Zum Begriff „Investment Entity“ nach FATCA und dem OECD-Common Reporting Standard

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“Investment Entity”, FATCA and Common Reporting Standard

Norbert Bramerdorfer / Samir Kovacevic*)

Zum Begriff „Investment Entity“ nach FATCA und dem OECD-Common Reporting Standard THE TERM “INVESTMENT ENTITY” ACCORDING TO FATCA AND THEStandard OECD COMMON „Investment Entity“, FATCA und Common “Investment Entity”, and Reporting REPORTING STANDARD Since the term “investment entity” has been subject to change from its origin in the U.S. Treasury Regulations by both the FATCA IGA Model and the OECD Common Reporting Standard (CRS), it is doubtful whether this term still covers self-managed investment vehicles. Norbert Bramerdorfer and Samir Kovacevic analyze the legal development of the term and conclude that, although the wording differs, its understanding is, by and large, the same in all legal sources of FATCA and the CRS. I. Grundsätzliches Der Foreign Account Tax Compliance Act (FATCA) legt Finanzinstituten Meldeverpflichtungen in Bezug auf Finanzkonten von in den Vereinigten Staaten steuerpflichtigen Kunden auf. Durch den Common Reporting Standard (CRS) werden diese Meldeverpflichtungen auf in andere OECD-Staaten ansässige Kontoinhaber ausgeweitet. Diese Verpflichtungen treffen auch österreichische Finanzinstitute, und zwar zum einen durch das österreichisch-amerikanische Intergovernmental Agreement (IGA) für die Meldeverpflichtung nach FATCA und zum anderen durch das Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz (GMSG) für die Meldeverpflichtung nach dem CRS. Der Begriff des Finanzinstituts richtet sich dabei nicht nach dem österreichischen Verständnis des BWG, sondern ist davon unabhängig und autonom sowohl im IGA mit den USA als auch im GMSG definiert und in verschiedene Kategorien von Finanzinstituten gegliedert. Während bei diesen Kategorien die Einstufung als Einlageinstitut („depository institution“) oder Verwahrinstitut („custodial institution“) kaum Probleme bereitet, sorgt die Einstufung als Investmentunternehmen („investment entity“) in der Praxis immer wieder für beträchtliche Unsicherheit und Beratungsbedarf. Insbesondere bei selbstverwalteten Anlagevehikeln ergeben sich in Hinblick auf ihre Einordnung unter den Begriff des Investmentunternehmens einige Zweifelsfragen.1) Im Folgenden soll der Begriff „Investment Entity“ nach FATCA und dem CRS einer Analyse unterzogen und einige Zweifelsfragen zu seinem Verständnis erörtert werden. Dafür wird es erforderlich sein, die Entwicklung dieses Begriffs, ausgehend vom U.S. Internal Revenue Code über die U.S. Treasury Regulations und die IGA bis hin zum OECD-CRS und dessen Implementierung im österreichischen GMSG, zu erörtern. Dabei wird aufgezeigt werden, dass gute Argumente dafür sprechen, den erwähnten Rechtsquellen trotz unterschiedlicher textlicher Ausgestaltung in Hinblick auf den Begriff „Investmentunternehmen“ letztlich ein einheitliches Begriffsverständnis zugrunde zu legen. *) Dr. Norbert Bramerdorfer, LL.M. ist Steuerberater und Director sowie FATCA/CRS Country Leader in einer international tätigen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungskanzlei in Wien. Samir Kovacevic, LL.B., LL.M. ist Mitarbeiter derselben Kanzlei. 1 ) Siehe dazu auch den ersten Bericht der von der EU-Kommission eingesetzten Expertengruppe für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten über die Umsetzung der Richtlinie 2014/107/EU (2015) 10, abrufbar unter: http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/ taxation/tax_cooperation/mutual_assistance/financial_account/first_report_expert_group_automatic_ exchange_financial_information.pdf (Zugriff am 18. 8. 2016).

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„Investment Entity“, FATCA und Common Reporting Standard II. Der Begriff „Investment Entity“ nach FATCA 1. U.S. Internal Revenue Code Für FATCA wurde der Begriff „financial institution“ erstmals in Sec 1471(d)(5) U.S. Internal Revenue Code 1986 (IRC), dem U.S.-Bundessteuergesetz, verwendet. Der Begriff „investment entity“ findet sich in dieser zur Einführung von FATCA durch den HIRE-Act2) in den Internal Revenue Code im Jahr 2010 aufgenommenen Bestimmung noch nicht ausdrücklich, doch die in Sec 1471(d)(5)(C) IRC enthaltene dritte3) Kategorie eines Finanzinstituts enthält im Kern bereits eine Umschreibung für diesen Begriff, auf dessen Grundlage vom U.S. Treasury Department und dem U.S. Internal Revenue Service der Begriff „investment entity“ in den U.S. Treasury Regulations weiterentwickelt wurde. Konkret werden Finanzinstitute in Sec 1471(d)(5)(C) IRC wie folgt definiert: „(5) Financial institution Except as otherwise provided by the Secretary, the term ‚financial institution‘ means any entity that-- (…) (C) is engaged (or holding itself out as being engaged) primarily in the business of investing, reinvesting, or trading in securities (as defined in section 475(c)(2) without regard to the last sentence thereof), partnership interests, commodities (as defined in section 475(e)(2)), or any interest (including a futures or forward contract or option) in such securities, partnership interests, or commodities.“ 2. U.S. Treasury Regulations In den U.S. Treasury Regulations, die als Ausführungsbestimmungen zum IRC nach österreichischem Verständnis einer Durchführungsverordnung vergleichbar sind, wurde diese dritte Kategorie eines Finanzinstituts unter dem nunmehr ausdrücklich eingefügten Begriff „investment entity“ wie folgt näher definiert: „Investment entity (i) In general The term investment entity means any entity that is described in paragraph (e)(4)(i)(A), (B), or (C) of this section. (A) The entity primarily conducts as a business one or more of the following activities or operations for or on behalf of a customer(1) Trading in money market instruments (checks, bills, certificates of deposit, derivatives, etc.); foreign currency; foreign exchange, interest rate, and index instruments; transferable securities; or commodity futures; (2) Individual or collective portfolio management; or (3) Otherwise investing, administering, or managing funds, money, or financial assets on behalf of other persons. (B) The entity's gross income is primarily attributable to investing, reinvesting, or trading in financial assets (as defined in paragraph (e)(4)(ii) of this section) and the entity is managed by another entity that is described in paragraph (e)(1)(i), (ii), (iv), or (e)(4)(i)(A) of this section. For purposes of this paragraph (e)(4)(i)(B), an entity is managed by another entity if the managing entity performs, either directly or through another third-party service provider, any of the activities described in paragraph (e)(4)(i)(A) of this section on behalf of the managed entity. 2

