LIEBE • EROS • WEISHEIT
Connection Special Nr. 93
Tanz der Polaritäten
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93/2013
Schweiz: 16,80 sFr, übrige EU-Länder 9,40 €
9€
29. Jg. B 6128
Tantra
Tanz der Polaritäten
Mit Beiträgen von Regina Heckert, Saleem Riek, Lucian Loosen, Thomas Hübl, Ken Wilber, Wolf Schneider und anderen
Inhalt
S. 10
S. 12
S. 18
S. 34
S. 24
3
Editorial
4
Inhalt
6
Hier & Jetzt – die Kurzmeldungen
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Heraklit über das Entgegengesetzte, mit einer Collage von Christina von Puttkamer
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Auf den Orgasmus, fertig, los! Regina Heckert hat Frauen zugehört, die am Rand der Rennbahn liegengeblieben sind
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Studien zum Orgasmus der Frau
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Liebesflug Regina Heckert beschreibt, wie es im Garten der Liebe sein könnte
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Echte und unechte Gegensätze Wolf Schneider findet, dass manche Polaritäten erst durch Sprache entstehen
26
Wahrheit als Polarität Saleem Riek empfiehlt, die Gegensätze miteinander vögeln zu lassen
29
Einseitig ist alles Hermann Hesse über die Einseitigkeit dessen, was gesagt werden kann
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Leere & Fülle Torsten Brügge hat am oberen Ganges die Höhle des heiligen Vashishta besucht
34
»Trennung existiert nur im Verstand« Mahima Lucille Klinge wirbt für totale Transparenz, Integrität und Wahrhaftigkeit
38
Frieden durch Sex Saranam Ludvik Mann möchte den »kleinen Unterschied« nicht überbewerten
43
Die Kunst der Verführung Wolf Schneider hat das Buch einer Feministin über die Pick-up-Artists gelesen
S. 26
4
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S. 29
S. 30
S. 34
S. 38
Tanz der Polaritäten
Inhalt
S. 43
46
S. 46
S. 48
S. 50
S. 52
Schönheit Ken Wilber weiß um eine Art der Kunstbetrachtung, in der auch das Hässliche schön ist
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Das Open Heart Festival Till Ferneburg war Anfang Mai im ZEGG auf dem »Tantra-Festival des Jahres«
50
Warum es am Meer so schön ist Till Ferneburg erlebt das Meer als einen tantrischen Raum
52
Führung & Hingabe Lucian Loosen beschreibt den Salsa-Tanz aus der Sicht eines Mannes
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Tango Argentino Beatrice Adore beschreibt den Tango aus der Sicht einer Frau
58
In der Liebe den Raum öffnen Alexandra Scheper hat mit Thomas Hübl über Beziehungen gesprochen
62
Sexualität ist Kultur Wolf Schneider war auf dem »Tag der sexuellen Kultur« am 1. Juni in Köln
64
Filme über einen indischen Sadhu, Wilhelm Reich in Amerika und zwei Prostituierte in Deutschland
67
WerWasWo
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Bücher von Gerald Hüther, Diana Richardson, Sheri Winston und anderen
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Wege der Liebe – drei Seiten mit Angeboten von Tantrikern und Tantraschulen
76
Promotion: Das Diamond Lotus Tantra-Institut, beschrieben von Saranam
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Promotion: Guter Sex ist möglich, behauptet Yella Cremer von der LoveBase Berlin
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Marktplatz
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Veranstaltungskalender und Inserentenverzeichnis
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Vorschau und Impressum
S. 55
www.connection.de
S. 58
S. 62
S. 76
S. 78
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5
Zeichnungen: Anja-Katharina Halbig
Besser, schneller, l채nger: leisten statt lieben?
Auf den Orgasmus, fertig, los! 12
Heckert: Auf den Orgasmus, fertig, los!
Oma Meier im ungeheizten Schlafzimmer erduldete die eher am Mann orientierte Lust noch: zielgerichtet, schnell, orgasmusfixiert
Nein, da kommt die Frau einfach nicht mit. Liegt es daran, dass sie mehr will, als die Evolution für sie vorgesehen hat? Oder ist die zunehmende Unlust und sexuelle Frustration der Frau ein ernst zu nehendes Symptom eines aus den Fugen geratenen Gleichgewichts? Der hohe Leistungsdruck unserer Zeit hat sich inzwischen auch in unseren Betten breitgemacht, meint die Tantralehrerin Regina Heckert. Sex wird zu einer zusätzlichen Anstrengung in einem eh überlasteten Alltag. Das Wettrennen um Lust und Orgasmus ist zum Scheitern verurteilt. Frauen wissen das tief innen. Deswegen könnten sie die Liebe, die Lust und vielleicht die Welt verändern …
Von Regina Heckert ummerweise hoffen viele betroffene Frauen, dass der Mann von selbst die Liebesbegegnung so gestaltet, dass sie »mitkommen«. Sie verharren in leidender Passivität und einer schon seit unzählbaren Generationen zementierten Opferrolle. Habe ich nicht gerade gestern erfahren, dass sich ein Mann lieber selbst befriedigt, als sich vom Totstellreflex seiner Partnerin beim Sex abtörnen zu lassen? Das »Toter-Hase-Syndrom« beschreibt die regungslos im Bett liegende Frau, die fast erstarrt darauf wartet, dass der Mann ihr unterkühltes Blut in Wallung bringt. Es gibt zwar die wirklich stillen Genießerinnen, doch auch die sind eine Herausforderung für jeden willigen Mann, der seine Liebesmühen ins Leere zu streicheln scheint. Dabei sehnt er sich nach Führung und Hilfe im weiblichen Niemandsland, zum Beispiel durch ein lustvolles Räkeln zur rechten Zeit, einen wonniglichen Seufzer oder einfach ein paar ehrliche Worte als wegweisende Reaktion.
