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DELPHINE DIJOUD Luftfahrtingenieurin

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FUSSNOTEN

FUSSNOTEN

Innovatorin in der Luftfahrtbranche und Mentorin für Ingenieurinnen von morgen

DELPHINE DIJOUD

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LUFTFAHRTINGENIEURIN

IN FRANKREICH IST NUR EINER VON FÜNF INGENIEUREN eine Frau. Doch

Delphine Dijoud hat es nie gestört, dieser Minderheit anzugehören, denn sie ist eine Frau, die selbst den Takt vorgibt. Nach ihrem Abschluss als eine der wenigen Frauen an Les Mines, der berühmtesten Ingenieurschule in Frankreich, versuchte sie sich in unterschiedlichen Branchen von Automobil bis zu Luxusparfüms und landete schließlich in der Luftfahrt. Ihr Führungspotenzial zeigte sich schnell und so bekam sie eine Stelle in einer Firma, die sie in jedem ihrer Karriere schritte unterstützte – eine ganz andere Geschichte als die, die wir über Frauen in von Männern dominierten Branchen gewöhnlich hören. Wir treffen uns an einem Herbstwochenende zu einem Tee und diskutieren über ihren schnellen Aufstieg in eine Führungsposition, das Problem der Gleichstellung am Arbeitsplatz und die Hindernisse, auf die Frauen in der Luftfahrtbranche nach wie vor stoßen.

Wolltest du als Kind schon Ingenieurin werden? Nein, ich wollte Ärztin werden! Mich interessierte der wissenschaftliche und der menschliche

Aspekt an der Medizin, aber dann wurde mir klar, dass ich nicht täglich anderen Menschen schlechte Nachrichten überbringen kann. Glücklicherweise war ich gut in Naturwissenschaften und Mathe und wollte immer genau wissen, wie Dinge funktionieren. In meiner Familie wurde großer Wert auf eine akademische Ausbildung gelegt, aber man ließ mich über meine Karriere selbst entscheiden. Dafür bin ich sehr dankbar.

Warum bist du dann in die Luftfahrt gegangen? Ich habe mich für technische Produkte interessiert und stieß irgendwann auf ein Stellenangebot in einem Luftfahrtunternehmen. Zwar hatte diese Branche den Ruf, extrem maskulin zu sein, aber der Einstellungsprozess war für mich nicht anders als für einen Mann. Das verdiente meine

Hochachtung. Bei allen Gesprächen und Kontakten mit den Teams, mit denen ich arbeiten sollte, traf ich auf Menschen, die eine echte Leidenschaft für das Thema hatten und offen für mich als

neue Mitarbeiterin waren, obwohl ich einen eher atypischen Hintergrund hatte. Und als ich dann den Job bekommen hatte, erkannte ich, dass diese Branche wirklich hochinteressant ist – aus einer strategischen und technischen Perspektive, aber auch in Bezug auf ihre globalen Auswirkungen.

Man erkannte schnell ein Talent, das sich zu beobachten lohnt. Wie hat sich das ergeben? Nach zwei Jahren wurde das Unternehmen umstrukturiert und mein Vorgesetzter bot mir eine neue Position an. In einem riesigen Unternehmen wie diesem sind Beförderungen und Positionsän derungen nicht an der Tagesordnung. Daher hatte ich von da an nicht mehr die Zeit, nachzudenken od er mich umzuschauen. Ich war auserwählt (im guten Sinne) und motiviert. Und in der stellvertretenden technischen Direktorin hatte ich eine gute Mentorin. Sie hat mir viel beigebracht und ist se hr fordernd. Ich musste ihr immer beweisen, dass sich ihre Investition in mich gelohnt hat. Ich schätze, das ist mir gelungen, denn sie hat mich in meiner weiteren Entwicklung sehr unterstützt.

Was hat zu deiner Motivation beigetragen? Es gab eine schwierige Zeit in meinem Privatleben, als ich mich scheiden ließ. Es war offensicht lich, dass es mir nicht gut ging. Der Leiter der Personalabteilung hat damals mit mir verschiedene As sessments und Gespräche geführt – aber er hätte mich auch einfach vor die Tür setzen können. Das Unternehmen wusste, wie es mich durch meine schlechte Zeit leiten musste. Man wollte mich einfach nicht gehen lassen.

