steht, gewinnen wir Zeit für Beratung und Unterhaltung, was die Servicequalität immens steigert.“ Schlanker, weniger, einfacher – „es ist unglaublich, wie glücklich wir alle mit dem Konzept sind.“

SPECIALTY ZUM KLEINEN PREIS

Absolute Effizienz und Fokussierung auf das Mitnahmegeschäft bilden auch beim neuen Coffeeshop-Konzept „LAP“ (für „Life Among People“) den Markenkern. Ralph Hage und Tonalli Arreola haben im Spätsommer 2023 ihren ersten Store in Berlin-Mitte eröffnet, inzwischen gibt es zwei weitere Outlets der „grab & go coffee chain operating in microsize hubs“, wie es bei LinkedIn heißt. Die beiden „LAP“Gründer haben ihren beruflichen Hintergrund in der Tech-Szene: Hage arbeitete u.a. bei Delivery Hero und dem Reservierungsportal Quandoo und launchte Startups, Arreola war für die Expansion beim Lieferdienst Flink und dem Rad- und Rollerverleih Lime zuständig. Ihre technischen Skills bringen sie auch in ihr gemeinsames Café-Geschäft ein: Online können sich Gäste ihren Kaffee auf einer eigenen Micropage (https://preorder.lap.coffee) vorbestellen – entweder für gleich sofort (binnen zwei Minuten sei das Getränk fertig, verspricht man) oder für einen anderen Zeitpunkt. Auch an einer App wird gearbeitet, mit der man nicht nur bestellen, sondern auch Treuepunkte wie bei der guten alten Stempelkarte sammeln kann – digitale Kundenbindung. >

Bei „LAP“ in Berlin kann der Kaffee vorab per Microsite bestellt werden. Mitnahmequote: nahezu 100%.

# 06 I 24

die nominierten

VOTEN SIE JETZT FÜR IHRE FAVORITEN!

Der Wettbewerb um die FIZZZ AWARDS 2024 startet jetzt! In fünf der sieben Kategorien, die in diesem Jahr ausgezeichnet werden, stehen Nominierte zur Wahl. Wir präsentieren Ihnen die Top-Betriebe, die nicht nur die Fachjury, sondern auch die fizzz-Community im Online-Voting überzeugen müssen. Noch bis zum 21. Juni 2024 haben Sie die Möglichkeit, über die Vergabe der Awards mitzubestimmen, die am 16. September 2024 in der „Seifenfabrik Dr. Thompson’s“ in Düsseldorf verliehen werden.

Mehr Infos zu den Nominierten und zum Voting: VOTING.FIZZZ.DE

I UPDATE I THE FIZZZ AWARDS I NOMINIERTE I # 06 24 20 21

Trendkonzept Des Jahres

ENCHANTÉ, HAMBURG

Den Aperitivo als soziales Erlebnis möchte das kürzlich eröffnete „Enchanté“ auch im hohen Norden verankern. Die Macher der beliebten Bar „The Bohemian“ setzen bei ihrem neuen Objekt auf den Trend zur Leichtigkeit und zum gepflegten Daydrinking. Besonderes Highlight auf der Getränkekarte sind die Wineballs, weinbasierte Low-ABV-Kreationen, die den Zeitgeist zu 100% treffen. Dazu kommen Classics, Signatures sowie eine feine Auswahl an Wermuts. Die Küche reicht dazu euro-mediterrane Speisen im Family Style. www.enchante.hamburg

bar des jahres

FABELEI , BERLIN

„No speakeasy. No smoke. No bullshit.“ lautet der Slogan der Berliner „Fabelei Bar“. Anastasia und Filip Schöck-Bochenski betreiben seit 2018 ein Kleinod für Liebhaber von Aperitifkultur und familiärer Bar-Atmosphäre. Bei der Cocktailkreation bedient man sich moderner Techniken und legt besonders Wert auf eine kreative alkoholfreie Auswahl. Mit der Bistro-Küche schafft man zusätzliche Synergien, um den saisonalen Ansatz konsequenter zu verfolgen und bietet hochwertige Food-Optionen. www.fabelei.com

