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Feuer und Flamme für den bewussten Genuss

Im «Lotti» schmecken die Gäste die brennende Leidenschaft zweier Gastgeberherzen. Anna Zimmermann und Ralf Weber wirten hier mit einer Gradlinigkeit, die beeindruckt. Saisonales Gemüse vom Markt und hochwertiges Fleisch vom Biohof sind für die beiden selbstverständlich.

Für diese Reportage hielten wir Ausschau nach einem Betrieb, der die Nose-to-Tail-Philosophie jahrein, jahraus und nicht nur während der Metzgete lebt. Nicole Haslers Tipp führt mich daraufhin nach Zürich ins «Lotti». Die promovierte Ökonomin setzt sich ein für einen nachhaltigen Fleischkonsum und weiss deshalb, mit wie viel Herzblut und Engagement Anna Zimmermann und Ralf Weber im «Lotti» diese Philosophie leben. Die beiden empfangen mich an einem nieslig-grauen Winternachmittag. Kaum durch die Türe, spüre ich die wohlig-warme Atmosphäre, die dieses Lokal ausstrahlt. Ein Lokal, in dem das Traditionelle geschickt mit dem Modernen verbunden wird. Ein Lokal, das einem ein Gefühl des Heimkommens vermittelt.

Vom Lokal …

Als Anna und Ralf das «Lotti» im Jahr 2017 eröffneten, erfüllten sie sich ihren Traum von der Selbständigkeit. Anna erzählt: «Ich bin in der Gastronomie gross geworden. Nach meiner KV-Lehre legte ich ein Zwischenjahr in der Gastronomie ein, ein intensives. Auch während meines Studiums jobbte ich weiter. Ich liebe die Gastro- nomie. Mich fasziniert die Zusammenarbeit mit den Menschen: Gästen, Lieferanten und Mitarbeitenden. Ein kleines Universum, das man sich aufbauen und nach seinen Werten gestalten kann.» Als sie hörte, dass das Lokal am Werdmühleplatz 3 frei würde, setzte sie zusammen mit Ralf und einem weiteren Kollegen –die drei kannten sich aus der Gastroszene – alles daran, ihre Unterschriften unter den Mietvertrag setzen zu können. Die Hürden waren hoch – dass sie es dennoch schafften, erfüllt sie mit Freude.

… zum Konzept

«Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, zu starten: Entweder man hat ein Konzept im Kopf und sucht dafür die passende Location, oder man findet eine geniale Location und versucht dort das Maximum herauszuholen», meint Anna und ergänzt: «Wir haben uns überlegt, wie wir am liebsten essen. Wir geniessen, teilen und probieren gern. Zudem haben für uns Herkunft und Qualität der Produkte höchste Priorität. Das wollten wir hier umsetzen.»

Zum Geniessen gehört auch ein angenehmes Raumgefühl. Im «Lotti» kommt das Licht zum einen von oben durch die rückseitigen Oblichter herein und zum anderen von vorn durch die grosse Schaufensterfront. «Hier ist es offen und hell –zum Arbeiten wie auch zum Essen und zum Trinken ein Ort, der gut tut», schwärmt Anna. Die Einrichtung ist schlicht, überrascht jedoch mit verspiel- ten Details wie dem grossen Thekenschild oder einer Wand mit alten Werbeschildern. «Die Werbeschilder sind eine Hommage an meinen ersten Job in der ‹Alpenrose›, dem ersten Restaurant, das schon in den 90er-Jahren voll auf ‹Schweiz› gesetzt hat», verrät Anna.

Damit ihre Gäste auch nach Lust und Laune würden teilen und probieren können, setzten Anna und Ralf von Beginn weg auf die Idee von Schweizer TapasSpeisen, die als Tavolata auf den Tisch kommen. Ob zu zweit oder in einer grösseren Gruppe: Alle bedienen sich von ihren Lieblingsgerichten und können gleichzeitig etwas probieren, das sie selbst nicht bestellt hätten.

Aus dem Kindheitstraum …

Mit der Herkunft und Qualität der Produkte kommen wir zu Ralfs Aufgabenbereich. Küche und Einkauf sind sein Revier, während sich Anna ums Administrative und den Service kümmert. Im Grill lodert inzwischen das Feuer, auf dem in rund einer Stunde erste hochwertige Stücke brutzeln werden. Währenddessen erzählt Ralf vom Ursprung seiner Passion fürs Kochen: «Der Vater eines Freundes war der erste Sternekoch in unserer Region. Schon mit fünf Jahren stand ich bei ihm in der Küche und wusste, dass ich auch Koch werden wollte. Als es so weit war, war für mich von Beginn weg selbstverständlich, nur frische Zutaten zu verarbeiten. So wie bei uns zuhause in Westfalen, wo stets frisches Gemüse aus unserem Garten auf den Tisch kam.»

… mit Prinzip … Das Gemüse kauft Ralf mehrheitlich zweimal pro Woche frühmorgens auf dem Markt am Bürkliplatz. «So bekomme ich höchste Qualität direkt vom Bauern.» Das Fleisch bezieht er vom Luzerner Biobetrieb Uelihof und vom Ostschweizer Metzger Reto Rust. Beide stehen für höchstes

Tierwohl bis zum Schluss. Darauf legt Ralf sein ganzes Augenmerk: «Nie würde ich Fleisch von einem Schlachthof beziehen. Töten ist nie schön, aber wenn es gemacht wird, dann mit Würde, Vorsicht und Sorgfalt. Der Bauer soll das Tier auf seinen letzten Schritten begleiten.»

Um dem Tier mit grösstem Respekt zu begegnen, wird in der «Lotti»-Küche von der Schnauze bis zum Schwanz alles verwertet. «Wir bestellen eine bewusste Anzahl Kilo Fleisch und nehmen, was kommt. Unsere Gäste erwartet darum ein stets wechselndes Angebot. Kommt jemand erst um 21 Uhr zum Abendessen, kann es geschehen, dass es mal keine Special Cuts mehr gibt.» Zudem berichtet Ralf vom starken Küchenteam, das sich mit der Zubereitung sämtlicher Fleischstücke wie auch Innereien auskenne. «Sie wissen, wie Leberknödel in einer perfekten Bouillon zubereitet werden. Schliesslich sind es gerade diese Gerichte, die ein besonderes Gefühl des Heimkommens vermitteln können.»

… und Konsequenz …

Während Ralf ein Rib-Eye-Steak vom Metzger Rust mit Olivenöl und Salz einreibt, frage ich ihn nach dem richtigen Würzen: «Zehn Köche, zehn Meinungen», seine Antwort. Er mag es puristisch und kann gewisse Techniken nicht nachvoll-

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