Die österreichische Privatstiftung als Nutzungsberechtigter von US-Wertpapiererträgen

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Austrian Private Foundations and U.S. Securities Income

Norbert Bramerdorfer*)

Die österreichische Privatstiftung als Nutzungsberechtigter von US-Wertpapiererträgen THE AUSTRIAN PRIVATE FOUNDATIONand AS und BENEFICIAL OWNER OF U.S. SECURITIES INCOME Österreichische Privatstiftungen US-Wertpapiererträge Austrian Private Foundations U.S. Securities Income Documentation requirements for immediate relief of U.S. withholding taxes under the NRA and FATCA withholding regime can be complex for Austrian private foundations. In particular, Austrian private foundations that are treated as grantor trusts under the U.S. Internal Revenue Code (IRC) struggle fully to understand the different documentation requirements of hybrid entities under Chapters 3 and 4 IRC. In the following, Norbert Bramerdorfer explains how these different layers of documentation requirements are intertwined with each other, in order to understand how Austrian private foundations can achieve a comprehensive documentation under both Chapters of the IRC. I. Überblick Ein Dauerbrenner für das US-Quellensteuersystem und den Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) ist in Österreich die Privatstiftung. Keine Entität verursacht in Österreich größere Unsicherheit. Diese besteht zunächst für die Privatstiftung selbst, wenn sie von Banken bei einer Kontoeröffnung zu einer Selbstauskunft aufgefordert wird. Sie besteht aber auch für Banken, die diese Selbstauskunft auf Plausibilität zu überprüfen und im Falle von US-Wertpapiererträgen als qualified intermediary dem korrekten US-Steuerabzug zu unterwerfen haben. Der IRC kennt für Zahlungen von US-Wertpapiererträgen an ausländische Entitäten zwei Quellensteuerabzüge: Der in Chapter 3 IRC geregelte und seit Jahrzehnten bestehende Steuerabzug an beschränkt Steuerpflichtige wird in den USA als „non-resident alien-withholding (NRA withholding)“ oder auch als „chapter 3 withholding“ bezeichnet. Da dieser Steuerabzug seit 2000 nicht nur durch in den USA ansässige withholding agents, sondern auch durch bestimmte, als „qualified intermediary“ bezeichnete ausländische Banken durchgeführt werden kann, ist außerhalb der USA auch die Bezeichnung „QI withholding“ gebräuchlich. Zusätzlich gibt es seit 2014 den Steuerabzug nach Chapter 4 IRC, der international unter dem Begriff „FATCA“ bekannt geworden ist.1) Dabei handelt es sich im Kern um ein Meldesystem von im Ausland gehaltenen Konten von US-Personen. Da als Sanktion bei unkooperativen Kontoinhabern in letzter Konsequenz ein Quellensteuerabzug vorgesehen ist, wurde FATCA im IRC systemisch als zusätzliches Quellensteuerregime in Chapter 4 IRC, also im Anschluss an das NRA withholding des Chapter 3 IRC geregelt. Ein withholding agent (abzugspflichtige Stelle)2), der US-Wertpapiererträge an einen ausländischen Nutzungsberechtigten auszahlt, hat daher sowohl auf ein mögliches chapter 3 withholding als auch auf ein mögliches chapter 4 withholding zu achten, wobei ein chapter 4 withholding vorrangig zu prüfen ist. *)

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Dr. Norbert Bramerdorfer, LL.M. (LSE) ist Steuerberater und Director sowie FATCA/CRS Country Leader bei Deloitte Österreich in Wien. Der Autor bedankt sich bei seinen Mitarbeitern Dominik Stundner und Samir Kovacevic für die stets herausfordernde kritische Diskussion. Diesen Fachbeitrag widmet der Autor seinem im Herbst letzten Jahres verstorbenen Mentor, Herrn em. o. Univ.-Prof. Dr. Gerold Stoll. Um seiner großen Persönlichkeit Ausdruck zu verleihen, zitiert der Autor Iwan Bunins Beschreibung von Anton Tschechow: „Er war ein Mensch von seltenem seelischen Adel, seltener Höflichkeit und Eleganz im besten Sinne, von Güte und Zartgefühl bei ungewöhnlicher Aufrichtigkeit und Einfachheit, Sensibilität, Sanftheit und seltener Wahrheitsliebe“ (Tschechow, Ivan Bunin [2004] 23). Eingefügt als Title V, Subtitle A, Part I des Hiring Incentives to Restore Employment Act (HIRE Act). Dies inkludiert zB einen österreichischen qualified intermediary.

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Österreichische Privatstiftungen und US-Wertpapiererträge Dafür ist es zunächst notwendig, den Nutzungsberechtigten nach Chapter 3 und 4 IRC korrekt einzustufen. Diese Einstufung wird dadurch verkompliziert, dass Chapter 3 und 4 unterschiedliche Begrifflichkeiten für den Nutzungsberechtigten der Einkünfte verwenden. Die Einstufung einer österreichischen Privatstiftung nach Chapter 3 ist somit eine völlig andere als jene nach Chapter 4. Dies wird durch einen Blick auf das Selbstauskunftsformular des U.S. Internal Revenue Service (IRS) für nutzungsberechtigte ausländische Entitäten von US-Wertpapiererträgen (U.S. Form W-8BEN-E) auch sofort ersichtlich, das für Chapter 3 und 4 unterschiedliche Status zur Auswahl stellt. Anschließend ist diese Einstufung nach nationalem US-Steuerrecht daraufhin zu untersuchen, inwieweit sie durch das DBA USA eine Abänderung erfährt. Auch hier ergeben sich, wie zu zeigen sein wird, insoweit Abweichungen zwischen Chapter 3 und 4 IRC, als die USA auf Basis des DBA nur für den ersteren Steuerabzug eine sofortige Entlastung an der Quelle durch den abzugspflichtigen withholding agent erlauben. II. Die Einstufung der österreichischen Privatstiftung nach Chapter 3 IRC 1. Einstufung der Privatstiftung nach US-Steuerrecht Für den Steuerabzug nach Chapter 3 IRC ist die Einstufung der österreichischen Privatstiftung nach allgemeinem US-Steuerrecht maßgeblich. Das US-Steuerrecht behandelt österreichische Privatstiftungen grundsätzlich als „trusts“ im Sinne der weiten Umschreibung in Sec 641 ff IRC. Die Privatstiftung gilt dabei als grantor trust, solange noch eine physische Person als Stifter am Leben ist, dem das Recht zum Widerruf nach § 34 PSG zukommt.3) Ein derartiger grantor trust wird nach US-Steuerrecht als „flow-through entity“, also als transparente Durchlaufgesellschaft angesehen, sodass durch die Stiftung trotz ihrer österreichischen Privatrechtspersönlichkeit nach US-Steuerrecht durchgesehen und ihr gesamtes Einkommen dem widerrufsberechtigten grantor zugerechnet wird. Besteht kein Widerrufsrecht, liegt hingegen in aller Regel ein complex trust vor, der als intransparent und damit als eigenständiges Steuersubjekt nach dem IRC einzustufen ist.4)5) Im Formblatt W-8BEN-E sollten österreichische Privatstiftungen somit als Chapter-3-Status entweder den Status eines grantor oder complex trust auswählen. Für österreichische Privatstiftungen irreführend ist die im Formblatt W-8BEN-E mögliche Auswahl des Chapter-3-Status einer „private foundation“. Dieser Status kann nicht als Wortübersetzung einer „Privatstiftung“ ausgewählt werden. Denn es geht in Line 4 des Formulars darum, jenen Status auszuwählen, der nach US-Steuerrecht einer österreichischen Privatstiftung am nächsten kommt. Dies ist der oben angeführte grantor oder complex trust. Dagegen sind mit private foundation alle nach Sec 501(c)(3) IRC steuerbefreiten gemeinnützigen Organisationen gemeint, sofern diese nicht in eine davon explizit ausgenommene Kategorie von Organisationen fallen.6) Österreichische Privatstiftungen sind in der Regel keine solchen private foundations. 3 4

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Tanzer in Arnold/Stangl/Tanzer, Privatstiftungs-Steuerrecht2 (2010) Rz I/130. Tanzer in Arnold/Stangl/Tanzer, Privatstiftungs-Steuerrecht2, Rz I/131; Arming, The Application of the new US-Withholding Tax Stipulations on Austrian Trusts, SWI 2002, 68 (70). Die Einstufung einer Privatstiftung kann sich daher auch ändern. Das wäre zB dann der Fall, wenn der widerrufsberechtigte Stifter stirbt. In diesem Fall wandelt sich die Privatstiftung von einem grantor trust zu einem complex trust. Eine dritte Trust-Form des US-Steuerrechts wäre der simple trust. Ein simple trust liegt vor, wenn die Stiftung kein grantor trust ist und sämtliche Einkünfte jährlich an die Begünstigten ausgeschüttet werden, wobei sie für karitative Zwecke weder ausschütten noch thesaurieren darf und nur das ausschüttet, was an Einkünften tatsächlich vorhanden ist. Eine österreichische Privatstiftung sollte in aller Regel kein solcher simple trust sein (vgl Arming, SWI 2002, 68 [70]). Vgl https://www.irs.gov/charities-non-profits/charitable-organizations/private-foundations (letzter Zugriff am 17. 8. 2018).

