AUSGABE 03 / 2022
MID-ENERGIEZÄHLER
© WAGO Kontakttechnik SA
VERBRAUCHSWERTE SICHER UND SMART ERFASSEN
DIGITALISIERUNG DER BAUBRANCHE | KONZEPT SCHWAMMSTADT | ENERGIEWENDE GESTALTEN
Mehr durch smarte Lösungen.
Der wachsende Einfluss der erneuerbaren Energien ist weltweit spürbar. Unsere Experten unterstützen Unternehmen bei ihrem Energiemanagement, damit sie ihre Klimaziele erreichen können. se.com/de/ecostruxure
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LIEBE LESERIN, LIEBER LESER, Der Klimawandel ist ein langsamer Prozess – und da der Homo sapiens ein Gewohnheitstier ist, bleibt der Veränderungsdruck, den wir individuell spüren, überschaubar. Jetzt aber, im Zeichen eines Hitzesommers, kommen die Einschläge näher und sie werden auch heftiger. Der Hitzesommer von 2003 galt noch als Jahrhundertsommer. Die Sommer 2018 und 2019 haben diese These Makulatur werden lassen. Aktuell, ich schreibe diese Zeilen Anfang August, plagt uns eine wochenlange Trockenheit, deren Ende nicht absehbar ist. Wir haben ein Klima wie am Mittelmeer. Dort kennen wir die ausgetrockneten Flüsse, nicht aber im «Wasserschloss Schweiz». Es stellt sich die Frage nach dem «Was tun». Hier gibt es keine monokausalen Antworten, aber die Baubranche und die Stadtplanung sind gefordert. Ein spannendes Stichwort, welches wir auch in dieser Ausgabe thematisieren, heisst Schwammstadt. Wo Strassen asphaltiert und alle Flächen um die
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Häuser versiegelt sind, findet Wasser keine natürlichen Wege zum Abfließen. Kanalisationen geraten bei starkem Regen immer häufiger an ihre Grenzen und laufen über. Und an heissen Sommertagen ist die Luft in der Stadt unerträglich. Wir müssen die Flächen durchlässiger machen. Warum kann ein Parkplatz nicht auch aus einer Grünfläche bestehen? Warum gibt es nicht mehr begrünte Fassaden und Dächer? Dadurch können wir das Mikroklima und damit die Lebensqualität verbessern. Die Politik in Basel hat das «Stadtklimakonzept zur klimaangepassten Siedlungsentwicklung» im Kanton Basel-Stadt beschlossen. Ein wichtiger Baustein der klimaangepassten Siedlungsentwicklung ist dabei das bereits erwähnte Schwammstadt-Prinzip. Wir stellen es vor.
Kanister
Ich darf Ihnen noch zwei Ankerinterviews in dieser Ausgabe empfehlen. Mit Markus Weber thematisieren wir die neue Arbeitskultur, die im Zeichen der Digitalisierung auch in der Baubranche entsteht. Mit zwei Verantwortlichen von Schneider Electric analysieren wir zudem die Dynamik der Energiewende.
Georg Lutz
Chefredaktor bauRUNDSCHAU g.lutz@editorial.ag www.baurundschau.ch
Fässer www.packstar.ch 032 333 30 58
INHALT
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EINFACHE LÖSUNG Die dezentrale Einspeisung erneuerbarer Energien sorgt für enorme Schwankungen in Ortsnetzstationen. Damit diese Störungen nicht zu einem unnötigen Ausbau des Verteil netzes führen, hat Wago die Monitoringlösung Grid Gateway entwickelt. Diese gestattet ohne Programmieraufwand eine sichere Fernanalyse und schafft damit die Voraussetzung für Netzoptimierungen.
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NEUE ARBEITSKULTUR Die Baubranche ist immer noch von zersplitterten Denkund Handlungsräumen geprägt. Jetzt haben aber einige Treiber*innen damit begonnen, alte Silostrukturen aufzu brechen und neue digitale Wege zu gehen. Ein Treiber ist Markus Weber, der in unterschiedlichen Funktionen die Themen Digitalisierung der Baubranche, Aus- und Weiterbildung und Nachhaltigkeit auf seiner Agenda hat.
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BEEINDRUCKENDE LÖSUNG Der Novartis Pavillon wurde im Frühjahr in Basel eröffnet. Schon von Weitem ist die beeindruckende Solarlösung erkennbar, die sich an die Gebäudehülle schmiegt. Im Gebäude befindet sich das neue Ausstellungs-, Begegnungs- und Veranstaltungszentrum. Die Räumlichkeiten laden zu einem Dialog über Life Sciences ein. Es geht um einen Ort, der die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Gesundheitswesens darstellt.
48 LUFT NACH OBEN Kochgeräte, die über das Internet miteinander kommunizieren, Gerichte gemäss vorprogrammierten Rezepten eigenständig zubereiten und sich per Smartphone oder Tablet steuern lassen – das und vieles mehr sieht die «Küche 4.0» vor. Doch ist sie tatsächlich das oft propagierte Zukunftsmodell für Gastrobetriebe? Wir geben Antworten.
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INHALT
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DIE SCHWAMMSTADT Bislang waren die grossen Herausforderungen des Klima wandels weit weg und eher Theorie, jetzt sind sie praktisch zu spüren. Das Mikroklima der Städte befeuert diese Entwicklung. Der hohe Versiegelungsgrad, die geringe Vegetation, der beeinträchtigte Wasserhaushalt oder die Oberflächenvergrösserung durch die Gebäudedichte sind wichtige Stichworte. Es gilt, den Kurs zu ändern. Der angestrebte Status einer Schwammstadt ist eine Lösung.
80 ENERGIEWENDE GESTALTEN Bei Schneider Electric geht es auf den ersten Blick um Themen wie elektrische Energieverteilung und industrielle Automation. Dazu braucht es Produkte wie Schaltanlagen, Schalter, Steuerung und Messtechnik. Auf den zweiten Blick steht aber nun das Big Picture der Energiewende im Fokus.
WIEDER VOR ORT Wir können uns wieder analog treffen. Aktuell landen immer wie der neue Einladungen zu Messen und Events auf den Schreib tischen.
RUBRIKEN Editorial 1 Highlight 6 Bauen 10 Architektur 36 Innenarchitektur 44 Umwelt & Technik 58 Kolumnen 20, 22, 25, 32 Impressum 96
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IM WEB Wir halten Sie zwischen den Ausgaben mit aktuellen News, Foto strecken, Kolumnen und Analysebeiträgen auf dem Laufenden. Sie sind gerne eingeladen, sich crossmedial zu beteiligen. Zum Beispiel mit News: 1 000 Zeichen, Bild und URL. Besuchen Sie www.baurundschau.ch
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Drei Ankermethoden in einem System Einseitig mit XT-Konusankerstab 20 Einseitig mit XT-Ankerstab DW 20 und Rillenrohr Zweiseitig mit Ankerstab DW 20 und Rillenrohr
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ORTSNETZSTATIONEN EINFACH DIGITALISIERT GRID GATEWAY von Stéphane Rey
Die dezentrale Einspeisung erneuerbarer Energien sorgt für enorme Schwankungen in Ortsnetzstationen. Damit diese Störungen nicht zu einem unnötigen Ausbau des Verteilnetzes führen, hat Wago die Monitoringlösung Grid Gateway entwickelt. Diese gestattet ohne Programmieraufwand eine sichere Fernanalyse und schafft damit die Voraussetzung für Netzoptimierungen.
Der PFC200-Controller als Herzstück der Kleinfernwirktechnik erfasst und übermittelt die Messwerte von zwei Trafostationen mit bis zu jeweils 15 Abgängen.
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Grid Gateway hilft dabei, die Netzebenen 6 / 7 zu stabilisieren, die durch die Einspeisung Erneuerbarer Energien zusehend ins Schwanken geraten.
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ie Monitoringlösung Grid Gateway hilft mittels digitaler Ortsnetzstatio nen dabei, die Leistungsfähigkeit von Spannungsnetzen zu beurteilen und so die Netzführung und den Netzbetrieb zu verbessern. Grid Gateway ersetzt hier bei ungenaue Annahmen und Abschät zungen in den Netzebenen 6 / 7 durch re ale und genaue Messwerte und hilft damit Betreibern von Energieverteilnetzen, diese nachhaltig zu optimieren. Das Ergebnis sind unter anderem bessere Netzzu standsbewertungen, die Möglichkeit zur ressourcenschonenden Netzkoordination und ein effizienter Netzausbau.
