Connection spirit 1/2-2014: Geben & Empfangen

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Geben & Empfangen

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Geben & Empfangen Karma-Yoga, Schenk-Ökonomie, Ehrenamt Innovative Randgruppen und gesellschaftliche Pioniere zwischen Hingabe und Selbstausbeutung

Interviews mit Konstantin Wecker, Stanislav Grof und Patrick Aigner. Texte von Christian Felber, Charles Eisenstein, Monika Herz, Bobby Langer, Torsten Brügge, Marietta Schürholz und anderen


Auch der Austausch von Waren und Geld in der Wirtschaft ist ein Geben und Nehmen, das nicht zum Stillstand kommen sollte, solange Menschen miteinander leben. Bis zu einem gewissen Grad ist dieser Austausch ein Zeichen von Wohlstand: Je mehr wir davon haben, desto besser, reicher, auch abwechslungsreicher und lebendiger ist unser Leben. Ab einem gewissen Ausmaß solchen Austauschs aber wird das Einnehmen und Ausgeben von Geld und ein hoher Warenverkehr zur Belastung. Noch ein bisschen reicher zu sein als der Durchschnittsverdiener macht Menschen nicht noch glücklicher. Bei noch mehr Reichtum, Geld, Austausch oder Macht besteht die Gefahr großer Zerstörung für die Gesellschaft und die Natur.

FOTO: ANIELA ADAMS

Kommerzialisierung Wegen dieser Dynamiken beschäftigen sich nun nicht mehr nur Ökos und Sozis, sondern immer mehr auch Spiris – spirituell engagierte Menschen – mit den Eigenschaften unseres Wirtschaftssystems, das in seiner alles fressenden Wachstumssucht kaum ei-

wächst das Rettende auch nen Bereich des Menschlichen mehr unkommerzialisiert gelassen hat. Auch Spiritualität und Esoterik ist zu einem Markt geworden, der die Tendenz unaufhörlichens Wachsens in sich trägt und dabei die Angebote verflacht und oft nicht die Wahrhaftigen, sondern die besseren Heuchler belohnt. Spiritualität ist großenteils zur Popspiritualität verkommen. Die ernsthafteren unter den Suchern suchen nun nach Alternativen zu den Alternativen – und befassen sich auch mit der Ökonomie ihres eigenen Daseins.

Die Spaltung Dabei stoßen sie auch auf schwerer zu akzeptierende Seiten ihrer Existenz, wie etwa die Tatsache, dass gerade die Gruppen, die sich positives Denken zur Leitlinie gemacht und ein Leben ohne Mangeldenken auf die Fahnen geschrieben haben, sich oft schwer tun, bei ihrem Leben nach Herzenswunsch und der neuen – alternativen oder spirituellen – Praxis auch nur einen bescheidenen Lebensunterhalt zu verdienen. Für die meisten von ihnen ist das Leben deshalb gespalten in einen Alltag, in dem sie mit einer ungeliebten, oft zudem Mensch und Natur zerstörenden Arbeit das nötige Geld verdienen, um sich dann in ihrer Freizeit nach Herzenslust spirituellen Themen widmen zu können. Wer den Schritt in eine Aufhebung dieser Spaltung macht, erfährt dabei oft die Begeisterung eines hoffnungsvollen Aufbruchs zu neuen Formen des menschlichen Zusammenlebens und des Umgangs mit der Natur – währenddessen aber auch das Leid der Pioniere: Sie arbeiten für etwas, das

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noch nicht da ist und wirtschaftlich noch keine Früchte trägt. Sie pflanzen die Saat von Neuem, können aber noch nicht ernten.

Gestresste Pioniere In diesen Randgruppen der Gesellschaft, die für eine ökologische und spirituelle Wende unserer ganzen Wirtschaft und Kultur so wichtig sind, wird nur selten ausreichend Geld verdient. Wer sich dort hinein begibt, lebt von Erspartem, von Sozialgeldern – oder lernt verzichten. Weniger ist oft mehr. Man lebt auf dem Land, in Gemeinschaften, teilt sich Fahrzeuge und nutzt Räume gemeinsam und hat so Vorteile, die sich mit dem BIP pro Kopf nicht messen lassen. So vorbildlich der ökologische Fußabdruck eines solchen Lebens auch sein mag, der Mainstream nimmt davon kaum Notiz und macht mit seiner Ressourcenzerstörung weiter wie bisher. Eine Gesellschaft, die ihre Pioniere nicht belohnt – sie beim Ausprobieren des Neuen oft nicht mal freizügig üben lässt – begräbt damit die Hoffnung auf ihr eigenes Überleben. Während der Leviathan der jetzigen Weltwirtschaft auf den Abgrund zusteuert, sollten wir auf diese Randgruppen achten: Wenn überhaupt irgendwo, dann wächst dort die Chance eines Überlebens heran!

Editorial

Weniger kann mehr sein

Wo aber Gefahr ist,

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eben ist Austausch.Wenn das Geben und Empfangen eines lebendigen Organismus aufhört, tritt der Tod ein. Der lebendige Körper ist materiell gesehen im Grunde nur ein Stoffwechselvorgang. Er nimmt Luft, Wasser und Nahrung in sich auf und gibt sie verwandelt wieder ab an die Umgebung. Auch auf der geistigen Ebene ist der Organismus ein ständiger Tauschvorgang: Das Empfangen und Geben von Gedanken und Gefühlen macht unser Leben aus. Die Ruhe, die wir in der Meditation erstreben, ist nur der Hintergrund dieses lebhaften Geschehens. In diesen Hintergrund hinein können wir uns versenken, dann erfahren wir inmitten dieses Gebens und Nehmens Stille. Das Geben und Nehmen aber geschieht währenddessen weiter, so wie ein Körper ja auch nicht zu atmen aufhört, wenn er schläft, nachdenkt oder geistesabwesend ist.

Wolf Schneider, schneider@connection.de Weblog: www.schreibkunst.com

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Geben & Empfangen Was in Indien Karma-Yoga oder Seva heißt, ist bei uns das Ehrenamt, ein Dienen für Gotteslohn, zur Karmaverbesserung oder aus reiner Liebe. Solche Dienste gibt es, seit es die Idee gibt, dass eine übernatürliche Instanz belohnen könnte, was auf Erden nicht vergolten wird. Oder seit wir wissen, dass Geben Freude macht, Verbindungen schafft, und dass wir dabei menschlicher werden. Auch die meisten spirituellen Randgruppen von heute können sich wirtschaftlich nur auf diese Weise tragen

S. 20 – 45 Interview mit Stanislav Grof Er ist einer der Pioniere der psychotherapeutischen Arbeit mit Psychedelika und der transpersonalen Psychotherapie: Stanislav Grof. Zusammen mit seiner Frau Christina hat er mit LSD, MDMA und anderen psychoaktiven Substanzen gearbeitet und dabei das Holotrope Atmen entwickelt. Connection-Autor Maxim Kormann sprach mit ihm über sein Leben, seine Arbeit und was er damit trotz aller Widerstände hat erreichen können

... sensibilisiert für die Wunder des alltäglichen Lebens!

S. 54 – 56

Der Erdbeergeschmack des Einen Lesen Sie

Gesundheit

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Die vielseitige Zeitschrift PULSAR steht für: Gesundheit, Alternative Medizin, Bewusstes Leben, Spirituelle Entwicklung, Ökologisches Denken, Umweltschonende Technologien ...