Was für ein Gefühl ist es, als ein so wertvoller Mitarbeiter zu gelten? Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass das nicht auch ein Dilemma ist. Natürlich ist es wunder bar, auf diese Weise wertgeschätzt zu werden, aber dadurch habe ich nicht wirklich eine Wahl. D a w ird einer Frau eine großartige, wichtige Position angeboten. Aber ist es wirklich das, was ich tun möchte? Ich möchte mich nicht grundlos quälen müssen, sondern meinen eigenen Weg gehen. Und es ist eine Frage der Balance: Solche Positionen sind nie stressfrei.

Du bist für die Entwicklung von Zukunftskonzepten zuständig. Ist das die Position, die du ausfüllen möchtest?

Ja, aber mir wurde auch eine andere Rolle angeboten [sie lacht]. In dieser Rolle liegt mein Schwer punkt sehr auf Innovation und Agilität. Es braucht aber Jahre, bis Ideen umgesetzt werden – schließlich sind wir in Frankreich. Das ist motivierend, aber sehr zeit- und kraftaufwändig.

Warum sagst du, dass die Dinge Jahre brauchen, um umgesetzt zu werden? Das liegt an unserem Skeptizismus (»Ja, aber ...«), der alles verlangsamt. Wir schauen mehr auf die Risiken als auf die Möglichkeiten und überdenken Konzepte immer wieder, statt sie einfach zu testen. Wenn ich sehe, wie diese Arbeit in den USA verläuft, dann ist das frustrierend. Auf der anderen Seite ist die französisch-amerikanische Zusammenarbeit in unserem Bereich sehr eng, sodass der eher unternehmerische, risikobereite Ansatz sich mit einer vorsichtigeren Vorgehens

weise vereint.

Du l eitest ein sehr großes Team. Magst du es, Managerin zu sein? Zuerst habe ich ein Team von Hundert Mitarbeitern geleitet, aber heute habe ich auch repräsen tative Aufgaben. Daher habe ich weniger Zeit, mich täglich um meine Mitarbeiter zu kümmern, wa s mich frustriert. Die Arbeit im Team ist wichtig für mich und aus dem Austausch mit anderen gewinne ich sehr viel Energie. Ich könnte nicht einfach ruhig in einer Ecke arbeiten. Wir arbeiten an komplexen Problemen, für die kollektive Intelligenz benötigt wird. Meiner Meinung nach ist es wichtig, den Mitarbeitern zu zeigen, dass sie nicht nur eine Nummer, sondern ein wichtiger Bestandteil sind und Dinge bewirken können. Ich bin gespannt, wie es für mich weitergeht.

Welche Bedingungen hat dein Unternehmen für Frauen geschaffen, die Interesse an dieser Branche haben?

Dieses Thema hat Priorität. Das Unternehmen arbeitet mit einer Organisation zusammen, die die Rollen präsentiert, die Frauen in der Branche spielen können. Außerdem haben wir das Gleich stellungsprogramm im Unternehmen überarbeitet. Dabei haben wir erkannt, dass das Gehalt nicht me hr die wichtigste Frage ist, sondern dass wir uns um die tückischen Barrieren kümmern müssen wie die Frage, ob wir wirklich ausreichend hochprofilierte, hochsichtbare Positionen für Frauen anbieten. Unabhängig davon, welche Work-Life-Balance mit diesen Rollen [verbunden ist], muss die Personalabteilung Frauen solche Stellen anbieten – auch Frauen mit Kindern. Darüber hinaus haben wir in der Arbeitsgruppe noch die Frage behandelt, wie leicht Männer bestimmte Rollen übernehmen, auf die sich Frauen noch nicht einmal bewerben. Die Hindernisse werden nicht nur

von den Unternehmen gelegt, sondern kommen von allen Seiten. Daher müssen wir unbedingt eine Umgebung schaffen, die langfristige, nachhaltige Veränderungen unterstützt.

Du bist scheinbar beruhigt darüber, dass das Unternehmen in dieser Hinsicht recht fortschrittlich ist. Ehrlicherweise hat sich das Denken enorm verändert. Als ich ins Unternehmen kam, wurde ein Raum voller Menschen noch mit Guten Tag, meine Herren begrüßt. Heute streben wir nicht nach absoluter Gleichstellung, sondern nach Proportionalität. Wir können keine 50-Prozent-Quote erfüllen, wenn in den Ingenieurschulen nicht einmal so viele Frauen angemeldet sind. Anderenfalls wäre das positive Diskriminierung. Und das gefällt mir gar nicht.

