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ANNAPURNA

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Paulusbogen

Paulusbogen

Wer kannte ihn nicht? Bernhards Corner Shop an der Ecke Oberer Sand/Theresienstraße war über viele Jahre eine Institution. Quasi die Passauer Version eines Spätis. Der gute Bernhard schaut nun schon seit vielen Jahren von oben zu, was sich in Passau tut. Jahrelang stand sein Laden leer; jedesmal, wenn ich im Vorbeigehen das YodaPlakat Plakatieren du nicht sollst sah, musste ich schmunzeln und an den viel zu früh verstorbenen Bernhard denken. Das Karma des Ladens war eigentlich immer gut, die Lage auch – weshalb ich mich regelmäßig fragte, warum sich dort in der Ecke nichts tut. Bis sich ein junges, stadtbekanntes Paar ein Herz fasste, wenige Tage vor Weihnachten 2022 das Annapurna eröffnete – und damit den gemeinsamen Traum von der Selbstständigkeit verwirklichte.

Doch der Reihe nach: Saskia Greindl und Marco Schweighofer, die beiden Gründer, sind in der Passauer Gastronomie keine Unbekannten. Sie, Sprössling der bekannten Konditoren-Dynastie Greindl, ist quasi in den elterlichen Cafés aufgewachsen und hat dort auch viele Jahre mitgearbeitet. Marco hingegen war sowohl als Türsteher, Techno-DJ und Kampfsportler berüchtigt und gehört – nicht zuletzt dank seiner auffälligen Tattoos – zu jenen Typen, die in einer kleinen Stadt wie Passau einfach im Gedächtnis bleiben. Beide eint die Liebe – und die Liebe zu Ayurveda (wörtlich übersetzt die Wissenschaft des Lebens), wobei sie letztere durchaus professionalisiert haben: So absolvierte Saskia an der Europäischen Akademie für Ayurveda ihre Ausbildung zur Ayurveda-Köchin; darüber hinaus war sie gemeinsam mit Marco im vergangenen Jahr mehrere Monate in Indien, Nepal und Sri Lanka unterwegs, um sich weitere Fähigkeiten anzueignen.

Saskias Mama Kim Greindl wiederum ist schon seit Jahren im Bereich des Ayurveda zuhause und betreibt gemeinsam mit der Heilpraktikerin Gudrun Sowa im 1. OG direkt über dem Annapurna ein ayurvedisches Zentrum. Dort werden Ernährungsberatung, Massagen, Yogastunden, Diagnosen und Konstitutionsanalysen sowie – in einer anderen Location – ayurvedische Kochkurse angeboten.

Fidel Gastro hatte sich das Ganze zugegebenermaßen etwas einfacher vorgestellt. In der Redaktionssitzung hieß es, ich solle, passend zum Titelthema, „was mit Eintopf“ machen. Doch Sie merken schon: Die Sachlage gestaltet sich dieses Mal etwas komplexer, denn es geht hier bei Weitem nicht nur ums Kerngeschäft von Fidel Gastro, also das, was auf dem Teller liegt. Vielmehr ist Ayurveda als ganzheitliches Thema zu betrachten, mit Ernährung als wichtigem Bestandteil: Durch sie lässt sich vieles steuern, Essen wird als Medizin gesehen. Diesen Aspekt bringen Marco und Saskia ihren Gästen durchs Kochen näher, während man im 1. OG bei der Mama dann tiefer in die Materie eintaucht.

Da es unerlässlich ist, sich (und damit Sie!) im Vorfeld und zum besseren Verständnis mit den Grundbegriffen des Ayurveda vertraut zu machen, hat Fidel Gastro versucht, sich im Vorfeld mit dem ihm bislang nur rudimentär bekannten Thema zu beschäftigen. Daher erhalten Sie im Folgenden einen knappen Überblick über Ayurveda – mit besonderem Fokus auf die ayurvedische Küche –, um schlussendlich zu verstehen, was im Annapurna wie und warum auf den Tellern landet. Nach diesem kleinen Exkurs geht es dann – endlich – los mit dem Essen.

