Groove #131 - Studiobericht

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Technik

Studiobericht

Gregor Tresher Seit Gregor Tresher sein Alias Sniper Mode zugunsten seines bürgerlichen Namens ins Archiv gestellt hat (lediglich das „c“ in seinem Nachnamen hat er aus typografischen Gründen weggelassen), läuft die DJ- und Produzenten-Karriere des Frankfurter Technokünstlers mit gezündetem Nachbrenner. Wir haben Treshers zweites Studioalbum zum Anlass genommen, ihn in seinem Schaffensraum zu besuchen. Te x t N uminos

F o t o s B ernd B odt l ä nder

Wir treffen Tresher in einem unscheinbaren Hinterhaus inmitten eines jener zersiedelten Vororte Frankfurts: erst Reihenhäuser, dann der unvermeidliche Lidl, dann in die Landschaft geworfene Bürokomplexe von Versi7 4 / GRO OV E

cherungen, Unternehmensberatungen und Energieversorgern, dann wieder Acker – hier lebt man nicht, hier arbeitet man nur. Auch Tresher, 33, hat es ausschließlich wegen der im Vergleich zur Innenstadt noch einigermaßen niedrigen Mieten hierhin verschlagen. Sein Schaffensraum ist zwar klein, verströmt aber mit seinem dicht gedrängten Inventar von edlen Analogsynthesizern, Tageslicht und einem bequemen Sofa eine angenehme Behaglichkeit. Der problematischen Akustik des rechteckigen Zimmers setzt er einen Ergo-Monitoringcontroller von KRK entgegen, dessen automatische Raumkorrektur-Funktion sich bewährt hat. Zusätzlich sorgen von der Decke abgehangene selbst gebaute Absorber für die nötige Diffusion. Die fein aufgelöste Tiefenstaffelung, für die sich Adam P11-Monitore als ideale Abhöre erwiesen haben, ist einer der zentralen Aspekte auf Treshers zweitem Studioalbum. Denn immer wieder tauchen in den Stücken

kleine Hintergrund-Texturen auf, die sich erst beim intimen Hören über Kopfhörer oder über eine gute Anlage entfalten. Sichtlich erfreut, dass diese kleinen Klangfragmente dem Autor aufgefallen sind, erklärt Tresher: „Das können unterschwellige Reaktor-Drones sein, aber auch kleine Fitzel, die noch auf der Festplatte rumflogen und zufällig passten. Ich wage zu bezweifeln, dass man das auf einer Club-PA wirklich noch mitbekommt. Aber sie sind halt da und füllen die Frequenzen auf.“ Den Clubkontext versuchte Tresher für sein aktuelles Album möglichst konsequent auszublenden, um rigoros zwischen DJ- und Produzentensicht zu trennen. „Natürlich freut es einen, wenn Stücke auf dem Dancefloor funktionieren“, sagt er. „Es bremst letztlich aber auch die Kreativität, wenn man ständig auf einen Peaktime-Kracher hinarbeitet. Klar kann man mit Noise-Aufmachen hier und 909-Ride-Abfeuern da dieses Ziel immer erreichen. Aber auf Albumlänge – also knapp


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„Es bremst die Kreativität, ständig auf Peaktime-Kracher hinzuarbeiten.“

siebzig Minuten lang – nur Vollgas zu geben ist nicht mein Ziel als Produzent.“ fitzelarbeit ohne ende An den Details hört man den Stücken von Tresher, der seine Karriere in den neunziger Jahren begann, dessen jahrzehntelange Routine als DJ an. So lässt er gern mal sämtliche Spuren abrupt enden, nur um sie Millisekunden später wieder neu zu starten. „Das ist ja eigentlich ein altes DJ-Motiv: Cutting“, sagt er. „Das macht nur heute niemand mehr, also vor der Eins alles kurz rauszuziehen. Am Anfang habe ich versucht, Spur für Spur zu automatisieren – eine Fitzelarbeit ohne Ende. Bis ich dann endlich auf die Idee kam, einfach den Master via Automation kurz zuzumachen (lacht).“ Bei der eigentlichen Produktionsarbeit vertraut Tresher auf das klassische Prinzip der Track-Schichtung und das anschließende Ausarbeiten in der Zeitachse. „Wenn mal der Loop aus mehreren Spuren steht und man

