Kreditverwaltung in Kommission umsatzsteuerpflichtig?

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Steuerrecht

RdW 5/2009 Artikel-Nr. 333 383

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Kreditverwaltung im eigenen Namen und fremde Rechnung umsatzsteuerpflichtig? Zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Treuhandkrediten als Fall der Dienstleistungskommission Nach einem neuen Erk des UFS Wien ist die Kreditverwaltung für einen verkauften und durch stille Zession abgetretenen Kredit durch den abtretenden Zedenten umsatzsteuerpflichtig (E 18. 2. 2008, RV/2108-W/05). Die Auffassung des UFS überzeugt nicht.

1. Einleitung Die nicht rechtskräftige1) Entscheidung des UFS geht über die umsatzsteuerliche Behandlung von Kreditverwaltungsleistungen (insb Inkassotätigkeiten) hinaus. Da die Inkassotätigkeit einen im Wege der stillen Zession, somit ohne Verständigung des Kreditschuldners abgetretenen Kredit betrifft, muss sie umsatzsteuerlich – entgegen der Ansicht des UFS – in ihrem Zusammenhang mit dieser stillen Zession gesehen werden. Dies verbietet eine isolierte Betrachtung der Inkassotätigkeit als umsatzsteuerpflichtige Hauptleistung. Tatsächlich stellt sich der Sachverhalt in seinem Gesamtzusammenhang als eine Treuhandkreditkonstruktion dar, auf den die Grundsätze der Dienstleistungskommission (Besorgungsleistung) gem § 3a Abs 4 Satz 1 UStG in einer richtlinienkonformen Interpretation Anwendung finden müssen. In Deutschland wurde die Anwendung der Grundsätze der Dienstleistungskommission auf Treuhandkredite nach einem jahrzehntelangen Meinungsstreit über die Dienstleistungskommission inzwischen höchstrichterlich anerkannt.2) Dagegen würde Österreich im Falle einer Bestätigung dieses UFS-Erkenntnisses durch den VwGH den umgekehrten Weg gehen: Die seit dem UStG 1994 richtlinienkonform anerkannte Dienstleistungskommission würde wieder beseitigt werden.

2. Der Sachverhalt Die Rechtsvorgängerin der Berufungswerberin A-Bank hat Kreditforderungen aus von ihr vergebenen Kreditverträgen an die T-GmbH verkauft und abgetreten. Gleichzeitig wurde zwischen Käufer und Verkäufer der Kreditforderungen vereinbart, „dass die Verkäuferin die Kredite weiterhin im eigenen Namen, aber auf Rechnung der Käuferin hält, einzieht, überwacht, eintreibt und allenfalls erforderliche gerichtliche Eintreibungsmaßnahmen setzt“. Für den Verkauf der Forderungen wurde ein gegenüber dem aushaftenden Betrag gemindertes Entgelt „zuzüglich allfälliger Umsatzsteuer“ vereinbart. Für die Leistungen der Verkäuferin als Treuhänderin wurde ein jährliches Pauschalentgelt von 2 % des jeweils zum 1. 1. ausstehenden Gesamtforderungsvolumens vereinbart. Für 1) 2)

Die Entscheidung ist laut Findok beim VwGH zu 2008/13/0068 anhängig. BFH 28. 11. 2002, V R 6/02, UR 2003, 489; zustimmend und grundlegend zur Anwendung der Grundsätze der Dienstleistungskommission auf Treuhandkredite Hahne/Hahmacher, Umsatzsteuerliche Behandlung der Verwaltung von Treuhandkrediten, UR 2003, 474.

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Dr. Norbert Bramerdorfer, LL.M. (LSE) Wien

die Kreditnehmer war aus diesem Forderungsverkauf keine Änderung des Kreditgebers erkennbar, da die A-Bank gegenüber den Kunden weiterhin im eigenen Namen auftrat. Die inkassierende A-Bank behandelte die Provision aus der Inkassotätigkeit als umsatzsteuerbefreit. Das Finanzamt war im Zuge einer Außenprüfung anderer Meinung und besteuerte die Provision zum Normalsteuersatz. Dagegen berief die A-Bank beim UFS Wien.