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) Title V, Subtitle A, Part I Hiring Incentives to Restore Employment Act (Hire Act), der das aus den Sec 1471–1474 bestehende, FATCA regulierende Chapter 4 in den IRC einfügte. ) Die erste Kategorie (Sec 1471(d)(5)(A) IRC) definiert Einlageninstitute, die zweite Kategorie (Sec 1471(d)(5)(B) IRC) Verwahrinstitute (Depotinstitute) als financial institution.

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“Investment Entity”, FATCA and Common Reporting Standard (C) The entity functions or holds itself out as a collective investment vehicle, mutual fund, exchange traded fund, private equity fund, hedge fund, venture capital fund, leveraged buyout fund, or any similar investment vehicle established with an investment strategy of investing, reinvesting, or trading in financial assets.“ Die Durchführungsverordnung unterteilt damit eine Investment Entity in drei Arten:

• Rechtsträger („entity“), deren Tätigkeit überwiegend darin besteht, für einen oder mehrere Kunden in Financial Assets zu handeln oder Kapital anzulegen oder zu verwalten (Investment Entity „erster Art“, U.S. Treas. Reg. § 1.1471-5(e)(4)(A));

• Rechtsträger, die überwiegend Passiveinkünfte aus Financial Assets erwirtschaften und hierbei durch bestimmte andere Finanzinstitute – insbesondere durch Investment Entities erster Art – verwaltet werden (Investment Entity „zweiter Art“; U.S. Treas. Reg. § 1.1471-5(e)(4)(B));

• Rechtsträger, die sich als Anlagefonds oder sonstiges Anlagevehikel für financial assets anbieten, wenn ihre Anlagestrategie in der Anlage oder Wiederanlage von financial assets (oder dem Handel damit) besteht (Investment Entity „dritter Art“, U.S. Treas. Reg. § 1.1471-5(e)(4)(C)). Für Investment Entities erster und zweiter Art sehen die U.S. Treasury Regulations zudem in § 1.1471-5(e)(4)(iii)(A) und (iv)(A) nähere Ausführungen zum Erfordernis des Überwiegens der einschlägigen Einkünfte von mindestens 50 % des gesamten Bruttoeinkommens innerhalb eines definierten Zeitraums von grundsätzlich drei Jahren vor („gross income test“). Ein Vergleich zwischen den drei aufgezählten Arten von Investmentunternehmen in den Ausführungsbestimmungen der U.S. Treasury Regulations und ihrer gesetzlichen Grundlage zeigt zunächst, dass der IRC in erster Linie bloß darauf abstellt, dass ein Rechtsträger überwiegend im Investmentgeschäft tätig ist oder diese Tätigkeit zumindest Dritten gegenüber anbietet. Der in der gesetzlichen Grundlage vorgegebene Begriff einer Investment Entity lässt jedoch durch seine weite Formulierung genügend Raum, um alle drei in den U.S. Treasury Regulations definierten Arten zu erfassen. Investment Entities erster und zweiter Art finden demzufolge durch die Wortfolge „engaged in the business of investing, reinvesting, or trading in securities“ ihre gesetzliche Deckung. Investment Entities dritter Art sind darüber hinaus durch den Klammerausdruck „or holding itself out as being engaged“ erfasst. Die U.S. Treasury Regulations halten sich demnach innerhalb des in Sec 1471(d)(5)(C) IRC vorgegebenen gesetzlichen Rahmens. Damit stellt sich unweigerlich auch die Frage, wie diese drei unterschiedlichen Arten von Investmentunternehmen voneinander abzugrenzen sind. Investment Entities erster Art werden kraft ihrer ausgeübten Tätigkeit für einen oder mehrere Kunden zu Investmentunternehmen. Dazu gehören in Österreich insbesondere Kapitalanlagegesellschaften (KAGs), die das Portfolio eines österreichischen Investmentfonds verwalten. Für Investment Entities zweiter Art ist hingegen danach zu fragen, ob sie Passiveinkünfte erwirtschaften („gross income test“) und dabei durch ein anderes Finanzinstitut verwaltet werden („managed by test“). Somit wäre der im erwähnten Beispiel durch die KAG verwaltete Investmentfonds selbst eine Investment Entity zweiter Art. Während Investmentunternehmen erster und zweiter Art nach den U.S. Treasury Regulations somit durch die Art ihrer ausgeübten Tätigkeit für einen Kunden („gross income test“) bzw jene zweiter Art ergänzend auch durch den „managed by test“ abgegrenzt werden, erweist sich die genaue Abgrenzung eines Investmentunternehmens dritter Art als schwieriger, doch sollen mit dieser dritten Fallgruppe vor allem selbstverwaltete Anlagevehikel erfasst werden. Als ein derartiges Anlagevehikel kann etwa eine Kapitalgesellschaft angesehen werden, die für ihre Gesellschafter Beteiligungen zu Anlagezwecken an weiteren Gesellschaften hält. Eine Einstufung als Investment Entity zweiter Art 492

