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Mercedes-Benz Museum
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160 Fahrzeuge und insgesamt 1.500 Exponate präsentiert die vielfältige Dauerausstellung des Mercedes-Benz Museums.
Ein besonderer Bestandteil sind die „33 Extras“: Sie lassen am Beispiel oft überraschender Details Mobilitätshistorie und Automobilkultur lebendig werden.
DAS AUTOKINO
„Drive-in“
Die Corona-Pandemie hat viele Seiten. So beschert sie beispielsweise dem Autokino nicht nur eine Renaissance, sondern es erfährt sogar Neuinterpretationen. Jetzt kann man vom Auto aus auch an Lesungen, Theatervorstellungen und Konzerten teilnehmen und sogar Hochzeiten feiern. Der Vorteil in diesen Zeiten: Selbst bei größeren Veranstaltungen ist ein sicherer Abstand zu anderen Besuchern gewährleistet. Applaudiert wird mit der Hupe oder beispielsweise via Smartphone mit einer speziellen Applaus-App, um Anwohner vor einer Lärmbelästigung zu schützen.
Historie
Das erste Autokino eröffnet 1933 in New Jersey, USA. In Deutschland findet diese Kinopremiere 1960 in Gravenbruch bei Frankfurt am Main statt, also vor 60 Jahren – viele amerikanische Soldaten sind damals in der Umgebung stationiert. Auf der ganzen Welt erleben Autokinos in den 1950er- und 1960er-Jahren eine Blütezeit.
Gelände
Im einfachen Fall kann ein Parkplatz zu einem wunderbaren Autokino verwandelt werden, Snacks und Getränke bringt man sich mit. In festen Autokinos stehen die Fahrzeuge für eine perfekte Sicht gestuft, und ein „Diner“ sorgt für stilechtes Catering. Die Renner sind natürlich Popcorn und Softdrinks.
Technik
Die Leinwand ist meist außergewöhnlich groß und der Projektor daher sehr leistungsstark. Die Tonspur wird direkt in die Fahrzeuge geliefert, denn bei Außenlautsprechern wäre eine immense Lautstärke notwendig. Heutige Autokinos senden über eine UKW-Radiofrequenz in die Sound-Systeme der Fahrzeuge. Einfach beispielsweise die 89,0 MHz einstellen und die Ohren sind versorgt.
„Klangfilm“
Früher ging es anders. Durchs Fenster gereicht erhielt man für die individuelle Beschallung einen Monolautsprecher mit Kabel, der entweder von innen an die Scheibe gehängt oder an anderer Stelle im Innenraum platziert wurde.
Oben: 2011 und 2013 gab es auf dem Außengelände des Mercedes-Benz Museums ein temporäres Autokino. Der Clou: Die Gäste nahmen Platz in Klassikern mehrerer Epochen aus der unternehmenseigenen Fahrzeugsammlung. Foto: © Daimler AG
Der „Klangfilm“-Lautsprecher der „33 Extras“ im Mercedes-Benz Museum ist dafür ein Beispiel. Der Hersteller war ein Ende der 1920er-Jahre gegründetes und auf Tontechnik für Kinos spezialisiertes Tochterunternehmen von Siemens.
Simple Bedienung
Der „Klangfilm“-Lautsprecher ist in einem robusten Gehäuse aus Metallguss untergebracht. Über einen Drehregler lässt sich die Lautstärke passend einstellen. Und schon steht dem multimedialen Genuss nichts im Weg.
Mobilität und Film
Die zunehmende Motorisierung und die damit einhergehende Freiheit der individuellen Mobilität tragen ab den 1950er-Jahren zum Erfolg des Autokinos bei. So entfaltet sich ein ganz besonderes Kapitel der Automobilkultur. Allein die riesige Leinwand unter dem funkelnden Sternenzelt ist schon großes Kino. Hinzu kommt der Komfort des eigenen Fahrzeugs.
Privatraum
Wenn man denn nach vorn schaut. Denn es halten sich hartnäckig Gerüchte, dass sich manches Paar gern in der Gemütlichkeit des mitgebrachten Separees nahekommt.