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Austrian Private Foundations and U.S. Securities Income 2. Die Privatstiftung als Abkommensberechtigter des DBA USA Ist der Status einer österreichischen Privatstiftung für die Abzugsteuer nach Chapter 3 IRC nach US-Steuerrecht geklärt, ist in weiterer Folge die Berechtigung der Privatstiftung auf die Inanspruchnahme von Begünstigungen nach dem DBA USA zu prüfen und am Formular W-8BEN-E entsprechend zu vermerken. Eine österreichische Privatstiftung ist auch nach dem DBA USA eine „unter das Abkommen fallende“ Person.7) Denn sie ist aufgrund der Besteuerung als intransparente Körperschaft in ihrem Sitzstaat Österreich eine „ansässige Person“ im Sinne des Abkommens.8) 3. Limitation-of-Benefits-Artikel Die österreichische Privatstiftung ist damit als Rechtsform persönlich abkommensberechtigt und hat Anspruch auf die Vergünstigungen des DBA USA. Ob allerdings einer konkreten österreichischen Privatstiftung auch jene Vergünstigungen des DBA USA zustehen, die der Quellenstaat gewährt, hängt zusätzlich davon ab, ob sie einen der Tests des Limitation-of-Benefits-Artikels (LoB-Artikel) in Art 16 DBA USA erfüllt, der „Grenzen der Abkommensvergünstigungen“ vorsieht. Erfüllt eine konkrete österreichische Privatstiftung mangels ausreichender Nahebeziehung der Entität zum Ansässigkeitsstaat keinen dieser Tests, darf ihr der Quellenstaat9) die Abkommensvergünstigungen des DBA verweigern.10) Es ist zu vermuten, dass in der Vergangenheit die Erfüllung des LoB-Artikels am Formular W-8BEN-E sehr oft bestätigt wurde, ohne sich dabei nähere Gedanken darüber zu machen, ob dies tatsächlich der Fall sei. Durch die letzte Revision des Formblattes11) ist nunmehr allerdings zusätzlich die Angabe erforderlich, welcher konkrete LoBTest des Artikels erfüllt wird. Das bereitet Privatstiftungen seither viel Kopfzerbrechen. Die österreichische Finanzverwaltung vertrat in der Vergangenheit in zwei EAS-Auskünften12) von 1997 und 2002 die Ansicht, dass Privatstiftungen den LoB-Test des Art 16 Abs 1 lit g DBA USA erfüllen, wenn mehr als die Hälfte der Begünstigten abkommensberechtigt, dh in Österreich steuerlich ansässig sind. Diese Ansicht leitete das BMF 1997 dem IRS weiter, ohne dass dieser vom IRS widersprochen worden wäre (da das Schreiben vom IRS unbeantwortet blieb). Aufgrund dieser EAS-Stellungnahmen des BMF wäre demnach in Line 14 b des Formulars W-8BEN-E für Privatstiftungen „other tax exempt organization“ anzukreuzen, wenn mindestens 50 % der Begünstigten in Österreich steuerlich ansässig sind. Die erste vom BMF geäußerte Ansicht aus dem Jahr 1997 wurde vor Einführung der Zwischensteuer veröffentlicht, also zu einem Zeitpunkt, in der es noch möglich war, die Kapitalerträge des Stiftungsvermögens bis zur Zuwendung an Begünstigte steuerlich zu thesaurieren. Die zweite EAS-Auskunft aus 2002, die auf die erste referenziert, er7

ZB Tumpel in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA (2016) § 1 Rz 18. Art 4 iVm Art 3 Abs 1 lit b DBA USA. Der Begriff „Gesellschaft“ im Sinne dieser Bestimmung erfasst jedes von einer natürlichen Person verschiedene Gebilde und somit auch die österreichische Privatstiftung (Lang, Einkünfte aus Privatrechtsstiftungen nach den österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen, SWI 1993, 13 (14); Tanzer in Arnold/Stangl/Tanzer, Privatstiftungs-Steuerrecht2, Rz I 120). 9 ) Vergünstigungen des Ansässigkeitsstaates stehen ihr hingegen auch dann zu, wenn sie den LoB-Artikel nicht erfüllt (Wolff in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Band IV, DBA USA (142. Lfg, 2018) Art 28 Rz 16). 10 ) Die Ansässigkeit der Person iSd DBA muss also bereits feststehen, wenn der LoB-Artikel überhaupt zur Anwendung kommen soll. Der LoB-Artikel ist daher auf einen hybriden Rechtsträger anzuwenden, der im Errichtungsstaat als selbständiges Steuersubjekt eingestuft wird (Wolff in Wassermeyer, DBA USA, Art 28 Rz 20). 11 ) Revision July 2017. 12 ) EAS 1104 vom 21. 7. 1997; EAS 2080 vom 2. 7. 2002. 8

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Österreichische Privatstiftungen und US-Wertpapiererträge ging hingegen erst ein Jahr nach Einführung der Zwischensteuer. Dennoch ist mE fraglich, ob diese Ansicht, die vom BMF formal nie zurückgezogen wurde und dem Vernehmen nach vom BMF immer noch vertreten wird, für eigennützige Privatstiftungen seit Einführung der Zwischensteuer weiterhin aufrechterhalten werden kann.13) Stattdessen wäre für eine eigennützige Privatstiftung heute vor allem auf den Ownershipand-Base-Erosion-Test in Art 16 Abs 1 lit d DBA USA abzustellen.14) Dieser LoB-Test besteht aus den folgenden zwei, kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen:

• Ownership-Test: Hier wäre zu prüfen, ob die Privatstiftung mindestens zu 50 % in unmittelbarem oder mittelbarem wirtschaftlichen Eigentum von Personen steht, die für sich genommen selbst einen der in Art 16 genannten Tests erfüllen (Art 16 Abs 1 lit a, b, e, f oder g DBA USA). Privatstiftungen sind zwar grundsätzlich eigentümerlose juristische Personen, doch verfügen auch sie über wirtschaftliche Eigentümer.15)

