BFH lässt unternehmerbezogene Umsatzsteuerbefreiung auf den Kommissionär übergehen

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swk_2019_h11.fm Seite 563 Donnerstag, 4. April 2019 9:15 09

Steuern genen Erkenntnissen als zulässig angesehen. Die Rechtsansicht des VwGH überrascht, da er bei unveränderter Rechtslage von seiner bisherigen Rechtsprechung abgeht und den in dieser Vorjudikatur sowie den vonseiten des BFG und der Literatur vorgebrachten europarechtlichen Bedenken gegen die Leistungsortverlagerung nach Österreich nicht folgt. Inhaltlich bestehen unverändert gravierende Zweifel an der Vereinbarkeit der österreichischen Rechtslage mit den Vorgaben der MwStSyst-RL, daher wäre die Stellung eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH geboten gewesen.

Dienstleistungskommission

BFH lässt unternehmerbezogene Umsatzsteuerbefreiung auf den Kommissionär übergehen Überlegungen zum Kommissions- und Eigenhandel von Eintrittsberechtigungen zu kulturellen Veranstaltungen Steuern

NORBERT BRAMERDORFER*) Ein neues Urteil des deutschen BFH vom 25. 4. 2018, XI R 16/16, lässt persönliche, unternehmerbezogene Befreiungen des Ausführungsgeschäfts auf das fiktive Leistungsverhältnis zwischen Kommissionär und Kommittent übergehen. Dieser Artikel erhebt unter Hinweis auf die Entwicklung der umsatzsteuerlichen Dienstleistungskommission und Vergleich des Kommissionärs mit dem Eigenhändler Bedenken gegen diese Rechtsansicht. 1. Entwicklung und Konzeption der Dienstleistungskommission Trotz ihres in der Praxis weiten Anwendungsbereichs finden sich in der Judikatur erstaunlich wenige Entscheidungen, die sich mit der besonderen umsatzsteuerlichen Konzeption der Dienstleistungskommission auseinandersetzen. Das ist insofern erstaunlich, als zumindest die umsatzsteuerliche Ausgestaltung der Lieferkommission durch Annahme einer Lieferkette bei gleichzeitiger Negation der Geschäftsbesorgungsleistung seit einer Entscheidung des deutschen Reichsfinanzhofes aus dem Jahre 1919, und damit seit genau 100 Jahren, Bestand hat.1) Damals sollte der Grundsatz, dass der Kommissionär dem eigentlichen Zwischenhändler umsatzsteuerlich völlig gleichgestellt wird, restlos durchgeführt werden.2) Die konsequente Ausweitung der Grundsätze der Lieferkommission auf die Dienstleistungskommission wurde allerdings vom deutschen RFH und danach vom BFH lange abgelehnt. Erst mit Urteil vom 7. 10. 19993) sowie zwei Folgeurteilen4) hat der BFH diese ablehnende Haltung aufgegeben. Diese geänderte Rechtsprechung wurde je*) Dr. Norbert Bramerdorfer, LL.M. ist Director und Steuerberater bei Deloitte in Wien. 1 ) RFH 20. 6. 1919, RFHE 1 B, 40. Für Popitz/Kloß/Grabower bestand kein Zweifel, „dass, wie sich schon aus der Beratung des UStG 1918 und ebenso aus der des UStG 1919 ergibt, der Wille des Gesetzgebers dahingeht, bei der Kommission zwei Liefergeschäfte anzunehmen“, vgl Popitz/Kloß/Grabower, UStG3 (1928) § 5 Rz 675, mit Nachweisen aus den Gesetzesmaterialien; vgl zur historischen Entwicklung der umsatzsteuerlichen Lieferkommission Bramerdorfer, Das Kommissionsgeschäft in der Umsatzsteuer (2012) 133 ff. 2 ) Popitz/Kloß/Grabower, UStG3, § 5 Rz 678. 3 ) BFH 7. 10. 1999, V R 79, 80/98, UR 2000, 26 (Anm Henkel). 4) BFH 25. 5. 2000, V R 66/99; 31. 1. 2002, V R 40, 41/00.

SWK-Heft 11 10. April 2019

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