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Sexuell unmündig
Immer noch ist ein Großteil der Frauen sexuell unmündig: ahnungslos, was die eigenen Bedürfnisse betrifft, sprachlos, wenn diese bekannt sind, und erschrocken zurückweichend, wenn der Mann nicht damit gerechnet hat, dass sie sich für ihre sexuellen Vorlieben einsetzt: ihre Sehnsucht nach Zeit, Herz, Blickkontakt, Langsamkeit – ganzheitlichen Sex eben. Die Lust der Frau steckt in unserer Kultur tatsächlich noch in den Kinderschuhen. Die Angst vor Serienschwangerschaften hat als sexueller Appetitzügler unsere Ahninnen sicher bedenklich statt lustvoll gestimmt. Oma Meier im ungeheizten, eiskalten Schlafzimmer erduldete vermutlich eine am Mann orientierte Lust: zielgerichtet, schnell, auf den Orgasmus fixiert. In der Tat hat die Evolution anscheinend den gesunden Mann mit diesen flotten Talenten ausgestattet. Und das muss wohl einen Sinn haben oder einmal gehabt haben.
Abspritzen und schnell weg
Beobachten wir einfach einmal das wilde Lusttreiben im Frühjahr am See. Eine einzige Ente wird umschwärmt, bedrängt,
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angeflogen und schließlich begattet von aufgereihten Erpelschwärmen. Um seinen Samen im Wettkampf um das Überleben des Stärksten wirksam einschleusen zu können, muss ein Erpel nicht die Gunst der Stunde, sondern sogar die Gunst der Sekunde erhaschen: abspritzen und schnell weg. So kommen der nächste und übernächste und noch weitere zum Ziel. Unterschiedliches Saatgut erreicht die empfangsbereite Entendame. In ihrem Bauch geschieht schließlich die große Auslese: Millionen sprintbereiter Spermien sind am Start, um die Konkurrenz auszuschalten. Es ist nicht böse gemeint, wenn der einzelne Erpelmann nach getanem Hauruck-Akt ausruht, sich zur Seite dreht, um nach kurzem Fickerchen sein verdientes Nickerchen zu halten. Und die Ente? Ihr Wasserkessel kann fröhlich weiterdampfen, lodern und kochen, bis alles nur erdenkliche Liebesmaterial für beste Evolutionszwecke aufgesammelt wurde. So weit ein Ausflug in die Natur. Könnte es sein, dass davon noch hier und da etwas in unseren Zellen pocht? Doch ach, welch’ Drama für die begabte Liebhaberin!
Flotter Erpel – lahme Ente?
Da ist doch anscheinend im Laufe der Jahrmillionen so ein evolutionärer Schlaumeier auf die Idee gekommen, sich eine einzelne Frau komplett unter den Nagel zu reißen. Auf diese Weise konnte er das Fortleben seines Erbguts sichern, anstatt seinen gesamten Spermapfropf bei der großen Endausscheidung mit den Mitstreitern im Weibesinneren zu riskieren und so vom Aussterben bedroht zu sein. Während also eine Ente genüsslich auf dem Teich schwimmt und sich vom Frühlingsahnen und den vielfältigen Umwerbungen die Lust in die Adern treiben lässt, versucht die moderne Frau dem rasanten Rhythmus eines vereinzelten Erpelmannes zu folgen: Kaum im Bett, ist sie überrascht über die dem Mann noch in den Poren steckende Eile. In ihrer Not ergreift sie einen falschen Strohhalm: Sie strengt sich an, ja sie versucht sogar, in gewaltiger Eigenleistung selbst Lust zu produzieren. Falls dies wider Erwarten und wider Mutter Natur gelingt, wartet schon die zweite sexuelle Hürde: Jetzt gilt es, im Wettlauf um den ersehnten Orgasmus mitzuhalten. Doch
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So viel Sex wie nie: Die Illustrierten, die Werbung, das Internet leuchten die sexuelle Verheißung permanent in uns hinein
während der Mann beim gewohnten Kurzstreckenlauf schnell und leicht durch die Ziellinie zu hecheln scheint, ist sie noch nicht einmal gestartet. Ein merkwürdig schwerer Klotz am Bein hält sie zurück.