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„Investment Entity“, FATCA und Common Reporting Standard wird für eine derartige Gesellschaft nicht in Betracht kommen, weil sie eben selbstverwaltet wird und deshalb nicht den „managed by test“ erfüllt. Verfügt diese Gesellschaft darüber hinaus auch über keine „Kunden“ im kommerziellen Sinn (zu einer anderen möglichen Definition des Begriffs eines „Kunden“ siehe aber unten), erscheint zunächst auch eine Einstufung als Investment Entity erster Art nicht möglich. 3. FATCA Intergovernmental Agreements (IGA) Die von den USA mit mehr als 100 Staaten abgeschlossenen Intergovernmental Agreements zu FATCA enthalten eine von den U.S. Treasury Regulations teilweise abweichende Begriffsdefinition der Investment Entity. Sie lautet in Art 1 Z 1 lit k des österreichisch-amerkikanischen IGA und in wortgleicher Übernahme der entsprechenden Bestimmung in dem von den Vereinigten Staaten veröffentlichten Musterabkommen wie folgt: „The term ‚Investment Entity‘ means any Entity that conducts as a business (or is managed by an entity that conducts as a business) one or more of the following activities or operations for or on behalf of a customer: (1) trading in money market instruments (cheques, bills, certificates of deposit, derivatives, etc.); foreign exchange; exchange, interest rate and index instruments; transferable securities; or commodity futures trading; (2) individual and collective portfolio management; or (3) otherwise investing, administering, or managing funds or money on behalf of other persons. This subparagraph 1(k) shall be interpreted in a manner consistent with similar language set forth in the definition of ‚financial institution‘ in the Financial Action Task Force Recommendations.“ Ein Vergleich zwischen den beiden Begriffsdefinitionen in den Treasury Regulations und dem IGA USA – Österreich zeigt auf, dass die Definition des IGA in Hinblick auf die in den Treasury Regulations enthaltenen drei Arten von Investmentunternehmen wörtlich nur jene der Investment Entity erster Art, nicht aber auch jene zweiter und dritter Art übernimmt. Dies aber mit zwei Ergänzungen:

• Durch den Klammerausdruck „or is managed by an entity that conducts as a business“ werden auch Rechtsträger vom Begriff der Investment Entity erfasst, die diese Tätigkeit nicht selbst ausüben, sondern von einem Rechtsträger verwaltet werden, der eine derartige Tätigkeit selbst ausübt. • Es wird darauf verwiesen, dass diese Bestimmung so ausgelegt werden soll, dass sie mit der Definition eines Finanzinstitutes nach den Financial Action Task Force Recommendations (FATF-Empfehlungen) vereinbar ist. Aus dem Klammerausdruck „managed by“ wird in der Praxis geschlossen, dass durch diesen Investment Entities zweiter Art iSd U.S. Treasury Regulations mitumfasst werden. Durch ein anderes Finanzinstitut (fremd)verwaltete Rechtsträger werden damit selbst zu einem Investmentunternehmen und folglich zu einem Finanzinstitut. Die Definition ist nicht ganz ident mit jener der Investment Entity zweiter Art nach den U.S. Treasury Regulations, weil diese ergänzend verlangt, dass der Rechtsträger selbst überwiegend Passiveinkünfte erwirtschaftet. Allerdings sollte dieser Unterschied in der Praxis nicht stark ins Gewicht fallen, da Rechtsträger, die durch eine Investment Entity erster Art verwaltet werden, in aller Regel überwiegend Passiveinkünfte erwirtschaften werden. Die Tragweite des Verweises auf die Empfehlungen der Financial Action Task Force (FATF) hinsichtlich des Begriffs „Finanzinstitut“ erscheint dagegen zunächst unklar. Denn nach der in den FATF-Empfehlungen enthaltenen Definition werden unter dem SWI 2016