3. Das Urteil des UFS Der UFS bestätigte die Ansicht des Finanzamts mit folgender Begründung: Für die Beurteilung der streitgegenständlichen Frage sei auf die Leistungsbeziehung zwischen Forderungskäufer T-GmbH und Forderungsverkäufer A-Bank abzustellen. Hingegen sei „die Frage, wie die Berufungswerberin (A-Bank) gegenüber dem Kunden der Treugeberin (T-GmbH) aufgetreten (sei), für die Beurteilung des Rechtsgeschäfts nicht von Bedeutung. Jedem Treuhandverhältnis (sei) nämlich immanent, dass der Treuhänder im Namen und auf Rechnung des Treugebers auftritt“. Die von der A-GmbH eingezogenen Kreditforderungen seien wirtschaftlich der T-GmbH zuzurechnen. Für diese erbringt die A-GmbH den Forderungseinzug. Im Verhältnis zu T-GmbH verwalte die A-Bank keine eigenen Kredite, sondern solche, die der T-GmbH zuzurechnen seien, unabhängig davon, ob diese wirtschaftliche Zurechenbarkeit für einen Dritten bzw den Kreditkunden erkennbar gewesen sei. Die Verwaltung fremder Kredite sei aber von der Befreiung des § 6 Abs 1 Z 8 lit a UStG nicht umfasst. Die Kreditverwaltung könne auch nicht als Nebenleistung zum treuhändigen Halten der Forderungen angesehen werden. Die vorliegende Leistungsbeziehung zwischen der A-Bank und der T-GmbH umfasse als Hauptleistung das Einziehen fremder Kreditforderungen und sei daher steuerbar und steuerpflichtig. Eine Einstufung als Besorgungsleistung komme gleichfalls nicht in Betracht, da bei Besorgungsleistungen der Leistungserbringer eine (neue) Leistungsbeziehung zu einem Dritten herstelle. Dies sei hier nicht der Fall, weil bereits aufgrund des Kreditvertrags die Verpflichtung der Schuldner zur Kreditrückzahlung bestehe. Mangels einer neu abgeschlossenen Leistungsbeziehung kann keine der von der Berufungswerberin an ihre Auftraggeberin erbrachten Leistungen als Besorgungsleistung eingestuft werden, wodurch kein Raum für die Anwendung des § 3a Abs 4 UStG und die damit verbundene Steuerbefreiung des § 6 Abs 1 Z 8 lit a UStG bleibe.

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384 RdW 5/2009 Artikel-Nr. 333 4. Anmerkung 4.1. Leistungszurechnung gemäß Außenverhältnis Dem UFS ist bereits in seinem Ansatz nicht zu folgen, wenn er meint, dass für die Beurteilung der streitgegenständlichen Frage, ob die Inkassoleistung der A-Bank gegenüber der T-GmbH umsatzsteuerbefreit sei, das Auftreten der A-Bank gegenüber dem Kreditkunden nicht von Bedeutung sei. Im österreichischen wie auch im deutschen Umsatzsteuerrecht wird nach ständiger Rechtsprechung3) und Lehre4) davon ausgegangen, dass für die Frage der Zurechnung von Leistungsbeziehungen nur auf das Außenverhältnis abgestellt werden kann. „Leistender ist danach idR derjenige, der die Lieferung oder sonstigen Leistungen im eigenen Namen gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt. Ob eine Leistung dem Handelnden oder einem anderen zuzurechnen ist, hängt grundsätzlich davon ab, ob der Handelnde gegenüber Dritten im eigenen Namen oder berechtigterweise im Namen eines anderen aufgetreten ist.“5) „Sowohl zum Schutze des Leistungsempfängers, als auch des Leistenden selbst muss für die an einem umsatzsteuerrechtlich relevanten Handeln beteiligten Personen erkennbar sein, wem die Leistung zuzurechnen ist. Diese Zurechnung muss aufgrund objektiver Umstände für die Geschäftspartner erkennbar sein. Eine solche Erkennbarkeit kann aber nur durch das Auftreten im Außenverhältnis, also dem Handeln im eigenen oder fremden Namen, herbeigeführt werden.“6) Eine Zurechnung der Leistung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ist damit abzulehnen.7) „Ob der wirtschaftliche Erfolg oder Misserfolg des Umsatzgeschäftes letztendlich im Innenverhältnis beim Handelnden anfällt oder nicht, kann – da für den Dritten nicht erkennbar – keine Relevanz für die Zuordnung haben.“8) Im Gegensatz zu diesen Ausführungen dürfte der UFS in seiner Urteilsbegründung davon ausgehen, dass die umsatzsteuerliche Zurechnung der wirtschaftlichen folge. Folglich müsste aber auch umsatzsteuerlich eine Kreditgewährung des Forderungskäufers und Treugebers (T-GmbH) an den Kunden erfolgen. Das ist aber – wie eben ausgeführt – umsatzsteuerlich gerade nicht der Fall. Umsatzsteuerlich erfolgt entgegen der wirtschaftlichen Zurechnung aufgrund des Grundsatzes des Außenverhältnisses eine Kreditgewährung des Forderungsverkäufers und Treuhänders (A-Bank) an den Kunden. 4.2. Umsatzsteuerliche Leistungskette von Kreditgewährungen aufgrund einer Dienstleistungskommission Ist aber umsatzsteuerlich anerkannt, dass der Forderungsverkäufer und Treuhänder (A-Bank) einen Kredit an den Kunden gewährt, so bewirkt die A-GmbH die Einziehung des Kredits zunächst für sich selbst. Soweit hierfür ein gesondertes Entgelt vom Kreditnehmer bezahlt würde, wäre dieses als Nebenleistung 3) 4) 5) 6) 7) 8)

ZB BFH 28. 11. 1990 BFHE 164, 134 = BStBl 1991 II 381 sowie die bei Nieskens in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG § 3 Rz 2121 in FN 1 zitierte weitere Judikatur des BFH. Wagner, Der „weisungsabhängige Strohmann“ – ein mißratenes Kriterium der Rechtsprechung zur Zurechnung von Umsätzen, StuW 1995, 154; Tehler in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 1 UStG, Rz 141. Heidner in Bunjes/Geist, UStG8 § 15 Rz 37. Nieskens in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG § 3 Rz 2122. BFH 10. 10. 1994, V R 96/92 NV; Nieskens in Rau/Dürrwächter/Flick/ Geist, UStG § 3 Rz 2123. Nieskens in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, UStG § 3 Rz 2123.

