Technik
Von Spar Studiobericht
Sebastian Blume, Philipp Janzen, Phillip Tielsch, auf dem Monitor: Christopher Marquez
Foreigner heißt das vierte Album des Musikerkollektivs Von Spar, das aus Sebastian Blume, Jan Philipp Janzen, Philip Tielsch und Christopher Marquez besteht. Für die Platte haben die vier auch noch die verwinkeltste Ecke des – immer schon reichhaltigen – Stilarchivs ihrer Gruppe aufgesucht: In schwelgerischem Eklektizismus toben sie mit frischen Discogrooves, Fusion-Experimenten und Krautrock. Wir sind bei einem Studiobesuch den Einkaufszettel noch mal durchgegangen. Te x t N u m i no s
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F o t o s A l fre d J an s en
Dabei offenbarte dann schon der Blick in die Aufnahmekabine eine vorbildlich sparsame Lösung: Sie liegt nämlich genau in der Mitte zwischen der Regie Von Spars und der einer befreundeten Band. Zwei Scheiben an den gegenüberliegenden Seiten der Kabine machen den Raum für beide Bands vollständig nutzbar. Und da der Aufnahmeraum weitaus seltener genutzt wird als die Regie, kommt man sich hier so gut wie nie ins Gehege. Betritt man dann die Regie des Studios, wird sofort klar, dass Von Spar bekennende Analogfreunde sind: Die Klänge von Moog Voyager, Prodigy und Korg Polysix landen hier in den Vorverstärkern einer legendären Studer-Konsole, die von einem beachtlichen Arsenal analogen Outboards flankiert wird. Wobei ein Gerät nicht zum Studioinventar gehört, obgleich es für den Sound der aus dem Album herausstechenden Singleauskopplung „TrOOps“ entscheidend war: der Empirical Labs Fatso. Er stammte als Leih-
gabe von dem Produzenten Bertil Mark, der das komplette Album begleitet hat. Und besonders bei dem angesprochenen Track offenbart der Fatso seine unnachahmliche Kompressionssignatur: Spank eingeschaltet und den WarmthRegler auf Anschlag gedreht, klingt alles plötzlich zwingend, zusammengeschweißt und kompakt wie ein Sample von einer RaregroovePlatte. Als DAW kommt bei Von Spar Logic zum Einsatz, das im Wesentlichen mit Plug-ins von Waves, Soundtoys und Universal Audio unterstützt wird. Generell sehen die vier die Gewichtung zwischen Analog- und Digitaltechnik pragmatisch. „Es kommt auch immer darauf an, wo das klangliche Element, das man gerade bearbeitet, später im Mix platziert ist“, sagt Philip Tielsch. „Wenn das ein Overdub ist, der irgendwo ganz weit hinten im Mix steht, funktioniert das auch sehr gut mit Plug-ins. Wenn es jedoch ganz nackt im Vordergrund steht, hilft
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die analoge Präsenz schon sehr.“ Er ergänzt, dass die Bässe bei Von Spar so ein Fall seien und dass sich die Verbindung von Moog Voyager mit einer Radial DI-Box fast schon als Garant für gut klingende Bass-Sounds erwiesen habe. Jan Philipp Janzen stimmt zu und berichtet, dass er keinen Softsynthesizer kennt, der so massiv und druckvoll arbeitet und sich gleichzeitig so gut in den Mix einfügt: „Übrigens auch bei Analogsynthies – wenn man den Polysix auf Unisono stellt, wird es untenrum in der Regel zu fett.“ Doch egal ob virtuell oder reale Hardware – es sei wichtig, sich mit dem Gerät wohlzufühlen: „Der Nord Lead zum Beispiel – ich habe da nie einen Zugang zu gefunden und weiß gar nicht, was das Gerät von mir will oder was der Apparat eigentlich macht.“ Besonders in Bezug auf das Thema Timing entdeckt man aber im Analogbereich häufig Phänomene, die sich mit Digitaltechnik nur schwer bis gar nicht reproduzieren lassen, weiß Sebastian Blume: „Bei dem Stück ‚Collecting Natural Antimatter’ war der Ausgangspunkt zum Beispiel nichts anderes als eine Sequenz mit dem internen Arpeggiator des Korg Polysix. Und da die Maschine komplett ohne jede Synchronisierung arbeitet, haben wir das Stück konkret um das seltsame Timing des Arpeggiators herumgebaut – also auch die Drums.“ Der Versuch, eine ähnliche Rhythmik zu erreichen, indem die man die Sequenz in Ableton Live nachbaute und dann die Midi-Daten an den Roland Juno-106 sendete, schlug fehl. „Das endete in einem völlig anderen Mikrogroove “, sagt Blume. Angesprochen auf den Produktionsprozess und die kollektive Arbeitsweise berichtet Jan Philipp Janzen, dass die Bandmitglieder schon