den nur mit Mutings bereits vorbauen kann, dann kann man ja eigentlich nichts mehr falsch machen – dann ist das Arrangieren nur noch Fleißarbeit“, sagt er. Gefragt, ob er eher zur Gruppe der finisher (Produzenten, die einen Track anfangen und fertigmachen) oder der recycler (Musiker, die an mehreren Stücken gleichzeitig arbeiten) gehört, antwortet Tresher, dass er Tracks, die er anfängt, immer entweder abschließt oder komplett verwirft. Also ein finisher. Diese Vorgehensweise habe er sich in der Prä-Computer-Ära angewöhnt, als er noch völlig ohne Rechner gearbeitet hat und Stücke einfach fertig werden mussten, damit das Mischpult wieder frei wird für das nächste Stück. Tresher, der sich trotz seiner erlesenen Auswahl analoger Klangerzeuger keineswegs als dogmatischer Verfechter von Analogtechnik sieht, pflegt einen pragmatischen Umgang mit seinen alten Schätzen. Zwar schwärmt er mit einem liebevollen Blick auf die Original Roland-Drummachine, dass die 808 nach wie vor seine wichtigste Rhythmusmaschine ist. Gleichzeitig gesteht er aber auch, dass er es inzwischen einfach zu komfortabel findet, Patterns mit den (selbst erstellten) Samples im Rechner zu programmieren, als dass er den legendären Klopfgeist immer noch im Sync mitlaufen lassen müsste. Bei anderen Geräten seiner Sammlung steht dann erstaunlicherweise nicht der Klang im Vordergrund, sondern der Spaßfaktor, den die Bedienfelder im Gegensatz zum Mausschubsen bieten. So hat er sich etwa während der Albumproduktion speziell für seinen geliebten Korg Mono/Poly den MFB Urzwerg gekauft, um Sequenzen zu schrauben, die leicht wonky sind und sich mit der präzisen DAW-Steuerung nur schwer erzeugen lassen. Um zwischen seinen diversen Analogsynthesizern zu wechseln, bedient sich Tresher einer ziemlich luxuriösen Patchbay-Variante: Er hat seine Schätze direkt mit einer Apogee-Soundkarte verbunden und schaltet dann einfach nur noch in der Software zwischen den verschiedenen Eingängen um. „Dadurch bietet sich dann natürlich auch die tolle Möglichkeit, die Synthies in Echtzeit zusammen mit Plugins aus dem Rechner zu spielen“, schwärmt er. Als eigentlichen Wendepunkt, ab dem es für ihn klanglich keinen Unterschied mehr machte, ob er digital und analog arbeitet, nennt Tresher den Kauf der Universal Audio Karte nebst Plug-ins zusammen mit den virtuellen Synthesizer-Emulationen von Arturia. Nach einer kurzen Pause sagt er schmunzelnd: „Wenn ich so drüber nachdenke, sind die UAD-Plug-ins von allen Sachen, die ich auf dem Rechner habe, die, die ich am häufigsten

benutze.“ Angesprochen auf die Akai APC-40, die auf seinem Arbeitstisch munter vor sich hin blinkt, verrät Tresher, dass er sich das Gerät eigentlich nur für die anstehenden Liveauftritte geholt hat. Er ergänzt, dass er sich zwar freut, sein Album in der Öffentlichkeit präsentieren zu können, mit dem eigentlichen Livespielen aber nur bedingt glücklich ist: „Ich bin viel zu gern DJ, als dass ich ausschließlich Spaß daran hätte, nur meine eigenen Sachen zu spielen. Außerdem sind die Stücke auf dem Album ja nun mal exakt so arrangiert, wie ich sie haben möchte – ich wüsste nicht, was ich live daran noch verbessern könnte.“ Gregor Treshers Album Lights From The Inside ist bereits bei Break New Soil erschienen.

.............................................................................. Klangerzeuger: Moog Minimoog, Voyager Korg Mono/Poly DSI Poly Evolver Roland Juno-60, TR-808, SH-101 Jomox Mbase 01 MAM ADX-1 Nord Micro Modular

Outboard: Apogee Ensemble RME Multiface MOTU 2408 mk3 SL 4000 G Mixbus Compressor Waves L2 Ultramaximizer Telefunken V672 Preamp

Monitoring: Adam P11A, Sub 10, A5 KRK Ergo

Software: UAD-2 Quad inklusice Nevana X2 & Precision Packs Steinberg Cubase 5.5 Apple Logic 8 Ableton Live 8 Numerology Pro 3 NI Komplete 7 Spectrasonics Omnisphere, Trillian Fabfilter Volcano 2, Twin 2, Timeless 2 Arturia Minimoog V, ARP2600 V2, Jupiter-8V Audiorealism ABL Pro, ABL 2, ADM FXPansion Geist, Guru, DCAM Synth Squad GForce Minimonsta Linplug Octopus Sonic Charge Microtonic, Synplant GRO OV E / 7 5


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