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Steuerrecht zur umsatzsteuerbefreiten Kreditgewährung ebenfalls umsatzsteuerbefreit, die hierfür ergänzend vorgesehene Umsatzsteuerbefreiung für die Kreditverwaltung eines (eigenen) Kredites gem § 6 Abs 1 Z 8 lit a UStG insoweit gar nicht notwendig.9) Damit stellt sich aber die weitere Frage, wie umsatzsteuerlich die Tatsache zu werten ist, dass die „auf fremde Rechnung“10) von der A-Bank eingezogene, aus Tilgungs- und Zinsanteil bestehende Kreditforderung an ihren Treugeber T-GmbH weitergeleitet werden muss, der sie wirtschaftlich zuzurechnen ist. Auf welcher umsatzsteuerlichen Grundlage erfolgt also diese Zahlungsauskehrung? Damit ist man bei der eigentlichen Rechtsfrage des gegenständlichen Verfahrens angelangt, nämlich der umsatzsteuerlichen Beurteilung der Leistungsbeziehung zwischen Treuhänder A-Bank und Treugeber T-GmbH. Dies aber nicht, wie der UFS meint, als selbstständige, von der Leistungsbeziehung zwischen A-Bank und T-GmbH losgelösten Frage, sondern als Folge der umsatzsteuerlichen Beurteilung dieses logisch vorgelagerten Rechtsverhältnisses. Der UFS dürfte aufgrund seiner Ausführungen zur wirtschaftlichen Zurechnung der Kreditforderungen und der umsatzsteuerlichen Bedeutungslosigkeit des Auftretens des Treuhänders A-Bank gegenüber dem Kunden offenbar implizit davon ausgehen, dass auch umsatzsteuerlich eine Kreditforderung des Treugebers T-GmbH gegenüber dem Kunden besteht. Die A-Bank tritt in dieser Kreditgewährungsleistung folglich nur als ein Durchläufer, also als eine Fakturierungsstelle auf. Dem widerspricht aber, dass nach den dargestellten allgemein anerkannten umsatzsteuerlichen Grundsätzen die A-Bank aufgrund ihres Auftretens im eigenen Namen umsatzsteuerlich selbst Leistender der Kreditgewährung gegenüber dem Kunden ist. Wenn aber die eingezogene Kreditforderung aus der Kreditgewährung umsatzsatzsteuerlich zunächst der A-Bank zugerechnet wird, kann diese nur dann im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsvorgangs an die T-GmbH weitergereicht werden, wenn diese den Kredit zuvor mit dem gleichen Leistungsinhalt an die A-Bank gewährt hat. Tatsächlich statuiert Art 28 MwStSystRl (ex Art 6 Abs 4 der 6. EG-Rl) genau diese Rechtsfolge: „Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, werden behandelt, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten.“ Diese Rechtsfolge würde nach allgemeinen umsatzsteuerlichen Erwägungen, somit ohne diese Norm nicht eintreten. Die Auskehrung wäre ein nicht umsatzsteuerbarer Vorgang. Die Annahme einer umsatzsteuerbaren Forderungsauskehrung stellt daher eine gesetzliche Fiktion dar, nämlich die Fiktion, dass der Treuhänder seine Leistung an den Kunden zuvor mit dem gleichen Leistungsinhalt von seinem Treugeber erhalten hat. Fingiert wird nur die Leistung zwischen Treugeber und Treuhänder. Jene zwischen Treuhänder und Kunden folgt bereits nach allgemeinem Umsatzsteuerrecht und bedarf insoweit keiner Fiktion. Diese umsatzsteuerliche Würdigung entspricht der umsatzsteuerlichen Behandlung der Lieferkommission in § 3 Abs 3 UStG, wo gleichfalls die Fiktion einer Lieferung zwischen Kommittent und Kommissionär vorgesehen ist.

9) ZB Ruppe, UStG3 § 6 Rz 114. 10) Der UFS stellte als von den Parteien unbestrittenen Sachverhalt fest, dass die Kredite von der A-Bank mit dem Zeitpunkt ihres Verkauf nur mehr auf fremde Rechnung gehalten und eingezogen werden.

