DEAR Magazin 3|2017 | Peter Zumthor

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Nr. 3/ 2017 — 8,5 0 Euro

1 7 5 JA H R E R IVA R A FA E L H O R Z O N

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D IR T Y W H IT E C U BE IN B R Ü S S E L H IE R F OTO G R A F J U E R G E N T E L L E IE R T R Y V E S S A IN T L AU IN M A R R A K E S C H R E N T

Architektur

F E R IE N H AU S VO IN T E R V IE W : S T U N F R E A K S D IO J O B

Design

BÜRO 3000

Dossier

WA S M IR L IE B IS

Peter Zumthor ILLUSTRIERTE FÜR DESIGN UND ARCHITEKTUR

HEINZE

DEAR


Soft Modular Sofa Developed by Vitra in Switzerland, Design: Jasper Morrison Ihren Vitra-Fachhändler finden Sie unter www.vitra.com/handel


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EDITORIAL

Dear to Me lautet der Titel der großen Ausstellung von Peter Zumthor im Kunsthaus Bregenz. Welch Koinzidenz! Dass wir wieder einen Mann mit Bart auf dem Titel haben, ist die andere Seite der Medaille. Wir sehen uns jedoch durchaus als feministische Redaktion. Daher gibt es hinsichtlich des Gesichtshaars auch keine Ressentiments in unseren Reihen. Gutes Sitzen, helles Licht und durchdachte Räume sind ohnehin geschlechtsneutral schön. Wie unsere Arbeitswelt aussieht, haben wir uns auch gefragt und dabei in die Gegenwart und Zukunft geblickt. Wer hätte gedacht, dass Arbeit immer mehr nach Spaß aussehen und letztlich ein Privileg werden könnte? Dass Spaß im Umkehrschluss nicht nach Arbeit aussehen muss, zeigen 175 Jahre Riva. Und wie die Welt eigentlich funktionieren sollte, hat uns Rafael Horzon erklärt. Der Herbst, liebe Leser, ist für die Profis unter Ihnen die Zeit, in der man bereits das Jahr resümiert – jetzt passiert ja nicht mehr viel. Im Ergebnis? Alles prima und genau das, was uns lieb ist.

Foto: Cyrill Matter, 2017

Ihr Stephan Burkoff

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IMPRESSUM

WWW.HEINZE-DEAR.DE Publisher

Geschäftsführer

Chefredakteur Editorial Director Art Direction & Layout Redaktionsleitung Redaktion

Lektorat Autoren Fotografen

Konzept & Realisation

Gesamtvertriebsleiter Leiter Medienproduktion Druck Zeitschriftenvertrieb

Titelbild: Cyrill Matter, 2017

Danke an

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HEINZE GmbH Das führende Bauportal für Produktinformationen, Firmenprofile und Architekturobjekte Dirk Schöning Bremer Weg 184 29223 Celle www.heinze.de HEINZE GmbH ist ein Unternehmen der DOCU Group / www.docugroup.de Stephan Burkoff (V. i. S. d. P.) Jeanette Kunsmann Nils Sanders / BÆUCKER SANDERS GmbH Katharina Horstmann Tim Berge (tb), Julia Bluth (jb), Jana Herrmann (jh), Markus Hieke (mh), Claudia Simone Hoff (csh), Norman Kietzmann (nk), Tanja Pabelick (tp) Anja Breloh, Christa Melli, Dr. Roland Kroemer Niklas Maak, Max Scharnigg, Anne Waak Iwan Baan, Hélène Binet, Adriano Biondo, Loek Blonk, Adrià Cañameras, Laurent Clement, Jules Couartou, Thomas Dashuber, Johan Dehlin, Maxime Delvaux, Filip Dujardin, Damir Fabijanic, Pierpaolo Ferrari, Albrecht Fuchs, José Hevia, Rene van der Hulst, Valentin Jeck, Gerhardt Kellermann, Jan Kempenaers, Younès Klouche, Annette Kuhls, Ezio Manciucca, Nicolas Matheús, Cyrill Matter, Rolf Mauer, Julia Maria Max, Dennis Mueller, Stefan Müller, Jose Manuel Pedrajas Luis, Eduardo Perez, Lisa Petrole, Wilfried Petzi, Jussi Puikkonen, Nico Saieh, Markus Tretter, Gustav Willeit Mitte Rand UG, Verlag für Inhalt & Kontraste Marienstraße 10, 10117 Berlin www.mitte-rand.de / mail@mitte-rand.de Jörg Kreuder Ulrich Schmidt-Kuhl Vogel Druck, Leibnizstraße 5, 97204 Höchberg MZV GmbH & Co. KG, Unterschleißheim Peter Zumthor und das Atelier Peter Zumthor, Marina Frick, Martina Feurstein, Silke Kellner-Mergenthaler, Helena Zedig sowie das Kunsthaus Bregenz und die Fondation Beyeler; Cornelia Gockel, Gabriella Gianoli, Marion Hämmerli, Georg Maurer, Claudia Neumann, Anne Polch-Jahn, Anna Weidemann; Susanne Bail, Nadine Bartels, Wiebke Becker, Christiane Faller, Petra Frerichs, Ulrike Hilck, Melitta John, Mathias Kutt, Michael Lang, Bärbel Rogge, Andrea Sammartano, Michael Sülzer, Sabine Wunsch; Daniela Lürßen, Daniela & Ralf Schlagmann, Melanie, Charly, Peeke, Anton, Bjarne und Jasper

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der Vervielfältigung, kein Teil dieses Magazins darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags Mitte / Rand reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.


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Weltweit exklusiv: der Schalterklassiker LS 990 in den 63 einzigartig matten Les CouleursÂŽ Le Corbusier Farben.

JUNG.DE


INHALT

DESIGN Editorial Impressum Contributors

7 8 12

DOSSIER

Interview: Studio Job

16

Japanismus am Zürichsee AFGH: Anbau an einen Umbau

24

Selbst bauen im Surferparadies Studio Selva auf Montage

33

Strandschachtel Sommerhaus von FREAKS

37

Borgo auf Beton GGA gardini gibertini architetti

42

Porträt: Pur, aber mit i!

51

Systemmöbel aus München Formsache: Rosy Starck Kolumne von Max Scharnigg

Büro 3000 Ein Kurzessay

64

Alle Neune Neue Bürokonzepte aus neun Städten

66

Katalanische Kollaboration Studio Maio im Gespräch

78

Office Summit in Bilbao Wir könnten hier alle sofort zusammen ein Büro eröffnen und wären erfolgreich

87

Everything Connects

104

Eine Learning Journey nach New York und San Francisco 61

37

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16


ARCHITEKTUR

MAGAZIN

Was mir lieb ist Peter Zumthor im Interview

110

Rafael Horzon Das große Interview fast ohne Superlative

162

Hier fotografiert Juergen Teller Studio von 6a architects

127 170

135

Diva aus Glas und Holz Die Sammlung Goetz von Herzog & de Meuron wird 25

Dirty White Cube MAD in Brüssel

138

Zuhause in der Kunst Gil Bronner, Düsseldorf

176

Dämmbeton in den Dolomiten Innerer Monolith Haus Grau von AMUNT

141

Moden von Gestern: Cord Kolumne von Anne Waak

181

Alles für Yves YSL-Museum in Marrakesch

146

175 Jahre Riva Eleganz auf dem Wasser

182

Hands-On Rahmenbedingungen unter Strom

158

Mit A nach B Die letzte Kuppel Italiens Kolumne von Niklas Maak

192

Kalender Bücher Und morgen?

196 200 202

181

66

170

127


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ANNETTE

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KUHLS

GERHARDT KELLERMANN

NORMAN

Aus Stuttgart ist der Fotogra-

Bei Gerhardt Kellermann weiß

Norman Kietzmann erfreut Sie

fin Annette Kuhls kein Weg zu

man gar nicht, wo man ein-

und uns seit vielen Jahren mit

weit, um für uns die passenden

steigen soll: Ist er Designer

seinen Texten und Reportagen.

Bilder zu produzieren. Ihrer

oder Fotograf? In beiden Dis-

Der waschechte Berliner ist

Heimat verbunden, könnte man

ziplinen liefert er jedenfalls ei-

zwar seit 2008 in Mailand be-

Annette auch als Neckarperle

nen eigenwilligen, poetischen

heimatet, berichtet aber stän-

bezeichnen – sinnvollerweise

und detailverliebten Blick auf

dig von allen Kontinenten über

heißt so auch ihr Blog, den sie

die Welt: mit seiner Partnerin

Design, Architektur und, wie im

seit einer Weile betreibt und da-

Ana Relvão unter dem Namen

aktuellen Heft, auch über Yach-

rin Tipps für Stuttgart gibt. Die

Relvãokellermann als Indus-

ten von Riva. Sein Fachwissen

Fotografin hat uns für die-

triedesigner und als Fotograf

macht ihn zu einem wandelnden

se Ausgabe an den Bodensee

für das Magazin der Süddeut-

Konversationslexikon in den

begleitet und dabei manches

schen Zeitung, SPEX oder eben

oben genannten Themenfel-

über Bürostühle gelernt. Spon-

DEAR. Mit dieser Ausgabe hat

dern. Es gibt eigentlich nur ei-

tan, fast unsichtbar und hoch-

Gerhardt Kellermann ein Heim-

nes, mit dem er nichts anfangen

professionell ist jede Produk-

spiel gewonnen und uns zu den

kann: der freien Natur. Für uns

tion mit ihr für uns nur eins:

Erfindern des Systemmöbelher-

hat er trotzdem schon manches

Annette Party.

stellers Piure begleitet.

Mal die Taube abgeschossen.

12

KIETZMANN


VORSCHAU

„Ich spiele jeden Morgen Tennis.“

Foto: Cyrill Matter

WAS DAS FÜR PETER ZUMTHOR BEDEUTET, LESEN SIE AB SEITE 110 13


DE


DESIGN

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INTERVIEW

STUDIO JOB wirbelt die

Designwelt auf. Ein Gespräch über Fast-Food-Möbel, Bananen-Leuchten und bipolares Denken

VON NORMAN KIETZMANN FOTOS: LOEK BLONK

Braver Minimalismus oder anbiederndes Retro kommt den Gründern Job Smeets und Nynke Tynagel nicht in den Sinn. Stattdessen wandelt das Duo in den Gefilden des Pop und bringt eine erfrischende Leichtigkeit in die Gestaltung von Möbeln, Leuchten und Objekten ein. Lag der Fokus in den Anfangsjahren auf limitierten Designeditionen, überträgt das Duo seine Ideen zurzeit immer stärker auf die Serie.

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Job Smeets, für Seletti haben Sie eine Kollektion entworfen, die Sessel in Hamburger-Form und Sofas in Gestalt von Hotdogs umfasst. Der passende Teppich sieht aus wie ein Spiegelei. Worum geht es hierbei? Es ist natürlich eine Antwort auf all die Polstermöbel, die wir derzeit sehen. Das Design ist in den letzten Jahren so langweilig geworden. Keiner traut sich mehr etwas. Alle machen dasselbe. Und noch viel schlimmer: Sie machen es mit einer fürchterlichen Ernsthaftigkeit. Unser Ansatz ist viel stärker an Pop orientiert. Wir wollen keine minimalistisch-modern-humorlosen Dinge entwerfen. Design muss Spaß machen. Doch warum Möbel in Fast-FoodForm? Weil es so einfach und so offensichtlich ist. Ich habe noch nie zuvor einen Sessel gesehen, der wie ein Hamburger aussieht. Natürlich steckt auch eine Persiflage auf die USA dahinter. Doch wie gesagt: Was uns stört,


DESIGN

Seite 15: Studio Job, 2015 Foto: Rene van der Hulst für Living Magazine Italia Links: Bronzetisch Sinking Ship für die New Yorker Designgalerie Chamber, 2016 (Edition von zwei Exemplaren) Mitte: Boxsack Punch my Wall, Tisch Steam, Kleiderständer Cactus (Re-Interpretation des Originaldesigns von Guido Drocco und Franco Mello aus dem 1972), Schrank Moon, Paravent Fence und Globe Stand für die auf jeweils sieben Stück limitierte Kollektion Supergufram für Gufram, 2017 Rechts: Banana Lamp (Model XL) aus Bronze für die Pariser Dependance der Designgalerie Carpenters Workshop (Edition von acht Exemplaren), 2016

ist diese Ernsthaftigkeit. Alle Designer wollen heute eine Trennung zwischen Kultur und Produkt vollziehen. Doch dafür sehen wir keinen Grund. Die Fast-Food-Möbel sind Fun. Serious fun.

die Bronzeoriginale in 3-D gescannt und so die Spritzgussformen für den Kunststoff angefertigt. Interessanterweise ist der Prozess sehr ähnlich. Ob man Bronze gießt oder Kunststoff spritzt, ist technisch gesehen fast dasselbe.

Ein Witz für den Moment? Keineswegs. Es ist spannend, darüber nachzudenken, was mit ihnen in 20 Jahren passiert. Ich mag die Idee, dass aus ihnen Sammlerobjekte werden können: genau wie die Möbelskulpturen von Allen Jones. Sein Sessel in Form einer knienden Frauenfigur wurde ja auch schon in Kunstmuseen gezeigt. Die Fast-Food-Möbel sind ebenso eine Verbeugung vor seinem Werk.

Sie fahren also zweigleisig? Ja, das ist ein interessanter Ansatz, den wir gerne mit anderen Objekten fortsetzen möchten. Wir machen eine Skulptur und verkaufen sie für viel Geld in kleiner Auflage. Und dann machen wir ein günstiges Produkt für die Serie, das sich jeder leisten kann. Ich möchte einmal eine Ausstellung machen, in der wir die Bronze- und Kunststoffarbeiten direkt nebeneinander zeigen. Haute Couture, Prêt-à-porter, High Design, Low Design – alles zusammen. Auf ganz direkte Weise.

Für Aufsehen haben Sie auch mit den Banana Lamps von Seletti gesorgt. Genau dieselben Leuchten haben Sie wenige Monate zuvor als limitierte Editionen für die Designgalerie Carpenters Workshop gezeigt – in Bronze –, und nicht wie jetzt in Kunststoff. Was hat es mit diesem materiellen Downgrading auf sich? Schauen Sie auf die Mode, wo es Haute Couture und Prêt-à-porter gibt. Bei diesen Leuchten ist es genau dasselbe. Die Bronzeversion ist auf zehn Stück limitiert und kostet 20.000 Euro. Die Kunststoffausführung liegt bei 250 Euro und ist unlimitiert. Ihre Formen sind absolut identisch. Der Unterschied liegt nur im Material und in der Verarbeitung. Damit es keine Abweichungen gibt, haben wir

Warum machen Sie den Schritt in die Serie? Haben Sie den Sammlerzirkus satt? Wir lieben die Skulpturen und werden sie immer machen. Das ist die Essenz von Studio Job. Aber wir möchten auch mehr in das Designbusiness eintauchen. Vielleicht waren wir an dieser Stelle anfangs noch etwas zögerlich. Wir mussten uns in unserer Designsprache erst souverän genug fühlen, um mit wirklichen Serienprodukten anzufangen. Vor zwei Jahren haben wir unsere ersten Outdoor-Möbel gezeigt. In diesem haben wir schon über 50 Produkte vorgestellt. Das ist wirklich fantastisch.

17


INTERVIEW

Skizze für die Tiffany Tree Lamp für Seletti, 2017 Rechte Seite: Die aus Kunststoffharz gefertigte Leuchte ist ein identisches Abbild der handbemalten Bronze-Edition (elf Exemplare) für die Designgalerie Carpenters Workshop.

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DESIGN

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INTERVIEW

Hot Dog und Burger gehören zu Studio Job‘s neuesten Entwürfen für Seletti. Sie sind Bestandteil der Un_Limited Editions Kollektion, wurden just auf der Möbelmesse Maison&Objet in Paris vorgestellt und markieren gleichzeitig den Einstieg der Marke ins Polstermöbel-Segement.

Warum so produktiv? Der Grund dafür ist, dass wir die richtigen Produzenten gefunden haben. In Italien gibt es eine kleine Zahl von Firmen, die einen anderen Ansatz verfolgen, als endlose Tabellen mit Verkaufszahlen auszuwerten. Sie sind offen für die Spaßseite des Designs. Seletti und Gufram zum Beispiel sind eine Gruppe von Freunden, die sich nicht als Konkurrenten sehen. Sie kooperieren miteinander und versuchen nicht, die Kunden des anderen zu klauen. Ein Grund ist natürlich, dass sie es sich leisten können. Beide Marken wurden in den Sechzigern gegründet und werden heute von den Kindern der Gründer geleitet. Sie könnten sich auch auf ihrem Geld ausruhen, auf die Bahamas fahren und für immer dort bleiben. Doch sie haben sich entschieden, Möbel und Objekte zu machen, die diese langweilige Branche aufrütteln. Darum liebe ich das.

Kehren Pop und Ironie ins Design zurück? Ich denke, dass hier wirklich etwas passiert. Wenn es wieder in eine neue postmoderne Ära mündet, gefiele mir das sehr. Produkte müssen eine Botschaft haben. Ob sie mit der Sammlerwelt oder der breiten Massenproduktion verbunden sind, ist im Grunde vollkommen egal. Es geht um Dinge, die extrem sind, die einen glücklich machen und die man bei sich zu Hause haben möchte. Das letzte wirklich coole Sofa ist das Lippen-Sofa von Gufram (La Bocca von Studio 65 aus dem Jahr 1970, Anm. d. Red.). Der Rest ist nur Dreck. Es ist höchste Zeit, dass wieder etwas Spannendes entsteht.

www.studiojob.be

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FSB 1241, Design: RDAI

FSB 1244, Design: gmp Architekten

FSB 1254, Design: Fawad Kazi

FSB 1246, Design: GRAFT

FSB 1242, Design: John Pawson

FSB 1188, Design: Petra und Paul Kahlfeldt

FSB 1251, Design: Hartmut Weise

FSB 1226, Design: Werner Aisslinger

FSB 1257 (V-Line), Design: Hartmut Weise

FSB 1250, Design: Hartmut Weise

FSB 1185, Design: Andreas Heupel

FSB 1232

FSB 1259 (C-Line), Design: Hartmut Weise

FSB 1233, Design: PMMT

Architecture en miniature: Neue Griffprogramme von FSB Ausgewählte Architekten und Designer legen für FSB in schöner Regelmäßigkeit Hand an und kreieren ihre persönliche Idealvorstellung eines Türdrückers. So entstehen viel beachtete Griffprogramme, die in Form und Gebrauch die gestalterische Haltung ihrer Entwerfer widerspiegeln. Jeder Türdrücker empfiehlt sich mit seinem ganz individuellen Charakter und dient sich der Hand wie auch der ihn umgebenden Architektur auf die ihm eigene Weise an. Dabei ist er eingebettet in seine abgestimmte Produktfamilie aus Glastürbeschlägen, Drückern für Rahmentüren, Knöpfen und Fenstergriffen. www.fsb.de/neuegriffprogramme


EDITOR’S PICK — THIS IS EDGY

OMBRÉ GLASS CHAIR

ADIDAS ORIGINAL X KVADRAT

Mit dem Ombré Glass Chair verneigt sich Jungdesigner Germans Ermičs vor dem legendären Schwebestuhl (Glass Chair, 1976) von Shiro Kuramata. Er verzichtet auf die Armlehnen und arbeitet dafür mit Glas in verschiedenen Farbverläufen von Blau nach Orange oder Pink: Wow! jk

Vorhänge, Sofabezüge und jetzt auch Schuhe, aber natürlich nicht irgendwelche, sondern die mit der Gummi-Cupsohle: Den AdidasSneaker Stan Smith gibt es seit Juli in einer Special-Edition von Kvadrat im Kopenhagen-Look – Vibeke Rohland hat dazu drei Varianten in Navy, Pink und Core Black mit gepunkteten Kontraststickereien entwickelt, die perfekt sitzen. jk

Foto: Jussi Puikkonen

LO RES CAR VON REM D. KOOLHAAS Zuerst kamen die Uhren (1917), dann die Kunst (1970) und ab 2018 fahren endlich auch Autos vor. Die Grand Basel richtet sich dabei als exklusive Sammlermesse an ein ausgewähltes Fachpublikum aus internationalen Kennern und Experten und will laut Mitinitiator und Chefkurator Paolo Tumminelli den „Wandel des Automobils“ dokumentieren: Alle Neuwagen und Studien sollen demnach zukunftsweisend sein und auch die Oldtimer einst diesen Anspruch erfüllt haben. Auf der Avant-Premiere Anfang September zeigte zum Beispiel Rem D. Koolhaas (Neffe von Rem Koolhaas) mit dem Lo Res Car für sein Modelabel United Nude die absolute Abstraktion des Lamborghini Countach. Mit nur acht Flächen erinnert dieses Fahrzeug eher an ein Raumschiff, als an einen Sportwagen, aber wer weiß schon, ob die Zukunft des Automobils noch auf der Straße liegt? sb Foto: © Grand Basel / diephotodesigner.de

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Gira E2 Edelstahl Neue Rahmen und Einsätze in hochwertigem Edelstahl erweitern das erfolgreiche Schalterprogramm Gira E2 und schaffen neue Gestaltungsmöglichkeiten. Planer können Gebäude in durchgängigem Design ausstatten und zugleich verschiedene Bereiche nach Wertigkeit differenzieren. Die edle Anmutung prädestiniert Gira E2 Edelstahl für gehobene Einrichtungen im privaten wie im gewerblichen Bereich. Ebenfalls neu sind die Rahmen für den flachen Einbau. Sie tragen lediglich 3 mm auf der Wand auf und integrieren sich besonders elegant in die Architektur. Damit steht eine zusätzliche gestalterische Option zur Verfügung. Zahlreiche Funktionen aus dem Gira System 55 erfüllen alle Anforderungen einer modernen und zukunftssicheren Elektroinstallation. Mehr Informationen: www.gira.de/e2


PROJEKTE

JAPANISMUS

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DESIGN

AM

ZÃœRICHSEE TEXT: NORMAN KIETZMANN FOTOS: VALENTIN JECK

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PROJEKTE

AFGH Architekten haben an der Zürcher Goldküste ein Wohnhaus aus den Fünfzigerjahren um Galerieund Atelierräume erweitert. Ein ebenso kraftvoller wie eigenständiger Baukörper wurde dafür ins Erdreich eingelassen. Er schlägt eine Brücke zwischen Moderne und Gegenwart.

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DESIGN Seite 24/25: Neue Räume unter der Erde – die Kunst kommt von Melli Ink (Cuckoo's egg, 2007) und Michael Sailstorfer (Maze 83, 2014). Der Anbau von AFGH nimmt die Ausstellungsräume der Galerie Grieder Contemporary auf und dient als Atelier mit eigener Küche.

Küsnacht ist eine feine Adresse. Die 13.000-Seelen-Gemeinde liegt nur sechs Kilometer vor der Stadtgrenze Zürichs an der Goldküste. Doch so traditionsbewußt sich viele Villen in Ufernähe zeigen, hat auch die Moderne ihren Weg nach Küsnacht gefunden. Auf einem Grundstück am Lärchentobelwald errichtete 1956 der Architekt Theodor Laubi (1901–1981) ein Wohnhaus inmitten eines großzügigen Gartens. Mehrfach wechselte die Immobilie in den folgenden Jahrzehnten den Besitzer und verlor durch zahlreiche Um- und Anbauten ihren ursprünglichen Charme. Das änderte sich, als das Haus 2005 vom Galeristen Damian Grieder und seiner Frau, der unter dem Pseudonym Melli Ink arbeitenden Künstlerin Melanie Swarovski, übernommen wurde.

SALON STATT WHITE CUBE Das Paar ließ das Haus zurückbauen und eröffnete 2006 im Erdgeschoss die Galerie Grieder Contemporary. Der Übergang zwischen öffentlich und privat war fließend. Die Galerie präsentierte sich nicht als steriler White Cube, sondern als ein atmosphärischer Salon, wo Kunst in einer wohnlichen Umgebung präsentiert wurde. Der Umbau wurde von den Zürcher Architekten Andreas Fuhrimann und Gabrielle Hächler (AFGH Architekten) geplant, die im Werk von Theodor Laubi auch Analogien zur brasilianische Moderne entdeckten. „Ein typisches Merkmal der südamerikanischen Moderne der Fünfzigerjahre stellte die Gegenüberstellung einzelner freier, runder Formen zum mehrheitlich streng geometrisch gegliederten Grundriss dar. Bei der Gestaltung der neuen Küchenund Möbeleinbauten stießen wir bewusst in diese Richtung, um diesen Spannung erzeugenden Kontrast zu vertiefen“,

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PROJEKTE

erklärt Andreas Fuhrimann. Ein Beispiel dafür ist eine geschwungene Treppe, die sich kraftvoll skulptural von den Galerieräumen im Erdgeschoss hinauf zur Wohnetage schraubt. Sie wurde von unnötigem Mobiliar und Einbauten befreit und tritt nun wieder als charaktervolles Raumelement hervor. Nachdem die Galerie 2013 in den Löwenbräu-Kunstcampus an die Zürcher Limmatstraße zog, nahmen die Architekten einen weiteren Umbau in Angriff. Das frei gewordene Erdgeschoss ist in einen Wohnraum transformiert worden. Die darüberliegende Etage dient als separat vermietbare Studiowohnung. Sie wird über eine neue Außentreppe erschlossen und öffnet sich zu einer großzügigen Terrasse mit Blick auf den Zürichsee. Den größten Eingriff markiert ein neuer Anbau, der ursprünglich als Melli Inks neues Atelier konzipiert wurde und unterhalb der Rasenfläche auf der Hofseite ins Erdreich eingelassen wurde. Warme Holzböden setzen einen wohnlichen Kontrapunkt zu rauen Betonwänden, während Oberlichter für angenehmes Arbeitslicht sorgen. „Das ganze Gebäude ist extrem multifunktional entworfen worden. Man kann es jederzeit als Wohnung, Ausstellungsfläche oder Atelier nutzen. Alle Möglichkeiten stehen offen“, erklärt Andreas Fuhrimann.

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Eine geschwungene Treppe führt vom Erdgeschoss hinauf ins Obergeschoss.


DESIGN

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PROJEKTE

Kunst vor Beton: Gregor Hildebrandt, Schwarz und weiĂ&#x; wie Tage und Nächte (Wolfgang Petersen), 2016 Galerie Grieder Contemporary / www.grieder-contemporary.com

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DESIGN

Mid-Century-affine Wohnräume: Die Sessel heißen Lady und wurden von Marco Zanuso für Arflex entworfen. Der Coffee Table ist ein Klassiker aus der Feder von Isamu Noguchi (produziert von Vitra).

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PROJEKTE

Die Fliesen im Schwimmbad haben Fuhrimann und Hächler ausgetauscht.

Der Neubau lässt sich jetzt doppelt nutzen: Im vorderen Teil wird Kunst präsentiert und verkauft. Im hinteren Teil wird Kunst gemacht. Dass die Architekten von Anfang an zwei Büroküchen und zwei Bäder eingerichtet haben, erwies sich an dieser Stelle als besonders weitsichtig. Weitere Veränderungen wurden im bestehenden Baukörper vorgenommen, wo das Schwimmbad im Untergeschoss renoviert und dank einer neuen Treppe jetzt mit dem Erdgeschoss verbunden ist.

Projektarchitekten AFGH Architekten / www.afgh.ch Mehr Bilder: www.heinze-dear.de/_0324

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Fotograf Valentin Jeck / www.jeck.ch


DESIGN

SELBST BAUEN IM

Surferparadies

TEXT: TIM BERGE FOTOS: NICO SAIEH

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PROJEKTE Alondra Paz Vargas und Johan Selbing orientierten sich an chilenischen Bauernhäusern, die traditionell aus einer Holzbalkenkonstruktion bestehen.

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DESIGN

Was macht man mit einem Grundstück in weiter Ferne, das nur schwer zugänglich ist? Man nimmt sich, wie Studio Selva, ein paar Monate frei und bebaut das Areal in Eigenregie mit Materialien aus der Umgebung.

Erst seit den Achtzigerjahren lassen sich an dem Puertecillo getauften Küstenabschnitt Menschen nieder: Die kleine chilenische Kommune besteht in erster Linie aus Surfern, die von den hohen Wellen angelockt werden, die über das ganze Jahr konstant auf die Küste treffen. Viel mehr außer ein paar Häusern und Geschäften hat die Gegend nicht zu bieten – erst seit Kurzem ist die Ansiedlung durch eine durch den dichten Regenwald geschlagene Straße mit dem Umland verbunden. Keine einfachen Bedingungen für einen Hausbau, es sei denn man legt selbst Hand an und beschafft sich das benötigte Material vor Ort. Genau das taten Alondra Paz Vargas und Johan Selbing, die in Amsterdam gemeinsam das Architekturbüro Studio Selva betreiben. Vargas’ Eltern erteilten den beiden Planern den Auftrag, das 700 Quadratmeter große Grundstück mit einem kleinen Ferienhaus zu bebauen. Um das Gebäude vor Leerstand zu bewahren, soll es den temporär ansässigen Surfern als Unterkunft zur Verfügung stehen. Mit fertigen Plänen verließen die beiden Architekten Amsterdam in Richtung Chile: Sie wollten auf einer Grundfläche von 100 Quadratmetern sechs kompakte Wohnmodule mit einer Gesamtgröße von 50 Quadratmetern sowie eine große Terrasse für die Gemeinschaft errichten. Die Architektursprache orientiert sich an chilenischen Bauernhäusern, die traditionell aus einer Holzbalkenkonstruktion bestehen. Sämtliches Baumaterial, von den Bauhölzern bis zum Eukalyptus, der als

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PROJEKTE

Konsequentes Konzept: In den Schlafzimmern befindet sich nur das Nötigste, das eigentliche Wohnerlebnis findet im überdachten Außenbereich statt.

Mehr Text und Bilder: www.heinze-dear.de/_0333

Architekten Studio Selva / www.studioselva.nl Fotograf Nico Saieh / www.nicosaieh.cl Casa Tumán Neubau in traditioneller Holzbauweise Fläche: 50 Quadratmeter Ort: Puertecillo, Chile Fertigstellung: 2016

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Sonnenschutz dient, stammt aus der Region. Es wurde von Vargas und Selbing in Eigenarbeit gewonnen und zerlegt, zum Grundstück geschafft und anschließend verbaut. Auch das subtropische Klima stellte die Planer vor Herausforderungen: nicht nur physisch, sondern auch architektonisch. Ein weiterer Grund, auf lokale Werkstoffe wie Stroh und Lehm zurückzugreifen. Diese bieten nicht nur eine günstige Bauweise, sie isolieren gut und absorbieren die hohe Luftfeuchtigkeit. Vier kleine Schlafzimmer reihen sich neben einem Bad und einer Küche auf. In den Räumen befindet sich nur das Nötigste, das eigentliche Wohnerlebnis findet im überdachten Außenbereich statt. Die Inspiration dafür fanden die Gestalter in den Lebensgewohnheiten der Surfer, die nach einem Tag auf dem Meer den Abend in der Gemeinschaft ausklingen lassen: ganz klassisch am Lagerfeuer mit Grill und Gitarre. Für diesen Anlass schufen Selbing und Vargas die 50 Quadratmeter große Terrasse, die sich zum Tal hin öffnet und einen Ausblick in Richtung Ozean bietet. Ein Teil des Daches ist, wie die Seiten des Gebäudes, als lichtund luftdurchlässige Schicht aus Eukalyptusästen konstruiert, die für ein optimales Klima im Haus sorgt. Für die beiden Architekten war der Bauprozess eine lehrreiche Erfahrung, die ihre Arbeitsweise nachhaltig beeinflusst hat. Einerseits mussten sie mit den besonderen Anforderungen des Ortes umgehen, andererseits konnten sie während der Bauphase immer wieder Einfluss auf Details nehmen. Eine Möglichkeit, die den Architekten nicht oft geboten wird. Der Bau wurde für sie zu einem begehbaren 1:1-Modell, an dem sie täglich feilen konnten. Diese Form der Improvisation offenbarte Planern und Bauherren nicht nur eine neue Seite der Architektur, sondern ist eine unbewusste, architektonische Entsprechung des Surfer-Lifestyles. Auch er wird von Unberechenbarkeiten geprägt.


DESIGN

STRANDSCHACHTEL:

SOMMERHAUS VON FREAKS TEXT: JEANETTE KUNSMANN FOTOS: JULES COUARTOU

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PROJEKTE

Mit einem Budget von 15.000 Euro hat das Pariser Studio Freaks Architecture eine Betonhütte an der französischen Kanalküste in ein Sommerhaus verwandelt – zwölf Quadratmeter von Freaks für Freaks.

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DESIGN Bauen nach Vorschrift: Weder Größe noch Dachform des Vorgängerhauses durften verändert werden, aber die Fassade. Die verzinkte Metallfassade haben die Architekten in einem hellen Champagnerton gewählt, damit sie schön in der Sonne schimmert.