Stéphane Rey, Produktmanager Smart Grid
Die Monitoringlösung eignet sich hierbei für die Digitalisierung bestehender sowie neuer Ortnetzstationen und ermittelt auf bis zu 80 Kanälen die Zustandsdaten, die adressaten gerecht aufbereitet sowie sicher und sekun
dengenau übermittelt und aus der Ferne überwacht werden können. Neben der Beurteilung der Netzqualität in Echtzeit ergeben sich weitere Vorteile für deren Betreiber. So kann beispielsweise der Asset-Manager durch Zugriff auf die gespei cherten Messwerte und einen digitalen Schleppzeiger die Wartungszyklen der Orts netzstation sehr viel präziser planen. Netz meister werden indes schon aus der Ferne bei Wartungen und Fehlern im Netz auf die Situation vor Ort vorbereitet. Durch die Fähigkeit eines Fern-Updates von Soft waremodulen und Erweiterungen entfallen ausserdem zeitaufwendige Fahrzeiten.
VERSCHIEDENE MÖGLICHKEITEN DES DATENTRANSFERS Die Digitalisierung der Ortsnetzstationen bedarf keines sonderlichen Aufwands. Die
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Die erfassten Messwerte werden übersichtlich dargestellt und bieten damit eine gute Entscheidungsgrundlage für Optimierungsmassnahmen.
hierfür erforderliche Messtechnik wird ein fach am Transformator sowie den einzelnen Niederspannungsabgängen nachgerüstet. Dazu müssen lediglich 3- oder 4-LeiterMesskarten integriert werden, die einfach und modular an die Kleinfernwirktechnik von Wago angereiht werden. Herzstück der Kleinfernwirktechnik ist ein PFC200-Cont roller. Diese speicherprogrammierbare Steuerung speichert, übermittelt und visu alisiert die Messdaten dezentral direkt aus der Ortsnetzstation. Im maximalen Ausbau erfasst diese die Messwerte von insgesamt zwei Trafostationen mit jeweils 15 Nieder spannungsabgängen. Die Messwerte der Mittel- und Nieder spannungsabgänge, des Transformators, der Stellungsmeldungen und Temperaturen können vor Ort in Form von CSV-Dateien gesammelt oder mittels IEC 608705-104 oder dem sicheren TelemetrieProtokoll MQTTS an die Netzleittechnik übermittelt werden. Befehle und Sollwerte lassen sich ebenfalls empfangen und
verarbeiten. Die Daten externer Mess technik, wie zum Beispiel Kurzschluss-/ Erdschlussrichtungsanzeiger oder Leis tungsmessgeräte, lassen sich einfach über Modbus RTU auslesen.
die Auslegung und Leistungsfähigkeit auf der Netzleittechnik zu simulieren, ohne dass die Feldseite angeschlossen ist.
INTUITIVE GRAFISCHE PROGRAMMIERUNG
DIE VIELSEITIGKEIT VON GRID GATEWAY
Die Applikationssoftware Grid Gateway ist in der Handhabung denkbar einfach. Es muss kein aufwendiger Code geschrieben werden, da sich die Funktionen mittels in tuitiver grafischer Programmierung defi nieren lassen. Ausserdem stellt die Appli kationssoftware eine komfortable HTML5Webvisualisierung bereit, welche die in den Ortsnetzstationen erhobenen Daten für verschiedene Nutzergruppen übersichtlich aufbereitet.
Die Anwendungsmöglichkeiten des Grid Gateway sind vielfältig, die Nutzergruppen ebenso. Warum sich der Einsatz lohnt, zeigen folgende Anwendungsmöglichkeiten: • Der Asset-Manager kann durch den Zugriff auf die gespeicherten Messwerte und den digitalen Schleppzeiger die Wartungszyklen der Ortsnetzstation präziser planen. • Netzmeister werden schon aus der Ferne bei Wartungen und Fehlern im Netz auf die Situation vor Ort gezielt vorbereitet. • Aufwendige Fahrzeiten entfallen, da Softwaremodule aus der Ferne aktualisiert werden können.
Die gesamte Parametrierung kann über sichtlich abgespeichert und bei Bedarf auf weitere Ortsnetzstationen aufgespielt wer den. Dies erleichtert deren Inbetriebnahme und schafft zudem die Möglichkeit, bereits
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Das Curriculum des BA/BSc Digital Construction orientiert sich an den konkreten Aufgabenstellungen der Praxis.
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NEUE FORMEN DER ZUSAMMENARBEIT DIE NEUE KULTUR IN DER BAUBRANCHE Interview mit Markus Weber von Georg Lutz
Die Baubranche ist immer noch von zersplitterten Denk- und Handlungsräumen geprägt. Die Informationsbrüche zwischen den unterschiedlichen Phasen und den unterschiedlich Beteiligten führen immer wieder zu Hürden, die eine neue Kultur der Zusammenarbeit erschweren und versprochene Effizienzgewinne der digitalen Transformation zusammenbröseln lassen. Jetzt haben aber einige Treiber*innen damit begonnen, alte Silostrukturen aufzubrechen und neue digitale Wege zu gehen. Ein Treiber ist Markus Weber, der in unterschiedlichen Funktionen die Themen Digitalisierung der Baubranche, Aus- Und Weiterbildung und Nachhaltigkeit auf seiner Agenda hat. Ausgabe 03/2022 // Seite 11
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fordistische Fliessband ist hier sicher das bekannteste Beispiel. Heute werfen wir unterschiedliche Produkte in eine Box und haben am Schluss eine digitale Lösung. Kann man das so grob als Skizze verkaufen? Ganz so einfach ist es leider nicht. Die rich tigen Methoden zum richtigen Zeitpunkt einzusetzen, ist erstmal wichtig: In der Ent wicklung eines Bauobjektes ist Kreativität mit breitem Einbezug von Wissen und Er fahrungen gefragt. Hier leistet «Design Thinking» gute Dienste. In der Planung gehen wir zu einem iterativen Prozess über, bei dem in parallelen Teams an ver schiedenen Teilaufgaben gearbeitet wird. An diesem Punkt sind die «agilen Metho den» zielführend. Wenn es dann aber in Richtung Realisierung geht, sind minutiös getaktete Abläufe gefragt. Hier arbeiten wir auch weiterhin in linearen «Lean-Pro zessen» und lassen sinnbildlich das Fliess band durch die Baustelle laufen.
Die Teilnehmenden des Bachelor-Studiengangs Digital Construction im Team-Modus.