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“Investment Entity”, FATCA and Common Reporting Standard Begriff „Finanzinstitut“ auch Tätigkeiten erfasst, die im Anwendungsbereich von FATCA nicht die Qualifikation eines „Finanzinstituts“ begründen würden, wie etwa die Kreditvergabe oder die Tätigkeit als Versicherungsmakler.4) Hinsichtlich der zuvor erläuterten Kategorisierung von Investmentunternehmen in den U.S. Treasury Regulations wäre zudem nur eine Investment Entity erster Art in der Definition eines Finanzinstituts in den FATF-Empfehlungen ausdrücklich enthalten.5) Aufgrund dieser Divergenzen ist fraglich, welche Tragweite dem Verweis auf die FATF-Empfehlungen beizumessen ist: Vertreten würde könnte einerseits, dass nur solche Rechtsträger, die Verpflichtete im Sinne der nationalen Geldwäschebestimmungen sind, als Investmentunternehmen in Frage kommen.6) Der Verweis auf die FATF-Empfehlungen kann aber auch so verstanden werden, dass lediglich jene Begriffe, die sich im Bereich des IGA und den FATF-Empfehlungen überschneiden, gleichlautend zu interpretieren sind.7) Damit wäre der Verweis auf die FATF-Empfehlungen als eine bloße Interpretationshilfe und nicht als eine qualitative Eingrenzung des Begriffs des Investmentunternehmens zu verstehen. Ein Blick auf Art 1 Z 1 lit k des IGA USA – Österreich zeigt zudem, dass Investment Entities dritter Art in der Definition eines „Investmentunternehmens“ in Abweichung von den U.S. Treasury Regulations nicht mehr ausdrücklich erwähnt werden. Allerdings finden sie im IGA USA – Österreich an anderer Stelle, und zwar bei der Definition einer Holding als „Active NFFE“, folgende Erwähnung:8) „An ‚Active NFFE‘ means any NFFE that meets any of the following criteria: (…) e) Substantially all of the activities of the NFFE consist of holding (in whole or in part) the outstanding stock of, or providing financing and services to, one or more subsidiaries that engage in trades or businesses other than the business of a Financial Institution, except that an NFFE shall not qualify for this status if the NFFE functions (or holds itself out) as an investment fund, such as a private equity fund, venture capital fund, leveraged buyout fund, or any investment vehicle whose purpose is to acquire or fund companies and then hold interests in those companies as capital assets for investment purposes;” Durch diese Bestimmung werden Holdinggesellschaften, die keine Anteile an einem Finanzinstitut im Sinne des IGA halten, grundsätzlich als Active NFFE qualifiziert. Dies gilt ausnahmsweise aber nicht, wenn der Rechtsträger als Anlagefonds oder sonstiges Anlagevehikel tätig wird, dessen Zweck im Erwerb oder der Finanzierung von Anteilen an anderen Gesellschaften, die als Anlagevermögen gehalten werden, besteht. Der Begriff „Anlagefonds“ selbst wird dabei beispielhaft anhand von Aufzählungen definiert. Durch diese Ausnahmebestimmung werden gerade jene Tätigkeiten umschrieben, die kennzeichnend für eine Investment Entity dritter Art sind. Erfasst wird hierdurch zudem 4

) Die Definition ist im Glossar der FATF-Empfehlungen enthalten. Abrufbar unter: http://www.fatf-gafi. org/media/fatf/documents/recommendations/pdfs/FATF_Recommendations.pdf (Zugriff am 18. 8. 2016). Die Ziffern 7, 9 und 11 entsprechen dabei der Definition einer Investment Entity erster Art in § 1.14715(e)(4)(A) der U.S. Treasury Regulations. 5 ) Siehe FN 4. 6 ) Vgl Eimermann, Das FATCA-Abkommen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten – ein Überblick, IStR 2013, 774 (776); ebenso Fußbroich/Day/Stenger, Bestimmung des FATCA-Status für deutsche Holdinggesellschaften unter besonderer Berücksichtigung von US-Source-Income und W-8BEN-E-Anfragen, IStR 2015, 77 (81). ZB werden Unternehmen der persönlichen Vermögensverwaltung aus diesem Grund nach Auffassung des deutschen BMF nicht von der Definition eines Investmentunternehmens erfasst. Vgl dazu Denkschrift zum IGA USA – Deutschland, BT-Drucksache 17/13704 vom 4. 6. 2013, 139. 7 ) Diese Auslegungsvariante könnte auch aus der Formulierung „similar language set forth (…)“ geschlossen werden. 8 ) Siehe IGA USA – Österreich Anhang I VI.B.4.e. Diese Bestimmung wurde dabei der Bestimmung des § 1.1471-5(e)(1)(v) der US Treasury Regulations nachgebildet, mit der geregelt wird, unter welchen Voraussetzungen Holdinggesellschaften oder Treasury Center als Finanzinstitut anzusehen sind. Für eine Übersicht siehe auch Fußbroich/Day/Stenger, ISR 2015, 77 (83).