WINE IN THE HOOD, WIESBADEN

Das „Wine in the hood“ hat den CommunityGedanken fest in seiner DNA verwurzelt. Für einmalig 280 Euro wird man Member der Bar von Kai Kenngott und erhält ein Leben lang täglich ein Glas Wein für sich und eine Begleitung. Zudem vernetzt das Konzept die „Hood“ über zahlreiche Aktivitäten mit Partnern wie einem Fitnessstudio oder Bike-Laden, Tastings und Kulturveranstaltungen. Aber auch ohne Membership überzeugt die Community-Bar alle, die gute Weine, Aperitifs, Cheese & Charcuterie sowie Feines aus dem Meer lieben www.wineinthehood.de

THE MORGENMUFFEL, HAMBURG

Der All-day-Breakfast-Trend setzt sich landauf, landab durch, nirgendwo wird er aber so elegant, vielfältig und qualitativ hochwertig zelebriert wie im Hamburger „The Morgenmuffel“ Ob Austern und Kaviar, Eggs Benedict und Avocado-Stullen mit Feta-Mousse oder Pancakes in einer Miso-Meersalz-Karamellsauce – in mehreren Themenzimmern mit individueller Gestaltung wird eine international inspirierte Frühstückswelt geboten, Dazu um 10 Uhr morgens einen Highball oder einen Espresso Martini? Hier lösen sich Zeiten und Kontraste auf. themorgenmuffel.com

DSTRCT.ART, DÜSSELDORF

Patrick Schweiger und Kathi Niemeyer möchten einen Ort bieten, um Vielfalt zu fördern, die Nachbarschaft zu beleben und den liquiden Horizont zu erweitern. Local Artists zieren die Wände der minimalistisch gestalteten Bar und Kulturevents erweitern die Zielgruppe. Für die Cocktailkreationen ist kein Aufwand zu hoch: In der „Ghost Kitchen“ verarbeitet eine Patissière die Reste aus Rotovap & Co. zu Pralinen für die Garnitur. 80 % aller Drinks sind „ready-todrink“ und kommen u.a. direkt aus dem Zapfhahn. www.instagram.com/dstrct.art/

LOVIS BAR , BERLIN

Reduktion auf das Wesentliche, den Geschmack, ist das Credo der „Lovis Bar“. Die Backbar zieren neutrale Apothekerflaschen, und auch Namen sollen die Wahl eines Drinks nicht beeinflussen. Lediglich ein aromatisches Koordinatenkreuz beschreibt die Richtung, die 20 Signature Drinks (4 davon alkoholfrei) sind schlicht nummeriert. Das Barteam legt den Fokus auf Craft-Destillate aus dem DACH-Raum, um ein ungewohntes, vielfältiges und möglichst regionales Geschmackserlebnis zu ermöglichen. www.lovisbar.com

fotos: Enchanté, René vigneron, Nina Struve fotos: Felix Zimmermann, Kathi Niemeyer/ dstrct.art, Jan-Peter Wulf
# 06 I 24

Arbeitgeber des Jahres

RÄUBERBANDE , HAMBURG

Ronja, Zora und Oliver Klipp von der Räuberbande GmbH betreiben die „Weidenkantine“ und das „Blattgold“ in Hamburg. Ihre gemeinsame Vision: Gastronomie ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltiger zu gestalten. Ein empathisches Miteinander im Team haben sie in ihren Unternehmenswerten festgeschrieben. Ob 25 Stunden pro Woche oder zweimonatige Reisepause − die drei wollen New Work im Gastgewerbe vorantreiben und ihre Mitarbeiter so arbeiten lassen, wie diese es wollen. www.blattgold.hamburg

LIEBLINGSFAMILIE , HANNOVER

Manuel Mauritz und Chi Trung Khuu haben mit den Mitarbeitern ihrer drei Betriebe „LieblingsBar“, „Lucky7-Bar“ und „Mister Q“ die LieblingsFamilie geformt und gehen in Sachen Aus- und Weiterbildung innovativ voran. Im Rahmen ihrer LieblingsAkademie bieten sie verschiedene Dualstudiengänge wie Food Management an. Außerdem starten sie die „AusbildungsOffensiveGastro im Verbund“ und bringen 20 junge Menschen als Azubis und 10 Gastro- und Hotelbetriebe in der Region Hannover zusammen. www.lieblingsfamilie.com