S
teigen wir mit einer Orientierung ein, was das Thema Digitalisierung und die Baubranche betrifft. Ist das Glas halb voll oder halb leer? Die Bau- und Immobilienwirtschaft steht in puncto Digitalisierung meiner Ansicht nach ganz klar noch am Anfang. Man konnte das auch auf der letzten Swissbau im Rahmen des Innovation Lab beobachten. Ohne Frage, es gibt inzwischen viele gro sse und kleine Unternehmen, die sich mit dem Thema beschäftigen. Sie versuchen, die Mehrwerte, die uns die digitalen Tech nologien bieten, zu nutzen. Und die Ver antwortlichen zeigen inzwischen auch die Potenziale auf. Das Innovation Lab ist zur Plattform für den Dialog und die Vernetzung der Wertschöpfungskette geworden. Und wo ist jetzt der Haken? Meist handelt es sich noch um Insellösun gen. Die grossen Potenziale erschliessen sich aber erst durch die Vernetzung dieser Insellösungen, dazu fehlen aber noch ein
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einheitliches Verständnis sowie die Grund lagen und Standards. Dann reden wir von Kathedralen in der Wüste, die schön aussehen, aber nicht in der Breite verankert sind. Nein, so extrem würde ich das nicht dar stellen, immerhin haben wir bereits «Kom munikationsverbindungen in dieser Wüste» gebaut. Wir haben ungefähr zehn Jahre an dieser Basis gearbeitet und können jetzt die nächsten Schritte koordiniert an gehen. Das Verständnis und die gemein same Sicht auf die Wertschöpfungskette haben sich entwickelt. Wir stehen an einem Übergangspunkt, an dem die einzelnen digitalisierten Prozesse nun sukzessive ver netzt werden. An diesem Punkt sollten wir konkret werden. Zunächst geht es doch um die Handlungsfelder: digitales Planen, Bauen, (Vor-) Fertigen und Facility Management, die dann auch vernetzt werden müssen. Früher arbeiteten wir in klassisch-linearen Prozessen. Das
Wann und wo betreten die digital aufbereiteten Daten die Handlungsfelder? Der entscheidende Faktor sind die durch gängigen und datenbasierten Prozesse: Im Zentrum jedes Bauobjektes pflegen die Akteure gemeinsam die strukturierten und maschinenlesbaren Daten zu dessen di gitalen Zwilling. Von der Bestellung, Ent wicklung, Planung, Ausführung bis zum Betrieb spezifiziert jeder Akteur seine Lie ferung oder Anforderung mit Daten, die von den anderen Akteuren genutzt werden können. Die Grundlagen dazu haben die digitalen Technologien geschaffen, zum Beispiel Cloud Computing, Data Warehousing oder Linked Data, um nur einige Stichworte zu nennen. Wir leben im Zeit alter der inflationären Vermehrung von ma schinenlesbaren Daten. So kann ich mir zum Beispiel für eine Machbarkeitsstudie zu einem Bauobjekt im Handumdrehen Daten zum Untergrund, Umfeld und Wet ter der letzten zehn Jahre genau für diesen Standort zunutze machen. Das hört sich jetzt in der Theorie gut an, in der Praxis sind die unterschiedlichen Beteiligten meist auf sehr unterschiedlichen Ebenen unterwegs. Machen solche Projekte nicht nur dann Sinn, wenn die Beteiligten mit dem gleichen Wissenstand arbeiten? Wir sind dann schnell bei der Schnittstellenproblematik. Umgekehrt gilt es aber auch zu fragen, ob jeder wirklich alle Informationen eines Projektes
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und Nutzer hat nochmals ganz andere Anforderungen, er braucht die Daten für seine Use-Case im Betrieb, Unterhalt und der Bewirtschaftung, zum Beispiel zum Use Case «Wartung» die Angaben zu Fa brikat, Typ und Wartungsintervall aller wartungsrelevanten Bauteile. Selbstverständlich spielen hierzu das Wis sen und die Erfahrungen der einzelnen Akteure eine entscheidende Rolle. Die grösste Herausforderung heisst hier Kultur, es braucht eine andere Arbeitskultur des Zusammenarbeitens und in den Unterneh men – weg von Abgrenzung und Absiche rung hin zu einem neuen Miteinander statt jeder für sich. Dazu kommen neue Metho den wie «IPD – Integrated Project Delivery» oder das in der Schweiz bereits angewen dete Werkgruppenmodell. Es geht darum, strategisch die besten Kollaborations- und Abwicklungsmodelle zu finden, um die grossen Potenziale der digitalen Techno logien auch zu nutzen. Wie können sich das Verantwortungs träger*innen konkret vorstellen? Die Beteiligten fokussieren gemeinsam auf das Endprodukt, auf das Bauobjekt im Lifecycle, statt dass jeder Beteiligte den
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braucht, wenn er beispielsweise nur an einer Facility-Lösung beteiligt ist. Er braucht doch dann nicht alle Daten in einer BIM-Lösung? Ich möchte zuerst klarstellen, dass BIM primär eine Methode ist, um Bauobjekte überhaupt mit strukturierten und maschi nenlesbaren Daten beschreiben zu kön nen. Die einzelnen Objekte eines BIMModells (zum Beispiel ein Fenster, eine Stütze, eine Leuchte) sind wie «Container» für die Erfassung von Daten zu verstehen. BIM schafft also primär Struktur und Ord nung, was natürlich eine wichtige Voraus setzung ist, wenn mehrere Akteure im gleichen Kontext Daten erfassen und nut zen. Welche Daten in einem konkreten Bauprojekt notwendig sind, beantwortet sich schlussendlich über die sogenannten Use Cases beziehungsweise die BIMAnwendungsfälle. Dabei kann und soll jeder Akteur grundsätzlich seinen Use Case definieren können. Zum Beispiel braucht der Use Case «modellbasierte Koordination» die genaue Lage und geo metrischen Abmessungen aller koordi nationsrelevanten Bauteile, zusätzlich braucht der Use Case «modellbasierte Ausschreibung» die Auslegungs- und weitere Daten. Der zukünftige Betreiber
Digitale Technologien schaffen die Voraussetzung, um Lebensräume nachhaltiger umzubauen.
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Die Hochschule Luzern bietet komplett neu entwickelte Bachelorstudiengänge BA/BSc und ein Weiterbildungsprogramm CAS/DAS/MAS in Digital Construction.
Fokus auf seinen Teil der Wertschöpfung gerichtet hat und nur diesen Teil optimiert. Bei IPD arbeiten die Beteiligten wie in einer virtuellen Firma zusammen, haben das selbe Ziel und werden auch an dieser ge meinsamen Zielerreichung gemessen. Die Konsequenz: Die Anforderungen an die Zusammenarbeit beziehungsweise Kolla boration steigen und bedingen neue Me thoden und Abwicklungsmodelle.
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Die Grundlage dafür sind durchgängige und datenbasierte Prozesse, die passen. Zunächst müssen sie aber definiert wer den. Das ist national die Aufgabe des Dachverbandes «Bauen digital Schweiz» beziehungsweise international von buildingSMART. Im sogenannten «UseCase-Management» werden die einzel nen Prozesse nach einer einheitlichen Lo gik in drei Stufen von der Definition bis zur Informationsanforderung beschrie ben. Zu jedem Use Case ist dann genau definiert, welcher Akteur wann was zu tun hat und welche Informationen wer wann und wie bereitstellen muss. Die einheitli
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che Logik soll sicherstellen, dass die einzelnen Use Cases beziehungsweise Prozesse schlussendlich zu einem durch gängigen datenbasierten Gesamtprozess zusammengesetzt werden können. Das «Use-Case-Management» ist ein zentra les und wichtiges Puzzle der zukünftigen digitalen Zusammenarbeit. Ja, das Aufteilen in kleine Arbeitssektoren ist operativ wichtig, um den Prozess handeln zu können. Die Gefahr besteht aber, dass die Akteure nur in ihrer Blase agieren und nicht über den Tellerrand schauen, was ja an einigen Punkten sehr wichtig sein kann. Wir kennen diese Herausforderungen auch aus anderen Branchen. Darum braucht es die Use Cases, die nicht auf das Produkt oder die einzelnen Ar beitsfelder, sondern auf die Ziele ausge richtet sind. Hier braucht es zur Verdeutlichung ein Beispiel. Nehmen wir ein einfaches Beispiel, den Use Case «Reinigung», welcher eine An forderung des zukünftigen Betreibers ist und somit erst nach der Inbetriebnahme und Übergabe des Bauobjektes relevant wird. Um diesen Reinigungsauftrag zu or ganisieren, braucht der Reinigungsdienst Informationen: Welche Räume müssen überhaupt gereinigt werden, was muss gereinigt werden und um welche Materia lien handelt es sich? Der digitale Zwilling liefert also zum Beispiel die zu reinigenden Bodenflächen und Materialien, die Glas flächen aussen und innen, die Nasszonen mit den zu reinigenden Sanitärapparaten. Mit diesen Informationen kann der Reini gungsdienst eventuell mit einem spezifi schen Tool sein Personal, die Reinigungs maschinen und Putzmittel disponieren.
Zusammengefasst schaffen wir mithilfe der Digitalisierung aus den vielen Schnittstel len effiziente Verbindungsstellen. Morgen geht es um eine durchgängige und daten basierte Wertschöpfungskette.