Schneller Sex? Nein, danke
»Mein Mann weiß, was er will und kommt schnell zum Orgasmus. Mir schnürt es den Hals zu, wenn ich versuche, meine Bedürfnisse auszusprechen. Um mich zu spüren, brauche ich Zeit.« (Anna-Maria, 31 Jahre) »Ich habe überhaupt keine Lust auf schnellen Sex. Früher habe ich alles zugelassen. Ich hatte Angst, ihn zu verlieren, wenn ich nicht mitmache. Im Moment spüre ich nur Wut und Verletztheit.« (Silvia, 46 Jahre) »Ich hatte schon immer Männer, denen ich es sexuell rechtgemacht habe. Ich habe es für mich stets als viel zu schnell empfunden und nicht wirklich erfüllend. Immer das gleiche Muster!« (Margarethe, 54 Jahre)
Die sexuelle Verheißung
Vermutlich war die lechzende Menschheit noch nie in ihrer Geschichte von so viel Sex umhüllt wie heute: alle Illustrierten, die Werbung, das Internet leuchten die sexuelle Verheißung permanent in unsere Phantasien hinein. Nur bis zu den Liebesbetten scheint sie nicht durchzudringen. Innerhalb der letzten Jahrzehnte ist laut wissenschaftlicher Studien die sexuelle Unzufriedenheit von Frauen drastisch angestiegen. Das Bild zum Artikel ist in vielen Beziehungen leider die nackte Tatsache. Kein Wunder, dass bei wiederholtem Sexfrust so manche Mitspielerin von selbst das Spielfeld verlässt und sich enttäuscht auf die Wartebank der Hoffnung setzt.
Nackte Tatsachen
»Ich möchte Lust spüren und einen Orgasmus haben. Ich möchte mich nicht immer aufraffen müssen oder denken, ich sollte ›besser‹ sein.« (Carola, 41 Jahre) »Nach dem Sex bin ich enttäuscht und frustriert. Manchmal ziehe ich mich zurück und mache mir Vorwürfe. Manchmal mache ich auch meinem Partner Vorwürfe, weil er jedesmal problemlos zum Höhepunkt kommt.« (Marianne, 38 Jahre) »Mein Sexleben macht mich oft unglücklich und dadurch passiv, was lustvolle Gefühle angeht. Ich urteile viel über mich und meine stumpfen Wege, weil ich es zu nichts bringe.« (Karin, 44 Jahre) »Ich glaube, meine Orgasmusfähigkeit wurde mir in die Wiege gelegt. Dass es mir allerdings nicht gelingt, dieses Geschenk des Himmels auszuleben, macht mich total ratlos.« (Susan, 34 Jahre)
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Orgasmus-Los
Fünfzig Prozent aller Männer und Frauen betrachten trotz tantrischer Errungenschaften den Orgasmus als erwünschte Krönung ihres Liebesspiels. Dass er nicht immer total intensiv ist, manchmal sogar fast lautlos und ungehört hinter einer dicken Milchglasscheibe heimlich zu verpuffen scheint, – nun ja. Schließlich wird auch der Sonne nicht immer ein wolkenloser blauer Himmel beschert. Die Qualität des Orgasmus ist unterschiedlich. Damit kann Mann leben. Was aber, wenn für Frau die ersehnte Krone der Lust ganz ausbleibt und einfach nicht ins dürstende Bett gezwungen werden kann?
Vor sich hin köchelnde Vulkane
»Ich fühle mich nur wie eine halbe Frau, weil ich keinen Orgasmus bekomme.« (Stefanie, 27 Jahre) »Ich habe schon manchmal Angst, verlassen zu werden, wenn ich keinen Orgasmus im Bett habe, obwohl ich schon weiß, dass ich so einen Mann dann eh vergessen kann, aber trotzdem ist der Druck da.« (Angelika, 34 Jahre) »Ich bin im Bett zu sehr auf sein Vergnügen fixiert und gehe deswegen immer leer aus, zumindest was den Orgasmus betrifft.« (Patricia, 39 Jahre) »Ich bin neidisch auf den Orgasmus meines Mannes, weil ich selbst keinen Orgasmus bekommen kann.« (Monika, 34 Jahre) »Ich fühle mich manchmal wie ein Vulkan, der orgiastisch vor sich hindampft, megaköchelt und doch nicht explodieren kann.« (Karin, 41 Jahre) »Starke sexuelle Körperempfindungen kann ich immer weniger zulassen, da die Enttäuschung über den ausbleibenden Orgasmus größer ist, je mehr ich vorher gefühlt habe.« (Katharina, 33 Jahre)
Das Vertuschen
In meinem Büro sind inzwischen mehrere Ordner prall gefüllt mit ungezählten Fallbeispielen sexueller Not – wie ein kollektiver Aufschrei der weiblichen Lustseele. Um ihr sexuelles Dilemma zu lösen, greift die Frau zu allerlei Hilfsmitteln. Während sie wie gelähmt am Startblock der Lust hängt und ihr Geliebter ohne umzuschauen davon galoppiert oder sie mit männlichen Lustvorstellungen heftigst bearbeitet, versucht sie, ihr »Versagen« zu vertuschen: »Wenn wir beide so weit sind, kommt es zur Penetration. Er bemüht sich immer, mich zum Orgasmus zu bringen, was leider nicht funktioniert. Deshalb täusche ich vor. Dann kommt er zum Höhepunkt und wir liegen noch ein bisschen zusammen.« (Daniela, 49 Jahre) »Ich selbst mache mir keinen Druck. Aber wenn ich sehe, wie er sich bemüht und dann nix passiert, versuche ich die Sache abzukürzen und täusche vor.« (Manuela, 38 Jahre)
Heckert: Auf den Orgasmus, fertig, los!
