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ÜBER DIE SYMBIOSE ZWISCHEN ARCHITEKTUR UND MALEREI

Eine kurze Geschichte über die Symbiose zwischen Architektur und Malerei.

Anna-Maria Tupy

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Die Entwicklung der Steinbauten und ihre Ausschmückung mit kostbaren Gesteinsarten besitzen keinen festlegbaren Zeitpunkt. Wohl kann man den Ursprung möglicherweise in die Steinzeit verzeichnen. Denn bereits um 8500 v. Chr. wurde in Anatolien auf dem nahe der syrischen Grenze gelegenen Hügel Göbekli Tepe eine Tempelanlage bestehend aus sieben Meter hohen Stelen aus Kalkstein aufgestellt, in die Künstler Tierfiguren graviert haben. Auch später im alten Ägypten waren die Pyramiden als religiöse Grabstätte der Pharaonen die ersten Steinbauten, während die meisten Menschen noch in Lehmhäusern wohnten. Am Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. werden große Palastanlagen errichtet, wie zum Beispiel der Palast von Knossos auf der Insel Kreta.

Von da an verlaufen die Entwicklung und der Ausbau von öffentlichen Gebäuden und Plätzen sowie privaten Wohnhäusern in Stein parallel in den unterschiedlichen Kulturen ab. Besonders schöne Beispiele findet man im antiken Griechenland. Vorzugsweise wurde weißer und bunter Marmor für die Verkleidung von Wänden, Fußböden, Decken, Säulen und Interieur verwendet. Oftmals gestalteten sich jedoch die Beschaffung und der Transport von echtem Marmor von den lokalen oder ausländischen Steinbrüchen zum Bauwerk entweder schwierig oder sie war mit immensen Kosten verbunden, die sich nur sehr wohlhabende Leute leisten konnten. Zudem war man mit der Auswahl an heimischen Marmor auf eine gewisse Farbauswahl und Musterung beschränkt, sodass andersartiger Marmor in der Phantasie sozusagen kreiert wurde. Bei der Ausgestaltung von Innenräumen wurden gerne solche Phantasie-Marmore gezeigt, indem sie in den frischen Putz (ital. „al fresko“) gemalt wurden. Viele Bürger besaßen in ihren Häusern keine Wandverkleidung in Marmor, weshalb die Wandmalerei und die Imitation von Marmor eine wichtige Rolle spielte. Meist fehlte auch das Geld beim Wiederaufbau nach einem Erdbeben oder einer kriegerischen Auseinandersetzung, weshalb fehlende Bereiche mit Mörtel neu verputzt und künstlich marmoriert wurden. Im Folgenden wird näher auf die künstliche Marmorierung in der bildenden Kunst von der Antike bis in die heutige Zeit eingegangen, wobei der Fokus auf die Maltechnik und deren Wirkung gelegt ist.

Ausgehend von den Wandputztechniken im alten Ägypten, die die Grundlage der römischen Wandmalerei bilden, wird über die freskale Scheinarchitektur der Renaissance erzählt. Die Hochblüte der Illusion wurde im Barock durch die Gestaltung mit Stuckmarmor, einer Imitationstechnik von Marmor mit eingefärbten Leim-Gips-Massen, erzielt. Aufgrund seiner häufigen Verwechslung mit echtem Marmor wurde er auch gerne zur Ausgestaltung der Ringstraßenbauten in Wien verwendet, worauf am Ende dieses Textes eingegangen wird. Dabei kann die große Anzahl an verschiedenen Kunsttechniken dazu verleiten, den Überblick zu verlieren. Da all die hier besprochenen Imitationstechniken den Baustoff Gips und/oder Kalk gemein haben, verschmelzen die Gattungsgrenzen ineinander. Aus diesem Zusammenhang beeinflussen und bedingen sich die einzelnen Kunstformen einander.

Eugene Violet-le-Duc: Konstruktives Schema der Caracalla-Thermen in Rom (Anfang 3. Jahrhundert n. Chr.),1867 Lithographie farbig auf Karton 96,3x73,2 cm

Die Techniken im alten Ägypten und die römischen Wandmalereien

Als Vorläufer der Imitation von Marmor in der römischen Wandmalerei gelten die Wandputztechniken sowie -malereien im alten Ägypten. Diese Kultur durchlief innerhalb von nur 18 Dynastien (2740 bis 1070 v. Chr.) eine bemerkenswerte Entwicklung in Malerei, Bildhauerei, Architektur, Schmuck, Textilien, Keramik, Gartenkunst und Bekleidung. Bezeichnend für die ägyptische Kunst ist die Unterordnung aller Kunstgattungen unter einem „Gesetz“. Der Schwerpunkt lag auf einer klaren Komposition der Darstellungen und der Positionierung der Personen auf Wänden, Gräbern und Objekten, die immer einem Schema folgten. Heute wissen wir anhand von materialwissenschaftliche Untersuchungen dass man bereits zwei Putzarten in ägyptischen Gräbern verwendete. Man hat dazu eine Stückprobe eines Putzes entnommen und diese in Epoxidharz eingebettet. Nachdem eine hauchdünne Schicht von der Mitte dieses eingebetteten Putzstücks geschnitten wurde, konnte man die Abfolge der einzelnen Schichten im Querschnitt erkennen. Diese Schicht wurde auf einen Objektträger geklebt, sodass diese Probe mit unterschiedlichen Untersuchungsmethoden analysiert werden konnte. Genauere Aussagen traf man bei Betrachtung dieses sogenannten Dünnschliffs unter dem Licht- und Rasterelektronenmikroskop, wo die Abfolge, die Art des Materialauftrages und die Zusammensetzung der einzelnen Schichten bestimmt werden können. So konnte man feststellen, dass relativ glatte Wandoberflächen mit einer dünnen Gipsschicht überzogen wurden, während sehr unregelmäßige Wände zuerst mit einer Mischung aus Stroh, Lehm und Niluferschlamm bedeckt waren, auf die ein dünner, stark kalkhaltiger Gips aufgezogen wurde. Erst auf den getrockneten Putz wurde die Farbe aufgetragen (ital. „al secco“), weshalb die Ursprünge der Seccomalerei hier anzusiedeln sind. Geoffrey Beard (1929), ein für die Materialtechnologie von plastischer Dekoration wichtiger Forscher des 20. Jahrhunderts, konstatierte, laut eigenen Recherchen, dass eingefärbter, polierter Stuck bereits im alten Ägypten Verwendung fand.