«Es braucht eine andere Arbeitskultur des Zusammen arbeitens.» Themenwechsel: Bildung / Weiterbildung ist ein sehr langsames Dickschiff. Viele Akteure arbeiten an Bildungskonzepten und hinken der technologischen Entwicklung hinterher. Das kann von Vorteil sein, weil man nicht in jede technologische Sackgasse rennen muss. Wenn aber das Curriculum an den Hochschulen schon veraltet ist, wenn es auf den Markt kommt, ist das auch nicht gerade von Vorteil. Die Aus- und Weiterbildung zu den Berufs bildern der Bau- und Immobilienwirtschaft steht vor grossen Herausforderungen. Die digitale Transformation schreitet voran und muss in den Curricula abgebildet werden beziehungsweise die Aus- und Weiterbil dung müsste eigentlich die Entwicklungen vorwegnehmen und im Vorlauf sein. Vor dem Hintergrund, dass für den Umbau eines Ba chelor-Curriculums gut und gern zehn Jahre ins Land gehen können, wird schnell klar, wo wir heute stehen. Zudem stellt sich die
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Frage, ob so eine fundamentale Transforma tion im Bildungswesen überhaupt intrinsisch mit dem eigenen Personal möglich ist. Das ist auch der Grund, dass die Hochschule Luzern seit dem Jahr 2020 drei komplett neu entwickelte Bachelor-Studiengänge BA/BSc anbietet: Digital Construction mit der Vertie fung in Architektur, Bauingenieurwesen oder Gebäudetechnik/Energie. Es unterrichten ausgewiesene Fachexpertinnen und -exper ten mit tiefgehender Praxiserfahrung zur digitalen Wertschöpfungskette und zum Lifecycle-Datenmanagement von morgen. Die Hochschule Luzern hat dazu in den letzten Jahren ein grosses Kooperations netzwerk aufgebaut. Das Curriculum ori entiert sich konsequent an den konkreten Aufgabenstellungen der Praxis. Als nächster logischer Schritt lanciert die Hochschule Luzern diesen Herbst ein kom plett neu entwickeltes Weiterbildungspro gramm in Digital Construction: Es ist entlang der Wertschöpfungskette aufgebaut und das ist schweizweit einzigartig. Die kürzeren CAS Digital Construction sind präzise auf die Bedürfnisse der einzelnen Berufsgrup pen abgestimmt und decken die Bereiche Bestellung, Planung, Erstellung und Betrieb
ab. Sie lassen sich einzeln besuchen oder zu einem umfangreicheren DAS oder MAS Digital Construction kombinieren. Die Teil nehmenden können folglich je nach Bedarf ihr Wissen in einem bestimmten Tätigkeits feld auf den aktuellen Stand bringen oder sich zu digitalen Leadern der Bau- und Im mobilienwirtschaft weiterbilden. Es gibt zwei Megatrends – Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Auf der Swissbau gab es Projekte, die auf Kreislaufwirtschaftsmodelle setzen. Wo kann die Digitalisierung diese unterstützen? Ich würde diese beiden Megatrends nicht auf die gleiche Ebene setzen, sondern er gänzend darstellen: Die Digitalisierung be ziehungsweise die digitalen Technologien sind unsere neuen leistungsfähigen Werk zeuge, die richtig eingesetzt und kombiniert mit Prozessen, Methoden und Zusammen arbeitsmodellen bis anhin Unmögliches in Zukunft möglich machen. Dazu gehört an erster Stelle die Nachhaltigkeit. Das heisst, die digitalen Technologien schaffen erst die Voraussetzung, um unsere Lebensräume nachhaltiger umzubauen beziehungsweise weiterzuentwickeln und gleichzeitig eine hochwertige Baukultur zu erhalten.
Gerade das Thema Kreislaufwirtschaft können wir nur dank der Digitalisierung in den Griff bekommen: Modularisierung und Standardisierung gepaart mit strukturier ten und maschinenlesbaren Daten schaf fen hier die Voraussetzungen, um die ver bauten Bauteile und Materialien quasi zu inventarisieren und unsere gebaute Um welt gewissermaßen als Materiallager zu verwalten. Beim Thema Modularisierung und Standardisierung fühlen sich viele Architekt*innen eingeschränkt. Das muss aber nicht so sein. Erstens redu zieren wir mit einer guten Modularisierung die Komplexität, Baukosten und Bauzeit. Zweitens wird damit die Kreativität keines wegs eingeschränkt. Im Gegenteil, die di gitalen Technologien unterstützen uns, rich tig eingesetzt, auch im kreativen Prozess, um schneller die bessere Lösung zu finden. Mithilfe der digitalen Planung und Vorferti gung sind dem Design fast keine Grenzen gesetzt. Parametrisches oder generatives Design sind digital basierte Designmetho den, bei denen Algorithmen und Eingabe parameter komplexe Formen definieren und für die modulare Vorfertigung optimieren.
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Die Verschränkung ist hier erkennbar. Nachhaltigkeit ist eben nicht Verzicht, sondern mehr Effizienz und auch mehr Lebensqualität. Die Digitalisierung bietet uns riesige Chan cen, um einerseits die Produktivität und Qualität zu steigern, aber eben auch Nach haltigkeitsthemen wie Netto-Null-Emis sionen und Kreislaufwirtschaft endlich nachhaltig anzugehen. Und nicht zuletzt wird uns die Digitalisierung auch helfen, das Image bei den jungen Leuten aufzu werten und die Attraktivität der Berufsbil der in der Bau- und Immobilienwirtschaft zu erhöhen.
MARKUS WEBER ist Co-Studiengangsleiter BA/BSc Digital Construction und Co-Programmleiter CAS/DAS/MAS Digital Construction an der Hochschule Luzern. Als Präsident von «Bauen digital Schweiz / buildingSMART Switzerland» hat er die digitale Transformation der Schweizer Bau- und Immobilienwirtschaft nachhaltig geprägt. Die Schweizer Baubranche hat eine gute Grundlage für ihre digitale Transformation. In der Umsetzung ist aber noch Luft nach oben.
www.hslu.ch/de-ch
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BAUEN
BIM AND MORE PARTIZIPATIVES BIM-TOOL FÜR DIE BAUINDUSTRIE von Tristan Thaller
Bei BIM geht es für Architekten und Hersteller nicht nur um digitale Tools, sondern zunehmend um einen existenziellen Wirtschaftsfaktor. Mit BIM & More Orchestra hat ein Unternehmen nun eine SaaS-Anwendung auf den Markt gebracht, mit dem Hersteller von Baustoffen und Bauprodukten sowohl das gesamte Produktportfolio in BIM-Daten aufbereiten können als auch Zugriff auf Tausende Bauprojekte bekommen.
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BIM & More Orchestra alle Produktdaten über das Stammdatenmanagement (MDM) zentral steuern. «Für die Hersteller ist Buil ding Information Modeling (BIM) beides: Chance und Herausforderung. Hersteller müssen BIM-Content liefern, der den wach senden Ansprüchen der Planer und Archi tekten gerecht wird», erklärt Matthias Uhl, CEO bei Die Werkbank IT. Planer benötigen eine Vielzahl unterschiedlicher Informatio nen in immer komplexer werdenden Pla nungsprozessen – nicht zuletzt aufgrund
der zunehmenden Ansprüche in Sachen Nachhaltigkeit und Taxonomie. «Als erstes Produktdaten-Bereitstellungstool haben wir BIM & More Orchestra konsequent an den Bedürfnissen der Planer ausgerichtet», so der Experte. Die Nutzer bekommen nicht nur ein schnelles, unkompliziertes Onboar ding sowie ein automatisiertes Quality Gate für BIM-Daten, sondern einen direkten Zu gang zu mehr als 4 000 Bauprojekten mit einem jährlichen Bauvolumen von rund 25 Milliarden Euro.
© Werkbank IT GmbH
in gutes halbes Jahr nach der Über nahme durch das in Europa füh rende Planungsbüro Drees & Som mer launcht das BIM-Unternehmen Die Werkbank IT GmbH ihre BIM-Lösung für die Bauindustrie BIM & More Orchestra. Das Tool befähigt Hersteller von Baustoffen und Bauprodukten, effizient das gesamte Produktportfolio in BIM-Daten aufzube reiten und Planern sowie Architekten in den führenden CAD-Planungsprogrammen be reitzustellen. Darüber hinaus lassen sich mit
Das Mapping von produktneutralen in produktspezifische Produkte ist ein wichtiges Element bei der digitalen Planung im Digital Twin.
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Ob 100 oder 10’000 Produkte im Produkt portfolio: Für den Übersetzungsprozess von Produktdaten in BIM-Objekte spielt die Anzahl der Produkte und System lösungen bei BIM & More Orchestra eine untergeordnete Rolle. «Unsere webba sierte SaaS-Lösung dockt an das Pro duktdatenmanagement (PDM) an, zieht alle Daten aus dem PIM-System und übersetzt diese automatisiert in BIMDaten. Wo Attribute fehlen, wird ange reichert und ergänzt. Das gewährleistet Datengüte und macht das Werkzeug zu einem Quality Gate der BIM-Infrastruktur», erklärt Uhl.
MIT DER ZIELGRUPPE ENTWICKELT BIM & More unterscheidet sich von anderen BIM-Lösungen für Baustoff- und Bau produktehersteller. Uhl: «Unsere Lösung wurde in enger Kooperation mit den grössten Planungsbüros Deutschlands entwickelt.» BIM & More enthält deshalb mehr als 25’000 bereits vordefinierte und modellierte BIM-Objekte. Dadurch entfällt für die Industrie das teure und aufwendige Modellieren von 3-D-Geometrien. «Sämt liche BIM-Objekte in unserer Infrastruktur sind von Planern für Planer erstellt. Sie sind bereits tausendfach produktneutral oder produktspezifiziert im Einsatz und garantieren dadurch ihre Eignung über den kompletten BIM-Planungsprozess»,
Der informationsdichte Gebäudezwilling ist das zentrale Element von BIM. © Werkbank IT GmbH
SCHNELLER ONBOARDING-PROZESS
© Werkbank IT GmbH
Die Planung von Gebäuden findet zunehmend digital statt.
