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ÖH Vorsitz
by ÖH_Magazin
„Wir sind der Lautsprecher für die Studierenden!“
Stefanie, Nina und Michi bilden seit vergangenem Juli das neue Vorsitz Trio der ÖH BOKU. Im Interview verraten sie uns, mit welchen Belangen sie tagtäglich konfrontiert sind, was wir uns bei der Modularisierung erwarten dürfen und wie sie die BOKU zukünftig zu einem diskriminierungsfreien Raum umgestalten möchten!
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Autor*innen: ÖH BOKU Vorsitz und Christiane Hörmann / Foto: Christiane Hörmann
Wie sieht euer Alltag als ÖH Vorsitz aus?
Stefanie: Meistens kommen wir so zwischen 9 und 10 ins Büro, schauen was vom Vortag liegen geblieben ist und welche Mails reingekommen sind. Dann checken wir die Lage bei Fabian u. Gabi (Anm.: ÖH Sekretariat) und schauen, ob alle Leute auf der ÖH brav die Maske oben haben. Michi: Wir schauen regelmäßig in die anderen ÖH Büros rüber, um mit den Referaten und Studienvertretungen über Neuigkeiten, Probleme und Ideen zu quatschen. Nina: Und neben vielen Terminen arbeiten wir mit der verbleibenden Zeit an unseren Projekten weiter.
Das hört sich so an, als wärt ihr jeden Tag im Büro. Bleibt da eigentlich noch Zeit für Uni?
Michi: Man merkt halt schon, dass der zeitliche Fokus sehr bei der ÖH Arbeit liegt. Es hat bislang keinen Tag gegeben, wo niemand im Büro war. Um Vorlesungen zu besuchen, finde ich gerade zu wenig Zeit.
Wie würdet ihr das in Wochenstunden ausdrücken?
(ÖH Vorsitz lacht) Stefanie: Also in den Hochzeiten, wie im September, waren es schon an die 60 Wochenstunden, momentan pendle ich zwischen 30 und 50. Nina: Es ist schon ein Fulltime-Job!
Was sind da bei euch die großen Zeitkiller?
Michi: Als ÖH Vorsitz bilden wir die Schnittstelle zur Universität und den Unterstellen der ÖH. Da reden wir von zirka 30 Schnittstellen der Uni – von der IT über Rektorat zu Qualitätsmanagement – und noch von 15 ÖH Referaten u. 8 Studienvertretungen. Wenn wir mit allen einmal im Monat sprechen, kommen wir schon auf über 50 Termine. Das benötigt sehr viel Zeit, weil man natürlich mit allen bestmöglich kommunizieren mag. Stefanie: Und da haben wir die Zeit noch nicht berücksichtigt für Vorbereitung, Nachbereitung und den Projekten, an denen wir arbeiten sowie die Problemfälle von Studierenden, wo wir uns einsetzen.
Was sind das für Problemfälle?
Michi: Da geht’s um Fälle, wo Lehrende keine Vorlesungen abhalten, plötzlich Hygienekonzepte zum Nachteil von Studierenden umgeändert oder keine Prüfungstermine angeboten werden. Da setzen wir uns ein und reden mit den Profs sowie dem Rektorat für Lehre.
Ihr macht’s also die Mediation zwischen den Studierenden u. Lehrenden bzw. dem Rektorat?
Nina: Ja, wir sind der Lautsprecher für die Studierenden. Stefanie: Vor allem, wenn die Studienvertretungen nicht weiterkommen, sind wir die, die sich dazuschalten.
An welchen Herzensprojekte arbeitet ihr gerade?
Nina: Ich freue mich schon sehr auf die 150-Jahr Feier und den Mai, der wird der Anti-Faschismus Monat. Da sind eine inhaltliche Broschüre, hoffentlich auch Zeitzeug*innengespräche und diverse Diskussionsveranstaltungen in Planung. Nach den 2 Jahren meiner ÖH Arbeit möchte ich natürlich, dass sich an der Uni Modi entwickelt haben, wie man Diskriminierungsfälle vorbeugen kann. Das wollen wir u.a. durch Schulungen sowie Vernetzungsstammtische für Studierende marginalisierter Gruppen erreichen. Stefanie: Ich persönlich finde es sehr wichtig einen diskriminierungsfreien Raum zu haben und uns dafür bestmöglich einsetzen, dass Diskriminierungsfälle verhindert werden. Personen sollen wissen, wo sie sich hinwenden können und dass sie damit nicht allein gelassen werden. Wir sind eine offene ÖH und haben alle verschiedene Backgrounds mit internalisierten Rassismen und Sexismen, wo es eben noch viel aufzuarbeiten gibt. Nina: Wir haben dazu in der UV ein Vorgangsprotokoll mit einer Leitlinie in Arbeit, wie bei Diskriminierungsfällen vorzugehen ist, welche dann die Referate und Studienvertretungen erhalten. Michi: Wir ergänzen uns da sehr gut mit unseren Schwerpunkten. Mein Herzensprojekt ist es die Studierbarkeit zu verbessern. Über die strukturelle Ebene wie bei den Studienplänen soll das Studieren an der BOKU verbessert werden, sodass alle bestmöglich an der BOKU studieren können. Mir ist es wichtig, dass man jetzt die Chance nutzt, um zukunftsträchtige, studierbare Studien aufzustellen und bestehende Problemfelder behoben werden.