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Steuerrecht 4.3. Anwendung der Richtlinienbestimmung der Dienstleistungskommission mittels richtlinienkonformer Analogie Gegen diese Interpretation könnte nun eingewendet werden, dass die Bestimmung des österreichischen UStG zur Lieferkommission nur für Lieferungen, nicht aber – wie hier – für sonstige Leistungen gelte. Für die Dienstleistungskommission enthalte das österreichische UStG keine, dem Art 28 MwStSystRl vergleichbare Norm. Auf die Dienstleistungskommission sei als einzige spezielle Bestimmung § 3a Abs 4 Satz 1 UStG anwendbar, die besagt: „Besorgt ein Unternehmer eine sonstige Leistung, so sind die für die besorgte Leistung geltenden Rechtsvorschriften auf die Besorgungsleistung entsprechend anzuwenden.“ Dieser Bestimmung könne aber nach ihrem Wortlaut keine „Leistungsfiktion“ zwischen Besorgendem (Kommissionär) und Geschäftsherrn (Kommittent) entnommen werden. Dieses Gegenargument entkräftet sich indes bei einem Blick auf die Entstehungsgeschichte der Norm. Daraus lässt sich nämlich schließen, dass der Grund für den differierenden Wortlaut von Art 28 MwStSystRl und § 3a Abs 4 Satz 1 UStG auf einem Versehen des österreichischen Gesetzgebers beruht. Denn der Gesetzgeber wollte bei Einführung des UStG 1994 Art 6 Abs 4 der 6 EG-Richtlinie (nunmehr Art 28 MwStSystRl) sehr wohl umsetzen. Das sagen die Erläuternden Bemerkungen sogar ausdrücklich.11) Dass er hierfür nicht einfach den Wortlaut der Richtlinienbestimmung wortgleich übernommen hat, dürfte darauf zurückzuführen sein, dass er bei Anpassung des österreichischen UStG an die Vorgaben der 6. EG-Richtlinie im Zuge des österreichischen EU-Beitritts immer mit einem Auge auf das deutsche UStG geschielt hat, das auch damals schon grundsätzlich richtlinienkonform gewesen sein sollte. Übersehen wurde, dass ausgerechnet der (damals geltende) § 3 Abs 11 dUSt (vor dem StÄndG 2003), den der österreichische Gesetzgeber in § 3 Abs 4 Satz 1 UStG schließlich fast wortgleich übernahm, Art 6 Abs 4 der 6. EG-Richtlinie gerade nicht richtlinienkonform umsetzte. Ein kurzer Blick auf deutsche Judikatur,12) Finanzverwaltung13) und herrschende Kommentarliteratur14) hätte genügt, um zu sehen, dass in § 3 Abs 11 UStG nur eine Bestimmung gesehen wurde, welche den Leistungseinkauf des Geschäftsbesorgers für seinen Geschäftsherrn regelte. Die österreichische Praxis hat das nie gestört. Trotz seines gegenüber Art 28 MwStSystRl eingeschränkten Wortlauts wurde in § 3a Abs 4 Satz 1 UStG von Anfang an eine Umsetzung der kommissionsrechtlichen Dienstleistungskommission gesehen.15) Diese Schlussfolgerung wird von der Praxis aus der Anwendung des § 3a Abs 4 Satz 1 UStG auf den sogenannten Leistungsverkauf gezogen, den bereits der Durchführungserlass zum Umsatzsteuergesetz 1994 – Ort der sonstigen Leistung gem § 3a, 11) 1715 BlgNR 18. GP 48. 12) BFH 8. 12. 1994, V R 132/93, BFH/NV 1995, 1026 = UR 1996, 226; BFH 18. 5. 1994, XI R 62/93, BStBl II 1994, 719 (720) = UR 1994, 400. 13) Abschn 32 Abs 1 dUStR 2000. 14) ZB Birkenfeld in Hartmann/Metzenmacher, UStG § 3 Abs 11 Rz 5; ders, Umsatzsteuerhandbuch § 69 Rz 71; Giesberts in Rau/Dürrwächter/Flick/ Geist, UStG (68. Lfg; April 1992) Rz 267, 657; Flückiger in Plückebaum/ Malitzky/Widmann, UStG § 3 Abs 11 Rz 6. 15) Vgl Scheiner/Kolacny/Caganek, UStG § 3a Abs 4 und 5 Rz 56: „Die UStR folgen somit Art 6 Abs 4 der 6. EG-RL, wonach Steuerpflichtige, die bei der Erbringung von Dienstleistungen im eigenen Namen, aber für Rechnung Dritter tätig werden, so behandelt werden, als ob sie diese Dienstleistungen selbst erhalten und erbracht hätten.“ Vgl weiters Kolacny/Caganek, UStG3 § 3a Anm 7; Ruppe, UStG3 § 3a Rz 14; Bürgler in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG § 3a Rz 58.