Als Yves Pasquet, Cyril Gauthier und Guillaume Aubry 2007 ihr eigenes Büro gründeten, waren alle drei noch unter 30, der Jüngste von ihnen sogar erst Mitte 20. „Less is more, more is less. Less is not enough”, lautet ihr Credo. Dahinter steht der Wunsch, auf das Bild des Architekten, der Architektur sowie ihrer Darstellung zynisch und spielerisch zu reagieren. Wenn man an die Ferienhäuser in der Normandie denkt – romantische Mauern und pittoreskes Fachwerk – bildet dieses Miniatursommerhaus in der 1.400-Einwohner-Gemeinde Fermanville ein zeitgenössisches Pendant, das kaum auffallen dürfte. Mit dem Charme eines Gerätehauses steht es eher im Hintergrund, und die Landschaft bleibt im Vordergrund. Wer sehr gute Augen (und eine noch bessere Fantasie) hat, blickt von hier über den Ärmelkanal auf die Isle of Wight. Der Vorgängerbau aus Beton, eine ehemalige Fischerhütte, stellte Freaks Architecture die formalen Bedingungen für ihren Entwurf. Denn durch die strengen Bauvorschriften, die für die französischen Küstengebiete gelten, durfte das Trio weder Größe noch Dachform verändern. Mit seinen drei mal vier Metern Grundfläche erinnerte das kleine Haus die Architekten an die Blockhütte des Schriftstellers Henry Thoreau in den Wäldern von Concord, Massachusetts, die angeblich den gleichen Grundriss hatte. Drei Meter breit, vier Meter lang: zwölf Quadratmeter Schutz im Wald. Dieser Raum genügte Thoreau für sein zweijähriges Leben abseits der Zivilisation. Das Freaks-Sommerhaus in Fermanville befindet sich zwar auch abseits der Stadt, steht aber mitten im Leben. Die neue verzinkte Metallfassade schimmert in einem hellen Champagnerton, dahinter strahlt das Meer. North elevation

South Elevation

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PROJEKTE Wichtiger Umbautrick bei Minihäusern: Kleine Häuser brauchen große Fenster. Möblierung und Stauraum sollte man am besten schon vorab mit planen. Inspirationen dafür können Interieurs von Wohnmobilen, Segelschiffen und Baumhäusern liefern.

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DESIGN

North elevation

South Elevation

Ground floor plan

Mezzanine plan

SC 1/100

Durch zwei große Fenstereinschnitte öffnen die Architekten das Haus zum Horizont. Das Interior ist schneeweiß und superminimal – dank der Funktionalität eines Wohnmobils: Schmale Wandvorsprünge mit durchgehenden Streben dienen als Bücherregale, über Küche und Bad wurde eine gemütliche Schlafebene unter dem Dach eingezogen, und eine Luke im Boden führt zu einem geheimen Getränkelager. Bei den Stühlen an der Wand handelt es sich übrigens nicht nur um einen Klappstuhl-Klassiker, sondern auch das Möbel des Jahres 1984: Entworfen hat den Stuhl der isländische Architekt und Designer Valdimar Harðarson. 2750 Sóley begegnet einem in vielen Wochenendhütten. Mit nur zwei Elementen (dem Kreis als Sitzfläche und Rückenlehne, der Geraden für das Gestell) passt er auch perfekt zu diesem minimalen Sommerhaus: Weniger ist mehr. Manchmal ist weniger auch genug. Mehr Bilder: www.heinze-dear.de/_0337

Projektarchitekten Freaks Architecture www.freaksarchitecture.com Valdimar Harðarson 2750-Sóley-Stuhl / www.ask.is Fotograf Jules Couartou / www.julescouartou.com Viking Seaside Summer House Umbau einer Fischerhütte in ein Ferienhaus Fläche: 12 Quadratmeter Bauherr: privat Ort: Fermanville Fertigstellung: 2017

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PROJEKTE

BORGO AUF BETON EINE WOHNHAUSSIEDLUNG IM ITALIENISCHEN URBINO

TEXT: TIM BERGE FOTOS: EZIO MANCIUCCA

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DESIGN

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PROJEKTE

Wie auf einem Tablett angerichtet ruhen zwei der drei Neubauten auf einer Betonplatte inmitten der sanften Hügellandschaft der Marken. Die Plattform aus mattrotem Zement dient als Trennlinie zwischen Alt und Neu: Unter ihr liegen die Überreste einer historischen Häuseransammlung, über ihr befindet sich deren Neuinterpretation. Das Ensemble markiert die Wiedergeburt einer mittelalterlichen, in Italien häufig zu findenden Gebäudetypologie: des Borgos.

Edle Holzlamellen strukturieren die Steinfassade, während sich der rote Beton als Bodenbelag von außen nach innen fortsetzt.

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Vom Massentourismus bisher verschont, sind die Marken eine der unterschätztesten Regionen Italiens. Neben seiner hügligen Landschaft, die an die benachbarte Toskana erinnert, und einer exzellenten Küche verfügt der Landstrich über eine Vielzahl sehenswerter mittelalterlicher Bebauungen. Nahe der Stadt Urbino hat das junge Architekturbüro Gardini Gibertini aus Rimini ein Ensemble aus drei Neubauten errichtet. Mit der Struktur knüpfen die Planer an die Idee des Borgos an, einer kleinen Ansiedlung von Häusern, die sich um einen Platz herum gruppieren. Während eins der Bauwerke etwas abseits auf einer künstlich geschaffenen Anhebung steht, befinden sich die anderen beiden Gebäude auf einer Sockelplatte aus rotem Beton, deren Ausmaße von 38 mal 20 Metern die Landschaft deutlich dominieren. Ein bewusster Eingriff der Architekten, um für eine klare Trennung zwischen Historie und Gegenwart zu sorgen.


DESIGN

Im Inneren wird nichts verkleidet, im Gegenteil: Der raue Sichtbeton der Wände und Decken ergänzt den roten Boden.

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PROJEKTE

Neben der Zementplatte gibt es aber noch ein weiteres, für den Besucher unsichtbares architektonisches Bindeglied: ein unteririscher Verbindungsgang. Dieser sorgt nicht nur für eine Verknüpfung der zwei Wohnhäuser, er erzeugt auch einen weiteren Bezug zur Historie, da er auf derselben Ebene wie die mittelalterlichen Überreste einer Grabkammer liegt. Aber auch die puristische Architektur der Neubauten versteht sich als eine Referenz an die Vergangenheit und die Bautraditionen der Region. Die Fassade aus lokalem Stein ergänzen Alice Gardini und ihr Partner Nicola Gibertini mit eingeschobenen Holzlamellen, die allerdings undurchsichtig bleiben. Als minimalistische Artefakte ruhen die Häuser in der Landschaft und generieren ihre Identität rein aus dem Zusammenspiel mit der sie umgebenden Natur. Weder Regenrinnen, außen liegende Rohre oder metallene Einfassungen stören die geometrische Strenge und formale Reduziertheit der drei Bauten. Betreten wird das Hauptgebäude durch die in den Hügel integrierte Einfahrt und Garage: Herumstehende Autos sollen den aufgeräumten Anblick der Architektur nicht stören. Im Untergeschoss platzieren die Architekten ein kleines Kino, einen Ausstellungsraum und einen Spa- und Fitness-Bereich. Die labyrinthartige Grundrissorganisation löst sich in den darüber liegenden Etagen in puren Raum auf. Der großzügige und zum Teil doppelgeschossige Wohnbereich sowie die Schlafzimmer öffnen sich über bodentiefe Fenster zum Außenraum. Während außen klassisch-traditionelle Werkstoffe verbaut wurden, legen die Architekten im Inneren die Konstruktion frei und sorgen damit für eine radikale Kehrtwende bei der Materialwahl. Wände und Decken bestehen aus rauem Sichtbeton. Einzig der rote Beton der Betonplatte zieht sich als Bodenbelag von außen nach innen. Die nachträglich eingefügten Zwischenwände sind in neutralem Weiß gehalten, sämtliche Einbauten wurden aus Walnussholz gefertigt. Die Neuinterpretation der traditionellen Typologie des Borgos gelingt Gardini Gibertini nicht nur durch das materielle Wechselspiel, sondern auch dank einer roten Betonplatte, die in Italien ihresgleichen sucht.

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Wohnensemble in Urbino Italien, 2014–2017 Neubau, 1.080 Quadratmeter GGA gardini gibertini architetti www.gardini-gibertini.it Fotograf Ezio Manciucca / www.eziomanciucca.it


DESIGN Schicker Kontrast zum Beton: Die Einbauten lieĂ&#x;en die Architekten aus Walnussholz anfertigen.

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EDITOR’S PICK — ZURÜCK ZUR GEMÜTLICHKEIT

LIGNE ROSET PLUMY Wie überdimensionale Kissen wirken die Sessel und Sofas aus dem Polsterprogramm Plumy von Ligne Roset. Der Entwurf der französischen Designerin Annie Hiéronimus stammt aus dem Jahr 1980 und ist nun wieder aufgelegt worden: als komfortable Wohlfühlzone, die ihrem Namen – „plume“ steht im Französischen für Feder – alle Ehre macht. nk www.dear-magazin.de/_03481

BONALDO SHADE Shade ist ein selbstbewusstes Sideboard, das Studio Viganò für den italienischen Hersteller Bonaldo gestaltet hat. Sämtliche Fronten sind mit einem Muster überzogen, bei dem horizontale Striche in Messingoptik von petrolfarbenen Grund abgesetzt sind. Abgeschrägte Seitenwände lassen das Möbel weniger kantig erscheinen. nk

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DESIGN

JCP OGLOF Ganz schön haarig: Einen zotteligen, aber garantiert stubenreinen Mitbewohner hat das Designbüro CTRLZAK für den Möbelhersteller JCP ersonnen. Oglof ist ein Sessel mit Schaumstoffkern, aus dem unzählige schwarze und blaue Fransen herauswachsen. Die Länge der künstlichen Haarpracht wurde so bemessen, dass sie deutlich auf dem Boden aufliegt und somit für eine natürliche Erdung sorgt. nk

ILLULIAN DAZZLE Ein optisches Verwirrspiel entfacht der Teppich Dazzle des italienischen Herstellers Illulian. Die Designer des in Paris und Mailand ansässigen Emtivi Studios gingen dafür einen ungewöhnlichen Weg: Sie schauten sich marokkanische Mosaike durchs Kaleidoskop an und kombinierten das dynamische Rauten- und Dreiecksmuster mit atmosphärischen Sechzigerjahre-Farben. nk www.dear-magazin.de/_03491

BLOC STUDIOS MARBLE Es müssen nicht immer gleich opulente Sträuße sein. Auch eine einzelne Blume kann spannende Akzente setzen. Die passenden Vasen hat der schwedische Fotograf Carl Kleiner für Bloc Studios entworfen. Die Kollektion Posture Vases umfasst drei verschiedene Formen, die jeweils einen Marmorsockel mit einer filigranen Metallhalterung für eine einzelne Blume verbinden. nk www.dear-magazin.de/_03492

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DESIGN

PUR, ABER MIT i! Diese Mรถbel kennen keine Toleranzen: Sie sind ebenso linear wie die Kรถpfe dahinter. Piure setzt auf das richtige Maร , und ihr System verspricht Erfolg.

TEXT: JEANETTE KUNSMANN UND STEPHAN BURKOFF FOTOS: GERHARDT KELLERMANN

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PUR, ABER MIT i!

„Wir sind verrückt.“

Elf Jahre sind keine Zeit für ein Möbelunternehmen. Viele von ihnen bauen auf jahrzehntelangen Traditionen auf. Ihre erste Dekade als Möbelhersteller haben Simone Spang und Ludger Köhler von Piure hinter sich. Die Unternehmer aus München können sich gute Chancen ausrechnen. „Ihr seid doch wahnsinnig“, sagten die einen. „Das schaffen die nie“, dachten die anderen. „Wir sind verrückt“, wissen Simone Spang und Ludger Köhler. Die Logik schöner Systemmöbel war auf ihrer Seite, ebenso das nötige Know-how und die richtigen Kontakte. Denn was soll schon passieren, wenn sich drei Profis mit jeweils 20 Jahren Berufserfahrung zusammentun und von den Fehlern anderer lernen? „Man kann nur eine Firma führen, die man auch selbst ist“, ist Simone Spang überzeugt. Die Grafikdesignerin hatte vor Piure in der Werbeagentur Spang Wunder (heute Wunderhaus) gearbeitet: als Creative Direktorin und als Partnerin. Während der Kampagnen für den Systemmöbelhersteller Interlübke lernte sie Ludger Köhler kennen, damals Geschäftsführer bei Interlübke. Das ist über 18 Jahre her. Als Köhler eines Tages mit einem Generationenwechsel bei dem ostwestfälischen Unternehmen freigestellt wurde, fassten die beiden, zu der Zeit privat ein Paar, einen Entschluss: Sie wollten das Kastenmöbel in einer moderneren und radikaleren Weise weiterführen. Mit viel Mut, aber ohne eine Möbelfabrik im Rücken. Die mussten sie erst noch gründen. Als Dritter im Bund übernahm Dieter Hug den Vertrieb – ein Profi, der alle Händler kennt. Und natürlich waren da auch noch Freunde. Und die nötige Portion Glück. 2006 gegründet, zählt das Unternehmen Piure heute 25 Angestellte und ist weltweit das kleinste Unternehmen mit SAP-gesteuerten Abläufen.

Ludger Köhler kommt aus Rheda-Wiedenbrück, Simone Spang aus Stuttgart. In den letzten elf Jahren haben sie sich ein eigenes Business aufgebaut. Sie produzieren subtile Stauräume, die sich zurücknehmen und trotzdem luxuriös sind. Hochwertig im Detail, auf Gehrung gearbeitet, mit feinen Schattenfugen und variabel – die Nex Pur Boxen können Sie vielfältig zusammenstellen. © Piure

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PUR, ABER MIT i!

SCHÖNHEIT DER MATHEMATIK

Piure-Möbel stehen für ein sehr reduziertes Bild und eine klare Formensprache: „Aber wir sind nicht weiß, steril und kalt. Wir versuchen das mit den subtilen Merkmalen, die ein Sideboard und ein Schrank haben können, auszudrücken“, erklärt Simone Spang.

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Nur einen Steinwurf von der Münchner Szene-Gastronomie Schumann´s Bar am Hofgarten entfernt befindet sich das heutige Büro von Piure. Hinter den Gründerzeitfassaden duckt sich in zweiter Reihe ein ästhetisch strenger Riegel und bildet seine eigene kleine Welt. Die komplette untere Etage wird von Piure genutzt. (Die obere stehe eines Tages mal, wie Ludger Köhler verrät, als Option für weiteres Wachstum zur Verfügung.) Das Büro erinnert an ein Aquarium, um so mehr, wenn an einem Tag wie heute der Regen auf die Glasflächen prasselt und an den Scheiben langsam herunterläuft. Glas und Transparenz spielen auch eine große Rolle bei den Möbeln von Piure. Sie sollen das sein, was man etwas „Leichtes für den Wohnraum“ nennt. „Es ist luxuriöses Understatement, und es soll eine gewisse Lässigkeit haben“, erklärt Simone Spang. „Für uns ist wichtig, dass jemand den Stauraum für seine Dinge, die er liebt, benutzt und sich das Möbel dabei aber im Raum zurücknimmt.“ Zwischen all den Systemen, Logik und Mathematik steckt aber auch etwas Poesie, wenn die Piure-Macher von der Schönheit sprechen, die zum Beispiel ein Material wie Parsol-Glas mit sich bringt: diesen Schimmer, der an einen blauen Sommerhimmel erinnert. Bei Piure kommt Parsol nicht nur wegen seiner Transparenz zum Einsatz, sondern auch, damit der zukünftige Besitzer sich mit seinem leichten Objekt an die unbeschwerte Zeit des Jahres erinnern kann. „Wir versuchen, einem Kasten Feinheiten zu verleihen, um ein schönes Möbel zu schaffen“, erzählt Simone Spang. „Wie bei den italienischen Herstellern soll ein Möbel nicht nur eine Funktion, sondern auch Ästhetik haben.“ Für sie basiert die


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„Wir versuchen, einem Kasten Feinheiten zu verleihen, um ein schönes Möbel zu schaffen“

Logik schöner Möbel am Ende auf reiner Mathematik. Und Zahlen, das muss man wissen, sind der eigentliche Motor von Piure. Allein mit den zurzeit 100.000 aktiven Preisen, laufen Zahlen permanent im Hintergrund. Denn bei einem Systemmöbel, wie zum Beispiel der Serie Mesh von Werner Aisslinger oder der Möbellinie Nex, geht es neben der Gestaltung und den richtigen Proportionen vor allem um die Machbarkeit der Verarbeitung und darum, wie man die Toleranzen der einzelnen Teile verstecken kann. „Alles ist sehr kleinteilig“, sagt Spang, die bei Piure das SAP-System, die Cloud und die Buchhaltung verantwortet. „Wenn ich 86 Kolli (Einheiten) pro Schrank habe, bedeutet das am Ende etwa 4.500 Teile in der Stückliste.“ Ohne die passende Prozesssteuerung könnte das Unternehmen die Produktion seiner Systemmöbel niemals unter Kontrolle haben. Und dabei auch nie so effizient sein.

EIN PUZZLE AUS 20.000 TEILEN Die ersten Aufträge wurden noch mit einer Excel-Tabelle bearbeitet. „Heute haben wir SAP: In jedem Element steckt ein Chip“, sagen die beiden Gründer nicht ohne Stolz. Jedes Teil muss schon bei der Herstellung wissen, was es ist, und sich diese Information merken: Ob es mal eine Schublade werden soll und an der einen Seite deshalb zwei Löcher mehr braucht, oder ob es ein Regalboden mit 27 Fräsungen an der Unterkante wird. Alle Elemente laufen lange Zeit auf Montagebändern neutral durch die Fertigung und werden bis zum Ende gesteuert. Bohrungen, Gehrungen und Farben: Am Schluss sind es 20.000 Teile, die jedes für sich und alle zusammenpassen müssen. „In so ein System kann man nicht einfach eingreifen. Es explodiert!“ Da viele Kunden heutzutage mehr und mehr Auswahl wünschen, bedeutet das für die Hersteller mehr Komplexität: Die lässt sich nur über eine moderne Fertigung steuern. Aus diesem Grund betreibt der Münchner Systemhersteller keine

Beim Line Stauraumsystem erzeugen Türen, Schubkästen und offene Fächer ein stimmiges Fugenbild. © Piure eigene Fertigung, sondern strategische Partnerschaften, mit denen er zusammen kontinuierlich in die Technologie investiert. Die Produktionsleistungen werden an zwei Hightech-Betriebe in Deutschland vergeben, in München wacht man über die Qualität: vom Angebot bis zur Lieferung. Für die SAP-Software hat Piure eine Sondergenehmigung bekommen. „Wir waren ja nur drei Leute“, sagt Köhler. „Zum Glück konnten wir einen Partner finden, ein Systemhaus, der das spannend fand“, ergänzt seine Geschäftspartnerin, „und gesagt hat: ‚setzen wir um!‘“ Auch die gesamte Versandsteuerung der Preislisten, Kataloge oder Einladungen läuft bei dem Münchner Unternehmen heute nur noch über die Datenbank. Ein Piure-Möbel ist so Hightech wie ein BMW oder ein iPhone, das tausendfach verkauft wird, es ist kein Handwerk, kommt nicht aus der Manufaktur. Denn es geht bei jedem Stück um Präzision. „Ich will ja auch nicht, dass jemand mein Auto zusammenschraubt“, sagt Simone Spang. „Es ist schon richtig so, dass es aus der Fabrik kommt.“

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PUR, ABER MIT i!

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DESIGN Mesh von Werner Aisslinger: seine Transparenz wird durch getöntes Glas, dekorative Lochbleche oder durch ganz offene Elemente erzeugt. Fotos: © Piure

JEDE GEHRUNG SITZT EXAKT Warum die einzelnen Elemente keine Toleranzen zulassen dürfen, erklären die Unternehmer gerne und mit großer Begeisterung. „Bei einer Plattenstärke von nur fünf Millimetern auf einer Länge von 3,60 Metern kann man sich vorstellen, wie das aussieht. Sie ist so fein wie ein Grashalm: Da braucht es eine besondere Stabilität, damit die Platte plan liegt. Bei uns bekommt die Abdeckplatte eine speziell von uns entwickelte Metallmuffe, die nur leicht eingepasst wird, denn bei fünf Millimetern können wir auch nicht durchfräsen. Eine Platte sitzt auf 27 solcher Muffen – je nachdem, wie lang sie ist.“ Jede Platte muss dann passgenau hergestellt sein und sitzt später auf Spannung, damit sich die Oberfläche nach dem Lackieren nicht wölbt. „Und dann muss man aber trotzdem am Ende den nötigen Spielraum lassen, um die Gehrungen und andere Elemente eines aufgebauten Sideboards ausgleichen zu können“, erläutert Ludger Köhler. „Alles muss genau zusammenpassen, es muss fest und zugleich beweglich sein: Das ist eine wahre Kunst!“ Jede Gehrung sitzt exakt, es bleibt kein Millimeter Toleranz. Damit am Ende trotzdem beim Aufbau alles passt, sorgt eine Feder zwischen Außenseite und Korpus für den möglichen Ausgleich. „Holz ist wirklich fies, weil kein Brett dem anderen gleicht. Es ist unmöglich, exakt identische Platten herzustellen“, sagt Simone Spang. „Stahl hingegen bleibt auf einen My gleich, aber sobald man mit zwei Materialien arbeitet, zum Beispiel Stahl und Glas, wird es noch extremer.“ Versteht man die Qualität von Piure denn auch ohne dieses Hintergrundwissen? „Der Kunde sieht diese Qualität in der Schönheit des Produkts“, sagt die Chefin des Hauses überzeugt. „Was wir beherrschen, ist das Bild der Möbel und ihre Inszenierung. Vor dem Kauf ist es ja im Grunde nicht mehr als ein virtuelles Produkt. Es läuft ja alles nur über Teile.“ Geliefert wird an den Händler innerhalb von sechs bis sieben

Wochen. Der spielt immer noch eine wichtige Rolle, denn: „Man braucht bei einem Kauf auf dem Preisniveau jemanden, der einem auf die Schulter klopft und sagt: ‚Gut gemacht‘“, entgegnet Simone Spang. „Man kauft ja keinen Pulli, sondern ein Möbel für 10.000 Euro!“

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PUR, ABER MIT i!

„Understatement. Ein Systemmöbel mit Haltung, High-End und luxuriös, aber nicht elitär.“

SYSTEMMÖBEL MIT HALTUNG „Unser Name sagt es ja schon“, meint Ludger Köhler, „dass wir klar sind, logisch denken und handeln. Darum ja auch Pure, aber ein bisschen mehr, deshalb kommt das i noch dazu. So wird es noch ein bisschen subtiler, wir wollten weg von diesem typisch Deutschen. Nur in puncto Qualität und Service wollen wir unsere deutsche Identität behalten.“ Die Essenz des Herstellers in wenigen Worten? „Understatement. Ein Systemmöbel mit Haltung, High-End und luxuriös, aber nicht elitär.“ Die Piure-Möbel bewegen sich dabei immer wieder in Grenzbereichen. Zum Beispiel das System Nex: „Es unterscheidet sich auf den ersten Blick kaum von anderen Stauräumen. Aber wir waren die ersten mit einer fünf Millimeter starken Abdeckplatte auf Gehrung! In der Konsequenz machen das nur wir.“ Es folgte das Nex Pur-Programm: eine Art Liberalisierung durch eine Senkung des Preises. „Damit waren wir auch unter den Ersten, die in den Online-Markt gegangen sind, um gutes Design schnell und zu einem vernünftigen Preis zu liefern.“ Ein Produkt braucht Entscheider, weiß Ludger Köhler. 2016 kam Mesh, gestaltet von dem Berliner Designer Werner Aisslinger, vorgestellt auf der Orgatec in Köln: „Keine Revolution, aber trotzdem sind wir mit dem System in neue Bereiche vorgestoßen“, sagt Köhler. Simone Spang schüttelt den Kopf: „Wenn man ein Kastenmöbel mit Alurahmenmodell und Glas haben will, da ist Mesh schon eine kleine Revolution!“ Nach so viel Erfolgsgeschichten wollen wir auch noch kurz über das Scheitern sprechen, über Krisen und Risiken, die man als Unternehmer eingeht. „Das größte Risiko war für uns, in die Märkte zu kommen“, erinnert sich Ludger Köhler. „Gleich 2006 hatten wir die ersten Krisenjahre. Die können einen ganz schön wegdonnern!“ Er macht eine Pause. „Natürlich haben wir auch eine Reihe von Veränderungen erlebt: Wir hatten zum Beispiel gerade unsere Produktion in der Schweiz

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aufgebaut, da fiel die Euro-Bindung: Ui!“ Wer sich selbstständig machen will, solle alles ausprobieren, „aber man muss realistisch bleiben“, meinen die beiden. „Das, was wir gemacht haben, war schon riskant. Das beachtet man am Anfang natürlich nicht, weil man einfach anfängt.“ Diese Krisen hat Piure überstanden. „Wir sind keine Leute, die den Kopf in den Sand stecken, sondern die, die dann sagen: Jetzt erst recht! Und ehrlich gesagt: Ein bisschen Glück gehört auch immer dazu“, zwinkert Ludger Köhler. In einem komplexen System wie bei Piure brauchen kleinste Änderungen viel Zeit, weil alles miteinander zusammenhängt. Aber Simone Spang und Ludger Köhler haben keine Angst, im Gegenteil: Der Apparat steht unter voller Kontrolle. Und sie sind sich beide einig: Die besten Jahre von Piure kommen noch.

www.piure.de


DESIGN

© Child Studio

© Kiwi Bravo und Alejandra Perini

NEWCOMER TEMBO — AUS EINEM GUSS

WATERSCAPES — SCHWIMMENDE BAUKLÖTZE

© Studio Imke

VON TANJA PABELICK

WOVE CHAIR — FILIGRANES LINIENSPIEL

Die Funktion von Tembo beschreiben die Designer des Stuttgarter Studios Res Anima kurz mit „Objekt“. Ganz bewusst haben Ina Woelk und Philipp Hinderer dem kleinen Elefanten keine Aufgabe zugewiesen, sodass er mal Bücher stützen kann, mal als Türstopper im Einsatz ist oder einfach dekorativ im Regal steht. Trotz seines kleinen Formats bringt er – typisch Dickhäuter – ordentlich Gewicht mit. Der Eisenguss wird nach dem Abkühlen schwarz brüniert oder unbehandelt belassen. Dann zeigt sich auf der Oberfläche mit der Zeit gewollter Rost.

Während Duschen ein rational ausgerichteter Reinigungsvorgang ist, dürfen in die Wanne ein paar Schwimmtiere mit. Badeenten, kleine Poolnudeln oder Bötchen mit manuellem Radantrieb – vor allem für Kinder heißt sitzen gleichzeitig planschen. Auch für Erwachsene hat das niederländische Designstudio De Intuïtiefabriek Badespielzeug aus Schwamm und Bimsstein entworfen. Die geometrischen Figuren lassen sich zur Körperpflege einsetzen oder werden als Wannentreibgut zu Flößen oder Schiffen aufgetürmt.

Der changierende Effekt, bei dem sich mit jedem Blickwinkel die dominierende Farbe verändert, inspirierte die Gestalter des Rotterdamer Studios Truly Truly. Die Gründer Joel und Kate Booy haben Drahtgitterstühle entworfen, bei denen sich zwei lineare und verschiedenfarbig lackierte Raster auf der Sitzfläche überlagern. Oberteil und Untergestell sind als eigene Module gestaltet, die ineinander verschränkt zusammenfinden. Der hohe Wove Chair ist ein klassischer Esszimmerstuhl, die niedriger Variante ein bequemer Lounge-Sessel.

Res Anima www.resanima.de

De Intuïtiefabriek www.deintuitiefabriek.nl

Truly Truly www.studiotrulytruly.com

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FORMSACHE TITEL

Rosy Angelis. © Flos

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DESIGN

ROSY STARCK KOLUMNE VON MAX SCHARNIGG

Eine meiner liebsten Stehleuchten zu Hause nennt sich Rosy. Das passt zu dem immer leicht wehenden Röckchen, das ihr Philippe Starck einst zusammen mit dem klangvollen Namen Rosy Angelis verpasst hat. Warum soll eine mannshohe Stehleuchte nicht einen Vor- und Nachnamen haben? Ich sage also manchmal: „Rosy, calm down, das ist jetzt wirklich ein wenig zu hell!“ (Sie ist dimmbar.) Natürlich ist ihr das aber vollkommen egal, sie kann mich nicht hören, sie ist eine Stehleuchte, und ich bin ein Sitzmensch. Ich muss also aufstehen, selbst runterdimmen und frage mich: Ist es angesichts solcher Unzulänglichkeiten überhaupt sinnvoll, dass unsere Möbel Namen tragen? Oder anders: Sollen wir uns diese Namen merken? Klar, irgendwie muss man das ganze schöne Zeug voneinander unterscheiden. Es ist zwar wunderbar puristisch, aber doch mühsam, das mit Zifferncodes zu machen. Wie bei den frühen Thonets oder Arteks, wo zwischen Sessel 400 und 404 schon eklatante Unterschiede liegen. Typischer Feierabenddialog bei Architekten: „Schatz, bringst du mal den 404 mit in die Küche?“ – „Den von Thonet oder von Artek oder den Internetfehler?“ Deshalb wahrscheinlich haben viele dieser nüchternen Ikonen auch Spitznamen bekommen. Der Mensch will seinen Hausrat persönlich anpöbeln können. Folgerichtig hat Ikea jeden Hocker und jeden Badvorleger mit einem schwedischen Wörterbuch zwangsgetauft, und nahezu alle Designer sind auch dazu übergegangen. Mit wechselndem Erfolg. Ivar und Billy und Twiggy – darüber kann man sich heute gut verständigen. Bei anderen Designikonen aber hat der Name überhaupt nicht verfangen – beim Geburtsnamen von Starcks Zitronenpresse muss man schon lange überlegen oder bei der Artemide-Lampe Tolomeo. Steht auf jedem Schreibtisch, aber der Name klingt immer noch fremd. Und von Stefan Diez fällt mir zum Beispiel als einziger Produktname der Houdini ein, was ich wiederum einen doofen Namen für einen schönen Stuhl finde und deshalb gleich wieder vergesse. Grundsätzliches Ge-

fühl – viel zu viel Durcheinander, jede Möbelmesse ist mittlerweile ein babylonisches Namensgewirr. Das mag auch daran liegen, dass wir seit 15 Jahren mit Entwürfen überschwemmt werden und selbst die größten Online-Möblierer heute stur jede Gardinenstangenaufhängung personalisieren. Das ist absurd, denn da gibt es ja nicht mal ein Geschäft, in dem ein Idealkunde sagen könnte: „Die Gardinenstangenaufhängung LARISSA, bitte.“ Online wird nonverbal geshoppt, ausgepackt, aufgebaut und fertig. Der Name des Möbels steht nur noch auf der Rechnung, er ist egal, warum nicht einfach durchnummerieren? „Grässlich bunter Sessel Nr. 4“ etc. Wobei das dann auch wieder klingt wie beim letzten Existenzialisten-Label aus Berlin. Also, es ist schwierig. Der angenehme Leuchtenhersteller Nemo hat unlängst einen rohen Eisenträger vorgestellt, der dank der Gestaltung von Rudy Ricciotti zur Lichtquelle wurde. Der Name des massiven Teils ist Mais plus que cela je ne peux pas. Das ist manieriert! Bevor das Mode macht und man sich zu jedem Sessel eine ganze Operette merken soll, plädiere ich dafür, dass jedes neue Stück verpflichtend den Namen seines Designers als Nachname trägt. Bei den Vornamen dürfen sich die Gestalter weiterhin austoben, wie es gutes Elternrecht ist. Die Nemo-Leuchte könnte also: Rusty Ricciotti heißen, meine Stehleuchte wäre dann Rosy Starck. Und für den kleinen Houdini Diez finden wir bestimmt auch noch einen Platz.

Max Scharnigg arbeitet als Redakteur für Stil und Lebensart bei der Süddeutschen Zeitung. Er sammelt dänische Leuchten und englische Kletterrosen. Sein letztes Buch beschäftigte sich mit dem Thema gute Manieren im Netz. www.scharnigg.de

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EDITOR’S PICK — RUNDE SACHE(N)

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FIVE CIRCLES Schneidebrett, Tablett oder einfach nur Dekorationsobjekt – Muller van Severen hat für Valerie Objects ein Set aus fünf runden Elementen samt Packaging entwickelt. Frappant ist der Materialmix: Marmor und Polyethylen. Übereinandergestapelt geht Five Circles auch als Miniskulptur durch! csh www.heinze-dear.de/_03621

JABKO Die Glasobjekte von Anna Torfs sind echte Eyecatcher. Jabko heißt eine Kollektion aus perfekt gerundeten Schalen, die in Böhmen mundgeblasen werden. Die belgische Designerin hat ein Faible für skulpturale Formen, die in ihrer Reduziertheit extrem effektvoll sind. csh

TEEMA TIIMI Teema bleibt ein Tableware-Evergreen. Von Kaj Franck in den Fünfzigerjahren entworfen, hat sich Iittala nun an eine Ergänzung gewagt. Die drei jungen Designer Ai Ono, Yenwen Tseng und Minjia Wang haben mit Teema Tiimi eine Schüssel, zwei verschieden große Teller und eine Schüssel mit Deckel in klassischem Weiß gestaltet. Ganz im Sinne Kaj Francks sind die robusten und ofenfesten Teile sowohl für die europäische als auch die asiatische Küche geeignet und können mit den originalen Stücken ganz einfach kombiniert werden. csh www.heinze-dear.de/_03622

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DOSSIER

WIE VIELE ARBEITEN EIGENTLICH BEI EUCH?

UNGEFÄHR DIE HÄLFTE. 63


BÜRO 3000 Vergessen Sie alles über Chefetagen, Kaffeeküchen, Einzelplätze oder Großraumbüros. Denken Sie weder an Hierarchien noch an feste Gewohnheiten. Denken Sie doch ausnahmsweise einmal an sich selbst.