Das ÖH Vorsitz-Team von links nach rechts: Michael Pinter, Stefanie Nikl und Nina Mathies
Wie sieht das konkret aus?
Michi: Die Studienpläne sollen bis Oktober 2024 modularisiert werden, also ein Modul wird zu je sechs ECTS geblockt. Einerseits sollen da vernetzende Lehrinhalte reinkommen, andererseits Redundanzen entfernt werden sowie eine gerechte ECTS Zuteilung gemäß dem wirklich zu leistenden Arbeitsaufwand herrschen. Alles soll besser durchgetaktet sein, sodass Lehrveranstaltungsüberschneidungen vermieden werden. Das sind die Hauptpunkte. Was noch wünschenswert ist, dass es mehr alternative Beurteilungsformen gibt wie beispielsweise Präsentationen und Seminararbeiten – weg vom reinen Prüfungen schreiben. So kann man mehr schaffen und ist zeitlich flexibler.
Wer ist bei der Modularisierung involviert?
Michi: Der Senat sowie die Fachstudienarbeitsgruppen, welche zur jeweiligen Studienrichtung inhaltlich zuständig sind. In beiden Gremien sitzen Studierende drin, die eine treibende Kraft dahinter sein müssen. Und natürlich ist auch das Rektorat darin eingebunden, diese geben auch den finanziellen Rahmen vor.
Inwiefern nehmt ihr als ÖH Vorsitz bei der Modularisierung Einfluss?
Michi: Wir sind auf mehreren Ebenen beteiligt: Wir reden mit dem Senat, dem Rektorat und den Studienvertretungen, die in den Fachstudienarbeitsgruppen sitzen. Außerdem durften wir eine Stellungnahme abgeben.
Es gibt ab Februar eine neue Rektorin an der BOKU, hattet ihr bereits Kontakt mit Frau Schulev-Steindl?
Stefanie: Ja, sie hat uns sogar schon im Büro besucht und wir haben ihr die ÖH Räumlichkeiten gezeigt. Unser Eindruck ist, dass sie wirklich ein offenes Ohr für die Belange der Studierenden hat und wir konnten schon einige wichtige Punkt platzieren, wie was die Transparenz bzgl. Entscheidungen und eine funktionierende Kommunikation angeht.
Wie kann man sich die Zusammenarbeit mit dem Rektorat vorstellen?
Nina: Wir haben regelmäßige Jour Fixes mit dem Rektorat oder diversen Mitarbeiter*innen im Rektorat. Es geht gerade viel um die 150-Jahr Feier der BOKU und wir sitzen gemeinsam im Corona Krisenstab der Uni. Mit der Vizerektorin für Lehre besprechen wir regelmäßig Problemfälle von Studierenden, wo Professor*innen nicht so handeln, wie sie sollten. Und mit der Vizerektorin für Finanzen hatten wir viele Treffen bzgl. den Menstruationsartikeln an der BOKU, dass diese gratis zur Verfügung gestellt werden sollten. Michi: Sie fragen uns auch aktiv, wie wir gewisse Themen aus der Studierendensicht sehen – da schreiben sie uns oder rufen direkt an. Da telefoniert man schon mal abends noch mit dem Rektor.
Habt ihr das Gefühl, dass eure Meinungen gehört werden?
Stefanie: Wenn sie nicht gehört werden, dann kümmern wir uns darum (grinst). Wir hatten den Fall beim Corona Krisenstab im Frühherbst, wo wir dann in einem separaten Meeting den Raum für den Austausch bekommen haben und dann auch etwas Gutes dabei rausgekommen ist. Daraufhin sind beispielsweise die Kapazitäten für Präsenz erhöht worden. Nina: Was man leider sagen muss ist, dass durch politische Entscheidungen
STEFANIE
Was studierst du? UBRM, Bachelor
Was ist dein Lieblingsfach? Bachelor-Seminararbeit
Wo fühlst du dich zuhause?