Erst im antiken Griechenland und im Römischen Reich wurde der Wandverputz weiter modifiziert und erste Illusionsmalereien (lat. „illudere“ – „vortäuschen“) in Freskotechnik entstanden sowohl in privaten als auch in öffentlichen Räumen. Unter den erhaltenen Zeugnissen dominiert quantitativ die Wandmalerei, allen voran jene aus den Wohnbauten der Vesuvstädte (Pompeji, Herculaneum und Sta-

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marmor-macht-archi- LESEN SIE MEHR ÜBER DAS BAUMATREIAL "MARMOR" UND SEINE IMITATION Johannes Overbeck: Wandmalerei in Pompeji, 1856 Die Zeichnung von Johannes Overbeck zeigt verschiedene Steindar stellungen in der linken Hälfte des Bildes. Deutlich erkennbar ist Ägyptischer Alabaster.

Römisches Fresko (Ausschnitt) aus dem Gartenraum der Casa del Bracciale d'Oro (VI 17, 42) in Pompeji. Foto: WolfgangRieger

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Wandmalerei im Vierten Stil aus Herkulaneum, Italien, ca. 62-69 n. Chr., Fresko

LESEN SIE HIER MEHR ÜBER DIE VERSCHIEDENEN STILE DER WANDMALEREI IM ALTEN ROM

Beispiel für eine römische Wandmalerei im Vierten Stil im Haus der Vetii, Pompeji, 1. Jahrhundert v. Chr.

Imitation von einer Quadermauer mit verschiedenfarbigem antiken Marmor, Villa Ariana, Castellammare Di Stabiae biae) sowie den Peristylhäusern in Ephesos. Bedeutende Zeugnisse hiervon sind die von dem römischen Architekten Vitruv und dem römischen Gelehrten Plinius der Ältere überlieferten römisch-antiken Glätteputztechniken der Wandverkleidungen in Pompeji. Aus den „De architectura libri decem“ (dt. Zehn Bücher über Architektur, ab 33 v. Chr.) von Vitruv geht die Tradierung der Putztechnik aus dem antiken Griechenland folgendermaßen hervor: „[…] Wenn aber die Festigkeit des Verputzes durch den Putzhobel noch mehr gesichert und derselbe bis zum harten Marmorglanz geglättet ist, werden sie in den gleichzeitig mit dem Verputzen aufgetragenen Farben einen schimmernden Glanz erhalten. […] Derjenige aber, welcher durch häufige Lager von feinsandigem und von Marmormaterial gehörig dick ist, wird nach öfter wiederholten Glättungen, nicht bloß glänzen, sondern auch das Bild der Beschauer reflektieren.“

Aufgrund der in Fresko-Technik ausgeführten Malerei, sind zahlreiche Wandmalereien bis heute so gut erhalten geblieben. Was die römischen Wandmalereien darstellen, hat der Archäologe August Mau im Zuge seiner wissenschaftlichen Tätigkeit untersucht. Das Ergebnis seiner Arbeit resultiert in der Einteilung der römischen Wandmalerei in vier Stile, wie sie Experten heute noch bei Zuschreibungen von archäologischen Funden verwenden. Sie richten sich nach dem Gliederungsschema der Wände. Einfach ist der Mauerwerks- oder Inkrustationsstil (3. Jh. - 80 v. Chr.) zu erkennen. Bei diesem werden der Aufbau und das Aussehen einer monumentalen Quadermauer nachgeahmt, indem Stuckreliefs verschiedenartig bemalt und Quaderblöcke in den Putz geritzt werden. Hier steht die Imitation von kostbaren Gesteinssorten im Vordergrund, vor allem das unterschiedliche Aussehen von verschiedenen Marmorarten. Auch beim Architekturstil (ca. 80 - 20. v. Chr.) diente die reale Architektur noch als Vorbild für die Dekoration der Wände, aber an die Stelle der plastischen Quaderung in Stuck trat eine rein malerische Gestaltung. Ein bemerkenswert gut erhaltenes Beispiel dafür ist die Ausstattung der Villa di Livia, heute im Palazzo Massimo delle Terme in Rom zu bewundern. In verschiedenen satten Grüntönen wird eine illusionistische Gartenlandschaft mit vielen Gräsern, Büschen und Früchte tragenden Bäumen gezeigt, in welcher der Betrachter zu stehen scheint. Bei längerer Betrachtung sieht man wie kleine Hasen einander jagen oder Vögel von herausragenden Zweigen davonfliegen. Schwebende Landschaften und zweidimensional-lineare Phantasmen zwischen ornamentalen Elementen hingegen, waren bekannt für den Ornamentstil (ca. 20 - 79 n. Chr.). Und beim letzten pompejanischen Stil (ca. 60 – 79 n. Chr.) wurden einfach viele Stile eklektisch miteinander gemischt. Die Wände wurden in verschiedene Raumebenen geteilt und durch Scheinfenster wurden Landschaften dargestellt. Römische Wohnräume öffneten sich in der Regel zum Atrium hin oder waren teilweise gar fensterlos und dunkel – der Wandschmuck sollte sie aufhellen und vergrößern. Hintergrundflächen zeigten leuchtende Farben und Trompe-l’Œil-Effekte, so wird die Technik bezeichnet, eine zweidimensionale Fläche derart realistisch zu bemalen, dass sie dreidimensional wirkt, teilten kahle Wände in kleinere Flächen mit lebhaften Bildern auf.