• Base-Erosion-Test: Zusätzlich dürfen nach Art 16 Abs 1 lit d sublit ii DBA USA die „Einnahmen“ der Privatstiftung nicht mehr als zu 50 % an nicht-abkommensberechtigte Gläubiger zur Erfüllung von Verbindlichkeiten (zB im Wege von Zinszahlungen oder Lizenzgebühren) durchgeleitet werden. Die Einnahmen der Privatstiftung (im Falle von vorwiegend passiven Einkünften der Gesamtbruttobetrag der Passiveinkünfte) wären also ihren bezahlten Aufwendungen gegenüberzustellen. Im Ergebnis soll damit die Durchleitung von Einkünften an Dritte verhindert werden. Werden beide Tests erfüllt, ist in Line 14 b des Formulars W-8BEN-E die Option „company that meets the ownership and base erosion test“ auszuwählen. 4. Beantragung der Abkommensvergünstigung durch einen Complex Trust Für eine österreichische Privatstiftung, die nach US-Steuerrecht als complex trust eingestuft wird und den LoB-Artikel des DBA USA erfüllt, ist die Inanspruchnahme der Abkommensberechtigung nicht weiter problematisch. Die Privatstiftung wird als Zurechnungssubjekt und Nutzungsberechtigte der US-Erträge nach US-Steuerrecht und DBARecht gegenüber dem withholding agent im eigenen Namen ein Formular W-8BEN-E ausfüllen und hierin für die Inanspruchnahme der Abkommensvergünstigung in Teil III das sogenannte „treaty statement“, also die Feststellung der Abkommensberechtigung, abgeben. 5. Die Privatstiftung als Zurechnungssubjekt der Einkünfte nach dem DBA USA Anders bei einer Einstufung der österreichischen Privatstiftung als grantor trust. Hier weicht das österreichische Steuerrecht vom US-Steuerrecht, das wie ausgeführt den grantor (Stifter) der Privatstiftung und nicht die Privatstiftung selbst als Zurechnungssubjekt der Einkünfte betrachtet, ab. Die Literatur spricht in solchen Fällen von einem „Zurechnungskonflikt“.16) Zu klären ist, inwieweit ein solcher Zurechnungskonflikt durch das DBA gelöst werden kann. Denn das DBA USA ist als Bestandteil des 13

) Für die Aufrechterhaltung dieser Ansicht könnte uU argumentiert werden, dass die eingefügte Zwischenbesteuerung wirtschaftlich nur die zukünftige Besteuerung des Begünstigten vorwegnehmen will und insofern keine Steuer der Privatstiftung sei. Dem steht aber entgegen, dass die Zwischenbesteuerung rechtstechnisch als eine die Privatstiftung treffende Belastung ausgestaltet wurde (vgl Tanzer in Arnold/Stangl/Tanzer, Privatstiftungs-Steuerrecht2, Rz II/351). 14 ) Bei gemeinnützigen Privatstiftungen sollte hingegen alternativ weiterhin auch die Option „other tax exempt organization“ in Line 14 b des Formulars (Rev. July 2017) möglich sein. 15 ) Allerdings wird hier primär auf die Begriffsdefinition des wirtschaftlichen Eigentümers im Quellenstaat USA zurückzugreifen sein, vgl Widhalm, Der „foreign ownership“ Test und der „base erosion“ Test als Voraussetzung für die Abkommensberechtigung in Gassner/Lang/Lechner, Das neue Doppelbesteuerungsabkommen Österreich USA (1997) 91 (96). 16 ) Kofler in Bendlinger/Kanduth-Kristen/Kofler/Rosenberger, Internationales Steuerrecht (2015) Rz X/42 mwN.

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Austrian Private Foundations and U.S. Securities Income österreichischen und US-amerikanischen Rechts unmittelbar anwendbar.17) Es steht dort im Stufenbau der Rechtsordnung auf der Ebene einfacher Gesetze. Gegenüber innerstaatlichen einfachgesetzlichen Steuerregelungen ist es die speziellere Norm, was ihren Anwendungsvorrang begründet.18) Kann somit aus dem DBA geschlossen werden, dass die Privatstiftung als Zurechnungssubjekt ihrer Wertpapiererträge anzusehen ist, wäre der Quellenstaat dieser Erträge, also der abzugspflichtige U.S. withholding agent, an eine solche Qualifikation gebunden. Dafür würde sprechen, dass die Abkommensberechtigung der österreichischen Privatstiftung im DBA USA als ansässige Person wie bereits festgestellt außer Zweifel steht. Fraglich ist allerdings, inwieweit diese Abkommensberechtigung die Privatstiftung auch zum Zurechnungssubjekt der an sie gezahlten Einkünfte macht. Hierzu besteht ein Meinungsstreit, der vor allem zu Personengesellschaften geführt wird, für andere hybride Entitäten aber gleichermaßen einschlägig ist.19) Nach der abkommensorientierten Sichtweise des OECD-Partnership-Reports (1999) ergibt sich die Zurechnungsentscheidung tatsächlich aus der DBA-Ansässigkeit: Ist eine Personengesellschaft im Sitzstaat als intransparentes Gebilde „ansässig“ iSd Art 4 OECD-MA und damit abkommensberechtigt iSd Art 1 OECD-MA, ist der Quellenstaat, auch wenn er diese nach nationalem Steuerrecht als transparent einstufen würde, für Zwecke der Zurechnungsentscheidung hieran gebunden.20) Im Gegensatz dazu unterscheidet die anwenderstaatsorientierte Sichtweise21) zwischen Abkommensberechtigung und Einkünftezurechnung. Letztere sei keine Frage des DBA, sondern eine unilateral zu beantwortende Frage, die Art 3 Abs 2 OECD-MA den Zurechnungsregeln des jeweiligen Quellenstaates überantwortet. Für die Entlastungsberechtigung im Falle eines Zurechnungskonfliktes soll es daher ausschließlich auf die Abkommensberechtigung der hinter der hybriden Entität stehenden Gesellschafter ankommen. Nur nach der abkommensorientierten Sichtweise wäre damit eine als grantor trust eingestufte österreichische Privatstiftung aus Sicht des Quellenstaates USA Zurechnungssubjekt der ihr zugeflossenen US-Quelleneinkünfte. Dagegen wäre nach der anwenderstaatsorientierten Sichtweise der hinter dem Trust stehende grantor Zurechnungssubjekt dieser Einkünfte und die Abkommensberechtigung auf Basis jenes DBA zu klären, das die USA mit dem Ansässigkeitsstaat des grantor abgeschlossen haben. Die Abkommensberechtigung der österreichischen Privatstiftung würde damit nach der anwenderstaatsorientierten Sichtweise ins Leere laufen. Die USA nehmen zur Abkommensberechtigung von hybriden Entitäten in Sec 894(c) IRC und den dazu ergangenen U.S. Treasury Regulations Stellung (§ 1.894-1[d] U.S. Treasury Regulations).22) Nach den darin enthaltenen Regelungen kann eine hybride Entität, die als eine Entität definiert wird, die in den USA transparent und in ihrem Ansässigkeitsstaat intransparent ist,23) die Abkommensvergünstigungen in Anspruch 17

) Kofler in Bendlinger/Kanduth-Kristen/Kofler/Rosenberger, Internationales Steuerrecht, Rz IX/27 mwN. ) Kofler in Bendlinger/Kanduth-Kristen/Kofler/Rosenberger, Internationales Steuerrecht, Rz IX/27 mit Nachweisen aus der Judikatur des VwGH; Arming, SWI 2002, 68 (73). 19 ) Vgl Tumpel in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA, § 1 Rz 14 f; Kofler in Bendlinger/Kanduth-Kristen/Kofler/ Rosenberger, Internationales Steuerrecht, Rz X/44 mwN. 20 ) Die Ansicht der österreichischen Finanzverwaltung ist offiziell jene des OECD Partnership Reports (ebenso die deutsche Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 16. 4. 2010, BStBl 2010 I, 354, Tz 4.1.4.1.), im Übrigen aber unklar (vgl zB EAS 3087 vom 21. 9. 2009). 21 ) ZB Lang, Personengesellschaften im DBA-Recht, SWI 2000, 60 (66) und nunmehr auch der BFH 25. 5. 2011, I R 95/10, BFHE 234, 63; vgl auch in diese Richtung VwGH 18. 10. 2006, 2003/13/0052. 22 ) Diese nationalen Regelungen zu hybriden Gesellschaften, die Ende der Neunziger Jahre in den USA eingeführt wurden, sind auch in diverse Doppelbesteuerungsabkommen der USA übernommen worden; vgl hierzu Art 1 Abs 6 des US-amerikanischen DBA-Musterabkommens. 23 ) Denkbar wäre auch der umgekehrte Fall, dass eine Gesellschaft nach DBA und nationalem Steuerrecht als transparent, nach US-Steuerecht hingegen als intransparent zu qualifizieren ist. Diese Entitäten werden im US-Steuerrecht als „reverse hybrid entities“ bezeichnet. 18