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Einheitserfahrungen sind wunderbar und ekstatisch, aber auch nach der Erleuchtung muss die Wäsche gewaschen werden. Torsten Brügge, der mit Padma Wolff zusammen die Bodhisattva-Schule leitet und auf connection.de bloggt, erklärt hier den »Absolutisten des Einen«, wie wichtig es, nach einer tiefen Erfahrung der Einheit nicht das »bloß Relative« zu verdammen

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Editorial Hier & Jetzt: die Kurzmeldungen Wilhelm Busch über den Wert von Kunst, illustriert von C. v. Puttkamer und Jeff Koons Wir verplempern unsere Zeit, meint Stefan Pinkert während einer Fahrt im ICE Klimahappen: Man gönnt sich ja sonst nichts. Wir sollten unser Klima nicht verfrühstücken, warnt Bobby Langer

Schwerpunkt: Geben & Empfangen 20 Medienarbeit im Kapitalismus. Wolf Schneider hat selbst erlebt, wie schwierig das ist 28 Die Renaissance der Menschheit. Charles Eisenstein möchte den Kapitalismus durch eine Geschenkkultur und Heilige Ökonomie ersetzen 32 Vom Vati-can-Geld zum Mami-can-Geld. Monika Herz macht dem Papst einen umwerfenden Vorschlag 34 Kunstvoll schöpfend, finanziell erschöpft. 2010 starteten drei Mutige in Wien eine »Zeitschrift für Barfußpolitik« 37 Ehrenamt jetzt und dann. Irene Garcia Garcia kandidiert für Die Violetten und wirbt für das BGE 38 Gemeinwohl als Gewinn. Christian Felber gibt mit seiner »Gemeinwohlökonomie« der Wirtschaft eine ethische Grundlage 41 Radikal ehrenamtlich. Wolfram Umlauf, der Macher von Jetzt TV, hat die Vision einer radikal ehrenamtlichen Gesellschaft 42 Ökonomie der Verbundenheit. Marietta Schürholz und Dirk Schumann berichten von Plätzen, wo eine andere Ökonomie praktiziert wird 44 Arbeiten an einem Ort, wo andere Urlaub machen. Ralf Lichtenfeld hat die Arbeit in den Zentren des Club Med erlebt 46 Wut & Liebe. Der Liedermacher und Pazifist Konstantin Wecker ist überzeugt, dass wir beides brauchen 50 Das Connectionhaus als Altersruhesitz. Wolf Schneider kündigt einen neuen Abschnitt im Leben dieses traditionsreichen Hauses an 54 »Das ist das größte Problem: die Erfahrungen im Leben zu integrieren«, antwortet Stanislav Grof, befragt von Maxim Korman 58 Erwachen durch Alkohol? Patrick Aigner provoziert gerne, auch im Connection-Interview mit Gabriele Palm 62 Der Erdbeergeschmack des Absoluten – Torsten Brügge erklärt die Advaita-Falle anhand von Erdbeeren 67 Regenbogenfarbene »Lichtbündel-Wesen« und Hologramme sieht Alexander. Bald kommt er ins Connectionhaus 68 Filme 70 Bücher 74 Leserbriefe 78 Marktplatz 80 Veranstaltungskalender und Inserentenverzeichnis 82 Vorschau/Impressum

, Zeitschrift für Lebenskunst, Weisheit, Humor und ein integrales Verständnis des menschlichen Lebens. Erscheint alle zwei Monate mit einem starken Schwerpunkt. Gegründet 1985, ist Connection Spirit die älteste transkonfessionelle spirituelle Zeitschrift auf deutsch. Fachmagazine über Tantra und Schamanismus aus demselben Verlag ergänzen sie.

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GEBEN & EMPFANGEN

Medienarbeit im

Kapitalismus Was diese Zeitschrift war, was sie ist, was sie sein kann Auch eine Zeitschrift hat ein Eigenleben, eine Identität, einen Geist, fast wie ein Mensch. Und sie ist eine Ware, die sich auf einem Markt bewegt. Dort gibt und empfängt sie: Ideen, Meme, Eigenschaften. Dort hat sie Erfolg oder scheitert, meist beides, und wird von beidem geprägt – ein Wesen mit Charakter, eine Persönlichkeit. Hier erzählt der Verleger aus der Geschichte dieser Persönlichkeit und Handelsware. Aus der Zeit, in der sie gestaltet wurde, und die sie mitgestaltet hat – und entwirft eine Zukunft

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Connection wird auch im Ramana-Ashram in Tiruvannamalai gelesen

VON WOLF SCHNEIDER

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GEBEN & EMPFANGEN

st es nicht merkwürdig, dass wir uns ein Ende der Welt – eine Welt, in der sich die Menschheit selbst vernichtet hat – leichter vorstellen können als ein Ende des Kapitalismus? Wir sind gebannt von der Gesellschaft, in der wir leben. Insbesondere von der hier geltenden Wirtschaftsordnung, sie prägt unser Denken und Fühlen. Diese Gesellschafts- und Wirtschaftsform erscheint uns als ganz normal, fast so wie die Tatsache, dass alles, was wir hochwerfen, auch wieder runterfällt. Alternativen? Kann man sich kaum mehr vorstellen. Fast jede Region der Welt hat sich dieses System inzwischen gefügig gemacht. Oder gibt es irgendwo noch eine Insel, deren Boden man nicht kaufen kann, weil Boden heilig ist?

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FLICKR.COM © BOETTER

Die Weltgesellschaft

»Unsichtbar macht sich die Dummheit, indem sie sehr große Ausmaße annimmt«, hatte Bertolt Brecht dazu einst gesagt, und er meinte damit nicht nur das Wirtschaftssystem. Es gibt viele Dummheiten heute, auch außerhalb der Wirtschaft, die so große Ausmaße angenommen haben, dass man sie nicht mehr sieht. Der Verständlichkeit und Anschaulichkeit zuliebe möchte in diesem Artikel auch einiges aus meinem Leben erzählen. Das macht die Behauptungen verständlicher, die ich hier aufstelle – über das Geben und Empfangen, den Umgang mit Geld, das Verschenken von Arbeitszeit, die Suche nach Sinn und Erfüllung und nach einer Freiheit vom bloß Wirtschaftlichen – umso mehr, als dieser Artikel für einen Zeitschriftenartikel ungewöhnlich lang ist.

Zu allen Zeiten der Menschheitsgeschichte hat es sehr verschiedene Gesellschaften gegeben, die sich zum Teil krass voneinander unterschieden. Für Reisende gab es Alternativen. Heute gibt es nur noch eine, die globale Weltgesellschaft mit ihrer neoliberalen Wirtschaftsordnung. Sie hält den freien, möglichst unregulierten Verkehr der Waren und des Kapitals für eine Bedingung jedweden menschlichen Wohlstands. Nur noch Nordkorea tickt in der Hinsicht anders, ein ruiniertes Land. Kein Mensch will dorthin, nur fliehen wollen die Menschen von dort. Wie leicht ist es da für die Vertreter unserer Weltordnung zu sagen: Wenn dir unser System nicht gefällt, dann schau doch mal nach Nordkorea – willst du das? Auch Cuba ist inzwischen unterwegs, zu dem zu werden, was die Global Player auf den expansionshungrigen Weltmärkten sich wünschen: freie Kapitalbewegungen, freier Handel, offene Grenzen für alle Waren, offen auch für das Zehntel der Menschheit, das genug Geld hat, sich das Reisen leisten zu können.

Aussteigerleben

Alternativlos?

nen unter Umständen hart arbeiten mussten. Drei Monate konzentriertes Büffeln im Winter 1979 hatten mir den Taxischein für München gebracht, damit konnte ich von meinen Reisen immer wieder nach München zurückkehren und ein paar Schichten fahren, um in ein paar Tagen, Nächten, Wochen oder Monaten wieder genug Geld zu haben für meine »alternative Lebensweise«, mein Aussteigerleben, in dem ich meine Arbeitskraft und meine Ideen jeweils dem Projekt schenkte.

Ein System, das so weltumfassend ist wie das unsere, erscheint uns als alternativlos. Geld muss »arbeiten«, Kapital sich bewegen dürfen, und Firmen muss erlaubt sein, dorthin zu ziehen, wo die Steuern niedrig sind, das erscheint uns so normal wie das Blau eines wolkenlosen Himmels, oder dass Käfer sechs Beine haben und nicht vier. So ist es eben. Die Nutznießer dieses Systems brauchen ihre Kritiker nicht mehr zum Verstummen zu bringen, die Massen halten es ja selbst für alternativlos. So kann sich diese Wirtschaftsordnung sogar noch demokratisch legitimieren, denn die von den weltweit recht ähnlichem TV-Sendern in ihren Fernsehsesseln in gläubige Trance versetzten Massen werden es bestätigen und Abweichler entweder für blauäugige Spinner halten oder für gefährliche Extremisten.