Besonders im antiken Griechenland war eine wirklichkeitsgetreue und illusionistische Kunst Grund für Wettkämpfe unter den Künstlern. Dies überliefert Plinius d. Ä. um 23/24 n. Chr. bis 79 n. Chr. in seinem umfassenden Werk der „Historia Naturalis‘‘ (dt. Naturkunde). In diesem, sozusagen ersten Sachbuch, wird neben Betrachtungen über Kosmologie, Tierwelt, Stellung von Mensch und Natur, auch über die Kunst berichtet. Als Beispiel

führt Plinius d. Ä. den Wettstreit zwischen den Malern Zeuxis und Parrhasios an: Zeuxis malte ein Bild von Trauben, die so täuschend echt waren, dass Vögel herbeiflogen, um nach ihnen zu picken. Parrhasios malte einen solch täuschend echten Vorhang, den selbst der Künstler Zeuxis versuchte beiseite zu schieben. Diese Kunstfertigkeit steht ganz im Begriff der Mimesis (griech. „Nachahmung der Wirklichkeit“). Die Mimesis führte bereits in der Antike zu ganz unterschiedlichen Auffassungen über die Art und Weise der Nachahmung: Man konnte sie als Wirklichkeitskopie (eine 1:1-Abbildung der Wirklichkeit in der Kunst), als Wirklichkeitsverwandlung und als Entwurf neuer Realitätsvorstellungen (Schaffen einer neuen literarischen Wirklichkeit) ansehen. Der griechische Philosoph Platon (428/427 – 348/347 v. Chr.) warf der Kunst vor, sie sei unwahrhaftig und wirklichkeitsverfälschend. Nur die Philosophie könne die Wirklichkeit abbilden. Aus Platons Sicht, seien die Dichter aus seinem idealen Staat zu verbannen, denn sie stehen im Gegensatz zu seiner Erkenntnislehre. Sein Schüler, der griechische Philosoph Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) konstatiert, dass alle literarischen Formen Nachahmungen sind. Dies schreibt er in seiner etwa 335 v. Chr. entstandenen Schrift „Poetik“. Gerade das Theater sei nach Aristoteles aus dem angeborenen Nachahmungstrieb (Mimesis), also der Freude am Lernen durch Nachahmung, entstanden. Er unterscheidet aber wesentlich die Nachahmungsformen zwischen Komödie und Tragödie: Die Komödie ahme Gewöhnliches und Lächerliches nach, während die Tragödie die Nachahmung edler Handlungen in gewählter Rede zum Zwecke der Reinigung des Zuschauers von den Leidenschaften (Katharsis) darstellte.

Die Renaissance der Scheinarchitektur unter dem Einfluss des Malers Giotto

Die Auflösung des Römischen Reichs im 5. Jahrhundert und die darauf folgende Völkerwanderung löste eine Reihe von Umwälzungen in der Gesellschaft und der bildenden Kunst aus. Unter dem christlichen Kultbild wurden der Malerei und der Architektur neue Funktionen zugeschrieben, weshalb der Fokus auf geometrischen Formen und christlichen Darstellungen lag. Erst die Malerei der italienischen Frührenaissance greift bewusst auf die malerische Gestaltung von Scheinarchitektur zurück. Der italienische Maler und Baumeister Giotto di Bondone (1267-1337) verwirklichte in seinen Freskenzyklen, in der Cappella degli Scrovegni in Padua und in der Oberkirche der

Tonnengewölbe der Cappella degli Scrovegni, Padua, Ve - netien (Italien), 1302-1306 verziert mit Freskengemälde von Giotto di Bondone

Foto: Andrea Piroddi

Cappella degli Scrovegni, Vertreibung Joachims aus dem Tempel

Detail

Die Villa Farnesina im römischen Stadtviertel Trastevere Basilika San Francesco in Assisi, die Abwendung von der flachen, zweidimensionalen Kunst byzantinischer Tradition. Noch in der Renaissance ist alle plastisch-architektonische Wirkung der bildgemäßen Erscheinung unterworfen, wie sie von Giotto folgerichtig geschaffen worden war. Seine Fresken täuschen zum ersten Mal Freiplastik im architektonischen Raum vor. Etwas Derartiges hatte es seit einem Jahrtausend nicht mehr gegeben. Giotto hatte die Kunst wieder entdeckt, einem zweidimensionalen Raum die Illusion räumlicher Tiefe zu geben. Durch die vollplastische Darstellung der einzelnen Figuren im gemalten architektonischen Raum, spielt sich die Erzählung direkt wie von selbst vor den Augen des Betrachters ab. Bei den beiden erwähnten Freskenzyklen in Padua und Assisi verwendete der Maler die emporstrebende Kirchenarchitektur als Rahmen für einen Erzählzyklus, welcher in einem illusionären Raum stattfindet, durch den sich die Figuren in überzeugendem Naturalismus bewegen. Im Bildnis der „Vertreibung Joachims aus dem Tempel“ wird auch die Stofflichkeit und Materialität des Bauwerks spürbar. Joachim, die Figur im hellroten Gewand mit Heiligenschein, hält ein Lamm in seinen Händen, welches er im Tempel opfern will. Der Hohepriester, die langbärtige Figur im grünen Gewand, verweist ihn aufgrund seiner Kinderlosigkeit aus dem Tempel. Diese Szene spielt sich vor dem Tempel ab: Die beiden Figuren stehen auf einem flachen Sockel, der an der Stirnseite mit einem grünen Marmorband verkleidet ist. Der Tempel selbst ist hier symbolhaft mit einem überdachten Altar mit gedrehten Säulen und Halbwänden angedeutet. Auch das Dach des Altars ist mit weißem Mar-