Mit der SaaS-Anwendung können Hersteller von Baustoffen und Bauprodukten ihre Produkte in BIM-Objekte übersetzen und über das Stammdatenmanagement zentral und effizient steuern.
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© Werkbank IT GmbH
BAUEN
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erklärt der BIM-Experte. Darüber hinaus vernetze BIM & More alle relevanten Planungs-, Konfigurations-, Ausschrei bungs-, Abrechnungs- und FM-Tools und liefert so die einzige durchgehende BIMInfrastruktur für die Planungsbranche.
SINGLE SOURCING
© Werkbank IT GmbH
Darüber hinaus ermöglicht die Anbindung von BIM & More Orchestra an das PIMSystem des Herstellers ein Automatisie rungs- und Aktualisierungsworkflow, der dauerhaft Arbeit abnimmt, die normaler weise händisch von geschultem Personal erledigt werden muss. Alle Änderungen im PIM-System des Herstellers werden
automatisch von BIM & More Orchestra übernommen – und dadurch in allen BIMObjekten und anderen Datenausleitungen. «Hersteller sparen den Aufwand, einmal veröffentlichte BIM-Objekte regel mässig mit den veränderten Produktdaten abzugleichen und anzupassen. Zudem verpasst die Bauindustrie ihren BIM-Daten zum ersten Mal ein Qualitätssiegel, indem sie Planern und Architekten gewährleisten kann, dass die verwendeten BIM-Objekte stets aktuell sind», so Uhl. Manche Pla nungsbüros würden heute schon aus schliesslich BIM-Objekte in der Planung verwenden, die diese Datengüte sicher stellen können.
EINE ENTSCHEIDUNG – TAUSENDE NUTZER Ein weiterer Mehrwert für alle Baustoff hersteller, die mit BIM & More Orchestra arbeiten, ist der Vertriebsvorsprung. Sämtliche BIM-Daten werden in der Pro ductCloud Harmony abgelegt, die eben falls zur SaaS-Anwendung gehört. An sie sind etwa 2 000 Planer und Architekten sowie weitere 3 000 Baufachleute an geschlossen, die die bereitgestellten Produkte aus der ProductCloud für ihre Planungen nutzen. Dadurch können In dustriekunden direkt am Projektvolumen von mehr als 4 000 Bauprojekten teil haben. Das entspricht einem jährlichen
DIE WERKBANK IT GMBH
© Werkbank IT GmbH
Mit BIM lassen sich Produkte auswählen, welche die jeweilige Zielanforderung erfüllen.
Das IT-Unternehmen Die Werkbank IT GmbH wurde 1998 von Matthias Uhl gegründet. Mit BIM & More Orchestra – der BIM-Infrastruktur für Hersteller aus der Baubranche – hat das Unternehmen eine komplette Toolchain für die Baustoff- und Bauprodukt industrie entwickelt, die effizient das gesamte Produktportfolio in herstellerspezifischen BIM-Content aufbereitet. Der zugrundeliegende Ansatz heisst «Real Single Sourcing»: BIM & More Orchestra wird direkt an das Master Data Management (MDM) des Herstellers angebunden. Die Industrie ändert und pflegt Daten weiterhin nur im eigenen PIM- oder ERP-System. Das BIM Cockpit ist das Herzstück von BIM & More Orchestra. Mit dem BIM Cockpit können die Hersteller direkt mit Architekten und Planern zusammenarbeiten – in Echtzeit. BIM & More Orchestra bietet mit seinen Plug-ins und BIM-Kanälen (REST API) Schnittstellen für alle Arten von Bauprodukten in gängige CAD-Systeme. Grössere Planungsbüros, GUs und GÜs nutzen die Plugins von «BIM & More Orchestra» zudem für modellbasierte Mengen- und Kostenermittlungen in verschiedenen Projektphasen.
Die BIM-Arbeitsweise durchdringt notwendigerweise auch immer mehr den Alltag am Bau.
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Bauvolumen von 25 Milliarden Euro, das über die BIM & More ProductCloud Harmony abgewickelt wird. Uhl: «BIM & More garantiert dadurch eine koopera tive und partizipative Zusammenarbeit zwischen Industrie und Planern. Mit BIM & More Orchestra befähigt die Indus trie Planer und Architekten, ihre Pro dukte und Lösungen direkt in ihre Digital Twins zu übertragen. Jederzeit für die jeweilige Planungsphase optimiert. Je derzeit aktuell.»
MEGATREND NACHHALTIGKEIT
formationen können sie in naher Zukunft den Ansprüchen eines Bauherrn oder Investors nicht mehr gerecht werden», erklärt Uhl. Denn: Erst der Zugang zu transparenten Produktinformationen er laubt Überlegungen zur Kreislauffähigkeit. Wenn die Hersteller diese grundlegenden Anforderungen bei der Datenaufbereitung nicht erfüllen, können sie künftig nicht mehr in Betracht gezogen werden, da der Bauherr seinerseits seinen Verpflichtun gen nicht mehr nachkommen kann, den geforderten Zirkularitätswert des Gebäu des auszustellen.
Die BIM-Datenbereitstellung ist das Fun dament für Nachhaltigkeit. Produktinformationen bilden den zentralen Bau stein für einen Übergang zur Kreislauf wirtschaft. Baustoffhersteller müssen mit Blick auf die nahende Verpflichtung von Gebäuden einen Circular Building Passport ausweisen können und ihre Produktdaten so aufbereiten, dass sie In formationen zur stofflichen Zusammen setzung, Herstellungsweise, Lebens dauer, Reparaturfähigkeit und Verwertungsoptionen enthalten. «Ohne diese In
«Mit BIM & More Orchestra erfüllen die Hersteller schon heute alle Anforderun gen in Sachen Kreislaufwirtschaft, die in Kürze gesetzlich verpflichtend werden», verspricht Uhl. Produktdaten werden etwa in die Madaster-Datenbank über führt, auf deren Grundlage ein Building Material Passport erzeugt wird. Dadurch werden die Hersteller dem WerkbankGeschäftsführer zufolge schon heute Circular-Economy-fähig und Gebäude bekommen eine ganz neue Qualität.
© Werkbank IT GmbH
BAUEN
Matthias Uhl, CEO von Die Werkbank IT GmbH
TRISTAN THALLER ist PR Consultant bei SCRIVO Public Relations. www.bim-more.com
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KOLUMNE
MANAGST DU NOCH ODER FÜHRST DU SCHON? von Andreas Breschan
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KOLUMNE
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ozu die Frage? Ein*e Manager*in hat doch genau diese Aufgabe, nämlich zu führen – oder etwa nicht?
enormen Zusammenhalts und der Anerkennung seiner Mannschaft gewiss sein.
Wenngleich Manager*innen für gewöhnlich als Führungskräfte gelten, sind Managen und Führen nicht zwingend dasselbe. Der englische Begriff «to manage» hat die Bedeutung von «handhaben, bewerkstelligen, leiten». Die wichtigsten Aufgaben eines Managers sind folglich Planung, Organisation, (Unternehmens-) Führung und Kontrolle. Ein guter Manager ist also nicht unbedingt auch eine gute Führungskraft. Was ist der Unterschied?
Soweit die Theorie. Wie soll man das aber bewerkstelligen – in einer unternehmerischen Umgebung, die sich rasant entwickelt und einer Gesellschaft, welche den Fokus immer stärker auf Selbst verwirklichung legt und sich weniger über den wirtschaftlichen Erfolg definiert als früher? «Du kannst nicht geben, was du selbst nicht hast», lautet ein weiterer Führungssatz Maxwells. Will heissen, dass man erst einmal selbst die oben erwähnte Philosophie verinnerlicht, sie wirklich glaubt und auch leben will. Und wenn es so ist, dass Menschen zuerst an den Anführer und erst dann an seine Vision glauben, ist es unumgänglich, eine Brücke zu jedem*r Mitarbeiter*in zu bauen, quasi bei ihnen als Mensch anzudocken. Denn im Grunde sehnt sich jeder danach, bedeutsam zu sein, einen Beitrag zu leisten und Teil von etwas Noblem und Zweckvollem zu sein. Dem einzelnen Individuum genau diese persönliche Bedeutung zu geben und seiner Tätigkeit eine Sinnhaftigkeit zu verleihen ist das, was herausragende Führungspersönlichkeiten von ihren durchschnittlichen Artgenossen unterscheidet. In diesem Zusammenhang hat der Mitgründer der erfolgreichen Hotelkette Ritz Carlton, Horst Schulze, einmal gesagt: «Gib deinen Leuten eine Bestimmung und nicht bloss einen Job!»