Automatisierte Verfahren werden unsere Arbeit erleichtern: BIM in der Architektur, 3-D-Druck im Prototypenbau, ja selbst in etlichen Herstellungsprozessen, und in vielen Verwaltungsbereichen treffen Algorithmen die Entscheidungen, die bisher in den Händen von Beamten und Betriebswirten lagen. So weit entfernt es klingen mag, wir befinden uns mittendrin: in der Digitalen Revolution. Und nun? Politisch betrachtet sind dringend Leitplanken gefragt, die uns im Umgang mit digitaler Technik Orientierung geben, aber auch Grenzen aufweisen. In der Arbeitswelt wird man neue Wege finden müssen. Womöglich wird man weniger zum reinen Zweck arbeiten als vielmehr zum Wohl der Allgemeinheit, genauso wie zur Selbstverwirklichung. Darüber hinaus wird sich eine Beschäftigung nicht mehr an Anwesenheit und Zahl der verbrachten Stunden messen lassen. Stichwort „Vertrauensarbeitszeit“: Dabei kann ein Teil der Arbeit neben Bürozeiten und Außendienst bequem von zu Hause aus erledigt werden – auch wenn sich Unternehmen den Vorwurf gefallen lassen müssen, dadurch Schreibtische einsparen zu wollen. Microsoft Deutschland hat so zum Beispiel sein Headquarter in München konzipiert. Dort gibt es genauso viele Sitzplätze wie Mitarbeiter. Gemeint sind damit allerdings alle Sitzgelegenheiten, einschließlich Sessel und Barhocker. Gearbeitet wird in Teams. Jeder räumt jeden Abend seinen Platz. Da bleiben den Mitarbeitern „wenige Möglichkeiten, den Arbeitsplatz individuell zu gestalten“, heißt es beim Ausstatter Designfunktion, der die sieben Etagen gemeinsam mit HPP Architekten gestaltet hat. „Damit sie sich dennoch im Unternehmen zuhause fühlen, vermitteln Räume und Einrichtung ein hohes Maß an Ästhetik und Wohlempfinden.“ Bedeutet: Farbe und ein 64


DOSSIER

wenig Wohnzimmer-Feeling gepaart mit verschiedenen Arbeitszonen, auch stationären Monitorarbeitsplätzen, Konferenzräumen und Telefonzellen. Persönliche Gegenstände können in Schließfächern verstaut werden. Wie gegensätzlich die Erwartungen an zeitgemäße Büros sein können, zeigt sich derzeit am Apple Park im kalifornischen Cupertino. Dieser Tage zogen hier die letzten der 12.000 an diesem neuen Apple-Standort Beschäftigten ein. In dem ringförmigen Bau nach Plänen von Foster + Partner sollen die Mitarbeiter in offenen Räumen an sogenannten „Pods“, also kleinen Inseln mit geteilten Schreibtischen arbeiten. Fokus: enger Austausch und, ja, sicher auch Platzökonomie. Ein Teil der Entwickler, so berichtete Apple-Blogger John Gruber, äußerte Unmut über die neue Struktur, verzichte ungern auf die gewohnten Einzelbüros und drohte sogar mit Kündigung. Für eine Abteilung sei ein eigenes Gebäude realisiert worden, nachdem sich deren Leiter geweigert haben soll, in das fünf Milliarden Dollar teure Prestigeobjekt einzuziehen. Wie und wo wir arbeiten, entscheiden wir zunehmend selbst. Laut einer Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation im Rahmen seines Dauerforschungsprojekts Office 21 wirkt sich ein flexibles oder fixes Arbeitsplatzkonzept gleichermaßen auf Wohlbefinden, Motivation und Performance der Mitarbeiter aus. Relevanter hingegen sind Faktoren wie Interieur, Akustik oder Rückzugsmöglichkeiten. In einer aktuellen Befragung werden die Wirksamkeit von Büro- und Arbeitswelten hinsichtlich der Attraktivität für Arbeitnehmer, aber auch der Einfluss auf das Erreichen strategischer Ziele von Unternehmen und Organisationen untersucht. So wandelt sich der Mensch vom Arbeiter zum Kreateur und mit ihm das Büro zum Experimentierfeld. Auf einer Konferenz zum Thema erklärte Unternehmenskulturberater Jan Teunen vor Kurzem: „Wir können dankbar sein für die Digitalisierung, denn der Mensch ist eigentlich nicht für Routinearbeiten gemacht. Humanismus, Kapitalismus und Sozialität sollten gebündelt werden, um den Menschen wieder in den Mittelpunkt zu rücken.“ mh 65


ALLE NEUNE Neue BĂźrokonzepte in Amsterdam, Berlin, Duisburg, Frankfurt, Hamburg, Lausanne, Lissabon, Paris und Toronto

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Foto: Lisa Petrole

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ALLE NEUNE

Foto: Lisa Petrole

1 KANADISCHER COCKTAIL: DIE ARBEITSWELT VON CAMPARI

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He Distractedly Put the Bitter Campari on His Head: Für die Gestaltung der neuen Campari-Zentrale in Toronto ließ sich das kanadische Designstudio I-V von Fortunato Depero und seinen Postern inspirieren: Wie der italienische Futurist wollten sie ihre „Volumen auf einer Leinwand treiben lassen“. Dazu haben sie die Zutaten, die ihnen zur Verfügung standen, gut durchgeschüttelt und eine abstrakte Raum- und Materialcollage geschaffen, bedeckt mit wundersamen Farben und Mustern. Als Oberfläche für die Büromöbel, den obligatorischen Tresen und den großen Konferenztisch verwenden die Architekten das von Ettore Sottsass entwickelte Bacterio-Muster. Die rot-weiße Struktur ist eine Reminiszenz an die originale Farbe von Campari, Karmin, die aus der Cochenilleschildlaus gewonnen wurde. Über den Büros wartet eine pastellene Relax-Landschaft mit pfirsichfarbenen Sofas.


DOSSIER

Fotos: © aib, Duisburg

2 UPDATE IN DUISBURG: AIB

Modernisierung statt Abriss und Neubau: Besonders den Büro- und Verwaltungsbauten der Nachkriegsmoderne fehlt meist nur das richtige Update auf heutige Standards; der Bestand lässt sich in der Regel gut umnutzen. Das Duisburger Architektur- und Ingenieurbüro aib ist Spezialist auf dem Terrain Bauen im Bestand, und so wundert es nicht, dass die über 200 Architekten und Mitarbeiter selbst in einem aib-Umbau sitzen. Dabei wurde der Bestand, ein ehemaliges Lagergebäude aus den Fünfzigerjahren, bereits in den Achtzigern in ein Bürohaus umgebaut. aib haben dieses jetzt saniert und mit wenigen Eingriffen, wie der Freilegung der Beton-Tragstruktur, in ein großzügiges und helles Architekturbüro verwandelt. Der aib-Hauptsitz in der Fürstenstraße in Duisburg wird damit für die Planer zur Visitenkarte.

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ALLE NEUNE

Foto: Dennis Mueller, Von M

3 KONFERENZ ALS ANTITHESE OUTOFOFFICE IN FRANKFURT

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Anbieter temporärer Arbeitsräume gibt es viele, bei OutOfOffice ist der Name Programm. Sein Betreiber möchte eine Alternative zum Alltagstrott bieten, eine Antithese zum langweiligen Konferenzraum schaffen. „Im Gegensatz zu klassischen Tagungs- und Veranstaltungsflächen sollten die Räume eine unkonventionelle Werkraum-Atmosphäre erhalten und in der Gestaltung eine einfache und industrielle Sprache sprechen“, erklären die drei Architekten Matthias Siegert, Myriam Kunz und Dennis Mueller – kurz VON M. Das 360 Quadratmeter große Apartment befindet sich in einem zehngeschossigen Bürobau aus den späten Sechzigerjahren in Frankfurt-Sachsenhausen. Nach vollständiger Entkernung erstrahlt die gesamte Etage monochrom in Grau. Um den wechselnden Ansprüchen der Raumnutzungen entgegenzukommen, haben die Architekten flexible Möbelsysteme aus matt lasiertem Sperrholz entworfen. Traditionelle Stellwände ersetzten sie durch Streifenvorhänge aus transparentem PVC, die eine flexible Zonierung ermöglichen, ohne den Räumen ihre Weitläufigkeit zu nehmen – oder den Blick auf die Banken-Skyline zu verstellen.


DOSSIER

Foto: Iwan Baan

4 SECOND HOME IN LISSABON

Ihr eigenes Büro in Madrid liegt in einem Wald und gräbt sich zur Hälfte in den Boden, sodass die Architekten auf die Grasnarbe blicken – seit zehn Jahren arbeiten José Selgas und Lucía Cano mit ihrem Team im Office in the Woods. Mit Second Home Lisboa gelingt den Spaniern nun eine gigantische Bürolandschaft in Portugal: Seit Anfang des Jahres entfaltet sich unter dem Dach der altehrwürdigen Markthalle in Lissabon eine Parallelwelt aus organisch geformten Schreibtischen, die sich durch einen Dschungel aus 1.200 Pflanzen winden. Mit dieser amorph geformten Tischlandschaft versuchen SelgasCano den wohlgeordneten Habitus eines Großraumbüros zu brechen. Die Topfpflanzen auf und neben den Tischen verstecken das, was ein typisches Büro kennzeichnet, und bringen gleichzeitig ein gutes Raumklima in die kollektive Arbeitslandschaft. Die Zeiten der digitalen Boheme, die für ihre Arbeit lediglich ein schnelles WLAN, guten Kaffee und den eigenen Laptop brauchte, sind längst vorbei.

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ALLE NEUNE

Fotos: Eduardo Perez © Vitra

5 DAS EMPIRISCHE BÜRO: GFK-HUB IN BERLIN

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„Open Space“ heißt das neue Zauberwort in der Bürogestaltung, denn Open Space bedeutet Freiheit – aber so einfach, wie es klingt, ist es natürlich nicht. „Wenn man dem Mitarbeiter die Wand wegnimmt, muss man viel geben“, weiß Michael Weinmann. Er ist Head of Central Services bei der Gesellschaft für Konsumforschung. Das größte Marktforschungsinstitut Deutschlands lotet die Themen nonterritoriales Arbeiten und Desk Sharing gerade für sich selbst aus. Gemeinsam mit Vitra, langjähriger Möbellieferant von GfK, haben die Marktforscher ein extrem flexibles Arbeitsplatzkonzept entwickelt: das GfK-Hub in Berlin. Das Modellbüro ist ein vielschichtiger offener Raum, der sich in zwei Bereiche gliedert: Um den Empfang am Eingang gruppieren sich die Gemeinschaftszonen mit Küche, Stauraum und einem Lounge-Bereich für Gäste und Mitarbeiter. Die anschließenden Arbeitsbereiche sind offen in einem strukturierten Raum angeordnet, der verschiedene Bereiche für das konzentrierte Arbeiten an Einzeltischen sowie für die Team- und Projektarbeit, für Besprechungen und für den spontanen Austausch schafft.


DOSSIER

Foto: Julia Maria Max

6 COLLABOR8 IN HAMBURG NEW-WORK-KONZEPT VON PLY ATELIER

Auch die Otto Group hat einen Coworking Space. Auf dem Campus der Konzernzentrale in Hamburg-Bramfeld gibt es seit Anfang des Jahres Collabor8 – eine neue Arbeitswelt mit 1.800 Quadratmetern im achten Stock eines Campusgebäudes. Hier sollen mobiles Arbeiten sowie Kreativität und Austausch der Mitarbeiter untereinander gefördert werden. Entwickelt wurde das Konzept von PLY atelier. Die Innenarchitekten haben unterschiedliche Möglichkeiten geschaffen: Einzelarbeitsplätze, flexible Räume mit variablen Tischkombinationen für mobile Arbeitsplätze in Gruppen, kleine Work Units, eine Coffee Lounge und eine Bibliothek. Das Herzstück bildet die Arena, in der bis zu 60 Mitarbeiter auf drei Ebenen zusammenkommen können.

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ALLE NEUNE

Foto: ECAL/Younès Klouche

7 WORKBAYS VILLAGE

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Als die Bouroullec-Brüder 2014 ihr Workbays für Vitra vorstellten, brauchte es noch Erklärungen: Die Mikroarchitektur sollte Arbeitsumgebungen neu definieren und die starren Planungsraster von Büros aufbrechen. Workbays Focus bietet Rückzugsmöglichkeiten, Workbays Meet einen Raum für Kommunikation, und mit Workbays Space lassen sich Raum-in-Raum-Installationen für funktionale Einheiten wie Garderoben oder Teeküchen bilden. Diesen Ansatz haben 16 Masterstudenten der ECAL jetzt weitergedacht. Die Produktdesignstudenten aus Lausanne bauen unter der Leitung von Erwan Bouroullec und dem jungen französischen Designer Camille Blin aus dem Systemmöbel gleich ein ganzes Dorf. Im Workbays Village finden sich eine grüne Oase (Farm Bay von Paula Cermeno), ein Fitnessraum (Workout Bay von Paul Louda) oder eine Bar (Bar Bay von Sara de Campos). Als Basis der Entwürfe dienen hellgraue Elemente der Workbays in verschiedenen Höhen. Mit ihren schlanken Aluminiumprofilen und Wandelementen aus verpresstem Polyestervlies wirken diese filigran, sind aber erstaunlich stabil. So stabil, dass Yasunori Morinaga mit seinem Nap Bay einen kleinen Rückzugsort mit Daybett für die Mittagspause und Antoine Chauvin mit Capsule Bay sogar eine Miniaturvariante des japanischen Kapselhotels bauen konnte.


DOSSIER

Foto: Jan Kempenaers

8 DAS ENDE DES SITZENS

Dies ist kein wirkliches Büro, sondern ein Experiment. Eine Installation auf der Grenze von Kunst, Architektur, Philosophie und Wissenschaft. Die praktische, auf eine Person und einen Ort fokussierte Arbeit wird weniger, Sitzen ist sowieso ungesund, und alles wird mobiler. Warum nicht gleich auf alles verzichten, was für klassische Büroarchitektur und Einrichtung steht? RAAAF (Rietveld Architecture-Art-Affordances) und die bildende Künstlerin Barbara Visser haben ein Konzept entwickelt, bei dem der Stuhl und der Schreibtisch keine unbestreitbaren Ausgangspunkte mehr sind. Stattdessen markiert ihre experimentelle Arbeitslandschaft eine radikale Vision der Arbeitswelt von Morgen. Das Projekt ist ein räumliches Follow-up der kürzlich veröffentlichten Animation Sitting Kills von RAAAF und Barbara Visser und könnte trotz seiner dystopischen Anmutung einen Hinweis darauf geben, wie es um alternative Arbeitsszenarien steht.

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ALLE NEUNE

Foto: Laurent Clement

9 LA NOUVELLE HÉLOÏSE BÜROUMBAU IN PARIS

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Stéphane Malka rückt eine Legende in den Mittelpunkt seiner Gestaltung der Büroräume eines Pariser Unternehmens. Der benachbarte Platz Héloïse-et-Abélard diente dafür als Inspiration. Heloïse und Abélard lebten im 12. Jahrhundert und durften ihre Liebe aufgrund eines zu großen Altersunterschieds nicht ohne Konsequenzen ausleben. Abélard wurde entmannt, beide traten ins Kloster ein, liebten sich aber bis an ihr Lebensende. Eine tragische Geschichte, die aber für die Kraft der Liebe steht. Für das Büroprojekt La Nouvelle Héloïse entwickelte Malka schwebende und sich federleicht bewegende Wände, die einen Tanz in den Büroräumen zu vollziehen scheinen, sich berühren und wieder voneinander lösen – ein Ballett der Wände, ganz der Geschichte der beiden Liebenden folgend. Stéphane Malka unterstreicht das Motiv durch ein camouflageartiges Schwarz-Weiß-Muster, das sich über sämtliche Oberflächen zieht. Dass der Architekt früher Graffiti-Künstler war, lässt sich hier gut erkennen.


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INTERVIEW

KATALANISCHE KOLLABORATION Studio Maio aus Barcelona versteht sich als Büro für Raumsysteme. Die Projekte des Quartetts changieren dabei zwischen Möbeln, Architektur, Ausstellungsdesign und Stadtplanung. Drei der vier Gründer haben wir getroffen und mit ihnen über die Chancen der Krise, ihr dynamisches Büro, die Vorzüge und Begrenzungen eines sehr langen Tisches gesprochen.

VON STEPHAN BURKOFF FOTOS: JOSÉ HEVIA

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DOSSIER

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INTERVIEW Flexibilität und Offenheit sind Begriffe, die mir bei eurer Architektur eigentlich immer in den Sinn kommen. Ist das so etwas wie eure Philosophie? Anna Puig janer: Ja, auf jeden Fall! Wir haben unsere Art, Gestaltung zu verstehen. Design muss für uns offen sein. In einem permanenten Zustand des Unfertigen. Nur so hat es für uns eine Berechtigung. Für uns bedeutet das nicht, weniger Identität in die Dinge zu legen, ganz im Gegenteil. Uns gefällt die Idee, dass alles, was wir tun, immer in Bewegung bleibt. Wir sind Kinder der Krise, was bleibt uns anderes übrig? Wie kam es zu dem Impuls, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ein eigenes Büro in Barcelona zu gründen? Anna: Weil wir das Gefühl hatten, auf die Situation reagieren zu müssen. Mit dem bisherigen Bild der Architektur in Spanien waren wir nicht glücklich und dachten, das wäre vielleicht ein guter Zeitpunkt, um etwas zu verändern, sich zu öffnen und eine Alternative zu bieten zu dem, was die Architektur als gescheitertes Investment ist. Wir sind sehr achtsam in dem, was wir tun und wie wir es tun. Das Ergebnis soll immer Teil einer Kontinuität sein. Wie ist die Situation für junge Architekten in Spanien derzeit? Anna: Wir haben uns ja nicht ohne Grund für Barcelona entschieden. Also nicht nur, weil uns die Stadt und das Leben hier gefallen. Sondern auch, weil man hier sehr gut Architektur schaffen kann. Und die Stadt ist gut angebunden. Wir haben entschieden: Die Orte, an denen man arbeitet, und die, an denen man lebt, müssen nicht unbedingt dieselben sein. Wir arbeiten überall, wo es interessante Projekte und Chancen für uns gibt. Wenn man das akzeptiert – diesen Paradigmenwechsel zum Denken von vor 20 Jahren –, dann ist es okay, als Architekt in Spanien zu

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arbeiten. Die Krise hat unsere Mentalität sehr verändert. Alfredo Lérida: Es war harte Arbeit, außerhalb von Spanien Projekte zu generieren. Aber das ist heute unumgänglich. Auch in unserem Büro müssen wir sehr flexibel sein. Die Struktur unseres Studios ist darauf ausgerichtet. Alles ist sehr transversal, wir sind an Kooperationen gewöhnt und auch daran, Experten aus anderen Disziplinen zu integrieren. Die Art zu arbeiten hat dabei einen großen Einfluss aufs Ergebnis. Alles ist verbunden und sehr offen zugleich.

Wie war das Feedback auf euer Messekonzept für Arper? Anna: Sehr gut! Wir sind wirklich glücklich. Für uns war das ein großer Moment. Wir haben seit zwei Jahren mit Arper zusammengearbeitet, um diese neue Identität zu definieren – für uns war es also die erste öffentliche Präsentation der Ergebnisse. Und das Feedback ist wirklich gut. Sowohl von den Besuchern als auch von Arper selbst. Man muss bedenken, dass ein Messestand nicht nur ein atmosphärischer Präsentations-, sondern auch ein Arbeitsraum für die Mitarbeiter ist – insbesondere sie müssen sich hier wohlfühlen. Was zeichnet einen guten Ausstellungsraum aus? Anna: Ich denke, die Menschen müssen sich wohlfühlen. Also etwas fühlen, nicht nur sehen. Das Objekt sollte nicht bloß wie ein Objekt wirken, sondern als Teil des Lebens. Eine Inszenierung im Raum braucht eine gewisse Tiefe – sie muss nicht auf den ersten Blick erkennbar, aber vorhanden sein. Es sind gewissermaßen verschiedene Ebenen, über die sich ein Raum erschließen lässt.

Was sind die aktuellen Projekte, mit denen ihr euch beschäftigt? Maria Charneco: Wir entwickeln Ausstellungen, städtebauliche Projekte, haben gerade ein Apartmentgebäude in Barcelona fertiggestellt und mit der Sanierung eines großen Bürogebäudes angefangen, wo sich ein industriell geprägtes Viertel in einen Ort für junge Leute, Künstler und andere Kreative wandelt, dazu die Architekturbiennale in Chicago und eine Szenografie für einen Choreografen. Kürzlich haben wir zudem unser erstes Messekonzept für Arper realisiert. Es geht uns weniger um den Maßstab oder die Bedeutung eines Projektes, sondern darum, wie unsere Herangehensweise passen kann.

Alfredo: Flexibilität ist auch hier wichtig. Im besten Fall funktioniert ein Ausstellungsraum für lange Zeit und in verschiedenen Situationen. Anna: Im Fall von Arper bedeutet das, dass wir ein Set aus Elementen entworfen haben. Simple Rahmen, die auf verschiedene Art arrangiert werden können und so unterschiedliche Architekturen und Räume bilden. Auf dem Salone del Mobile in Mailand war es ein großer Stand mit einem Platz in der Mitte, umgeben von kleineren abgetrennten Elementen. Wie eine Stadt in der Stadt. Es gab also eine große Struktur und kleinere Strukturen, die zeigen, wie das Konzept auf verschiedene Weisen umgesetzt werden kann. Viele Formen sind möglich. Wichtig


DOSSIER Der modulare Messestand für Arper hatte seine Premiere beim Salone del Mobile in diesem Jahr. Seine einfachen Elemente sorgen für einen praktikablen Aufbau und lassen sich zu unterschiedlichen Szenerien kombinieren.

Ebenfalls modular gedacht ist die Installation im MACBA (Museu d’Art Contemporani de Barcelona). Sie liefert in einem runden Raum ein neues Ausstellungserlebnis mit einem Raster von 4,8 × 4,8 Metern (siehe Skizze linke Seite).

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INTERVIEW

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DOSSIER

Das Wohngebäude 110 Rooms in Barcelona ist flexibel gedacht: Durch das Hinzufügen oder Subtrahieren von Räumen und Funktionen kann der Entwurf an die Bedürfnisse zukünftiger Bewohner angepasst werden.

war zu schauen, welche Architekturen zur Marke und den Produkten passen. Alfredo: Die weißen Räume ermöglichen es auch, den Fokus aufs Produkt zu legen und mit Farben zu experimentieren. Unser Ziel war es, verschiedene Nutzungen in einem Rahmen zu ermöglichen. Im Sinne der Konstruktion ist dafür alles sehr einfach gehalten. Es gibt dreidimensionale Verbindungen zwischen den Rahmen, die alle denkbaren Konfigurationen erlauben. Anna: Neben dem Bild der Stadt wollten wir mit dem Gedanken an Innenräume arbeiten. Jeder Raum hat einen bestimmten Charakter und eignet sich somit für ein bestimmtes Set an Möbeln und eine bestimmte Atmosphäre. Der weiße Raum bietet dabei die Bühne, auf der sich die Möbel zusammen inszenieren. Wie viele Leute arbeiten eigentlich aktuell bei Studio Maio? Und was zeichnet ein gutes Büro aus? Alfredo: Zurzeit sind wir vier Partner und Architekten und drei Mitarbeiter. Bei umgangreichen Projekten werden wir auch größer. Maria: Wir arbeiten im Studio oft mit anderen Disziplinen zusammen, aber nicht wie ein Coworking, sondern wie eine kleine große Firma: Bauingenieure, Landschaftsarchitekten, Interior Designer, Industriedesigner, die bei uns im Studio dabei sind, und zwar immer dann, wenn eine Zusammenarbeit mit uns sinnvoll ist. Insgesamt sind wir also etwa 14 Personen im Studio.

Foto: Adrià Cañameras

Anna: Damit das alles funktioniert, haben wir auch unser Studio gemeinsam entworfen. Unter anderem gibt es einen zwölfeinhalb Meter langen Tisch, an dem wir alle arbeiten. Wenn man zu uns kommt, ist es schwierig zu unterscheiden, wer ist der Grafikdesigner, wer ist der Ingenieur und wer ist der Architekt im Büro. Es ist ein Raum ohne Geheimnisse. Alles ist offen. Keine Hierarchien. Für jedes Projekt arrangieren wir uns neu: Wer ist dabei, wer nicht, wer leitet das Projekt, wo finden wir uns zusammen. Es ist ein ständiger Anpassungsprozess. Maria: Wir sind sensibel, was die Größe des Unternehmens angeht. Niemand von uns möchte eine Firma mit 200 Mitarbeitern haben. Anna: Es ist wie in unseren Projekten. Alles, was nicht an unseren Tisch passt, passt nicht zu unserem Büro.

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Alfredo: Vielleicht kaufen wir aber auch mal einen zweiten. 83


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CABLEYOYO Ewiges Kopfhörerkabel-Entknoten ist mit Cableyoyo von Bluelounge passé. Während Anschlussstecker und Kabel sauber ins Innere eines Silikonrings gewickelt werden, hält ein Magnet die Hörer griffbereit im Zentrum. Erhältlich ist das Gadget in fünf Farben, geeignet auch für Ladekabel. mh

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DOSSIER

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DOSSIER

Wir könnten hier alle sofort zusammen ein Büro eröffnen und wären erfolgreich:

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OFFICE SUMMIT IN BILBAO Im Norden Spaniens nimmt das Baskenland eine Sonderstellung ein und unterscheidet sich deutlich vom Rest Spaniens. In der Landschaft vom Atlantik bis zu den Pyrenäen pflegt man seine kulturelle Eigenständigkeit und hat mit Euskara eine eigene Sprache, die mit keiner anderen bekannten Sprache verwandt ist. Im Gegensatz zum Rest des Landes hat die Wirtschaft im Baskenland eine eigene Entwicklung genommen. Unter allen spanischen Regionen führt das Baskenland seit vielen Jahren die Statistik der Jahreswirtschaftsleistung pro Kopf an und kann sich mit anderen europäischen Regionen messen. Die größte Stadt des Baskenlandes, Bilbao, ist Symbol für diesen Aufstieg einer Region. Bilbao, einst als die hässlichste Stadt Spaniens bekannt, ist heute eine gern besuchte Architekturmetropole. Seit 20 Jahren ist das weltberühmte Guggenheim-Museum von Frank Gehry

ein unübersehbares Sinnbild für das neue Selbstbewusstsein dieser Stadt. Viele weitere große und bekannte Architekten folgten und veränderten die nur knapp 350.000 Einwohner umfassende Hauptstadt der Provinz Bizkaia aufs Positivste. Heinze lud im Mai dieses Jahres Architekten und Unternehmen zu einem Summit nach Bilbao und in die nähere Umgebung ein, mit dem Ziel, gemeinsam die Zukunft der Büroplanung zu untersuchen. Das Thema sollte anhand exemplarischer Fragestellungen analysiert und mögliche architektonische Szenarien sollten entwickelt werden.

TEXT UND FOTOS: ROLF MAUER

Die Heinze-Summits versammeln führende Architekten und Innenarchitekten sowie richtungsweisende und visionäre Industriepartner zu mehrtägigen Intensiv-Workshops. Mehr Infos unter: www.heinze.de/events/architekturevents

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OFFICE SUMMIT: TECHNOLOGISIERUNG

FLEXIBILITÄT BLEIBT WICHTIG Unsere Büros waren noch nie so technologisiert wie heute und haben dabei noch nie so untechnologisch ausgesehen. Wie verändert sich die Büroarchitektur mit diesem Wandel? Wie sieht das Büro der Zukunft aus?

aber mit den veränderten Lebenssituationen von Mitarbeitern um? Wir müssen auf geänderte und sehr flexible und variable Arbeitsbedingungen reagieren. Wir müssen Lösungen finden, die über die üblichen Angebote wie ein Open-Space-Büro oder das Großraumbüro hinausgehen. Diese vorgefertigten Arbeitsplatzangebote ignorieren die individuelle Person. Wer langfristig Mitarbeiter halten will, muss Arbeitsplätze zum Individualisieren anbieten. Arbeitsplätze müssen nicht „clean“ sein – sie müssen dem Menschen, der hier arbeitet, Raum zur Veränderung lassen. Wir müssen als Architekten und als Designer wieder Atmosphäre in die Büros einbringen und für Rückzugsorte sorgen. Flexibilität bleibt wichtig. Das iPhone ist gerade zehn Jahre alt geworden, und wir alle wissen, wie sich die Technik in dieser Zeitspanne verändert hat. Das war nicht vorhersehbar. Eine Antwort auf die Frage, wie sich Technik entwickeln wird, ist anmaßend. Wir können heute keine Konzepte mehr entwerfen, die dem Anspruch genügen, für die nächste Dekade gültig zu bleiben. Wir müssen folglich Räume entwerfen, die eine größtmögliche Variabilität ermöglichen. Unsere Bauherren haben einen Anspruch auf investitionssichere Gebäude, die ihrer Funktion über Jahrzehnte gerecht werden.

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JÜRGEN PRECKEL, PFEIFFER ELLERMANN PRECKEL ARCHITEKTEN UND STADTPLANER BDA AXEL KOSCHANY, KOSCHANY + ZIMMER ARCHITEKTEN MATTHIAS SIEGERT, VON M GMBH

Die Technik beeinflussen wir als Planer nicht. Wie gehen wir


OFFICE SUMMIT: KULTURWANDEL

DOSSIER

WIR WOLLEN VIELFALT NICHT DURCH EIN DOGMA GLÄTTEN Neue Hierarchiemodelle und mehr Selbstbestimmung der Mitarbeiter erfordern einen radikalen Kulturwandel. Wie kann Architektur auf das neue Distinktionsbedürfnis der Unternehmen reagieren, ohne zu banalisieren? Was sind die Alternativen zum Open Space?

Fragen keine allgemeinen Antworten geben. Der „perfekte“ Workflow in einem Büro ist zu vielen Einflüssen unterworfen. Dabei sind extrem viele Interessen zu berücksichtigen: Der Bauherr verfolgt seine Interessen, der Mieter einer Gewerbeeinheit im Gebäude hat wieder andere, besondere Interessen. Aus der Mieterbranche erwachsen wiederum eigene Anforderungen, und letztlich will der Arbeitsplatzinhaber auch noch ein Wort mitreden. Man kann also keine Generallösung formulieren. Wir müssen die Frage beantworten, für welches Unternehmen man in welcher Matrix die beste Lösung abbildet. Eine Antwort auf eine undogmatische Herangehensweise kann eine „Bürolandschaft“ sein, welche die Vorteile der Vielfalt einer Landschaft aufzeigt. Der Nutzer – das ist ganz wichtig – muss sehr eng in den Entwurf eingebunden sein. Ein Weg, der wie ein Pfad durch eine Landschaft geht, kann in diesen Bürolandschaften das verbindende Element sein, das verschiedene Nutzungszonen zusammenfasst.

THOMAS SCHMIDT, SSP AG MARK JENEWEIN, LOVE ARCHITECTURE AND URBANISM ULRIKE BRANDI, ULRIKE BRANDI LICHT GMBH

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Es gibt keine allgemeinen und dauerhaften Lösungsvorschläge, mit denen man den Kulturwandel sortieren oder klassifizieren kann. Wir können als Architekten auf diese

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OFFICE SUMMIT: MOBILITÄT

WIR KÖNNEN HEUTE JEDERZEIT ÜBERALL ARBEITEN Die Globalisierung bedingt, dass Dienstleistungen „flüchtig“ werden. Die Menschen müssen zunehmend mobiler werden. Arbeitsplätze werden nicht mehr fest zugeordnet, sondern gegebenenfalls jeden Tag neu verteilt. Es kommt vor, dass Arbeitnehmer heute in Frankfurt, morgen in Hamburg und übermorgen in London arbeiten. Welche Lösungen haben wir Architekten anzubieten? Wie gestalten wir Arbeitsplätze für die mobile Generation?

bräuchten eigentlich die Möglichkeiten der Mobilität nicht. Wir müssen feststellen, dass die neuen Kommunikationsmittel die Art der Arbeit nicht beeinflussen. Offensichtlich wollen immer noch alle in einen Arbeitsprozess integrierten Menschen physisch zusammensitzen und weichen nur im Einzelfall auf die neuen Techniken aus. Zusammenarbeit setzt Vertrauen voraus, und dieses lässt sich nur im persönlichen Kontakt gewinnen. Wir haben in unserer Gruppe den entwickelten Ansatz „Office One“ genannt, in Anlehnung an eine Hotelgruppe ähnlichen Namens. Ein Büro, das auf die Anforderungen moderner Mobilität eingeht, könnte so aussehen, wie es sich bei vielen neuen Hotelkonzepten beobachten lässt: Kleine Zimmer korrespondieren mit großzügigen Lounge-Bereichen, in denen man sich trifft und wo man auch gemeinsam oder alleine arbeiten kann. An diesen Orten lassen sich auch regionale Einflüsse integrieren, um Identität zu schaffen. Wir können heute jederzeit überall arbeiten. Jeder kann seinen eigenen Rhythmus ausleben. Trotzdem bleiben Orte notwendig, an denen man sich trifft und das direkte Gespräch pflegt. Wir müssen aber auch hinterfragen, was Kommunikation ausmacht und wie sie sich ändert. Unsere nachfolgenden Generationen gehen mit den technischen Kommunikationsgeräten, die es ja erst seit zehn Jahren gibt, anders um als wir bereits im Beruf Etablierten. Für sie ist der häufige persönliche Kontakt als Grundvorausetzung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit wahrscheinlich weniger wichtig. Das können wir heute kaum ahnen.