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„Investment Entity“, FATCA und Common Reporting Standard der Anlagefonds als solcher und nicht eine im Rahmen eines derartigen Anlagefonds eingesetzte Holdinggesellschaft.9) Da solche Investmentvehikel nach dieser Ausnahmebestimmung nicht als Active NFFE angesehen werden können, stellt sich die Frage, ob sie aufgrund dieses Umstands als Passive NFFE oder als Investmentunternehmen (dritter Art) zu qualifizieren wären. Für eine Qualifikation als Passive NFFE würde zum einen der Umstand sprechen, dass diese Rechtsträger im IGA nicht im Kontext einer Investment Entity, sondern im Kontext einer Non-Financial Foreign Entity (NFFE) geregelt sind. Schließlich werden Passive NFFEs gerade auch durch eine Negativabgrenzung zum Begriff des Active NFFE definiert. Zum anderen legt auch die Wortfolge im österreichischen IGA „(…) except that an NFFE shall not qualify for this status if the NFFE functions (…)“ nahe, dass es sich bei derartigen Rechtsträgern nicht um ein Finanzinstitut (und damit nicht um eine Investment Entity) im Sinne des IGA handeln kann. Denn die Tatsache, dass derartige Rechtsträger, obwohl sie nicht als Active NFFE zu qualifizieren sind, weiterhin ein „NFFE“ darstellen, spricht dafür, dass sie diesfalls eben als eine andere Form eines NFFE (und zwar als Passive NFFE) anzusehen sind. Erwähnenswert ist hierbei allerdings der Umstand, dass die Vereinigten Staaten am 27. 9. 2014 in einigen auf Basis des Modells 1 mit bestimmten Partnerstaaten abgeschlossenen IGA aufgrund der Meistbegünstigungsklausel die zum IGA USA – Österreich gleichlautende, oben zitierte Formulierung durch die Formulierung „except that an Entity shall not qualify for NFFE status if the entity functions (…)“ ersetzt haben, die auch der aktuellen Version des IGA-1-Modells entspricht.10) Aufgrund dieser Neufassung wird für diese IGA ausdrücklich klargestellt, dass ein Rechtsträger, der etwa als Anlagefonds tätig ist, nicht als NFFE, sondern vielmehr als FFI zu qualifizieren ist.11) Da das IGA USA – Österreich durch die erwähnte Bekanntgabe günstigerer Bedingungen allerdings nicht betroffen ist – zwischen einem IGA nach Modell 2 und einem IGA nach Modell 1 gibt es keine Meistbegünstigung12) –, könnte für das österreichische IGA aufgrund des zitierten Wortlauts der Ausnahmebestimmung in Annex I des IGA trotzdem der Schluss gezogen werden, dass Investmentunternehmen dritter Art – anders als in den U.S. Treasury Regulations – nicht in der Definition eines Investmentunternehmens enthalten sind. Eine solche Interpretation sollte aber uE nicht dem IGA entsprechen, wie der folgende Rechtsvergleich mit dem OECD-CRS bekräftigt. III. Der Begriff „Investment Entity“ nach dem Common Reporting Standard 1. OECD-Common Reporting Standard und Richtlinie 2014/104/EU Die Begriffsdefinition der Investment Entity nach dem CRS (Section VIII.A.6.), die wortgleich in die EU-Richtlinie 2014/107/EU (Anhang 1, Abschnitt VIII.A.6) und von dort wiederum wortgleich in die nationale Umsetzungsbestimmung in § 59 GMSG übernommen wurde, lautet: „The term ‚Investment Entity‘ means any Entity: a) that primarily conducts as a business one or more of the following activities or operations for or on behalf of a customer: 9

) Vgl Fußbroich/Day/Stenger, ISR 2015, 77 (83). ) Durch die Bekanntgabe günstigerer Bedingungen an einen IGA-Partnerstaat werden diese günstigeren Bestimmungen auch für andere IGA-Partnerstaaten nach der Meistbegünstigungsklausel des Art 7 IGA-1-Musterabkommen wirksam. Siehe dazu auch das Schreiben des Department of the Treasury of the United States, Attachment, Rz 34. Abrufbar unter: https://www.treasury.gov/resource-center/ tax-policy/treaties/Documents/FATCA-Notification-Letter-1-9-23-2014.pdf (Zugriff am 18. 8. 2016). 11 ) Vgl Fußbroich/Day/Stenger, ISR 2015, 77 (82). 12 ) Zumindest nicht auf Basis der allgemeinen Meistbegünstigungsklausel des IGA (Art 7 Modell 1 IGA bzw Art 6 Modell 2 IGA). Österreich stützt sich bei der Anwendung einer Meistbegünstigung mit Deutschland für anwaltliche Anderkonten auf die Bestimmung in Annex II.G des IGA. 10

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“Investment Entity”, FATCA and Common Reporting Standard i) trading in money market instruments (cheques, bills, certificates of deposit, derivatives, etc.); foreign exchange; exchange, interest rate and index instruments; transferable securities; or commodity futures trading; ii) individual and collective portfolio management; or iii) otherwise investing, administering, or managing Financial Assets or money on behalf of other persons; or b) the gross income of which is primarily attributable to investing, reinvesting, or trading in Financial Assets, if the Entity is managed by another Entity that is a Depository Institution, a Custodial Institution, a Specified Insurance Company, or an Investment Entity described in subparagraph A(6)(a). An Entity is treated as primarily conducting as a business one or more of the activities described in subparagraph A(6)(a), or an Entity’s gross income is primarily attributable to investing, reinvesting, or trading in Financial Assets for purposes of subparagraph A(6)(b), if the Entity’s gross income attributable to the relevant activities equals or exceeds 50 % of the Entity’s gross income during the shorter of: (i) the three-year period ending on 31 December of the year preceding the year in which the determination is made; or (ii) the period during which the Entity has been in existence. The term ‚Investment Entity‘ does not include an Entity that is an Active NFE because it meets any of the criteria in subparagraphs D(9)(d) through (g). This paragraph shall be interpreted in a manner consistent with similar language set forth in the definition of ‚financial institution‘ in the Financial Action Task Force Recommendations.“ Die Begriffsdefinition der Investment Entity im OECD-CRS enthält zunächst eine Definition für Investment Entities erster und zweiter Art, wie sie vergleichbar auch in den U.S. Treasury Regulations wiederzufinden ist. Dabei werden im Hinblick auf den „gross income test“ sowohl die 50%-Grenze als auch die Dreijahresfrist übernommen. Die Regelung orientiert sich damit inhaltlich mehr an den U.S. Treasury Regulations als an dem IGA. Aus dem IGA wurde allerdings der Hinweis auf die FATF-Empfehlungen (und damit auch letztlich in die EU-Amtshilferichtlinie sowie § 59 GMSG) übernommen.13) Weder im IGA noch in den U.S. Treasury Regulations ist hingegen der Verweis auf die Definition eines Active NFE in Unterabschnitt D Nr 8 Buchs d bis g Richtlinie 2014/107/EU (entspricht § 95 Z 4 bis Z 7 GMSG) enthalten. Durch diesen Verweis wird klargestellt, dass bestimmte, als Active NFE zu klassifizierende Rechtsträger nicht von der Begriffsdefinition einer Investment Entity umfasst sind. Aus diesem Grund stellt etwa eine Holdinggesellschaft, deren Tätigkeit im Wesentlichen im Anteilsbesitz sowie der Finanzierung und Erbringung von Dienstleistungen für Tochtergesellschaften liegt, kein Investmentunternehmen dar.14) Wie im österreichischen IGA (Art 1 Z 1 lit k) gilt dies jedoch ausdrücklich nicht für als Anlagefonds tätige Rechtsträger. Auch für Zwecke des CRS stellt sich damit die Frage, ob die von dieser Ausnahme erfassten Rechts13

