Groove #131 - Technik

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Technik

Heil Sound PR40 Dynamisches Großmembran-Mikrofon

Mikrofone werden im weiten Feld der elektronischen Musik ja immer ein wenig stiefmütterlich behandelt. Oft bekommt jedes schnöde Plug-in mehr Aufmerksamkeit. Von Mikrofonen will man meist eigentlich nur eins: dass sie perfekte Aufnahmen machen. Te x t N uminos

Einen solchen Vertreter der Kategorie „Aufnahme drücken und vergessen“ haben wir in Form des PR40 der amerikanischen Mikrofonschmiede Heil Sound entdeckt. Kein Wunder, denn Firmengründer und Chefentwickler Bob Heil ist in Tontechniker-Kreisen eine lebende Legende: Von der Talkbox für Peter Frampton über die erstmalige Verwendung von 30-Zoll-Lautsprechern zur Livebeschallung bis zum quadrofonischen Soundsystem für The Who hat der Mann den Klang der siebziger Jahre maßgeblich beeinflusst. Mit seiner Firma Heil Sound – in den USA bereits eine feste Größe, in Deutschland noch weitgehend unbekannt – entwickelt er seit Jahren Mikrofone, für die er sein ganzes Know-how als Engineer einbringt. Das hier getestete PR40 ist technisch gesehen eine Re-Innovation, an die sich seit Jahren niemand mehr getraut hat: ein dynamisches Großmembran-Mikrofon. Zwar gab es in den frühen fünfziger Jahren bereits einige Modelle dieser Bauart von Telefunken – durchgesetzt hat sich aber im vergangenen Jahrhundert im Bereich der Großmembrane das Kondensatormikrofon. Dabei sind die Vorteile dynamischer Mikrofone unbestritten: Robuste Mechanik trifft auf extreme Schalldruck-Festigkeit, eine aufwendige Spannungsversorgung entfällt. Im Livebereich sind diese Mikrofone darum zum De-facto-Standard geworden. Für die Arbeit im Studio hingegen, wo man versucht, mit einer entsprechend großen Membran auch noch das letzte Detail einer Klangquelle einzufangen, fand sich bisher schlicht kein Hersteller, der sich an das Thema gewagt hätte. Eine Besonderheit des PR40 zeigt sich direkt beim Einrichten: Es nimmt Schallquellen von vorne und nicht – wie man aufgrund der Bauform hätte annehmen können – von der Seite auf. Die dadurch zur Verfügung stehende Länge wurde genutzt, um einen zweifachen Popschutz direkt in den Korpus zu integrieren. In Verbindung mit einer sensationellen Signalfestigkeit verträgt es das Mikro dann auch, aus kürzester Distanz sehr lauten Schall7 6 / GRO OV E

Ein weiterer, weitaus flacherer Wellenberg erstreckt sich im Bassbereich rund um die 100-Hertz-Marke. Diese Messkurve findet ihre akustische Entsprechung bei unseren Testaufnahmen: Egal ob Sprech- oder Singstimme, was das PR40 aufnimmt, klingt bereits ohne Equalizer, nur mit einem Hauch Kompression versehen, außerordentlich produktionsfertig. Besonders der Nahbesprechungseffekt, der bei einem Aufnahmeabstand von weniger als acht Zentimetern einsetzt, erzeugt einen warmen und präsenten Radiostimmen-Klang. In den obersten Frequenzregionen ab zwölf Kilohertz, wo das subjektiv teure „silbrige Schimmern“ angesiedelt ist, verträgt das PR40 noch eine Prise Edel-EQ (egal ob als Plug-in oder Hardware) für etwas Kondensatorglitzern. Die Frequenzen dafür sind auf jeden Fall vorhanden.

quellen gegenüberzutreten, und übersteuert dabei nicht. Hinzu kommt, dass die Empfindlichkeit der Nierencharakteristik schon nach wenigen Metern stark abnimmt. Man fängt also fast ausschließlich den Schall ein, der direkt vor dem Mikro erzeugt wird – ideal, falls ein Rechner im Aufnahmeraum lärmt. Ein Blick auf den Frequenzgang des Mikros zeigt, dass der Bereich von fünf bis zehn Kilohertz – das Spektrum also, in dem das Ohr für Stimm- und Instrumentalfrequenzen besonders sensibel ist – recht ausgeprägt betont ist.

Fazit Selten lässt sich ein Mikrofon in nahezu allen Aufnahmesituationen einsetzen. Das PR40 schon. Denn bei allen Aufnahmen, bei denen es darum geht, den Schall von einer räumlich klar definierten Klangquelle einzufangen (Stimme, Soloinstrument, Gitarrenverstärker, aber auch Bassdrum), liefert das Mikro hervorragende Ergebnisse. Beim Homerecording, in Proberäumen oder Projektstudios – da, wo die Akustik nicht so gut ist, als dass man sie mit in der Aufnahme verewigt haben möchte – entpuppt sich das PR40 als mächtige Waffe. Speziell bei expressiven Gesangs-, Sprachoder Rap-Aufnahmen verbindet es das Beste beider Welten: die breite Frequenzabbildung der Großmembrane mit der Schalldruck-Festigkeit der dynamischen Bauform. Kurz: ein robuster, unkomplizierter und amtlich klingender Allround-Schallwandler, der gerade als Erstkauf – wenn man sich also sein erstes richtiges Mikrofon zulegt – wärmstens zu empfehlen ist. UVP: 498 Euro / Straßenpreis: 429 Euro


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