In Kanada
Warum bist du bei der ÖH?
Ich verändere und setze mich gerne für andere ein.
Was treibt dich an? Ich halte den Status Quo nicht aus oder dass irgendjemand benachteiligt wird.
Was ärgert dich am meisten? Wenn Dinge unter den Tisch fallen gelassen werden.
Any guilty pleasures? Trash TV
Hast du ein neues Hobby seit Corona? Noch mehr Trash TV
wie bei der UG-Novelle die Mitbestimmung der Studierenden leider abnehmen wird. Wir sind zwar eine laute Stimme aber zahlenmäßig leider unterrepräsentiert.
Wie würdet ihr die UG-Novelle in einem Satz zusammenfassen?
Stefanie: Es ist eine reine Enttäuschung und es ist eine Riesenchance verpasst worden. Gerade Studierende werden noch schlechter dargestellt als davor schon.
Was brachte die Novelle?
Nina: Die Studierenden verlieren bspw. im Senat einen Teil ihrer Mitbestimmung. Und was auch passiert ist, dass Studierenden auf struktureller Ebene der Zugang zum Studium erschwert wurde. Das trifft insbesondere Studierende aus sozial schwächeren Schichten.
Warum wird ihnen der Zugang erschwert?
Nina: Die strengeren Auflagen führen dazu, dass sich weniger Schüler*innen für ein Studium entscheiden. Wenn man die 16 ECTS Mindestleistung (Anm. in den ersten 4 Semestern) nicht erbringt, dann wird man exmatrikuliert. Es ist damit von vornherein eine größere finanzielle Hürde, à la „wenn du deine Leistungen nicht erbringst, bist du weg“. Gerade in einer Pandemie, wo es den Studierenden deutlich schlechter geht, ist das natürlich eine Wahnsinnigkeit. Es ist nur politisches Kalkül dahinter, um die Hochschulen wieder selektiver zu gestalten, sodass Studieren wieder ein Elite-Ding wird. Stefanie: Die 16 ECTS hören sich nicht nach viel an, aber wenn ich viele Verpflichtungen habe wie einen Job, Kinderbetreuung oder einen Pflegefall in der Familie, dann geht es sich einfach nicht aus. Da gibt‘s keine Ausnahmen.
Wie steuert ihr dagegen, dass Studierende heuer gut durch den Winter kommen?
Michi: Sehr cool ist die psychologische Studierendenberatung, die noch durch unsere Vorgänger*innen ausgebaut wurde. Da sind jetzt die ersten drei Sitzungen gratis. Wir setzen uns auch für hybride Lehre ein, damit Studierende zur Uni kommen aber auch von daheim aus teilnehmen können.
NINA
Was studierst du? KTWW, Bachelor
Was ist dein Lieblingsfach? Recht
Wo fühlst du dich zuhause? In Wien & Vorarlberg
Warum bist du bei der ÖH? Ich mache gerne Vertretungsarbeit u. mir ist es wichtig, dass die ÖH politisch ist.
Was treibt dich an? Ein politisches System in mir.
Was ärgert dich am meisten? Soziale Ungleichbehandlung
Any guilty pleasures? Trash Musik – Schlager
Hast du ein neues Hobby seit Corona? Ich fahre viel Fahrrad
Was studierst du? Biotechnology, Master
Was ist dein Lieblingsfach? Biochemie
Wo fühlst du dich zuhause? In Neuseeland
Warum bist du bei der ÖH? Um mich für andere Studis einzusetzen, damit sie sich an der Uni selbstverwirklichen können.
Was treibt dich an? Die Motivation, etwas verbessern zu wollen.
Was ärgert dich am meisten? Stillstand
Any guilty pleasures? Taylor Swift Songs
Hast du ein neues Hobby seit Corona? Vertretungsarbeit – das macht mir einfach Spaß!
Nina: Wir wollen auch, dass Vorlesungen aufgezeichnet und online gestellt werden. Das ist ein schwieriges Thema, aber das wäre wichtig für arbeitende Studierende oder jene mit Betreuungspflichten. Was es auch noch gibt ist der Sozialfonds für Studierende mit finanziellen Sorgen. Diesen gibt’s sowohl von der Bundes-ÖH als auch von der ÖH BOKU über das Sozialreferat, was sehr viele in Anspruch nehmen können. Stefanie: Und es ist noch viel Potential da, den Topf auszuschöpfen!