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) Auch in Hinblick auf den CRS lässt der Interpretationshinweis auf die FATF-Empfehlungen folglich dieselben Fragen hinsichtlich der Tragweite des Verweises offen. ) „Im Wesentlichen“ bedeutet, dass diese Tätigkeiten zu 80 % oder mehr von der Holdinggesellschaft ausgeführt werden. Fraglich ist, ob damit lediglich geschäftsleitende Holdinggesellschaften als Active NFE anzusehen sind, oder die in § 95 Z 4 GMSG enthaltene Definition auch Holdinggesellschaften, die bloß vermögensverwaltend tätig sind, erfasst. Die Verwendung des Wortes „sowie“ in § 95 Z 4 GMSG würde bloß für eine Erfassung von geschäftsleitenden Holdinggesellschaften sprechen. Dahingegen legt die im OECD-Kommentar (Sect VIII Rz 129) verwendete Formulierung „holding stock of, or providing financing and services to (…)“ nahe, dass auch vermögensverwaltende Holdings als Active NFE anzusehen sind. Siehe dazu auch Fußbroich/Klinkhammer, CRS und FATCA – Qualifikation von Holdinggesellschaften und Treasury Centern unter Berücksichtigung des CRS Implementation Handbook der OECD, ISR 2015, 343 (347 f).

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„Investment Entity“, FATCA und Common Reporting Standard träger im Gegenschluss als Passive NFE oder als Investmentunternehmen zu klassifizieren sind. Dabei sprechen im Anwendungsbereich des CRS folgende Argumente für eine Einstufung als Investmentunternehmen. Zum einen findet sich der Verweis auf die Definition eines Active NFE bereits innerhalb der Definition eines Investmentunternehmens und somit als Ausnahme hiervon. Im Umkehrschluss kann dies so gedeutet werden, dass jene Rechtsträger, die eben nicht die Voraussetzungen eines Active NFE erfüllen, als Investmentunternehmen zu qualifizieren sind. Zum anderen wird im CRS in Anlehnung an das Update in den IGA-Musterabkommen die Formulierung „except that an Entity shall not qualify for this status if the entity functions (…)“ verwendet, was eine alternative Einstufung als Passive NFE uE ausschließen sollte.15) Vor allem aber gilt es in diesem Zusammenhang noch zu beachten, dass die in den U.S. Treasury Regulations enthaltene Kategorie der Investment Entity dritter Art auch im OECD-Kommentar hinsichtlich der Definition eines Investmentunternehmens folgende Erwähnung findet:16) „An Entity would generally be considered an Investment Entity if it functions or holds itself out as a collective investment vehicle, mutual fund, exchange traded fund, private equity fund, hedge fund, venture capital fund, leveraged buy-out fund or any similar investment vehicle established with an investment strategy of investing, reinvesting, or trading in Financial Assets.“ Dies entspricht nahezu wortgleich der Definition einer Investment Entity dritter Art in § 1.1471-5(e)(4)(i)(C) in den U.S. Treasury Regulations. Nach dem OECD-Kommentar ist eine Investment Entity dritter Art somit offenbar von der zuvor erläuterten Definition eines Investmentunternehmens generell mitumfasst.17) Offen bleibt damit aber, wie diese Inklusion von Investmentunternehmen dritter Art in den Begriff des Investmentunternehmens im CRS nach der Abkehr von der in den U.S. Treasury Regulations ursprünglich vorgenommenen „Dreiteilung“ von Investmentunternehmen dogmatisch begründet werden kann. Denn der Begriff „Investmentunternehmen“ nach dem CRS enthält ausdrücklich nur die beiden ersten Kategorien von Investmentunternehmen.18) Letztlich kann ein solcher Widerspruch in der Definition des Investmentunternehmens mit dieser OECD-Kommentarmeinung aber auch dem zuvor erwähnten Verweis auf die Definition von Holdingunternehmen uE nur dadurch aufgelöst werden, dass eine Investment Entity dritter Art von der Kategorie einer Investment Entity erster oder zweiter Art als mitumfasst angesehen wird.19) Vor allem die Definition einer Investment Entity erster Art könnte eine solche weitere Auslegung zulassen, und zwar dann, wenn der Begriff des „Kunden“ in wirtschaftlicher Betrachtungsweise so ausgelegt wird, dass dieser nicht bloß Kunden in einem kommerziellen Sinne20) erfasst, sondern etwa auch die Gesellschafter bzw Investoren eines An15