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Österreichische Privatstiftungen und US-Wertpapiererträge nehmen.24) Eine Unterscheidung in Ansässigkeit und Einkünftezurechnung wie in der anwenderstaatsorientierten Sichtweise findet sich darin nicht. Eine solche Unterscheidung wird von den USA abgelehnt.25) Die USA vertreten eine abkommensorientierte Sichtweise, wie sie auch in den OECD-Partnership-Report Eingang gefunden hat. Damit sollten die USA nach innerstaatlichem Steuerrecht einer österreichischen Privatstiftung auch dann die Abkommensvergünstigungen zugestehen, wenn sie in den USA als transparenter grantor trust eingestuft wird.26) 6. Beantragung der Abkommensvergünstigung durch einen Grantor Trust (als „qualifizierte Person“ des LoB-Artikels) Dieses Ergebnis entspricht auch Formblatt W-8BEN-E und den hierzu veröffentlichten instructions, die hybriden Entitäten bei Erfüllung des LoB-Artikels die Möglichkeit der Inanspruchnahme von treaty benefits eröffnen. Dafür hat die hybride Entität beim Chapter-3-Status in line 4 des Formblatts W-8BEN-E durch Ankreuzen der hierfür vorgesehenen Box diesen Status bekanntzugeben, um in weiterer Folge in Teil III des Formblatts im Namen der Entität ein treaty statement auf Inanspruchnahme der Abkommensvergünstigung abzugeben.27) Damit wird eine als grantor trust qualifizierende Privatstiftung für Chapter-3-Zwecke am withholding certificate schlüssig dokumentiert und kann die Begünstigungen des DBA USA, also insb die Quellensteuerreduktion bei Zinseinkünften28) von 30 % auf 0 % sowie bei Dividendeneinkünften von 30 % auf 15 %, durch sofortige Entlastung an der Quelle in Anspruch nehmen. Im Ergebnis ist somit die Geltendmachung von Abkommensvergünstigungen bei Zahlungen, die der Abzugsteuer nach Chapter 3 IRC unterliegen, auch für eine österreichische Privatstiftung, die als grantor trust qualifiziert wird und den LoB-Artikel erfüllt, nicht wesentlich komplizierter, als bei solchen, die als complex trust eingestuft werden. 7. Grantor Trust ohne Anspruch auf Abkommensvergünstigung (keine „qualifizierte Person“ des LoB-Artikels) Erfüllt eine als grantor trust eingestufte österreichischen Privatstiftung keinen der in Art 16 DBA USA vorgesehenen LoB-Tests, kann sie keine Abkommensvergünstigung des Quellenstaates USA in Anspruch nehmen, sofern dieser dies nicht aufgrund der 24

) § 1.894-1(d)(1) U.S. Treasury Regulations. ) Toifl, Personengesellschaften mit Drittstaatseinkünften aus abkommensrechtlicher Sicht in Gassner/ Lang/Lechner, Personengesellschaften im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen (2000) 121 (145 f) mit Nachweisen aus dem US-Schrifttum. 26 ) Dieser Sichtweise liegt wohl auch bereits Art 4 Abs 1 lit b des DBA USA zugrunde, der eine Personengesellschaft, einen Nachlass oder einen Trust nur dann für erhaltene Einkünfte in einem Vertragsstaat als ansässig betrachtet, wenn die Einkünfte in diesem Staat bei der Entität oder ihren Gesellschaftern bzw Begünstigten besteuert werden. 27 ) Offen ist, ob das Ankreuzen der Box für hybrid entity in line 4 des withholding certificate W-8BEN-E eine materielle Bedeutung hat. ME sollte auch bei Unterlassung dieser Angabe vom withholding agent die sofortige Entlastung gewährt werden können, wenn das treaty statement in Teil III des Formulars korrekt befüllt wurde. 28 ) Die sogenannte „portfolio interest exemption“, also die bereits nach nationalem US-Steuerrecht vorgesehene Quellensteuerbefreiung der meisten US-Zinserträge, steht einer als grantor trust eingestuften Privatstiftung auch dann, wenn sie den LoB-Artikel erfüllt, hingegen nicht selbst zu, weil dies keine Begünstigung des DBA, sondern des nationalen US-Steuerrechts ist. Nach US-Steuerrecht gilt eine als grantor trust eingestufte Privatstiftung aber als Durchlaufgesellschaft, sodass für die portfolio interest exemption auf die Ausländereigenschaft des grantor abgestellt werden muss. Eine als grantor trust eingestufte Privatstiftung, die den LoB-Artikel erfüllt, kann allerdings eine Befreiung von der US-Quellensteuer auf Zinsen über Art 11 DBA USA erreichen. Erfüllt die als grantor trust eingestufte Privatstiftung den LoB-Artikel nicht, wird sie für die Befreiung aber die Anwendung der portfolio interest exemption benötigen und damit eine Durchschau auf den grantor zulassen müssen. 25

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Austrian Private Foundations and U.S. Securities Income Ausnahmebestimmung in Art 16 Abs 2 DBA USA zulässt. In diesem Fall würde der Quellenstaat USA eine als grantor trust eingestufte Privatstiftung unter Nichtanwendung des DBA gemäß innerstaatlichem Recht als transparente Gesellschaft betrachten und ihre Einkünfte dem grantor der Stiftung zurechnen. Die Privatstiftung hat damit für die Geltendmachung einer Abkommensvergünstigung nach dem DBA USA dem withholding agent für sich ein W-8IMY als Durchlaufgesellschaft auszustellen und dieses um W-8BEN(-E) des dahinterstehenden nutzungsberechtigten grantor zu ergänzen, sofern dieser nach einem DBA seines Ansässigkeitsstaates mit den USA selbst abkommensberechtigt ist.29) Angemerkt sei an dieser Stelle, dass die dogmatische Einordnung der Durchschau auf den grantor (und das DBA der USA mit seinem Ansässigkeitsstaat) keineswegs so selbstverständlich ist wie ihre Anwendung in der Praxis. Denn die Privatstiftung ist auch bei Nichterfüllung des LoB-Artikels weiterhin eine unter das Abkommen fallende ansässige Person und damit – nach der von den USA angewandten abkommensorientierten Sichtweise – selbst Zurechnungssubjekt der Einkünfte. Andernfalls käme eine Prüfung des LoB-Artikels gar nicht erst in Betracht.30) Es darf ihr der Quellenstaat in diesem Fall lediglich mangels ausreichender Nahebeziehung der Entität zum Ansässigkeitsstaat die Anwendung der Abkommensvergünstigungen verweigern. Erfolgt die Zurechnung der Einkünfte auf Grundlage des DBA aber weiterhin zur Privatstiftung, kann keine Durchschau auf den Stifter erfolgen. Dogmatisch dürfte dies offenbar so gelöst werden, dass im LoB-Artikel eine Ergänzung zu Art 1 DBA USA und damit eine Einschränkung des persönlichen Anwendungsbereiches des DBA gesehen wird, indem für die Anwendung des DBA durch den Quellenstaat nicht nur eine ansässige Person nach Art 1, sondern auch eine qualifizierte Person nach dem LoB-Artikel verlangt wird. Ist dies nicht der Fall, kommt es zu einer teilweisen Nichtanwendung des DBA, die das durch dieses zurückgedrängte nationale Steuerrecht des Quellenstaates insoweit wieder aufleben lässt.31) Dies würde im Falle des Quellenstaates USA bei einem grantor trust wie oben dargestellt zu einer Durchschau und Zurechnung der Einkünfte beim grantor führen.32) III. Die Einstufung der österreichischen Privatstiftung nach Chapter 4 IRC (FATCA) 1. US-Steuerrecht Für die Einstufung von natürlichen und juristischen Personen unter FATCA sieht Chapter 4 IRC eigene Begriffsbestimmungen vor. Eine österreichische Privatstiftung ist nach FATCA als Entität oder, wie die gesetzliche deutsche Übersetzung des englischen Wortes „entity“ für FATCA lautet, als „Rechtsträger“ einzustufen. Nach FATCA sind Rechtsträger in ausländische Finanzinstitute (foreign financial institutions – FFI) und ausländische Nichtfinanzinstitute (non-financial foreign entities – NFFE) zu unterteilen. 29