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RdW 5/2009 Artikel-Nr. 333 385 AÖF 1995/292 vorsah und der in Rz 500 UStR übernommen wurde. Eine Begründung, warum die Ausdehnung auf den Leitungsverkauf zur vollen Übernahme der Richtlinienbestimmung über die Dienstleistungskommission berechtigt, wird – soweit ersichtlich – nicht gegeben. Diese pragmatische Ansicht wurde auch im dogmatischer denkenden Deutschland bemerkt.16) Dort konnte man sich nämlich nach einem Meinungsstreit, in dem Finanzverwaltung,17) Schrifttum18) und Finanzgerichte19) nicht bereit waren, eine durch drei Grundsatzentscheidungen des BFH20) bestätigte richtlinienkonforme Auslegung zu akzeptieren, erst nach einer entsprechenden Gesetzesänderung durch das dStÄndG 2003 auf die Übernahme der Richtlinienbestimmung zur Dienstleistungskommission einigen. Damit ist in Deutschland jedenfalls seit 1. 1. 2004 die Dienstleistungskommission als geklärt anzusehen.21) Eine dogmatische Untersuchung der „österreichischen Lösung“ zeigt allerdings, dass sich die Kritik in Deutschland an der Rechtsprechungsänderung des BFH nicht auf Österreich übertragen lässt, sodass diese im Ergebnis sehr wohl zutreffend ist. Die Übernahme der Richtlinienbestimmung zur Dienstleistungskommission kann nämlich in Österreich mit einer richtlinienkonformen Analogie begründet werden. Der Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung wurde vom EuGH in mehreren Entscheidungen22) festgeschrieben und besagt, dass die nationalen Gerichte und Verwaltungsbehörden bei der Anwendung des nationalen Rechts, insb der Vorschriften eines speziell zur Durchführung einer Richtlinie erlassenen Gesetzes, die Auslegung im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie vorzunehmen haben. Die richtlinienkonforme Interpretation tritt – vergleichbar einer verfassungskonformen Interpretation23) – zu den anerkannten nationalen Interpretationsmethoden insoweit hinzu, als bei der Auslegung des Gesetzes jener nationalen Interpretationsmethode der Vorzug zu geben ist, mit dem ein richtlinienkonformes Ergebnis erzielt werden kann und jene nationale Interpretationsmethode unangewendet bleiben muss, die zu einem richtlinienwidrigen Ergebnis führen würde.24) Zu den nationalen Interpretationsmethoden, die bei einer richtlinienkonformen Interpretation angewandt werden können, ist neben den Auslegungsregeln (§ 6 ABGB) auch der Analogieschluss (§ 7 ABGB) zu zählen.25)

16) ZB Keller, Der „Leistungskommissionär“ – Praxisprobleme im Rahmen europäischer Kommissionsstrukturen, UR 1999, 433 (438 f). 17) BMF 7. 7. 2000, IV D 2 – S 7160a – 2/00, UR 2000, 351. 18) ZB Heidner, Umsatzsteuerliche Behandlung von Kommissionsgeschäften, UR 2001, 517 (522); Leonard, Anm zum FG Niedersachsen 13. 12. 2001, UR 2002, 132 (133) und grundlegend Hahne/Hamacher, Die Leistungskommission im europäischen Umsatzsteuerrecht, Zur europarechtlichen Interpretation des § 3 Abs 3 und Abs 11 UStG, StuW 2003, 66 (77 ff). 19) FG Niedersachsen 13. 12. 2001, 5 K 352/00, UR 2002, 129, Revision zurückgewiesen durch BFH 29. 8. 2002, V R 8/02, BFH/NV 2002, 1686. 20) BFH 7. 10. 1999, V R 79, 80/98, UR 2000, 26 (Anm Henkel); BFH 25. 5. 2000 V R 66/99, UR 2000, 377; BFH 31. 1. 2002 V R 40, 41/00, UR 2002, 268. 21) BFH 16. 5. 2002, V B 89/01, BFH/NV 2002, 1113; Birkenfeld, Umsatzsteuerhandbuch, § 69 Rz 77. Vgl aus der neueren Judikatur etwa BFH 22. 9. 2005, V R 52/01, BStBl 2006 II 279. Das Erkenntnis, das sogar zu einem vor der Gesetzesnovellierung durch des StÄndG 2003 verwirklichten Sachverhalt ergangen ist, wurde von der Finanzverwaltung in die deutschen UStR 2008 aufgenommen (Abschn 32 Abs 2). 22) ZB EuGH 10. 4. 1984, Rs 14/83, Sabine V. Colsen, EuGHE 1984, 1891 (1908f); EuGH 8. 10. 1987, Rs 80/86, Kolpinghuis Nijmwegen, EuGHE 1987, 3969; EuGH 13. 1. 1990, C-106/89, Marleasing, EuGHE 1990 I-4135; EuGH 14. 7. 1994, C-91/92, Faccini Dori, EuGHE 1994 I-3347. 23) Vgl etwa Ruppe, UStG3 Einf, Rz 27. 24) So die hM, vgl Canaris in FS Bydlinski 68 ff; Rüffler, Richtlinienkonforme Auslegung nationalen Rechts, ÖJZ 1997, 121 (127). 25) B. Jud, Die Grenzen der richtlinienkonformen Interpretation, ÖJZ 2003, 521 (524).