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Als ich 1985 mit dieser Zeitschrift begann, hatte ich viele Jahre lang unentgeltlich in alternativen Projekten mitgearbeitet, in Therapie- und Meditationszentren, Stadt- und Landkommunen, in einem Zentrum ausgestiegener Künstler auf dem Land in Italien und in einem Ökostadtprojekt in den USA. Eines dieser Zentren hatte ich selbst gegründet, andere hatte ich bei ihrer Aufbauarbeit unterstützt, sie als Coach beraten oder einfach mit meinen Händen mitgearbeitet. Uns Aussteigern war klar, dass wir anders leben wollten als die »in der Gesellschaft«, und dass wir für die Möglichkeit so leben zu kön-

den Lebensunterhalt verdient, und die Freizeit oder Zeit in der Familie und unter Freunden, wo man macht, was man gerne tut. Obwohl ich meine Arbeit als Taxifahrer mochte – für mich war sie keine Maloche, sondern hatte immer auch einen Aspekt von Abenteuer –, war dieses in Pflicht und Kür, Wollen und Müssen gespaltene Leben auch lange Zeit die Regel. Für die meisten Menschen ist diese Gespaltenheit ein Arbeitsleben lang der Normalzustand. Mit der Gründung der Zeitschrift Connection im Jahr 1985 war für mich die Möglichkeit entstanden, diese Spaltung aufzuheben und »meine Berufung zum Beruf« zu machen.

Eine Zeitschrift entsteht Die Zeitschrift, die du jetzt in Händen hältst, entstand aus einer Laune heraus im Winter 1984/85 am Küchentisch einer Münchner WG. Weil man für sowas eine Rechtsform braucht, gründeten wir einen Verein. Aber welcher kreative Abenteurer will schon einen Verein verwalten? Weil kein anderer den Job wollte und wir ihn doch brauchten, ließ ich mich von diesem e.V. zum Vorstand wählen. Ein Jahr später hatte das Projekt etwas größere Ausmaße angenommen, ich wandelte es deshalb in eine Einzelfirma um, die war leichter zu handhaben als das Prozedere eines Vereins. Außerdem machten wir Minus, jemand musste die Verluste tragen, und als Inhaber des Verlages konnte ich das Konto mit ein paar Taxischichten wieder auf-

»Unsichtbar macht sich die Dummheit, indem sie sehr große Ausmaße annimmt« Bertolt Brecht

Berufung und Beruf Arbeiten, um Geld zu verdienen, das war auch für mich das eine; meiner Berufung zu folgen das andere. Für die meisten Menschen ist das Leben in ähnlicher Hinsicht gespalten in das, was sie tun müssen und das, was sie tun wollen. In die Arbeit, mit der man sich

füllen. Bald bekam ich bei meiner Hausbank sogar, trotz vorgelegter fragwürdiger Bilanzen und des Fehlens jeglicher Sicherheiten, 70.000 DM Überziehungskredit – heute erscheint uns das wie ein Märchen aus einer anderen Zeit.

Aufbauarbeit Meine Arbeit tat ich gerne, obwohl immer viel zu tun war und das Geld immer knapp. Als Taxifahrer gelang mir das Geldverdienen vergleichsweise leicht, da hatte ich immer genug und konnte viel verschenken. Als Zeitschriften-Unternehmer aber war es knapp, verschenken ging nicht mehr, ich musste streng haushalten, und meine eigene Arbeit war so gut wie unbezahlt. Das kannte ich ja von den anderen Projekten her: Aufbauarbeit ist spannend und kann sehr erfüllend sein, aber einen Gewinn gibt es da-

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GEBEN & EMPFANGEN

ausreichend viel geschenkte Mitarbeit, bei uns »Ehrenamt« genannt, nicht zu machen.

Esosprüche frei Haus Connection hat mir erlaubt zu tun, was ich wollte: Ich durfte die Koryphäen der spirituellen Szene interviewen, unentgeltlich ihre Methoden kennenlernen und über sie berichten. Ich durfte über jedes Thema, das mir einfiel, schreiben und zwar was ich wollte, begrenzt nur durch die »Abstimmung mit den Füßen« seitens meiner Kunden. Was für eine enorme geistige Freiheit! Eher un-

Taxifahren ist lohnender als das Verlegerdasein – zumindest finanziell

langt, bestgecoachten Manager der Szene zum schärfsten Kritiker dieser Eso-Klamotte geworden: Dieses sogenannte »Gesetz« ist nicht nur dumm, sondern höchst gefährlich und beweist wieder einmal, dass Halbwissen viel schlimmer sein kann als völliges Unwissen.

Erwachsen werden Nach wiederholter leichtsinniger Befolgung solcher Eso-Sprüche brauchte die Sanierung jeweils Zeit, Geduld, neues Vertrauen und immer wieder die Fähigkeit, nach einem Scheitern neu aufzustehen. Durch unsere Geldknappheit fehlte es außerdem an Profis für die einzelnen Aufgaben. Versuche, mit gut bezahlten Fachleuten eine Wende zu erzielen, scheiterten. Werbung war nicht bezahlbar, und auf dem Zeitschriftenmarkt hatte ich Konkurrenten, die im Gegensatz zu mir mit Kapital oder Knowhow eingestiegen waren – oder mit beidem. Ich selbst hatte anfangs keins von beidem, später nur noch kein Geld. Alles in allem also eine harte Schulung sowohl im Umgang mit Geld als auch dem Umgang mit Menschen, von denen man wirtschaftlich abhängt. Der leichtfüßige Spiri, der 1985 dieses Projekt mit fröhlichen OshoSprüchen wie »Celebrate your life« und »Sei wie eine Fackel, die von beiden Seiten brennt« begonnen hatte, wurde allmählich erwachsen.

Spirituelle Entwicklung

schengeld gezahlt wurde, dachte ich, dass ich das mit meinem Verlag würde anders machen können. Es sei vor allem eine Frage des guten Willens, glaubte ich, zweitens der richtigen Unternehmensführung, dann würde das schon klappen. Beides erwies sich als falsch. Den Willen hatte ich – andere fanden, dass ich damit sogar in Überdosis gesegnet (bzw. verflucht) war. Und das Management, dafür setzte ich Leute ein, die es eigentlich können müssten, fiel aber nach diversen Enttäuschungen immer wieder auf mich selbst zurück und führte den Verlag dann geschäft lich selbst, in Personalunion mit der inhaltlichen Leitung. Mein Fazit nach diesen langen Jahren des Ringens um einen wirtschaftlichen Erfolg: Schuld an den roten Zahlen ist nicht immer die Person und die Art der Führung, sondern eine inhaltlich unabhängige Zeitschrift, die eine neue Art des Daseins darstellt – sowohl innerlich im Verhältnis zum Menschen selbst wie äußerlich, was die Gesellschaft anbelangt –, ist ohne eine Menge Eigenkapital, exzellente Connections in der Branche und

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frei hingegen war meine materielle Lage. Vertrauensvorschüsse ließen mich anfangs tendenziell spendabel sein mit dem Geld, was Werbekosten und die Bezahlung von Mitarbeitern anbelangte. Im Lauf der Zeit wurde ich damit aber immer genauer und strenger. Nur ein ein extrem frugales Kostenmanagement konnte schließlich den Verlag über Wasser halten. »Gib mit vollen Händen aus, dann wird ebensolche Fülle zu dir zurückfließen« – be-

Auch wenn die Ökonomie mich meist mehr beschäftigt hielt als die spirituellen Inhalte, lernte ich auch in Bezug auf die Inhalte. Es hat ja alles, was wir da geistig oder spirituell tun, auch seine materielle und ökonomische Seite. Sich als spiritueller Lehrer zu etablieren, braucht Einsicht, Mut, Menschenkenntnis und dann eben auch ein Verständnis für die wirtschaftlichen Fragen einer Existenzgründung. Auch wenn viele spirituelle Lehrer, Therapeuten, Channelmedien und andere Vermittler so tun, als sei es irgendwie von Energien bewirkt, ohne ihr Zutun, oder quasi von göttlicher Hand gesteuert,

Als ich Connection begann, wollte ich »einen richtigen Verlag« aufbauen, und nicht so ein Zuschuss-Unternehmen, wie ich sie in der Spiri-Szene haufenweise kennengelernt hatte

schenkt mit solchen Esosprüchen war ich anfangs tatsächlich eher spendabel, sehr zum Schaden meines Verlages. In Sachen Resonanzprinzip bin ich inzwischen vom vermutlich, was Reichtumsbewusstsein anbe-

dass sie nun eine Schülerschaft um sich haben und von deren Verehrung ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Zeitschriftenmacher ebenso wie Seminarhausinhaber jedenfalls bekommen auch die

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bei in der Regel vorerst nicht. In den Jahren 1986 bis 88 unternahm ich nach der Verlagsgründung einen zweiten Schritt ins Risiko: nicht mehr Taxi fahren, nur noch fürs Büro da sein. Das Minus, das wir erwirtschafteten, sollte nun nicht mehr durch meine Taxischichten gedeckt werden, sondern meine 70-Stunden-Woche im Büro sollte die Wende bringen von den roten in die schwarzen Zahlen. Trotz meiner Erfahrung mit den alternativen Zentren und Gemeinschaften, wo den Mitarbeitern kein Geld oder nur ein Ta-


GEBEN & EMPFANGEN

ökonomische Seite des spirituellen Geschehens mit, den Alltag der Referenten und Lehrer nach der Show. Oft zeigt sich erst bei der finanziellen Abrechnung mit der geschätzten Koryphäe, wie es charakterlich um ihn oder sie bestellt ist; die Manager der Szene können da in der Regel von einigen ernüchternden Erfahrungen berichten.

