swk_2018_h22.fm Seite 969 Donnerstag, 26. Juli 2018 11:35 11
Steuern Progressionsermäßigung
Steuerliche Behandlung von Diensterfindungsvergütungen Strenge Auslegung der Finanzverwaltung kann zu unsachgerechten Ergebnissen führen Steuern
NORBERT BRAMERDORFER / SAMIR KOVACEVIC*) Die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung (F&E) ist dem österreichischen Gesetzgeber bereits seit Jahrzehnten ein besonderes Anliegen.1) Einen Teilbereich davon stellt die Förderung von Erfindungstätigkeiten dar. So waren im Jahr 2017 mehr als 10.000 nationale Patente beim österreichischen Patentamt aufrecht und zeitgleich mehr als 136.000 europäische Patente mit Gebietsschutz in Österreich registriert.2) Für viele dieser eingetragenen Erfindungen sind Dienstnehmer verantwortlich, die für diese Erfindungen gesonderte Vergütungen durch ihre Arbeitgeber erhalten. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die steuerlichen Begünstigungen iZm derartigen Dienstvergütungen. 1. Grundsätzlicher Anspruch auf Erfindungsvergütungen Nach § 8 Abs 1 Patentgesetz (PatG) gebührt einem Dienstnehmer im Falle der Überlassung einer von ihm gemachten Erfindung an den Dienstgeber bereits von Gesetzes wegen eine angemessene besondere Vergütung. Dabei handelt es sich um einen zwingenden Anspruch, der gemäß § 17 PatG nicht vertraglich eingeschränkt werden kann3) und auch nicht durch die Auflösung des zugrunde liegenden Dienstverhältnisses endet.4) Zu beachten ist jedoch § 8 Abs 2 PatG: Wird der Dienstnehmer im Rahmen seines Dienstvertrags ausdrücklich zur Erfindertätigkeit im Unternehmen angestellt und ist er auch tatsächlich vorwiegend damit beschäftigt, steht ihm keine gesonderte Vergütung zu, sofern er bereits aufgrund seiner Erfindungstätigkeit im Rahmen seines Dienstverhältnisses eine entsprechend höhere Vergütung erhält. 2. Einkommensteuerliche Behandlung von Diensterfindungen 2.1. Lohnsteuerliche Begünstigung vor dem StRefG 2015/2016 Für Diensterfindungsvergütungen konnte vor dem Inkrafttreten des StRefG 2015/2016 eine gesonderte lohnsteuerliche Begünstigung zur Anwendung gebracht werden. Nach § 67 Abs 7 EStG waren Diensterfindungsvergütungen im Ausmaß eines zusätzlichen, um 15 % erhöhten Jahressechstels mit einem ermäßigten Steuersatz von 6 % zu besteuern. Diese Steuerermäßigung konnte bereits im Wege der Lohnverrechnung berücksichtigt werden und stellte aufgrund des niedrigen Steuersatzes von 6 % auch eine *) 1
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Dr. Norbert Bramerdorfer, LL.M. ist Director und Steuerberater bei Deloitte in Wien. Samir Kovacevic, LL.B., LL.M. ist Berufsanwärter bei Deloitte in Wien. Vgl Schneider, Steuerliche Begünstigung von Forschung und Entwicklung4 (2014) 1 ff. Vgl Patentamt, Statistische Übersicht über Patentangelegenheiten für das Jahr 2017, https://www.patentamt.at/fileadmin/root_oepa/Dateien/Allgemein/Statistiken/Patentblatt_Mai2017_Statistik_%C3%9Cbersicht.pdf (Zugriff am 26. 6. 2018). Bei Tätigkeiten, die im Rahmen eines freien Dienstvertrags erbracht werden, sind die Regelungen der §§ 6 bis 19 PatG jedoch nicht anzuwenden (vgl OGH 5. 2. 1985, 4 Ob 5/85). Freien Dienstnehmern steht demzufolge kein gesetzlicher Anspruch auf Erfindungsvergütungen zu. Ein solcher Anspruch kann aber sehr wohl auf privatautonomer Basis vereinbart werden und damit in weiterer Folge steuerlich relevant sein. Vgl § 16 PatG.
SWK-Heft 22 1. August 2018
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