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ALBRECHT RANDECKER, H4A ARCHITEKTEN CHRIS MIDDLETON, KINZO BERLIN GMBH UTE KRAMM, APLUS ARCHITEKTUR

Wir haben mit einer Gegenthese begonnen. Wir können heute kommunizieren, ohne uns persönlich zu treffen. Wir


OFFICE SUMMIT: ALTERNATIVE ZUKUNFTSMODELLE

DOSSIER

WIR HABEN BEREITS ZUKUNFTSFÄHIGE ARCHITEKTUR, SIE MUSS NUR RICHTIG GENUTZT WERDEN Wo es kein Chefbüro mehr gibt und keiner weiß, was die Anforderungen von morgen sind, braucht man variable architektonische Lösungen und vor allem eine funktionale sowie wandelbare Einrichtung. Welche Strategien ermöglichen

Ziehen wir uns nicht zu große Schuhe an, wenn wir die Frage beantworten wollen, welche Strategien eine zukunftsfähige Architektur ermöglichen? Müsste die Frage nicht richtigerweise lauten: Welche Architektur ermöglicht zukunftsfähige Strategien? Letztlich ist die Architektur unser Gewerk. Als Architekten müssen wir daher die Architektur fokussieren. Auch die Behauptung, dass es kein Chefbüro mehr gibt, ziehen wir in Zweifel. Natürlich kann im Einzelfall das Chefbüro entfallen, aber das lässt sich nicht als Regelfall anwenden. Klassische Strukturen mit klassischer Hierarchie werden nicht so schnell verschwinden. Wir müssen uns vom dogmatischen Denken freimachen. Wir haben bereits zukunftsfähige Architektur, sie muss nur richtig genutzt werden. Wir sind als Architekten nicht allein in der Lage, Strategien zu entwickeln. Diese Annahme beruht auf einem veralteten Architektenbild. Es gab sicher eine Generation, die nicht nur gute Architektur entwickelt hat, sondern auch mit dem Sendungsgedanken lebte, sie könne die Welt verbessern. Wir sollten selbstbewusst und natürlich auch in der Lage sein, unsere Kunden beraten zu können. Wir sollten unsere Bauherren motivieren, mit uns in einen Diskurs zu treten, um gemeinsam herauszufinden, was unsere Auftraggeber innerhalb ihrer Unternehmenskultur brauchen. Nur dann können sie langfristig attraktive Arbeitsplätze anbieten. Der Summit ist insofern überraschend, als dass es gelungen ist, mit vier verschiedenen Fragestellungen aus vier Arbeitsgruppen die gleiche Antwort zu finden. Es lässt sich eine große Gemeinsamkeit feststellen, wie wir alle auf unsere beruflichen Herausforderungen reagieren. Wir könnten hier alle sofort zusammen ein Büro eröffnen und wären erfolgreich. Wir haben in Bilbao Werte durch gemeinsames Arbeiten geschaffen. Vielleicht ist genau dies die Zukunft der Arbeit.

KILIAN KADA, KADAWITTFELDARCHITEKTUR SASCHA RULLKÖTTER, SLAPA OBERHOLZ PSZCZULNY | SOP GMBH & CO. KG JÜRGEN STEFFENS, JSWD ARCHITEKTEN

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zukunftsfähige Architektur?

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OFFICE SUMMIT IN BILBAO

Der Office Summit in Bilbao wurde ermöglicht durch:

Das dänische Unternehmen Bell Xpress wurde 1993 von Bo Frandsen und Søren Hagelskjær gegründet, um außergewöhnliche Designlösungen für Wohnumgebungen zu kreieren. Mit einer Produktspanne von Telefonen bis hin zu Küchenausstattungen hat Bell Xpress zahlreiche erfolgreiche Designprodukte zum Leben erweckt. 2009 wurde Bell Xpress als europäischer Vertreiber von LED-Leuchten des amerikanischen Unternehmens KONCEPT ausgewählt. www.bellxpress.dk

Ob bei der Arbeit, in der Freizeit, auf Reisen, in Krankenhäusern oder Klassenräumen: Armstrong bietet innovative Deckenlösungen, die durch ihre Leistung beeindrucken und inspirieren. Armstrong hat sich zum Ziel gesetzt, die Lebensqualität von Menschen überall in der Welt zu verbessern. Besonders anspruchsvolle Kunden zufriedenzustellen, ist für das mehr als 150 Jahre alte Unternehmen kein bloßer Slogan, sondern tägliche Realität. www.armstrongceilings.com

Licht und Design in Perfektion aus der Nähe von Hamburg: Das junge deutsche Unternehmen hat sich dem Licht in all seinen Facetten verschrieben. Egal ob Objekt- oder Wohnraumbeleuchtung, Kai Byok entwickelt und produziert mit seinem Team individuelle, modulare Leuchten, die höchste Adaptivität mit gutem Design kombinieren. Norddeutsche Sachlichkeit findet sich in den Entwürfen wie auch in der Firmenphilosophie wieder. Zahlreiche Designpreise zeugen von der Innovation, die Byok nationalen wie internationalen Erfolg sichert. www.byok.lighting

Teppichböden in höchster Qualität, dafür steht der Name Object Carpet. Seit über 40 Jahren produziert das im schwäbischen Denkendorf ansässige Unternehmen Bodenbeläge, die gleichermaßen Architekten und Privatkunden ansprechen. Zahlreiche Preise beweisen, dass die Kollektion in Design und Material immer auf der Höhe der Zeit ist. Ob strapazierfähige Teppichböden für den Objekt- oder edle Naturmaterialien für den Wohnbereich, Object Carpet bietet für jeden Anspruch den passenden Teppich. www.object-carpet.de

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Wie sehr der menschliche Faktor weiterhin im Mittelpunkt steht, zeigt die neue Europazentrale von Lapp in Stuttgart. Sie wurde genau auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter zugeschnitten – mit blendfreien Beleuchtungslösungen von Waldmann. Mitarbeiterwohl ist Firmenwohl. Das wusste auch Oskar

gung entspricht ihre Farbe exakt dem Farbton der Tische, an

Lapp, findiger Maschinenbauer und Gründungsvater der Lapp Gruppe. Nicht umsonst zählt das in dritter Generation geführte Familienunternehmen aus Baden-Württemberg heute zu den Weltmarktführern im Bereich der Kabel- und Verbindungstechnologie. Mit der Lapp Arbeitswelt 4.0 in Stuttgart-Vaihingen möchte das Unternehmen seine interne und externe Kommunikation verbessern. Dabei setzt es nicht nur auf die Zusammenlegung bisher getrennt agierender Abteilungen unter einem Dach, sondern vor allem auf mehr räumliche Offenheit und Flexibilität. So wurden alle Büroebenen nach dem Open-Space-Konzept entworfen und geschlossene Arbeitsräume durch Thinktanks oder Team Zonen ersetzt. Große Fenster, Grünpflanzen, die als Raumtrenner dienen, eine Wasserwand und hängende Gärten sorgen für ein angenehmes Raumklima. Den Angestellten steht es außerdem frei, ihre Tätigkeiten vom ergonomischen Arbeitsplatz mit Flüstertastatur an die hauseigene Espressobar im Erdgeschoss oder auf die Dachterrasse zu verlagern. Doch selbst unter optimalen Bedingungen kann die tägliche Arbeit am Bildschirm zu Ermüdungserscheinungen und gar Unwohlsein führen. Sind die Lichtverhältnisse nicht perfekt abgestimmt, ist das Auge schlichtweg überfordert. Deshalb kommen in der Lapp Arbeitswelt 4.0 maßgeschneiderte Arbeitsleuchten von Waldmann zum Einsatz. Das Familienunternehmen aus Villingen-Schwenningen, das sich mit seinen herausragenden Lichtlösungen längst international einen Namen gemacht hat, überzeugte auch in diesem Fall mit seinen direkt-indirekt abstrahlenden Leuchten. Da jeder Lapp-Mitarbeiter über zwei Bildschirme verfügt, war eine gut austarierte, gleichmäßige Beleuchtung für die Doppelarbeitsplätze unverzichtbar. Als perfekte Lösung erwiesen sich hier die Leuchten der Serie LAVIGO mit langem Leuchtenkopf, die trotz ihrer hohen Beleuchtungsstärke von mehr als 1.000 Lux besonders blendarm sind. Als ästhetisch anspruchsvolle Sonderanferti-

denen sie mithilfe eines projektspezifischen Adapters befestigt wurden. An den leicht abgeschirmten Einzelarbeitsplätzen und Thinktanks kommen hingegen die puristischen Pendelleuchten der IDOO.line-Familie zum Einsatz. Da hier die Verwendung mobiler Endgeräte besonders häufig ist, punkten die Leuchten mit ihrer bemerkenswert hohen Entblendung. Abgerundet wird das gelungene Konzept im wahrsten Sinne des Wortes durch die VIVAA-Leuchten, die die Teamzonen in sanftes Licht tauchen.

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PIONIER DER SITZKULTUR EIN BESUCH BEIM BÜROSITZMÖBELHERSTELLER KLÖBER

1935 erfindet eine junge Dame aus eigener Not heraus einen bequemen, gefederten Holzstuhl und gründet damit eine Gesundheitsstuhlfabrik, die noch heute für Innovation, Qualität und Sitzkomfort steht.

FOTOS: ANNETTE KUHLS

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Die

damals

25-jährige

Sekretärin

Margarete Klöber (viel ist über sie leider nicht bekannt) baut den Stuhl natürlich nicht selbst, sondern übernimmt das Patent von einem örtlichen Schreinerbetrieb: Polstergleich heißt Klöbers erster Drehstuhl aus Holz, dessen Sitzschale sich dreidimensional bewegen und verstellen lässt. Vier Sitzfedern, die unter der Sitzfläche angebracht sind, ermöglichen die Bewegung in alle Richtungen: eine echte Innovation, mit der Margarete Klöber ihrer Zeit um Längen voraus war. Bis heute bleibt der gleichnamige Bürohersteller ein „Pionier der Sitzkultur“.

GESUNDES SITZEN Wenn in einem Unternehmen Maschinen älter sind als manche Mitarbeiter, ist das in der Regel ein Zeichen für Handwerk und Tradition. Auch bei Klöber begegnet man teilweise Apparaturen, die schon dutzende Jahreswechsel erlebt haben. Andere Werkzeuge hingegen sind wesentlich jünger und Hightech – wie ein neuer Cutter oder die Schnürpolstermaschine. Und etwas versteckt und gut beschützt zwischen Zuschnitt und Konstruktion, nur zwei Türen hinter dem Prüflabor, thront mitten in einer Halle eine große Kapsel: Auf die CNCFräse ist man bei Klöber besonders stolz. „Das macht für uns in der Entwicklung vieles einfacher“, sagt Jörg Bernauer, seit neun Jahren Hausdesigner bei Klöber. Schließlich erlaubt sie ihm, Einzelteile eines Prototyps aus dem Originalmaterial herzustellen und nicht aus Modellschaum. Damit kann man schließlich keinen Sitztest machen. Und bei dem Premiumhersteller dreht sich schließlich alles um das gesunde Sitzen. Durchschnittlich 80.000 Stunden verbringt ein deutscher Büromitarbeiter in seinem Berufsleben sitzend – da sind Rückenleiden absehbar. Gegen eine Verkürzung der Rückenmusku-

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DOSSIER

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„Wir tun alles, um unsere Kernkompetenz optimal einzusetzen.“

latur und die dauerhafte Belastung von Nacken, Schultern, Wirbelsäule und Bandscheiben hilft kein Stuhl, sondern nur Sport. Dennoch gibt es Bürostühle, die Bewegung in unsere Körperhaltung bringen und für Komfort am Schreibtisch sorgen. Bei Klöber in Owingen am Bodensee konzentriert man sich schon seit über 80 Jahren auf die Kernkompetenz Sitzen und entwickelt innovative Bürositzmöbel: ganz im Sinne von Margarete Klöbers Gesundheitsstuhlfabrik mit der Idee, gesundes Sitzen in die Büros zu bringen. Innovative Sitzlösungen, hochmoderne Technologien und eine eigene Design- und Entwicklungsabteilung machen Klöber zum Spezialisten für Bürositzmöbel mit Premiumanspruch. Zu den Kunden zählen größere Banken und Versicherungen, aber auch Unternehmen wie Heineken oder O2 Telefónica.

INNOVATION, DESIGN, ERGONOMIE UND QUALITÄT Für Geschäftsführer Ralf Johow steht hinter dem Begriff „Pionier der Sitzkultur“ der Einklang von Innovation, Design, Ergonomie und Qualität. „Das führt dazu, dass wir neue Entwicklungen, Marktsituationen und -bedürfnisse rechtzeitig erkennen und vorausschauend dazu die richtigen Antworten entwickeln. Zudem setzen wir uns anspruchsvolle Verbesserungsziele, fördern diese systematisch und realisieren sie zügig. Wir tun alles, um unsere Kernkompetenz optimal einzusetzen“, erklärt der 54-jährige Diplom-Ingenieur, seit Mai 2017 als Geschäftsführer an Bord. Der Pioniergeist schläft nie! Und so kommen aus Owingen Erfindungen wie der Klimastuhl: eine Adaption aus der Automobilindustrie. Damit bringt Klöber die Sitzheizung ins Büro. Dort herrsche nämlich kein einheitliches Klima, jeder Mitarbeiter habe eine an-

dere Komforttemperatur, erklären Ralf Johow und sein Kollege Frank Willmann, Leiter Customer Care Center. Mit dem Klöber Klimastuhl kann jeder seine eigene Klimazone schaffen. Der Stuhl lässt sich über eine eingebaute Heizmatte im Sitz bis zu 37° C „aufheizen“, während eine Lüftung in der Rückenlehne an warmen Sommertagen für etwas Abkühlung sorgt. Betrieben wird der Klimastuhl über einen Akku mit bis zu 16 Stunden Laufzeit, wobei eine intelligente „Besetzerkennung“ die Funktion ausschaltet, sobald die Sitzfläche frei ist. Innovation, Design, Ergonomie und Qualität finden sich auch im Connex2: einem Bürostuhl, der sich selbst erklärt und maximalen Komfort bei minimalem Einstellungsaufwand verspricht. Die Gewichtsautomatik erkennt die körperlichen Bedingungen des „Be-Sitzers“ und kann den Stuhl darauf perfekt einstellen: zwischen 45 und 120 Kilogramm Gewicht funktioniert das System. Mithilfe von nur drei Einstellungen lässt sich der Bürostuhl an die individuellen Körpermaße anpassen. Sitzhöhe, Sitztiefe sowie die Lordosenstütze lassen sich bedarfsgerecht regulieren. Alles andere übernehmen die speziell entwickelten Funktionen: die Punkt-Synchron-Automatikmechanik und die dreidimensional bewegliche Sitzfläche. Beide Stühle stammen aus der Feder von Jörg Bernauer. Der Connex2 basiert zwar nicht formal, aber von seiner Grundidee auf dem Connex, entworfen von dem Designer Burkhard Vogtherr. Mit diesem Modell erhielt Klöber 1987 seine erste Auszeichnung in der Kategorie „Design Innovationen“ vom Industrieforum Essen. Mit unzähligen Farbkombinationen eröffnet der Bürostuhl jede Menge Spielraum für persönliche Präferenzen. Was die Connex-Modelle verband, waren

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Im Prüflabor werden die Stühle auf Herz, Nieren und Haltbarkeit getestet. Von den Mitarbeitern wird es auch „Folterkammer“ genannt.

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Dreieck und Mittelnaht auf der Rückenlehne und dem Sitzpolster. Die Serie Connex wird für Klöber damit zum Golf des Unternehmens, „der sieht auch nicht immer gleich aus, braucht aber nicht jedes Mal einen neuen Namen und ist somit ein etabliertes Produkt“, sagt Frank Willmann. Die Autobranche bleibt eine beliebte Metapher und Quelle für Inspiration. Mal ist es eine selbstaufblasende Luftmatratze, mal ein Spielzeug und mal ein Kugelschreiber, der Jörg Bernauer zu einer neuen Bürostuhl-Mechanik inspiriert. Als alleiniger Designer des Haues genießt er viele Freiheiten – ganz frei ist er in seinen Entwürfen aber nicht. Bevor der Designer mit den ersten Skizzen beginnt, stehen Parameter wie Funktion und Preis schon fest. Langjährige Erfahrung im Haus hilft ihm und den Ingenieuren, die Idee von der Entwurfsphase bis in die Produktion zu geleiten. Der Prozess von der Skizze zum Modell dauert mehrere Monate; bis der fertige Stuhl bestellt werden kann, vergehen zwischen zwei und drei Jahren. „Alleine die Testphase im Prüflabor dauert etwa ein Jahr“, erklärt Bernauer. Und wenn dann alles feststeht, müssen noch die einzelnen Werkzeuge für die Produktion angefertigt werden. Viele der insgesamt 80 Einzelteile eines Bürostuhls übernehmen dabei eine Doppelfunktion, denn: weniger Teile, weniger Werkzeuge. Außerdem kann so die Montagezeit verkürzt werden. „Die müssen wir bei jedem Stuhl berechnen und in den Verkaufspreis mit einkalkulieren“, erklärt Bernauer. Nur Rollen und Federn werden bei Klöber eingekauft, der Rest im Werk oder von Zulieferern speziell für Klöber produziert. Da es für jedes dieser Elemente firmeneigene Werkzeuge gibt, bleibt der Büromöbelhersteller unabhängig.

300 BÜROSTÜHLE PRO TAG Klöber produziert nur auf Auftrag, Lagerbestände gibt es in Owingen nicht. Der Grund liegt auf der Hand: Auch wenn die meisten Auftraggeber doch die klassische Variante in Chicago-

Ralf Johow, Geschäftsführer von Klöber. © Klöber

Frank Willmann, Leiter Customer Care Center

DOSSIER

Schwarz bestellen, stehen allein 200 verschiedene Stoffe zur Auswahl, die kombiniert mit fünf verschiedenen Armlehnen, diversen Rahmenmodellen für Rückenlehne und Rollen ein umfangreiches Sortiment an Möglichkeiten aufspannen. Zwei bis drei Wochen dauert es bis zur Lieferung, drei bis fünf Tage nimmt die Produktion eines Klöber-Stuhls in Anspruch. Mit dem Zuschnitt der Textilien für die Bezüge beginnt der erste Schritt. Um so wenig Verschnitt wie möglich zu haben, werden die Schnittmuster computergeneriert, der Stoff per Vakuum angesaugt und von einem automatischen Cutter-Messer zugeschnitten. Dieser Prozess dauert pro Einzelteil nur wenige Sekunden. Anders ist es beim Leder: Als Naturprodukt aus der Rinderzucht aus dem süddeutschen Raum angeliefert, kann Leder nicht geschnitten werden, man muss es stanzen. Auch lassen sich die Schnittmuster bei dem Naturmaterial nicht automatisieren. Jedes Stück Leder wird von einem Experten gesichtet, verletzte Stellen im Leder markiert. Denn auch wenn die süddeutschen Elektrozäune anders als der Stacheldraht den Kühen keine Verletzungen zufügen, bleiben jeder Mückenstich und Operationsnarben im Leder erkennbar. Die möchte natürlich niemand auf dem Sitz oder der Rückenlehne haben. Verarbeiten lässt sich nur befeuchtetes Leder, das deshalb in einer speziellen Kammer auf den Zuschnitt wartet. Die Stoffe hingegen lagern offen sichtbar in der Manufaktur. Bevor es weiter in die Näherei geht, werfen wir einen kurzen Blick in das Prüflabor, von den Mitarbeitern auch „die Folterkammer“ genannt. Hier werden entwicklungssimultan unter anderem komplette Stühle bis zu einer Million Lastwechsel ausgesetzt. Eine andere Maschine führt den sogenannten Walktest durch, der Polster inklusive Bezug auf Qualität testet. „Die Parameter aller Tests orientieren sich an einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von 15 Jahren“, erklärt ein Mitarbeiter dieser Abteilung, die wichtige Erkenntnisse für die Konstruktion sammelt. Wenn also doch nach Jahrzehnten mal etwas kaputt-

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„Konstruiert und entwickelt wird ein Stuhl von innen heraus.“

Bezugstoffe und Leder werden bei Klöber von Hand zugeschnitten und vernäht.

Der Klöber Connex2 überzeugt durch einfache Bedienung und dreidimensionalen Komfort.

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DOSSIER

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Jörg Bernauer, Inhouse-Designer

WEGLASSEN VON UNNÖTIGEM

gehen sollte, kein Problem: Klöber garantiert Ersatzteile für alle seine Stühle auch noch zehn Jahre nach Produktionsende. Und auch danach findet sich noch manche Schraube oder Feder in den Schubladen der Mitarbeiter, sodass für eine Kundin erst neulich ein vererbter Polstergleich wieder repariert werden konnte. In der Näherei bearbeitet man gerade rotes Leder und Stoffe in Chicago-Schwarz: Aus bis zu 34 Einzelteilen setzt sich der Bezug eines Klöber-Drehstuhls zusammen. Sind alle Schnittelemente vernäht, geht es in die Polsterei, wo der Bezug entweder an das Polster getackert oder mit einer Schnur festgezogen wird. In der Montage hilft ein iShelf von Würth den Mitarbeitern, das richtige Zubehör zu finden. Neigen sich einzelne Schraubenbestände dem Ende zu, bestellt das Regal direkt bei Würth: ein guter Service, der Zeit und Geld spart. In dieser vorletzten Halle baut der Endmonteur den Bürostuhl zusammen und testet am Ende noch mal alle Funktionen: Mit seinem Stempel bürgt er für die hohe Qualität. Wie auf einem automatischen Laufsteg schweben die fertigen Bürostühle am Rand der Halle in Richtung Versand zur Endabnahme. Bis hierhin sind für den einzelnen Stuhl vom Zuschnitt über die Näherei, Polsterei und Montage bis zum Versand bis zu fünf Tage vergangen. Produziert werden bei Klöber 300 Stühle am Tag, insgesamt 70.000 im Jahr. „Ab hier kontrolliert der Kunde“, steht in großen Lettern am Ende der Montagehalle über dem Durchgang zum Versand. Qualität ist ein Anspruch, den alle Mitarbeiter mitleben. Etwa zehn Minuten lang erfolgt in der Endabnahme der letzte Test: Mit einer Lupe prüft man erneut die Lederqualität und -verarbeitung, eine Wärmebildkamera zeigt die eingebaute Heizung des Klimastuhls, mit dem Stethoskop lauscht man der Lüftung in der Rückenlehne. Bei so viel Ohr und Auge fürs Detail ist es kein Wunder, dass die Reklamationsquote in Owingen in den vergangenen Jahren deutlich unter einem Prozent lag.

Direkt über den Produktionshallen befindet sich neben den Räumen für die Verwaltung auch das Atelier von Jörg Bernauer. Aus dem Fenster blickt man auf die dichte Waldkante, davor liegen Wiesen und Felder, und in der Ferne wartet der Bodensee auf den Feierabend. „Gelungenes Design ist zeitlos“, meint Bernauer, der aus der Nachbargemeinde Überlingen stammt, dem Ort, an dem 1935 alles begann. Es gehe mehr um Haltung als um Form, sagt Jörg Bernauer. „Weglassen von Unnötigem“, beschreibt er das Design der Klöber-Stühle. Emotionen spielen dabei auch eine Rolle. Die zeitlose Formensprache muss zur Langlebigkeit des Produkts passen. „Konstruiert und entwickelt wird ein Stuhl von innen heraus“, erklärt er. „Das ist auch der Unterschied zu einem externen Designer. Externe Designer bekommen den Motor und entwickeln quasi die Hülle darum.“ Der Produktdesigner gestaltet die Stühle alleine, arbeitet dabei aber eng mit einem zwölfköpfigen Team aus der Konstruktion zusammen. Viele Stühle, die hier bei Bernauer stehen, sind Prototypen. Die Treppe nebenan führt direkt in die Modellbauwerkstatt. Auf dem Regal neben Bernauers Schreibtisch steht ein handgroßes Holzmodell des Stuhls, den Margarete Klöber vor 80 Jahren entworfen hatte. Ganz wie der echte Polstergleich lässt sich auch das kleine Modell bewegen: Miniatur-Sprungfedern lassen auch die kleine Holzsitzschale zu einem Polstergleich werden. Die Liebe zum Detail kennt bei Klöber keinen Maßstab.

Über das Unternehmen Vor über 80 Jahren als kleine Gesundheitsstuhlfabrik gegründet, zählt Klöber heute zu den führenden Bürositzmöbelherstellern Deutschlands. Dabei hat sich das internationale Unternehmen auf ergonomische und hochwertige Bürositzmöbel spezialisiert. Ein „echter Klöber“ vereint Design, Ergonomie und Qualität „Made in Germany“. Am Unternehmenssitz in Owingen am Bodensee arbeiten 140 Mitarbeiter. 2018 wird Klöber wieder auf der Orgatec vertreten sein. www.kloeber.com

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INTERVIEW

EVERYTHING CONNECTS DIE ARBEITSWELT IST STARKEN VERÄNDERUNGEN AUSGESETZT. RUDOLF PÜTZ, GESCHÄFTSFÜHRER VON VITRA DEUTSCHLAND, HAT SICH AUF EINE LEARNING JOURNEY NACH NEW YORK UND SAN FRANCISCO BEGEBEN.

Foto: Michael Hudler

VON STEPHAN BURKOFF

Herr Pütz, warum eine Learning Journey in die USA? Manche Entwicklungen sind mit einem zeitlichen Vorlauf insbesondere in den Hotspots der USA zu beobachten. Hier ist der Wettbewerb um die besten Talente und Fachkräfte eine der größten Herausforderungen für Unternehmen. Der Erkenntniswert unseres Blicks auf unterschiedlichste Unternehmen, Coworking Spaces, Universitäten, Labs, Architekturstudios und Accelerators liegt demzufolge primär im frühzeitigen Erkennen von Trends und konkreten Entwicklungen, denen auch die Unternehmen in Deutschland mit einem zeitlichen Versatz ausgesetzt sein werden.

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Was konnten Sie konkret beobachten? Noch vor wenigen Jahren kennzeichneten moderne Arbeitswelten in der Bay Area die typischen Google-Muster: colourful, playful, amenities. Der Eindruck, dass bei diesen frühen Konzepten eher oberflächliche Antworten eine Rolle spielten, ist nicht ganz unbegründet. Unternehmen vermittelten das Image, cool und freizeitorientiert zu sein und leiteten daraus ihre Attraktivität für sogenannte High Potentials ab. Eins zu eins ließ sich das nie auf Europa übertragen. Im Jahr 2017 erleben wir indes deutlich weiterentwickelte, nachhaltigere Lösungen. Arbeitsumgebungen entstehen heute aus der zentralen Frage: „What is the goal of the space?“ Wie sehen die aktuellen Antworten darauf aus? Immer wichtiger wird die Visualisierung der Arbeitsinhalte durch digitale Medien. Die Agentur R/GA in New York ist dafür ein Paradebeispiel. Über viele großflächige Screens werden dort weltweite Agenturprojekte für jedermann sichtbar gemacht. Produkte und Sinnhaftigkeit der Agenturarbeit werden damit erlebbar. Zudem werden digitale Werkzeuge zur Förderung von Interaktion und Kollaboration – auch zur Effizienzmessung – immer wichtiger. Womit gleichzeitig eine starke Betonung des

physischen Orts durch emotionale Gestaltung und Aufladung der Arbeitsräume einhergeht. Ihr Fazit? Nicht mehr das Angebot von Annehmlichkeiten steht ganz oben. Der Mitarbeiter selbst mit seinen Bedürfnissen wird ins Zentrum gesetzt. Umgebung, Werkzeuge und Angebote müssen ihn dabei unterstützen, produktiv und gesund arbeiten zu können. Die Idee vom Campus, welcher Community und Heimat stärkt, zieht sich wie ein roter Faden durch alle Konzepte. Digitale und physische Welt sind nicht länger Gegensätze! Sie bedingen und ergänzen sich. Alles passiert miteinander, nebeneinander. Der Raum bildet die Klammer, der die beiden Welten „digital/analog“ verbindet und alles orchestriert. Zusammenfassend lassen sich die Entwicklungen mit dem Zitat von Scott Doorley, Creative Director der Stanford d.school, treffend beschreiben: „Space is the body language of an organization.“


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TITEL

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ARCHITEKTUR

Foto: Cyrill Matter, 2017

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PETER ZUMTHOR

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ARCHITEKTUR

Auf dem Weg nach Vals. Foto: Adriano A. Biondo

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PETER ZUMTHOR

Was mir lieb ist Peter Zumthor feiert in Bregenz

VON JEANETTE KUNSMANN UND STEPHAN BURKOFF

„Das Leben ist zu kurz.“ Mit diesem Satz beginnt der Kunsthaus-Architekt sein Vorwort im Begleitheft zur Ausstellung in Bregenz, und damit ist auch schon alles gesagt. Peter Zumthor will hier nicht seine Architektur ausstellen – und er muss es auch gar nicht, denn sein Kunsthaus steht ja schon seit 20 Jahren in Bregenz. Lieber will er Dinge zeigen, die ihm lieb sind: Fotografie, Musik, Literatur, ein Garten und ein Festsaal sind die Elemente seiner Ausstellung. Er will sie teilen und daraus ein Fest machen – ein „Fest der Künste“. Die Besucher werden zu Gefangenen. Sie wollen das Kunsthaus nicht mehr verlassen. 110


ARCHITEKTUR

3. OG, Installation Lungenkraut von Gerda Steiner und Jรถrg Lenzlinger

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PETER ZUMTHOR

Seite 111–113: Peter Zumthor, Dear to Me, 2017 Ausstellungsansichten, Kunsthaus Bregenz Fotos: Markus Tretter Courtesy Atelier Peter Zumthor & Partner Š Peter Zumthor, Kunsthaus Bregenz

2. OG, Gebrauchsantiquariat von Walter Lietha als Leihgabe

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ARCHITEKTUR

1. OG, Fotoserie von Hélène Binet und Spieluhrinstallation mit der Komposition Tinkle for P.Z. von Olga Neuwirth

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Kunsthaus Bregenz, 2004. Foto: © Hélène Binet

PETER ZUMTHOR

Er erwartet uns im Direktorenzimmer von Thomas Trummer. Von hier aus blickt man direkt auf die Glasfassade des Kunsthauses, in dem gerade die letzten Aufbauten erledigt werden. Das Wetter kann sich nicht entscheiden, ob es freundlich oder dramatisch sein möchte. Wind kommt auf, eine Folie flattert zwischen Theater und Kunsthaus in die Höhe. Peter Zumthor sitzt am Schreibtisch. Er lächelt.

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ARCHITEKTUR Herr Zumthor, wie viele Interviews haben Sie eigentlich in den letzten Wochen gegeben? Das ist erst das vierte, aber es kommen noch etwa zehn. Welche Medien spielen für Sie eine Rolle? Er hüstelt. Also, ich bin Leser der Neuen Zürcher Zeitung. Und dann schaue ich Fernsehen zum Einschlafen … Lesen Sie denn selbst gerne Interviews? Ja, von Künstlern. Habe ich schon lange nicht mehr, aber das mache ich eigentlich gerne. Gerade habe ich so ein kleines Buch über Giacometti gelesen. Haben Sie einen Computer? Ich habe ein iPad. Das heißt, Sie schreiben auch E-Mails? Ja! Und wir haben viele Facetime-Konferenzen. Über mein iPad bin ich im Kontakt mit meinem Büro. Es ist eine tolle Kommunikation! Cappuccino und Espresso werden hineingereicht, worüber Peter Zumthor sich sehr freut. Man kann die größten Pläne einfach in Sekundenbruchteilen nach Los Angeles oder New York schicken und gemeinsam anschauen! Dann hat sich Ihr Arbeitsalltag in den letzten 20 Jahren sehr verändert. Wissen sie, elektronische Medien und die Zeichenprogramme sind super! Ich habe nämlich noch alles miterlebt: von der ersten Kugelkopfschreibmaschine über eine mechanische Rechenmaschine, mit der man eine reziproke

Tabelle bearbeiten konnte, bis zum Taschenrechner … und so weiter. Hat uns alles die Arbeit erleichtert. Und wie immer, wenn etwas leichter wird, nimmt man noch mehr auf sich ... Aber ich finde es toll, mit meinen Leuten zu kommunizieren. Ich mache eine Skizze, nehme mein iPhone, mache ein Foto und sage: „Schaut euch das mal an!“ Oder umgekehrt. Was vermissen Sie nicht? Wenn ich mir vorstelle, dass wir früher mit diesem pergamentartigen Zeichnungspapier und mit Rasierklingen gearbeitet haben – das sind Welten. Ich trauere dem nicht nach! Und wie arbeiten Sie und Ihr Team heute? Ich war ja früher bekannt für die Bleistiftzeichnungen, die ich zum Teil selbst gemacht habe – ich meine, wir hatten mal eine sehr schöne Kultur von Bleistiftzeichnungen. Und jetzt hat sich dann mit dem Computer bei uns eine schöne Modellbaukultur eingerichtet. Wir bauen sehr, sehr viele Modelle – früher haben wir mehr handgezeichnet. Ich habe immer etwa sieben Leute, die Modelle bauen. Also keine Repräsentationsmodelle, sondern eher Skizzen. Das Kunsthaus Bregenz hat 2.000 Quadratmeter von unseren Modellen in seiner Sammlung. Die waren auch einmal sehr erfolgreich ausgestellt. Das ist die Reaktion auf den Verlust der Maßstäblichkeit beim Computer. Wie meinen Sie das? Der Computer schwebt ja, man weiß nie genau, ob eine Zeichnung eins zu eins ist. Einmal hat jemand eine alte Skizze von mir angeschaut und mich gefragt: „Was ist das? Ein Hochhaus?“ Er macht eine Pause. Es war aber ein Entwurf für eine Pfeffermühle!