mor mit feinen grauen Adern akzentuiert während die Halbwände an der Außenwand mit einem bunt gemusterten Marmor verziert sind. Allein in einem Bild werden viele verschiedene Marmore gezeigt und vom Maler illusionistisch gestaltet. Giotto setzte diese Augentäuschung auch in der gesamten Sockelzone der Cappella degli Scrovegni in Padua ein, wodurch er raffiniert echt aussehende antike Marmorarten als Fresko abbildet. Mit dem Einläuten der Perspektive und des illusionistischen Raums durch Giotto wird die Scheinarchitektur im 14. Jahrhun-

Der Salone delle prospettive der Villa Farnesina in Rom wur - de zwischen 1518 und 1519 von Baldassare Peruzzi und dessen

dert vermehrt eingesetzt. Zu ihren Vertretern in der bildenden Kunst zählen u. a. die italienischen Maler Taddeo Gaddi und Andrea del Castagno im 15. Jahrhundert sowie Baldassare Peruzzi im beginnenden 16. Jahrhundert, die vor allem im toskanischen Raum tätig waren und unter dem Einfluss von Giotto standen. Peruzzi ist der Architekt der Villa Farnesina in Rom, der auch mit den Mitarbeitern seiner Werkstatt die Malereien des Saals der Perspektiven entwarf und malte. Er setzt die theoretischen Gesetzmäßigkeiten der Perspektive meisterhaft in der illusionistischen Malerei um und verwandelte den Saal in eine Loggia mit Säulenreihe. Die gemalten Doppelsäulen geben den Blick auf eine Balustrade frei, über die hinweg der Blick über die Stadt Rom schweifen kann. Gekonnt werden verschiedene antike Marmorarten, wie der verde antico oder diverse Brekzien-Arten, nachgeahmt. Die vollständige Illusion kommt allerdings erst dann zustande, wenn der Betrachter an jenem Punkt des Raumes steht, dem Augpunkt des Malers, an dem alle Linien der perspektivischen Darstellung zusammenlaufen.

Die Hochblüte der Marmorimitation im Barock am Beispiel Österreichs

Das 17. Jahrhundert ist gekennzeichnet von einem großen Wandel in ganz Europa. Politisch war der Barock die Zeit der absolutistischen Herrscher, die nur allzu gern ihren großen Reichtum und ihre Macht zur Schau stellten. Sie beauftragten namhafte Künstler und Architekten, die prestigeträchtige Gebäude, gestiftete Altäre in Kirchen oder Gemälde zu repräsentativen Zwecken und zur Legitimation ihrer Macht fertigten. Aufgrund des theologischen Disputs in der Kirche, versuchte die römisch-katholische Kirche den protestantischen Glauben zu bekämpfen, tat es ihren weltlichen Gegnern gleich und nahm die Kunst als Mittel. Die Strategien dieser Gegenreformation wurden im Konzil von Trient (1545-1563) festgelegt. Zu diesem Zweck wurden die nun pompös und überladen gestalteten Kirchenräume Austragungsort dieser Propaganda. Je lauter die Protestanten gegen äußere Prachtentfaltung in den Kirchen predigten, desto eifriger war die römisch-katholische Kirche darauf bedacht, die Macht der Kunst in ihren Dienst zu stellen. Deshalb wendet barocke Kunst sich immer zuerst an die Sinne des Betrachters, um ihn von der Stellung der Kirche zu überzeugen und zu bekehren. Barockkünstler zielen auf das Gefühl des Betrachters, sie wollen ihn mitreißen. Eine wesentliche Besonderheit ist dabei die optische Vereinigung aller Elemente zu einem die Sinne überwältigenden Gesamtkunstwerk. Die Stadt Rom ist das internationale Zentrum des Barock, hier schufen die Künstler ihre Werke, hier diskutierten sie und erhielten ihre Aufträge, da Rom die Stadt der Päpste war. Und von hier aus verbreiteten sich die Ideale und Gestaltungselemente europaweit. Die Zeit um 1700 ist eine der glänzendsten Epochen der Baukunst, und nicht der Baukunst allein. Schon bald wollte jeder Fürst in Deutschland sein Schloss Versailles haben und jedes Kloster in Österreich oder Spanien wollte mit der Pracht der Bauten der italienischen Architekten und Bildhauer Borromini und Bernini wetteifern. Die zu dieser Zeit entstandenen Schlösser und Kirchen waren nicht nur als architektonische Schöpfungen gedacht, sondern alle Künste sollten dazu beitragen, eine unwirkliche, künstliche Welt zu schaffen. Den Künstlern wurde freie Hand gelassen, sie durften nach Herzenslust planen und die unwahrscheinlichsten Versionen in vergoldetem Stuck, Marmor und Stuckmarmor umsetzen. Stuckmarmor bezeichnet die Imitation von echtem Marmor mit eingefärbten und polierfähigen Stuckmassen. Bei der Herstellungstechnik von Stuckmarmor wird neben der Pinselmaltech-

P., van der Burg (Hg.), Die Holz- und Marmormalerei : Praktisches Handbuch für Dekorationsmaler sowie zum Gebrauch in Fach-, Maler- und Kunstgewerbeschulen : Atlas, Leipzig 1900, 4. Auflage.