Stufenweg Einen Bereich möchte ich hierbei besonders herausgreifen, auf dem sich in den diversen spirituellen Subkulturen zur Zeit viel bewegt. Das ist die Einsicht in die Tatsache eines Stufenwegs, oder jedenfalls die Realität und Notwendigkeit einer Entwicklung, wie stufenlos oder gestuft diese auch immer im Einzelfall sein mag. Eine typische Stufe ist für einen spirituellen Sucher erreicht, wenn er seine er-

Ein Start mit Kapital und Knowhow? Ich selbst hatte anfangs keins von beidem, später nur noch kein Geld sten tiefen Einheitserfahrungen gemacht hat, die ihm zeigen: Es ist alles in ihm. Es kommt auf die Haltung an, auf die Einstellung zur Welt, nicht so sehr auf die Außenwelt. Ich bin ein Teil von allem, ich gehöre zur Welt, meine Getrenntheit ist eine Illusion. Auf dieser Stufe zu denken: »Das ist es! Ich hab’s! Das ist die Erleuchtung!«, ist eigentlich ganz normal. Wer von uns hätte sich nicht schon mal für erleuchtet oder erwacht gehalten? Einige mögen dieses Erwachen vielleicht anders nennen: Einsicht, Weisheit, Hingabe ans Göttliche oder an die bedingungslose Liebe. Dies aus eigener Erfahrung zu

kennen und nicht nur aus Büchern oder Filmen, ist eine wunderbare Sache. Aber es ist noch nicht das Ende des Weges. Was dann kommt, auch das haben viele spirituelle Lehrer deutlich zur Sprache gebracht. Auf den diversen Advaita-Konferezen ist dies zur Zeit das Mega-Thema. Torsten Brügge hat mit seinen Erläuterungen hierzu in Connection – in dieser Ausgabe auf den Seiten 62 bis 65 – und auf connection.de viel zur Klärung beigetragen. Ich will diesen vielen guten Erklärungen zu den »Fallen auf dem Weg« hier nur einen Gedanken hinzufügen, der mir selbst einiges erhellt hat.

ZEICHNUNG GERHARD MESTER

Wir werden zugefüllt mit Information. Was davon ist wesentlich? Und was ist glaubwürdig?

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GEBEN & EMPFANGEN

Er betrifft den Unterschied zwischen den Literaturgattungen fact und fiction; auf Deutsch Sachbuch und Belletristik; in der Filmkunst Doku und Spielfilm.

Fakt und Fiktion Das sind zwei Arten, Wirklichkeit darzustellen. Es ist nicht etwa so, wie ich früher dachte, dass Fakten die Wirklichkeit darstellen, wie sie ist, während Fiktionen Einbildungen, Träumereien oder Fantasien sind, jedenfalls keine Abbildungen von Wirklichkeit. Beide sind jedoch Arten der Darstellung des Wirklichen, Annäherungen an das, was tatsachlich der Fall ist, an die Wahrheit oder Wirklichkeit – und zwar zwei sehr fundamental verschiedene Arten. Und die Personen, für die wir uns halten, die Individuen, die wir zu sein glauben, sind in ähnlicher Weise Fiktionen wie die Charaktere unserer schöngeistigen Literaturen und Spielfilme. Auch wir selbst, unsere Persönlichkeiten, sind fiktive Gestalten, sowas wie Odysseus, Hamlet oder Pippi Langstrumpf. Diese Einsicht macht es mir leicht, nun kein Ego mehr zu verunglimpfen oder mich davon distanzieren zu müssen, sondern ich betrachte nun jedwede Person, die ein Mensch »darstellt«, als Fiktion. Jede Person tut so, als ob sie jemand sei. Als solche hat sie Wirkung, schafft also Wirklichkeit. Die Personen (hier nicht von »Persönlichkeit« oder »Charakter« unterschieden) sind Figuren auf der Bühne des Lebens – inszenierbar, gestaltbar und von der Umwelt interaktiv beeinflussbar. Ich halte das für einen Gedanken, der Kunst & Literatur, Geistes- und Naturwissenschaft an diesem Punkt des Ich bzw. der Persönlichkeit zusammenführen kann, an dem sich alle drei doch bisher heftig bekämpfen.

Ist Ehrenamt ein Schattenthema? Ich habe für diese Ausgabe in der spirituellen Szene rumgefragt, wer mir zum Thema der geschenkten Arbeitskraft was sagen oder schreiben könne. Sonst werde ich immer mit Texten bestürmt, fast immer habe ich viel mehr Stoff, als ich unterbringen kann, Textakquise brauche ich deshalb normalerweise nicht zu machen. Diesmal aber tröpfelte es nur spärlich rein. Die drei vom TAU in Wien lieferten mir einen Text mit sehr schönen Bildern (hier im Heft auf den Seiten 34 bis 36), von drei anderen Projekten, mit deren Machern ich gut befreundet bin, kam jedoch nichts. Warum diese Scheu? Ist das Scheitern bei dem Wunsch, die Mitarbeiter unserer so hoffnungsvollen Projekte marktüblich zu bezahlen, uns denn peinlich? Ein Schattenthema, das bedeutsam ist, aber aus Furcht vor Verurteilung vermieden und verdrängt wird? Den Jour-

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nalisten in mir macht das nur noch neugieriger. Der möchte hier weiterfragen, recherchieren und reinspringen in die vorhandenen Fettnäpfchen, denn dort scheinen ein paar Schätze vergraben zu liegen: Wahrheit, Erkenntnis, Freiheit. Wie peinlich ist es doch, Geldmangel eingestehen zu müssen, wenn man sich selbst für reichtumsbewusst hält und das Mangeldenken längst überwunden zu haben glaubt. Als Hintergrundmusik zu dieser Peinlichkeit posaunt der Mainstream seit Jahren die Leitmelodie hinaus, dass man sich mit Esoterik »eine goldene Nase« verdienen könne – immer wieder diese selbe Phrase, in den Boulevardzeitungen ebenso wie im Fernsehen. Das könnte einer der Gründe sein, warum Menschen, die »spirituell alternativ« unterwegs sind, oft nur schamhaft zugeben, dass sie damit kein Geld verdienen. Zudem sagt ihre Philosophie ihnen doch mit Sprüchen wie »Die Wirklichkeit, die du erlebst, hast du

vergleichen lassen, stellt sich also einem mehr als millionenfach vergrößerten Markt mit entsprechend größerer Konkurrenz. Das zwingt zu einem völlig anderen Verhalten als früher. Je größer der Markt, desto spezieller und spezialisierter muss das Produkt sein und umso großer der Anteil der Ressourcen, der in die Vermarktung gesteckt werden muss im Vergleich zu dem, der für die Erstellung des Produktes da ist. Die vergrößerten Märkte zwingen uns zur Verschiebung der Ressourcen von der Produktion in Richtung Marketing, was sich negativ auf die Qualität auswirkt. Wer früher 80 Prozent seiner Ressourcen in das Produkt stecken konnte, das er dann auf den Wochenmarkt trug, um es zu verkaufen, muss das Prinzip heute umkehren und mindestens 80 Prozent in die Vermarktung stecken, das heißt in den Aufwand, der für einen Verkaufserfolg nötig ist. Es bleiben also nur noch höchstens 20 Prozent der geistigen und ma-

Das sogenannte »Resonanzgesetz« ist nicht nur dumm, sondern auch gefährlich

dir durch deine Glaubenssätze selbst erschaffen«, dass es an ihnen liegt, wenn sie scheitern, nicht an der Gesellschaft. Wenn sie es nicht schaffen, haben sie ihre Übungen nicht gut genug gemacht oder haben nicht intensiv genug daran geglaubt, dass es gelingen wird – und hätten damit also guten Grund für Scham und Schuldgefühle.