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PETER ZUMTHOR Wie sind Sie auf die Idee und die Dramaturgie von Dear to Me gekommen? Zuerst ist es eine Idee, dann der Titel. Also ich will nichts von mir zeigen, sondern Dinge, die mir lieb sind. Ich habe ja auch ein bisschen den Hang zum Gesamtkunstwerk. Bücher habe ich gerne, Gärten habe ich gerne und Musik habe ich gerne. Da entsteht es, und ich skizziere. Es geht hin und zurück, bis alles stimmt. Ein Festsaal, der selbstverständlich wirkt. Entworfen habe ich auch Polstermöbel und die Bibliothekstische. Es ist wie immer beim Entwerfen: Man muss so lange arbeiten, bis alles sitzt. Wie lange haben Sie an der Ausstellung gearbeitet? Richtig angefangen haben wir im letzten Dezember. Die Ausgangslage war: Du bist eingeladen, etwas zu machen ... Dinge zu zeigen, die einem lieb sind, das dann zu teilen und daraus ein Fest zu machen. Was war denn Ihr bisher schönstes oder bestes Erlebnis als Architekt? Da gibt es wirklich viele schöne Erlebnisse. Denkt kurz nach. Mir gefällt, dass die Vorarlberger und Bregenzer und auch die Künstler der Welt dieses Haus hier so lieben. Und als ich das letzte Mal vor zwei Jahren im Kolumba in Köln war, kam eine ältere Dame zu mir und sagte: „Sie sind Herr Zumthor, Sie kennen mich nicht. Aber ich möchte Ihnen etwas sagen: Wenn es mir schlecht geht, komme ich immer hierher.“ Dass die Häuser so berühren, ist sehr schön. Wovor fürchten Sie sich? Also jetzt fürchte ich mich nicht mehr. Im Prozess: dass ich etwas nicht weiß, etwas nicht geht. Manchmal geht es

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lange so, etwas stimmt nicht, und ich weiß nicht, was nicht stimmt. Da kann ich dann schon schlaflose Nächte haben. Und mir dann gut zureden: Sag mal, du hast es doch noch immer geschafft! Das sind die Ängste, die jeder Mensch kennt, der etwas Kreatives machen muss. Sie, ich, wir alle kennen diese Versagensängste.

Ich habe ihn, glaube ich, zweimal gesehen. Er hat mich mal gefragt, was ich da bauen würde ... Und dann ist er gestorben.

Er überlegt.

Seine Augen leuchten.

Ich habe Angst, dass ich mich auf etwas einlasse und nicht spüre, wenn etwas im Umfeld nicht stimmt, und dass das Projekt dann plötzlich gestoppt wird – mit welchen Begründungen und Abfindungen auch immer. Das nützt mir dann nichts. Da bin ich wahnsinnig auf der Hut, dass mir das nicht mehr passiert. Geht es Ihnen bei dem Erkennen um Selbstschutz, oder würden Sie sagen, dass Ihnen ein dickes Fell gewachsen ist? Ob Berlin, Haldenstein oder Bregenz: Sie sind ja als Architekt immer wieder mal auf enormen Widerstand gestoßen. Ja, ich bin hartnäckig und ein dickes Fell habe ich auch. Obwohl es mich eigentlich trifft, und wenn, dann trifft es mich sehr. Aber ich gebe nicht so schnell auf und ich kann auch gut reden und die Dinge erklären. Ich gehöre nicht zu den Architekten, die irgendwann einfach verstummen. Wie ist denn die aktuelle Situation bei der Museumserweiterung in Riehen? Alle freuen sich! Wann geht es weiter? Vielleicht in zwei Jahren, dann beginnen die Bauarbeiten. Sie sind in Basel geboren. Haben Sie Ernst Beyeler noch kennengelernt?

Wie gehen Sie mit dem Erbe von Renzo Piano um? Macht es Druck oder ist es eine Freude? Es ist eine Freude!


ARCHITEKTUR Riehen ist bekannt für seine Parks und für die Fondation Beyeler: einem wunderbaren Museumsgebäude (1997) von Renzo Piano. Bald soll dieses um drei Solitäre aus gestampften Beton erweitert werden – 2016 hatte Peter Zumthor dafür mit seinem Entwurf Museum im neuen Park den entsprechenden Studienauftrag gewonnen. Dazu wird der Berower Park (links) mit dem benachbarten Iselin-Weber-Park (rechts) zusammenwachsen, kein Baum soll gefällt werden.

Situationsplan, Studienauftrag, Stand Juni 2016. Courtesy Atelier Peter Zumthor & Partner

© Successió Miró / Calder Foundation, New York / Art Resource, New York / 2017, ProLitteris, Zürich

Das Erweiterungsprojekt der Fondation Beyeler in Riehen von Atelier Peter Zumthor Haus für Kunst, Courtesy Atelier Peter Zumthor & Partner

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PETER ZUMTHOR Sie beschreiben Ihr Vorgehen oft so: Zunächst braucht es ein Gefühl, und dann entwickelt sich Ihre Architektur Stück für Stück, bis am Ende alles stimmig ist. Glauben Sie, dieses Gefühl kann man lernen? Das Gefühl besteht bei mir aus Bildern. Und auch das Entwerfen vollzieht sich bei mir in Form von Bildern. Mit einer abstrakten Idee kann ich keinen Entwurf beginnen. Ob man das lernen kann? Man kann nur lernen, seiner Intuition zu vertrauen. Es gibt natürlich auch Lehranstalten, das bekomme ich am Rande mit, an denen die Professoren den Studenten die Intuition austreiben. Wo man Entwürfe immer mit Worten erklären muss, auch wenn sie dann nicht mehr so gut aussehen. Wenn Sie sich dann auf den Weg machen: Ist es traumwandlerisch oder Standard? Schon ein Standard. Ich übe das auch mit meinen Leuten: Wir arbeiten in Ebenen. Wir sind immer wieder dabei, wie Kinder im Modell Wände aufzustellen und zu schieben. Das Argument, so werde es zu teuer und nicht genehmigt, ist eine andere Ebene. Mit der Zeit habe ich als Architekt die anderen Ebenen immer im Hintergrund. Aber zunächst ist es mir wurscht. Ich glaube, das mache ich ziemlich gut, dass ich nie die Ebenen vermische. Bei einem komplexen Projekt wie dem Museum in Los Angeles dauert das vier bis fünf Jahre, bis ich Klavier spielen kann. Erst dann kenne ich alle Tasten und weiß, wenn ich hier drücke, läuft es dort so und dort so, und da bekommen wir ein Problem mit der Umweltverträglichkeitsprüfung. Das muss man sich als Architekt erarbeiten, aber das ist ein schöner Moment. Was gefällt Ihnen an ihrem Beruf ? Ich bin ein leidenschaftlicher Architekt: Ich erfinde gerne Häuser.

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Und was gefällt Ihnen gar nicht? Überlegt kurz. Ich bin da eigentlich zufrieden, weil ich etwas machen kann, das ich will. Ich habe auch noch nie Dinge getan, die ich nicht machen wollte. Und: Ich lebe noch! Fühlen Sie sich eigentlich weltberühmt? Überlegt lange. Ja, das ist außen so. Er lacht auf und setzt fort. Es kommt ein bisschen drauf an. Es hört dann bei der Haustüre auf! Wie gehen Sie damit um? Das hat mir mein Sohn einmal gesagt. Verstellt seine Stimme und spricht Bündnerdeutsch. „Du musst es machen wie der Roger Federer: Musst einfach eben immer freundlich sein. Und immer, wenn jemand kommt, sagst du einfach: ‚Ah, Foto, ja klar.‘“ Wieder normal. Seitdem geht es ganz gut. Wie war das mit dem PritzkerPreis? Welche Erinnerungen haben Sie an 2009? Ich war total überrascht! Und die Pritzker-Familie ist ein sehr guter Gastgeber, sie richten ein schönes Fest aus: Das war damals in Buenos Aires. Hat sich denn mit diesem Preis persönlich für Sie etwas verändert? Nein, nicht wirklich. Das kommt ja nicht bis in die Küche!

Welche Rolle spielen Ihrer Ansicht nach Preise in der Architektur? Ich nehme an … Wird still und denkt ein paar Sekunden nach. Lob ist wichtig. Meine Tochter, die Psychologin ist, hat mir einmal gesagt: „Für eine Kritik an einem Menschen braucht es zehn Lobe, um das auszugleichen.“ Denn die Kritik geht viel tiefer, wie wir alle wissen. Und so braucht es Lob. Von daher sind Preise gut! Der Begriff „Stararchitekt“ ist Ihnen unangenehm. Wie möchten Sie gerne genannt werden? Architekt oder Baumeister. Worin liegt da für Sie der Unterschied? Beim Baumeister liegt die Betonung noch mehr auf dem Machen. Er weiß, wie man die Dinge macht. Auch der Architekt könnte schon wissen, wie man die Dinge baut ... Er grinst kurz. Sie sehen ein Gebäude als Gesamtkunstwerk: Inwiefern ist für Sie Architektur eine Dienstleistung? Nein, ich bin kein Dienstleister. Ich produziere architektonische Originale. Deswegen brauche ich einen Auftraggeber, der an meiner Art, Originale zu erschaffen, Freude hat. Man kann mir nicht sagen: „Ich hätte das gerne eckig oder höher oder größer.“ Also gibt es keinen Dialog? Doch, in Bezug auf den Teil der echten Dienstleistung, nämlich dass ein Haus gut funktionieren muss. Es muss praktisch sein, es muss passen. Da kann man mir alles sagen, zum Beispiel: Verstellt die Stimme.


ARCHITEKTUR „Ich will die Fenster nachts schließen können, basta!“ Da akzeptiere ich alles. Welche Vorurteile gegenüber Architekten können Sie nicht bestätigen? Architekten gibt es nicht, es gibt nur einzelne Menschen. Welche Architekten würden Sie als Ihr Vorbild nennen? Wer hat Sie geprägt? Le Corbusier, Louis Kahn, Palladio. Bei denen spüre ich, dass es eine Präsenz gibt von Material und Raum, Licht und Schatten. Das sinnliche Gespür für Architektur sehe ich bei allen Arbeiten von Le Corbusier. Ich habe jetzt im Sommer dieses kleine Haus angeschaut, das Cabanon am Cap Martin an der Côte d’Azur. Ich liebe es, wenn Dinge einfach sind. Ihre Haltung zur Postmoderne? Als Stil hat sie mich nie interessiert. Man kann die Postmoderne so begreifen, dass man aus der Verhärtung der klassischen Moderne mal raus musste. Es war ja wirklich die Ablehnung der Geschichte und eine Beschwörung der eigenen aufrechten Haltung – also Ideologie pur. Dass Robert Venturi und Denise Scott Brown mal diese Sprüche der Architekten mit Witz und Humor sehen und etwas lächerlich machen. Er stellt seine Stimme tiefer. „Schaut mal, es gibt die dekorierten Kisten und so. Hört jetzt mal auf mit dieser Haltung.“ Das fand ich gut. Für mich persönlich war der wichtigste Input aber Aldo Rossi. Aus welchem Grund? Da habe ich dann den Zugang zu meinen eigenen Bildern und meiner Herkunft gefunden. Rossi war wichtig für uns alle in der Schweiz.

Er macht eine Pause. Die Postmoderne hat mich als Stil vielleicht mal zwei oder drei Jahre gestreift, aber es gab in Deutschland eine schöne Nachkriegsmoderne: mit Sep Ruf in München und Egon Eiermann, dem Hansaviertel in Berlin und mit Schneider-Esleben – auch die frühen Bauten von Günter Behnisch, die etwas leichter waren und auf schöne Weise klassische Prinzipien weiterführen. Ich bin erstaunt, dass diese Linie in Deutschland nicht fortgeführt wurde. Aber ich kenne ja die Szene nicht, vielleicht sind mir die entsprechenden Bauten einfach nicht bekannt … Unterbricht sich selbst. Es war eine schöne Zeit und die war vor der Postmoderne. Die war nicht mehr dogmatisch. Auch Hans Döllgast hat damals noch gebaut, und Gottfried Böhm mit seinem qualitätsvollen rheinischen Brutalismus, aber das ist ein Spezialfall. Der Rest der Postmoderne ist ja ziemlich traurig. Aber ich bin kein Architekturhistoriker. Und wie ist Ihre Meinung zur heutigen Architektur? Ich glaube, wenn man selbst etwas macht, sind die Zeitgenossen – auch wenn sie gut sind – eher störend. So geht es mir. Deswegen habe ich gelernt, Distanz zu halten. Das ist eine Empfindlichkeit, die vermutlich auch Künstler haben. Ich mache mein Ding und sage nicht, was Schmarrn ist. Auf die Großväter kann man dann gerne wieder zurückschauen. Trotzdem entstehen heute viele Gebäude, die man schwer als Architektur bezeichnen kann? Offenbar braucht es eine gewisse Kraft, um Selbstbewusstsein und Ausdauer zu haben. Ich habe das gebraucht, um das zu machen, was ich will. Was mir natür-

lich immer geholfen hat, ist, dass Architektur meine Leidenschaft ist. Es geht gar nicht anders. Ich mache das, was ich immer machen wollte. Von daher habe ich Glück. Wenn man Ihre Texte liest, wären Sie auch ein guter Schriftsteller geworden. Das ist schon richtig: Ich schreibe gerne. Jetzt bald kommt zum Beispiel ein Gespräch heraus: A Feeling of History. So etwas mache ich gerne. Ich hätte vielleicht auch Philosoph werden können, Schriftsteller, Komponist, ich weiß es nicht … Ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich mache! Das DAM in Frankfurt widmet sich gerade mit der Ausstellung Frau Architekt der Emanzipation in der Architektur, auch weil momentan mehr Frauen als Männer Architektur studieren. Wie sehen Sie das? Das wird sich ändern! Ich beobachte das allein in meinem Büro, da arbeiten schon seit einigen Jahren mehr Frauen. Etwa zwei Drittel sind Architektinnen, darunter große Talente. Haben es Frauen schwerer im Beruf des Architekten? In dem Bereich der Autorenarchitektur, in dem ich mich bewege, kann ich das nicht sehen. Und in der Ausführung habe ich zwei jüngere Frauen, die auf der Baustelle sehr geschätzt werden. Da habe ich noch nie ein Problem gesehen. Ich könnte mir aber vorstellen, dass es eine kommerzielle Männerwelt gibt, die ich nicht kenne, in der Frauen ziemlich tough und kaltschnäuzig sein müssen, um dort zu bestehen. Also zusammengefasst: Wie stehen Sie zum Feminismus? Eigentlich gut … ich würde nur sagen, meine Frau hat damals ein bisschen übertrieben.

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PETER ZUMTHOR

Peter Zumthor, Haus Zumthor, Haldenstein, 2005. Foto: © Damir Fabijanic

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ARCHITEKTUR Aber es war vermutlich auch notwendig. Sie wollte, dass wir alles teilen, so war das eben in den Siebzigerjahren: Ich mach die Windeln, du machst die Windeln …, ich kaufe ein, du kaufst ein. Ich bin aber nicht jemand, der einkauft – ich will Architekt sein! Hat sie dann aber 15 Jahre später zugegeben, dass es vielleicht zu viel war ... Weil wir gerade bei der Familie sind: Was haben Sie von Ihren Kindern gelernt? Die sind alle drei supergut! Von der Tochter habe ich Ihnen schon ein Beispiel gegeben, sie sagt mir viel im Umgang mit Menschen. Der eine Sohn ist Musiker. Bei ihm sehe ich mit Freude, wie kompromisslos er seine Sache macht, mit einem unglaublichen Spaß, einer Herzlichkeit und einer Offenheit. Ich habe ihn auch noch nie über andere Musiker schimpfen gehört. Das beeindruckt mich. Und der andere Sohn ist Naturwissenschaftler. Ich habe ihn im Labor besucht und freue mich sehr, wenn ich sehe, wie kompetent und gleichzeitig herzlich er als junger Wissenschaftler seine Forschung leitet. Schön, solche Kinder zu haben, da habe ich Glück! Und was haben Sie von Ihren Eltern gelernt? Vom Vater einen Stolz und eine Perfektion. Er war das Gegenteil einer Windfahne: immer standfest und ohne Kompromisse. Das Gegenteil von einem Opportunisten, das war er. Die Mutter war eine musische Frau, aber ohne Ausbildung. Meine Mutter hatte ein sehr gutes Gespür für Formen, Material und Musik. Die Zumthors sind amusische Leute, eher Bauern und Handwerker, und meine Mutter kommt aus einer Familie der Musiker, Maler und Schreiber. Sie hat mich viel gelobt, mein Vater hat nie gelobt. Er kam aus der Generation: Wechselt ins Baseldeutsche.

„Nicht geschimpft ist genug gelobt, oder? “ Apropos Basel: Was lieben Sie an Ihrer Heimat? Ich habe jetzt zwei Heimaten: Ich bin Bündner und Baseler. In Basel kenne ich den Himmel und die Wolkenbilder und weiß, wie dort der Frühling und der Herbst riechen. Wir sind an der Grenze zum Elsass aufgewachsen, und ich liebe die Landschaften dort. Die Kontakte zu den Menschen habe ich weitgehend verloren, die Landschaft ist geblieben und zwei, drei Erinnerungen an alte Häuser. Jetzt, wo Sie fragen, muss ich sagen, dass ich heute mehr in Graubünden verankert bin. Das hat aber lange gedauert. Es ist schön, von irgendwo zu kommen und dort Leuten auf der Straße „Ciao“ zu sagen. Und sie grüßen einen mit Namen zurück. So kann ich gut in die Welt hinaus, nach Los Angeles oder Mexico City. Und was gefällt Ihnen an L. A.? Diese Stadt hat eine Offenheit und auch noch immer eine besondere Freundlichkeit. Man sagt ja oft, die Amerikaner seien nur oberflächlich freundlich oder so. Ich antworte dann immer: Die sind eben freundlich! Das erlebe ich in Los Angeles. In New York ist es schon mehr wie bei uns. Man spürt in L. A., dass alle dort einmal neu angekommen sind. Das empfinde ich als Freiheit. Und so sieht auch die Stadt aus. Welche Freiheit meinen Sie damit genau? Wenn ich mir vorstelle, Sie gehen nach Florenz oder Rom, nach Bern in der Schweiz oder auch nach Köln, also als Fremder, als Ausländer, dann bleiben Sie dort ewig der Ausländer. Ich weiß nicht, wie es mittlerweile in Berlin ist – aber sonst: Ein falsches Wort, und schon ist alles klar. L. A. ist da anders. Graubünden ist natürlich auch total extrem und verschlossen.

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PETER ZUMTHOR

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ARCHITEKTUR

Atelier Peter Zumthor. Foto: Adriano A. Biondo

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„Ich bin hartnäckig und ein dickes Fell habe ich auch.“

Alle dort hören, dass ich immer noch zu 60 Prozent Baseldeutsch spreche. Wirklich? Ja, ja. Man sagt mir dort, ich spreche noch Rhein! Wie verreisen Sie am liebsten und wohin? Also in den Ferien, nicht beruflich. Ich gehe überall gerne hin, mich interessiert alles! Ich bin ein guter Reiser, aber ich brauche eine Begleitung, mit der ich mich austausche. Ich bin absolut ungern allein. Kennen Sie das? Können Sie allein reisen? Nein. Also ich auch nicht! Lacht laut auf. Ich brauche immer jemanden an meiner Seite. Müssen Sie denn sonst viel reisen? Das ist etwas anderes. Reisen nur der Arbeit wegen – da ist das Reisen an sich kein Thema und macht mir deutlich weniger Spaß.

Chur auf dem Tennisplatz stehe, ist das für mich Luxus. Klingt nach einem großen Luxus. Mit wem spielen Sie Tennis? Nie mit Männern, ich spiele nur mit Frauen. Warum das? Es gibt beim Tennis einen Punkt, an dem kann man sagen: Heute habe ich gut gespielt, gestern war ich nicht gut drauf. Männer sind immer so derbe empfindlich, das ist dieses Konkurrenzdenken. Und Frauen sagen: „Schöner Ball!“ Ja: „Schöner Ball! Super gespielt!“ Deswegen. Luxus ist für mich aber auch, wenn ich die Familie mit meinen Enkelkindern besuche. Und Luxus ist dieser Tage hier in Bregenz vor der Eröffnung, an denen ich eigentlich nicht mehr machen muss, als einfach nur da zu sein. Und ein paar Interviews geben… Interviews zählen bei mir nicht zur Arbeit.

Peter Zumthor: Dear to Me Was ist denn für Sie Luxus? Luxus? Ich spiele jeden Morgen Tennis. Wenn ich so an einem schönen Herbsttag draußen in Haldenstein oder in

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16. September 2017 bis 7. Januar 2018 Kunsthaus Bregenz www.kunsthaus-bregenz.at


Foto: Cyrill Matter, 2017

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PROJEKTE

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ARCHITEKTUR

HIER FOTOGRAFIERT JUERGEN TELLER

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PROJEKTE

DAS STUDIO-ENSEMBLE VON 6A ARCHITECTS IST FÜR DEN STIRLING PRIZE NOMINIERT. WARUM ES IHN VERDIENT HÄTTE.

TEXT: JEANETTE KUNSMANN FOTOS: JOHAN DEHLIN

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Juergen Teller fotografiert gerne und meistens nackte Men-

aber keine Nähe funktioniert ohne Distanz. Und so steht der

schen, auch sich selbst. Wenn man den Neubau seines Londoner Studios bei Ladbroke Grove sieht, gibt es zwischen der tellerschen Bilderwelt und der radikalminimalen, fast nackten Architektur von 6a architects einen offensichtlichen Zusammenhang. Vivienne Westwood und Kim Kardashian, Kate Moss und Courtney Love, Kanye West und Victoria Beckham: Wenn Juergen Teller hinter der Kamera steht, machen sie alle Dinge, die man nie erwarten würde, geschweige denn für möglich hielte. Seine Fotos sind kuriose Unikate, denkt man allein an Charlotte Rampling, wie sie mit einem Fuchs Milch aus einem Teller trinkt. Das Foto ist in dem neuen Studio-Ensemble in West London entstanden. Mit dem Neubau hatte der Porträtund Modefotograf 2011 die Architekten Stephanie Macdonald und Tom Emerson von 6a architects beauftragt – es dauerte Jahre, bis die Baugenehmigung vorlag. Das Projekt entstand übrigens nicht ohne das Zutun seiner Frau, der Galeristin Sadie Coles. Für sie hatten 6a zuvor den Umbau ihrer Repräsentanz in der Davies Street in Mayfair übernommen. Das Teller-Studio denken die Architekten in Schichten und Sequenzen – was bleibt ihnen auch anderes übrig auf einem 60 Meter langen, aber nur sieben Meter breiten Grundstück? Die drei Hauseinheiten stehen eine hinter der anderen, wobei sich die Hinterhäuser etwas ducken und immer privater werden, die Sauna befindet sich am Ende der Kette. Die Architektur des Ensembles ist radikal und minimal, zur Straße gibt es nur ein Fenster, Tageslicht gelangt allein durch die nach Norden gerichteten Oberlichter der Sheddächer ins Innere. Und überall Beton: Fassade, Boden, Decken. „Ich will halt etwas fotografieren, was mir nahe ist“, erzählte Teller einmal in einem Interview im Kunstmagazin art über seine Arbeit mit den Berühmten und Schönen dieser Welt, „alles Models, die mir nahe waren und immer noch sind.“ Nähe spielt auch in seinem Studioneubau eine große Rolle,

verwilderte Garten, der von Dan Pearson Studio gestaltet wurde, ebenso im Zentrum des 60 Meter langen Grundstücks wie die Architektur. Durch unterschiedliche Raumhöhen erhalten die Studio-Sequenzen noch mehr Tiefe, und der Fotograf gewinnt mehr Lagerfläche. Teller, der seit 1986 in London lebt, hatte noch nie so viel Platz. 550 Quadratmeter Fläche zum Arbeiten und Wohnen. Und die frei stehenden Treppen (ohne Geländer!) in den Studioräumen sind einerseits Skulptur, andererseits werden sie zur Bühne. Den RIBA London Award 2017, den RIBA London Building of the Year Award 2017 und den RIBA National Award 2017, der dem Stirling Prize vorausgeht, hat der Studio-Entwurf von 6a architects bereits bekommen. Am 31. Oktober 2017, dem Tag, an dem Zaha Hadid 67 Jahre alt geworden wäre, wird mit dem Stirling Prize der bedeutendste Architekturpreis im Vereinigten Königreich verliehen. Die Architekten stehen zum ersten Mal auf der Shortlist und hätten ihn mit diesem Projekt verdient. Nicht allein wegen der „exquisiten Details“ (Royal Institute of British Architects) wie den feinen Messing-Geländern oder der strukturierten Holzmaserung in der Betonfassade im Backsteinformat, sondern kurz gesagt auch wegen des rundum glücklichen Bauherren: dem rundum glücklichen Bauherren, der die Baustelle in sein Fotostudio verwandelt hat.

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Eine Bühne aus Sichtbeton, Mauerwerk, Gussestrich und viel Licht von oben. Die hellen Porenbetonsteine sind im Läuferverband gemauert, die Rippen wurden aus Ortbeton gegossen und die Innenwände aus glattem Sichtbeton gefertigt. Im letzten Gebäude gibt es eine offene Küche, außerdem hatte sich Juergen Teller ein Yogastudio und eine Sauna gewünscht.

Photography Studio for Juergen Teller Neubau aus Beton und Mauerwerk, 550 Quadratmeter Bauherr: Juergen Teller Architekten: 6a architects Landschaftsarchitekten: Dan Pearson Studio North Kensington, London, 2011–2016 www.juergenteller.com www.6a.co.uk www.danpearsonstudio.com Fotograf Johan Dehlin / www.johandehlin.com

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DIRTY WHITE CUBE

TEXT: JEANETTE KUNSMANN FOTOS: MAXIME DELVAUX

Die belgischen Architekten von Rotor und Studio V+ denken Bauen im Bestand erfrischend neu: eine Entführung in das neue Designzentrum MAD in Brüssel

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„THIS IS MAD“, leuchtet es in Neon über dem Eingang. MAD, das steht für Mode & Design. 2010 gegründet, konnte die belgische Kreativplattform diesen April ihr neues Zuhause inmitten von Brüssels Designdistrikt Dansaert beziehen. Die Mission des Netzwerks ist es, neue Initiativen anzustoßen und angehende Fashion- und Produktdesigner in ihrer Entwicklung zu unterstützen – mit dem Ziel, eine feste Adresse und der wichtigste Treffpunkt für Mode- und Design-Professionals in Brüssel zu werden. Es könnte funktionieren. Die passende Architektur hat das MAD nämlich schon: Dirty White Cube nennen die Architekten Jörn Aram Bihain und Thierry Decuypere von Vers plus de bien-être V+ ihren Entwurf, den sie gemeinsam mit dem bekannten belgischen Kollektiv Rotor erarbeitet haben. Hinter der vergleichsweise schmalen Fassade verbirgt sich eine Art Irrgarten

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auf bis zu fünf Etagen und insgesamt 3.000 Quadratmetern. Schon der Bestand war ein gewachsenes Labyrinth, in dem man leicht den Überblick verlieren konnte. Er sollte eigentlich abgerissen werden und Platz für einen Neubau machen. Die Architekten hatten aber eine andere Idee: Für den MAD-Wettbewerb wollte die Kooperative so viel wie möglich vom ehemaligen Büround Lagergebäude, das in den vergangenen 60 Jahren schon so oft umgebaut und erweitert wurde, erhalten. Damit konnten sie die Jury überzeugen. Die ursprünglichen Räume wurden saniert, während wenige Abrissarbeiten mit chirurgischer Präzision das gesamte Ensemble rehabilitierte.

Mehr Text und Bilder: www.heinze-dear.de/_03135


ARCHITEKTUR

Im Erdgeschoss finden öffentliche Nutzungen wie Ausstellungen, Veranstaltungen und der Shop Platz, die oberen Etagen nehmen Büros, Coworking-Spaces und andere freie Arbeitsräume auf.

MAD 10 Place du Nouveau Marché aux Grains, 1000 Brüssel Architekten: Rotor, Vers plus de bien-être V+ Interiordesign: La Fabrika Orientierungssystem: Pam & Jenny Mi. bis So. von 11 bis 18 Uhr new.mad.brussels Die Leuchtschriften und Leitsysteme stammen vom belgischen Grafikdesignstudio Pam & Jenny, die Möblierung hat der benachbarte Designshop La Fabrika übernommen.

Fotograf Maxime Delvaux / maximedelvaux.com

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DÄMMBETON IN DEN DOLOMITEN Obwohl die kantige Betonskulptur einen unübersehbaren Kontrast zum bergigen Umland bildet, spürt man zwischen Neubau und Natur eine beeindruckende Harmonie. TEXT: JANA HERRMANN FOTOS: GUSTAV WILLEIT

Gesamter Artikel und alle Fotos: www.heinze-dear.de/_03138

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Besonders machte diesen Auftrag im Eisacktal, dass Andreas Gruber nicht nur unweit des Baulandes geboren und aufgewachsen ist, sondern einen großen Teil seines Lebens als Naturbahnrodler in den umliegenden Bergen verbracht hat: In dieser Sportart hat sich der Südtiroler Architekt sogar einen Weltmeistertitel erkämpft. Dementsprechend hoch waren die Ambitionen, das von einer Familie in Auftrag gegebene Wohnhaus Andergassen Urthaler so gut wie nur möglich in die Topografie der heimatlichen Landschaft am Fuße der Dolomiten zu integrieren. Lang gezogene Natursteinmauern aus eisenlastigem Granit und vulkanischen Gesteinen prägen die Gegend um das Grundstück in der italienischen Gemeinde Barbian. In einem intensiven Planungsprozess entwickelte das Team von Gruber ein Konzept, das diese charakteristischen Komponenten aufgreift und zudem den nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen berücksichtigt. Architekt und Bauherr entschieden sich gemeinsam dafür, das Gebäude aus Dämmbeton zu errichten. Dieser spezielle Beton ist nicht nur zu 100 Prozent wiederverwertbar und ein wahrer energetischer Hit, sondern bietet auch einen zusätzlichen Lebensraum für Pflanzen und Tiere: In den Lufttaschen der Wärmeleitung an der Fassade finden Moose, Hummeln und Ameisen Unterschlupf.

Den Ausblick aus dem Hausinneren auf die malerische Berglandschaft integrierte Gruber in seinen Entwurf. So gibt eine horizontal gestreckte Glasvitrine mit Fensterbanksitznische den Blick auf die Gebirgsbrocken Plose und Schlern frei. Im Schlafzimmer bietet sich ein ähnliches Panorama. Hier allerdings durch ein quadratisches Fenster, das wie ein Gemälde neben dem Bett hängt. „Besonders im Alpenraum mit seinen speziellen klimatischen Gegebenheiten sowie den hohen Anforderungen der nationalen Energiesparrichtlinien werden Fachleute zwingend darüber nachdenken müssen, wie die Anwendung von Baustoffen optimiert werden kann, ohne dass Sondermüll produziert wird beziehungsweise dass ein Gebäude zu 100 Prozent recycelbar sein muss“, erklärt Andreas Gruber. Unter diesem Gesichtspunkt ist dieses Haus kein Versuch, sondern ein funktionierender Prototyp für eine neue Wohnarchitektur.

Andergassen Urthaler 150 Quadratmeter Architekt: Andreas Gruber www.architektgruber.com Fotograf Gustav Willeit / www.guworld.com

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INNERER MONOLITH

TEXT: NORMAN KIETZMANN FOTOS: FILIP DUJARDIN

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Von wegen alles nur nach Schema F: Wie die Typologie des Reihenhauses neu belebt werden kann, demonstriert eine urbane Nachverdichtung in Aachen. Der Architekt Björn Martenson vom Büro AMUNT Martenson hat dem strengen Reglement ein Schnippchen geschlagen.

Sieht aus wie ein Rohbau aus Beton und Bimsmauerwerk, ist aber das Wohnzimmer. Ein Podest mit Holzboden markiert den Übergang zum Arbeits- und Gästezimmer.

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Reihenhäuser sind eine Entscheidung der Vernunft. Leidenschaft kommt einem dabei hingegen eher seltener in den Sinn. Dass letztere tatsächlich nicht ganz ausgeschlossen werden darf, zeigt ein Blick in die Aachener Siedlung Beverau. Dort sind in den Fünfzigerjahren Wohnhäuser für die Familien der belgischen Streitkräfte errichtet worden. Nach deren Abzug kamen die Häuser auf den freien Markt und galten schnell als begehrte Adresse. Nicht nur, weil sie Wohnen im Grünen mit einer Nähe zum Zentrum verbinden. Aufgrund der Großzügigkeit der Parzellen ist ebenso eine nachträgliche Verdichtung zugelassen. Genau dafür hat sich eine Aachener Familie entschieden. „Sie wohnten zuvor in der Innenstadt und hatten eine Aversion gegenüber Reihenhäusern mit vorgefertigten Grundrissen, wie sie überall in der Peripherie entstehen“, sagt Björn Martenson. Der Gründer des ebenfalls in Aachen ansässigen Architekturbüros AMUNT Martenson stand vor einer kniffeligen Aufgabe: Auf der einen Seite musste er die strengen Vorgaben befolgen, die Kubatur, Traufhöhe, Dachform und Fensterordnung in der Siedlung genau festlegen. Auf der anderen Seite wollte er aus der Uniformität ausbrechen. „Wie kann man räumliche Komplexität und Dichte erzeugen, die man in einem

Reihenhaus überhaupt nicht erwartet?“, bringt Björn Martenson den Anspruch auf den Punkt. Wenn er die Regeln schon nicht brechen kann, kann er sie zumindest dehnen. Die Lösung bestand in der Umwandlung des Erdgeschosses zum Open Space, in dem gewohnt, gekocht und gegessen wird. Um Weite zu erzeugen, geht das Erdgeschoss in einen vier Meter tiefen, eingeschossigen Anbau über. Die Besonderheit dieses ungleichen Häuserverbunds offenbart der Blick an die Decke. Diese verläuft keineswegs horizontal, sondern folgt einer durchgehenden Schräge. Von der Straßenfassade des Wohnhauses bis zur Rückseite des Anbaus steigt die Deckenhöhe um einen Meter auf 3,40 Meter an. Genau an ihrem höchsten Punkt öffnet sich die „Wohnhalle“ durch eine gläserne Schiebewand zur Terrasse und zum Garten. „Damit entsteht ein fließendes Kontinuum, das Innen- und Außenraum miteinander verbindet“, sagt der Aachener Architekt. Dass die Erdgeschossdecke im Gefälle liegt, wirkt sich ebenso auf das Ober- wie das Dachgeschoss aus. Das Ergebnis sind gliedernde Stufen, die die Schlaf- und Kinderzimmer jeweils mittig in eine untere und obere Ebene unterteilen. Die Höhensprünge geben naheliegende Nutzungen vor, indem auf den Podesten ein Bett und auf den

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Die Wendeltreppe aus Beton drückt sich als rundes Wandelement in den oberen Zimmern ab und taucht im Raum unter dem Dach auf.

niedrigeren Ebenen ein Tisch mit klei-

jedoch keineswegs allein durch räumli-

ner Sitzgruppe platziert werden könnte. „Das Podest kann selbst ein Möbel sein, sodass man nicht mehr als nur ein Lattenrost und eine Matratze benötigt. Dahinter steckt die Idee, ein einfaches, fast schon japanisches Wohngefühl einzubringen“, meint Martenson. Das Zusammenspiel aus Architektur und Möbel ist ebenso in der „Wohnhalle“ erlebbar. Dort vollzieht eine Betonarbeitsplatte mit eingelassener Spüle einen Höhensprung nach unten und geht in eine hölzerne Sitzbank über. Gegenüber wird ein Regal als Raumteiler verwendet, um einen Arbeitsbereich mit einem Bad abzutrennen. In der Mitte des Raumes soll später einmal eine Bulthaup-Küchenwerkbank stehen. Genau darüber ragen zwei Betonkuben aus der Sichtbetondecke nach unten. Sie dienen als Aufhängung für Regalböden, die genau über der Arbeitsplatte der Kücheninsel platziert werden. „Wir wollten bei diesem Haus mit Rohbaumaterialien arbeiten, die später im Ausbau nicht versteckt werden. So bleiben die vier Eichenstützen, die das Obergeschoss mittragen, ebenso sichtbar wie der monolithisch bearbeitete Bimsstein, der nur außen, aber nicht innen verputzt ist“, erklärt Björn Martenson. Die Abkehr von konventioneller Reihenhaus-Gemütlichkeit wird

che Weite und einen rau-warmen Materialkontrast erzeugt. Von der ersten Etage führt ein rundes Treppenhaus mit Wendeltreppe und holzverkleideten Innenwänden ins Dachgeschoss hinauf – wodurch sich in den Ecken der Kinderzimmer markante Rundungen abzeichnen. Die Botschaft ist eindeutig: Es sind vor allem die inneren Qualitäten, mit denen dieses Reihenhaus locker aus der Reihe tanzt.