Jede Frau ist in der heutigen Zeit zugleich Pionierin ihrer eigenen Lust und kollektive Streiterin um das Recht auf Frauenlust
»Fast immer täusche ich den Orgasmus vor, weil ich ihm nie erklären könnte, warum ich trotz aller Bemühungen seinerseits nicht zum Orgasmus komme. Außerdem kommt man aus der Nummer nur schlecht wieder raus, wenn man einmal angefangen hat.« (Nicole, 36 Jahre)
Minderwertigkeitsgefühle
Studien und Umfragen kommen zu ähnlichen Ergebnissen: Immer noch ist ein großer Prozentsatz von Frauen gar nicht orgasmusfähig. Der Orgasmus bleibt ganz aus, wird nur manuell oder ganz alleine im stillen Kämmerlein erreicht. Das daraus resultierende sexuelle Minderwertigkeitsgefühl führt zum Vortäuschen des Orgasmus oder zur mehr oder weniger regelmäßig mit dem Partner geteilten Frustration im Bett. »Wir sind schon seit achtzehn Jahren zusammen, und mein Partner weiß, dass ich noch nie einen Orgasmus hatte. Das belastet unsere Liebesbeziehung.« (Christel, 45 Jahre) »Ich sage mir immer wieder, der Orgasmus ist ja nicht das Wichtigste. Aber das sind nur Beruhigungsversuche von mir, um mit der Frustration klarzukommen.« (Vivian, 62 Jahre) »Wenn ich sage, wie es bei mir wirklich ist, kommt das bei ihm sofort als Vorwurf an. Dann haben wir dicke Luft und der Sex ist vorbei.« (Martina, 36 Jahre) Aber nicht nur die Geschwindigkeit im Bett macht der Frau, die einen ganz anderen Lust-Rhythmus hat, Probleme. Auch das Wie der körperlichen Liebe lässt zu wünschen übrig:
»Damit es schnell vorbei ist«
»Beim Sex denke ich oft: Nein, bloß nicht wieder Kaninchen – diese monotonen rhythmischen Rein-Raus Bewegungen. Aber ich sage es nicht und hoffe, dass er schnell kommt, damit ich nicht wieder ganz wund bin.« (Michaela, 33 Jahre) »Beim Liebesspiel habe ich schon oft den Schmerz der Reibung ausgehalten, weil ich nicht wusste, ob ich ihn bremsen kann, wenn er in Fahrt ist.« (Pia, 48 Jahre) »Eine sexuelle Begegnung mit meinem Partner dauert circa fünfzehn Minuten. Ich habe dabei Angst, dass es bei mir zu lange dauert und mich mein Freund dann zu kompliziert findet und sich abwendet. Außerdem habe ich Angst, dass das viele Rein und Raus mich wund reibt und ich die nächsten Tage noch Schmerzen habe oder sogar einen Pilz bekomme.« (Nicole, 36 Jahre) »Mein Freund mag es nicht, wenn wir mittendrin aufhören. Deshalb halte ich meine Schmerzen aus. Denn er war deswegen schon sauer und dann hatten wir eine schreckliche Stimmung und endlose Diskussionen.« (Stefanie, 27 Jahre) »Er mag Stellungen, wo er sich frei rein-raus bewegen kann. Ich spüre aber dabei kaum etwas, außer, dass ich nach einiger Zeit nur will, dass er schnell kommt, damit es aufhört.« (Sabine, 43 Jahre)
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Die Orgasmusquote: enttäuschend
Manche Frauen entziehen sich dem Liebesspiel vorsichtshalber ganz. Ist das nicht tragisch? Die besten Orgasmuserlebnisse haben orgasmusfähige Frauen angeblich bei der Selbstbefriedigung. Kaum ist jedoch der Partner anwesend, kann sich so manche Lustwillige nicht mehr fallen lassen und das ersehnte Gipfelerlebnis bleibt trotz fleißigen Bemühens aus. Nur dreißig Prozent aller Frauen kommen beim Sex regelmäßig zum Orgasmus: vaginal, klitoral, oral, anal, durch Brustwarzenberührung oder sonstwie. Nur ein Teil dieser Frauen kann bei der Penetration kommen. Dabei brauchen fast alle jedoch noch eine Zusatzstimulation der Klitoris, indem sie zum Beispiel gleichzeitig selbst Hand anlegen. Laut der Durex-Studie Wellbeing Global Survey kommen nur vier Prozent aller Frauen rein vaginal zum Orgasmus. Wenn man jetzt noch bedenkt, dass die kühne Hoffnung vieler Liebenden sogar der gleichzeitige Orgasmus ist, bewegen wir uns bei Wahrscheinlichkeiten, die einem »Sexer« im Lotto ähneln könnten.