WAS IST AYURVEDA?

Bei Ayurveda handelt es sich um eine traditionelle indische Heilkunst, die vor Tausenden von Jahren entstanden ist. Die Lehre zielt darauf ab, das Gleichgewicht von Körper, Geist und Seele zu erreichen respektive zu erhalten – und fokussiert sich dementsprechend auf die Verbindung von Körper, Geist und Umwelt sowie die Prävention bzw. die Behandlung von Krankheiten.

Ayurveda basiert auf der Vorstellung, dass der Körper aus drei biologischen Energien, den sogenannten Doshas, besteht: Vata, Pitta und Kapha. Jeder Mensch verfügt über eine individuelle Dosha-Konstitution (siehe oben: Konstitutionsanalyse), die sich auf seine körperlichen und geistigen Eigenschaften auswirkt. Im Ayurveda geht man davon aus, dass Krankheiten entstehen, wenn das Gleichgewicht der Doshas gestört ist. Ayurveda bietet eine Vielzahl von Behandlungsmethoden – von Massagen über Kräutermedizin bis hin zu Yoga und Meditation. Die Lehre umfasst außerdem Empfehlungen für eine gesunde Ernährung und Lebensweise.

WAS IST AYURVEDISCHE KÜCHE?

Die ayurvedische Küche bezeichnet eine traditionelle indische Ernährungslehre, die sich an den Prinzipien der Ayurveda-Medizin orientiert. Sie beinhaltet viele frische und gesunde Zutaten wie Obst und Gemüse, Hülsenfrüchte, Gewürze und Kräuter. Letztere beiden werden nahezu in allen Speisen verwendet, da man ihnen neben medizinischen Eigenschaften die Fähigkeit zuschreibt, zum Ausgleich der Doshas im Körper beizutragen. Ayurve- dische Küche legt besonderen Wert darauf, dass die Nahrungsmittel ausgewogen und leicht verdaulich sind, um das Gleichgewicht von Körper und Geist zu fördern und Krankheiten vorzubeugen. Nahrungsmittel, die verarbeitet oder raffiniert sind bzw. einen hohen Gehalt an Zucker und gesättigten Fetten aufweisen, werden in der Regel vermieden. Weil in Indien vegetarische Ernährung eher die Regel als die Ausnahme darstellt – schließlich leben mehr als 70 % der Bevölkerung (und das sind immerhin 1 Milliarde Menschen!) rein vegetarisch –, hat sich eine überwältigende Vielfalt an vegetarischen indischen Gerichten entwickelt. Bis auf wenige Ausreißer (den indischen Joghurt Raita und die Milch für den Kaffee) sind die Speisen im Annapurna sogar vegan.

Nun ist es nicht so, dass indische Küche in Passau Neuland wäre, im Gegenteil. Mit dem Chandni gibt es bereits seit 1989 ein indisches Restaurant in unserer Stadt – lange vor Burger-, Bowl-, Burrito- und Bagel-Läden. Wir Passauer haben also schon seit Jahrzehnten eine Vorstellung von Begriffen wie Masala, Paneer, Curry, Dal & Co. Genau diese Speisen tauchen nun auch im Annapurna auf der Karte auf; doch im Gegensatz zu klassischen indischen Restaurants wie dem Taj Mahal in Bad Füssing, dem Restaurant gleichen Namens in Vils- hofen oder dem Chandni bzw. dem Maharaja in Passau gibt es im Annapurna keine seitenlange, feststehende Speisekarte. Sätze wie „wahlweise mit Huhn, Lamm, Rind oder Ente“ sucht man ebenfalls vergebens. Stattdessen erwarten den Gast rund eine halbes Dutzend Gerichte. Deren Struktur und Anordnung sind zwar wiederkehrend, es wird aber täglich mit neuen und frischen Zutaten gekocht.

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