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Geschichte von LAP
by ÖH_Magazin
Die Frage nach dem Ursprung der Landschaftsarchitektur und der Entwicklung geben Aufschluss über das heutige Landschaftsbild und Zugang zur Natur.
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Autorin & Fotos: Valerie Hoch
Wenn heutzutage der Begriff „Landschaftsarchitektur“ fällt, entstehen meist Assoziationen von höchstmodernen Parkanlagen auf der ganzen Welt, wie beispielsweise die Parkanlage Gardens by the Bay in Singapur, in der eindrucksvolle, umwucherte Stahlgerüste als Nachbildungen von Bäumen aus dem Boden empor steigen, oder der berühmte High Line Park in New York, welcher auf den ehemaligen Flächen einer Güterzugtrasse errichtet wurde. Jedoch befindet sich der Ursprung der Landschaftsarchitektur in Mesopotamien und Ägypten ca. 2.000 v.Chr. im Bereich des Fruchtbaren Halbmondes. Zu dieser Zeit bildeten sich erste Siedlungen, und die Menschen errichteten ihren Göttern und Toten eigene Tempelanlagen mit Gärten, um diese zu ehren. Bereits damals wurden Gärten mit Teichen geplant, welche gemeinsam mit zahlreichen Pflanzen das Leben symbolisierten. Dies war der erste Meilenstein in der Geschichte der Landschaftsarchitektur.
Später in der Antike wandelte sich die Wahrnehmung von Landschaft von einer religiös-kosmischen Sichtweise auf eine religiös-kultische. Hierbei legten die Menschen Wert auf Funktion und Ästhetik, welche sich in ihren Errichtungen, wie Agorai, Atrien und Peristylgärten, widerspiegelten. Auch fanden hier die ersten Formschnitte von Gehölzen statt, wodurch das Bild ihrer Ästhetik weitgehend verstärkt wurde.
Mit dem Mittelalter veränderten sich die bereits bestehenden Elemente der Landschaftsarchitektur. Die Bedeutung von Heilpflanzen nahm zu, und die ersten Klostergärten wurden errichtet. Zudem entstanden weitere Gartentypen, worunter Lust- und Wurzgärten, hortus conclusus und locus amoenus zählen. Karl der Große trug maßgeblich zur Landschaftsentwicklung bei. Um ca. 800 verfasste er die Landgüterverordnung, welche die Bewirtschaftungsweisen regeln sollte.
In der Renaissance gewinnt die Perspektive wieder an Bedeutung. Mit ihr sollte perfekte Schönheit geschaffen werden und nach dem Vorbild von Symmetrie und Natur im Einklang zwischen allen Künsten stehen. Eine zentrale Achse ist leitgebend für jegliche Gestaltung als Bindeglied zwischen Garten und Haus, welche auf unterschiedlichen Niveaus liegen. Aufgrund der Höhensprünge entstehen Etagen, auf welchen sich meist Terrassengärten befinden. Die Übergangszeit zwischen Renaissance und Barock beschreibt der Manierismus. Hier stand exzentrische Gestaltung im Vordergrund, dabei wurden groteske und überraschende Elemente eingesetzt. Als Beispiel zählen u.a. die Wasserspiele, Wasserautomaten und Grotten im Schlossgarten Hellbrunn, welcher bis heute durch seine einzigartige, individuelle Gestaltung brilliert.
Im Gegensatz zur Renaissance wurde die Bedeutung der Zentralachse im Barock erweitert. Diese sollte nun über das Grundstück hinausreichen und bis in das Unendliche führen. Aufgrund großer Weiten sollten auch die Proportionen von z.B. Statuen in der Perspektive abgeschwächt werden. Weiter entfernte Objekte wurden daher größer dimensioniert, um ein angenehmes Erscheinungsbild zu erzeugen. Zusätzlich soll die Natur weit-
gehend beherrscht werden, da dies Ausdruck der königlichen Macht zeigte. Daher unterlag jeglicher Garten starren, streng geometrischen Vorgaben. Versailles gehört zu den ersten barocken Gärten und diente auch als Vorbild für viele weitere Adelshäuser.