Rechts: Gemalter „Vert de Mer“ Marmor

Stiftsbibliothek Altenburg (Österreich) mit Kuppeln Paul Trogers, 1740 - 1744

Stift Melk Marmorsaal Deckenfresko, Paul Troger, 1731

Anna-Maria Tupy hat das Diplomstudium Konservierung und Restaurierung im Fachbereich Stein und mineralische Werkstoffe an der Universität für angewandte Kunst Wien 2017 abgeschlossen. Schon während ihres Studiums zog es sie ins Ausland um bei Projekten in Nepal, Ephesos und den Vatikanischen Museen mitzuarbeiten. Seit Beginn dieses Jahres ist sie als selbstständige Restauratorin in Österreich und im Ausland tätig und hat sich vor allem auf die Restaurierung von Marmor, Stuckmarmor und Scagliolaarbeiten spezialisiert. Darüber hinaus bilden die historische Stuckmarmor- und Scagliola-Herstellung sowie dessen Erforschung und Tradierung einen wichtigen Bestandteil ihrer Arbeit.

nik zwischen verschiedenen Techniken unterschieden, einen natürlichen Marmor nachzuahmen oder eine Marmorierung nach künstlerischen Voraussetzungen herzustellen: Stucco lustro, Stuckmarmor oder Gipsmarmor (barocke Bezeichnung), Scagliola, Poliergips. Wenngleich alle drei Letztgenannten vom Ursprung her Stuckmarmor sind, gibt es dennoch Unterschiede. Während Scagliola eine Intarsientechnik ist handelt es sich bei Poliergips um nicht eingefärbten einfarbigen, meist weißen Stuckmarmor. Bei der Stuckmarmorherstellung wird vorzugsweise rein weißer Alabastergips verwendet. Nach dem Einstreuen des Gipses im Leimwasser, so wird das Wasser bezeichnet in welchem das Bindemittel, der Hasenhautleim, aufgelöst ist, werden Teile der pastösen Masse mit unterschiedlichen Pigmenten eingefärbt. Aus dieser Masse werden Stränge und Kugeln geformt und in verschiedenster Anordnung in eine sogenannte ,,Kuchenform‘‘ gebracht. Von diesem Teig werden Scheiben abgeschnitten und auf die zu gestaltende Oberfläche gelegt. Nach mehreren Schleif- und Poliervorgängen wird die Oberfläche verdichtet und geglättet bis sie einen spiegelhaften Glanz erhält. Erst durch die Wanderschaft der Künstler und den regen Wissensaustausch, fand der Stuckmarmor seinen Weg über Italien und Süddeutschland nach Österreich. Neben den unsagbar zahlreichen Gestaltungsmöglichkeiten mit dieser Kunstform, ist es möglich, dem Stuckmarmor jegliche Art der Musterung, jede denkbare Farbnuance und eine bis zu spiegelglatte Oberfläche zu verleihen. Im 17. Jahrhundert ist der Stuckmarmor anfangs jedoch immer in Zusammenhang mit der Scagliola zu sehen. Als die kostbarsten und frühesten großflächigen Ausstattungen gelten wiederum die Scagliolaarbeiten am Münchner Hof, die im Zuge der Maximilianischen Umbauten und Erweiterungen der Münchner Residenz zur Ausführung gelangt sind: 1607 wurden die Reiche Kapelle und schließlich die ehemaligen sogenannten Kaiserzimmer (1612-1617) reich mit der Intarsienarbeit mit Stuckmarmor ausgestaltet. Unter Stucco lustro, auch an Fassaden anwendbar, versteht man eine mit dem Fresko verwandte Maltechnik, bei der die Äderungen malerisch auf geglättetem Putz auf-

getragen, mit Wachs überzogen und anschließend mit Kellen „gebügelt“ werden. Im Allgemeinen wurde die Kunst dieser Techniken gerne als gut behütetes Geheimnis bewahrt, um sich vor Konkurrenz zu schützen und seine Signatur stärker hervorzuheben. Aus diesem Grund besitzen bis heute nur mehr wenige Künstler und Handwerker Kenntnis über diese Technik. Umso schwieriger und heikler ist der Versuch, die Genese der einzelnen Unterarten festzumachen. Es wurde bereits aufgezeigt, dass jene, dem Stuckmarmor verwandten Putz-Glättetechniken in der Antike gebräuchlich waren. Die von Vitruv beschriebene Vorarbeit des Wandverputzes der Griechen und die nach heutigem Verständnis ausgeführte Vorarbeit für den sogenannten Stucco lustro, sind vollkommen gleich. Charakteristisch ist vor allem der letzte Überzug mit Wachs beim Stucco lustro, der infolgedessen mit dem Ganosis-Verfahren, der antiken Tradition, übereinstimmt.