Programm
Eindeutig, das Autokino erlebt eine neue Blütezeit als zeitgemäßes Entertainment außerhalb der eigenen vier Wände. An vielen Orten der Welt begeistern Kinobetreiber ihre Gäste auf Freiflächen und Parkplätzen mit einem kompletten Programm. Denn auch wenn die Autositze zum Kinosessel werden – auf dem Spielplan stehen Filme aller Genres und nicht nur mitreißende Road-Movies.
DER DAMENHUT
Dass sich Frauen in eleganten Outfits im frühen 20. Jahrhundert als Autofahrerinnen durchsetzen, ist ein wichtiges Stück weiblicher Emanzipation im Alltag. Diese Bewegung führt Bertha Benz an. Sie hilft tatkräftig, der großen Erfindung ihres Mannes Carl Benz den Weg zu bahnen. Den Patent-Motorwagen fährt sie vom ersten Tag an und unternimmt im Sommer 1888 die erste Fernfahrt mit einem Automobil. Auf dem offenen Dreirad schützt sie sich gegen Wind und Wetter. Zeitgenössische Darstellungen zeigen sie mit einem breitkrempigen Hut, den ein Schal festhält.
Oben: Entertainment: Der „Klangfilm“-Lautsprecher ist eines von „33 Extras“ im Mercedes-Benz Museum. Im Autokino wurde er am Kabel durch Fenster gereicht und lieferte den Ton zum Film.
Rechte Seite, oben: Auch heute schick: Der eng anliegende Damenhut der 1920er- und 1930er-Jahre. Er schützt die Dame im offenen Auto gegen den Fahrtwind. Im Hintergrund ein Mercedes-Benz 500 K Spezial-Roadster aus dem Jahr 1935.
Unten: Benz Patent-Motorwagen, Fernfahrt von Mannheim nach Pforzheim von Bertha Benz mit ihren Söhnen Eugen und Richard im August 1888. Illustration. Fotos: © Daimler AG
Mercedes-Benz 8/38 PS Typ Stuttgart 200 (W 02), Cabriolet C (1926 bis 1928). Foto: © Daimler AG
Die Geschwindigkeiten wachsen, und die ausladende Kopfbedeckung gelangt an ihre Grenzen: Der Fahrtwind verfängt sich und reißt kräftig an den breitkrempigen Hüten. Doch die Frau weiß sich elegant und zugleich stilprägend zu helfen: Ab den 1920er- und 1930er-Jahren kommt der eng anliegende Hut auf, auch Topfhut genannt. Gern kombiniert mit einer Bubikopf-Frisur – so unterstreicht die moderne Frau ihren selbstbewussten Auftritt. Das ist die Geschichte, die der Damenhut in der Exponatreihe „33 Extras“ des Mercedes-Benz Museums erzählt.
Und wer liefert die praktische und zugleich modische Kopfbedeckung für den perfekten Auftritt? Es gibt einen eigenen Beruf für das Anfertigen von Damenhüten: die Modistin. Früher hieß sie Putzmacherin, weil der Hut zum „Putz“ gehört – die Dame putzt sich damit heraus. Man kauft den Hut nicht einfach, sondern lässt sich ausführlich zu Ausgestaltung und Details beraten, und meist wird er gar eigens angefertigt.
Als dann die Autos nach und nach geschlossene Karosserien erhalten, verliert der Hut seine funktionale Bedeutung. Heute werden Hüte im Alltag eher selten getragen. Aber es gibt Anlässe, bei denen Damen wie Herren sich gern mit stilechter Kopfbedeckung zeigen – beispielsweise bei Veranstaltungen der automobilen Klassik. Flaniert man etwa über den feinen Rasen eines Concours d’Elegance zwischen edlen Automobilen, darf es für sie gerne der breitkrempige Hut sein. Und bei einer Ausfahrt kommt die eng anliegende Variante zum Einsatz. So wie früher.