Ein »richtiger« Verlag? Als ich Connection begann, wollte ich »einen richtigen Verlag« aufbauen und nicht so ein Zuschuss-Unternehmen, wie ich sie in der Spiri-Szene haufenweise kennengelernt hatte – ein Projekt, das immer wieder Zuschüsse von Geld oder unbezahlter Arbeitskraft braucht. Damit bin damit gescheitert. Ökonomisch gescheitert, in gewisser Hinsicht auch sozial. Die Marke hat zwar überlebt – bisher. Aber das Konzept muss ich nun vorerst begraben. Connection wird als selbständiger Verlag nur dann eigenständig weiterleben können, wenn sie mehr als bisher von geschenkter Arbeit lebt. Dazu gleich mehr.

Von 80:20 zu 20:80 Doch zunächst eine Beobachtung, die in sehr allgemeiner Weise auf fast alle heutigen Produkte zutrifft. Für die meisten heutigen Waren haben sich die Märkte vergrößert. Wer früher auf den Dorffesten sang oder Gitarre spielte und dort noch relativ leicht Bewunderung einheimste, muss sich heute mit Liedern und Musikstücken des Weltmarktes

teriellen Ressourcen für die Erstellung des Produktes. Der Rest gilt dem Design und Anfertigen der Verpackung, dem Finden eines geeigneten Produktnamens und Logos, einer eingängigen Werbebotschaft und Entwicklung der Werbestrategie bis hin zu den diversen Vertriebsförderungs-Maßnahmen, die natürlich eine genaue Zielgruppenrecherche voraussetzen. Die Folge ist eine Verminderung der Produktqualität, denn ihre Anpreisung und Vermarktung verlangt einen immer größeren Anteil der vorhandenen Ressourcen an Kapital, Zeit und Kreativität. Und das alles gilt auch für Bücher und Zeitschriften. Wer das nicht beachtet, verschwindet vom Markt.

Unser Gott ist der Markt Einen höheren Anteil der Ressourcen für Marketing zu verwenden auf Kosten der Qualität, kommt für mich nicht in Frage. Connection gilt jetzt unter Fachleuten als »beste transkonfessionell-spirituelle Zeitschrift auf deutsch«. Eine Portion Zweifel bei solchem gerne gehörten Lob bewahre ich mir indes und sage lieber: Connection gehört vermutlich in ihrem Themenbereich zu den qualitativ besten Zeitschriften. Mir fallen da nämlich noch ein paar andere ein: die in Wien erscheinende Zeitschrift »Ursache & Wirkung« gehört beispielsweise dazu und die in der Schweiz erscheinende Zeitschrift »Spuren«, die dort eine gewisse regionale Monopolstellung hat. So wie bisher kann Connection jedoch nicht weiter existieren. Soll ich sie einstellen? Der Markt hat’s ge-

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GEBEN & EMPFANGEN

geben, der Markt hat’s genommen, gelobt sei der Markt? Ich hätte meinen inneren Frieden damit, auch wenn ich nicht an die »unsichtbare Hand« (Adam Smith) eines alles letztlich zum Guten regelndes Marktes glaube, so wie andere an Gott glauben. Ich möchte auch mein Magazin nicht mit PR füllen, so wie andere Blattmacher das tun, um damit Anzeigenkunden glücklich zu machen. Damit könnte

ein Kredit zu besorgen wäre –, möchte ich das Marketing »crowdfunded« machen lassen. Wenn jeder einzelne Leser, der diese Zeitschrift gut findet, dies weitersagen würde, hätten wir mit einem Schlag alle unsere Vermarktungsprobleme gelöst. Wenn du eine halbe Stunde damit verbringst, Connection auf deinem Facebook-Account zu erwähnen oder über eines der ConnectionBooks auf Amazon eine Rezension einstellst,

Auf den Konferenzen der Mächtigen sieht man die Pinguine unter sich. Ein Ende des Patriarchats? Ist nicht in Sicht

Connection zwar vorerst überleben, aber vermutlich nicht lange, denn die Inhalte wären nicht mehr neu und viel weniger glaubwür-

ist das eine uns (und vielleicht auch dir selbst) geschenkte halbe Stunde. Zeit ist wertvoll! Zeit zu verschenken ist

Ist Connection förderwürdig? Die zweite Sache, die uns helfen kann, ist die Umstellung unserer Abopreise. Da haben wir euch die Wahl gelassen, den Normalpreis von 47 € im Jahr zu zahlen oder nach Selbsteinschätzung den verminderten von 35 €. Nun fügen wir noch zwei Preise hinzu: das Förderabo für 65 € und das Sponsorenabo für 100 €. Wer ein Förderabo oder Sponsorenabo bestellt, beschenkt damit uns und sich selbst, beim Sponsorenabo sogar noch eine weitere Person. Du brauchst uns nur neben deiner auch deren Adresse zu geben, wir beliefern sie dann in deinem Auftrag, ohne ihr dafür etwas zu berechnen. Früher habe ich mich geschämt, um ein solches Sponsoring zu bitten. Jetzt, nach fast dreißig Jahren der rückhaltlosen Hingabe und des Kämpfens um mein Projekt, weiß ich: Es geht nicht anders. Für Amnesty In-

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Rede und Pressekonferenz mit Vandana Shiva in Brüssel, September 2013

dig. Connection würde sich dann nicht mehr vom Gros der anderen Zeitschriften unterscheiden und könnte nur noch überleben, wenn sie gegenüber den Mitbewerbern den dann unvermeidlichen Preiskampf besteht.

Marketing per Crowdsourcing Meine Idee ist eine andere. Anstatt mir vom Arbeitsmarkt einen Vertriebs- und Marketingprofi zu holen, für 5.000 €/Monat – wofür

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das Größte. Zeit für etwas zu verschenken, woran man glaubt und was man liebt, ist das Allergrößte. Tu das für die Ziele, Dinge und Menschen und Projekte, die du gut findest und an die du glaubst! Wenn Connection für dich eines dieser Projekte ist, und das für ein paar hundert unserer Leser der Fall ist, und sie sich aufraffen können, das weiterzusagen, können wir weiter existieren.

ternational wird gespendet und für Greenpeace, warum nicht auch für Connection? Auch wir sind eine NGO. Wir haben eine Mission, eine Botschaft. Allein durch den Verkauf unserer Produkte in Würde, ohne Selbstausbeutung zu bestehen, geht nicht. Jedenfalls nicht in diesem »real existierenden« Wirtschaftssystem. Wenn Connection es wert ist, erhalten zu werden, braucht sie auch die Art von Unterstützung, die NGOs wie Amnesty und Greenpeace gegeben wird.

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GEBEN & EMPFANGEN

Korrumpierte Informationen Nicht nur wir müssen uns umstellen, unser kleiner Verlag und ein paar andere Printverlage und Medienunternehmen, sondern unsere gesamte Ökonomie. Wenn unser Biotop überleben soll, müssen mehr Menschen nicht nur ihre Einkaufsentscheidungen überdenken – Woher kommen meine Nahrungsmittel? Wo wurde mein T-Shirt, das ich da gerade kaufe, hergestellt? –, sondern auch ihre Zeitinvestitionen. Zeit ist das wertvollste, was wir haben. Womit verbringst du deine Zeit? Was liest du da gerade? Ist diese Nachricht glaubwürdig? Das weitaus meiste, was auf deutsch gedruckt wird (in den anderen Sprachen ist es kaum anders), ist das Ergebnis von PR, das heißt vom finanziellen Druck des Herstellers einer Ware, die er damit promoten will, auf den Verleger der jeweiligen Publikation. Was wir heute mehr denn je zu lesen bekommen, sind keine echten Nachrichten mehr, auch wenn sie so tun, als wären sie welche. Es sind nicht Texte, die geschrieben wurden, weil uns eine wichtige Information fehlte oder weil genau das endlich mal gesagt werden musste, sondern es sind von Werbeprofis geschriebene Texte, die der »Positionierung von Marken« in unseren Köpfen dienen, mit dem Ziel, dass wir die entsprechenden Produkte dann glauben kaufen zu müssen – eine Art der Heuchelei und geistigen Versklavung, die unsere unablässig wachstumshungrige, gefräßige Wirtschaft von uns verlangt.

lisierung gebracht, als die bisherige Medienwelt es sowieso schon war. Das heutige Internet wird sogar noch mehr von den Mediengiganten dominiert als die bisherige Welt des Prints. Beides führte dazu, dass das meiste, was man im Internet liest, keine uneigennützigen Nachrichten mehr sind. Weil dort fast alle Nachrichten ohne Bezahlung frei zugänglich sind, haben sie den Charakter dessen, was man in den frei verteilten Anzeigenblättern zu lesen bekommt: Es sind keine echten Informationen, es ist PR.