Roll-out des Jahres

HEIMWERK

Mit einem Vorjahresumsatz von über 8 Millionen Euro netto starten die „HeimWerk“-Restaurants in das Jahr 2024, in dem weiterhin alle Zeichen auf Wachstum stehen: „2024 wird uns mit fünf Standorten in eine neue Umsatzregion mit deutlich über 10 Millionen Euro Netto-Umsatz bringen“, sagt Geschäftsführer Archibald Graf von Keyserlingk. Die „HeimWerk“Restaurants huldigen dem Schnitzel und seinen Freunden.

www.heimwerk-restaurant.de

FROHNATUR, KÖLN

Von null auf drei plus Onlineshop in eineinhalb Jahren als Pauline und Johannes Ipfelkofer während der Pandemie ihren Onlineshop für Naturweine eröffneten, ahnten sie nicht, dass sich daraus ein gastronomischer Roll-Out entwickeln würde: Dem Online-Angebot folgten die „Frohnatur Weinstube“ und die „Frohnatur BarBarBar“, das „Frohnatur Bistrooo“ steht vor der Vollendung. Eine Erfolgsgeschichte mit einem hochkarätigen Team für Küche und Weinkeller! www.frohnatur.wine

TORTUE , HAMBURG

„Ein Arbeitsplatz schöner als die Fantasie“ – das ist die Vision des Hamburger ErfolgsDuos Marc Ciunis und Carsten von der Heide im Tortue-Kosmos aus Hotel, Restaurants und Bars. Als Arbeitgebermarke ermöglichen sie ihren Mitarbeitenden ein Umfeld voller persönlicher Entfaltung, Vertrauen und individueller Förderung. Per Du, auf Augenhöhe, mit dem gemeinsamen Ziel, einzigartige Momente für die Gäste und sich als Team zu kreieren. Die Mitarbeiter sind für die beiden Gastro-Profis das Herz und die Seele des Hauses. tortue.de

BIRDIE & CO., DÜSSELDORF

Fünf Fullservice-Outlets und noch ganz viel vor: Laura Müller und ihr Partner Issa Rahbari führen die Objekte mit ganz viel Herzblut und Qualitätsbewusstsein. Seit acht Jahren bleiben der IT-Spezialist und die ausgebildete Sozialpädagogin ihrem Credo treu: Handwerklich hergestellten Speisen aus eigener Produktion gehört die Leidenschaft, gepaart mit einer guten Gäste-Experience – gute Stimmung und freundlicher Service sind essenziell für glückliche Kunden birdieco.de

fotos: martin Kess, Lieblingsfamilie, Tortue fotos: Silvio Knezevic, Frohnatur, sabrina weniger I UPDATE I THE FIZZZ AWARDS I NOMINIERTE I # 06 24 22 23

GReen Management des Jahres

HAPPA , BERLIN

Sophia Hoffmann, vegane Köchin und Kochbuchautorin, und Nina Petersen, Projektmanagerin für nachhaltige Themen, haben mit ihrem Restaurant „Happa“ einen Ort geschaffen, an dem soziale und ökologische Wertschätzung großgeschrieben werden. Zentrale Leitbilder sind der Zero-Waste-Gedanke und eine nachhaltige und faire Arbeitsweise. Kriterien, die sie auch an ihre Partner anlegen, von den Team-Shirts über Lebensmittel und Getränke bis hin zu Tassen, den Möbeln und der Brand-Agentur. happa-berlin.com

KÜCHENFREUNDE , HAMBURG

In der Küchenfreunde-Gastrofamilie von Hannes Schröder mit sieben Restaurants und Bars sowie einer Catering-Sparte wird das Konzept „From Farm to the Table“ täglich gelebt. Leidenschaft, Respekt für die Natur und Regionalität sind die Grundpfeiler. Ein Teil der Zutaten, darunter Kräuter, Kartoffeln, Obst und Gemüse, kommt vom elterlichen Kastanienhof in der Lüneburger Heide mit 28 Hochbeeten und eigenem Obsthof. Den Rest bezieht das Team von angeschlossenen Höfegemeinschaften. www.kuechenfreunde.net