Haus Grau Ein Reihenendhaus Nachverdichtung im Bestand Aachen 2017 AMUNT Martenson mit Mirjam Patz Fotograf Filip Dujardin / www.filipdujardin.be

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ALLES FÜR

Y VES

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Haute Couture aus Backstein: Das Yves Saint Laurent Museum in Marrakesch trägt ein Kleid, das feine Falten wirft. Im Oktober wird der Neubau von Studio KO eröffnet.

Foto: © Nicolas Mathéus

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TEXT: JANA HERRMANN

Erst Paris, dann Marrakesch: In der zweiten Heimat des legen-

weitaus prominenterer Name wie Tadao Ando oder Herzog

dären Modeschöpfers steht neben dem Tourismusmagneten Jardin Majorelle das neue Yves Saint Laurent Museum. Für die Finanzierung der Kulturstätte, entworfen von dem Pariser Architekturbüro Studio KO, versteigerte der langjährige Lebensgefährte Pierre Bergé seine persönlichsten Sammlungen. Noch neun Jahre nach seinem Tod wird er als Koryphäe gewürdigt – der Modeschöpfer war nicht zufällig auch der Erste, dessen Œuvre schon zu Lebzeiten in Museen ausgestellt wurde. In den Siebzigerjahren wurde Yves Saint Laurent (1936–2008) mit einer Porträtserie von Andy Warhol bedacht, bevor einige seiner Couture-Modelle im Metropolitan Museum of Art in New York zu sehen waren. Auch Saint Laurent selbst schien schon früh der Meinung zu sein, dass seine Kreationen ins Museum gehören: Seit 1962 hob er sämtliche Entwürfe, Dokumente sowie bestimmte Modelle auf und kennzeichnete ausgewählte Stücke mit einem roten M für „Museum“. Nach seinem Tod führte Lebenspartner Pierre Bergé dieses Vorhaben fort. Seit Jahren baute er die Fondation Pierre Bergé – YSL in Paris aus und wird im Oktober das Musée Yves Saint Laurent Marrakech (mYSLm) eröffnen. Es wurde gleich neben dem legendären Garten Jardin Majorelle gebaut, den Pierre Bergé und Yves Saint Laurent 1980 kauften und zu ihrem zweiten Wohnsitz machten. Zahlreiche Entwürfe für sämtliche Kollektionen Saint Laurents sind an diesem Ort entstanden. Während der Standort des Museums also die logische Fortsetzung der kreativen Leidenschaft des Modeschöpfers ist, überrascht die Wahl der mit diesem Projekt beauftragten Architekten. Denn auch wenn das im Jahr 2000 gegründete Pariser Studio KO in den vergangenen Jahren in den Supermetropolen London, New York und Los Angeles und für so prestigeträchtige Marken wie Aesop, Balmain und den französischen Star-Pâtissier Cyril Lignac gearbeitet hat, wäre ein

& de Meuron für ein Projekt solchen Kalibers durchaus naheliegend gewesen. „Selbstverständlich habe ich davon geträumt, mit einem weltbekannten Architekten zusammenzuarbeiten. Aber dann habe ich mir gedacht: Was wird der mir das Leben schwer machen! Deshalb habe ich mich für Karl und Olivier entschieden“, sagte Pierre Bergé vielleicht etwas zu ehrlich und unbedacht auf der offiziellen Pressekonferenz – und sorgte damit nicht nur bei den beiden Architekten von Studio KO für Verlegenheit, sondern auch für kollektives Gekicher im Saal. Wie auch immer die unerwartete Zusammenarbeit tatsächlich entstanden ist: Die gemeinsame Affinität für marokkanische Architektur war auf jeden Fall eine solide Basis für den höchst ambitionierten Auftrag. „Wir arbeiten seit der Gründung unserer Agentur regelmäßig in Marokko und haben in Marrakesch seit 2001 auch ein eigenes Büro. Jedes neu zu konstruierende Projekt ist in diesem Land eine besondere Herausforderung, weil die Architektur bis heute noch sehr traditionell ausgerichtet ist“, erläutert Architekt Karl Fournier von Studio KO. Und genau diese Herausforderung war auch die einzige Vorgabe, die Pierre Bergé an das kreative Duo stellte: Das Museum sollte ein Mix aus marokkanischen und zeitgenössischen Elementen werden. „Nach unserem ersten Treffen mit Pierre Bergé stand für mich fest, dass der Bau erdige Farben und absolute Opazität brauchte – als Referenz für die typischen Farben von Marrakesch sowie den traditionellen marokkanischen Baustil, der das Innere eines Gebäudes schützt. Um drei Uhr nachts habe ich den ersten Entwurf an Olivier geschickt“, erzählt Karl Fournier, der Denker des kreativen Tandems. „Karls Version waren zu diesem Zeitpunkt lediglich Stichworte, die ich dann zeichnerisch und mit einer zeitgenössischen Komponente umgesetzt habe. Das Ergebnis waren weiche und sinnliche Formen. Ich stellte mir das Äußere des

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„Ich mag auch die Idee, Spuren zu hinterlassen. In erster Linie tue ich das alles jedoch für Yves.“

15-Millionen-Euro-Projekt in Marrakesch finanzieren zu könMuseums wie ein langes Kleid vor, das Falten wirft“, ergänzt der „Künstler“ von Studio KO, Olivier Marty. Das endgülnen, versteigerte er sogar ihre gemeinsame Kunstsammlung tige Konzept entwickelten die beiden und seine heiß geliebte, kostbare Bibjedoch beim Durchforsten des Pariser liothek. „Ja, ich liebe das Heute und bin Archivs. Besonders beeindruckte sie der Zukunft zugewandt. Aber ich mag bei diesen Recherchen, wie Yves Saint auch die Idee, Spuren zu hinterlassen. Laurent mit Kurven und Geraden sowie In erster Linie tue ich das alles jedoch losen und sauberen Schnitten umging. für Yves. Marrakesch war für ihn ein Nun präsentiert sich das mYSLm von essenzieller und absolut inspirierender seiner komplett geschlossenen AußenOrt, ohne den seine Mode eine ganz anseite wie eine Anordnung aus Würfeln, dere gewesen wäre. Über das neue Muderen lineare Gestalt durch runde seum hätte er sich sehr gefreut! AußerVorbauten durchbrochen wird. Und dem war Yves ja ziemlich megaloman. auch materialtechnisch setzten die Er hätte es wunderbar gefunden, dass Franzosen auf Abwechslung: Während Tausende von Besuchern an seinem Pierre Bergé und Yves Saint Laurent, © DR die untere Hälfte mit quadratischen kleinen Monument vorbeilaufen, um Steinplatten und Marmorelementen gepflastert wurde, bedas ich 2008 seine Asche verstreut habe!“ steht die obere aus erdigen, allegorisch angeordneten BackPierre Bergé kann weder am Opening des YSL-Museums am steinziegeln, die an unterschiedlich gewebte Stoffe erinnern. 3. Oktober in der Pariser Avenue Marceau teilnehmen, noch Beide Ebenen trennt ein von Weitem fast filigran wirkendes den Ziegelneubau im Marrakesch einweihen. Laut den Stifhorizontales Betonelement, das im Eingangsbereich mit einer tungen Yves Saint Laurent und Jardins Majorelle habe er goldenen Oberfläche ausgestattet wurde. Besonderen Wert schon lange gegen eine Krankheit gekämpft. Am frühem Morlegten die Architekten auch darauf, dass alle verwendeten gen des 8. Septembers 2017 ist Bergé im Alter von 86 Jahren in Materialien aus lokaler Herstellung stammen, um den Neuseinem Haus in Saint-Rémy-de-Provence verstorben. bau möglichst harmonisch in seine unmittelbare Umgebung einzugliedern. Das Innere des Gebäudes, das übrigens nicht nur ausgestellte Musée Yves Saint Laurent Marrakech Werke von Yves Saint Laurent, sondern auch ein Auditorium, Neubau aus Stahlbeton, Fassade aus roteine Bibliothek, eine Boutique und ein Café-Restaurant bebraunen Terrakottaziegeln, 2014–2017 herbergen wird, ist radikal anders als die imposante Fassade gestaltet: Auf den insgesamt 4.000 Quadratmetern Grundfläche geht es eher samtig, glatt und glänzend zu. Paradox bleibt am Ende die Tatsache, dass sich der bekennende Anti-Nostalgiker Pierre Bergé so vehement für die Nachlasssammlung seines Lebenspartners einsetzte. Um das

Bauherr: Jardin Majorelle SCA zusammen mit der Fondation Pierre Bergé – YSL Architekten: Studio KO www.museeyslmarrakech.com

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EDITOR’S PICK — KLARE LINIE

Foto: Pierpaolo Ferrari

ALPHABET OF LIGHT Das modulare Lichtsystem Alphabet of Light von BIG für Artemide kann mithilfe von elektromagnetischen Verbindungsstücken zu Buchstaben und beliebigen grafischen Mustern gestaltet werden. Die einzelnen Komponenten bestehen aus Polykarbonatrohren, die einen Aluminiumkern mit zwei LED-Streifen beherbergen. kh www.dear-magazin.de/_031501

BLUSH LAMP Die Stehleuchte Blush Lamp von Formafantasma für Flos nutzt einen LED-Streifen, der in einem schlanken Aluminiumkörper versteckt ist. Er mutet wie eine schwarze Linie an, die durch ein etwas versetztes Stück dichroitisches Glas zarte Farbverläufe an die Wand wirft. kh www.dear-magazin.de/_031502

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FORNELL ABF1 Inspiriert von den Arbeiten Donald Judds, gestaltete der schwedische Architekt Andreas Bozarth Fornell für &tradition die Pendelleuchte Fornell ABF1. Sie besteht aus einem 120 Zentimeter langen Lampenschirm aus Edelstahl, der eine schmale LED-Röhre verbirgt. kh www.dear-magazin.de/_031503


INFINITO Wie eine in die Luft gezeichnete Linie ist Davide Groppis Leuchte Infinito von großer Einfachheit. Als Hommage an Lucio Fontana, der seinen Leinwänden systematisch Schnitte zugefügt hatte, erzielt die scharfe Lichtlinie eine starke grafische Wirkung im Raum. kh

Smarte Licht- und Jalousiesteuerung

ONE WELL-KNOWN SEQUENCE Kompromissloser Minimalismus: Die Leuchten der Serie One Well-Known Sequence von Michael Anastassiades setzen sich aus Lichtröhren und schwarz eloxierten Aluminiumstäben mit dem gleichen Durchmesser zusammen. Hintereinander angeordnet erscheinen sie wie „parallele Wiederholungen“ in unterschiedlicher Qualität. kh

Wiser Taster-Modul und App Mit dem Wiser Taster-Modul und der Wiser Room App mit Bluetooth-Funktion von Merten verwandeln sich Smartphone und Tablet in eine flexible Fernbedienung für Licht und Jalousie. Verfügbar im System M und System Design.

www.dear-magazin.de/_031511

merten.de


WWW.BELLXPRESS.DK TITEL

SMARTES LED KONCEPT BELL XPRESS

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ADVERTORIAL

Als Peter Ng im Jahr 2002 gemeinsam mit seinen beiden Söhnen Kenneth und Edmund das Unternehmen Koncept gründete, war die LED allenfalls eine vage Vision für die Zukunft des Lichts. Seither setzt das Familienunternehmen auf einen multidisziplinären Designansatz: modernes, minimalistisches Design und praktische Funktionalität – die perfekte Balance zwischen Form und Funktion. Eins ihrer ersten Produkte, die Z-Bar Schreibtischleuchte, war nicht nur eine der ersten LED-Schreibtischleuchten überhaupt, sie hat es mit ihrer eleganten und für damalige Verhältnisse außergewöhnlichen Gestaltung sogar in Die Neue Sammlung – The Design Museum (Staatliches Museum für angewandte Kunst) in München geschafft. Mit seiner jahrelangen Erfahrung im Fertigungs- und Industriedesign entwirft das Team von Koncept innovative Produkte für Haus und Büro. Mit großem Erfolg, denn viele der Koncept-Leuchten wurden mit internationalen Designpreisen ausgezeichnet: darunter der Red Dot Design Award, The Best Inventions of The Year vom Time Magazine, der iF Design Award und der Good Design Award. Eine der preisgekrönten Leuchten heißt Mosso Pro. Sie kombiniert fortschrittliche LED-Technologie mit clever gestalteter Optik und intuitiver Bedienung. Mit einer phänomenalen Effizienz von 99 Lumen pro Watt liefert Mosso Pro farbiges, warmes und kaltes Licht (2.700 K bis 5.000 K). Ein eingebauter Touchstrip ermöglicht müheloses Dimmen zwischen den Lichtszenarien, während ein integrierter Belegungssensor dafür sorgt, dass keine Energie verschwendet wird, um einen unbesetzten Schreibtisch zu beleuchten. Für Smartphone Enthusiasten steht Mosso Pro standardmäßig mit einem USBPort oder optional mit einer drahtlosen Ladebasis zum Aufladen von Qi-kompatiblen Mobilgeräten zur Verfügung. Kein Wunder also, dass die Leuchte mit einem Best of NeoCon in Gold und dem Next Generation Luminaires „Best in Class“ prämiert wurde. Mosso Pro ist erhältlich in Schwarz, Silber und auf Anfrage auch in weiteren Farben. Eine Vielzahl an unterschiedlichen Montagevorrichtungen und Füßen steht zur Verfügung. Als Steh- oder Tischleuchte liefert Mosso Pro damit eine formschöne, technologisch ausgereifte und vielseitige Lösung für zeitgemäße und flexible Arbeitsplätze.

In Europa werden die Leuchten von Koncept durch Bell Xpress vertrieben. Das Unternehmen von Bo Frandsen und Søren Hagelskjær aus Dänemark blickt auf eine langjährige Erfahrung mit hochwertigen Designprodukten zurück.

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WWW.GIRA.DE

UMBAU MIT ZUKUNFT Erst kam die Kernsanierung, dann das KNX-System. In ein Wohnhaus aus den Fünfzigerjahren im Bergischen Land ist die Zukunft eingezogen. Die Architektur hat nicht nur ein neues Gesicht bekommen, sondern auch eine intelligente Steuerung.

Fotos: Ulrich Beuttenmüller für Gira

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ARCHITEKTUR Wenn es bei den Müllers (Name von der Redaktion geändert) klingelt, muss niemand zur Haustür sprinten. Der Besucher erscheint auf einem kleinen Bildschirm im Erdgeschoss und auf der Wohnungsstation im Partykeller. Von dort aus kann Herr Müller seinen Fußballfreunden ganz bequem die Tür öffnen. Dafür sorgt die Türkommunikation mit Videofunktion aus dem Hause Gira. Wer heute ein Haus saniert, muss an die Zukunft denken. Das wussten auch die Bauherren aus dem Bergischen Land, als sie eine Immobilie aus dem Jahr 1951 inklusive Anbau von 1975 er-

Müllers die wichtigsten Aspekte bei der Sanierung. Deshalb stand für die Bauherren von vornherein fest, dass sämtliche Komponenten der Haustechnik mit einem KNX-System von Gira verknüpft werden sollen: ein seit 25 Jahren bewährter Standard der Gebäudeautomation. Die entsprechenden KNX-Steuerleitungen wurden einfach parallel zu den neuen Elektroleitungen verlegt. Die intelligente Steuerzentrale oder das „Gehirn“ hinter dem Nervensystem des Hauses ist ein Gira HomeServer: Hier laufen alle Informationen zusammen, werden ausgewertet und Befehle werden weitergegeben. So las-

herren passend zum jeweiligen Zimmer das Schalterprogramm Gira Esprit Glas Weiß oder Aluminium Braun, die sanft abgerundete Variante Gira E3 mit Soft-Touch-Oberfläche sowie im Keller das robuste Außenprogramm Gira TX_44. Alle Lichtquellen können natürlich auch einzeln bedient beziehungsweise gedimmt werden. Von der App aus oder über das zentral im Flur installierte Touchdisplay, den Gira Control 19 Client, werden alle Funktionen und Komponenten der Haustechnik gesteuert. Fast zwei Jahre lebt das Ehepaar Müller jetzt in seinem Haus. „Es ist tatsächlich

standen. Ausschlaggebend für den Kauf war für sie aber nicht in erster Linie die Architektur, sondern das dazugehörige Grundstück: Mit 1.300 Quadratmetern hat es fast die Anmutung eines privaten Parks – eine Großzügigkeit, die man heute nur noch selten findet. Und da die These, Abriss und Neubau seien günstiger als eine Sanierung, schlichtweg nicht stimmt (bei neun von zehn Häusern lohnt sich eine Modernisierung samt Umbau – lediglich bei jedem zehnten Wohnhaus rechnen sich Abriss und Neubau), scheuten die Müllers auch die Kernsanierung nicht. Im Gegenteil, das Bauherrenpaar sah in den Umbaumaßnahmen kein notwendiges Übel, sondern die Chance, ihr Haus perfekt an ihre Bedürfnisse anzupassen und für die Zukunft fit zu machen. Die Gebäude mit insgesamt 260 Quadratmetern Wohnfläche wurden entkernt und gedämmt – hinzu kamen eine neue Haustechnik und ein neuer Eingang in Form eines Kubus. Hinter der anthrazitfarbigen Alucobond-Fassade verschwinden alle Details, die man nicht unbedingt sehen möchte und soll. Im Inneren haben sich die Müllers eine Wellness-Oase bauen lassen, und im Keller verbergen sich eine Sportbar und ein Fitnessraum. Komfort, Sicherheit und Zukunftsfähigkeit sowie Flexibilität waren für die

sen sich etwa mit einem Tastendruck und dem Befehl „Zentral aus“ sämtliche Lichtquellen deaktivieren, die Heizung leicht herunterfahren und die Musik im Haus ausschalten. Die Müllers haben sich auch für das KNX-System entschieden, um bei Bedarf zu einem späteren Zeitpunkt neue Funktionen nachzurüsten. „Wenn wir schon eine Kernsanierung machen, sollte unser Haus auch nachhaltig zukunftsfähig werden und auch in 15 Jahren noch up to date sein“, erklärt der Bauherr. „Wir machen ja schon heute fast alles übers Handy – da sollte unser Zuhause keine Ausnahme machen.“ Dank einer Gira HomeServer App auf dem Smartphone ist es auch von unterwegs möglich zu sehen, ob alle Fenster und Türen oder Rollos geschlossen sind. Sollte nach Scharfschalten der Alarmanlage einer der Fensterkontakte ein Öffnen registrieren, werden die Bauherren sofort auf dem Handy informiert. Zudem lassen sich diverse weitere Sicherheitsfunktionen über den Gira HomeServer abbilden und miteinander vernetzen, um das Haus rundum zu schützen. Komfortabel sind auch Beleuchtungsszenen, die sich per Tastendruck abrufen lassen. Etwa auf Gira Tastsensoren – intelligenten Schaltern – an der Wand. Beim Design wählten die Bau-

alles so, wie wir es uns vorgestellt haben“, sagen beide. „Insbesondere die Verzahnung der einzelnen Gewerke ist ein riesiger Vorteil, es lässt sich alles über eine Plattform steuern und clever regeln.“

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SUPERLATIVE IM SCHWARZWALD Für Deutschland ist er nach der Elbphilharmonie in Hamburg das zweite Architektur-Highlight des Jahres 2017: der ThyssenKrupp Testturm im baden-württembergischen Rottweil.

WWW.WANZL.COM

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Galaxy Gate von Wanzl

ARCHITEKTUR

Gebaut wird der 246 Meter hohe Turm nach den Plänen der Architekten Werner Sobek und Helmut Jahn. Sie haben den Betonkern für das weltweit erste Aufzugssystem ohne Seile in eine Membranfassade aus Glasfasergewebe gehüllt. Der Forschungsbetrieb im Turm läuft bereits, nach der offiziellen Eröffnung im Oktober wird der ThyssenKrupp Testturm auch für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Um auf Deutschlands höchste Aussichtsplattform zu gelangen, müssen die Besucher zuvor eine Zutrittsschleuse passieren: das Galaxy Gate des süddeutschen Herstellers Wanzl. Wer die Treppe nimmt, zählt 1.500 Stufen – schneller geht es mit einem der vielen Aufzüge: Am neuen Standort Rottweil entwickelt, testet und zertifiziert ThyssenKrupp unterschiedlichste Aufzugsinnovationen, um die Entwicklungszeit zukünftiger und bereits in der Konstruktionsphase befindlicher Wolkenkratzer zu verkürzen – aktuell sind weltweit etwa 180 solcher Hochhausriesen mit 300 Metern Höhe im Bau. In den zwölf Rottweiler Schächten werden Aufzüge mit Geschwindigkeiten von bis zu 18 Metern pro Sekunde getestet. Drei Schächte sind dabei für das neue Multi-Aufzugssystem vorgesehen: Das sind kabellose Kabinen, die auf wandernden Magnetfeldern sowohl vertikal als auch horizontal gleiten können.

Als Antrieb kommt hierbei die Magnetschwebetechnologie aus dem Transrapid zum Einsatz, die Thyssen Anfang der Siebzigerjahre zusammen mit Siemens entwickelt hat. Durch die neue, seillose Konstruktion können mehrere Aufzugskabinen in einem Schacht betrieben werden, was die Kapazität pro Schacht bis zu 50 Prozent erhöht, während der Platzbedarf des Aufzugs im Gebäude gleichzeitig um die Hälfte reduziert wird. Der Multi spart also Zeit und Raum. Auch wenn der Forschungsbetrieb schon im Frühling gestartet wurde – fertig ist der Turm noch nicht: Er soll „ein Bauwerk für alle Bürger, nicht allein für

Beate Höhnle, Verantwortliche bei ThyssenKrupp für das Management des Testturms. Gleichzeitig entsprechen das stilvolle Design und die hochwertigen Materialien auch der Gestaltungsidee des Turms. Wichtig war ebenfalls das modulare und variable Bausystem des Galaxy Gate, da der Empfangsbereich auf wenig Raum geplant werden musste. Eine Doppelanlage aus Einzelund Tandemeinheit fügt sich mit ihrem matt glänzenden Edelstahlgehäuse passend in das Foyer ein. Dezent, bündig und dennoch deutlich sichtbar ist das RFID-Lesegerät im Gehäuse integriert, während das ThyssenKrupp-Logo die seitlichen Glaselemente ziert.

ThyssenKrupp“ werden, wie Helmut Jahn bei der Projektvorstellung 2014 angekündigt hat. Der deutsche Architekt mit Sitz in Chicago wollte ein Bauwerk schaffen, das als Kunstwerk in die Landschaft hinein wirkt. Jahn gab dem Turm den Namen Tower of Light, da er in den Abendstunden von innen leuchten wird. Die 17.000 Quadratmeter große, selbstreinigende Hülle besteht aus einem PTFE-beschichteten Glasfasergewebe. Sie schützt den Turm vor intensiver Sonneneinstrahlung und Wind – von Weitem bleibt sie dabei fast transparent. Verantwortet wird die Tragwerks- und Fassadenplanung von Werner Sobek, dessen Team auch für den Entwurf und die Objektplanung zuständig war. Ein weiteres Highlight: In 232 Metern Höhe befindet sich eine öffentliche Aussichtsplattform mit 360°-Panorama, die höchste in Deutschland. Damit sich Besucher und Forschungspersonal parallel in dem Neubau, dessen Grundriss einen Durchmesser von 21 Metern aufweist, bewegen können, spielen in der Erschließung Sicherheit und Effizienz eine große Rolle. Vor allem der Eingangsbereich muss hohen Sicherheitsansprüchen entsprechen. „Das Galaxy Gate garantiert uns mit seiner ausgereiften Spitzentechnologie höchste Sicherheitsstandards“, erklärt

Natürlich ist die Schleuse mehr als ein Ein- und Ausgang. Um Turmmanagement und Personenführung flexibel zu verwalten und bei Bedarf zu optimieren, versteckt sich im Anlagensystem des Galaxy Gate eine automatische Besucherzählung. „Wir erwarten gerade zu Stoßzeiten einen starken Andrang. Folglich müssen hohe Durchsatzzahlen beim Einlass für einen effektiven und strukturierten Betrieb möglich sein.“ Im Rottweiler Testturm soll schließlich jeder schnell nach oben kommen.

ThyssenKrupp Testturm in Rottweil 2013–2017 Beton und PTFE-beschichtetes Glasfasergewebe, 246 Meter hoch, 12 Schächte Architekten: Werner Sobek, Stuttgart und JAHN Architects, Chicago Bauherr: Krupp Hoesch Stahl GmbH im Auftrag der ThyssenKrupp Elevator AG Baukosten: 40 Millionen Euro Fotos: Wanzl / Guntram Schindler

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RAHMENBEDINGUNGEN UNTER STROM: UNIQUIN VON DORMAKABA

FOTOS: ANNETTE KUHLS

Mit diesem neuen System von dormakaba lassen sich geschlossene Raumstrukturen mit Durchblick, Schallschutz, guter Akustik, Zugangsschutz und Elektrifizierung gestalten. Dass die Anwendungsbereiche vom normalen Büro über Hotels bis hin zum medizinischen Institut mit besonderen Anforderungen reichen können, bestätigen die Architekten von HDR in Düsseldorf und Carpus+Partner aus Aachen. 158


ARCHITEKTUR

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DÜSSELDORF Um das Spektrum von dormakaba zu überschauen, lohnt ein Schritt zurück.

Eine der jüngsten Produktentwicklungen von dormakaba stellt Jens Kronen-

Zerlegt man den Namen, liest man seine zwei Bestandteile: DORMA und KABA. 1862 begann Gründer Franz Bauer sein Unternehmen als Schlosser und Kassenfabrikant in Zürich. Später wurde im Haus der Wendeschlüssel erfunden, der samt Schloss Kassabauer heißen sollte und der der Firma in Kurzform den Namen KABA verlieh. Zur Jahrtausendwende deckte KABA die Bereiche Türen, Schlösser, Identifikationssysteme, Zutrittskontrolle und Türautomation ab. DORMA hingegen entwickelte sich, 1908 im nordrhein-westfälischen Ennepetal gegründet, vom Hersteller für Türbänder und Beschläge zum Produzenten von Türsystemen, Schließern, Automatiktüren, Glasbeschlägen und Raumtrennsystemen. Mit der Fusion im Jahr 2015 fand zusammen, was zusammengehört – es entstand ein ganzheitliches Angebot an Lösungen rund um die Tür. Zugleich wurden die mechanische und die mechatronische Welt stärker mit der digitalen verknüpft.

berg, Leiter des Architektenservice, vor. Mit dem Glastrennwandsystem UNIQUIN besuchen wir das Büro HDR im Düsseldorfer Stadtteil Golzheim. Zu ihren Projekten zählen überwiegend Krankenhausbauten, erzählt der leitende Innenarchitekt Olaf Küppers. Für den heutigen Austausch sind beide Seiten dankbar. Jens Kronenberg erklärt das Produkt: „Unser Anliegen war es, den funktionalen Bereich, also Technik, Zutritt und Akustik, mit Ästhetik zu kombinieren. Eine wichtige Fragestellung war dabei, wie wir die Elektrifizierung integrieren.“ Das Rahmenprofil sei so gestaltet, dass nicht nur die Fixierung, sondern auch die Verkabelung darin Platz finde – und das bei vergleichsweise kompaktem Format und minimalem Montageaufwand. Steckdosen und Anschlüsse werden verborgen am Rahmenrand installiert.

„Weniger Profil, nehmen wir immer wieder als Wunsch wahr“,

Ob es auch eine Ausführung mit Rauchschutz geben wird, fragt der Innenarchitekt. Zum Produktionsstart nicht. „Wir nehmen es aber als Entwicklungsanforderung auf “, bestätigt Jens Kronenberg. Die Rauch- und Brandschutzfrage sei mit jedem Projekt neu zu behandeln, erklärt Küppers. „Transparenz ist uns extrem wichtig und ein entscheidender Baustein für eine offene und einladende Architektursprache, gerade im Healthcare-Bereich. Sie muss aber zwingend mit den jeweiligen Anforderungen übereinstimmen und sollte dann natürlich im Idealfall auch noch gut und überzeugend aussehen.“ Das System UNIQUIN gefällt dem Planer, sowohl seine Schlankheit als auch, dass man wählen kann, so etwa bei den Türen mit Schiebe- und Drehtüren oder bei der Fläche: mal als einzelnes kleines Panel zwischen zwei massiven Wänden, mal als große Glaswand. Je nach Glasstärke wird dabei ein Schallschutz von bis zu 40 dB erreicht. Daneben lassen sich zwischen den Glaswänden zusätzlich Akustikelemente integrieren – diese sind wahlweise individuell bedruckbar. Sogar Holz und andere Materialien mit einer Dicke von bis zu 19 Millimetern nehmen die Profile neben Glas auf. In einem ihrer nächsten Krankenhausprojekte können Küppers und seine Kolleginnen sich die Wände vorstellen: „Im Rezeptionsbereich stellt sich ja häufig die Frage, wie man einerseits Offenheit wie im Hotel erzeugt, andererseits aber die Möglichkeit hat, den Tresenbereich zu schließen.“ Auch hierfür wäre UNIQUIN geeignet.

sagt Kronenberg. Zudem sei eine möglichst reduzierte und einheitliche Ansichtsbreite wichtig gewesen.

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AACHEN Gute 90 Kilometer entfernt besuchen wir Carpus+Partner Architekten in Aachen, die sich in Nachbarschaft zur Uniklinik ein eigenes Haus als Standort gebaut haben. In ihrem ganzheitlichen Ansatz, die Bauherren stets von Anfang bis Ende zu begleiten, passen das Architekturbüro und dormakaba zusammen. In den Projekten von Carpus+Partner – häufig Forschung, Hochschulen und Pharmaindustrie – spielt das Thema Zugang und Sicherheit eine große Rolle, wird dabei aber immer komplexer, berichtet Architekt Albert Borucki. Gleichzeitig sind bei ihren Gebäuden offene Strukturen beziehungsweise Glaswände gewünscht. „Wir sind natürlich nicht die Einzigen, die ein Glastrennwandsystem im Angebot haben“, sagt Jens Kronenberg, „aber ich glaube, wir haben es gut gemacht.“ Neben der Elektrifizierung und dezenten Beschlägen seien die Schließmittel der Türen bündig mit den Rahmen. Albert Borucki lobt die einfache Installation der Verkabelung. „Und welche Formate sind mit dem System möglich?“, erkundigt er sich. In der Höhe sind drei Meter das Maximum, in der Breite ist man nahezu unbegrenzt, wobei es die einzelnen Horizontalprofile in einer Länge von bis zu sechs Metern gibt. „Besonders wichtig sind uns drei Meter Höhe“, bestätigt Carpus-Architektin Anna Koenigsfeld. Denn ihrer

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Erfahrung nach lägen kaum noch Büros darunter. Das Schöne an transparenten Glastüren und -wänden sei, so Koenigsfeld, „dass man im Gegensatz etwa zu Holztüren gleich sieht, ob man gerade willkommen ist“. Generell ist den Architekten aber eine hohe Flexibilität und Kombinierbarkeit mit anderen Systemen wichtig.

„Für uns ist es spannend, wenn die Wand einen ganz neuen Charakter bekommt, zum Vorhang wird und wegfahrbar ist“, meint die Architektin. Albert Borucki gefällt die Haptik der Profile. Ob denn noch andere Farbtöne als „dieses eine Anthrazitgrau“ produziert werden, möchten beide Architekten wissen. Schließlich gebe es nicht nur einen Grauton – auch wenn dieser hier schon sehr schön sei. Zum Produktionsstart konzentriert sich dormakaba zunächst auf einen Ton, doch bei entsprechender Abnahme sei sicher eine individuelle Farbe machbar, antwortet Kronenberg. Beginnen soll die Serienproduktion von UNIQUIN im Oktober 2017. Übrigens: dormakaba hat eine VR-Welt. So lassen sich Planungen schon vorab virtuell betrachten, begehen und beurteilen.