In Österreich, Böhmen und Süddeutschland wurden die Gedanken des italienischen und französischen Barock am konsequentesten und kühnsten zu einem einheitlichen Stil verschmolzen. Gerade im Kircheninneren kannten sie kein Maß. Selbst Bernini oder Borromini sind nie so weit gegangen. Gerade durch die Verschleifung von Raumzonen im Zusammenspiel der Künste und der Raumkonzeption wird die Architektur aufgelöst. Das Kircheninnere ist voll strahlender Wolken, singender und musizierender Engel, alles scheint sich zu bewegen und zu tanzen. Das steigende Interesse für Beleuchtungs- und Farbeffekte, die Vorliebe für asymmetrische Komposition und die Freude an dramatischer Bewegtheit nimmt Überhand, sodass in einer solchen Kirche nichts mehr „natürlich“ oder „normal“ scheint. Ein solches kongeniales Zusammenwirken von Architektur, Plastik, Stuckatur und Malerei, was sich ebenso in der einheitlichen Farbwahl zeigt, sieht man am Beispiel des Benediktinerstifts Altenburg. Die Wirkung des Inneren als einen „einheitlich gestalteten Farbraum“ ergibt sich durch die Deckenmalereien von Paul Troger und nicht zuletzt durch die Marmorierungen und die plastische Zier des Bildhauers, Stuckateurs und Marmorierers Franz Joseph Ignaz Holzinger und seiner Werkstatt. Dominiert wird die gesamte Raumerscheinung von dem rötlichen Stuckmarmor, der an manchen Stellen geradlinig von den dunkleren Partien abgegrenzt ist, um die Wirkung einzelner aneinandergereihter Steinblöcke zu evozieren. Darüber hinaus haben sie eine raumbildende Funktion inne und fungieren demnach als unverzichtbare Wandinstrumentierung für die eher zurückhaltende Raumschale. Um sich diese architektonische und stilistische Neuerung besser vorstellen zu können, muss man sie mit der Architekturauffassung des 17. Jahrhunderts vergleichen: Dort überwiegt eine schlichte, vorwiegend weiße Raumgestaltung in Sakralbauten, in der nur durch die Portale und Altaraufbauten farbige Akzente aus Materialien wie Marmor, Stuckmarmor oder marmoriertem Holz gesetzt wurden. Nur hundert Jahre später wurde der gesamte Wandaufbau mit farbigem Marmor verkleidet, was möglicherweise auf den Einfluss römischer Vorbilder zurückzuführen ist, wenn man an die römischen Wandmalereien denkt. Neben Pilastern, Säulen und Sockeln wurden nun auch die Wände und das Hauptgesims in Stuckmarmor ausgeführt, bei welchem man sich in den österreichisch-bayrischen Breitengraden an heimischen Marmorarten wie „Adneter Rot- und Graumarmoren“ orientierte oder diese auch häufig miteinander kombinierte. Im Laufe des Jahrhunderts wuchs die Vorliebe für das bunte und helle Farbspiel von Stuckmarmor, das sich dann auch vermehrt von naturalistischen Vorbildern unterschied. Ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts verschwinden bunte und farbkräftige Marmorimitationen, um Gesteinen mit zartem, blassem Kolorit zu weichen.

Ende des 18. Jahrhunderts kristallisieren sich bedeutsame österreichische Künstler auch aus dem Bereich der Malerei aus dem Kunstgeschehen in der Donaumonarchie heraus. Mit der Gestaltung der Privatgemächer der Kaiserin Maria Theresia schuf Johann Baptist Wenzel Bergl (1718-1789) ein Gesamtkunstwerk der illusionistischen Malerei. Als Schüler des österreichischen Malers Paul Troger (1698-1962), erhielt Bergl, der sich im Hause Habsburg einen Namen gemacht hatte, in den Jahren 1769 bis 1778 den Auftrag, die sogenannten drei Bergl-Zimmer im Schloss Schönbrunn in Wien zu gestalten. Die Räume zeigen einen schmiedeeisernen offenen Pavillon, der in einen barocken Garten mit exotischer Pflanzenwelt führt. Der Betrachter erhält durch diese illusionistische Landschaftsmalerei

Foyer des Kunsthistorischen Museum Wien © Massimo Listri Details aus Johann Wenzel Bergls Wandmalereien im Gartenpavillon Stift Melk, AT, Margherita Spiluttini, 2008

Burgtheater Wien

eher das Gefühl, sich durch einen Pavillon im Freien, als durch die architektonischen Räume des Schlosses zu bewegen. Die Gitter des Pavillons sind mit Blumenranken umschlungen und alle paar Schritte sind bauchige Vasen mit Rosensträußen abgebildet. Im Hintergrund schweift der Blick in verschiedene barocke Gärten. Diese Verschmelzung vom architektonischen Raum mit der umgebenden Natur entsprach sehr dem Lebensgefühl der Rokokozeit. Weitere wichtige Vertreter der österreichischen barocken Malerei sind Johann Michael Rottmayr (1656-1730), Anton Maulbertsch (1724-1796), Peter Strudel (1660-1714), Daniel Gran (1694-1757) und Kremser Schmidt (1718-1801).

Möglichkeiten der Marmorimitation ab dem 19. Jahrhundert

Weitere Methoden und Adaptierungen zur Marmorimitation mit verschiedenen Kunsttechniken ab diesem Zeitraum werden in dem Standardwerk „Die Imitationen“ von Sigmund Lehner von 1883 aufgezeigt. So werden beispielsweise Marmorimitationen aus Leimwasser hergestellt, die als leichte Furnierplatten Buchbinderarbeiten, Holz und Tischplatten verzieren können. Interessant ist außerdem die Methode des Einfärbens von Kautschuk, der fertig marmoriert ausgewalzt und in Formen gepresst wird; der Hohlkörper wird zur weiteren Stabilisierung anschließend mit Gips ausgegossen. Eine noch einfachere Methode zur Aufwertung eines echten, jedoch erschwinglichen Marmors ist nach Lehner deren Einfärbung: „Es ist nun möglich, durch Anwendung passender Färbemittel Marmorplatten sehr schöne farbige Zeichnungen zu ertheilen und auf diese Art Imitationen zu schaffen, welche viel werthvoller sind als der ursprünglich angewendete Marmor.“ Die entsprechenden Farblösungen werden mittels des Pinsels auf die vorher erwärmte Marmorplatte aufgetragen (die Lösungen müssen selbst auch erwärmt sein) und dringen dann mehrere Millimeter tief in den Stein ein.