John C. Maxwell, ein erfolgreicher Buchautor und tonangebender Experte für Führungsfragen drückt es so aus: «Wer meint zu führen, aber keinen hat, der ihm folgt, geht nur spazieren.» Führen bedeutet also mehr als Dinge geregelt zu bekommen, Projekte erfolgreich umzusetzen und hochgesteckte Unternehmensziele zu erreichen. Damit trifft er genau den Kern der Sache. Wer führt, vereint Menschen hinter sich, die aus eigenem Antrieb Unternehmensziele zu ihren persönlichen machen. Denn, so Maxwell, Menschen glauben zuerst an den Anführer, bevor sie an seine Vision glauben. Das klingt alles einfach und einleuchtend. Aber wie schafft man den Sprung vom Managen zum Führen? Ein erster Schritt ist zu verstehen, dass man selbst zwar der Anführer, nicht aber die wichtigste Person im Team ist. Das heisst, wer nur durch die Macht seiner Position und durch die selbst herbeigeführte Zielerreichung führt, mag zwar erfolgreich sein, respektiert und eventuell sogar bewundert werden. Heisst das aber, dass sein Team ihm folgt und die ihm unterstellten Mitarbeiter*innen für ihn und seine Vision durch das vielzitierte Feuer gehen? Wohl kaum. Denn bei effektiver Führung geht es darum, Personen zu entwickeln, sie nicht nur zu fordern, sondern vor allem zu fördern. Sie so weit zu bringen, dass sie die Vorgehensweisen, welche erfolgreich machen, für sich adaptieren und zielführend zur Anwendung bringen. Mit anderen Worten: Eine gute Führungskraft reproduziert sich selbst und somit auch den Erfolg des Teams respektive der Organisation oder des Unternehmens, für welches sie steht. Macht sich eine Manager*in dadurch nicht überflüssig? Ganz im Gegenteil. Wer sich die Fähigkeit der Reproduktion aneignet, schlägt gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: mehr Erfolg und Effizienz seines Teams sowie maximale Motivation seiner Mitarbeiter*innen. Darüber hinaus gewinnt die Führungskraft auf diese Weise viel Zeit für wichtige strategische Aufgaben, zum Beispiel für Strategieentwicklung und Zukunftsgestaltung. Wer es zusätzlich noch versteht, beim Feiern der gemeinsamen Erfolge die Bühne seinem Team zu überlassen, kann sich eines
Den persönlichen Weg, bei Mitarbeiter*innen anzudocken und ihnen eine Bestimmung zu geben, muss wohl jede Führungskraft selbst herausfinden, denn letztlich ist Authentizität in der Führung ein entscheidender Erfolgsfaktor. Also ist es nicht damit getan, bekannte Führungspersönlichkeiten zu kopieren oder irgendwelche Tipps von Führungsgurus umzusetzen, die nicht zu einem als Person passen. Die individuelle Auseinandersetzung mit Eigenschaften wie Empathie, Echtheit und Wertschätzung sowie das ganz persönliche Experimentieren und Leben dieser Qualitäten im eigenen Umfeld können den Weg weisen. Und noch etwas ist unerlässlich: Leidenschaft. Denn mit dem Feuer ist es eben auch so, dass man nicht geben kann, was man selbst nicht hat. Wenn du also das Feuer bei anderen entfachen willst, dann muss es zuerst in dir selbst brennen. In diesem Sinne wünsche ich allen Berufskolleg*innen viel Freude beim Legen eines Flächenbrands durch mehr Führung und weniger Management.
ANDREAS BRESCHAN ist CEO der Hörmann Schweiz AG. www.hoermann.ch
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KOLUMNE
AUF NEGATIVEN EMISSIONEN BAUEN von Dr. Peter Richner
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© Felix Wey / Empa
as Schweizer Bauwerk hat eine Qualität, die ihresgleichen sucht. Es sind ingenieurtechnische Meisterleistungen wie die Salginatobelbrücke aus dem Jahr 1930 oder – in der neueren Geschichte – der Gotthard-Basistunnel, die interna tional für Aufmerksamkeit und Anerkennung sorgen. Diese Beispiele zeigen, dass sich die Schweizer Baukultur vor Herausforderungen nicht scheut – und das ist wichtig! Schliesslich stellt uns der Klima wandel vor eine weitaus grössere Herausforderung als die Über brückung einer Schlucht oder das Durchqueren eines Berges. Die Ziele des Bundesrats sind klar: Bis 2050 ist die Schweiz klimaneutral. Zur Erreichung dieses Ziels braucht es Pionier- und Innovationsgeist – nicht nur, aber auch im Bauwesen. Denn: Dass unser Gebäudepark eine wesentliche Rolle bei der Erreichung unserer Klimaziele spielt, ist unbestritten. Rund 44 Prozent der Endenergie in der Schweiz fliesst in den Bau und den Betrieb von Gebäuden, gleichzeitig ist der Baubereich für etwa ein Viertel der landesweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Wir verbauen jedes Jahr 65 Millionen Tonnen Rohmaterial. Rund fünf Millionen Tonnen landen – unwiderruflich verloren – jährlich in einer Abfalldeponie. Die Baubranche als «Dreckschleuder»: Diesem Ruf gilt es entschieden entgegenzutreten – und dazu braucht es noch nicht einmal mehr den erwähnten Pionier- und Innovationsgeist. Denn zeitgemässe Lösungen liegen vor. Sie müssen nur umgesetzt werden. Sie lauten: kreislaufgerechtes Bauen, effiziente Gebäudetechnik mit erneuerbarer Energie und verdichtete Räume. Aber das genügt nicht. Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung. Ländergrenzen haben keine Bedeutung, genauso wenig wie Sektorengrenzen. Es bringt deshalb wenig, das Bauwesen isoliert zu betrachten. Und dass die Menschheit keinerlei
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CO2-Emissionen mehr produzieren wird, ist utopisch. Denn es wird (leider) immer Prozesse und Aktivitäten geben, die sich nicht vollständig «dekarbonisieren» lassen. Wollen wir unser Netto-Null-Ziel trotzdem erreichen, sind wir auf Technologien mit einer negativen Emissionsbilanz angewiesen – Technologien also, die den atmosphärischen CO2-Gehalt senken. Und damit sind wir wieder beim Pionier- und Innovationsgeist: Die Bauwirtschaft ist nämlich prädestiniert, einen gewichtigen Beitrag zur Senkung des CO2-Gehalts zu leisten. An der Empa beschäftigen wir uns mit dem «Carbon Capture and Use»Konzept. Der Ansatz besteht darin, der Atmosphäre in sonnenreichen Regionen CO2 zu entnehmen und dieses mit erneuerbar gewonnenem Wasserstoff in synthetische Energieträger umzuwandeln. Diese werden dann in energieärmere Regionen transportiert, wo vor ihrer Nutzung als Treib- oder Brennstoffe der Kohlenstoff in fester Form wieder abgespalten wird. Der Kohlenstoff gelangt so nicht mehr als CO2 in die Atmosphäre, sondern lässt sich zum Beispiel in der Betonproduktion nutzen. Der Atmosphäre wird also letztlich CO2 entzogen. Lässt sich dieses Konzept umsetzen, wird jede neue Betonbrücke und jeder neue Tunnel zur Minderung des CO2-Gehalts in der Atmosphäre beitragen. Wahrlich eine ingenieurtechnische Meisterleistung, wenn Sie mich fragen!
DR. PETER RICHNER ist stellvertretender Direktor der Empa. www.empa.ch
BAUEN
ZENCHA
De sign by S ebas tian Her k ner
CEREMONY OF ZEN Eine Hommage an die Achtsamkeit: Ausgewogenes B addesign trif f t auf hochwer tige Materialkombinationen. w w w.dur av it.c h
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BAUEN
Qualität und Zuverlässigkeit stehen bei diesem Energieverteiler ganz oben.
ZUVERLÄSSIGE ENERGIEVERTEILUNG VORAUSSETZUNG FÜR OPTIMALEN RAUMKOMFORT UND ENERGIEEFFIZIENZ von Daniel Senn
In der Vergangenheit – und leider bis heute – wurden Heizverteiler mit elektrothermischen Hubantrieben ausgestattet. Diese Antriebe müssen dauerhaft bestromt werden, um ihre Funktion im Temperaturregelbetrieb auszuüben. Diese Situation ist nicht naturgegeben.