) Arming, SWI 2002, 68 (70). ) Vgl auch den Wortlaut des Art 16 DBA USA: „Eine in einem Vertragsstaat ansässige Person […]“. ) Vgl zB den Kommentar zum OECD-MA (Version 21. 11. 2017), Art 29 Rz 6: „The Article restricts the general scope of the other provisions of the Convention, including those of Article 1 according to which the Convention applies to persons who are residents of a Contracting State.“; vgl weiters bereits Ault, The Tax Treaty between Austria and the USA in the Light of Current US Treaty Policy in Gassner/Lang/Lechner, Das neue DBA Österreich-USA (1997) 11 (21), der im LoB-Artikel eine Art extensivere Definition der Ansässigkeit sieht. Vgl auch Herdin, Die abkommensrechtlichen Voraussetzungen der Anwendung der Verordnung zu § 48 BAO in Lang (Hrsg), Unilaterale Maßnahmen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (2004) 49 (53). 32 ) Anders hingegen, wenn eine als complex trust eingestufte Privatstiftung den LoB-Artikel nicht erfüllt. In diesem Fall sollte keine Durchschau auf den Stifter erfolgen, weil der complex trust auch nach nationalem Steuerrecht der USA Zurechnungssubjekt der Einkünfte ist. Eine Geltendmachung von Abkommenvergünstigungen scheidet hier generell aus. 30 31

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Österreichische Privatstiftungen und US-Wertpapiererträge Sowohl von FFI als auch von NFFE kennt FATCA zahlreiche weitere Untergliederungen. Auf all diese muss hier nicht im Detail eingegangen werden. Von besonderer Bedeutung ist für FATCA allerdings die weitere Untergliederung der NFFE in aktive und passive NFFE. Passive NFFE sind NFFE, die überwiegend passive Einkünfte (zB Dividenden, Zinsen, Lizenzen, Mieten) generieren oder überwiegend passive Vermögenswerte (insbesondere Wertpapiere) besitzen. Ist dies nicht der Fall, liegt ein aktiver NFFE vor. Gerade für die Vermögensverwaltung vorgesehene Privatstiftungen werden sehr häufig passive NFFE sein.33) Dagegen sollte eine Einstufung als aktiver NFFE eher die Ausnahme sein, da österreichischen Privatstiftungen eine über eine bloße Nebentätigkeit hinausgehende gewerbliche Tätigkeit untersagt ist (§ 1 Abs 2 Z 1 PSG). Denkbar wäre aber eine Einstufung als aktiver NFFE zB für Privatstiftungen, die als Holding von operativ tätigen Gesellschaften (die keine Finanzinstitute sind) eingesetzt werden, da hierfür der spezielle Aktivstatus einer non-financial holding geschaffen wurde, der einer Einstufung als passiver NFFE vorgeht.34) Aktivstatus könnten aber uU auch gemeinnützige Privatstiftungen erlangen. Dagegen wird nach herrschender Ansicht in Österreich für Privatstiftungen ein Status als Finanzinstitut nach FATCA ausgeschlossen. Für Zwecke des Common Reporting Standard (CRS) wurde dies vom BMF in Rz 54 GMSR ausdrücklich festgeschrieben. Dies müsste aufgrund der insoweit gleichen Begrifflichkeit35) gleichermaßen für FATCA gelten.36) Das BMF begründet seine Ansicht zum CRS damit, dass die für Privatstiftungen einzig denkbare Form eines Finanzinstituts die eines Investmentunternehmens (zweiter Art) sein kann. Damit ist ein Rechtsträger mit überwiegend Passiveinkünften oder -vermögen gemeint, der durch ein anderes Finanzinstitut verwaltet wird (sogenannter „Managed-by-Test“).37) Dies sei bei einer Privatstiftung ausgeschlossen, da die Verwaltung der österreichischen Privatstiftung nur durch die natürlichen Personen des Stiftungsvorstandes erfolgen könne. Die Ansicht des BMF kann nicht völlig überzeugen. Es lässt sich mE weder aus den Bestimmungen zu FATCA noch dem CRS herauslesen, dass für den Managed-by-Test ausschließlich auf die oberste Verwaltungsebene des Rechtsträgers abzustellen sei. Maßgeblich sollte vielmehr sein, wer die Verwaltung des Vermögens mit einer gewissen Eigenständigkeit bei den Investitionsentscheidungen des Rechtsträges durchführt.38) Dass hierbei dem Stiftungsvorstand immer die Letztverantwortung zukommt, sollte dem nicht entgegenstehen. Nach diesem Verständnis könnte auch eine Privatstiftung, deren diskretionäre Vermögensverwaltung an ein Finanzinstitut ausgelagert ist, selbst als Finanzinstitut nach FATCA (oder dem CRS) qualifizieren. Zusammengefasst werden österreichische Privatstiftungen nach FATCA in der Regel passive NFFE sein, sodass im Formblatt W-8BEN-E dieser Status als Chapter-4-Status der österreichischen Privatstiftungen auszuwählen sein wird. In bestimmten Fällen (Beteiligungsholding, gemeinnützige Privatstiftungen, verbundener Rechtsträger eines börsennotierten Unternehmens) kann aber auch eine Einstufung als aktiver NFFE mög33

) So auch für das GMSG GMSR, Rz 54. ) Vgl zu den Voraussetzungen einer non-financial holding und der Möglichkeit, damit eine FATCA-Meldepflicht zu vermeiden, ausführlich Stundner, Die Abschirmwirkung aktiver NFE, ecolex 2018, 214. 35 ) Vgl Bramerdorfer/Kovacevic, Zum Begriff „Investment Entity“ nach FATCA und dem OECD-Common Reporting Standard, SWI 2016, 490. 36 ) Interessanterweise hat sich das BMF bisher allerdings trotz entsprechender Wünsche der Finanzwirtschaft nicht durchringen können, eine solche Sichtweise auch für FATCA zu bestätigen. Ältere Schreiben des BMF zur Privatstiftung unter FATCA missverstehen die zugrunde liegende Problematik und müssen als überholt betrachtet werden. 37 ) Vgl dazu erneut Bramerdorfer/Kovacevic, SWI 2016, 490. 38 ) Ähnlich Horkel-Wytrzens, Die Behandlung von (Privat-)Stiftungen und Trusts unter dem automatischen Informationsaustausch, in Canete/Kubaile/Petritz/Zünd (Hrsg), Praxisleitfaden zum automatischen Informationsaustausch (2017) 55 (59). 34

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Austrian Private Foundations and U.S. Securities Income lich sein. Eine Einstufung als Finanzinstitut wird nach herrschender, allerdings nicht unbedenklicher Ansicht bisher ausgeschlossen. 2. Keine Anwendung des DBA USA auf sofortige FATCA-Abzugsteuerentlastung Während der Quellensteuerabzug des withholding agents bei der Abzugsteuer nach Chapter 3 aufgrund eines DBA unter bestimmten Voraussetzungen reduziert werden kann, ist dies nach Ansicht des US-Gesetzgebers bei der FATCA-Abzugsteuer nicht möglich. Liegen die Voraussetzungen eines Quellensteuerabzugs nach Chapter 4 IRC vor, ist der Zahlungsempfänger also insb nicht FATCA-konform bzw wird dieser nicht ausreichend dokumentiert, ist der Quellensteuerabzug vom withholding agent vorzunehmen. Eine Entlastung des Nutzungsberechtigten aus DBA-Gründen kann in diesem Fall nicht an der Quelle, sondern nur im Rückerstattungsweg durch Abgabe einer USSteuererklärung erfolgen.39) Damit wird der Vorrang des DBA-Rechts gegenüber dem nationalen Steuerrecht für FATCA-Zwecke nicht beseitigt. Es wird lediglich eine sofortige Entlastung an der Quelle als Entlastungsverfahren für eine FATCA-Abzugsteuer ausgeschlossen. Ist eine Entität für FATCA-Zwecke nicht ausreichend dokumentiert, sind an diese geleistete FATCA-relevante Zahlungen (sogenannte „withholdable payments“, im Wesentlichen handelt es sich hier um Wertpapierträge) der Abzugsteuer nach Chapter 4 zu unterwerfen. Dem US-Gesetzgeber erscheint ein solcher Ausschluss von der sofortigen Entlastung nach DBA offenbar deshalb zumutbar, weil der ausländische Nutzungsberechtigte der Zahlung eine sofortige Entlastung von der FATCA-Abzugsteuer vorrangig und ohne den Umweg eines DBA durch eine FATCAkonforme Identitätsdokumentation erreichen kann.40) Würde daher zB eine als passiver NFFE einzustufende Stiftung dem withholding agent keine ausreichende Dokumentation ihrer beherrschenden US-Personen vorlegen, wäre dieser, sofern er nicht wie in Österreich durch die Anwendung eines Intergovernmental Agreement (IGA) bei „non-consenting account holders“ davon Abstand nehmen kann, verpflichtet, die an diese auszuzahlenden Wertpapiererträge mit der 30%igen FATCAAbzugsteuer zu belasten. Jedoch sollte es der Stiftung bei Erfüllung aller Abkommensvoraussetzungen in diesem Fall möglich sein, durch Abgabe einer US-Steuererklärung die einbehaltene Abzugsteuer bis zur Höhe des DBA-Satzes zurückzufordern. Eine Offenlegung der beherrschenden US-Personen sollte für diesen DBA-Rückerstattungsantrag mE nicht erforderlich sein. 3. Duale Funktion als Kontoinhaber und Zahlungsempfänger unter FATCA Doch wann ist eine österreichische Privatstiftung für FATCA-Zwecke ausreichend dokumentiert? Hier ist auf eine duale Funktion unter FATCA einzugehen, die das Verständnis von FATCA und seiner Bestimmungen sehr erschwert, nämlich die als Kontoinhaber (account holder) und Zahlungsempfänger (payee) von withholdable payments. Account holder ist grundsätzlich jeder, in dessen Name ein FATCA-relevantes Konto geführt wird. Payee ist dagegen nur jemand, dem auch FATCA relevante Erträge, also withholdable payments zufließen. Eine österreichische Privatstiftung mit einem Girokonto bei 39