STAIRS BAR , BERLIN

Einer nachhaltigen Trinkkultur, die Innovation und Umweltschutz vereint, hat sich Konstantin Hennrich mit seiner „Stairs Bar“ verschrieben. Die neueste Initiative heißt „Future Drinks?!“: Jeden Monat erhält die Bar eine Box mit gerettetem Obst und Gemüse, aus dem das Team einzigartige Drinks kreiert. Das minimiert den ökologischen Fußabdruck und lässt die Gäste stets neu in eine Welt ungeahnter Geschmacksmöglichkeiten eintauchen. Das ist Nachhaltigkeit ohne Kompromisse bei Geschmack und Genuss. stairsbar-berlin.com

PRÄSENTIERT VON:

foto: Zoe Spawton, fotorafie design herr-havermann, Stairs Bar # 06 I 24

Gestiegene Kosten, die Rückkehr zu 19% Mehrwertsteuer, zurückhaltende Gäste: Insbesondere die gehobene Gastronomie tut sich aktuell schwer damit, Kapazitäten auszulasten und Kunden zu halten, hat sie doch gleichzeitig hohe Ansprüche an Produkt und Performance zu erfüllen. Liegt die Lösung im DOWNGRADING ?

Text: Jan-Peter Wulf

Das Berliner „Nobelhart und Schmutzig“ (ein Michelin-Stern) hat kürzlich sein Menü verkleinert, auch um den Endpreis für die Gäste senken zu können, und bietet nun zwei Seatings an. Das „Pars“ in Charlottenburg setzt neuerdings auf à la carte und am Wochenende auf Pasta. In Hamburg eröffnete das „Glorie“ – nicht als neues Restaurant, sondern als Casual-Alternative des ZweiSterne-Restaurants „100/200“, das dessen Gäste statt des Fine-Dining-Menüs wählen können. Auch die Kollegen aus den Berliner Fine-Dining-Konzepten „Irma la Douce“, „Faelt“, „Horváth“ und dem „Cordo“ reagierten – Letztere gar mit einem komplett neuen Gastrokonzept. Wir haben uns erklären lassen, wie man vonstatten ging – und was sich seitdem verändert hat, fürs Team, für die Gäste und für den Umsatz.

IRMA LA DOUCE: MEHR ZUGÄNGLICHKEIT

Für Jonathan Kartenberg stand schon im Sommer 2023 fest: Er muss etwas tun. Sein

Restaurant „Irma la Douce“, das 2019 eröffnete und 2021 einen Michelin-Stern erhielt, brauchte mehr Auslastung und eine Anpassung an ein sich veränderndes Publikum –auf den Grad der Internationalität, den es zu Vor-Corona-Zeiten noch erreichte, kam es nicht wieder. Die Zeiten für die gehobene und besternte Gastronomie sind hart. „Wenn man eine Küche wie im Jahr 2022 anbieten will, dann ist das finanziell für einen frei wirtschaftenden Betrieb (heißt ohne großes Unternehmen oder Investoren dahinter, Anm. d. Red.) nicht mehr zu stemmen, weil die Gäste es einfach nicht mehr bezahlen.

Das „Irma la Douce“ sollte daher zugänglicher werden, ohne dabei seine Qualität einzubüßen. Das aktuelle Spargelmenü schafft den Spagat: Der Spargelsalat kommt knackig mit Kiwi und Mimolettekäse daher, gefolgt von einem aromatischen Pot au feu mit gebeiztem Eigelb und klassischem SpargelHauptgang mit Sauce Hollandaise, dazu wahlweise Loup de mer, ausgebackenes Lammkarree oder Entrecôte. Vier Gänge für