Zur Zeit des Rokokos herrschte das idealistische Bild von purer Idylle. Die monumentale Landschaftsgestaltung des Barocks wurde durch kleinteiligere, gleichwertige und autonome Gartenräume verdrängt. Geprägt sind diese zum Beispiel durch Skulpturen, Brunnen und Heckentheater. Erstmals fällt die Pflanzenwahl verstärkt auf exotisches Pflanzengut.
Im Vergleich zum Barock wurden die strengen, geometrischen Formen im Klassizismus aufgebrochen und durch organische, natürliche ersetzt. Als eine der charakteristischsten Gartenformen aus diesem Zeitalter zählt der Englische Landschaftsgarten des bürgerlichen Landadels. Hier wurden als neues Gestaltungsmittel trockene Gräben anstelle von hohen Mauern errichtet, um einen Schutz vor Tieren und Eindringlingen zu bieten, ohne die freie Sicht zu stören. Später entwickelte sich aus dem Englischen Landschaftsgarten der Malerische Landschaftsgarten, welcher in Europa vielerorts übernommen wurde. Mit dem Historismus wurden die zuvor privaten Parkanlagen für die breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Aufgrund der Industrialisierung und der wachsenden Bevölkerung stieg auch der Bedarf an Freiräumen und Räumen der Erholung. Daher wurden zahlreiche Volksgärten und Grünflächen des öffentlichen Raumes geschaffen, welche einen erzieherischen Charakter vorwiesen. Nach und nach wurden Parkanlagen auch kommerziell durch Gastronomiebetriebe und andere Freizeiteinrichtungen genutzt. Basierend auf dem Stil des Englischen Landschaftsgartens wird im Historismus auf sämtliche Gestaltungstypen anderer Zeitalter und Kulturkreise zurückgegriffen.
Aufgrund der Unsicherheiten und Ressourcenknappheit, verursacht von den Weltkriegen, gewannen Privatgärten in der Moderne zunehmend an Bedeutung. Gemeinsam mit dem Haus fungieren sie als eine Einheit. Dadurch bekamen die Gärten einen individuellen Charakter und erleichterten den Anbau von Lebensmitteln für den Eigenbedarf und dienten gleichzeitig als Rückzugsort. Zur weiteren Verbesserung des urbanen Wohnens wurden Ideen der Garden City übernommen. Unter anderem sollten Grünflächenprogramme zum Erhalt und Schutz von grüner Infrastruktur beitragen. Neben dem Schaffen neuer Anlagen wurde auch Bestehendes umgestaltet.
Durch den Kalten Krieg hervorgerufen, zog sich die Bevölkerung in der Postmoderne bevorzugt in ihre Privatgärten zurück. Dies hatte zur Folge, dass Gärten den persönlichen Stil verkörperten und somit der Eigencharakter an Bedeutung gewann. Geprägt von der Individualität der Gestaltungen, fand im Jahr 1964 die erste Wiener Internationale Gartenschau statt. Im Planungsprozess öffentlicher Projekte wurde erstmals auch die Bevölkerung miteingebunden. Dadurch wurden auch das Bewusstsein und die Verantwortung gegenüber der Natur gestärkt. Umwelt- und Naturschutzbewegungen gewannen nicht zuletzt auch politischen Einfluss. Sie sind ausschlaggebend für nachhaltige Lebensweisen, wodurch erste Fußgängerzonen im urbanen Raum geschaffenwurden.
Erste Ansätze einer beruflichen Ausbildung in Österreich starteten 1877 an der Universität für Bodenkultur. Mit dem Studienversuch des Studienganges „Landschaftsökologie und Landschaftsgestaltung“, beginnend im Jahre 1981, gewann die Professur deutlich Anerkennung und bildete den Grundstein für das aktuelle Studium „Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur“.
Wie in der Geschichte der Landschaftsarchitektur ersichtlich ist, sind von Anbeginn an Landschaftsarchitekt*innen von großer Bedeutung. Nicht nur aufgrund ihrer Gestaltungen alter Tempelanlagen, Lust- oder Terrassengärten, sondern auch durch die Hervorhebung der großen Bedeutung der Natur für Mensch und Tier, zeigen sie die zunehmende Relevanz in allen Lebensbereichen und allen Teilen der Erde.