) Vgl Bramerdorfer, US-Quellensteuerabzugsverpflichtungen für österreichische Versicherungsunternehmen nach FATCA, ZFR 2017, 119 (123 bei FN 37). Wegen der Möglichkeit eines solchen Rückerstattungsantrages wird FATCA von US-Seite als DBA-konform betrachtet. Vgl Joint Committee on Taxation, Technical Explanations of the Foreign Account Tax Compliance Act of 2009, 22: „In the event that the tax is withheld under this chapter, the credit and refund mechanism ensures that the provisions of chapter 4 are consistent with U.S. obligations under existing income tax treaties. U.S. income tax treaties do not require the United States and its treaty partners to follow a specific procedure for providing treaty benefits.“ 40 ) Vorausgesetzt, die kontoführende Bank des Zahlungsempfängers ist ein an FATCA teilnehmendes Finanzinstitut, was aber regelmäßig der Fall sein wird.

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Österreichische Privatstiftungen und US-Wertpapiererträge einer Bank ist account holder. Zu einem payee wird sie aber nur dann, wenn diesem Girokonto withholdable payments, also insbesondere bestimmte US-Wertpapiererträge aus einem damit verbundenen Depotkonto zufließen, wie zB eine US-Dividende von einer auf dem Depotkonto gehaltenen Aktie. Diese Unterscheidung ist deshalb wichtig, weil unter FATCA account holder und payee zwar im Grundsatz und regelmäßig41), nicht aber notwendigerweise die gleiche Person sind. 4. Keine Abänderung der dualen Funktion durch das IGA Diese in den U.S. Treasury Regulations enthaltene duale Funktion von Kontoinhaber und Zahlungsempfänger sollte auch im Anwendungsbereich eines IGA gelten. Für Staaten wie Österreich, die über ein IGA nach dem Musterabkommen 2 verfügen, richten sich die Dokumentations- und Steuerabzugsverpflichtungen zuvorderst nach dem FFI Agreement, das die teilnehmenden Finanzinstitute mit dem IRS abgeschlossen haben. Nach diesen wird die Unterscheidung zwischen Kontoinhaber und Zahlungsempfänger nicht aufgehoben. Zwar wird in Section 3.01 FFI-Agreement zunächst ausgeführt, dass ein „reporting model 2 FI“ seine Konten nach den Vorschriften des Annex I IGA zu dokumentieren hat. Doch wird in weiterer Folge ausdrücklich zu payees, die keine account holders sind, Stellung genommen. Für diese wird hinsichtlich der Dokumentationspflichten eines reporting model 2 FI auf Section 3.02 (B) („Identification and Documentation of Certain Payees other than Account Holders“) FFI-Agreement verwiesen, wo bestimmt wird: „If an account holder receives a withholdable payment and is not treated as the payee of the payment, in addition to documenting the chapter 4 status of the account holder, the participating FFI is also required to establish the chapter 4 status of the payee or payees to determine whether withholding is required under section 4 of this agreement.“ Daraus folgt, dass es auch in einem „IGA-2-Land“ wie Österreich payees geben kann, die nicht account holder sind. Es kann also nicht gesagt werden, dass der payee in einem „IGA-2-Land“ immer auch der account holder ist. Hätten die Vertragspartner des IGA dies gewollt, hätten sie dies so festlegen müssen. Tatsächlich wurde ganz im Gegenteil im FFI-Agreement zur Definition des payee ohne Ausnahme für reporting model 2 FI ausdrücklich auf die U.S. Treasury Regulations42) verwiesen und dieser folglich nicht mit dem account holder gleichgesetzt. Damit wird im Ergebnis auch für Finanzinstitute in einem sogenannten „IGA-2-Land“ vorgeschrieben, dass bei withholdable payments vom Finanzinstitut der FATCA-Status eines Zahlungsempfängers (payee) im Sinne der Definition der U.S. Treasury Regulations zusätzlich zu jenem des Kontoinhabers dokumentiert werden muss. Kann ein entity payee, der nicht auch account holder eines reporting model 2 FI ist, nicht ausreichend dokumentiert werden, hat das reporting model 2 FI die Vermutungsregeln in § 1.1471-3(f) U.S. Treasury Regulations anzuwenden.43) Diese Regeln führen bei einem vermuteten Chapter-4-Status als non-participating FFI zu einer Steuerabzugsverpflichtung des reporting model 2 FI.44) 5. Die österreichische Privatstiftung als Kontoinhaber nach FATCA Eine Unterscheidung zwischen account holder und payee treffen die U.S. Treasury Regulations zu Chapter 4 insb bei den flow-through entities, zu denen nach den U.S. Treasury 41

) Vgl die grundsätzliche Aussage in § 1.1471-3(a)(2) U.S. Treasury Regulations. ) Sec 2.61 FFI-Agreement. ) Sec 3.04 (C) letzter Satz FFI-Agreement. Das FFI-Agreement weist im anschließenden Satz darauf hin, dass ein reporting model 2 FI mit undocumented accounts „significantly non-compliant“ sein kann. 44 ) § 1.1471-3(f)5 U.S. Treasury Regulations. 42 43