Oben: Mercedes-Benz Museum, Exponatreihe „33 Extras“: Der Damenhut, ausgestellt im Mythosraum 3 „Umbrüche – Diesel und Kompressor“. Unten: Werbeanzeige „Die Dame wählt Mercedes-Benz.“ Veröffentlicht 1929 von der damaligen Daimler-Benz AG. Das Fahrzeug ist ein Mercedes-Benz Typ Stuttgart Cabriolet C. Das Motiv gestaltete Hans Neumann.
Rechte Seite, oben: Mercedes-Benz 170 Cabriolet C (W 15) Baujahr 1931, mit Rückspiegel am oberen Rand der Windschutzscheibe.
Mitte: Den Rückblick in der Hand: Der Handspiegel ist eines von „33 Extras“ im Mercedes-Benz Museum. Seinen Einsatz als Rückspiegel empfiehlt die britische Rennfahrerin und Autorin Dorothy Levitt bereits im Jahr 1909. Unten: Mercedes-Benz 300 SL „Gullwing“ (W 198) mit klappbarem Lenkrad für ein einfacheres Einsteigen sowie einem auf dem Armaturenbrett montierten Rückspiegel. Fotos: © Daimler AG
Rücksicht: In der Frühzeit des Automobils gibt die britische Rennfahrerin, Journalistin und Autorin Dorothy Levitt ihren Leserinnen einen Rat: Autofahrerinnen sollten stets einen Handspiegel griffbereit mit an Bord haben, um ihn „ab und zu hochzuhalten und zu sehen, was hinter Dir ist“ („to occasionally hold up to see what is behind you“). Denn so lasse sich der Verkehr hinter dem eigenen Wagen auch während der Fahrt gut im Blick behalten und gleichzeitig das Fahrzeug sicher steuern. Der Handspiegel solle „recht groß sein, um wirklich Nutzen zu bringen und am besten einen Griff haben“ („should be fairly large to be really useful and it
is better to have one with a handle“). Exakt so sieht der Handspiegel innerhalb der Exponatreihe „33 Extras“ des Mercedes-Benz Museums aus.
Erfahrung
Der Tipp findet sich in Levitts Buch „The Woman and the Car: A Chatty Little Handbook for All Women Who Motor or Who Want to Motor“, das 1909 erscheint. Es ist ein Rat mit großem Praxisbezug. Denn die 1882 geborene Engländerin und Wegbereiterin für autofahrende Frauen ist da längst eine erfolgreiche Rennfahrerin. Im April 1903 nimmt sie als erste Frau in Großbritannien an einem Autorennen teil und erringt in den folgenden Jahren
zahlreiche Renn- und Klassensiege in ganz Europa.
Straße und Sport
Je dichter und schneller der Straßenverkehr wird, desto nützlicher ist ein Spiegel für den Blick zurück. Statt ihn nur ab und an in die Hand zu nehmen, ist ein fester Einbau sinnvoller. Anfang des 20. Jahrhunderts kommen zahlreiche Ideen auf, wie man einen Rückspiegel dauerhaft im oder am Automobil montieren kann. Als erster Rennfahrer, der im Wettbewerb einen fest eingebauten Rückspiegel einsetzt, wird der US-Amerikaner Ray Harroun genannt. Mithilfe des innovativen Details gewinnt er das erste 500-Meilen-Rennen von Indianapolis im Jahr 1911. Durch den Rückspiegel kann er als einziger Rennfahrer im Feld auf einen Beifahrer verzichten, der damals üblicherweise auch nach hinten Ausschau hält.
Innen und außen
Der Rückspiegel setzt sich nach dem Ersten Weltkrieg durch. Dabei entstehen zwei verschiedene Varianten: der im
Cockpit befestigte Innenspiegel sowie die seitlichen Außenspiegel. Die heutige Platzierung entwickelt sich erst mit der Zeit. So findet sich im 1954 präsentierten Mercedes-Benz 300 SL „Gullwing“ (W 198) der Innenspiegel nicht am oberen Rand der Windschutzscheibe, sondern er ist auf dem Armaturenbrett montiert – wie schon beim gleichnamigen Rennsportwagen (W 194) aus dem Jahr 1952. Und bei den „Heckflosse“-Oberklasselimousinen der Baureihen W 111/112 (1959 bis 1968) gibt es die Seitenspiegel sowohl auf den vorderen Kotflügeln als auch an den Türen.