) Unter „this status“ sollte also in Anlehnung auf die durch die Meistbegünstigungsklausel geänderten IGA ein „NFE status“ des Rechtsträgers zu verstehen sein. ) Vgl OECD-Kommentar, VIII Rz 20 (Seite 162). 17 ) Bestätigt auch in den FAQs des Implementation Handbook, Vgl OECD, Standard for Automatic Exchange of Financial Information in Tax Matters – The Implementation Handbook (2015) 112. 18 ) Diese beiden Kategorien wären nach dem Begriffsverständnis der U.S. Treasury Regulations eine Investment Entity erster und eine Investment Entity zweiter Art. 19 ) So offenbar auch die Guidance Notes des Vereinigten Königreichs; vgl HM Revenue & Customs, Automatic Exchange of Financial Account Information – Guidance Notes (2015) 20 ff, Abrufbar unter https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/461418/Guidance_Notes _for_the_Automatic_Exchange_of_Financial_Account_Information.pdf (Zugriff am 18. 8. 2016), in denen folgende Aussage enthalten ist: „An entity would generally be considered to fall within one of the categories of investment entity if it functions or holds itself out as a collective investment vehicle (…).“ 20 ) Dies wären etwa nur solche Kunden, mit denen eine vertragliche und nicht bloß eine gesellschaftsrechtliche Beziehung besteht; vgl Fußbroich/Day/Stenger, ISR 2015, 77 (81). 16

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“Investment Entity”, FATCA and Common Reporting Standard lagefonds.21) Bei einer derartigen Auslegung wäre es daher möglich, die in den U.S. Treasury Regulations ursprünglich noch als dritte Fallgruppe eines Investmentunternehmens enthaltenen Rechtsträger als einen Unterfall der Investment Entity erster Art zu behandeln, ohne § 59 GMSG contra legem zu interpretieren. Für eine derartige Auslegung würde auch der Umstand sprechen, dass in der ursprünglichen Definition einer Investment Entity im IRC (Sec 1471(d)(5)(C)) nicht auf das Vorhandensein eines Kunden abgestellt wurde.22) Fraglich bleibt dagegen, ob diese Auslegung mit den FATF-Empfehlungen vereinbar ist.23) Denn der Begriff des Investmentunternehmens hätte bei einer solchen generellen Einbeziehung von Investment Entities dritter Art eine entsprechend hohe Reichweite und würde etwa auch geschlossene Anlagefonds erfassen, die nur einen begrenzten Kreis an Gesellschaftern bzw Investoren aufweisen oder gar nur der persönlichen Vermögensverwaltung von Einzelpersonen dienen. Bei derartigen Rechtsträgern erscheint eine Qualifikation als Investmentunternehmen mit der damit verbundenen Auferlegung komplexer Meldeverpflichtungen uE nicht sachgerecht. Aus diesem Grund sollten Anlagefonds nur dann als Investmentunternehmen anzusehen sein, wenn sie sich an einen öffentlichen oder doch zumindest größeren Anlegerkreis richten.24) Auch die von der EU-Kommission eingesetzte Expertengruppe für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten legt in ihrem Bericht über die Umsetzung der Richtlinie 2014/107/EU nahe, dass eine Einstufung von „Private Investment Companies“ als Passive NFE (im Vergleich zu einer Einstufung als Investment Entity) einige Vorteile für sich hätte.25) Dafür würden nach Ansicht der Expertengruppe gewisse Praktikabilitätserwägungen26) sprechen, wie auch der Umstand, dass bei Passive NFE, die im Regelfall über ein Finanzkonto bei einem (meldenden) Finanzinstitut verfügen werden, ohnehin ein Durchgriff auf die beherrschenden Personen des Passive NFE erfolgt und die beherrschenden Personen insoweit durch das kontoführende Finanzinstitut gemeldet werden.27) 2. Rückschlüsse auf FATCA Unter Berücksichtigung des Umstands, dass der CRS in seiner Konzeption weitgehend auf dem IGA-Musterabkommen beruht,28) lassen sich aus den vorstehenden Erwägungen uE auch Rückschlüsse auf die Auslegung des Begriffs der Investment Entity im IGA USA – Österreich ziehen. So enthält das „OECD CRS Implementation Handbook“ 21