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386 RdW 5/2009 Artikel-Nr. 333 Die Anwendung einer Richtlinie im Wege der Analogie ist somit dann möglich, wenn eine Richtlinie vom nationalen Gesetzgeber zwar grundsätzlich in nationales Recht umgesetzt wurde, diese Umsetzung aber unbewusst, dh in Folge einer nicht beabsichtigten Lösung (eines Fehlers) „lückenhaft“ erfolgte. Nun wollte der österreichische Gesetzgeber im Rahmen der Umsetzung der 6. EG-Richtlinie durch das UStG 1994 – wie festgestellt – unzweifelhaft auch Art 6 Abs 4 der 6. EG-Rl in nationales Recht übernehmen. Indem aber der Gesetzgeber die Richtlinienbestimmung nicht so in österreichisches Rechts umgesetzt hat, wie er es beabsichtigt hatte, besteht eine entsprechende planwidrige Regelungslücke. Für eine richtlinienkonforme Analogie muss diese Rechtslücke weiters mittels eines Analogieschlusses zu einer österreichischen26) Norm geschlossen werden können.27) Als österreichische Norm, mit der diese Regelungslücke geschlossen werden kann, bietet sich § 3 Abs 3 UStG an, der die gleiche, in der MwStSystRl für die Dienstleistungskommission vorgesehene Rechtsfolge für den Tatbestand der Lieferkommission in österreichisches Recht implementiert hat. Für einen solchen Analogieschluss der umsatzsteuerlichen Rechtsfolgen der Lieferkommission in § 3 Abs 3 UStG auf den umsatzsteuerlichen Tatbeststand der Leistungskommission in § 3a Abs 4 Satz 1 UStG mittels Einzelanalogie spricht, dass sich Lieferkommission und Leistungskommission im Tatbestand nur darin unterscheiden, dass Gegenstand einer Lieferkommission körperliche Gegenstände sind, während Gegenstand einer Leistungskommission in Abgrenzung hiervon jedes wirtschaftliche Nutzungspotenzial ist, dass sich nicht in einem Gegenstand verkörpert. Ein anderer Unterschied als im Objekt der Kommissionsware besteht nicht. Es ist mE kein stichhaltiges Argument ersichtlich, dass die in § 3 Abs 3 UStG vorgesehene Rechtsfolge der umsatzsteuerlichen Lieferkommission nicht auch für die umsatzsteuerliche Leistungskommission gelten solle. Auch unternehmensrechtlich werden Liefer- und Dienstleistungskommission gleich behandelt (§§ 383 ff UGB). Die im österreichischen Schrifttum seit Einführung des UStG 1994 vertretene Gleichbehandlung von Liefer- und Dienstleistungskommission kann daher mit einem Analogieschluss im Rahmen einer richtlinienkonformen Interpretation gerechtfertigt werden. 4.4. Die Einziehung der Forderung als nicht steuerbare Geschäftsbesorgung im Rahmen einer Dienstleistungskommission 4.4.1. Die Einziehung der Forderung als Geschäftsbesorgungsleistung Ist anerkannt, dass Liefer- und Dienstleistungskommission nicht nur nach der MwStSystRl, sondern auch nach dem österreichischen UStG gleich zu behandeln sind, so ist das umsatzsteuerrechtliche Schicksal der verfahrensgegenständlichen Inkassotätigkeit im Grundsatz bereits beantwortet. Denn die Inkassotätigkeit der A-Bank gegenüber der T-GmbH ist wirtschaftlich und rechtlich nichts anderes als das Kommissionsgeschäft im Rahmen einer Dienstleistungskommission und damit 26) Wilhelm, Der Händlerregress an der Schnittstelle von Privat- und Gemeinschaftsrecht, ecolex 2003, 231 (235); zustimmend B. Jud, ÖJZ 2003, 526. 27) Nicht zulässig wäre hingegen in Österreich, eine Lückenschließung durch Anwendung des irrtümlich nicht umgesetzten Richtlinienteils selbst. Eine solche Lösung, die Canaris (in FS Bydlinski, 85 f) vertritt, würde auch dem Grundsatz widersprechen, dass Richtlinien keine sogenannte horizontale unmittelbare Wirkung zukommen kann.

