ANGELS & AIRWAVES
Foto: Jonathan Weiner
HERZ STATT EGO. Sieben Jahre ist es mittlerweile her, dass die US-amerikanische Supergroup um Tom DeLonge ihr letztes Album
veröffentlicht hat. Sieben Jahre, in denen so einiges passiert ist: Toms Ausstieg bei BLINK-182, die Gründung mehrerer Unternehmen, der Start von ambitionierten Buch- und Filmprojekten, aber auch eine Durststrecke hinsichtlich neuem musikalischen Output. Grund genug, uns anlässlich des neuen ANGELS & AIRWAVES-Albums „Lifeforms“ einmal ausführlich mit Tom zu unterhalten.
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enn man dich auf Social Media verfolgt hat, ist aufgefallen, dass du die letzten Jahre viel im Studio warst, wann habt ihr begonnen, „Lifeforms“ zu schreiben? Wir haben vor gut drei Jahren angefangen. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die die Zeit und Fähigkeit besitzen, jeden Tag ins Studio zu gehen, um zu schreiben. Da ich noch in viele andere Projekte involviert bin, musste ich direkt reichlich Zeit für das Album einplanen. Die Pandemie kam mir dann insofern sogar zugute, da sie mir mehr Zeit für den Feinschliff verschafft hat, was auch die große Lücke zwischen den 2019 erschienenen Tracks „Rebel girl“ und „Kiss & tell“ und den restlichen Singles erklärt. Wie viele Songs wurden in den drei Jahren geschrieben? Tatsächlich gar nicht so viele. Es gibt Leute, die schreiben hundert Songs und suchen dann die zehn besten aus. Bei mir ist das anders. Ich habe eine Idee von einem Lied und arbeite dann so lange daran, bis es wie in meiner Vorstellung klingt. Wenn mir also ein Stück nicht gefällt, dann behalte ich das Grundgerüst, arbeite aber an dem Rest weiter, da wird mal die Tonalität geändert, mal das Tempo oder gar der ganze Refrain. Anders als beim Album „The Dream Walker“ tretet ihr diesmal auch wieder als vierköpfige Band auf. Wie war es, mit David Kennedy und Matt Rubano im Studio zu sein? Im Studio sind es nach wie vor unser Schlagzeuger Ilan, seine Bruder Aaron und ich. Matt hat zwar den Bass aufgenommen, aber am Songwriting waren er und David nicht beteiligt. Aaron, der meine Musik auch produziert, und ich, sind fast achtzig Prozent der Zeit alleine im Studio und arbeiten an den Liedern, dann geben wir sie weiter an Ilan und dieser nimmt noch mal Änderungen vor, bevor wir das Ganze zusammen vollenden.
Das Album klingt sehr divers. Es gibt deinen unverkennbaren Sound, gepaart mit DEPECHE MODE-, THE CURE- und RAMONES-Einflüssen. Was hat dich beim Schreiben inspiriert? Ich wollte die Lieder möglichst vielseitig gestalten und unberechenbar sein. Das ist der Grund, warum jedes Stück seinen eigenen Charakter entfalten kann. Ich glaube, früher konnte man einschätzen, was ich machen werde, diesmal wollte ich überraschen. Das Album ist zudem politischer als deine früheren Werke. Ich glaube, das liegt daran, dass das politische Klima in den USA komplett verrückt gespielt hat. Wir hatten einen absoluten Vollidioten als Präsidenten. Die ganze Zeit dachte ich, dass man uns verarschen will und es gar nicht echt ist, was alles passiert, was beschlossen und gesagt wird. Wie viele andere war ich echt angepisst. Aber dann gab es auch noch Probleme wie die zunehmende Waffengewalt, was zu dem Lied „No more guns“ geführt hat. „Losing my mind“ hingegen bezieht sich auf das allgemeine Gefühl, wenn man Nachrichten verfolgt und gesehen hat, wie das Land metaphorisch brennt. Ich wollte nicht die Person sein, die gar nichts dazu sagt und es am Ende bereuen würde, hier keine Stellung bezogen zu haben. Der Rock’n’Roll lebt davon, dass wir authentisch sind und wenn ich so etwas fühle, dann muss ich es verarbeiten, das kommt aus dem Herzen, das zählt. Hilft es dir, deine Gedanken in der Musik und den Texten zu verarbeiten? Zum einen ja, aber ich hoffe einfach Leute überzeugen zu können, bestimmte Situationen zu hinterfragen und emphatischer zu werden. Wie schon angesprochen hast du noch andere Projekte. Eins davon ist „Monsters of California“, ein
Film, der zudem dein Regiedebüt ist. Kannst du mir davon schon was erzählen? Der Film ist Teil der „Lifeforms“-Kampagne. Ich will nicht zu viel verraten, aber es wird mysteriös und lustig zugleich, während es sich in eine Coming-of-AgeStory einfügt. Wer BLINK-182 mochte und mich kennt, wird Gefallen an dem Film finden. Aber sowohl der Film als auch das Album sind sehr im Mainstream verankert. Wie würdest du den Unterschied zwischen Regie führen und Songs schreiben aus Künstlersicht erklären? Wenn du Musik machst, dann musst du den Sound formen, beim Film gibt es deutlich mehrere Varianten. Angefangen beim Sound über das Setdesign, die Performance und den Moment, wenn du dies mit der Kamera einfangen musst. Einen Song zu schreiben ist ein Instrument spielen, einen Film machen ist wie ein Orchester dirigieren. Es ist sehr ambitioniert, dafür aber auch sehr erfüllend, wenn man es schafft. Bereits 2015 hast du davon gesprochen, die „Sekret Machines“-Bücher zu verfilmen, ist es nach wie vor geplant? Ich kann nicht darüber sprechen, aber es gibt viele Pläne. 2017 warst du im Podcast von Joe Rogan zu Gast, um über Ufos zu sprechen, und wurdest, um es nett zu sagen, etwas belächelt. Seitdem ist viel passiert. Von der Unidentified Serial Phenomena Task Force wurde ein Video veröffentlicht, in dem unbekannte Flugobjekte zu sehen sind. Die Echtheit des Videos wurde vom Pentagon bestätigt, es gab Artikel in der New York Times und vieles mehr. Waren die Jahre davor für dich schwierig und fühlst du dich jetzt bestätigt?
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