Mit Gorbatschow am runden Tisch 1995 war ich auf das erste State of the World Forum eingeladen. Ich war einer von nur drei Deutschen, die sechs Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges auf dieser Konferenz mit etwa tausend Teilnehmern die »Zivilisation des 21. Jahrhunderts« neu entwerfen wollten. Ich empfand das als große Ehre und weiß bis heute nicht, wem oder was ich sie zu verdanken habe. Den Flug nach San Francisco, wo sie tagte, hätte ich mir nicht leisten können, die Tagungsgebühr auch nicht. Eine Leserin von Connection sponserte mir die Teilnahme mit 10.000 DM. Dort traf ich Stan Grof, Fritjof Capra, Deepak Chopra, Hazel Henderson und viele andere und saß mit Michail Gorbatschow und Anthony Robbins im kleinen Kreis an einem runden

Ein Interview mit Raissa? Ist das wichtig? In Connection schrieb ich zwei längere Berichte darüber. Die großen deutschen Medien aber berichteten darüber nicht. Sie waren eingeladen, hatten aber offenbar niemanden dort hingeschickt. Ein Versäumnis? Ich bot dem Spiegel, der ZEIT und der SZ einen Bericht an, zusammen mit Fotos von u.a. Gorbatschow und seiner Frau Raissa, bekam auf mein Angebot aber keine Reaktion. Nochmal nachhaken, immer noch keine Reaktion. Auch keine Absage. Warum? Ich weiß es bis heute nicht. Von Raissa hatte ich eine Interviewzusage beRaissa Gorbatschow

kommen, konnte das Interview aber in San Francisco nicht mehr realisieren, da die beiden schnell abreisten. Sie luden mich nach Moskau ein. Sollte ich mir dafür die Zeit freinehmen? Woher die Reisekosten nehmen? Schon wieder um ein Sponsoring betteln? Ich hatte gehofft, dass eines der großen

Auch das Internet ist voller PR

Gegen einen Ozean antreten, ist das nicht ein bisschen viel verlangt?

Unsere Gedanken sind neu. Auch unsere Umgangsformen sollten es werden, und dazu gehört auch die Kleidung Tisch, an dem es um die endgültige Abschaffung und Entsorgung der Atomwaffen ging.

Medienunternehmen mir die Reise zahlen würde, dafür bekämen sie das Interview. Kaum jemand hatte bisher Raissa interviewt, sie versteckte sich hinter ihrem berühmten Mann. Als ich die beiden in San Francisco sah, hatte ich den Eindruck, dass sie die Frau hinter dem starken Mann ist, sozusagen seine weibliche Seite. Die beiden liebten sich wirklich, und sie stärkte ihn. Ich wollte von ihr wissen, wie sie das macht, und was sie von den weltpolitischen Veränderungen hält, die ihr Mann initiiert hatte.

Der Hefeteig der Randgruppen Leider schienen die deutschen Medien an dieser Frau kein Interesse zu haben, und ich, mit meiner kleinen Zeitschrift und der ständigen Zeit- und Geldnot, konnte die Reise nach Moskau nicht so ohne weiteres zustande bringen. Ich erzähle das als Beispiel

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FLICKR.COM © PETER KAMINSKI, COLLAGE © C. V. PUTTKAMER

Das Internet als World Wide Web (WWW) hat die Medienwelt zwar zunächst liberalisiert: Jeder darf sich dort eine Website zulegen und dort fast alles veröffentlichen, was er will. Das zweite Jahrzehnt des Internets (1994 gilt als Geburtsjahr des WWW) hat aber dann eine noch stärkere Kommerzia-


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dafür gegen Tsunamis anpfeifen müssen

für einen Verzicht, den man als kleine Figur am Rande des großen Mainstreams eingehen muss, immer wieder. Weil das Geld fehlt. Weil die Menschen und Medien, die wirklich ein neues Denken leisten könnten und eine neue Welt, eine »Zivilisation des 21. Jahrhunderts« aufbauen helfen könnten, meist am Rande des Existenzminimums leben und sich den größten Teil ihrer Zeit mit Marketing und Vertriebsaufgaben und dem täglichen Überlebenskampf herumschlagen müssen. Zeit für wirkliche Innovation, für die großen Ideen bleibt da kaum mehr. Und doch sind gerade diese Randgruppen der Gesellschaft der Hefeteig, in dem das Neue aufgehen kann. Hier könnten Beispiele entstehen, vielleicht sogar Vorbilder für das, was unsere Welt braucht.

Kleidung als Statement Ich gönne mir hier, zum Abschluss dieses Artikels, noch eine Anmerkung zum Äußeren, zur »Oberfläche der Tiefe« – zur Kleidung. Wenn ich die Fotos von den G8 oder G20 Konferenzen sehe oder vom Weltwirtschaftsforum in Davos, sehe ich dort vor allem Gruppen von Pinguinen, ab und zu unterbrochen von der bunten Kleidung einer Frau. Merkel? Geht so. Schöner ist es allerdings, wenn auch mal eine Afrikanerin dabei ist. Als Evo Morales, der Präsident von Bolivien (ein Indigener!) auf die Weltbühne trat, sah man dort unter den Pinguinen auch mal einen gestreiften Pullover. Warum kommen die männlichen Asiaten alle in denselben Klamotten auf diese Konferenzen, die ohne große Veränderungen seit mehr als einem Jahrhundert als Einheitskleidung des westlichen Mannes gilt, wenn er sich in Schale wirft? Dunkle Anzüge mit Krawatten, nur die Frauen dürfen bunt auf-

treten und nicht uniformiert. Kann es sein, dass sich unter solchen Schalen keine wirklich neuen Gedanken mehr formen? Dass das Patriarchat erst dann abgelöst wird, wenn diese Formen freier und die Farben bunter werden und die Frauen damit aufhören, die Männerkleidung zu imitieren? Unsere Gedanken sind neu, auch unsere Umgangsformen sollten es werden, und dazu gehört auch die Kleidung. Die asiatischen Hochkulturen und die Indigenen aller Kontinente sollten die Kleidung des Patriarchats abstreifen, die auch die Kleidung des Kolonialismus ist. Sie könnten doch, so nah oder fern vom guten Teil ihrer eigenen alten Traditionen, so ähnlich wie es die Weltmusik im Bereich des Akustischen macht, im Bereich der Kleidung neue Formen entwerfen. Das würde auch das Denken frischer machen und den Umgang miteinander. Und ihr Frauen, ihr solltet nicht mehr nur die Paradiesvögel auf den Meetings der Herrschenden sein oder diejenigen, die dort den Kaffee servieren, sondern dort den Stil prägen und den Ton angeben, sowohl was die Inhalte anbelangt wie die Formen! Frauen nicht wie Thatcher, sondern wie Nandana Shiva oder Miriam Makeba brauchen wir auf den politischen Bühnen der Welt.

Gegen einen Ozean anpfeifen? Es würde mich auch freuen, wenn uns in der Connection noch ein paar passionierte Experten zufliegen würden, sowohl im Bereich der Webpräsentation und -vernetzung wie auch im Bereich Film und Filmschnitt oder im viralen Marketing. Mit konventionellen Methoden werden wir unsere Themen nicht unters Volk bringen können – dann eben unkonventionell. Und es muss dieser Verlag

auch nicht mehr von mir geführt werden. Wenn einer das besser kann, nur zu! Ich mache die Inhalte, du führst die Geschäfte, perfekt! Wie auch immer wir mit unseren Ideen am besten die Menschen erreichen und mit ihnen im kreativen Dialog bleiben. Aufgeben werde ich nicht. Mein Freund Kurt Tucholsky – über die Brücke der Zeit hinweg ist er mein Freund – hat 1933 gegenüber der Nazi-Ideologie, die er viele Jahre lang mit Witz und Geist bekämpft hatte, aufgegeben. Im April 1933, Hitler war inzwischen Reichskanzler, schrieb er aus dem schwedischen Exil: »Gegen einen Ozean pfeift man nicht an.«

Für die paar wenigen Die wirtschaftlichen und politischen Eliten unserer Weltgesellschaft haben unsere Welt aufgegeben. Gegen den Klimawandel wird nichts mehr unternommen, gegen die Überfischung und Verschmutzung der Meere auch nicht, die Atomwaffen werden eher mehr als weniger, ein Ende der Kriege ist nicht in Sicht, ein Ende des Patriarchats auch nicht. Und die Grünen? Haben sich inzwischen weitgehend angepasst. Und die spirituelle Bewegung, die doch einst per Meditation und »Make love, not war« den inneren und äußeren Frieden und Schutz der Natur erreichen wollte? Ist auf das Niveau einer vermarktungsfähigen popspirituellen Wellness-Bewegung abgesackt. Dass die es noch bringen werden, diese Hoffnung habe ich nicht mehr. Außer ein paar wenigen vielleicht. Für die schreibe ich. Für die kämpfe ich. Aufgeben werde ich nicht – auch wenn ich dafür gegen einen Ozean anpfeifen muss.