Kommen wir zur Corona Situation an der ÖH. Vor zwei Jahren war die ÖH BOKU sehr bekannt durch diverse Festln der Studierendenvertretungen, Kurse der Referate oder den BOKU Ball. Gibt’s Pläne, dass es wieder mehr davon geben wird?
Michi: Wir versuchen da kreativ zu sein, damit Events wie beispielsweise der Kleider- u. Pflanzentausch Mitte November (Anm.: vor dem Lockdown) sicher umgesetzt werden können. Ein großer Anteil der ÖH ist die inhaltliche Arbeit und das Miteinander innerhalb der Studienvertretungen, Referate und diversen Dunstkreisen – die Festln sind eigentlich nur der Outcome aus diesem Zusammengehörigkeitsgefühl. Stefanie: Wir haben im Frühherbst schwer ewas auf der Uni organisieren können, gerade was Festln betrifft. Deswegen haben wir das auf externe Pubs ausgelagert. Über die Veranstaltungen kommt auch frischer Wind zu uns, den wir dringend brauchen. Wir bauen da stark auf den Sommer, dass wir wieder ganz viele motivierte Studis dazugewinnen.
Wann gibt’s wieder einen BOKU Ball?
Michi: Der ist für 2023 geplant. Stefanie: Außerdem gibt einen Sommerball in Tulln, den gibt es jedes Jahr. Der nächste ist am 9. Juni 2022.
Wie hat sich die ÖH in den letzten 2 Jahren verändert?
Nina: Ich glaube, sie ist viel inhaltlicher und politischer geworden, da ist schon wahnsinnig viel zu spüren! Stefanie: Ein guter Bonus sind auch die Studienvertretungen. Die sind gerade alle neu, bringen frischen Wind und kennen die Coronasituation. Da waren die vorigen in einer ganz anderen Ausgangsituation: Die haben sich auf zwei tolle Jahre gefreut und bekamen nach einem halben Jahr quasi die Watschen. Mittlerweile ist man darauf schon eingestellt. Michi: Ich glaube die Vorfreude, wieder was machen zu können, bringt einen großen Drive mit rein. Einen LBT Biermontag zu organisieren wäre zum Beispiel etwas Ultra Besonderes, früher war das quasi „Alltag“ (lacht).
Corona hat auch der Hochschulpolitik einen neuen Fokus beschert. Wie spiegelt sich das neben Krisenstäben, Maske tragen und Hygienekonzepten bei euch sonst im Alltag wider?
Michi: Wir haben einen noch viel stärkeren rechtlichen Fokus. Wir müssen ständig wissen, welche Regelungen für die BOKU gelten und müssen auch gut argumentieren, wenn irgendwelche Probleme auftreten. Das nimmt viel Zeit in Anspruch, weil man ständig allen Verordnungen folgen muss und den Blick hinter den Kulissen im Ministerium braucht. Nina: Im September und Oktober konnten wir ja Seminare abhalten und da mussten wir halt auch drauf schauen, wie wir das coronakonform machen, damit das Infektionsgeschehen klein bleibt. Auch bei der Begrüßung der Erstis wurde das nicht auf einmal an einem Ort abgehalten, sondern an verschiedenen Orten zu verschiedenen Zeiten. Das waren dann insgesamt neun Begrüßungen, was schon ein organisatorischer Mehraufwand ist. Man muss auch immer einen Joker im Ärmel haben, um bei kurzfristigen Planänderungen flexibel reagieren zu können.
Kommen wir zum Schluss: Auf was freut ihr euch, wenn die Pandemie unseren Alltag nicht mehr einschränkt?
Nina: Natürlich aufs Reisen, bei der ÖH selbst auf die großen Veranstaltungen. Wenn alles online ist, bekommt man oftmals wenig Resonanz zurück, das ist wenig belohnend. Stefanie: Ich freue mich, wenn ich den ÖH’lis mit ihren Ideen nicht mehr sagen muss „Nein, das geht nicht“. Endlich wieder ohne Einschränkungen und ohne Sorgen! Michi: Worauf ich mich am meisten freue? Biermontage.
Kontakt
Hochschüler*innenschaft an der BOKU (ÖH BOKU) Peter-Jordan-Straße 76, 1190 Wien (2. Stock)
www.oehboku.at Tel.: +43/1/47654-19100 Mail: vorsitz@oehboku.at
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