Unzufriedenheit als Antrieb
Unwissen über die wirkliche Lust der Frau, in den Zellen gespeicherte Aversion gegen falschen Sex, mangelnde Erfahrung und fehlender Mut haben das Gefühl von Ohnmacht inmitten einer riesengroßen sexuellen Frustration zur Folge. Doch der massiv scheinende Klotz am Bein birgt in Wahrheit die rettende frohe Botschaft. In ihm versteckt sich das ganze Programm der Frauenlust. »So nicht!« schreit der Klotz. »Frau, erkenne dich selbst!« Anstatt enttäuscht dazusitzen, wütend auf den schnarchenden Mann zu werden oder sich schnell an einem sicheren Örtchen selbst zu befriedigen, könnte das sexuelle Handicap als Wegweiser erkannt und genutzt werden. Frauen haben die Wahl, in die kollektive sexuelle Frustration hinein zu versinken oder die Unzufriedenheit als treibende Kraft zur Veränderung zu nutzen. Im zweiten Fall betreten die meisten Frauen tatsächlich Neuland: Habe ich wirklich das Recht auf eine eigene Sexualität, die so ganz anders ist als die des Mannes? Darf ich Zeit brauchen? Was, wenn ich ganz andere Berührungen möchte? Wie sage ich es ihm? Darf ich das Liebesspiel abbrechen, weil mir alles weh tut? Auch wenn er gerade kurz vor dem Orgasmus steht? Wird er sauer reagieren? Was dann?
Zeit einfordern
»Ich schaffe es nicht, mir mehr Zeit einzufordern, weil ich mich nicht als Bettlerin fühlen möchte.« (Sabrina, 41 Jahre) »Oft habe ich das Gefühl, dass ich einfach zu viel verlange. Manchmal mussten wir abbrechen, weil er zu müde wurde. Bei mir ist dann aber ein schlechtes Gefühl geblieben, weil ich so lange und so viel brauche.« (Franziska, 47 Jahre) »Oft mag ich beim Sex nicht, was mein Partner macht. Ich habe schon mehrfach versucht, ihm zu zeigen, was und wie
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Die Frau muss lernen Nein zu sagen zu allem, was sie verletzt und schmerzt. Sie braucht Zeit und ihren Raum, so dass ihr Wasserkessel der Lust zum Dampfen kommen kann Jedenfalls hierzulande ist jede Frau heute Pionierin ihrer eigenen Lust und zugleich kollektive Streiterin um das Recht auf Frauenlust. Der Prinz im Innern zückt sein Schwert: Er durchtrennt das Dickicht von Selbstverrat, Rechtmacherei, Opferdasein, Frustration und sexuellem Leid. Er kämpft sich durch, bis er sich mit seiner besseren Hälfte vereinigen kann: Er befreit das Weibliche tief innen in der Frau, so dass sie es mit dem Mann außen teilen und damit beide heilen kann. Der Prinz lehrt die Frau eine Sprache, mit der sie sich für sich einsetzen kann. Er unterstützt sie darin, sich selbst kennen zu lernen und sich selbst treu zu sein. Er zeigt ihr, wie sie jede sexuelle Unzufriedenheit in Erkenntnis und Kraft zur Veränderung umsetzen kann. Er befiehlt ihr, Nein zu sagen, zu allem, was sie verletzt und schmerzt. Er sorgt dafür, dass sie ihre Zeit und ihren Raum bekommt, so dass ihr Wasserkessel der Lust zum Dampfen kommen kann.
Lust ist ein Geburtsrecht
es mir gefällt, habe aber das Gefühl, dass ihm das alles zu kompliziert und anstrengend ist.« (Anja, 53 Jahre) »Er fasst mich nicht so an, dass ich zum Orgasmus kommen kann. Ich traue mich nicht, es ihm zu sagen oder zu zeigen. Am liebsten würde ich seine Hand führen. Stattdessen bin ich immer wieder ratlos und geknickt.« (Evi, 29 Jahre) »Alleine ist alles einfacher. Mit meinem Partner muss ich immer wieder gegen meine Scham ankämpfen, mir immer wieder einreden, dass ich auch ein Recht auf einen Orgasmus habe, dass ich das Recht habe, dass ein Mann sich um mich bemüht, dass ich seine Zeit, auch viel Zeit, in Anspruch nehmen darf.« (Silvia, 31 Jahre) Das, was im Bett fehlt, ist das, was der heutige Mensch am dringendsten braucht: Zeit, Entspannung, Muße. Genau deshalb kann eine Korrektur im Liebesleben alle Lebensbereiche gesund machen. Die Frau kann und muss vom Alltag Liebesland zurückgewinnen, wenn sie glücklich werden und auch ihren Partner dauerhaft glücklich sehen will.
»Ich sage zum Beispiel zu ihm ›Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, ... ‹ Und mit diesem Einstieg traue ich mich dann, mir etwas zu wünschen oder auf etwas hinzuweisen, was sich nicht so gut anfühlt.« (Ute, 44 Jahre) »Wenn ich mich im Liebesspiel selbst stimuliere, akzeptiert mein Geliebter das fraglos und ohne in seiner Männerehre gekränkt zu sein. Er fördert mich dabei, ist entspannt, und es ist einfach gut so.« (Frauke, 38 Jahre) Jede Frau kann und darf ihre ganz individuellen Vorlieben kennen, entfalten und vermitteln lernen, denn Lust und Orgasmusfähigkeit sind ihr Geburtsrecht. Meiner Meinung nach hat die Frau sogar eine besondere Verantwortung, das fehlende Gleichgewicht zwischen Aktivität und Passivität, Tun und Geschehenlassen wieder herzustellen. Im durch die Leistungsspirale verwüsteten Bett kann die Balance zwischen den Geschlechtern durch den Einzug weiblicher Werte neu entstehen und sich von dort aus überall hin ausdehnen. Jede Frau, die lustvoll zur eigenen sexuellen Größe und Freiheit erwacht, bringt in den Traum unserer Zeit ein köstliches Stück erotischer Gegenwärtigkeit aus dem Garten Eden und wird zum Geschenk an die Männer und die ganze Welt. Dann dämmert uns vielleicht wieder die Erinnerung an den gemeinsamen göttlichen Liebesflug. n
Der innere Prinz
Dornröschen hatte auf den Prinzen gehofft. Inzwischen weiß es: Er wird nicht kommen. Nein, der Prinz ist nicht im Außen zu finden. Er ist die männliche Kraft im tiefsten Inneren der Frau, die nötig ist, um das Urweibliche zu befreien. Er kann und wird genau dann auftreten, wenn das innere Dornröschen des passiven Leidens bereit ist, der Opferrolle ade zu sagen. Wenn es sich nach seinem hundertjährigen Schlaf der Unbewusstheit zu räkeln beginnt.