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Aufgeben werde ich nicht – auch wenn wir

WOLF SCHNEIDER, Jg. 1952. Autor, Redakteur, Kursleiter. Studium der Naturwissenschaften und Philosophie (1971-75) in München. 1975-77 in Asien. 1985 Gründung der Zeitschrift Connection. Seit 2008 Theaterspiel & Kabarett. Kontakt: schneider@connection.de. Blogs auf connection.de und auf schreibkunst.com

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CONNECTION INTERN

Das Connectionhaus als Altersruhesitz

FOTOS © CONNECTION-ARCHIV

Meine Zukunftsvision für die nächsten Jahre

Nach 22 Jahren Seminar- und Verlagshaus steht eine Veränderung an »Niche Aging« hat das TIME Magazine diesen Welttrend kürzlich genannt und ihm ein Titelthema gewidmet. Auch wenn es für das Connectionhaus noch nicht endgültig entschieden ist: Die Verwandlung in eine Alten-WG bietet sich an. Die baulichen Veränderungen wären überschaubar, und das Konzept ist auch finanziell, menschlich und spirituell höchst attraktiv VON WOLF SCHNEIDER

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ls ich die Zeitschrift Connection gründete, war ich 32 Jahre alt. Sechs Jahre später kaufte ich das Haus, in dem die Connection-Gemeinschaft dann viele Jahre lebte. Da war ich 38. Jetzt bin ich 61 und möchte es umwandeln in eine AltenWG. In der möchte ich zunächst zwar noch nicht selbst leben, aber vielleicht später mal. Ich möchte das Haus übereignen an 10 bis 16 Menschen, die dort als WG leben wollen, zusammen mit anderen, die ebenfalls spirituell interessiert sind, meditieren und ganz oder weitgehend vegetarisch leben. Ein Projekt der Geldanlage und Alterssicherung. Für das Haus wäre es der Übergang zu et-

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was Neuem, das auf der Geschichte der vergangenen 22 Jahre aufbaut. Das Verlags-, Gemeinschafts- und Seminarhaus soll sich nun in einen Altersruhesitz verwandeln, dessen Bewohner die Möglichkeit haben, auf eine würdevolle Weise zu altern und bis zu ihrem Tod dort zu bleiben. Ein Platz, um sich mit anderen Menschen auf diesen großen Übergang vorzubereiten: den Tod.

FLICKR.COM © BRAVENEWTRAVELLER

Das Leben vor dem Tod Aber vorher, vor dem Tod, sind wir noch am Leben und wollen es auch dann gut haben, wenn es aufs Ende zugeht. So gut, wie es eben geht, wenn der Körper altert und die eigene Fähigkeit, sich das Leben nach Gutdünken zu gestalten, allmählich geringer wird. Weniger reisen, mehr zuhause sein. Hier Kontakte haben mit Freunden und Mitbewohnern. Anregung bekommen in einem Haus, das ein Kulturprogramm bietet, medizinische Versorgung, Meditation, Tanz, Sauna, mehrere Terrassen und einen Garten. Leben in einem Haus, das einem anteilig selbst gehört, statt im Altersheim. Wer einen Anteil an dieser Immobilie erwirbt, zahlt dann nur noch die anfallenden Nebenkosten. Autos kann man gemeinsam nutzen (Car-Sharing), Fahrten in die Stadt zusammen unternehmen. Auf Wunsch bekommt man Catering: Essen aufs Zimmer oder im Gemeinschaftsraum, täglich oder nur gelegentlich, Halb- oder Vollpension, je nachdem. Verglichen mit einem Alters- oder Pflegeheim, das im Durchschnitt 3.400 € im Monat kostet, lese ich gerade auf www.ratgeber.org, ist man hier auch finanziell viel besser dran, menschlich sowieso.

Die Dorfwirtschaft Das Haus, in dem jetzt nach den Jahren der Verlagsaktivitäten eine Alten-WG entstehen soll, war vorher ein paar Generationen lang als Dorfwirtschaft der Mittelpunkt des sozialen Lebens von Niedertaufkirchen, einem kleinen oberbayerischen Dorf, das es seit mindestens tausend Jahren gibt. Ursprünglich war der Ort ein vorchristlicher Kultplatz, an dem im Zuge der Christianisierung dann irgendwann getauft wurde, an der Stelle des vorchristlichen, vielleicht keltischen heiligen Platzes entstand eine Taufkirche, daher der Name. Im März 1991, als ich dieses Haus kaufte, war es noch das Wohnhaus eines Bauernhofs, zugleich Gastwirtschaft mit Tanzsaal, in dem die Paare des Ortes ihre Hochzeiten gefeiert hatten, die Geburten ihrer Kinder, die Beerdigungen. Der Ort hatte damals nur 57 Einwohner, heute sind es mehr als 300.

Kommunenleben Als die Connection-Gemeinschaft im Sommer 1991 hier mit 15 Erwachsenen und vier Kindern einzog, war das für das Dorf eine

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kleine Invasion. Um den Kulturschock abzufedern, hatte ich mit dem Wirt, dem Bürgermeister, den Nachbarn, später auch dem Pfarrer freundlichen Kontakt aufgenommen. Alles sehr nette Menschen, besonders der Wirt (Richard Söll), aber auch die Nachbarn, mit denen bald Freundschaften entstanden. Trotz all der Freundlichkeit musste ich dem Verdacht begegnen, der sich in solchen Situationen in Deutschland immer einschleicht: Ist das eine Sekte, die da in unser Dorf einzieht? Sie wohnen alle zusammen, sie erziehen ihre Kinder gemeinsam, sie haben einen Meditationsraum, und einige von ihnen haben so komische Namen, das kann sich doch nur um eine Sekte handeln! Um dem zu begegnen, schlug ich in unserer Gemeinschaft vor, das Sauberhalten unserer Räume nicht selbst zu besorgen, sondern das Geld dafür zusammenzulegen und uns aus dem Dort eine Putzfee zu engagieren. Was wir dann auch taten.

chen; wer für Connection arbeitet, kann das nun von zuhause aus tun. Mit einer Ausnahme: Irmi Hauer, die bei uns den Versand macht; sie kann die Hefte und Bücher nicht virtuell verschicken. Sie braucht einen Raum mit einem kleinen Lager, Verpacktische, eine Waage und Frankiermaschine, und natürlich, wie alle, einen PC. Dafür reichen ihr 25 qm. Unser großes Lager ist bei einem nahe gelegenen Bauern. Wenn dieses Haus in Zukunft eine Alten-WG sein wird, kann Irmi

Das Connectionhaus als Alters-WG, das ist nicht nur menschlicher als ein Altenheim, sondern auch finanziell attraktiver

Der Plan ging auf. Die Engel im Himmel schickten uns die Leni Obergrußberger, eine überaus nette Oma aus einer weit ver zweigten, angesehenen Familie. Das Putzen wurde bezahlt – und jetzt zum Thema Schenkökonomie: Die Leni arbeitete nebenher ehrenamtlich als Doppelagentin! Uns hielt sie auf dem Laufenden, was das Dorf über uns dachte, und das Dorf über uns, unser Sozialleben. Und das erwies sich fürs Dorf als nicht zu beanstanden. Für eine solche Kommune alias Großfamilie von fast zwanzig Menschen lief unser Leben sogar sehr friedlich ab, geradezu vorbildlich.