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Austrian Private Foundations and U.S. Securities Income Regulations zu Chapter 4 auch ein grantor trust, nicht aber ein complex trust zählt.45) Auch flow-through entities, auf deren Namen ein Konto geführt wird, gelten nach FATCA als Kontoinhaber (account holder) dieses Kontos. Denn als account holder gilt nach FATCA grundsätzlich jene Person, in deren Namen das Konto geführt wird. Und dies „regardless of whether such a person is a flow-through entity“.46) Und weiter: „Thus, for example, except as otherwise provided in paragraph (a)(3)(ii) of this section, if a trust (including a simple or grantor trust) or an estate is listed as the holder or owner of a financial account, the trust or estate is the account holder, rather than its owners or beneficiaries.“ Das bedeutet, dass nach FATCA für die Dokumentation des Kontoinhabers eines Kontos einer Privatstiftung auch dann, wenn sie nicht als complex trust, sondern als grantor trust qualifiziert, auf die Privatstiftung selbst und nicht auf den widerrufsberechtigten grantor abzustellen ist. Sie kann sich daher bei dem kontoführenden Finanzinstitut, solange sie keine withholdable payments erhält, mit Formblatt W-8BEN-E FATCA-konform dokumentieren. Ob sie nach dem DBA USA Anspruch auf die Abkommensvergünstigungen hat, ist hierfür bedeutungslos. Das treaty statement in Teil III des Formulars kann in diesem Fall daher auch leer bleiben.47) 6. Die österreichische Privatstiftung als Zahlungsempfänger unter FATCA Anderes gilt nach den U.S. Treasury Regulations allerdings, wenn der Privatstiftung FATCA relevante Zahlungen zufließen und sie damit nicht nur account holder eines Kontos, sondern auch payee von withholdable payments ist. Denn eine flow-through entity wird nach den U.S. Treasury Regulations grundsätzlich nicht als payee und beneficial owner der Zahlung anerkannt. Zwar gilt als Zahlungsempfänger einer solchen Zahlung grundsätzlich der Kontoinhaber, auf dessen Konto die Zahlung zufließt.48) Doch gilt dies, als Ausnahme von diesem Grundsatz, nicht für ausländische flowthrough entities.49) In diesem Fall gelten vielmehr dahinterstehende Partner, Begünstigte oder Eigentümer der flow-through entity als Zahlungsempfänger.50) Nach den U.S. Treasury Regulations wird, wie festgestellt, ein grantor trust, nicht aber ein complex trust als flow-through entity eingestuft. Handelt es sich bei der Privatstiftung um einen complex trust, ist dieser auch für FATCA selbst als Nutzungsberechtigter der zugeflossenen withholdable payments anzusehen. Eine als complex trust eingestufte Privatstiftung wird daher gegenüber dem withholding agent mit einem in ihrem Namen ausgestellten Formular W-8BEN-E ausreichend FATCA-konform dokumentiert. Eine Durchschau durch den complex trust würde nur insoweit erfolgen, als dieser als passiver NFFE qualifiziert und über beherrschende US-Personen verfügt. Anders ist es aber, wenn withholdable payments einer Privatstiftung zufließen, die als grantor trust eingestuft wird. In einem solchen Fall sind nach den U.S. Treasury Regulations die dahinterstehenden Zahlungsempfänger zu dokumentieren, um eine FATCAAbzugsteuer abzuwenden. Darum sehen die instructions zu Formblatt W-8BEN-E vor, dass sich solche hybride Entitäten für FATCA-Zwecke gegenüber dem withholding agent als Durchlaufgesellschaft mit dem für diese vorgesehenen Formblatt W-8IMY und zusätzlich die dahinterstehenden nutzungsberechtigten Personen mit Formblatt W-8BEN (bei natürlichen Personen) oder W-8BEN-E (bei Rechtsträgern) zu dokumen45

) § 1.1471-1(b)(51) U.S. Treasury Regulations. ) § 1.1471-5(a)(3)(i) U.S. Treasury Regulations. ) Da der Privatstiftung in diesem Fall ohnehin keine US-quellensteuerpflichtigen Erträge zufließen, kann dies für sie keine negativen Auswirkungen haben. 48 ) § 1.1471-3(a)(2) U.S. Treasury Regulations. 49 ) Mit Gegenausnahmen in § 1.1471-3(a)(3)(ii)(A) U.S. Treasury Regulations, die für Privatstiftungen aber nicht einschlägig sind. 50 ) § 1.1471-3(a)(3)(ii)(B) U.S. Treasury Regulations. 46 47

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Österreichische Privatstiftungen und US-Wertpapiererträge tieren haben.51) Diese Dokumentation erfolgt ergänzend zur Dokumentation für Chapter-3-Zwecke, für die sich die Privatstiftung – wie oben ausgeführt – mit einem W-8BEN-E als Zurechnungssubjekt der Zahlung ausweist. In diesem Fall soll die hybride Entität nach den instructions zum Formblatt auf dem W-8BEN-E den Chapter-4Status (line 5) nicht ausfüllen; dieser FATCA-Ausweis erfolgt gesondert auf dem Formblatt W-8IMY. Im Gegenzug hat mE auf dem Formblatt W-8IMY kein Ausweis des Chapter-3-Status zu erfolgen.52) Diese vom IRS in den instructions vorgesehene Vorgehensweise ist insofern bemerkenswert, als damit eine als grantor trust einzustufende Privatstiftung zur Vermeidung von US-Quellensteuern nach Chapter 3 und 4 IRC für ein und dieselbe Zahlung von US-Erträgen zur Abgabe von Formblättern mit widersprüchlichem Inhalt verpflichtet wird, nämlich nach Chapter 3 als Zurechnungssubjekt53) (W-8BEN-E) und nach Chapter 4 als Durchlaufgesellschaft (W-8IMY) für diese Einkünfte. Dennoch sollte diese in den instructions vorgesehene Praxis mE nicht abkommenswidrig sein. Zwar widerspricht die geforderte Einstufung als Durchlaufgesellschaft nach Chapter 4 der (auch US-amerikanischen) Zurechnungsqualifikation der Privatstiftung nach dem DBA USA.54) Doch handelt es sich hierbei nur um eine verfahrensrechtliche Anordnung der USA zu den Dokumentationserfordernissen einer Sofortentlastung von der FATCA-Abzugsteuer. Dies widerspricht nicht dem DBA, weil die verfahrensrechtliche Vorgehensweise auf Sofortentlastung oder Rückerstattung von Abzugsteuern nicht im DBA geregelt wird. Sie ist dem Verfahrensrecht der Abkommensstaaten vorbehalten.55) Insoweit ist der Ansicht der USA, dass diese durch ein DBA nicht zu einer sofortigen Entlastung an der Quelle gezwungen werden könne,56) nicht entgegenzutreten. Sie kann daher auch die Voraussetzungen einer Sofortentlastung nach Chapter 3 anders regeln als nach Chapter 4. Die grundsätzliche Berechtigung des Abgabenschuldners zur Rückerstattung der FATCAAbzugsteuer auf Grundlage des DBA USA und damit der Zurechnung dieser Einkünfte bei der Privatstiftung bleibt von dieser verfahrensrechtlichen Anordnung zur Berechtigung auf Sofortentlastung unberührt.57) So gewährt etwa Österreich einer ausländischen Stiftung oder einem ausländischen Trust generell keine sofortige Entlastung an der Quelle (§ 5 Abs 1 Z 5 DBA-Entlastungs-VO). Das österreichische Recht ist damit sogar strenger als das US-amerikanische: Keine noch so umfangreiche, zweifelsfreie Dokumentation berechtigt einen österreichischen withholding agent zur Sofortentlastung.58) IV. Zusammenfassung: Gegenüberstellung der Dokumentationserfordernisse einer österreichischen Privatstiftung nach Chapter 3 und 4 IRC 1. Privatstiftung als Complex Trust Am einfachsten ist die Dokumentation einer österreichischen Privatstiftung, die nach Chapter 3 als complex trust eingestuft wird. Diese ist nämlich nicht nur nach Chapter 3 51

) Sollten weitere flow-through entities vor den Nutzungsberechtigten zwischengeschaltet sein, haben diese ebenfalls ein Formblatt W-8IMY abzugeben. ) Hier bestünde auch keine Möglichkeit, einen Status als grantor trust bzw hybrid entity anzugeben. 53 ) Und bei Erfüllung des LoB-Artikels Abkommensbegünstigter. 54 ) Vgl oben II.3. 55 ) ZB Staringer, Verfahrensrecht und die Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung, in Gassner/Lang/Lechner, Methoden zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (1996) 207 (218); Lang, Introduction to the Law of Double Taxation Conventions2 (2013) Rz 463, 466. 56 ) Vgl oben III.2. 57 ) Die USA sollten daher einer österreichischen Privatstiftung die Rückerstattung einer FATCA-Abzugsteuer nicht mit dem Argument verweigern können, dass diese nach Chapter 4 als Durchlaufgesellschaft anzusehen sei oder im Falle einer Einstufung als passiver NFFE beherrschende US-Personen offenlegen hätte müssen. Diese Chapter-4-Bestimmung wird durch die speziellere Bestimmung des DBA verdrängt. 58 ) Begründet wird dies vom BMF mit der Ungewissheit über die Abkommensberechtigung dieser Rechtsgebilde (Erläuternde Bemerkungen zur Anwendung der DBA-Entlastungsverordnung, Erlass des BMF vom 10. 3. 2006, BMF-010221/0101-IV/4/2006, Rz 33). 52

