Leserbriefe
Reaktionen auf den Artikel „Von Meilensteinen und Stolpersteinen – Mountainbiken auf Wanderwegen“. Ausgabe 5/2021 m letzten Magazin habe ich versucht, Izuunsere Erfahrungen der letzten Jahre diesem Thema zusammenzufassen.
Anbei das Echo, das ich darauf bekommen habe. Bis auf die Anmerkung, dass wir für die Fotos nur Stellen genommen haben, die sich nach der Freigabe als Shared Trail wesentlich und dauerhaft verschlechtert haben, möchte ich diese aber so belassen, wie sie sind. Ich denke, dass diese ungefilterten Meinungen sehr wichtig sind. Hoffentlich sind sie ein weiterer Denkanstoß, sich wechselseitig in die unterschiedlichen Sichtweise hineinzudenken. Ich habe mir nur erlaubt, die Namen und etwaige persönliche Stellen zu entfernen und eine Überschrift zu verfassen, die den Kontext herstellt.
In diesem Sinn würde ich mir von „meinem“ Alpinverein, dem ÖTK, wünschen, dass viel aktiver an der Änderung dieser antiquierten Gesetze gearbeitet wird! Ich denke, nur das wird uns weiterbringen. Die Natur sollte für alle da sein und für alle geeigneten Sportarten zur Verfügung stehen, nicht nur für das, was im Gesetz vor vielen Jahrzehnten definiert wurde, als es manche Sportart noch gar nicht gab.
Albert Treytl, Obmann Sektion Klosterneuburg
Ein ÖTK-Mitglied, das sowohl wandernd als auch mit dem MTB unterwegs ist:
(…) Dass sich Radfahrer und Wanderer auf engen Wegen nur sehr schwer gemeinsam bewegen können, ist eigentlich klar. Mit dem Mountainbike will man ja auch auf den Trails eine gewisse Geschwindigkeit fahren – das macht ja den Reiz beim MTB aus. Nur auf der Forststraße wäre natürlich zu fad. Was mich an dem Bericht ein bisschen verwundert, ist die etwas tendenziöse Berichterstattung. Die Beispielbilder auf Seite 18 zeigen Stellen im Wienerwald, die auch schon vor dem MTB-Boom in meiner Jugend immer wieder nach Niederschlägen oder im Frühjahr genauso ausgesehen haben – und das große Bild rechts oben auf Seite 18 zeigt eine Zerstörung der Wegtrasse, die wohl eher den Wildschweinen geschuldet ist. Nur weil ein paar Reifenspuren durch den Gatsch führen, bedeutet das nicht, dass die Fahrräder das verursacht haben. Aber ich will gar nicht in das „MTB ist gut oder böse“-Gespräch einsteigen, sondern würde gerne auf eine nächste Ebene in der Diskussion fokussieren: In den meisten anderen Ländern (CH, D, I, F) ist das Befahren von Wanderwegen und Forststraßen zum größten Teil ganz legal erlaubt und funktioniert auch recht gut. In Österreich haben wir das Problem mit dem uralten Forstgesetz und den darin taxativ aufgezählten erlaubten Nutzungsvarianten des Waldes. Außerdem verhindert die Haftung des Wegerhalters, dass mehr Strecken für andere Zwecke als die im Gesetz definierten verwendet werden können. 26
Eine Großmutter, die mit ihren Enkeln unterwegs ist:
(…) Ich begehe und genieße seit fast vierzig Jahren, mehrmals pro Woche, die Wege rund um Klosterneuburg. Meist vom Säulenweg oder Rotgraben aus. Vorerst mit meinen Kindern und Ehemann, die letzten Jahre mit meinen noch relativ kleinen Enkelkindern oder Freundinnen. Wir betrachteten das Austauschen beim Gehen als eine schöne Form, das Tagesgeschehen Revue passieren zu lassen, Schulisches zu besprechen und etwaige Sorgen loszuwerden. Als ich noch berufstätig war, ging ich häufig Sommer wie Winter abends, wenn die Familie versorgt war, auch in der Dunkelheit, bei fast jedem Wetter los und kam nach zwei Stunden erholt zurück. Im ersten Lockdown im vergangenen Jahr genoss ich noch immer die vielseitige Natur und die sie umgebende Ruhe. Auch in
den Gassen unserer Stadt hatte ich den Eindruck, in die fast autofreie Zeit meiner Kindheit zurückversetzt zu sein. Das war für mich die schöne Zeit in der Pandemie. Erst seit diesem Frühjahr ist es für mich anders geworden. Immer mehr Radfahrer haben den Wald entdeckt und ich gewann den Eindruck, dass diesen manche ohne Rücksichtnahme beanspruchen wollen. Dazu möchte ich ein Beispiel geben: Als ich wieder einmal mit dreien meiner Enkelkinder, das jüngste fünf Jahre alt, den Weg Richtung Hermannskogel nahm, kam uns in einer Kurve ein einzelner Radfahrer rasend schnell bergab entgegen. Wir hielten uns davor schon rechts, gingen vorsichtshalber in Zweierreihen. Als ich laut „Vorsicht“ rief, bremste der Mann stark ab, stieg ab und rannte uns mit dem Fahrrad den gesamten Bremsweg bergauf nach, um uns anzubrüllen: „Is was?“ „Man wird ja noch Vorsicht rufen dürfen, wenn Sie daher rasen und ich mit drei Kindern gehe“, war meine Antwort. Darauf beschimpfte er mich wüst und in gehässigem Ton unter anderem: „Wenn‘s an Herzinfarkt gekriegt hätten, hätte ich ihnen schon Erste Hilfe geleistet“, usw. Wir gingen dann wortlos weiter, er kam noch einige Schritte schimpfend hinter uns her und ließ dann von uns ab. Wir haben uns bedroht gefühlt, und die Freude war dahin. Wir Wanderer haben keine Handhabe gegen einen rasenden Radfahrer ohne Kennzeichen. Ich denke, es wäre schon viel geholfen, wenn solche Raser nicht anonym durch den Wald hetzen dürften. Ich selbst fahre gerne mit dem Rad, nie durch den Wald, aber ich verstehe den Reiz, durch die Natur zu fahren. Es sind viele Radfahrer unterwegs, ruhiger, freundlich, auch grüßend. Trotzdem ist für mich die früher empfundene Entschleunigung nicht mehr vorhanden. Es gibt diesbezüglich noch viel Arbeit zu leisten, um ein konfliktfreies Miteinander zu schaffen. Hoffentlich bald! Kommentar aus der WhatsApp-Gruppe der MTB-Gruppe unserer Sektion:
Ist zwar etwas einseitig aus Sicht der Wanderer, aber natürlich nachvollziehbar. Bei uns blockiert halt jeder, um die eigenen Interessen zu maximieren. Dass man damit das Gegenteil erreicht, ist in der Spieltheorie als „Prisoner‘s Dilemma“ bekannt. Magazin 6 | 2021