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ank des Einsatzes von Regelkugel hahn und Drehantrieb kann der Energiebedarf nun auf ein Minimum reduziert werden. Selbst ohne angebauten Antrieb verändert sich die Position der Kugel nicht. Daher ist zur Aufrechterhaltung der eingestellten Ventilposition kein Haltemo ment notwendig. Nach Erreichen der Soll position kann deshalb der Stromverbrauch (auf 0.2 Watt) stark abgesenkt werden, wodurch sich eine deutliche Reduzierung der laufenden Betriebskosten ergibt. Über den ganzen Lebenszyklus betrachtet, be deutet dies ein erhebliches Energie- und Kosteneinsparpotenzial.
Der dichtschliessende Regelkugelhahn im Energieverteiler verhindert zuverlässig eine interne Leckage im geschlossenen Zustand und damit einen ungewollten Verbrauch bei Nulllast. Durch den Ein satz des Belimo-Energieverteilers mit Ku gelhahntechnologie wird weniger Energie verbraucht, wodurch die Betriebskosten deutlich gesenkt werden können. Durch die einzigartige Konstruktion des Re gelkugelhahns wird die Ablagerung von Schmutz vermieden. Somit ist ein zuver lässiges Aktivieren der Kühl- oder Heiz leistung auch nach längerem Stillstand gewährleistet.
Die Kombination aus Edelstahlverteilern und den bewährten Belimo-Kugelhähnen bietet nicht nur Qualität und Zuverlässig keit auf höchstem Niveau, denn gepaart mit einer breiten Auswahl an Motorisie rungslösungen bieten sich neue Mög lichkeiten bei der Planung von Ener gieverteilern an. Ausserdem wichtig zu erwähnen: Festsitzende und undichte Ventile gehören mit dieser Lösung der Vergangenheit an.
SCHNELLE MONTAGE Konnektivität war schon immer ein wich tiges Merkmal, damit Komponenten ein fach und gut in die Gebäudeautomation integriert werden können. Die effizienten Antriebe von Belimo unterstützen alle gängigen Kommunikationsprotokolle und unterstützen so die einfache Integration in unterschiedlichste Anlagen. Auf Wunsch werden die Komponenten vormontiert – mit der richtigen Kabellänge, dem pas
senden Stecker und der gewünschten Parametrierung. Dies unterstützt zusätz lich die schnelle Montage und Inbetrieb nahme vor Ort. Damit die Montagefachpersonen opti mal unterstützt werden können, sind die Antriebe ohne Werkzeug auf die Regel kugelhähne aufsteckbar. Auch für die Anbringung der Verteilerbalken auf den Halteschienen ist dank eines einfachen Klick-Systems kein Werkzeug notwendig. Auf Wunsch können die Energieverteiler von Belimo auch vormontiert und mit dem passenden Absperrventil-Set, dem passenden Stecker und der gewünsch ten Parametrierung geliefert werden. Da durch ergibt sich ein geringerer Aufwand bei der Montage und Inbetriebnahme der Geräte. Mit dem neuen Energieverteiler bietet Belimo verschiedenen Stakeholdern spannende Mehrwerte sowie Qualität und Langlebigkeit von Energieverteilern in den unterschiedlichsten Zonen.
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KOLUMNE
NACHHALTIGKEIT AUF DEM PRÜFSTAND – FOLGE 5 von Dr. Urs Wiederkehr
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it «nachhaltende Nutzung» hat der angebliche Erfinder des Begriffs «Nachhaltigkeit», Hannß Carl von Carlowitz (1645–1714), ein Synonym für «beständig», «immerwährend» oder «continuierlich» gesucht, um sich nicht zu wiederholen, wie ich in Teil vier der Kolumnenserie geschrieben habe. Trotzdem basieren Nachhaltigkeit wie auch Digitalisierung auf Wiederholungen und sind zirkuläre Systeme, also Kreisläufe. Lange Zeit ist dem Menschen als Selbstversorger klar gewesen, dass sich das Leben in abhängigen und sich wiederholenden Kreisläufen abspielt: Ein schlechter Sommer hat zu einer Mangellage im Winter geführt. Seine Handlungen, also seine bewusst ausgeführten Taten, hat er frühzeitig so ausgerichtet, dass dies zu verkraften gewesen ist. Auch Metallerze mussten zuerst gefunden, abgebaut und geschmolzen werden. Erst dann hat er daraus Werkzeuge erzeugen können. Bei neuen Bedürfnissen hat er sich an den Grundaufwand für die Gewinnung zurückbesonnen und die metallenen Gegenstände eingeschmolzen und daraus Neues gegossen. Laufend hat er Anschlussmöglichkeiten für seine verwendeten Rohstoffe gesucht, um die darin verarbeiteten wertvollen Ressourcen nicht zu verlieren, sondern in einen nächsten Gebrauchs-, aber nicht Verbrauchszyklus zu katapultieren. Eine einfache Substitution wäre nicht möglich gewesen. Später hat sich diese Situation hin zum Verschleiss geändert. Wer weiss, vielleicht führt die gegenwärtige politische Lage zu einer forcierten Rückbesinnung. «Wenn Handlung ständig zu Ende ist, muss jemand anderes da sein, der weiterhandelt, der die Handlungslast eine Weile übernimmt und dann Anschlussmöglichkeiten zurückgibt», meint der deutsche Soziologe Niklas Luhmann (1927–1998) in seinem Artikel «Autopoiesis, Handlung und kommunikative Verständigung». Selbstverständlich müsse stets an den nächsten Handlungsschritt gedacht werden. Nur, wer tut es? Wer übernimmt die Handlungslast, also die verbindliche Verpflichtung, dass nach dem letzten vordefinierten Schritt auch der nächste folgt? In Analogie frage ich mich, wer diese Verantwortung beim Blutversorgungssystem im menschlichen Körper übernommen hat?
Fällt dieses über längere Zeit aus, so ist der Körper unwiderruflich tot. Ohne Sauerstoff und Nährstoffe in den Zellen funktioniert nichts. Das Blut ist nach einem Durchgang nicht verbraucht, sondern verunreinigt sowie sauerstoff- und nährstoffarm. Es muss zurück zu den Nieren und der Lunge fliessen, um sich dort für den nächsten Durchgang neu zu rüsten. In diesem Sinne ist das Blutversorgungssystem der Logik folgend nur als Kreislauf möglich, der im gesunden Fall ein Leben lang in Gang gehalten wird. Ähnlich verhält es sich beim erwähnten Jahres verlauf oder bei einem Computeralgorithmus. Auch Überlegungen bezüglich der Endlichkeit der Ressourcen und des Lebens führen zur Erkenntnis, dass eine nachhaltige Welt auf einem Kreislauf, einem zirkulären System aufbauen muss. Selbstverständlich kann eine kontinuierliche Evolution integriert sein, welche eine allmähliche Veränderung herbeiführt. «Es liegt auf der Hand, dass ein Automat […] absolut reproduktiven Charakter hat. Die Vorbereitung des Rechenprogramms […] braucht meistens ein Mehrfaches an Zeit und Denkarbeit, welche für die einmalige Durchführung der Rechnung von Hand benötigt würde», schreibt ETHProfessor Eduard Stiefel in seinem Artikel «Rechenautomaten im Dienste der Technik» aus dem Jahre 1954. Er hat damit zeigen wollen, dass sich die Anwendung von Rechenmaschinen nur als Kreislauf über mehrere Zyklen lohnt. Diese Erkenntnis, welche Stiefel als Erbauer des ersten ETH-Computers ERMETH (Elektronische Rechenmaschine der ETH) sonnenklar gewesen ist, scheint heute vergessen zu sein. Wie sich Nachhaltigkeit und Digitalisierung dabei annähern, erfahren Sie im nächsten Teil der Kolumne.
DR. URS WIEDERKEHR ist Dipl. Bau-Ing. ETH / SIA und Leiter des Fachbereichs «Digitale Prozesse» der Geschäftsstelle des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA. www.sia.ch
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© Minergie
BAUEN
Sommerlicher Wärmeschutz ist bei Minergie integriert.
COOL BLEIBEN MIT DEM MINERGIE-HITZESCHUTZ von Robert Minovsky
Minergie-Bauten unterscheiden sich von konventionellen Bauten vor allem auch in puncto Komfort. Ermöglicht wird dieser durch eine hochwertige Gebäudehülle und die systematische Lufterneuerung. Zudem brauchen Minergie-Gebäude viel weniger Energie, sind frei von fossilen Brennstoffen und wirken damit dem Klimawandel entgegen.