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Regina Heckert, Jg. 1956, ist seit mehr als 25 Jahren Tantralehrerin. Sie hat die BeFree Tantraschule mit dem TantraDownload gegründet, sowie ein Lustund Orgasmustraining für Frauen entwickelt. www.befree-tantra.de
Heckert: Auf den Orgasmus, fertig, los!
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Studien zum Orgasmus der Frau Häufigkeit des Orgasmus Nur 33 % der deutschen Frauen kommen beim Sex regelmäßig zum Orgasmus (sagt die Deutsche Gesellschaft für Sexualforschung). Eine Studie von Lehmann aus dem Jahr 2003 zeigt, dass nur 4 % der Frauen rein vaginal einen Orgasmus erreichen. 52 % der Frauen brauchen gleichzeitig eine klitorale und vaginale Stimulation. Rein klitoral erreichen 30 % den Orgasmus. Am sichersten kommen Frauen beim Sex zum Orgasmus, wenn die Klitoris zusätzlich stimuliert wird durch die gewählte Stellung, den Partner, die Frau selbst oder durch Sexspielzeug. (Durex Studie Sexual Wellbeing Global Survey 07/08) Etwa 12 % der untersuchten Frauen sind unfähig, einen Orgasmus zu erleben bzw. haben noch nie einen erlebt. (European Society for Sexual Medicine laut Prof. Ulrich Clement) Frauen erleben häufiger, immer oder fast immer einen Orgasmus, wenn sie alleine sind und nicht zusammen mit einem Partner. (Studie von Davis, Blank, Hung-Yu und Bonillas, von 1996, laut Prof. Ulrich Clement) Die sexuelle Unzufriedenheit von Frauen nahm innerhalb von 20 Jahren stark zu: 1975/77 klagen nur 8 % über sexuelle Lustlosigkeit, 1992/94 waren es 58 %. (Sexualberatungsstelle der Uni Hamburg; Schmidt 1996) Sexuelle Dysfunktion 43 % der befragten 1749 Frauen litten an einer sexuellen Dysfunktion (US-Studie von Edward Laumann, einem Soziologen der University of Chicago, aus dem Jahr 1999). 90 % der befragten Frauen gaben an, ihren Partnern schon mindestens einmal einen Orgasmus vorgetäuscht zu haben, nur mit der Hälfte ihrer Partner hatten sie überhaupt einen (Charité-Studie von 2004). Beides zu finden auf: http://www.zeit.de/zeit-wissen/2005/ 05/Orgasmus.xml Knapp 60 % der befragten Rheinländerinnen gaben eine sexuelle Störung an. (»Cologne 20 000 Community Survey«, eine Umfrage der Urologischen Klinik Köln, die 2003 auf einem Kongress in Paris präsentiert wurde, zu finden auf http://www.stern.de/wissen/mensch/sex-umfrage-wer-kommt-wann-618693.html) Vorgetäuschter Orgasmus Frauen täuschen unter anderem deshalb einen Orgasmus vor, um für den Partner sexuell attraktiver zu sein (Studie von S.M. Grüsser und KollegInnen, 2003). Dies hat häufig Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl der Frauen. Viele Frauen spüren, wie sie sich durch ihr unehrliches Verhalten von ihrem genussvollen Körpergefühl entfernen und sich in einen Teufelskreislauf hinein
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begeben: Aufgrund des nicht erlebten Orgasmus und der Zunahme des Erwartungsdruckes an sich selbst verstärkt sich meist auch die innere psychische Anspannung, wodurch ein Orgasmus noch viel unwahrscheinlicher wird. (www.sexmedpedia.com/artikel/orgasmusstoerungenbei-der-frau) Genetisch bedingt Orgasmusschwierigkeiten sind zu einem Drittel bis knapp zur Hälfte Veranlagung, haben britische Forscher bei einer Studie mit Zwillingen herausgefunden. Gesellschaftliche Einflüsse wie Familie, Religion und frühe Erziehung hätten dagegen kaum Auswirkungen (Kate Dunn von der Universität Keele und Kollegen in den »Biology Letters« der Londoner Royal Society, DOI: 10.1098/rsbl.2005.0308). Die Studie verweist erstmals auf eine genetische Basis für die Orgasmusfähigkeit von Frauen. (www.news.at/articles/0523/610/113915/ studie-forscher-orgasmus-frauen-genen) Kompensation durch Arbeit Auch bei Frauen beeinflussen sexuelle Probleme zahlreiche Lebensaspekte und sind verbunden mit einer verminderten Leistungsfähigkeit und einer verminderten Befriedigung im interpersonalen, beruflichen und emotionalen Bereich. Dabei scheint es den Frauen weniger als den Männern zu gelingen, die sexuellen Probleme etwa durch eine Flucht in die Arbeit zu kompensieren bzw. zu verdrängen. Die hier genannte und andere Studien haben gezeigt, dass ein enger Zusammenhang zwischen sexueller Gesundheit und der allgemeinen Lebenszufriedenheit besteht. (Fugl-Meyer et al. 1997, Mc-Cabe 1997, Litwin et al. 1998, Ventegodt 1998, Benkert 1999; dort speziell S. 72) Sexuelle Unzufriedenheit führt zu Seitensprüngen In einer im Projekt Theratalk am Institut für Psychologie der Universität Göttingen durchgeführten Studie wurde untersucht, wie häufig sexuelle Unzufriedenheit in der Partnerschaft als Grund für einen Seitensprung eine Rolle spielt. Befragt wurden 219 Männer und Frauen, die selbst untreu waren. 76 % der Männer und 84 % der Frauen gaben an, dass sexuelle Defizite in der eigenen Partnerschaft bei ihrem Seitensprung die Hauptrolle spielten. Sexuelle Unzufriedenheit war damit der häufigste Grund für den Seitensprung. (www.theratalk.de)