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Steuerrecht vom Regelungsinhalt des § 3a Abs 4 Satz 1 UStG (im Sinn der oben dargestellten Interpretation gem Art 28 MwStSystRl) erfasst. Der UFS wendet sich gegen die Anwendung des § 3a Abs 4 Satz 1 UStG mit dem Argument, dass es für die Annahme einer Besorgungsleistung nach § 3a Abs 4 Satz 1 UStG erforderlich sei, dass der Kunde eine neue Leistungsbeziehung abschließen müsse. Durch die Zwischenschaltung der A-Bank komme es aber zu keiner neuen Leistungsbeziehung mit dem Kunden, da bereits aufgrund des Kreditvertrags die Verpflichtung zur Kreditrückzahlung bestehe, woran die Tatsache, dass die A-Bank die Kreditgewährung nur mehr treuhänderisch für die T-GmbH übernehme, nichts ändere. Dieser Überlegung ist Folgendes entgegenzuhalten: Vorbild für die umsatzsteuergesetzliche Besorgungsleistung war historisch der Begriff des Geschäftsbesorgung nach § 675 BGB.28) Demnach gilt als Geschäftsbesorgung jede selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen.29) Eine solche Geschäftsbesorgung ist insb auch das Kommissionsgeschäft.30) Daher vertritt auch die österreichische Finanzverwaltung seit dem UStG 1994 die Ansicht, dass eine Besorgungsleistung nicht nur vorliegt, wenn – wie der UFS erwähnt – ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen, die er nicht selbst schuldet, durch einen Dritten erbringt lässt (sogenannter Leistungseinkauf ), sondern auch dann, wenn – was der UFS nicht erwähnt – ein Unternehmer für Rechnung eines anderen im eigenen Namen Leistungen an einen Dritten erbringt (sogenannter Leistungsverkauf ).31) Gerade dies ist hier aber der Fall: Die A-Bank gewährt an den Kunden einen Kredit, den sie wirtschaftlich an die T-Bank abgetreten hat. Sie gewährt den Kredit somit im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung. Durch diese treuhändige Kreditgewährung tätigt die A-Bank eine Geschäftsbesorgungsleistung (eine Kommissionsleistung) für die T-Bank. Ihr Entgelt für diese Geschäftsbesorgungstätigkeit ist die 2%ige Provision aus der Kreditverwaltung (insb Inkassotätigkeit). Die Inkassotätigkeit ist nur eine andere Leistungsbezeichnung für etwas, das rechtlich als Geschäftsbesorgung zu werten ist. 4.4.2. Die Geschäftsbesorgungsleistung als nicht umsatzsteuerbare Leistung Sind die Bestimmungen über die umsatzsteuerliche Lieferkommission in § 3 Abs 3 UStG auf die Dienstleistungskommission in § 3a Abs 4 Satz 1 UStG übertragbar, was – wie festgestellt – kraft richtlinienkonformer Analogie der Fall ist, so gilt dies nicht nur für die darin vorgesehene Lieferfiktion zwischen Kommittent und Kommissionär, sondern auch für die damit gleichfalls vorgesehene Konsumption der Geschäftsbesorgungsleistung des Kommissionärs in der Lieferfiktion. Diese Rechtsfolge lässt sich aus einer historischen Interpretation des § 3 Abs 3 des deutschen und österreichischen UStG ableiten und ergibt sich aus der Intention von Praxis und Rechtsprechung für die Annahme einer solchen Lieferfiktion beim umsatzsteuerlichen Kommissionsgeschäft. Mit der Lieferfiktion war beabsichtigt, den Kommissionär umsatzsteuerlich dem Zwischenhändler, somit einem Eigenhändler, gleichzustellen. Zur Vermeidung von systemwidrigen Ergebnissen hat der RFH diesen Grund-

28) 29) 30) 31)

ZB Hahne/Hahmacher, StuW 2003, 70 f. Palandt/Sprau, BGB66 (2007) § 675 Rz 2. Krejci, Unternehmensrecht4, 359. Rz 500 UStR; vgl nunmehr auch Abschn 32 Abs 1 dUStR 2008.

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Steuerrecht satz „restlos“32) durchgeführt. Der RFH33) führte aus, dass die Zerlegung der Vergütung in Kaufpreis für die Lieferung und eine Provision für die Geschäftsbesorgungsleistung zivilrechtlich ihren guten Grund haben möge, wirtschaftlich und steuerlich sei sie aber belanglos. Denn für das Steuerrecht komme es nur auf die „äußere“ Erscheinung an, bei der aber die Verwandtschaft mit dem Eigenhandel im Vordergrund stehe.34) Damit ist aber für eine gesonderte Provision für eine sonstige Geschäftsbesorgungsleistung kein Raum, erhält doch auch der Eigenhändler keine gesonderte Provision von dritter Seite. Sein Profit ergibt sich ausschließlich aus der Marge von Ein- und Verkauf. Nicht anders soll der umsatzsteuerliche Kommissionär behandelt werden. Für die gegenständliche Leistungskommission bedeutet dies, dass die Kreditverwaltung (Inkassotätigkeit) der A-Bank eine Geschäftsbesorgungsleistung darstellt, die umsatzsteuerlich durch die Leistungsfiktion einer zweiten, umsatzsteuerbefreiten Kreditgewährungsleistung von der T-GmbH an die A-Bank konsumiert wird. Sie findet somit umsatzsteuerlich nicht statt (nicht umsatzsteuerbarer Vorgang). Abgegolten wird das Provisionsentgelt umsatzsteuerlich – wie bei einer Lieferkommission – durch die Differenz zwischen dem (höheren) Entgelt des Kunden an die A-Bank und dem ausgekehrten, also weitergereichten (geringeren) Entgelt der A-Bank an ihren Geschäftsherrn T-Bank. 4.5. Nachtrag: Dienstleistungskommission und ABS-Transaktionen Da es sich somit bei der Inkassotätigkeit umsatzsteuerlich um einen nichtsteuerbaren Vorgang im Rahmen einer Dienstleistungskommission handelt, ist die vom UFS untersuchte Frage, ob die Einziehung der Kreditforderung nun eine Hauptleistung oder eine Nebenleistung sei, nicht mehr entscheidungsrelevant. Der UFS hat sich konkret gegen eine Einstufung als Nebenleistung entschieden und diese folglich als steuerpflichtige Hauptleistung gewertet. Ob – bei isolierter Betrachtung der Inkassotätigkeit außerhalb einer Kommissionstätigkeit – diese Einstufung als Hauptleistung zutreffend gewesen wäre, braucht hier nicht mehr näher untersucht werden. Allerdings soll angemerkt werden, dass es bei der Beurteilung einer solchen Frage immer auch ganz wesentlich darauf ankommt, in Bezug auf welche Hauptleistung denn eine Nebenleistung vorliegen solle. Der UFS untersuchte dies aufgrund eines entsprechenden Vorbringens des Berufungswerbers im Hinblick darauf, ob der Forderungseinzug eine Nebenleistung „zum treuhändigen Halten der Forderungen“ sei. Dagegen brachte der UFS vor, dass das treuhändige Halten einer Forderung in der strittige Rechtsbeziehung (isoliert betrachtet) keine Hauptleistung darstelle, die Einziehung der Forderung folglich auch keine Nebenleistung hierzu darstellen könne. Dieser Einstufung durch den UFS als Hauptleistung ist allerdings die von der deutschen Finanzverwaltung zu den sogenannten „Asset-backed-Securities-Transaktionen“ (kurz ABS-Transaktionen) vertretene Rechtsmeinung entgegenzuhalten. Diesen ABS-Transaktionen liegt der gegenständliche Sachverhalt, also 32) Popitz/Kloß/Grabower, UStG3 § 5, 678. 33) Gutachten vom 11. 2. 1921 RFHE 4, 316. 34) Vgl auch Herting, Die Umsatzsteuerdurchführungsbestimmungen 1938, StuW 1939 I Sp 89: „Aus zwingenden, in Rechtslehre und Rechtsprechung von jeher anerkannten Gründen, wird die Geschäftsbesorgung hinwegfingiert und auch das Geschäft zwischen Kommittent und Kommissionär als Lieferung angesehen.“