Wie engagierst du dich außerhalb des Büros für das Thema Gleichstellung? Ich arbeite für die Organisation Frateli, die sich für herausragende Studierende mit unterprivilegiertem Hintergrund einsetzt. Wir leiten sie an und betreuen sie, bis sie mit dem Arbeitsleben be ginnen. Das ist eine wichtige Aufgabe. Und bei meiner Arbeit bin ich Botschafterin des Unternehmens an unterschiedlichen Schulen und Universitäten und kann [Schüler und Studierende] be i ihren Überlegungen in Bezug auf ihren Berufsweg unterstützen. Das bezieht sich nicht nur auf Frauen, aber offensichtlich sprechen mich weibliche Studierende selbstverständlicher an. Und dann erkenne ich, dass es auf Ausbildungsebene noch viel zum Thema Gleichstellung und Parität zu tun gibt.

Bist du ein Rollenvorbild für andere Frauen, denen du zeigen kannst, dass eine Führungsposition in der Luftfahrt für sie erreichbar ist?

Wir hatten zwar schon eine Frau als Geschäftsführerin, aber niemals eine Frau, die für die

Produktion oder die technischen Teams verantwortlich ist. Es gibt also immer noch Führungs positionen, die von Frauen ausgefüllt werden können, wenn diese es denn wollen. Meinen eigenen Be itrag sehe ich in meiner Arbeit mit den Studierenden und auch mit meinem Team, das ich in seiner Entwicklung unterstützen kann. Das ist genau das, was ich am Management so mag. Ich erinnere mich an eine junge Frau, die unglaublich zurückhaltend war. Wir haben viele Gespräche darüber geführt, was sie tun möchte, und ich konnte ihr helfen, sich neu zu orientieren. Danach ist sie einfach aufgeblüht. In diesem Fall kann ich sagen: »Das war hilfreich!« Aber ich möchte nicht so weit gehen, mich als Rollenvorbild zu bezeichnen. Ich stelle meine Legitimität jeden Tag infrage und seit ich meine Position innehabe, tue ich das sogar noch viel mehr. Natürlich ist das das Problem aller Frauen.

Wo muss noch einiges geleistet werden? In zwei Bereichen: Meiner Meinung nach haben sich die Medien in den letzten Jahren sehr bemüht, Geschichten über Unternehmerinnen und Chefinnen zu veröffentlichen, und dabei Frauen in Wirtschaft und Technik vernachlässigt. Aber Frauen müssen in allen Bereichen sichtbar sein. Deshalb muss sich in diesem Bereich unbedingt etwas ändern. Außerdem müssen die Inge nieurschulen mehr Bewerberinnen zulassen – es gibt genug auf dem Markt, die es verdienen! Die potenziellen Studentinnen müssen frühzeitig angesprochen werden und man muss ihnen verdeutlichen, dass das akademische Umfeld für alle da ist.

Zuhause in Paris

DEIN VON EINER FRAU GEFÜHRTES LIEBLINGSGESCHÄFT?

Le Servan mit Tatiana und Katia Levha als Inhaberinnen. Ich liebe ihre asiatisch angehauchte Küche, die unvergleichlichen Zutaten und die gemütliche Atmosphäre.

WA S T U S T D U , W E N N D U A L L E I N S E I N M Ö C H T E S T ?

Mindestens alle zwei Monate gönne ich mir eine Entspannungsmassage. Das ist zum Beispiel eine Thai-Massage bei Ban Sabai oder Calma Paris, wo von deiner Stimmung abhängige Massagen angeboten werden.

WAS ZEIGST DU EINER AN NATUR- UND INGENIEURWISSENSCHAFTEN INTERE S S I E R T E N F R E U N D I N ?

Ich gehe mit ihr ins Musée des Arts et Métiers und ins Palais de la Découverte im Grand Palais (siehe oben). Dort werden herrliche wissenschaftliche Experimente gezeigt, die häufig von Promovierenden durchgeführt werden.

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