Bevor der Stuckmarmor und der Stucco lustro zunehmend an Bedeutung verlieren, erleben sie einen letzten Aufschwung im Zuge der Stadterweiterung Wiens. Seit der Türkenbelagerung 1683 lag vor dem Stadtgraben ein rund 570 m breiter Grünstreifen oder Glacis, der seither nicht mehr bebaut werden durfte. Nach dem Erlass von Kaiser Franz Josef im Dezember 1857 wurden die riesigen Flächen als Baugrund verkauft und mit den im gegründeten Stadterweiterungsfond einbehaltenen Erträgnissen konnte eine große Anzahl von öffentlichen Monumentalbauten realisiert werden. Es handelte sich hierbei aber nicht nur um die eigentliche „Ringstraße“, sondern um die gesamte „Ringstraßenzone“, auf deren Fläche innerhalb weniger Jahrzehnte rund 830 Neubauten entstanden. Bei der Konzeption der Ausstattung der Profan- und Privatbauten waren die raffinierten Imitationen durch Verwendung von Stuckmarmor und Stucco lustro unentbehrlich. In einem Bericht aus dem Jahr 1852 wird die Ausstattung mit „Stuckelementen“ beschrieben, im Besonderen das hier angewendete Stucco lustro Verfahren. Quantitativ bedeutender als die Natursteinplatten waren aber zweifellos die Verkleidungen aus Stuckmarmor und Stucco lustro. Bei dem von 1866 bis 1871 erbauten Museum für Kunst und Industrie, heute Museum für angewandte Kunst Wien (MAK), konnten diese Flächen nachgemessen werden: Es sind ca. 1200 m²; die Verwendung von Stuckmarmor und Stucco lustro war jedoch in der Wiener Staatsoper, im Parlament und nicht zuletzt in den beiden Hofmuseen noch wesentlich umfangreicher. Interessant ist auch die Gewichtung der beiden Imitationstechniken zueinander: Man verwendete Stuckmarmor für schöne Türgewände der Repräsentationsräume, während der Stucco lustro zur Verkleidung der Wandoberflächen in den Gängen herhalten musste. Um die Vortäuschung echten Marmors so perfekt wie möglich zu machen, bildete man zum Beispiel bei der aus Stuckmarmor bestehenden Wandverkleidung der Prunktreppen des Kunst- sowie Naturhistorischen Museums sogar Plattenfugen aus, obwohl dies rein technisch nicht notwendig gewesen wäre. Stuckmarmor und Stucco lustro hielten sich während der gesamten Ringstraßenzeit: Noch beim 1909 bis 1913 erfolgten Bau des Kriegsministeriums wurden sie in reichem Maß verwendet. Nach der Fertigstellung der Ringstraßenzone ging die Nachfrage nach diesen Imitationstechniken stark zurück. Erst im Zuge des Wiederaufbaus nach dem 2. Weltkrieg und der intensiven Restaurierungsarbeiten Ende des 20. Jahrhunderts, wurde das Interesse an der Holz- und Marmormalerei sowie der Stuckmarmor- und Stucco lustro Herstellung wieder geweckt. Insbesondere hervorzuheben ist der vergehende Wunsch nach Gestaltungsmöglichkeiten im architektonischen Raum. Ironischerweise ist heutzutage die gestalterische Umsetzung in Stuckmarmor um ein Vielfaches teurer als der Erwerb von echtem Marmor. Grund dafür ist das begrenzt verbreitete handwerkliche Wissen um diese Imitationstechnik und der enorme Arbeitsaufwand. Aktuell kann jedoch eine Trendwende in der bildenden Kunst beobachtet werden: Einige Künstler greifen die historische Technik wieder auf und beleben sie durch die Verwendung als neues Gestaltungsmedium in ihren Arbeiten. Die Eigenschaften des Stuckmarmors sind schließlich dafür prädestiniert schier endlose Oberflächen, Formen, Farben, Glanzstufen und weitere Modifikationen anzunehmen. Bleibt zu hoffen, dass diese Technik mit ihren unzähligen Gestaltungsmöglichkeiten eine erneute Renaissance und demzufolge eine Wiederbelebung des Handwerks erfahren wird, um wieder Einzug in die Architektur und in die Kunst zu halten.

Le Corbusier et Pierre Jeanneret sur la plage du Piquey, 1933 © FLC/ADAGP

Der Logarithmus der Schnecke mit Haus wurde vom Meer gegen den Felsen geschleudert und die Splitter werden in Scharen an Findlingen durchs Mittelmeer getrieben. Sie bilden den Grund über den hinweg Kapitän Nemo seine Nautilus neuen Abenteuern, zwanzigtausend Meilen unter dem Meer, entgegensteuert. Schließlich liegt in Marne-la-Vallée, 40 km vor Paris, das Unterseeboot in einer Lagune nächst dem Star Wars Hyperspace Mountain , das den Besucher in

die nächste Erzählung Jules Vernes, von der Erde zum Mond und den Sternen schießt. Und genau wie die Reise der Muschel, die zum Sandkorn oder auch zum Dogma wurde, schließt der Themenpark den Kreis mit der Erkenntnis: Ein Schiff ist ein Schiff - ob auf dem Ozean oder im unendlichen Raum. It’s A Small World after all - das durften sich bereits die Besucher der gleichnamigen disneyischen Attraktion bei der Weltausstellung 1964 in New York anhören.