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RdW 5/2009 Artikel-Nr. 333 387 der Verkauf von Forderungen mit anschließender Einziehung der Forderungen durch den Forderungsverkäufer im eigenen Namen und auf Rechnung des Forderungskäufers regelmäßig als ein Teil zugrunde. Bei solchen ABS-Transaktionen hat die deutsche Finanzverwaltung die Einziehung der Forderung sehr wohl als eine unselbstständige Nebenleistung eingestuft.35) Dies aber nicht als unselbstständige Nebenleistung zum Halten von Forderungen, sondern zum Forderungsverkauf. Das deutsche Schrifttum folgte dieser Einstufung.36) Nach Reiß etwa spreche für die Einstufung als Nebenleistung zum Forderungsverkauf „alles“.37) Auch Vertreter der österreichischen Finanzverwaltung haben in ihrer Kommentierung des UStG diese Ansicht übernommen.38) Warum der UFS auf diese Rechtsmeinung zu den ABS-Transaktionen in seiner Urteilsbegründung nicht einging, bleibt unerklärlich. Das deutsche BMF veröffentlichte seine Rechtsmeinung zu den ABS-Transaktionen in 2004 und somit zu einem Zeitpunkt, zu dem die Dienstleitungskommission in Deutschland nicht nur durch den BFH, sondern auch bereits durch die Gesetzesänderung des § 3 Abs 11 dUStG in Folge des StÄndG 2003 anerkannt war. ME müssten spätestens seit dieser Gesetzesänderung auch auf ABS-Transaktionen in Deutschland umsatzsteuerlich nicht die vom BMF vertretene Vorgehensweise, sondern die oben dargestellten Grundsätze zur Dienstleistungskommission Anwendung finden.39) Denn mit dem Verkauf der Kreditforderungen im Rahmen einer stillen Zession – wie sie auch Gegenstand einer ABS-Transaktion ist – wird der bisher auf eigene Rechnung vergebene Kredit zu einem auf fremde Rechnung vergebenen Kredit. Die Anwendung der umsatzsteuerlichen Grundsätze zur Dienstleistungskommission auf Treuhandkredite, wie vom BFH seit 2002 anerkannt,40) müssten damit ab dem Verkaufszeitpunkt der Kreditforderung auch für ABS-Transaktionen gelten. Schließlich kann die Anwendbarkeit der umsatzsteuerlichen Dienstleistungskommission nicht davon abhängen, ob der Kredit von Anfang an als Treuhandkredit konzipiert war oder erst später aufgrund einer stillen Zession zu einem solchen geworden ist.

35) BMF-Schreiben vom 3. 6. 2004, IV B 7 – S 7104 – 18/04. Diese Rechtsmeinung wurde in die dUStR 2005 übernommen und findet sich auch noch in Abschn 18 Abs 10 der deutschen UStR 2008. 36) ZB Weber, Umsatzsteuerliche Beurteilung von ABS-Transaktionen, BB 2004, 1367 (mit Anm Reiß). 37) Anm zu Weber, BB 2004, 1367 (1372). 38) Scheiner/Kolany/Caganek, Kommentar zur Mehrwertsteuer – UStG 1994 § 6 Abs 1 Z 8 lit c Rz 46f. 39) Vgl schon prophylaktisch vor Anerkennung der Dienstleistungskommission in Deutschland Witzani, Steuerrechtliche Beurteilung von Asset Backed Securities – Transaktionen bei Kreditinstituten. BB 2000, 2125 (2130 f). Vom herrschenden Schrifttum wird dies bis heute indes ebenfalls nicht gesehen. 40) Vgl FN 1.

Der Autor: Mag. Dr. Norbert Bramerdorfer, LL.M. (LSE), ist Steuerberater bei Deloitte in Wien. Publikationsschwerpunkte sind das Umsatzsteuer- und Abgabenverfahrensrecht.

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