Weltoffenes Dorf Heute ist alles anders. Das Dorf ist noch viel weltoffener geworden, als es damals schon war. Meditation ist für kaum jemand mehr ein Fremdwort. Vegetarier werden bewundert, alternative Heilweisen sind en vogue. In unserem Haus trifft sich regelmäßig der Bruno Gröning Freundeskreis, der in den Gemeinderäumen der Kirche nicht akzeptiert wird, denn Bruno Gröning war ein »Heiler«, darin sieht die Kirche eine Gefahr; für sie ist nur »unser Heiland« Jesus Christus ein Heiler. Noch gewaltiger sind die Veränderungen, die das Internet bewirkt. Für uns als Verlag bedeutet es, dass wir das Haus nicht mehr brau-

immer noch hier im Haus ihre Arbeit machen, sie braucht ja nur ganz wenig Platz; oder wir suchen für sie woanders was zur Miete, das wäre nicht so schwierig.

Für mich: Nomadenleben Und was mich betrifft: Ich möchte für die nächsten paar Jahre mit Bett, Tisch und meinem Laptop in ein Wohnmobil umziehen. Dort werde ich dann, in den circa neun Monaten im Jahr, die ich in Deutschland und Umgebung zu sein plane, wohnen und arbeiten. Nach 22 bis 28 Jahren Sesshaftigkeit zurück zum Nomadenleben, back to the roots! Die Umstellung hat auch viele praktische Vorteile: Ich werde dann die Menschen, mit denen ich seit Jahren zusammenarbeite, endlich auch persönlich besuchen können und die Orte sehen können, an denen sie leben und über die ich publiziere. Ich möchte in Mitteleuropa herumreisen können und alles dabei haben, ohne vor Abfahrt des Zuges noch tausend Sachen checken zu müssen, die ich im Rollkoffer oder Rucksack dabei haben muss: Handy, Kamera, iPad, Laptop, Zahnbürste, die Requisiten für meine Kabarett-Auftritte, oder dieses eine wichtige Buch noch, dessen Autor ich gerade besuchen will. Ich habe über zwei Jahre in Asien nicht mehr als einen Rucksack dabei gehabt; ein typisches Back-

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packer-Leben, und es hat mir an nichts gefehlt. Da wird mir wohl jetzt der Inhalt eines Wohnmobils genug sein. Und ich möchte auch so oft wie möglich meinen Sohn Valentin besuchen können; er ist nun dreieinhalb Jahre alt und wohnt im Münsterland.

Geboren werden und sterben Das Connectionhaus soll weiterhin ein Ort der Meditation und Transformation sein. Hier wurden Kinder gezeugt und geboren (fast – nach Vorbereitung einer Hausgeburt haben wir in beiden Fällen während der Presswehen dann doch ein nahe gelegenes Krankenhaus aufgesucht). Hier wuchsen Kinder auf. Hier entstanden lebenslange Freundschaften. Hier im Haus starb auch schon je-

Beschaffung von Fördermitteln, das Erstellen der Verträge und der Verkauf der Anteile am Haus. Dass dieselbe Person dann auch das Haus managt, ist möglich, muss aber nicht so sein. Es kann sich auch jemand durch die Arbeit für dieses Projekt ein Anrecht erwerben, im Alter hier eines Tages selbst zu wohnen und versorgt zu werden.

Mehrgenerationenhaus Zum Beispiel könnte ein Paar mit Kindern hier einziehen, eine Familie, die das Haus dann als Alten-WG betreibt. Wenn einer der beiden examinierter Altenpfleger ist, könnte dieser die ambulante Pflege im Haus gleich selbst übernehmen, der andere das Catering. Kinder wären sehr willkommen! Es

Kuchen und variablem Kulturprogramm: Filme, Live-Musik oder Vorträge zu wechselnden Themen. Die Hausbewohner könnten auch selbst solche Themen anbieten und die Abende gestalten. Die Veranstaltungen sollten öffentlich sein, dann ist auch die umgebende Bevölkerung eingeladen, so dass man im Haus auch mal neue Gesichter sieht: ein Kulturcafé mit Programm, mit spirituellen und Gesundheitsthemen, die sich nach dem Interesse der Hausbewohner richten.

Aufs Ende zugehen

wären ja ausreichend viele Omas und Opas im Haus, die sich über den Nachwuchs freuen und vermutlich viel Zeit hätten, mit den Kindern zu spielen und bei den Hausaufgaben zu helfen. Viele aus unserer Zielgruppe der spirituell Bewegten haben ja keine eigenen Kinder und folglich auch keine Enkel, sie würden sich umso mehr über Kinder im Haus freuen.

Selbstständig bleiben

Die Verwandlung des Hauses

Die Bewohner im Haus sollten sich selbst versorgen, so lange es geht, und erst dann pflegerische Hilfe in Anspruch nehmen, wenn das wirklich nötig ist. Es sind schon zu viele in der Überversorgtheit eines Altenheims apathisch geworden und haben dort, auch mangels anregender Kontakte, die Lust am Leben verloren. Das Connectionhaus ist schon jetzt in WGs unterteilt, von denen jede eine eigene Küche hat. Dort kann sich jeder das Essen selbst zubereiten, allein oder zusammen mit anderen. Die Großküche im EG, die jetzt die Seminare versorgt, könnte je nach Bedarf der einzelnen Bewohner Essen anbieten, individuell gestaltbar. Der Gastraum im EG, in dem jetzt die Seminargäste versorgt werden, könnte an ein paar Nachmittagen und Abenden in der Woche als Café geöffnet sein, mit Bio-Snacks und

können. Die wissen, dass auch sie selbst sterben werden. Alter, Krankheit, Tod – Buddha hat sie die drei Götterboten genannt. Wir sollten ihnen ohne Scham und Scheu begegnen, offenherzig, empathisch, wahrhaftig. Möge das der Stil des Hauses sein, wenn das Connectionhaus eine Alten-WG geworden ist.

eines Altenheims apathisch geworden und haben dort, auch mangels anregender Kontakte, die Lust am Leben verloren

Nun ist für die Verwandlung dieses Hauses einiges Praktische zu erledigen. Das Haus ist im Besitz der Connection AG, die ich als Vorstand vertrete. Es ist eine Satzungsänderung nötig, der die Aktionäre zustimmen müssen, so dass die AG selbst die Alten-WG betreiben darf und nicht nur einen Verlag und ein Seminarhaus. Das Haus kann dann Stück für Stück an seine künftigen Bewohner verkauft werden, die so jeweils einen Anteil an der Immobilie erwerben und ein Anrecht auf die Leistungen, die das Haus als Alten-WG dann anbieten wird, entweder im Rahmen der AG oder eines noch zu schaffenden neuen rechtlichen Rahmens. Dieser Übergang kann ein paar Jahre dauern. Für das Management dieses Übergangs suchen wir einen Menschen, der sich für die Idee dieses Projektes begeistert, sie in sich tragen und vermitteln kann und dann die nötigen praktischen Schritte unternimmt: die bauliche Umwandlung (mit Fahrstuhl etc. und zusätzlichen Sanitäreinrichtungen), die Kommunikation mit den Behörden zwecks

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Es sind schon zu viele in der Überversorgtheit

© H. KOPP-DELANEY

mand, auch in unserer Zeit: Lisa Möller, Manulanis Freundin, sie liegt nun hier auf dem Dorffriedhof begraben. Die Beerdigung war eine Fusion aus katholischen und hawaiianischen Riten: Manulani vollzog als Kahuna die Riten seiner spirituellen Heimat, der Pfarrer die des Katholizismus. Beides fügte sich so stimmig ineinander, dass unsere katholische Nachbarin am Tag danach noch tief gerührt sagte: So möchte ich auch mal beerdigt werden!

Im Alter möchte man nicht mehr so gerne umziehen. Die eigene Umgebung ist einem vertraut, die eigenen Rhythmen und Gewohnheiten halten einen bei Laune. Wenn der Körper abbaut und hilfsbedürftig wird, dann auch noch umziehen, das bitte nicht. Da ist es gut, wenn man bleiben kann, wo man ist, bis hin zum letzten Abschied. Deshalb soll dieses Haus auch Pflegestufe drei anbieten und den Bewohnern ermöglichen, hier zu sterben, umgeben von einer guten menschlichen und medizinischen Versorgung. Die medizinische Versorgung ist ja auch in den meisten Altenheimen und Krankenhäusern gegeben, die menschliche nur selten. Umso besser, wenn auch die Betreuer Meditierer sind, Hospizarbeit kennen oder Erfahrung in der Sterbebegleitung haben. Zudem können die Bewohner sich gegenseitig helfen, man weiß ja nicht, wer als erstes sich zur letzten großen Reise aufmacht. Ich selbst möchte, wenn für mich der große Abschied kommt, von Menschen umgeben sein, die mit mir ganz normal über den Tod reden können. Die darüber Witze machen

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