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Tanz der Polarit채ten
»Das Geheimnis eines glücklichen Lebens liegt in der Entsagung« Mahatma Gandhi »Im Tantra bringen wir Gott in alle unsere Erfahrungen ein, anstatt bestimmte Erfahrungen abzulehnen, um zu Gott zu kommen« David Pond »Gott ist der Ursprung und ist Lust und Liebe« Meister Eckhart »Die Reinheit, die in ahnungslosen Religionsgemeinschaften gepriesen wird, erscheint dem Tantriker unrein. Befreie dich von dualisierenden Gedanken und erkenne nichts für rein oder unrein an« Vijnanabhairava-Tantra »Die Liebe ist der Endzweck der Weltgeschichte und das Amen des Universums« Novalis
Foto © Astrid Grünling, aus dem bei Edition Mionar erschienenen Kalender »Farbpracht Indien«, 2014
»Ein Ziel stand vor Siddhartha, ein einziges: leer werden von Durst, leer von Wunsch, leer von Traum, leer von Freud und Leid. Von sich selbst wegstreben, nicht mehr ich sein, entleerten Herzens Ruhe finden, im entselbsteten Denken dem Wunder offen zu stehen, das war sein Ziel« Hermann Hesse
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2013 im ZEGG
Fünf Tage voller Lust und Ekstase – das Tantra-Festival des Jahres Zum zweiten Mal fand heuer das von Secret of Tantra veranstaltete Open Heart Festival statt, diesmal vom 5. bis 8. im Wonnemonat Mai. Hundert Teilnehmer plus fünfzig Referenten und Assistenten feierten im ZEGG bei Belzig, südwestlich von Berlin, drei bis fünf Tage lang. Eine Party, »wie es sie kein zweites Mal geben wird«, fand ShivAtiLL alias Till Ferneburg, der bei dem Festival assistierte, noch Wochen danach voller Begeisterung
Von Till Ferneburg
ike Frankie said: I did it my way! Alles gerät ins Rollen und Rutschen bei Silvio und Mara. Man möchte Tagebuch schreiben, um die vielen Eindrücke festzuhalten. Oder Stecknadeln nehmen und sie irgendwo hineinstechen, wie das Entdecker auf ihren Landkarten gemacht haben. Silvio und Mara sind das Secret of Tantra, dieses Institut im Fläming, das zum Open Heart Festival eingeladen hatte.
L
Was für eine Party!
Hundert Menschen aus allen Teilen Deutschlands sind der Einladung gefolgt. Zusammen mit dreißig Referenten und zwanzig Assistenten, die liebevoll Angels genannt werden, kommt da ganz schön was zusammen. Fünf Tage Festival, oder drei für diejenigen, die erst zum Wochenende anreisen, sind keine Achterbahnfahrt – sondern ein ganzer Freizeitpark. Inklusive Loopings, Magic Mountain, Wildwasser, Rocket show und Party. Und was für eine Party! Es ist eine jener legendären Partys, wie es sie kein zweites Mal geben kann. Nicht nur ausgelassen, sondern ekstatisch, nicht nur ergreifend, sondern auch berührend, klein und still und groß und laut, für jeden ist etwas dabei. Noch Tage später trudeln die E-Mails der Gäste ein: »Danke« steht da und
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»Noch immer … Synapsenflipper, sämtliche Lichter gehen an, alle Glocken läuten. Was für ein Festival!«
Hinter der Sonne und dem Mond
Die Trommelgruppe Nanigo hat eine Stunde lang den Boden bereitet, Ola der Schwede als DJ baute darauf auf, und dann ist es Deva Bhusha, die für atemlose Stille sorgt: Mit einem sinnlichen Tanz erschließt sie uns die Welt des Lichtpaintings. Das magische Licht stammt von einem Beamer, der ihren Körper immer wieder neu verzaubert, als Schmetterling und Yogini, Elfe und Stripperin. Applaus kommt auf, es wird gejohlt und gepfiffen, das Geschenk von Deva angenommen, mit Respekt und Bewunderung, Dankbarkeit und Liebe. Und schon ziehen sich die ersten Leute auf der Tanzfläche aus, performen mit, als hätten sie dafür geübt, und bewegen sich so fremd und vertraut und ganz sie selbst, als kämen sie von hinter der Sonne und dem Mond.