) Siehe Lappas/Rucke, Die praktische Umsetzung von FATCA in Deutschland, IStR 2013, 929 (935 f), mit weiteren Ausführungen zu möglichen Auslegungsvarianten zum Begriff des „Kunden“; nach der Denkschrift zum IGA USA – Deutschland (vgl BT-Drucksache 17/13704 vom 4. 6. 2013, 139) umfasst der Begriff des Investmentunternehmens jedes Unternehmen, das für Dritte (dh nicht bloß Kunden) mit Geldmarktinstrumenten handelt, Vermögen verwaltet oder Kapital anlegt; eine vergleichbare Formulierung findet sich auch im OECD-Kommentar, VIII Rz 20 (Seite 162). 22 ) So auch Lappas/Rucke, IStR 2013, 929 (935 f), die aus teleologischen und historischen Gesichtspunkten eine solche Auslegung für vertretbar halten. 23 ) Schließlich würde es einem Gesellschafter nach den FATF-Empfehlungen an einer „Kundenbeziehung“ zu seiner Gesellschaft fehlen; vgl Fußbroich/Day/Stenger, ISR 2015, 77 (81), mit weiteren Ausführungen und Nachweisen. 24 ) Dies ist andeutungsweise auch dem OECD Implementation Handbook zu entnehmen: „A holding company will also meet the definition of Financial Institution, specifically, Investment Entity, if it functions (…) as an investment fund (…) and similar investment vehicles if investors participate (either through debt or equity) in investment schemes through the holding company.“ Vgl OECD, Implementation Handbook, 112. 25 ) Vgl EU-Kommission, AEFI-Report, 11 f. 26 ) So seien demzufolge derartige Rechtsträger oftmals nicht in der Lage, die komplexen Meldeverpflichtungen unter CRS adäquat umzusetzen, worunter auch die Qualität der Meldungen leiden würde. Zudem sei es auch für die Finanzbehörden einfacher, wenn die Anzahl an meldenden Finanzinstituten überschaubarer bliebe. 27 ) Auch werden von der Expertengruppe länderspezifische Abweichungen hinsichtlich der Auslegung eines Investmentunternehmens festgestellt. Gerade vor dem Hintergrund, dass der CRS es bereits begrifflich zum Ziel hat, einen gemeinsamen Meldestandard zwischen den teilnehmenden Staaten herzustellen, sind derartige Divergenzen durchaus kritisch zu betrachten. Vgl EU-Kommission, AEFI-Report, 10. 28 ) Vgl OECD, Implementation Handbook, 87.

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„Investment Entity“, FATCA und Common Reporting Standard etwa den Hinweis, dass der im CRS verwendete Begriff des Investmentunternehmens trotz unterschiedlicher Formulierung im Vergleich zum IGA-Musterabkommen denselben Regelungsinhalt wie im IGA-Musterabkommen hat.29) Der Begriff der Investment Entity wäre demzufolge im Anwendungsbereich beider Materien gleichlautend zu interpretieren. Auch dem OECD-Kommentar, der im Übrigen in weiten Teilen den U.S. Treasury Regulations entspricht, kommt eine maßgebende Bedeutung für die Auslegung im CRS zu.30) Aus diesem Grund sollten die für den CRS dargestellten systematischen Erwägungen insoweit auch für den Anwendungsbereich der IGA gelten. Investment Entities dritter Art wären damit im oben dargestellten Sinne auch im österreichischen IGA von der Definition eines Investmentunternehmens mitumfasst.31) IV. Fazit Wie aufgezeigt wurde, wirft die Auslegung des Begriffs des Investmentunternehmens in den erläuterten Rechtsquellen einige Zweifelsfragen auf. Vor allem stellt sich die Frage, inwieweit die im CRS bzw im IGA USA – Österreich enthaltene Definition übereinstimmt. Hinsichtlich der Investment Entity erster und zweiter Art enthalten die Rechtsquellen eine annähernd gleichlautende Definition, wenngleich jene nach dem IGA etwas großzügiger ausgestaltet ist, da sie keinen „gross income test“ enthält und auch den Kreis der möglichen Rechtsträger für den „managed by test“ etwas enger zieht. In der Praxis sollten sich hieraus allerdings kaum Abweichungen ergeben. Auffallend ist allerdings, dass die Fallgruppe der Investment Entity dritter Art aus den U.S. Treasury Regulations, die selbstverwaltete Anlagevehikel umfasst, weder im IGA noch im CRS ausdrücklich aufscheint. Daraus ist in der Praxis vereinzelt die Schlussfolgerung gezogen worden, dass diese dritte Kategorie von selbstverwalteten Investmentvehikeln im Anwendungsbereich eines IGA bzw des CRS nicht einschlägig sein soll. Dennoch zeigt eine Analyse der relevanten Rechtsquellen, dass diese dritte Fallgruppe sowohl nach FATCA als auch nach dem CRS durchaus von der Definition eines Investmentunternehmens umfasst sein soll, wenngleich sie formell nicht (mehr) in eine eigenständige Kategorie eines Investmentunternehmens gekleidet ist. Dabei wäre dogmatisch vor allem eine Behandlung als ein Unterfall einer Investment Entity erster Art bei entsprechender Auslegung des Kundenbegriffs in Erwägung zu ziehen. Insoweit sprechen gute Gründe dafür, dass dem Begriff „Investmentunternehmen“ sowohl nach den U.S. Treasury Regulations und dem IGA USA – Österreich als auch nach dem CRS ein identer Begriffsinhalt immanent ist. 29

) Vgl OECD, Implementation Handbook 87 f. ) Siehe etwa Begründungserwägung 13 der Richtlinie 2014/107/EU, wonach der OECD-Kommentar von den EU-Mitgliedstaaten zur Auslegung sowie zur Gewährleistung der einheitlichen Anwendung in allen Mitgliedstaaten herangezogen werden soll. 31 ) Zudem wäre auch aus Überlegungen der Zweckmäßigkeit eine unterschiedliche Behandlung im Rahmen dieser beiden Regelungsmaterien zu vermeiden; vgl Fußbroich/Klinkhammer, ISR 2015, 343 (344) mwN. 30

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