26 27 # 06 I 24 I BUSINESS I STRATEGIE I

SMART DOWNGRADING

99 Euro, und alles ist auch, wie schon immer hier, à la carte bestellbar. So ein Spargelessen wäre 2023 nicht denkbar gewesen, so Kartenberg: „Dafür hätten wir uns viel zu sehr am Stern festgehalten.“ Ein Gemüse, das gleich dreimal hintereinander auftaucht, hätte nicht in die Gourmetschiene gepasst. Dass man sich davon gelöst hat, empfinde nicht nur er, sondern auch sein Team, zu dem nun auch zwei Auszubildende gehören, als sehr befreiend. Das GesamtPreisniveau konnte man leicht senken, indem teure Zwischengänge wie etwa ein Rochenflügel mit Kaviar von der Karte verschwanden und dafür günstigere Alternativen hinzu kamen. Von Küchenchef Michael Schulz übernahm Francesco Contiero aus dem Team des „Eins44“ den leitenden Posten. Ihm gelang es, den Stern des Hauses zu verteidigen. „Ich bin froh, dass der Stern geblieben ist“, so Kartenberg, „aber wäre auch bereit gewesen, ihn zu verlieren. Wir wollen für Menschen kochen, nicht für Auszeichnungen.“ Was „Irma la Douce“ im Sommer mit einem entspannten MittelmeerMenü unterstreichen will.

Jonathan Kartenberg:

„Wir machen immer noch einen guten Job, aber wir machen ihn anders.“

FAELT: MENÜPREIS RUNTER, DURCHSCHNITTSBON RAUF

In der Zeit um den Jahreswechsel, als die meisten Restaurants vor dem Hintergrund der Mehrwertsteuer-Rückkehr zu 19 Prozent nach oben anpassten (laut Dehoga-Umfrage waren es rund drei Viertel der befragten Betriebe), ging Björn Swanson in seinem „Faelt“ in die Gegenrichtung: Von 134 Euro senkte er den Menüpreis auf 99 Euro, vier Gänge gibt es sogar schon für 79. Alle Gänge sind fortan komplett vegetarisch, Fisch und Fleisch können bei verschiedenen Gängen optional dazu gebucht werden. „Wir hatten ja vorher schon meist nur einen Gang mit Fisch oder Fleisch, insofern war das kein allzu großer Schritt für uns“, erklärt der Koch und Gastronom. Jedoch einer, mit dem er die besonders stark gestiegenen Preise für tierische Produkte aus der Basiskalkulation herausnehmen kann. Swanson: „Wir sind ein Kiezrestaurant und haben viele lokale Gäste, die aufs Geld achten müssen.“ Anders als Tim Raue oder Marco Müller vom einzigen Berliner Drei-Sterne-Restaurant „Rutz“ profi-

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Fotos: Stock.adobe.com/ Nastudio, robert Schlesinger, wibesAgentur, JoshaLohrengel
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BOCK AUF MEER

Ein Pfahlbau am Strand, ein Restaurant mit Weitblick. In St. Peter-Ording haben Cozy und Jo 2022 ihr SALT & SILVER am Meer eröffnet. Ein Sehnsuchtsort mit Tücken. Wie läuft’s draußen am „São Pedro“?

Text: Regine Marxen, Fotos: Martin Kess

„Warum sollte ich mich jeden Tag um neun Uhr durch Sturm und Regen hierhin bewegen, um 250 Kilo Fisch nach oben zu schleppen? Nur, weil es nach außen schön aussieht?“ Johannes Riffelmacher schüttelt den Kopf. „Nein, das macht man nur, wenn man richtig Bock darauf hat.“ Bock auf ein Restaurant am Meer. Nicht in Portugal, wie er und Thomas Kosikowski es mal geplant hatten, sondern in einem Pfahlbau an der wilden Nordsee in St. Peter-Ording, von den beiden liebevoll São Pedro genannt. Dort regnet und stürmt es nicht immer, und nicht jeden Tag warten Unmengen von Fischen darauf, in den Lager- und Kühlraum geschleppt zu werden. Aber Johannes’ Worte bringen es ganz gut auf den Punkt: Dieser Ort hat seine Eigenheiten – und hält für Gastronomen auch manche Herausforderung bereit.