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Austrian Private Foundations and U.S. Securities Income als Nutzungsberechtigter der Zahlung anzusehen, sie gilt zugleich nach FATCA als Kontoinhaber und Zahlungsempfänger eines withholdable payments. Sie kann sich daher sowohl für Chapter 3 als auch Chapter 4 im eigenen Namen mit einem Formular W-8BEN-E ausweisen. Erfolgt dies ordnungsgemäß, wird keine FATCA-Abzugsteuer anfallen. Die Abzugsteuer nach Chapter 3 kann bei Erfüllung des LoB-Artikels oder sonstiger Ausnahmen teilweise oder ganz reduziert werden. Hinter der Privatstiftung stehende Personen wären in diesem Fall nur in ihrer Eigenschaft als beherrschende US-Personen des Kontoinhabers unter FATCA offenzulegen, wenn die Stiftung als passiver NFFE qualifiziert wird. 2. Privatstiftung als Grantor Trust ohne Abkommensvergünstigung Eine österreichische Privatstiftung, die als grantor trust einzustufen ist und mangels Erfüllung des LoB-Artikels des DBA vom Quellenstaat USA nicht abkommensbegünstigt wird, ist für die Zurechnung ihrer Einkünfte nach Chapter 3 als transparent einzustufen, sodass die Zurechnung beim widerrufsberechtigten Stifter (grantor) erfolgt. Die Privatstiftung hat damit für die Geltendmachung einer Abkommensvergünstigung nach dem DBA USA dem withholding agent für sich ein W-8IMY als Durchlaufgesellschaft auszustellen und dieses um W-8BEN(-E) des dahinterstehenden nutzungsberechtigten grantor zu ergänzen, sofern dieser nach einem DBA seines Ansässigkeitsstaates mit den USA selbst abkommensberechtigt ist. Diese Formulare W-8IMY (für die Privatstiftung) und W-8BEN(-E) (für den grantor/Stifter) sind ergänzt um die Inhaltserfordernisse unter Chapter 4 auch für FATCA-Zwecke zu verwenden. Nur dann, wenn die Stiftung keine abzugspflichtigen Zahlungen nach Chapter 3 und 4 erhalten würde, könnte sie sich für bloße Dokumentationszwecke eines FATCA-relevanten Kontos gegenüber dem kontoführenden Finanzinstitut ohne Angabe eines Chapter-3Status und treaty statement zur DBA-Abkommensberechtigung anstatt mit einem W-8IMY-Formular mit einem W-8BEN-E Formular (oder einem sonstigen, für eine solche Selbstauskunft von der Bank aufgelegten Formular) ausweisen. Darin wären beherrschende US-Personen offenzulegen, wenn die Stiftung als passiver NFFE eingestuft wird. 3. Privatstiftung als Grantor Trust mit Abkommensvergünstigung (Hybrid Entity) Am umfangreichsten sind die Dokumentationserfordernisse nach Chapter 3 und 4 IRC, wenn eine österreichische Privatstiftung nach Chapter 3 IRC als grantor trust einzustufen ist, der durch Erfüllung des LoB-Artikels des DBA auch abkommensberechtigt ist (hybrid entity). In diesem Fall hat der withholding agent nach Ansicht des IRS zur Vermeidung eines 30%igen Quellensteuerabzuges für die Privatstiftung zwei, inhaltlich widersprüchliche withholding certificates einzuholen. Für Chapter-3-Zwecke wird sich die Privatstiftung auf einem Formular W-8BEN-E im eigenen Namen als Nutzungsberechtigter der US-Einkünfte ausweisen. Ein Chapter-4-Status ist darin nicht anzuführen. Da sie nach Chapter 4 allerdings als Durchlaufgesellschaft anzusehen ist, wird sie sich für Chapter-4-Zwecke stattdessen zusätzlich mit einem Formular W-8IMY ausweisen und den dahinterstehenden grantor/Stifter mit einem W-8BEN(-E) offenlegen müssen. In umgekehrter Vorgehensweise zum W-8BEN-E für Chapter-3-Zwecke, sollte im Formular W-8IMY mE kein Chapter-3-Status in Teil III abgegeben werden. Hierfür ist ausschließlich das Formular W-8BEN-E relevant. Nur dann, wenn die Stiftung keine abzugspflichtigen Zahlungen nach Chapter 3 und 4 IRC erhalten würde, könnte sie sich für bloße Dokumentationszwecke eines FATCArelevanten Kontos gegenüber dem kontoführenden Finanzinstitut anstatt mit einem 32

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Österreichische Privatstiftungen und US-Wertpapiererträge W-8IMY-Formular alternativ mit einem W-8BEN-E Formular59) (oder einem sonstigen, für eine solche Selbstauskunft von der Bank aufgelegten Formular) ausweisen. Darin wären beherrschende US-Personen offenzulegen, wenn die Stiftung als passiver NFFE qualifiziert.

Einstufung der Privatstiftung als …

Übersicht: Dokumentationserfordernisse der österreichischen Privatstiftung mit US-Quelleneinkünften anhand der W-Formulare des IRS Complex Trust** Grantor Trust (ohne DBA-Begünstigung)

Grantor Trust (mit DBABegünstigung)

Für Chapter 3 Für Chapter 4 W-8BEN-E für Privatstiftung W-8IMY* für Privatstiftung + W-8BEN(-E) für grantor

W-8BEN-E für Privatstiftung (ohne Befüllung Chapter-4-Status)

W-8IMY* für Privatstiftung (ohne Befüllung Chapter-3-Status) W-8BEN(-E) für grantor

*

Zur bloßen Identifikation des Kontoinhabers für FATCA ohne US-Quelleneinkünfte kann die Privatstiftung auch ein W-8BEN(-E) oder eine eigene Banken-Selbstauskunft verwenden. ** Wenn ohne DBA-Begünstigung, bleibt das treaty statement in Teil III des Formulars W-8BEN-E unausgefüllt.

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) In diesem Fall ist die Angabe des Chapter-3-Status sowie das treaty statement in Teil III nicht erforderlich.

Errichtung eines verschiebbaren Daches als Betriebsstätte (BMF) – Errichtet eine in Italien ansässige Aktiengesellschaft in Österreich für einen Auftraggeber ein verschiebbares Dach zur Vornahme von Sanierungsarbeiten auf einer Altlastdeponie und führt sie nach Erfüllung der Werklieferung für eine Dauer von fünf Jahren monatlich den Verschub des Daches aus bzw überwacht diesen und schult anfangs die Mitarbeiter des Auftraggebers in der Verschubtechnik, stellt sich die Frage, ob durch diese Tätigkeiten eine Betriebsstätte in Österreich begründet wird. Bei der Errichtung des Daches handelt es sich um Bau- und Montageleistungen iSd Art 5 Abs 2 lit g DBA Italien, die nur bei der Überschreitung einer Dauer von zwölf Monaten eine Betriebsstätte begründen. Für die Ermittlung der Baustellenfrist ist das maßgebliche Enddatum jenes, an dem die Arbeit abgeschlossen oder endgültig eingestellt ist (OECD-MK, Art 5 Rz 55 Satz 1). Werden nach Montageabschluss Beratungs- und Assistenzleistungen erbracht (EAS 1025) oder Mitarbeiter des Auftraggebers nach Fertigstellung einer Bauausführung oder Montage in der Bedienung der errichteten Anlage geschult (OECD-MK, Art 5 Rz 55 vorletzter Satz; vgl auch EAS 1259), so sind diese Tätigkeiten nicht in die für die Entstehung der Baustellenbetriebsstätte maßgebliche Frist einzubeziehen. Wenn daher ein italienisches Unternehmen lediglich fünf Monate für die Errichtung eines betriebsfertigen und voll funktionstüchtigen Daches benötigt und danach nur noch Schulungstätigkeiten ausführt und an einem Wochenende pro Monat den Verschub des Daches überwacht, wird dadurch keine Baubetriebsstätte in Österreich begründet. Denn weder die Schulung noch der Verschub werden als Teil der Montage zu werten sein, da sie nicht der Fertigstellung und Instandsetzung des hergestellten Werkes dienen (EAS 3411 vom 6. 12. 2018). SWI 2019

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