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HDR

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Ihre Passion gilt dem Gesundheitsbereich, ihr Spielfeld ist der gesamte Globus. Mit der Vereinigung des 1959 als Architekturbüro Thiede gegründeten und ab 1995 als TMK Architekten und Ingenieure firmierenden Büros mit dem international agierenden Büro HDR Inc. (2013) begann für die Düsseldorfer Planer eine neue Ära. Seit ihrem ersten Projekt, dem Evangelischen Krankenhaus in Mülheim an der Ruhr, folgten etliche Kliniken und medizinische Zentren. Dank der Fusion konnte das Spektrum auf die Bereiche Lehre, Wissenschaft und Forschung ausgeweitet werden. „Global denken, lokal handeln“, lautet heute der Anspruch; die Erfahrungen des Netzwerks sollen mit den Bedürfnissen und Ressourcen vor Ort verknüpft werden. Neben der Niederlassung in Düsseldorf unterhält HDR bundesweit sieben weitere Büros. Zu den jüngsten Projekten zählt das Klinikum am Gesundbrunnen in Heilbronn; in Essen wird seit Anfang des Jahres an der neuen Augen- und HNO-Klinik des Uniklinikums gebaut.

CARPUS+PARTNER AG

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Seit 2011 arbeiten Carpus+Partner in ihrem eigens entworfenen Bürogebäude auf dem RWTH Aachen Campus Melaten. In den Planungen dafür galt es nicht nur, der wachsenden Mitarbeiterzahl am Standort Platz zu bieten. Zugleich sollte das gesamte Prinzip der Zusammenarbeit erneuert werden. Bis auf wenige Ausnahmen wurde auf Türen verzichtet, dank Split-Level-Aufteilung und eines großen Atriums im Zentrum haben sich die Projektgruppen stets im Blick – und das bei sagenhaft minimierter gegenseitiger Beeinträchtigung. Feste Arbeitsplätze? Fehlanzeige. Passt zum Grundsatz, der vor allem auf Offenheit, Selbstbestimmung und Hierarchiefreiheit beruht. Mit weiteren Büros in Frankfurt und München widmen sich Carpus+Partner der Konzept- und Ausführungsplanung bis hin zu Ingenieurleistungen und der Bauüberwachung von Gebäuden für Hochschulen, Forschung und die pharmazeutische sowie die Biotech-Industrie. In Fertigstellung befindet sich derzeit das Center for Digital Photonic Production für die RWTH Aachen.

Foto oben: Olaf Küppers, Leiter Innenarchitektur bei HDR Foto unten: Thomas Habscheid-Führer, Chefarchitekt bei der Carpus+Partner AG. © Carpus+Partner

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INTERVIEW

RAFAEL HORZON

Vom erfolgreichen Berliner Unternehmer zum wohl wichtigsten lebenden Designer: Rafael Horzon hat nicht nur eine ganze Reihe von Verkaufsschlagern geschaffen, seine Möbel krönen mittlerweile auch die bedeutendsten Designsammlungen. Ein Gespräch über seinen Einstieg in den Versandhandel, sein letztes großes Firmenabenteuer und wie er aus seinen Kunden Milliardäre macht. VON TIM BERGE FOTOS: HORZON ARCHIV

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MAGAZIN

Redesigndeutschland Stuhl 01 mit Horzon auf dem Alexanderplatz (NICHT aufgenommen in die Sammlung des Vitra Design Museums)

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INTERVIEW Herr Horzon, wie läuft die Therapie? Therapie? Welche Therapie?

Objekte im laufenden Geschäftsjahr. Das ist korrekt.

Bei unserem letzten Interview vor drei Jahren haben Sie angekündigt, sich in Therapie zu begeben. Sie wollten sich von dem Zwang befreien lassen, immer neue Unternehmen gründen zu müssen. Ach so, ja, das ist richtig, das war auch ganz erfolgreich. Ich habe danach nur noch ein einziges Unternehmen gegründet.

Verantwortlich für diesen Anstieg könnte auch sein, dass Sie den Verkaufspreis pro Objekt von 600.000 Euro auf 1.000 Euro gesenkt haben. Das ist möglich.

Das war Horzons Wanddekorationsobjekte. Würden Sie das Unternehmen als Erfolg bezeichnen? Es war ein absoluter Fehlschlag, wir haben drei Jahre lang kein einziges Wanddekorationsobjekt verkauft. Nachdem dann auch unsere Teilnahme an der DecorExpo in Aserbaidschan, der größten Dekorationsmesse der Welt, völlig erfolglos verlaufen war, habe ich unser gesamtes Team zusammengetrommelt, und wir haben Fehleranalyse betrieben. Wie groß ist dieses Team? Das besteht aus dem Verkaufschef Carl Jakob Haupt, Sicherheitschef Philip Mollenkott und dem technischen Direktor Timon Karl Kaleyta. Und natürlich mir, Geschäftsführer Horzon. Was hat die Fehleranalyse ergeben? Wir waren uns einig, dass die gestreiften Wanddekorationsobjekte, die wir bis dahin angeboten hatten, einfach viel zu bunt waren. Das hat den Kunden überfordert. Wir haben dann beschlossen, nur noch einfarbige Wanddekorationsobjekte herzustellen. Und diese sind dann vom Kunden auch sehr gut angenommen worden; wir haben unsere Verkaufszahlen um tausend Prozent gesteigert. Das heißt, von null verkauften Objekten in den Jahren 2014 bis 2016 auf – meines Wissens – 100 verkaufte

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Und zusätzlich könnte dieser Hype durch Ihre Ankündigung angeheizt worden sein, den Verkaufspreis nur einen Monat bei 1.000 Euro zu halten und ihn dann monatlich zu verdoppeln. Das ist möglich. Der Preis lag also schon nach einem Monat bei 2.000 Euro, nach einem weiteren Monat bei 4.000 Euro, dann 8.000, 16.000. Wie teuer ist ein Objekt mittlerweile? Wir haben die neuen Objekte im April eingeführt, der Preis liegt im Oktober 2017 also bei 64.000 Euro. Im Februar 2018 liegt er dann schon bei 1.024.000 Euro. Wir werden also im nächsten Jahr 100 Millionäre mehr in Berlin haben. Beziehungsweise im Dezember 2018 sogar 100 Milliardäre mehr, denn dann liegt der Preis bei 1.048.576.000 Euro. Das sind Preissteigerungen, die man sonst nur in der Kunstwelt kennt. Ihre Objekte sind aber ja keine Kunst, oder? Nein, deshalb heißen sie ja auch „Wanddekorationsobjekte“ und nicht „Kunstobjekte“, das ist doch relativ einfach zu verstehen! Und trotzdem hat ja Stargalerist Johann König, der sich gleich zwei Ihrer Objekte gesichert hat, kürzlich in der Welt geschrieben, dass Sie immer nur behaupten, kein Künstler zu sein, in Wahrheit seien Sie aber sehr wohl Künstler. Das ist eine ganz üble Masche, dass er erst diese Wanddekorationsobjekte kauft und dann behauptet, das sei Kunst. Dazu kann ich nur sagen: Wenn ich diese Wanddekorati-

onsobjekte herstelle und sie zu Wanddekorationsobjekten erkläre, dann sind sie auch Wanddekorationsobjekte – und keine Kunst. Aber trotzdem war ich so wütend über diesen Artikel, dass ich den Verkauf der Objekte sofort gestoppt habe. Glücklicherweise kam dann am selben Tag aber auch der Anruf vom Vitra Design Museum ... Das Vitra Design Museum – es wollte hoffentlich nicht auch noch Ihre Möbelentwürfe zu Kunst erklären? Nein, das Vitra Design Museum befasst sich ja glücklicherweise nicht mit Kunst, sondern mit Design.

Und was hat es Ihnen nun mitgeteilt, das Museum? Dass es 50 Prozent meiner bisherigen Möbelentwürfe in seine permanente Sammlung aufnehmen möchte. Das ist noch keinem anderen Designer vor mir gelungen. Ich scheue mich ja sonst vor Superlativen, aber man kann Rafael Horzon damit wohl als wichtigsten lebenden Designer bezeichnen. Also zumindest sind 50 Prozent eine beeindruckende Zahl, das sind dann sicherlich eine Menge Möbel! Nein, es sind genau gesagt nur zwei, denn ich habe ja in meiner Karriere als Designer bisher nur vier Entwürfe gemacht.


MAGAZIN

Horzon mit Carl Jakob Haupt und Philip Mollenkott und Wanddekorationsobjekten (verpackt) vor dem Eingang zur Decor Expo Aserbaidschan Links: Apfelkuchen Stuhl ohne Horzon (aufgenommen in die Sammlung des Vitra Design Museums)

„ICH SCHEUE MICH VOR SUPERLATIVEN.“

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INTERVIEW

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MAGAZIN

Apfelkuchen Stuhl mit Horzon (aufgenommen in die Sammlung des Vitra Design Museums) Links: Horzon mit verschiedenen Varianten des Universalregal Modern von Moebel Horzon (aufgenommen in die Sammlung des Vitra Design Museums)

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INTERVIEW Welche Entwürfe hat das Vitra Design Museum aufgenommen? Das Universalregal Modern mit dem ich 1999 den Erfolg meines Unternehmens Moebel Horzon begründet habe. Und den Stabstuhl 24, der aus 24 identischen Holzstäben aufgebaut ist. Diesen Stuhl hatte ich 2007 als Mobiliar für mein Fachgeschäft für Apfelkuchenhandel entworfen. Bisher nicht aufgenommen wurden meine Tische und Stühle, die aus jeweils vier identischen Quadraten aufgebaut sind, die ich 2001 für unsere Agentur Redesigndeutschland entworfen habe. Die würde ich zusammen mit meinem TV-Sessel 01 mal als einen Entwurf rechnen – ist ja immer dieselbe Idee. Und die Kleiderschränke, die ich für Moebel Horzon entworfen habe, das wäre dann Entwurf Nummer 4. Diese Entwürfe könnten dann ja in die Design-Sammlung des MoMA gehen. Ich denke eher daran, für diese Entwürfe ein eigenes Museum zu bauen, das dann gleichzeitig auch mein Mausoleum sein wird, in Form eines riesi-

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gen Marmorquaders auf dem jetzigen Standort des Stadtschlosses, das dafür wieder gesprengt werden müsste. Interessant ... Ihrem Regal Modern ist ja übrigens schon letztes Jahr eine eigene Ausstellung gewidmet worden. Das war in Wolfsburg, genau, die Ausstellung war kuratiert von Friedrich von Borries, Jesko Fezer und Konstantin Grcic. Diese Ehrung war längst überfällig, ich habe mich trotzdem darüber gefreut. Lassen Sie uns nun über Ihren neuesten Entwurf sprechen, Ihre Möbel zum Zusammenstecken. Das wäre dann ja schon Ihr fünfter Entwurf ... Es wird auch mein letzter sein. Diese Möbel sind in Form und Funktionalität nicht mehr zu übertreffen. Es ist besser, danach aufzuhören. Sie haben für diese Möbel dann aber doch schon wieder eine neue Firma gegründet ... Richtig, die Firma heißt

klik & stek, denn die Möbel werden zusammengesteckt und zusammengeklickt. Übrigens völlig ohne Werkzeug! Und mit dieser Zerlegbarkeit haben wir auch den einzigen Nachteil unserer bisherigen Möbel aufgelöst: Die sind ja nur schwer zu verschicken, denn wir verkaufen sie ja nur fertig zusammengebaut. Und zwar zu 90 Prozent innerhalb von Berlin. Das ist zwar ein großer Markt, aber der Rest der Welt bleibt uns verschlossen. Deshalb sind wir bei diesen neuen Entwürfen von der Prämisse ausgegangen: Alles muss zerlegbar sein! Mit diesen neuen Möbeln können wir jetzt also ganz groß in den Versandhandel einsteigen. Weltweit. Ein Erfolg scheint vorprogrammiert ... Ja, besonders weil wir auch Tische und Hocker speziell für Kinder entworfen


MAGAZIN haben. Bedenken Sie, dass 70 Prozent der Weltbevölkerung aus Kindern besteht!

her ja auch unser Werbespruch (singt): „klik & stek macht Kinder klug – und Erwachsene ebenso“.

Ein großer Markt. Wie wollen Sie diese Zielgruppe erreichen? Nun, wir haben darauf geachtet, dass die Formen neben Erwachsenen eben auch besonders Kinder ansprechen, etwa durch die abgerundeten Ecken. Wir bieten die Kinder-Version auch in Gelb, Orange und Rot an. Außerdem ist die Montage der Möbel kinderleicht. Und wir haben an der Universität Hannover eine Studie in Auftrag gegeben, die beweist, dass die Formen unserer Möbel die Intelligenz von Kindern fördern. Aber auch die von Erwachsenen. Da-

Hm, das erinnert aber schon ein bisschen an die Haribo-Werbung, und es holpert auch ziemlich ... Wir haben ja auch noch andere Werbesprüche, zum Beispiel: „Kluge Kinder kaufen klik & stek“. Am besten finde ich allerdings: „Kluge Kinder (k)liken klik & stek“. Also „liken“ und „kliken“ in einem Wort! Für die Generation Internet! Man muss das wahrscheinlich aufschreiben, damit man es versteht, Moment mal ... (schreibt) Ah ja, ich sehe jetzt gerade auch, dass die Firma gar nicht „Klick & steck“ heißen wird, sondern „klik & stek“ ... Genau, auch das soll speziell Kinder ansprechen, und es soll uns den Markteinstieg in Skandinavien und in den Beneluxländern erleichtern. Ist der Aufbau dieser Möbel wirklich so kinderleicht, wie Sie versprechen? Sehen Sie, ich habe hier einen klik &

stek-Hocker mitgebracht, Sie müssen nur die drei Teile des Unterbaus ineinanderstecken, so ... Und dann wird die Sitzfläche einfach aufgeklickt, so ..., fertig. 15 Sekunden Aufbauzeit, ohne Werkzeug! Faszinierend. Wann startet der Verkauf? Rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft. Und das ist dann wirklich die letzte Firma, die Sie gründen? Ja, Ehrenwort. Dann ist wirklich Schluss.

„klik & stek macht Kinder klug, und Erwachsene ebenso.“

www.modocom.de www.moebelhorzon.com www.klikundstek.de

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BACKFLASH

DIVA AUS GLAS UND HOLZ DIE SAMMLUNG GOETZ VON HERZOG & DE MEURON WIRD 25

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MAGAZIN

„Sammeln ist eine Krankheit. Man arbeitet sich ab an Bildern. Aber Kunst ist auch die beste Therapie. Sehen Sie nur, was für ein ausgeglichener, höflicher, lieber Mensch Jonathan Meese ist, der teilweise so ausgeflippte Bilder malt.“ INGVILD GOETZ, SAMMLUNG GOETZ

Sammlung Goetz, 2011, Architekten: Herzog & de Meuron, Basel, Courtesy Sammlung Goetz. Foto: Wilfried Petzi, München

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VON JEANETTE KUNSMANN FOTOS: WILFRIED PETZI UND THOMAS DASHUBER, COURTESY SAMMLUNG GOETZ, MÜNCHEN

Die wahre Qualität eines Architekten, seine Ideen, seinen Verstand, erkennt man bereits im Frühwerk: Man muss nur gut zuhören, was es zu erzählen hat. Eines der ersten realisierten Projekte des Baseler Büros Herzog & de Meuron findet man im Münchner Nordnordosten: den Neubau für die Sammlung Goetz. Schon 25 Jahre alt, sieht er so frisch und jung aus, als wäre er erst kürzlich errichtet worden.

BACKFLASH


MAGAZIN Etwas stimmt hier nicht. Sind es die Fensterbänder, die oben an der Attika und unten an der Grasnarbe abschließen? Ist es das helle Birkenholz? Oder die Lage? Dass diese simple, aber elegante Kiste aus Holz und Milchglas inmitten einer gutbürgerlichen Wohngegend im Münchner Stadtteil Oberföhring steht, hat einen einfachen Grund: Sie wurde nämlich im Vorgarten von Ingvild Goetz gebaut. Der Entwurf kommt aus Basel von Herzog & de Meuron, die zu der Zeit eher Unbekannte waren. Es sollte noch einige Jahre dauern, bis sich die Schweizer Architekten 2001 mit dem Pritzker-Preis in die internationale Baugeschichte einschrieben. Waren die Nachbarn 1993 ganz und gar nicht begeistert von diesem fremden Neuling für moderne Kunst, haben sich Gebäude und Sammlung schnell zu einer internationalen Adresse für Kunst und Architekturtourismus etabliert. 2018 feiert die Sammlung Goetz ihren 25. Geburtstag.

stimmt an diesem Gebäude nicht. Richtig, es ist ein Haus mit Fenstern, aus denen man nicht schauen kann. Diesem Gedanken von Ingvild Goetz haben Herzog & de Meuron eine Form gegeben. Goetz stellte sich ein Untergeschoss und ein Erdgeschoss vor, „wobei das Untergeschoss Tageslicht haben sollte“. Alles ist ein paar Meter tiefer gedacht: Die Fensterbänder im Erdgeschoss sind die Oberlichter des Untergeschosses, während sich das Konzept in der oberen Etage wiederholt. Diese Doppelung ermöglicht erst den eigenwilligen wie einfachen Entwurf der Kunstsammlung; nur deshalb lässt sich kaum sagen, wo man sich befindet. Der Besucher verliert die Übersicht, die Orientierung. Von außen schwebt der massive Kern ein paar Meter über der Wiese, der gläserne Sockel mit seiner milchigen Transparenz hebt ihn in die Höhe und rahmt ihn zusammen mit dem oberen Glasabschluss: eine Diva aus Holz und Glas, die mit den Jahren auch schon mal das ein oder

„Wichtig wäre ein Flachdach, um die hohen Bäume dahinter noch sehen zu können. Das Haus sollte nicht nur einen Museumscharakter haben, wir wollen auch ab und zu darin spartanisch leben“, schrieb Ingvild Goetz in einem Brief im Oktober 1989 an den damals 39-jährigen Jacques Herzog.1 Die Kunstsammlerin war zu diesem Zeitpunkt selbst gerade 49 Jahre alt und konnte sich seit der Schließung ihrer Galerie 1984 allein auf die Kunstsammlung konzentrieren. Rückblickend sagt Ingvild Goetz über ihre Jahre als Galeristin: „Ich war eine schlechte Verkäuferin, denn am liebsten hätte ich alles selbst behalten.“2 Dass Herzog & de Meuron mit dem Entwurf der Sammlung Goetz beauftragt wurden, verdanken die Architekten unter anderem dem Schweizer Maler Helmut Federle. Er stellte das Duo der Kunstsammlerin vor, die Mitte der Achtziger ein Haus für ihre wachsende Anzahl von Arbeiten bauen wollte und von den vorigen Architektenentwürfen enttäuscht war. Jacques Herzog und Pierre de Meuron präsentierten dem Ehepaar Goetz ein Modell, das die Bauherren sofort überzeugte. Das Vorgängerhaus in der Oberföhringer Straße 103 wurde abgerissen, 1991 beginnen die Bauarbeiten. Die Ausführungsplanung und Bauausführung übernimmt der Münchner Architekt Josef Meier-Scupin, die Ausstellungsräume gestalten Herzog & de Meuron in Zusammenarbeit mit Helmut Federle. Als die Sammlung Goetz am 6. März 1993 eröffnet wird, herrscht große Begeisterung: „Stilles Wunder“ titelte Die Zeit, „Klare Kanten für radikale Kunst“ lobte das Feuilleton der Münchner Abendzeitung, „Architektur der Ruhe“ schrieb die Rheinische Post. Glaubt man den Besucherumfragen, ist die Sammlung zu einem Großteil auch durch ihre Architektur bekannt geworden. Man kommt hier nicht zufällig vorbei, zur Sammlung Goetz wird gepilgert – und zwar mit Termin. Und wer dann aus dem Bus oder dem Taxi aussteigt, wundert sich vielleicht. Etwas

andere Makeover brauchte. Es sei ihr gegönnt. Der Garten war dem Ehepaar Goetz so wichtig, dass ihr Sammlungsgebäude leicht und nicht zu dominant sein sollte – dennoch mit der Vorgabe, dass etwa 150 Meter Hängefläche benötigt werden. Zur Straße begrüßt eine geschlossene Front, der Eingang befindet sich auf der Gartenseite. Die Erschließung gibt den Rundgang vor, die semitransparenten Oberlichter sorgen für ein blendfreies und gleichmäßiges Tageslicht. Die doppelte Hülle erweist sich bis heute als Clou: Der Spalt zwischen der Holzfassade außen und der Betonwand innen dient als Puffer und natürliche Lüftung. Im Sommer kann die Luft hier abkühlen und in die Räume geleitet werden. Von dem Zusammenspiel zwischen Bauherrin und Architekten haben beide Seiten profitiert: Ingvild Goetz mit einem zeitlosen, aber richtungsweisenden Neubau von damals jungen, kaum bekannten Architekten, Herzog & de Meuron mit einem Frühwerk, das sich heute als solider und kluger Grundstein ihres Œuvres erweist, das sie 25 Jahre später unbestritten an der Spitze internationaler Ranglisten ihrer Zunft verortet.

1 Zitat aus einem Brief von Ingvild Goetz an Jacques Herzog vom 18. Oktober 1989, aus: Karsten Löckemann, Happy Birthday Goetz Collection, in: Happy Birthday. 20 Jahre Sammlung Goetz, Hirmer Verlag, München 2013, Seite 10–15, hier Seite 11. 2 Zitat aus einem Interview mit Ingvild Goetz von Cornelia Gockel, in: Happy Birthday. 20 Jahre Sammlung Goetz, Hirmer Verlag, München 2013, Seite 22–26, hier Seite 23.

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Foto: Thomas Dashuber, München / Courtesy Sammlung Goetz, Ingvild Goetz, München

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Der schmale Durchgang von den hellen Ausstellungshallen hinunter in die unterirdische Erweiterung für Videokunst funktioniert wie eine dunkle Schleuse. Damit sich die Akustik verändert, wurden die Wände mit Filz ausgekleidet. Fotos: Wilfried Petzi, München

INGVILD GOETZ

SAMMLUNG GOETZ

HERZOG & DE MEURON

1941 als ältestes Kind des Unternehmers Werner Otto im westpreußischen Kulm geboren, wollte Ingvild Goetz zunächst eigentlich Malerin werden. Ende der Sechzigerjahre gründete sie einen Verlag für grafische Editionen in Konstanz und eröffnete 1972, beeinflusst von Harald Szeemann, der zufällig neben ihr im Flugzeug nach New York saß, ihre Galerie Art in Progress in Zürich. Als 1973 ihre Arbeitsgenehmigung nach einem politischen Happening nicht mehr verlängert wurde, zog sie kurzerhand mit ihrer Galerie nach München. Nach deren Schließung 1984 konnte sie sich voll und ganz ihrer Sammlung zeitgenössischer Kunst widmen, darunter umfassende Bestände von Rosemarie Trockel, Thomas Schütte, Mike Kelley und Peter Fischli/David Weiss. 2012 besitzt Ingvild Goetz mit mehr als 4.000 Werken die größte Privatsammlung zeitgenössischer Kunst in Deutschland.

1989 beauftragte Ingvild Goetz die Baseler Architekten Herzog & de Meuron mit dem Neubau ihres Privatmuseums, das 1993 eröffnet wurde. Um den wachsenden Bestand an Medienkunst auszustellen, ließ Goetz das Haus 2004 von dem Architekten Wolfgang Brune in Absprache mit Herzog & de Meuron mit der BASE103 unterirdisch erweitern. 2013 schenkte sie das Gebäude sowie einen kleineren Teil ihrer Sammlung dem Freistaat Bayern und schloss über die weiteren 4.000 Kunstwerke einen Dauerleihvertrag ab. Die Jubiläumsausstellung trägt den Titel Generations. Künstlerinnen im Dialog und beginnt im Februar 2018. www.sammlung-goetz.de

Für den Umbau des alten Londoner Themse-Kraftwerks zur Tate Modern erhielten sie 2001 den Pritzker-Preis, der Neubau für das Nationalstadion in Peking (Vogelnest) wurde sieben Jahre später ihr großer Durchbruch. Heute arbeiten für Jacques Herzog und Pierre de Meuron, beide Jahrgang 1950, über 400 Mitarbeiter an fünf internationalen Standorten, wobei Basel immer das Herz des Architekturbüros war und auch geblieben ist. 1978 gegründet, feiern Herzog & de Meuron im nächsten Jahr ihr 40-jähriges Jubiläum. Pierre de Meuron hat sich im Mai 2017 aus der operativen Leitung zurückgezogen und diese einem CEO übergeben. www.herzogdemeuron.com

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INTERVIEW

ZUHAUSE IN DER KUNST GIL BRONNER Als Sohn des Architekten und Kunstsammlers Dan-Georg Bronner ist er mit Kunst aufgewachsen: Seit zehn Jahren kauft der Immobilienentwickler Gil Bronner auch selbst mit großer Leidenschaft. Seine Sammlung Philara hat sich in Düsseldorf längst zu einer festen Adresse für zeitgenössische Kunst etabliert.

VON JEANETTE KUNSMANN

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MAGAZIN

Gil Bronner. Foto: Albrecht Fuchs

so, dass ich schon sehr früh zu Ausstellungen und Kunstmessen mitgenommen wurde und mir viel angesehen habe. Ich wurde quasi dazu verpflichtet, Kunst zu sehen. Deshalb hatte ich als Jugendlicher eher die Tendenz, mich für Musik zu interessieren. Jetzt liegt mein Schwerpunkt wieder bei der Kunst.

Düsseldorf-Flingern ist so angenehm anders, dass sich hier sehr viele sehr wohlfühlen. Die Adresse Birkenstraße 47 ist besetzt von Kreativen, unter anderem von der Filmwerkstatt Düsseldorf, von der Wim Wenders Stiftung und seit letztem Sommer auch von der Sammlung Philara von Gil Bronner. Die Räume in der ehemaligen Glasfabrik sind groß, hell und eignen sich wunderbar zum Ausstellen zeitgenössischer Kunst; umgebaut wurden sie dafür von dem Düsseldorfer Büro Sieber Architekten.

Sie sind nicht nur Sammler, sondern auch mit Kunst groß geworden. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Kindheit? Was war Ihr erster bewusster Kontakt zur Kunst? Das kann ich gar nicht sagen, es ist „one big blur“. (überlegt) Mein Vater ist ja Architekt – und Architekten sind im Allgemeinen ja sehr kunstaffin. Meine Eltern sammeln schon lange Kunst. Ich glaube, es ist einfach eine Zwangsläufigkeit, dass es sich so entwickelt. Wie mit Ihrem Magazin: Design, Architektur und Kunst gehören zwangsläufig zusammen. Auch heute ist diese Linie zwischen Kunst und Design kaum definierbar. Wenn man sich eine Arbeit wie diese hier von Tobias Rehberger anschaut (zeigt hinter sich), stellt sich die Frage: Wo hört Design auf, und wo fängt Kunst an? Es gab also eigentlich kein Entkommen für Sie? Genau. So kann man es formulieren. In meiner Kindheit war es

Ihre Sammlung haben Sie nach Ihren Kindern Philip und Lara benannt. Wie viel Kunst vertragen denn Kinder? Na ja, so klein sind meine Kinder jetzt nicht mehr. Insofern ... Meine Tochter Lara macht hier quasi ein Dauerpraktikum und wird bestimmt später auch etwas in Richtung Kunst studieren. Und mein Sohn studiert Kulturmanagement in Berlin. Beide sind also kunstaffin. Die Sammlung hat also gute Chancen, ein Familienbusiness zu bleiben? Es ist kein Business, es ist eine Geldvernichtungsmaschine! Ich verdiene ja mit Kunst kein Geld. Aber die Kunstwerke, die Sie kaufen und sammeln, werden vermutlich mit der Zeit an Wert gewinnen. Wenn ich sie dann verkaufen würde, könnte ich theoretisch Geld damit verdienen. Sammeln ist für Sie also explizit Leidenschaft. Sicher, man hat immer ein Auge darauf, wie sich die Kunstpreise entwickeln. Aber als Geschäftsmodell taugt das nicht besonders viel. Ihr Vater ist auch Kunstsammler. Tauschen Sie beide sich aus? Nein, nicht regelmäßig. Er fragt mich immer mal wieder, ob ich von dem oder dem Künstler was habe, und freut sich, wenn er mal eine Arbeit bei mir entdeckt. In gewisser Weise habe ich von ihm einen Sinn dafür geerbt, dass Sachen einen eher verstören sollten, als dass das Reine, Schöne gesucht

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INTERVIEW wird. Er hat zum Beispiel ein Faible für George Grosz. Dessen Arbeiten sind großartig, aber nicht im herkömmlichen Sinne schön. Der Kunstmarkt wächst, und mit der Nachfrage steigt auch das Angebot: Heutzutage gibt es wahnsinnig viel Kunst. Das macht es nicht unbedingt einfacher. Das stimmt. Letzten Sommer habe ich in Italien mehrere Skulpturenparks besucht. Es war wirklich erschreckend, wie wenige Künstler aus den Achtzigerjahren ich dort kannte. Und ich rede nicht nur von obskuren Künstlern aus Italien, sondern auch aus Amerika. Ich hatte diese Namen noch nie gehört! Da sieht man dann, wie stark man als Sammler auch danebenliegen kann. Das kann man aber erst 35 Jahre später erkennen. Auf welche Werke oder Entdeckungen sind Sie denn in Ihrer Sammlung besonders stolz? Kann ich so gar nicht sagen. Ich habe zu vielen Künstlern eine solche Nähe, dass es wirklich schwer ist, da zu unterscheiden. Mein erstes Kunstwerk, das ich 2007 gekauft habe – und es ist jetzt fast schon kitschig, das zu sagen – ,war eine Arbeit von Neo Rauch. Da lag ich direkt richtig und hatte das richtige Auge für den richtigen Künstler, bei dem auch die Wertentwicklung parallel phänomenal gewesen ist. Aber ich würde nicht sagen, dass ich darauf besonders stolz bin. Niemand sollte stolz darauf sein, dass er ein teures Bild besitzt. Das ist der falsche Ansatz. Gut, anders gefragt: Gibt es ein Kriterium, nach dem Sie einkaufen und welche Werke Sie gut finden? Qualität. Hört sich banal an, ist es aber nicht. Ich glaube, dass Kunst häufig die Intelligenz der Künstler ausstrahlt. Das macht den besonderen Reiz aus. Ich glaube nicht, dass jemand mit reinem Talent unbedingt auch gleich gute

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Kunst schafft. Das hängt mit Durchhaltevermögen zusammen. Man muss Künstler über längere Zeit beobachten, um zu beurteilen, ob sie auch nachhaltig ein gutes Werk produzieren. Meine Sammlung ist da einfach noch zu frisch und zu jung. Fallen Ihnen Kaufentscheidungen manchmal schwer? Ich bin keiner von diesen Amerikanern, die mit einer Beraterin auf hohen Absätzen und einem Budget von 50 Millionen über die Art Basel laufen und es heißt: „I would buy that, Sam!“ Mein Problem ist nicht so sehr, mich für etwas, sondern eher, mich dagegen zu entscheiden. Ich kaufe viel zu gerne. Deswegen bin ich auch notorisch pleite! Gerade versuche ich, abstinent zu sein.

Umgebaut wurde die ehemalige Glasfabrik von Sieber Architekten. Fotos: Stefan Müller, Berlin

Was bestimmt auch nicht immer einfach ist. Es ist grausam! Wissen Sie denn, wie viele Werke Sie gerade besitzen? Ganz genau weiß ich es nicht. Ich schätze, es sind so 1.300 oder 1.400, was natürlich auch davon abhängt, wie man zählt. Manche Werkgruppen umfassen hundert Arbeiten. Irgendwann wird eine Sammlung auch zu einer logistischen Herausforderung. Das stimmt. Im Augenblick habe ich relativ viel Lagerfläche. Was ist denn Ihr Anspruch an Ihre Sammlung und an die Werke, die hier in den Räumen ausgestellt werden? Alle Werke rotieren. Ich sammle die Werke, die mir gefallen. Aber ich versuche, damit auch abzubilden, was ich gerade für relevant halte – sofern ich es mir erlauben kann, es zu kaufen. Der Markt, den ich mir da ausgesucht habe, ist noch relativ jung. Idealerweise wird man in 20 oder 50 Jahren zurückblicken und sagen können: Das war richtungsweisend. Vielleicht wird es so sein. Das wäre schön.

Sammlung Philara Birkenstraße 47 40233 Düsseldorf www.philara.de


EINE VERANSTALTUNGSREIHE VON

SAVE THE DATE PRODUKTINNOVATIONEN | AUSSTELLUNG | VORTRÄGE | NETWORKING PROF. CARLO RATTI (CARLO RATTI ASSOCIATI) PROF. MICHAEL BRAUNGART (EPEA INTERNATIONALE UMWELTFORSCHUNG) PETER HAIMERL (PETER HAIMERL . ARCHITEKTUR) U.V.M.

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Cordhose und Jacke von Prada, FW 17. Foto: Courtesy of Prada

FOLGE 3 — CORD

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Moden von gestern VON ANNE WAAK

Kurz nachdem Samt seine Renaissance als Stoff der Saison erlebt hat, wird ein anderes Material wiederentdeckt, das gemeinhin mit den Siebzigerjahren assoziiert wird.

