Umsatzsteuerbefreiung für Bankenzusammenschlüsse auf dem Prüfstand des EuGH

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Umsatzsteuerbefreiung fĂźr BankenzusammenschlĂźsse auf dem PrĂźfstand des EuGH Lange Jahre war es auf europäischer Ebene sehr ruhig um die umsatzsteuerliche Befreiung von BankenzusammenschlĂźssen. 0LW YLHU QHXHQ 9HUIDKUHQ EHL GHQHQ sich die Anträge teilweise diametral widersprechen, ist nunmehr allerdings erhebliche Bewegung diese Rechtsmaterie gekommen. Hintergrund. Derzeit besteht in Ă–sterUHLFK QDFK i $EV = 86W* HLQH dreigliedrig aufgebaute unechte Umsatzsteuerbefreiung fĂźr Leistungen in =XVDPPHQKDQJ PLW %DQN 9HUVLFKHUXQJV und Pensionskassenumsätzen. Erfasst sind davon im ersten Befreiungstatbestand sonstige Leistungen von =XVDPPHQVFKOžVVHQ YRQ 8QWHUQHKPHQ die Ăźberwiegend Bank- Versicherungsoder Pensionskassenumsätze tätigen, an LKUH 0LWJOLHGHU VRZHLW GLHVH /HLVWXQJHQ unmittelbar zur AusfĂźhrung der genannten steuerfreien Umsätze verwendet werden XQG VRZHLW GLH =XVDPPHQVFKOžVVH YRQ LKUHQ 0LWJOLHGHUQ OHGLJOLFK GLH JHQDXH Kostenerstattung fordern. Im zweiten Befreiungstatbestand werden sonstige Leistungen zwischen diesen Unternehmern erfasst, soweit die Leistungen unmittelbar zur AusfĂźhrung der genannten steuerfreien Umsätze verwendet werden. Der dritte Befreiungstatbestand befreit schlieĂ&#x;lich Personalgestellungen dieser 8QWHUQHKPHU DQ GLH =XVDPPHQVFKOžVVH Ein vierter Befreiungstatbestand kann nach Rz 1017 UStR in den Leistungen zwischen =XVDP PHQVFKOžVVHQ JHVHKHQ ZHUGHQ =ZHFN GHU %HVWLPPXQJ Die Bestimmung dient der Wahrung der Kostenneutralität der Umsatzsteuer in der Unternehmerkette. Banken, Versicherungen und Pensionskassen erbringen im Wesentlichen „unecht“ umsatzsteuerbefreite Leistungen. Erhalten diese Unternehmer eingangsseitig DXVJHODJHUWH XPVDW]VWHXHUSČľLFKWLJH Leistungen kĂśnnen die dafĂźr aufgewen16

deten Umsatzsteuerbeträge in der Regel nicht als Vorsteuer in Abzug gebracht ZHUGHQ )žU YRP =XVDPPHQVFKOXVV selbst zugekaufte Leistungen hat diese Umsatzsteuerbefreiung aus einer Gesamtsicht keine Auswirkungen, da in diesem Fall die Umsatzsteuer stattdessen beim =XVDPPHQVFKOXVV VHOEVW ]XP .RVWHQIDNWRU wird. Wirtschaftliche Bedeutung kommt der Umsatzsteuerbefreiung aber bei den LQ GHQ =XVDPPHQVFKOXVV DXVJHODJHUWHQ Personalkosten zu. Unionsrechtliche Grundlage. Der erste Befreiungstatbestand wurde Artikel 13 Teil $ $EV OLW I GHU 0HKUZHUWVWHXHUULFKWOLQLH (nunmehr Artikel 132 Abs 1 lit f der 0Z6W6\V W5/ QDFKJHELOGHW +LQVLFKWOLFK des zweiten und dritten Befreiungstatbestandes bestehen im Schrifttum allerdings =ZHLIHO RE KLHUIžU HLQH XQLRQVUHFKWOLFKH Grundlage gefunden werden kann. Die EUKommission hat allerdings in der Vergangenheit vielmehr die Frage zu einem Tätigwerden veranlasst, ob die Umsatzsteuerbefreiungen nicht mÜglicherweise auch auf andere Berufsgruppen mit umsatzsteuerbefreiten Tätigkeiten ausgeweitet werden mßsste.

*HQHUDODQZÂŚOWLQ .RNRWW %DQNHQ und Versicherungen nicht von der Zusammenschlussbefreiung erfasst. Der Rechtsache C-605/15, Aviva, ging ein Vorlageantrag des polnischen Obersten Verwaltungsgerichts hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Leistungen eines geplanten Dienstleistungszentrums mehrerer Versicherungsunternehmen voraus. GA Kokott kommt in ihrem Schlussantrag zu dem Ăźberraschenden Schluss, dass die Anwendung der =XVDPPHQVFKOXVVEHIUHLXQJ DXI 9HUVLFK erungsgesellschaften nicht gedeckt sei. Sie begrĂźndet diese vor allem mit der systematischen Stellung der Befreiung unter „Kapital 2: Steuerbefreiung fĂźr bestimmte dem Gemeinwohl dienende 7ÂŚWLJNHLWHQČŠ $XÂĄHUGHP OLHJH GHU =ZHFN der Befreiung bei Bankumsätzen in der Vereinfachung der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der abzugsIÂŚKLJHQ 0HKUZHUWVWHXHU XQG IžU Versicherungsumsätze in der bereits bestehenden Besteuerung nach Versicherungssteuerrecht. Derartige Umstände lägen bei den Leistungen von =XVDPPHQVFKOžVVHQ QLFKW YRU ZHVKDOE auch die Ausdehnung auf diese Umsätze