Doch bevor wir darauf eingehen, kommt hier eine kleine Richtigstellung. Johannes heißt eigentlich nicht Johannes, sondern Jo, und sein Freund und Geschäftspartner Thomas Kosikowski wird von allen Cozy genannt. Jo und Cozy sind so etwas wie die Simon & Garfunkel der Gastronomieszene. Allerdings zofften sich die beiden Musiker in den 1980er Jahren wegen ihrer Tantiemen. Die Kochkünstler hingegen haben extra Prozesse im Team geschaffen, um Zwist und Frust zu vermeiden. Zum Beispiel ein jährliches Meeting, das Lagerfeuer, bei dem das Führungsteam um Cozy und Jo berichtet, wie es ihnen geht und was man besser machen könnte. „Ich stelle mir in diesem Rahmen immer die Frage, ob ich noch glücklich bin mit dem, was ich tue“, sagt Cozy. „Und bisher habe ich das immer bejahen und mit der Lage meinen Frieden machen können.“

Die Lage. Die sieht von außen aus wie eine große Erfolgsstory, die sich aus starken Begriffen wie Träume, Freundschaft und Ehrlichkeit nährt. Vor zehn Jahren begann Cozys und Jos gemeinsame Reise in die Küchen dieser Welt. 22 Länder, zwei Kochbücher, eine ZDF-Dokuserie und drei Restaurants markieren ihren Weg. Das dritte Kochbuch ist gerade erschienen (siehe Kasten S. 33). Es vereint Storytelling mit Sehnsuchtsbildern und Rezepten und legt den Fokus auf ihr 2022 eröffnetes, neuestes Restaurant: das Salt & Silver am Meer. Die beiden haben ein stabiles Markenkonstrukt geschaffen. „In der Ret-

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„AM ANFANG STEHT IMMER DAS GERICHT“

Eine alkoholfreie Begleitung gehört in Fine Dining-Konzepten fast schon zum Muss – insbesondere, wenn der Business-Lunch eine wichtige Rolle spielt. Wir haben uns angesehen, wie das Düsseldorfer Restaurant „Setzkasten“ die Herausforderung exemplarisch umsetzt und mit Sous-Chefin Jil Berres gesprochen, die die 0,0-Begleitung entwickelt hat.

Text: Tim Allgaier

I FACTS I LOW & NO ALCOHOL I # 06 24 36 37

Oben: Der Rhabarberbitter zum Aperitif wird schäumend am Tisch serviert.

Rechts oben: Zum Hummer wird eine alkoholfreie Verjus-Margarita mit Kaffirlimettenblättern serviert. Die Aromen von Verjus und Kaffirlimette finden sich auch im Gericht wieder.

Rechts unten: Die alkoholfreie Begleitung bietet einen erfrischenden Kontrapunkt zum deftigen Gericht und überrascht optisch und haptisch mit aromatischen Stücken der Kaffirlimettenblätter.

Ein Restaurant im Untergeschoss eines großen Supermarkts – das klingt erst einmal alles andere als exklusiv, sondern eher nach Imbissbude. Ganz anders im „Setzkasten“ im Edeka Zurheide in zentraler Lage von Düsseldorf. Hier erstreckt sich ein Feinkostparadies auf zwei Etagen mit diversen Gastronomiekonzepten wie einer Champagnerbar nebst exklusiver Flaschenauswahl zum Mitnehmen.

Der „Setzkasten“ – die Fine Dining-Sparte des Hauses – konnte 2020 als erstes Restaurant in einem Supermarkt einen MichelinStern ergattern und damit bundesweit Schlagzeilen machen. Vergangenes Jahr, nach einem Wechsel in der Küche, musste man den Stern wieder abgeben und arbeitet nun nach einem auch optischen Relaunch daran, wieder in die Erste Liga aufzusteigen. Wichtiger Faktor dabei: die alkoholfreie Speisenbegleitung, die aus der Küche heraus in Zusammenarbeit mit dem Sommelier-Team entsteht.