im Vorfeld eine ziemlich genaue Vorstellung davon haben, wie ein Track werden soll: „Wir könnten auch nicht anders arbeiten, denn sobald mehr als zwei Personen beteiligt sind, wird es schnell schwierig, weil es so ausfasert, wenn man nicht weiß, wo es hingehen soll.“ Sebastian Blume ergänzt, dass man den Arbeitsprozess so betrachten könne, als kriegten die einzelnen Songs gewissermaßen Paten. Wer das jeweils ist, entscheide sich meist danach, wer sich denn nun dafür verant-
allein arbeitet, häufig an einer Nummer tot hört und es dann sehr gut ist, wenn jemand mit frischen Ohren dazutritt und sagt, dass der Track zum Beispiel viel länger trägt, als man es selber geglaubt hatte. Entscheidend für das gesamte Album, darunter auch die hörbare Spielfreude und die Hinwendung zu ausgedehnten Synthesizersoli, sei aber die Tatsache gewesen, erstmals im eigenen Studio zu arbeiten, gibt Philip Tielsch zu Protokoll: „Die Platten zuvor sind alle in
„Wenn man allein arbeitet, hört man sich häufig an einer Nummer tot“ wortlich fühlt, den Track fertig zu machen. Blume sieht den kollektiven Gedanken denn auch weniger darin, dass man die Instrumente reihum wechselt, als vielmehr darin, „dass man sich gegenseitig konsequent reinredet – dass also jeder im ständigen Austausch seine Ideen einbringt“. Natürlich hat jeder bei Von Spar gewissermaßen sein eigenes Instrument, was er dann ja auch live spielt. „Aber wenn beispielsweise Philip hier sitzt, an Gitarren arbeitet und dabei merkt, dass ihm eine Percussion-Spur fehlt, dann ist es nicht so, dass er dann zwingend den von uns ernannten Minister of Percussions rufen würde oder so“, erzählt Jan Philipp Janzen unter allgemeinem Gelächter. Er glaubt sogar, dass das Fertigstellen eines Stücks im Kollektiv deutlich einfacher ist, als wenn man als Einzelkämpfer unterwegs ist. Denn wenn man allein arbeite, fielen Entscheidungen oftmals unendlich schwerer, als wenn drei Leute sagen: „Komm, das war’s jetzt.“ Sebastian Blume ergänzt, dass man sich, wenn man
Fremdstudios entstanden, und die Verspieltheit, die auf dem aktuellen Album zu hören ist, resultiert unmittelbar daraus, dass die Produktion eben nicht mehr unter zeitlichem Druck stand.“ Dabei sind sich Von Spar bewusst, dass gerade der Einsatz von Synthesizersoli beim Hörer Assoziationen weckt, die von Pink Floyd bis zum frühen Vangelis reichen. „Wir hören da oft den Begriff ‚Muckertum’ und wundern uns nur“, sagt Jan Philipp Janzen: „Zu einem anderen Zeitpunkt in der Geschichte der Musik wäre das doch nie kritisiert worden. Ich meine, in den Siebzigern wäre doch niemandem ein Synthesizersolo aufgefallen.“ Und Sebastian Blume ergänzt, dass ihm die Vorstellung, Musik zu machen, ohne eine Art Geschichtsbewusstsein zu haben, also nicht zu wissen, welcher Materialien man sich da bedient, fremd ist: „Leute, die glauben, dass sie etwas Neues einfach aus sich selbst heraus schaffen, haben einfach zu wenig oder nicht bewusst genug Musik gehört.“ Foreigner ist bei Italic/Kompakt erschienen. .........................................
Klangerzeuger: Jomox Xbase 09, Korg Polysix, Moog Prodigy, Voyager, Roland Juno-6
Outboard: A-Designs Audio HM2EQ Hammer, Chandler Germanium TG 1 Limiter, SSL 4044E (Clone), T.C. M350, Waldorf Q
Mischpult/Summierung: Studer 16-Kanal Rundfunk-Konsole, Semrau TME EB 058
Monitoring: KRK Rockit 8
Wandler: Motu Ultralite MK3
Software: Apple Logic, Audioease Altiverb 6, Soundtoys 4, UAD-1, Waves Bundle
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