Schöpfen aus dem Vollen
Secret of Tantra, das ist Tantra-Teaching mit persönlicher Note, ein Get-Together in fast familiärer Atmosphäre. Alle Festival-
Ferneburg: Das Open Heart Festival 2013 im ZEGG
Alle Fotos © Sebastian Puls
Das Open Heart Festival
Die Festivalgäste schöpften aus dem Vollen, denn sie standen nicht nur am Ufer und sahen zu, wie etwas an ihnen vorbeifloss, sondern waren Teil der Wellen, wie Fische im Wasser gäste schöpfen aus dem Vollen. Weil sie nicht nur am Strand oder Ufer stehen und zusehen, wie etwas an ihnen vorbeifließt, sondern weil sie Teil der Wellen sind, wie ein Fisch im Wasser. Zum Beispiel im Ölritual, bei einer der zahlreich angebotenen Meditationstechniken oder in der Massagelounge. Kolja Kaiß aus Köln zeigt die Kansha-Massage aus dem kaschmirischen Tantra, Susanna und Matthias die ganzheitlichen Massage-Rituale ihres Instituts »No Guru« aus Hamburg.
Befreiende Übungen
Mit zerzausten Haaren und dem Geruch von Patschuliöl in der Nase geht es dann zu Advaita. »Tantra ist doch nicht in erster Linie Massage, Kinder«, ruft die grande dame der Szene und klatscht in die Hände. Seit 1985 befreit sie Menschen von inneren und äußeren Zwängen, hin zur Lebendigkeit und Liebesfähigkeit. Bioenergetische Übungen und die von ihr live zelebrierte »Feuersäule« sind anstrengend und wunderschön zugleich. Auch und gerade durch Advaita erreicht das Festival ein so hohes Energielevel, dass wir das Grinsen nicht mehr aus den Mundwinkeln herausbekommen. Viele Shivas und Shaktis spüren kleine fleißige Bienchen, die sich die Wirbelsäule entlang in Yoni und Lingam runter arbeiten, das Herz zum Brummen und die Seele zum Fliegen bringen. Andere wiederum betonen Butoh, Biodanza und Mantrasingen. Shabnam Karin Muuss weiht in die Geheimnisse von Diamond Logos ein.
Futter für Kopf, Herz und Körper
Shantam und Jharna von der Tantrischen Vision fordern »Energie statt Therapie« und beweisen mit langjähriger Erfahrung, wie’s geht und dass Professionalität und Wertschätzung Hand in Hand gehen. Mit weichem Blick und wachem Geist begegnen sich die Teilnehmer ihres Workshops, sind schnell angefixt und schweben mit einem Lächeln zum Abendessen, wo die im Bodypainting mit Peter Engelhardt bemalten Körper »Ahhhs« und »Ohhhs« ernten. Die Tage bieten zeitlose Entspannung, Zeit für Muße und auch Futter für den Kopf, bei-
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spielsweise Einführungen in das Tibetische Totenbuch und die Integrale Theorie mit Wulf Mirko Weinreich und Silvio Wirth, der ebenfalls aus seiner Sexocorporel-Ausbildung berichtet.
It’s my life, now or never!
Von Electric Kundalini über Trance und Traumdeutung bis hin zur Welle reicht das Programm. Mehr ist in fünf Tage wahrlich nicht zu packen. Es gibt Angebote von morgens um 7.30 Uhr bis kurz vor Mitternacht, ein Zusammentreffen der Tantralehrer-Szene, das Schule macht. Und dann am letzten Abend die große Party, von der bereits die Rede war. Wir haben getanzt wie Kobolde, Engel und Furien, mit Batterien, die niemals leer werden. »My heart is like an open highway« dieser Titel des folgenden Songs von Jon Bon Jovi, den die 150 Menschen aus voll aufgedrehten Boxen hörten und mitsangen, hätte auch über diesem ganzen Festival stehen können: It’s my life, it’s now or never I ain’t gonna live forever I just want to live while I’m alive.
Chaos, Schöpfung, Fülle
Wie Spaghetti in der Schüssel liegt das feiernde Volk in den frühen Morgenstunden umeinander gewunden. Chaos, griech. kaos: ein Zustand der Formlosigkeit oder Leere, der der Schöpfung des Universums vorausgeht. Wir waren schöpferisch. Und alles andere als leer. Leicht und formlos sind unsere weit geöffneten Herzen. Open Heart, das Festival, das bereits 2011 stattfand und auch wieder 2015 starten wird, ist ein Markenzeichen von Secret of Tantra. Es war ein Highlight im Kalender 2013, zu dem sich abschließend sagen lässt: Ich war dabei. Mit liebevoll lodernden Augen. n Till Ferneburg alias ShivAtiLL, Vita siehe S. 51,
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