Ein Reisebericht 2019

Die Cité Radieuse - ein Passagierdampfer, Not re-Dame-du-Haut - ein Krabbenpanzer, le Cabanon

- eine Schiffskajüte, konstruiert nach den Prinzipien des Modulors , seiner Proportionslehre, die sich am Goldenen Schnitt orientiert und dessen grafische Repräsentation er nicht selten mit einer Seeschnecke signierte. Le Corbusiers Verhältnis zum Meer war ein außergewöhnliches. Eine Fähre zwischen den beiden Küstenstäd - ten - Calais und Dover. Steil abfallende Kreidefelsen schneiden als vertikale Nekropole, unter dem Druck der Jahrmillionen verdichteter und zu Klippen zusam men gestauchter Korallenskelette, Schwämme und kleinerer Meerestiere, in den Ärmelkanal. Das engli - sche Reihenhaus, roter Ziegel, der Pier der Hafenstadt und auf der anderen Seite Kurort, Seebad, Villen und weite Strände. Tagesreisen oder zehn Autostunden von Calais entfernt, am Cap Martin im Südwesten Frankreichs schießt Corbusier Bilder am Strand. Am Meeresrand findet der Sammler Steine, Treibholz, Schnecken, Mu scheln und auch Rostendes, Schiffsteile, Sandformati - onen und Muster, die das Wasser zurückließ und hält die Blicke mit seiner Siemens B 16 mm fest.

CALL FOR PAPERS

ADATO 2019.2 – Architecture + Voyage

Haben Sie Gedanken, Ideen oder Projekte rund um das Thema Architektur + Reise mit denen Sie zur kommenden ADATO beitragen wollen? Wir freuen uns auf Ihre Textvorschläge und Arbeiten (Deutsch, Französisch, Englisch) bis zum 1. Oktober an Anna.Valentiny@valentiny-foundation.com Do you have thoughts, ideas or projects about the topic architecture + voyage with which you want to contribute to the upcoming ADATO? We are looking forward to receiving your text suggestions (German, French, English) and works until first of October at Anna.Valentiny@valentiny-foundation.com.

IMPRESSUM

AUSGABE | Issue 1_19

ADATO HERAUSGEBER | EDITOR Point Nemo Publishing S.à.r.l.-S KONZEPT | CONCEPTION Anna Valentiny REDAKTION | TEAM Jérôme Becker, Nikolas Ettel, Eleni Palles Anna Valentiny LEKTORAT| COPY-EDITING Charel Hermes (Deutsch) Reagan Sova (English) KONZEPT GESTALTUNG | LAYOUT Studio Polenta

SOCIAL MEDIA Elena Valentiny PRODUKTION, DRUCK | PRODUCTION, PRINT Nikolaus Bastian Druck & Verlag GmbH REDAKTIONSANSCHRIFT | ADDRESS Point Nemo Publishing S.à.r.l.-S 19, Wisswee L-5441 Remerschen Luxembourg

anna.valentiny@hotmail.com

Banque et caisse d‘épargne de l‘état IBAN LU77 0019 5755 0004 4000

TVA LU32116553 BEZUG | DIFFUSION

Preis pro Magazin | price per magazine 10€ COVERGESTALTUNG | COVER Gartenpavillon Stift Melk, AT, Fresken von Johann Wenzel Bergl, Nr.3, 2008 © Architekturzentrum Wien/ Margherita Spiluttini Fotoarchiv (Foto: Margherita Spiluttini)

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ADATO 2 19

PREVIEW

Die Cité Radieuse - ein Passagierdampfer, Notre-Dame-du-Haut - ein Krabbenpanzer, le Cabanon - eine Schiffskajüte, konstruiert nach den Prinzipien des Modulors, seiner Proportionslehre, die sich am Goldenen Schnitt orientiert und dessen grafische Repräsentation er nicht selten mit einer Seeschnecke signierte. Le Corbusiers Verhältnis zum Meer war ein außergewöhnliches. Architecture + Voyage

Eine Fähre zwischen den beiden Küstenstädten - Calais und Dover. Steil abfallende Kreidefelsen, das englische Reihenhaus, roter Ziegel, der Pier der Hafenstadt und auf der anderen Seite

Daniele Ansidei, Haludovo Palace Hotelon (HR), 2014

Kurort, Seebad, Villen und weite Strände. Tagesreisen oder zehn Autostunden von Calais entfernt, am Cap Martin im Südwesten Frankreichs schießt Corbusier Bilder am Strand. Am Meeresrand findet der Sammler Steine, Treibholz, Schnecken, Muscheln und auch Rostendes, Schiffsteile, Sandformationen und Muster, die das Wasser zurückließ und hält die Blicke mit seiner Siemens B 16 mm fest. Der Logarithmus der Schnecke mit Haus wurde vom Meer gegen den Felsen geschleudert und die Splitter werden in Scharen an Findlingen durchs Mittelmeer getrieben. Sie bilden den Grund über den hinweg Kapitän Nemo seine Nautilus neuen Abenteuern, zwanzigtausend Meilen unter dem Meer, entgegensteuert.

Schließlich liegt in Marne-la-Vallée, 40 km vor Paris, das Unterseeboot in einer Lagune nächst dem Star Wars Hyperspace Mountain, das den Besucher in die nächste Erzählung Jules Vernes, von der Erde zum Mond und den Sternen schießt. Und genau wie die Reise der Muschel, die zum Sandkorn oder auch zum Dogma wurde, schließt der Themenpark den Kreis mit der Erkenntnis: Ein Schiff ist ein Schiff - ob auf dem Ozean oder im unendlichen Raum. It’s A Small World after all - das durften sich bereits die Besucher der gleichnamigen disneyischen Attraktion bei der Weltausstellung 1964 in New York anhören.

Ein Reisebericht 2019

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