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nicht geboten erschiene. Eine ähnliche Rechtsansicht vertritt GA Kokott in der ebenfalls derzeit anhängigen lettischen Rs C-326/15, DNB Banka. Hinsichtlich der im Verfahren angefragten grenzĂźberschreitenden Anwendung des =XVDPPHQVFKOXVVHV ÂŚXÂĄHUWH VLFK *$ Kokott ebenfalls ablehnend. Die grenzĂźberVFKUHLWHQGH :LUNXQJ GHV =XVDPPHQ VFKOXVVHV ZLUG MHGRFK VFKRQ MHW]W GXUFK GLH Finanzverwaltung in Ă–sterreich abgelehnt (Rz 1017 UStR). *HQHUDODQZDOW :DWKHOHW %DQNHQ und Versicherungen von der Zusammenschlussbefreiung umfasst. Anderer Ansicht ist dagegen GA Wathelet in der Rs C-616/15, Kommission/Deutschland. Dieser liegt ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik DeutschODQG ]XJUXQGH GHUHQ =XVDPPHQVFKOXVV EHIUHLXQJ VLFK QXU DXI =XVDPPHQVFKOžVVH YRQ 0LWJOLHGHUQ GLH LP *HVXQGKHLWVZHVHQ tätig sind, erstreckt. GA Wathelet kommt in seinen Schlussanträgen nach einer teleologischen Auslegung des Artikel 132 $EV OLW I 0Z6W6\VW5/ ]X GHP (UJHEQLV dass dieser nicht auf Umsätze von dem Gemeinwohl dienenden Bereichen tätigenGHQ =XVDPPHQVFKOžVVHQ EHVFKUÂŚQNW ZHUGHQ N¸QQH )žU LKQ VWHOOW GLH =XVDP menschlussbefreiung die Steuerneutralität in der Unternehmerkette sicher, sodass sämtliche Personen die eine steuerbefreite Tätigkeit ausĂźben, somit auch solche aus der Banken- oder Versicherungsbranche, diese Steuerbefreiung in Anspruch nehmen kĂśnnen mĂźssten. Er beruft sich LQ GLHVHP =XVDPPHQKDQJ DXFK DXI GLH mĂźndliche Ver-handlung zur Rs C-326/15, DNB Banka, in der sämtliche Parteien (auĂ&#x;er der Bundesrepublik Deutschland), inklusive der Kommission selbst, einhellig GLHVH 0HLQXQJ YHUWUDWHQ 'LH REHQ ausge-fĂźhrte Argumentation aufgrund der KapitelĂźberschrift sieht er als bloĂ&#x;es Redaktionsversehen.

6FKOXVVIROJHUXQJHQ IžU %DQNHQ zusammenschlĂźsse in Ă–sterreich. 'DV 6FKLFNVDO GHV i $EV = 86W* LQ ˜VWHUUHLFK KÂŚQJW MHW]W YRP (X*+ DE 6ROOWH VLFK GHU (X*+ GHU 0HLQXQJ YRQ *$ .RNRWW anschlieĂ&#x;en, ergäbe sich als folgenschwere .RQVHTXHQ] GLH 8QLRQVUHFKWVZLGULJNHLW GHV i $EV = 86W* GHU *HVHW]JHEHU wäre zum Handeln gezwungen und mĂźsste die Bestimmung wohl aufheben. Sollte der EuGH hingegen GA Wathelets folgen, wäre nicht nur der erste Befreiungstatbestand GHV i $EV = 86W* XQLRQVUHFKWOLFK gedeckt, es mĂźsste voraussichtlich auch die Einschränkung auf die Finanzdienstleistungsbranche aufgegeben und die Befreiung auf weitere Berufsgruppe ausgedehnt werden. 8QPLWWHOEDUHU =XVDPPHQKDQJ (LQH Entscheidung des EuGH gibt es inzwischen bereits in der Rs Kommission/ Luxembourg, C-274/15. Der EuGH entschied hier – abweichend vom luxemburgischen Recht –, dass die YRP =XVDPPHQVFKOXVV HUEUDFKWHQ /HLVWXQJHQ MHGHQIDOOV QXU XQPLWWHOEDU fĂźr steuerfreie oder nicht steuerbare 8PVÂŚW]H GHU 0LWJOLHGHU YHUZHQGHW ZHUGHQ dĂźrfen, um mehrwertsteuerbefreit zu

bleiben. Die Entscheidung des EuGH entspricht zwar dem in Ă–sterreich angewandten Grundsatz, dass die /HLVWXQJ GHV =XVDPPHQVFKOXVVHV LQ einem funktional betriebswirtschaftlichen =XVDPPHQKDQJ PLW VWHXHUIUHLHQ )LQDQ] dienstleistungen stehen muss (Rz 1013 UStR). Allerdings erscheint die diesen *UXQGVDW] HLQVFKUÂŚQNHQGH 5DQG]LÎ?HU 1014 UStR bedenklich, nach der aus VereinfachungsgrĂźnden auch sonstige Leistungen steuerfrei belassen werden kĂśnnen, wenn die leistungsempfangende Bank, Versicherung oder Pensionskasse diese Leistung zur AusfĂźhrung von steuerSČľLFKWLJHQ 8PVÂŚW]HQ YHUZHQGHW ]% IžU VWHXHUSČľLFKWLJH 'HSRWOHLVWXQJHQ (V LVW DQ]XQHKPHQ GDVV GDV %0) KLHU DXI GLH EU-Linie einlenken wird und diese vereinfachte Betrachtungsweise aufgeben wird. Norbert Bramerdorfer nbramerdorfer@deloitte.at

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