Cord, ein Baumwollgewebe mit samtartigen Längsrippen, hat keinen guten Ruf. Er gilt als nerdigster aller Textilien. Eine ganze Generation hat ihn in den Farben Senf, Rost und Schlamm in schlechter Kindheitserinnerung. Entwickelt hat sich Cord aus dem heute seltenen Barchent, einer einseitig aufgerauten Mischung aus Baumwolle und Leinen. Seit 200 v. Chr. wurde er in der ägyptischen Stadt Fustat hergestellt, woraus sich sein englischer Name „fustian“ ableitet. Von Afrika aus kam Barchent nach Europa, wo Baumwolle noch selten war. Ab dem 14. Jahrhundert gelangte er von Spanien aus über Venedig nach Mitteleuropa, wo er das Leinen verdrängte. Städte wie Konstanz, Ulm und Augsburg verdankten ihren Reichtum den Baumwollspinnereien und -webereien, die ab 1320 überall entstanden. Weil Barchent oft als Futterstoff verwendet wurde, hat das Wort „fustian“ seit den Zeiten Shakespeares auch die Bedeutung von „überflüssig“, „pompös“ oder „schwülstig“. König Heinrich VIII. bevorzugte die teure neapolitanische Version des Stoffes und trug so zu seiner elitären Anmutung bei. Um diese Zeit begann sich gerippter Barchent durchzusetzen, der dem heutigen Cord gleicht. Den europäischen Adeligen diente der weiche, aber strapazierfähige und leicht zu reinigende Cord als Sportkleidung, ihre Angestellten trugen Dienstkleidung aus dem Stoff, aus weißem Cord wurden die Kleider der Damen gefertigt. Im 18. Jahrhundert ist er die erste Wahl für Militär- und Reitkleidung, aber auch bei den Ständen, die mit Tinte umgehen – wie Schreibkräfte und Schuldirektoren. Möglicherweise ist das der Grund, warum Cordjacketts bis heute als Kleidung von Geografielehrern und anderen Sonderlingen gelten. England wurde wichtigstes Zentrum der Produktion, was sich unter anderem darin zeigt, dass Cord hier auch Manchester heißt, nach der Stadt, in der er produziert wurde. Die Gegend um den Ort Hebden Bridge wurde eine Zeit lang auch Fustianopolis genannt. Das Aufschneiden der Oberfläche,

durch das die samtige Struktur erst entsteht, bedurfte eines speziellen Messers und einer ruhigen Hand. In einer 60-Stunden-Woche musste ein „fustian cutter“ mehr als 450 Meter Cord schneiden. Übernahmen Kinder diese Arbeit, wuchsen sie durch die einseitige Belastung oft mit einer höheren und einer niedrigeren Schulter heran. Im späten 18. Jahrhundert taufte eine englische Marketingkampagne den Stoff in Corduroy um – ein Name, der sich von „corde du roi“ ableitet: der Cord des Königs. Viel half es nicht: Das Material wurde zum bevorzugten Stoff für Handwerkerund Arbeiterkleidung, sichtbar bis heute bei den Westen und Hosen von Zimmerleuten. Als „Samt des armen Mannes“ wurde Cord zum Stoff mit klarer Klassenzugehörigkeit, bevor er in den Siebzigerjahren seine vorletzte Konjunktur erlebte. Cord gilt heute als der Stoff der empfindsameren, oft ein wenig komplizierten, intellektuellen Seelen: Woody Allen und Wes Anderson sind genauso berühmte Cord-Träger, wie Frank Lloyd Wright und Walt Whitman es waren. In diesem Herbst haben es sich Labels wie Prada, Dior Homme und Marc Jacobs zur Aufgabe gemacht, dem anschmiegsamen Cord seine Würde zurückzugeben.

„Wird auch langsam Zeit.“

Anne Waak schreibt unter anderem für Monopol und Interview über Kunst, Kultur und Gesellschaft, sehr gern auch über Mode. Zusammen mit Annika von Taube und Holm Friebe veranstaltet sie das Talk-Format NUN – Die Kunst der Stunde.

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175 Jahre Riva

TEXT: NORMAN KIETZMANN FOTOS: RIVA

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MAGAZIN

Riva Rivamare, 2016

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175 JAHRE RIVA

Riva Aquarama, 1962

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MAGAZIN

Serafino Riva baute die ersten Motorboote unter dem Namen Riva und gewann mit ihnen in den Zwanziger- und DreiĂ&#x;igerjahren zahlreiche internationale Rennen.

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175 JAHRE RIVA

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MAGAZIN

ELEGANZ AUF DEM WASSER:

Riva Tritone, 1962

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175 JAHRE RIVA

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MAGAZIN

Riva Aquarama, 1962

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175 JAHRE RIVA Sean Connery, Gunter Sachs, Elizabeth Taylor, Ingrid Bergman und Jean-Paul Belmondo: Sie alle jagten mit ihrer Aquarama über die Wellen zwischen Saint-Tropez und Portofino. Dass der Jetset kaum widerstehen konnte, lag an einem einflussreichen Fürsprecher: Gianni Agnelli. Als Carlo Riva den Prototypen der Aquarama im Sommer 1962 in Monaco testete, wurde der Fiat-Boss aufmerksam. Er fragte, ob er das Boot fahren dürfe und drehte mit voller Geschwindigkeit seine Runden um den Grimaldi-Felsen. Im Anschluss legte nicht nur er sich ein Modell zu, sondern auch fast alle seiner berühmten Freunde. Die Aquarama gab dem Unternehmen Riva, das 1842 in Sarnico am Iseosee gegründet wurde, eine neue Richtung. Pietro Riva, der Urgroßvater von Carlo Riva, reparierte anfangs in seiner Werkstatt lediglich die Holzboote der Fischer. Erst sein Sohn Ernesto begann mit der Konstruktion von Ruder- und Segelbooten für den Warentransport, bis sein Enkel Serafino in sportliche Gefilde vordrang. Er baute die ersten Motorboote unter dem Namen Riva und gewann mit ihnen in den Zwanziger- und Dreißigerjahren zahlreiche internationale Rennen. In der Sportwelt war die kleine Werft danach zwar ein Begriff, doch erst als Serafinos Sohn Carlo die Fertigung von Einzelstücken auf Serienmodelle umstellte, avancierte Riva zur erkennbaren Marke. Die erste Modellreihe hieß AR und wurde von 1946 bis 1955 produziert. Ab 1953 wurde sie in den griffigeren Namen Corsaro umbenannt. Der Rumpf aus Honduras-MahagoniHolz nahm bereits die Konturen der späteren Riva-Modelle vorweg. Jedoch war das 4,8 Meter lange Boot mit lediglich einer Sitzreihe und fehlender Liegefläche noch klar als Rennboot ausgelegt. Um ein Sonnenbad zu nehmen, musste eine Matte auf der gewölbten Motorhaube ausgebreitet werden. Das 1950 vorgestellte Modell Ariston beschrieb Carlo Riva als „ein reines, starkes Rassepferd, mein Lord of the Sea“. Es war der Prototyp für alle folgenden Riva-Boote, das mit 6,8 Metern Länge genügend Platz für eine zweite Sitzreihe bot. Die Tritone-Baureihe (1950–1966) wuchs auf stattliche acht Meter an und war als erste Riva mit zwei Motoren ausgestattet. Eine geschützte Liegefläche ging erst mit der Baureihe Sebino (1952–1957) in Serie, die mit schnellen V8-Motorn der amerikanischen Werft Chris Craft ausgestattet war. Carlo Riva stellte mit diesem Modell auf wirkliche Serienproduktion um und ökonomisierte die einzelnen Arbeitsschritte. Zum Erfolgsschlager wurde das etwas längere Nachfolgemodell Florida (1952–1964), von dem auch Brigitte Bardot ein Exemplar erwarb und dieses Nounours (zu deutsch: Teddybär) taufte. Kultstatus erhielt das Modell Aquarama, das in vier Baureihen in den Jahren 1962 bis 1996 hergestellt wurde. Gut erhaltene Modelle sind heute in Sammlerkreisen heiß begehrt und schlagen mit 500.000 Euro oder mehr zu Buche.

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MAGAZIN Den Anstoß für diesen Preisanstieg gab ein Richtungswechsel in den Neunzigerjahren, als vielen Kunden der Pflegeaufwand für die Mahagoni-Flitzer einfach zu hoch war. Das Nachfolgemodell der Aquarama heißt Aquariva und wird aus Kunststoff gefertigt. Mahagoni-Planken auf dem Deck versuchen das Feeling der frühen Boote zwar aufzugreifen, doch Holz- und Kunststoffboote spielen einfach nicht in derselben Liga. Ein weiterer Grund für die Materialumstellung lag an den veränderten Besitzverhältnissen. 1969 hatte Carlo Riva die Werft an die amerikanische Whittaker Corporation verkauft, die auf die Fertigung von Fiberglasbooten spezialisiert war. In den Neunzigerjahren wurde Riva von der Vickers Group übernommen, der damals auch Rolls-Royce gehörte, bevor die Werft in den Zweitausender-Jahren zur Ferretti-Gruppe überging. Anlässlich des 175. Firmenjubiläums sind nun zwei neue Modelle vorgestellt worden: Die 56’ Rivale (17,27 Meter) ist nicht nur mit einer im Heck versteckten Garage für ein Williams-325Schlauchboot ausgestattet. Die hintere Schwimmplattform kann zum Baden unter Wasser abgesenkt werden und gibt eine in den Rumpf eingelassene Leiter frei, um den Ein- und Ausstieg ins Wasser noch angenehmer zu machen. Deutlich großzügiger ist die 29,9 Meter lange 100’ Corsaro, die über eine „fliegende“ Brücke, drei Decks und acht Kabinen verfügt und Platz für 20 Personen bietet. Wohnzimmer und Essbereich auf dem Oberdeck öffnen sich mit breiten, umlaufenden Panoramafenstern, um das Meer selbst beim Lümmeln auf dem Sofa erlebbar zu machen. Noch im Herbst soll das dritte Jubiläumsmodell Riva 110’ (33,52 Meter) vorgestellt werden, bei dem sich die Grenzen zwischen Innen- und Außenraum weiter auflösen. „Nicht alle Boote können Ikonen werden. Vielleicht ist es leichter für kleine Modelle. Das ist dasselbe wie bei der Kelly Bag, die zur Ikone von Hermès wurde. Dennoch ist es wichtig, dass man auch bei größeren Baureihen dieselbe Qualität und denselben Touch fühlen kann wie bei den kompakten Modellen“, meint Mauro Micheli. Auch wenn der Markt längst nach deutlich muskelbepackteren Booten als einer Aquarama verlangt: Die lässige Eleganz, die der im April 2017 verstorbene Carlo Riva aufs Wasser gebracht hat, wird auch in Zukunft die Messlatte jeder neuen Riva sein.

Riva Rivamare, 2016

Mehr Text und alle Bilder: www.heinze-dear.de/_03182

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MIT A NACH B

DIE LETZTE KUPPEL VON NIKLAS MAAK

Der Mann am Mietwagenschalter in Pisa schaute mich erst überrascht, dann misstrauisch an.

„Sie können den neuen Polo haben“, sagt er. „Oder einen Seat! Den Ibizia. Ganz neu. Oder – ich kann sie upgraden auf einen Skoda.“ „Ich will keinen Skoda“, sage ich, „da laufe ich lieber. Ich hätte gern den Wagen da.“ „Den Lancia? Der ist eine Klasse drunter. Sie haben das Recht, einen Polo zu fahren.“ „Ich will aber den Lancia.“ Der Mann drehte sich Hilfe suchend um, aber es war niemand außer uns da. Also gab er mir die Schlüssel für den Lancia Y, zögernd, als müsse er mich eigentlich vor dem Auto bewahren.

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MAGAZIN

ITALIENS Jemandem, dem Autos egal sind, musste der Lancia Y erscheinen wie ein aufgeblähter Fiat 500, dem man ein silbernes Wappen auf die Nase gedrückt hatte, was andererseits gar nicht so falsch ist, denn Lancia gehört zu Fiat. Und schon der erste Lancia Y basierte auf einem Fiat, er war gewissermaßen die schickere Variante des Fiat Uno: noch eckiger, kürzer und mit Alcantara ausgeschlagen – was ein schüchterner Verweis war auf die glorreiche Geschichte der Automarke Lancia, die bald zu Ende geht. Außerhalb von Italien wird die Marke Lancia nicht mehr vertrieben, nur in Italien gibt es noch den Kleinwagen Y, der sich dort aber erstaunlicherweise rasend gut verkauft. Er ist das zweitmeist verkaufte Auto in Italien, gleich nach dem Fiat Panda und weit vor dem Fiat 500 und Polo und Golf. Nicht jeder Italiener liebt es, wie der Mann am Mietwagenschalter bewies, aber doch genügend, um die Marke am Leben zu halten. Was ist das Geheimnis dieses Autos, das sich nirgendwo verkaufte, aber so gut wie fast sonst nichts in Italien? Es hat wohl auch etwas mit der Geschichte von Lancia zu tun, die 1906 von Vincenzo Lancia gegründet wurde. Er baute das erste Auto mit beleuchteten Instrumenten, den ersten Wagen mit Einzelradaufhängung, den ersten Wagen mit selbsttragender Karosserie. Lancia war teuer, aber anders als Alfa Romeo nicht extrovertiert und röhrend, sondern edel, lautlos, dunkel und mit dem Nerz nach innen auftretend. Lancia war „alta borghesia“: der Wagen, der in den Kiesauffahrten von Palladio-Villen und Landsitzen parkte, das Auto der Mailänder Anwälte, der römischen Minister und Bauunternehmer. Einer von ihnen, Cavaliere Carlo Pesenti, hatte 1955 die marode Firma von der Familie des Firmengründers und Rennfahrers Vincenzo Lancia gekauft und gleich einmal eine angemessene Luxuslimousine mit damals exzentrischem V6-Motor bauen lassen, die Flaminia, die teurer als ein Jaguar oder eine S-Klasse war, aber dafür mit technischen Spielereien vollgestopft: Es gab, verborgen hinter einer dezenten Pininfarina-Karosserie, ein Heckschei-

benwischsystem mit je zwei Wischblättern innen und außen sowie ein Druckluftaggregat, das nur zum Öffnen des dritten Seitenfensters diente. Die Hupe konnte man von laut auf leise schalten. Solche technischen Basteleien haben, weil sie nicht immer funktionierten, Lancia später den Ruf gekostet. Die Marke wurde 1969 verkauft, wenig später waren die Wagen nur noch Edelversionen von Fiat, zuletzt hatte man sogar hässlichen Chrysler-Modellen das Wappen mit der Lanze („Lancia“) auf die Nase geklebt, alles ohne Erfolg. Nur der Y hielt sich, seit es ihn gab, in den Herzen der Italiener. Meiner war rund wie eine Betonkugel und hatte auch eine betonartige Farbe, was gut zu meinem Fahrtziel passte; ich war auf dem Weg nach Arezzo, wo ich Dante Bini treffen wollte, den Architekten des berühmten Ferienhauses von Monica Vitti und Michelangelo Antonioni auf Sardinien, einer sogenannten Binishell – es gab kein Auto, das so sehr aussah wie diese Architektur. Die Geschichte der Binishells beginnt in den Bergen, in Cortina d’Ampezzo, wo der junge Architekt und Erfinder Dante Bini Ende der Sechzigerjahre einen Skiwettbewerb gewinnt. Die Siegertrophäe wird ihm von der Schauspielerin Monica Vitti überreicht. Bini, geboren 1932 in Castelfranco Emilia, hatte zu diesem Zeitpunkt einen preisgekrönten Faltkarton zum Tragen von Weinflaschen entworfen und ein Patent für die sogenannte Binishell angemeldet – eine Bautechnik, bei der ein hausgroßer Gummiballon mit einem Stahlgerüst bedeckt, mit Beton bespritzt und dann aufgeblasen wird, sodass die Konstruktion sich langsam anhebt. Nach ein paar Tagen, wenn der Beton ausgehärtet ist, wird der Ballon herausgezogen; anschließend werden Türen und Fenster in die so entstandene Kuppel eingeschnitten. Vittis Lebensgefährte, der Filmemacher Michelangelo Antonioni, hatte damals auf Sardinien ein Grundstück gekauft und suchte einen Architekten. Bini entwarf eine poröse Betonschale, die in ein Dickicht aus Ginster, Zistrosen,

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MIT A NACH B

Olivenbäumen und Pinien einsank. Die Betonschale sah aus wie eine Mischung aus einem versunkenen boulléeschen Revolutions-Kenotaphen und einem Labor für Experimente mit einem seltenen, komplizierten Gas, das schnell zu entweichen droht, oder eigenartigen magnetischen Kräften – und in gewisser Weise war sie auch genau das. Wenn man den Bau betritt, der von außen fast abschreckend einfach wirkt, gerät man in ein erstaunliches Labyrinth aus Innen- und Außenräumen: Die Kuppel ist oben offen wie das Pantheon in Rom, durch den Innenhof darunter winden sich verdrehte Treppen, die auf Terrassen und Podeste führen; das Innerste des Hauses ist zugleich wieder außen. In die Schale wurden Ideen für zwei oder drei Häuser hineingebastelt, was auch daran liegen kann, dass dieses Haus gleichzeitig von einem Architekten und von einem Regisseur erbaut wurde, deren Ideen und Raumvorstellungen im Bau ständig aufeinanderkrachen, sich überlagern und verwirren; es kollidieren dort sozusagen eine architektonische und eine cineastische Idee von Erzählung und Raum. Das Herzstück dieses Baus ist die frei schwebende Treppe ohne Geländer, gebaut aus rohen, in die runde Innenwand gerammten Felsbrocken, über die man hinunterbalancieren muss wie draußen zur Bucht, nur dass diese Treppe vielleicht noch etwas gefährlicher ist – und genau das sollte sie sein: ein Monument der Gefahr und der Schönheit, das Konzentration, physische Körperspannung und Wachheit erfordert. Bini verschwand bald wieder von Sardinien, nicht ohne auf der Isola dei Cappuccini vor der sardischen Küste noch sieben weitere Binishells zu hinterlassen. Mittlerweile hat er 1.600 Bauten errichtet, darunter viele Schulen und Einkaufszentren in Australien und Amerika, wo er 1989 das erdbebensichere Billigbausystem Pak-Home erfand und eine ökologisch nachhaltige Stadt für eine Million Einwohner entwarf, die statt in Autos oder Bussen auf solarstrombetriebenen Laufbändern durch die Gegend befördert werden.

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Als ich in Arezzo ankam, parkte ich den Lancia auf dem Kies vor Dante Binis Haus. Privat bewohnt der zwischen Los Angeles und Arezzo pendelnde Architekt dort keine Betonschale, sondern einen alten Palast: Er schlendert wie ein jovialer Fürst die große Treppe herunter, die Zypressen biegen sich vornehm im Wind, und so gesehen passt mein kleiner, ungeliebter Mietwagen mit seinem stolzen Chromwappen auf der Nase doch wieder ganz gut ins Bild.

Niklas Maak schreibt für das Feuilleton der FAZ und ist ein passionierter Autofahrer. Seine Kolumne Mit A nach B verbindet Architekturkritik mit Automobilexpertise. Seine Kolumne Autopilot läuft auf www.heinze-dear.de in der 50. Folge.


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MUST SEE QUARTERLY

MUST SEE

Charles und Ray Eames posieren auf einem Velocette-Motorrad, 1946 © Eames Office LLC

Design 22. März bis 23. Oktober 2017 Jasper Morrison. Thingness Bauhaus-Archiv Berlin www.bauhaus.de 15. September 2017 bis 21. Januar 2018 Pure Gold. Upcycled! Upgraded! Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg www.mkg-hamburg.de 30. September 2017 bis 25. Februar 2018 An Eames Celebration Vitra Design Museum, Weil am Rhein www.design-museum.de 20. bis 22. Oktober 2017 Designers’ Open Kongresshalle am Zoo, Leipzig www.designersopen.de 26. Oktober 2017 Edra: A Story on its own. 30th Anniversary Neue Werkstätten München neue-werkstaetten.de 28. Oktober 2017 bis 11. März 2018 The Happy Show, Stefan Sagmeister Museum für Gestaltung – Schaudepot, Zürich www.museum-gestaltung.ch

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An Eames Celebration „I am 34 (almost) years old, single (again) and broke – I love you very much and would like to marry you very very soon“, schrieb Charles Eames an einem Dienstag im Jahr 1941 an Ray Kaiser. Er war Architekt, sie malte, und zusammen wurden sie ein unschlagbares Kreativteam. Ihre Möbel stehen heute im Bundekanzleramt, in Tausenden Büros und in Millionen Wohnzimmern. Für Vitra beginnt 1957 mit der Produktion der Entwürfe von Charles und Ray Eames die Geschichte des Unternehmens als Möbelhersteller. Jetzt präsentiert das Vitra Design Museum unter dem Titel An Eames Celebration parallel vier Ausstellungen, die das Werk des legendären Designerpaares erstmals umfassend vorstellen. Reflecting! Bis zum 25. Februar 2018


MAGAZIN

QUARTERLY

Architektur 1. Juli bis 12. November 2017 In Land Aus Land. Swiss Architects Abroad S AM Schweizerische Architekturmuseum, Basel www.sam-basel.org

9. November 2017 bis 2. April 2018 SOS Brutalismus. Rettet die Betonmonster! Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt am Main www.dam-online.de

16. September bis 12. November 2017 Constantin Meyer. Parklandschaften DAZ Berlin www.daz.de

23. November 2017 bis 4. April 2018 Form folgt Paragraph Architekturzentrum Wien www.azw.at

16. September 2017 bis 7. Januar 2018 Peter Zumthor. Dear to Me Kunsthaus Bregenz www.kunsthaus-bregenz.at

2. Dezember 2017 bis 6. Mai 2108 Bengal Stream. The Vibrant Architecture Scene of Bangladesh S AM Schweizerisches Architekturmuseum, Basel www.sam-basel.org

16. September 2017 bis 7. Januar 2018 Chicago Architecture Biennial Make New History chicagoarchitecturebiennial.org 30. September 2017 bis 8. März 2018 Frau Architekt – Seit mehr als 100 Jahren: Frauen im Architektenberuf Deutsches Architekturmuseum, Frankfurt am Main www.dam-online.de 3. November bis 16. Dezember 2017 agps architecture. 99¢ Space Architektur Galerie Berlin www.architekturgalerieberlin.de

Rettet die Betonmonster Mittlerweile sind es über 1.000 Bauten, die das wachsende Online-Archiv www.sosbrutalism.org vor dem Abriss retten will. Auf der „roten Liste“ stehen 108 Bauten, und es gibt auch schon erste Erfolge zu verzeichnen, zum Beispiel ein Kulturzentrum im österreichischen Burgenland. Jetzt stellt die gemeinsame Initiative des Deutschen Architekturmuseums und der Wüstenrot Stiftung den aktuellen Stand der Sammlung in einer Ausstellung vor, die mit Sicherheit nicht nur bei Brutalismus-Fans auf Interesse stoßen wird. Ab dem 9. November 2017 im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt am Main

Links: John Madin, Birmingham City Library, Birmingham, 1969–1973, 2016 abgerissen. Foto: Jason Hood, 2016 Rechts: IACP (Carlo Celli / Luciano Celli): Rozzol Melara, Triest, 1969–1982. Foto: Paolo Mazzo, 2010

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TITEL

2017

Julius von Bismarck Wolfsburg is calling: Als diesjähriger Kunstpreis-Träger wird Julius von Bismarck (tatsächlich der Urururgroßneffe des Reichskanzlers Otto von Bismarck) die Ausstellung in der Städtischen Galerie Wolfsburg verantworten – mehr als der Titel Gewaltenteilung wird vor dem 11. November nicht verraten. Hingehen!

Julius von Bismarck, © Julius von Bismarck; Courtesy Alexander Levy, Berlin

Kunst 13. Mai bis 26. November 2017 Kunstbiennale in Venedig www.labiennale.org 8. September bis 21. Oktober 2017 Jean-Pascal Flavien. Ballardian House Galerie Esther Schipper Berlin www.estherschipper.com 15. September 2017 bis 8. April 2018 Again and Again. Sammlung Goetz im Haus der Kunst Haus der Kunst, München www.hausderkunst.de 16. September bis 12. November 2017 A Good Neighbour Elmgreen & Dragset 15. Istanbul Biennale bienal.iksv.org 24. September 2017 bis 7. Januar 2018 Miroslaw Balka. Die Spuren Museum Morsbroich, Leverkusen www.museum-morsbroich.de 29. September bis 10. Dezember 2017 Ed Atkins. Old Food Martin-Gropius-Bau, Berlin www.berlinerfestspiele.de

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29. September 2017 bis 14. Januar 2018 Preis der Nationalgalerie 2017 Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart, Berlin www.smb.museum 18. Oktober 2017 bis 1. Januar 2018 Sammlung Beyeler / Cooperations 20 Jahre Fondation Beyeler: Gratiseintritt für alle bis 25 Jahre! Fondation Beyeler, Riehen www.fondationbeyeler.ch 15. Oktober 2017 bis 30. Juni 2019 KölnSkulptur #9 Skulpturenpark Köln www.skulpturenparkkoeln.de 26. Oktober 2017 bis 28. Januar 2018 Benjamin und Brecht. Denken in Extremen Akademie der Künste, Berlin www.adk.de 28. Oktober 2017 bis 28. Januar 2018 Räume der Kunst. Teil 2 GfZK – Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig gfzk.de

29. Oktober 2017 bis 18. Februar 2018 Never Ending Stories Der Loop in Kunst, Film, Architektur, Musik, Literatur und Kulturgeschichte Kunstmuseum Wolfsburg www.kunstmuseum-wolfsburg.de 3. November 2017 bis 11. März 2018 Bestandsaufnahme Gurlitt. Der NS-Kunstraub und die Folgen Bundeskunsthalle Bonn www.bundeskunsthalle.de 11. November 2017 bis 3. Juni 2018 Kunstpreis der Stadt Wolfsburg 2017: Julius von Bismarck Städtische Galerie Wolfsburg www.staedtische-galerie-wolfsburg.de 1. Dezember 2017 bis 2. April 2018 Künstlerbücher. Die Sammlung Kunsthalle Hamburg www.hamburger-kunsthalle.de


ARCHITEKTUR

Jean-Pascal Flavien: Ballardian House Seine Kunst verbindet Architektur, Skulptur und Performance. In der zweiten Einzelausstellung bei Esther Schipper geht es Jean-Pascal Flavien dabei besonders um die Themen der Doppelung, Verknüpfung und Spaltung. Ballardian House besteht aus zwei fast identischen Bauteilen, die in einem Winkel zueinanderstehen und in der Mitte von einem Scharniergelenk zusammengehalten werden. Sie sind separat und doch verbunden, aber nur eine Hälfte ist zugänglich, die andere dient als Vitrine. Noch bis zum 21. Oktober 2017

Fotografie & Mode 3. Juni bis 19. November 2017 Mario Testino. Undressed Helmut Newton. Unseen Jean Pigozzi. Pool Party Museum für Fotografie Helmut-Newton-Stiftung, Berlin www.helmut-newton.de 8. September 2017 bis 7. Januar 2018 Peter Bialobrzeski – Die zweite Heimat Haus der Photographie Deichtorhallen Hamburg www.deichtorhallen.de 1. Oktober 2017 bis 28. Januar 2018 Items: Is Fashion Modern? MoMA, New York www.moma.org

Jil Sander Sie ist die unmissverständliche „Queen of Less“, und ihr Label würde 2018 sein 50-jähriges Bestehen feiern. Was die Modedesignerin und der Architekt Ludwig Mies van der Rohe übrigens abseits von Minimalismus und Purismus gemeinsam haben, ist die Stadt Krefeld, wo die junge Jil Sander einst studiert hatte. Das Frankfurter Museum Angewandte Kunst widmet Deutschlands berühmtester Modedesignerin nun die weltweit erste Einzelausstellung, die in enger Zusammenarbeit mit Jil Sander selbst entstanden ist. Vom 4. November 2017 bis 6. Mai 2018

4. November bis 6. Mai 2018 Jil Sander Museum Angewandte Kunst Frankfurt am Main www.museumangewandtekunst.de

Ausstellungsansicht: Jean-Pascal Flavien, Ballardian House, Esther Schipper, Berlin, Courtesy the artist and Esther Schipper, Berlin. Foto: © Andrea Rossetti

8. November bis 3. Dezember 2017 Hermès à tire-d’aile Les mondes de Leïla Menchari Grand Palais Paris www.grandpalais.fr

Portrait Jil Sander, © Peter Lindbergh, Marie Claire Germany, 1991

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BÜCHER

ENDLICH MAL DURCH ZIEGEL BLÄTTERN!

Taschen, 648 Seiten, Hardcover, 2 Bände im Schuber, 49,99 Euro

Der Verlag von Benedikt und Angelika Taschen vermittelt seit über 30 Jahren Kunst, Design und Architektur in ansprechenden Bildbänden, in drei Sprachen und zu moderaten Preisen. Für die Rubrik Architektur heißt Taschens Geheimwaffe Philip Jodidio. Der 63-jährige Kunsthistoriker verantwortet mittlerweile eine dreistellige Anzahl von Publikationen wie die Reihe Architecture Now! und die dicken Monografien über Stararchitekten wie Tadao Ando und Zaha Hadid. Seine neueste Sammlung vereint 100 zeit-

Bücher, die einen Umzug nur erschweren, könnte man sich angesichts dieses Brockens fragen. Oder sich einfach daran erfreuen und sich durch die letzten 15 Jahre der Backsteinarchitektur blättern. Mit dabei sind aktuelle Ziegelskulpturen von Herzog & de Meuron für die Tate Modern oder das Vitra Schaudepot sowie Bauwerke von anderen Pritzker-Preisträgern wie Álvaro Siza, Shigeru Ban, Wang Shuh oder Peter Zumthor. Aber auch jüngere Architekten wie das Mailänder Studio baukuh, MONADNOCK aus Amsterdam, Junya

genössische Backsteinbauten aus aller Welt und erscheint aufgrund ihres beachtlichen Umfangs von fast 650 Seiten als Doppelalbum im Schuber. Wer braucht denn im Jahr 2017 noch solche

Ishigami oder John Pawson und Francis Kéré sind hier mit ihren Projekten vertreten, was dem Sammelband die nötige Spannung verleiht.

Anthrazit, Rotgold und Messing – neue Farben für mehr Gestaltungsfreiheit Duschrinnen für individuelle Badkonzepte

Die perfekte Verbindung von Ästhetik und Funktionalität: Dallmer-Produkte überzeugen durch Qualität „Made in Germany“, prämiertes Design und einfachste Reinigung. www.dallmer.de 200


SO-IL: ORDER, EDGE, AURA 2008 haben sie ihr Büro SO-IL (Solid Objectives – Idenburg Liu) gegründet und bereits 2010 mit der MoMA PS1-Installation Pole Dance international für Furore gesorgt. Jetzt stellt das New Yorker Studio von Florian Idenburg und Jing Liu eine schicke Monografie vor, die nicht nur durch Veredelungen besticht, sondern sich auch inhaltlich als starkes Stück behauptet: ein gebundener Mutmacher für die Next Generation. Lars Müller Publishers, 484 Seiten, Paperback, 40 Euro

DESIGN, REVOLTE, REGENBOGEN Willy Fleckhaus (1925–1983) brachte Farbe in die Literatur (Bibliothek Suhrkamp), gestaltete die Jugendzeitschrift twen, das Magazin der FAZ und war Deutschlands erster Art Director. Wer die gleichnamige Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst Köln oder im Münchner Museum Villa Stuck verpasst hat, braucht unbedingt dieses Buch. Hartmann Books, 240 Seiten, Hardcover, 39,80 Euro

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UND MORGEN?

UNDER THE BRIDGE Foto: Jose Manuel Pedrajas Luis

„Hide from the city in your own city“, lautet der Aufruf des spanischen Designers Fernando Abellanas, der sich in seiner Heimat Valencia einen geheimen Rückzugsort geschaffen hat. VON MARKUS HIEKE Es wird eng in den Städten. „Nachverdichtung“, „Preisanstieg“ und „Verdrängung“ sind die Begriffe der Stunde. Während in den Zentren der Metropolen exklusiver, wenngleich kaum hochwertiger Wohnraum entsteht, werden die Peripherien weithin großzügig mit beliebiger Einwegarchitektur bestückt. Dass den unmittelbar Leidtragenden, denen weder der eine noch der andere Weg als erstrebenswert gilt, bereits angst und bange wird, wenn sie nur an einen Umzug denken, erklärt vielleicht den Hype, den dieses im Grunde schlichte Projekt kürzlich erfuhr. Internationale Design-Blogs bis hin zum Boulevardblatt New York Post berichteten, wie der selbst erlernte Designer Fernando Abellanas vom Studio Lebrel aus

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Valencia nach den letzten Lücken der Stadt greift. Das Konzept des Spaniers: ein kleines Refugium, ein Studio im toten Winkel. Seine Konstruktion schwebt fünf Meter über dem Boden – aufgehängt an den Betonträgern einer Autobahnbrücke. Mithilfe von Rollen lässt sich der offene Raum vor- und zurückbewegen. Den genauen Standort seines Rückzugsortes verrät Abellanas aber nicht. Er vergleicht die Idee damit, sich wie ein Kind unter dem Esstisch zu verstecken und von dort aus das Geschehen zu beobachten. Fliegt er auf, baut er ab und sucht sich neuen Unterschlupf. Vielleicht werden wir sie brauchen, die kleinen Stadtverstecke und die Guerilla-Architekturen, sollten unsere Wohnräume weiter schrumpfen.



TS 98 XEA: Mit der Lizenz zum eleganten Auftritt

Ein Türschliesser, der alles zum Hingucker macht: der TS 98 XEA. Mit zahlreichen Designawards ausgezeichnet, stehen unserem Gleitschienentürschliesser alle Türen offen. So lässt sich der TS 98 XEA nicht nur als Gestaltungselement einsetzen, sondern genauso elegant mit anderen dormakaba Produkten des gleichen XEA Designs kombinieren. Diverse

Farb- und Oberflächenvarianten ermöglichen dabei flexible Individualisierung und Ästhetik – von hell bis dunkel, von matt bis hochglänzend, von integrierend bis akzentuierend. Gute Wahl? Mehr elegante Argumente für den neuen TS 98 XEA finden Sie auf: www.dormakaba.com/ts-98-xea


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