VON SAFT ZU SELFMADE

„Die Gerichte stehen immer am Anfang“, erläutert Sous-Chefin Jil Berres, die federführend für die alkoholfreie Begleitung verantwortlich ist. „Wir versuchen, immer ein bis zwei Komponenten aus dem Gericht in die liquide Begleitung einfließen zu lassen.

Beim Hummer etwa kommen Verjus und Kaffirlimettenblätter zum Einsatz, die wir in unserer alkoholfreien Margarita-Variante integrieren.“ Ein spannender Drink, der durch die feine Säurestruktur einen Kontrapunkt zum fetten Hummer liefert und mit einem ätherischen Kick überrascht, wenn eines der losen Blätter (versehentlich oder absichtlich) in den Mund gerät.

Vor der Wiedereröffnung hatte man im „Setzkasten“ auch bereits eine alkoholfreie Begleitung, die sich vor allem aus Säften und Fruchtseccos von Van Nahmen speiste,

doch der Anspruch war von Anfang an, die Getränke besser auf die Gerichte abstimmen und die Gäste stärker begeistern zu können, meint Jil Berres. An Rohstoffen steht ihr ein nahezu unbegrenztes Angebot zur Verfügung. Das Restaurant ist auch betrieblich dem gigantischen Feinkostmarkt angegliedert, so kann sich die Küche unbürokratisch durch das Sortiment probieren und der Kreativität spontan freien Lauf lassen. Ohne natürlich auf exklusivere Zutaten und Sonderwünsche verzichten zu müssen.

BOOZEFREE BUSINESS

Für die Sous-Chefin sind es besonders vielfältige Tee-Variationen, die als optimale Basis für viele der Getränke dienen. „Es geht hierbei viel um unterschiedliche Temperaturen, die das jeweilige Aroma perfekt in Szene setzen. Man muss jede Menge ausprobieren und viel Zeit einplanen – der weiße Tee für den Shiso-Eistee zieht etwa bei geringen Temperaturen eine ganze Nacht. Mit allen Komponenten kann die Herstellung eines Getränks schon einmal mehrere Tage in Anspruch nehmen.“

Der Aufwand lässt sich nicht direkt in Marge ummünzen – mit 29 € am Mittag und 49 € am Abend ist die alkoholfreie Begleitung um zehn bzw. 30 € günstiger als die konventionelle Weinbegleitung. Doch die Nachfrage und der Zuspruch rechtfertige die Mehrarbeit: „Gerade mittags haben wir aufgrund unserer Lage sehr viele Geschäftsleute als Gäste, die die Möglichkeit schätzen, eine hochwertige alkoholfreie Alternative genießen zu können, wenn sie hinterher noch arbeiten müssen.“ Aber auch am Abend sei die Nachfrage – insbesondere unter jüngeren Gästen – höher als zunächst erwartet.

WECHSELN ERLAUBT!

Besonders geschätzt wird die Möglichkeit, von Gang zu Gang zu entscheiden und nicht auf eine starre Begleitung festgelegt zu sein. Das fängt bereits beim Aperitifwagen an: Drei offene Champagner-Qualitäten, ein alkoholfreier Secco von Van Nahmen und ein hausgemachter, saisonaler No ABVAperitif stehen zur Auswahl. Letzterer etwa aktuell in Form eines Rhabarberbitters, der effektvoll am Tisch aus dem Isi-Siphon serviert wird und mit feinporiger Schaumkrone begeistert. Stickstoff und Kohlensäure sorgen für ein volles und gleichzeitig beinahe flüchtiges Mundgefühl – ein perfekter, appetitanregender Einstieg in ein Genussmenü.

„Hierbei ist die Abstimmung und das Feedback mit dem Sommelier-Team besonders wichtig, um das optimale Gästeerlebnis zu schaffen“, so Jil Berres. „Zum Beispiel bei der Kalamansi-Limonade, die wir zum Lamm servieren, hat der Service erst angeregt, dass wir sie mit Kohlensäure versetzen, um das Aromenempfinden zu verstärken. Das hat den Drink und die Speise gleichermaßen nochmal auf eine neue Ebene gehoben.“ i

fotos: sascha perrone, redaktion # 06 I 24

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