Gesehen werden
Die Außenspiegel verbessern zunächst einzig die Sicht des Fahrers. Längst dienen sie aber auch dem besseren Gesehenwerden: So haben 1998 bei der S-Klasse der Baureihe 220 in den Gehäusen der seitlichen Außenspiegel LED-Blinker Premiere. Die Leuchtdioden sind so angeordnet, dass sie sowohl nach vorne als auch zur Seite blinken.
Regeln
Aufgrund seiner Sicherheit für den Straßenverkehr werden Vorschriften für den Rückspiegel aufgestellt. Schon seit 1925 sind in Deutschland Außenspiegel an der Fahrerseite für Lastwagen vorgeschrieben. Die Kombination aus Innen- und Seitenspiegel macht die deutsche Straßenverkehrszulassungsordnung für Personenwagen ab 1956 zur Bedingung, in Großbritannien ist sie ab 1978 vorgeschrieben. Doch längst ist ein zweiter Außenspiegel fester Bestandteil.
Kamera statt Spiegel
Knifflig ist der Blick nach hinten beim Rückwärtseinparken eines Autos, denn der Winkel des Rückspiegels erlaubt keine detaillierte Sicht auf den Abstand des Fahrzeughecks zu eventuellen Hindernissen. Hier schaffen innovative Lösungen von Mercedes-Benz Abhilfe. Die PARKTRONIC misst die Distanz beim Einparken mit Ultraschall, sie wird 1995 vorgestellt und hat in der S-Klasse der Baureihe 140 Premiere. 2005 kommt schließlich die Rückfahrkamera in der S-Klasse der Baureihe 221 – ihr Bild wird direkt auf dem Bildschirm im Cockpit angezeigt. Das ist noch einfacher als der Griff zum Handspiegel von Dorothy Elisabeth Levitt. In den Vereinigten Staaten von Amerika und in Kanada sind Rückfahrkameras seit 2018 für neue Personenwagen vorgeschrieben. Und in Japan wird bereits 2016 ein Gesetz erlassen, das auch während der Fahrt die Orientierung über Kamera und Bildschirm statt über den klassischen Rückspiegel erlaubt. Mercedes-Benz zeigt Kameralösungen für Innen- und Außenspiegel bereits 1996 im Forschungsfahrzeug F 200 Imagination. Im neuen Mercedes-Benz Actros hat 2019 als Serienlösung die MirrorCam Premiere. Erstmals in einem Truck lösen dabei serienmäßig Kameras und Bildschirme die klassischen Außenspiegel ab.
Spieglein, Spieglein
Ein weiterer Spiegel im modernen Automobil verbirgt sich in der Sonnenblende vor dem Beifahrersitz: Er dient allerdings
Oben: Mercedes-Benz 300 SE „Heckflosse“-Limousine (W 112) mit einem auf dem Kotflügel montierten Seitenspiegel. Mitte: Mercedes-Benz S-Klasse der Baureihe 220, Blinker mit 18 Leuchtdioden integriert in das Gehäuse des Außenspiegels. Foto aus dem Jahr 1998. Unten: Mercedes-Benz Forschungsfahrzeug F 200 Imagination aus dem Jahr 1996. Statt Außenspiegeln hat er im Cockpit links und rechts Monitore. Ein weiterer Monitor befindet sich mittig am oberen Scheibenrand und ersetzt den dort üblicherweise angebrachten Innenspiegel: Er zeigt das Bild einer nach hinten gerichteten Kamera.
nicht der Orientierung im Straßenverkehr,
sondern der dort sitzende Passagier kann sich darin selbst betrachten. Von diesem „ganz persönlichen Gebrauch“ („strictly personal use“) des Handspiegels rät Dorothy Levitt 1909 ihren Leserinnen allerdings während der Fahrt ab.
Mercedes-Benz Museum Mercedesstraße 100 70372 Stuttgart Tel: +49 711-17 30 000 classic@daimler.com www.mercedes-benz.com/museum