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ufeinander abgestimmte Anforde rungen reduzieren eine Überhit zung des Innenraums. So wird bei spielsweise ein Nachweis verlangt, der aufzeigt, dass es im Gebäude an maximal 100 Stunden pro Jahr über 26.5 Grad Cel sius heiss wird – viermal weniger als in konventionellen Bauten.
deutende Faktoren für Wohlbefinden und Gesundheit. Vom beweglichen aussenlie genden Sonnenschutz über die Boden heizung bis zum Geocooling – Minergie zeigt Ihnen wirksame Möglichkeiten auf. Für die Bewohner ergeben sich folgende sieben Wohlfühlvorteile.
kühlt, braucht es einen ausgeklügelten Hit zeschutz: tagsüber möglichst wenig Hitze hereinlassen dank Sonnenstoren, klugem Lüften und einer guten Dämmung und nachts die Wärme rasch mittels Nachtaus kühlung abführen. Dies wird immer wichti ger für einen gesunden Schlaf.
ERHOLSAM SCHLAFEN
GUTE PLANUNG
Bereits bei der Planung gilt es, sommerliche Überhitzungen miteinzubeziehen und die sen vorzubeugen. Vorsorgen ist effizienter, als später für teures Geld technische Nachrüstungen vorzunehmen. Frische Luft und angenehme Temperaturen sind be
In einem Gebäude mit einem nach MinergieBaustandard geplanten Hitzeschutz herr schen die bestmöglichen Bedingungen zum Arbeiten, Wohnen oder – sehr wichtig – für erholsames Schlafen. Besonders, wenn die Aussentemperatur auch nachts kaum ab
Der Hitzeschutz sollte von Anfang an bei der Planung eines Gebäudes berücksich tigt werden. Die Ausrichtung und Lage ei nes Gebäudes, aber auch die Gestaltung der Fassade sind entscheidend. Wichtig sind dabei insbesondere der Fensteranteil,
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BAUEN
die Beschattung und die Wärmespeicher fähigkeit im Gebäude. Vor allem in innerstäd tischen Gebieten ist ein effizientes System für die Nachtauskühlung einzuplanen.
RICHTIG BESCHATTEN Bereits bei der Planung sollte beachtet werden, dass sich die Fenster eines Gebäudes in den Sommermonaten mög lichst vor der direkten Sonneneinstrahlung schützen lassen. Sind bauliche Verschat tungen nicht möglich, können solare Las ten mit dem zertifizierten Minergie-Modul Sonnenschutz gemindert werden.
ÖKOLOGISCH VERTRÄGLICH KÜHLEN Der bauliche Hitzeschutz ist dem aktiven Kühlen vorzuziehen. Meist reicht zudem eine leichte Kühlung mittels Erdsonden. Wenn dennoch nötig, darf man auch bei Minergie aktiv kühlen. Stammt der Strom für eine reversible Wärmepumpe oder ein Klimagerät vom eigenen Dach, ist Kühlen ökologisch verträglich, da gerade dann in der Schweiz genügend erneuerbarer Strom zur Verfügung steht, wenn es heiss und sonnig ist.
AUCH IN ZUKUNFT COOL BLEIBEN
Lamellenstoren und Markisen oder die Nachtauskühlung können mit einer auf das Wetter abgestimmten Steuerung versehen werden. Bei der Nachtauskühlung sind Einbruchschutz und Witterungsschutz zu bedenken. Ohne Automatisierung ist eine Instruktion der Nutzenden über die richtige Bedienung der Sonnenstoren und die Nachtauskühlung wichtig.
Die Prognosen sind eindeutig: Wir werden als Folge des Klimawandels in Zukunft et was weniger heizen und dafür vermehrt kühlen müssen. Eine gute Gebäudehülle hat auf beides einen positiven Einfluss. Vermehrt wird aber die optimierte Gebäu dehülle in Kombination mit beweglichem Sonnenschutz und Nachtauskühlung nicht mehr ausreichen, um kontinuierlich ange
WENIGER WÄRME Elektrische Geräte brauchen nicht nur Strom, sondern geben auch Wärme ab. Daher sind energiesparende LED-Leuchten, effiziente elektrische Geräte und energie optimierte IT-Systeme auch fürs Innen raumklima im Hochsommer wichtig.
© Minergie
FLEXIBLER HITZESCHUTZ
nehme Innenraumtemperaturen zu garan tieren. Dann kann man das Haus mit ei gens produziertem Photovoltaik-Strom kühlen, wenn gewünscht in Kombination mit einem elektrischen Tagesspeicher. Noch ökologischer und stromsparender ist die Nutzung von Geocooling. Diese mo derne Technologie funktioniert via Erd sonde und ohne den Einsatz einer Kälte maschine oder reversiblen Wärmepumpe. Statt dem Erdreich im Winter nur die Wärme zu entziehen, wird im Sommer die angenehme Kühle des Erdreichs genutzt und gleichzeitig die Wärme zurückgeführt. Damit sind wir für eine wärmer werdende Zukunft gewappnet, ohne die Erwärmung weiter voranzutreiben.
Minergie | Bäumleingasse 22 | CH-4051 Basel | Tel. +41 (0) 61 205 25 50 | info@minergie.ch | www.minergie.ch
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BAUEN
PASSENDE SYSTEME WIRTSCHAFTLICHE UND EFFIZIENTE LÖSUNGEN FÜR SCHALUNGEN von MEVA Schalungs-Systeme AG
MEVA Schweiz ist bereits seit 1991 am Standort Seon im Aargau tätig. Als Komplettanbieterin in Verkauf und Vermietung von Betonschalungen für alle Anwendungen bietet MEVA vom Fundament bis zum Hochhaus und vom Tunnel bis zum Grosskraftwerk alle möglichen Schalungen an.
Erfindungen, die einen Standard prägen.
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ereits seit 1970 ist MEVA Impulsge berin und Pionierin in der Scha lungsbranche. Mit rund 600 Mitar beitenden und 40 Vertriebsstandorten ist MEVA als familien- und in zweiter Genera tion inhabergeführtes, mittelständisches Unternehmen weltweit aktiv.
FÜR ALLE BEDÜRFNISSE Viele MEVA-Erfindungen sind zum Standard geworden: die kraftschlüssige Element verbindung mit dem MEVA-Schalschloss, das geschlossene Rahmenprofil, die Funk tionsstrebe und die hundertprozentige holzfreie Vollkunststoffplatte alkus. MEVA bietet Lösungen für den Wirtschafts- und Wohnungsbau, im Hochbau, Ingenieurbau und Architekturbau. Diese Kompetenzfelder spiegeln auch den Spezialisierungsgrad vieler Kunden und Projekte. Als Komplett anbieter ist es wichtig, jedem Kunden und bei jeder Anwendung eine wirtschaftliche und effiziente Lösung zu bieten. Die Aufga ben des Unternehmens sind mit hoher tech nischer Kompetenz die Anforderungen ge nau zu verstehen und mit einem spezifischen
Produkt- und Dienstleistungsangebot darauf zu antworten. Diese Lösungskompetenz reicht von der Konzeptstudie über die projektbezogene Schalungslösung bis hin zu Baustellenpla nung und Unterstützung vor Ort. Sie um fasst Baustellenbetreuung durch Projekt ingenieure, Montage-, Schal- und Richtmeisterdienste, Unterstützung bei Bauab läufen und Schulung sowie Training für Bauführer und Poliere. Am Produkt selbst umfasst der Service Überprüfung, Reini gung, Reparatur, Instandsetzung, Rege nerierung und Pflege.
VOM HAUSBAU BIS ZUM GROSSPROJEKT Das breite Angebotsspektrum der MEVA, von kranunabhängigen Schalungen, voll automatischen Klettersystemen sowie flexiblen Gerüstlösungen bis hin zu indivi duellen Dienstleistungen rund um Projekt vorbereitungen und -betreuung, deckt die Erfordernisse sämtlicher Vorhaben vom Hausbau bis zum Grossprojekt ab.
Passende Schalungen brauchen eine hohe technische Kompetenz.
LEISTUNGSANGEBOT UND SORTIMENT • • • • • • • • • •
Klettersysteme Klettergerüste Arbeitsgerüste Sicherheitssysteme Baustützen/Traggerüste Deckenschalungen Einhäuptige Schalungen Gerüsttürme Wandschalungen BIM-Services
Schalungen für die Bereiche Architekturbau, Hochhausbau, Ingenieurbau, Wirtschafts- und Wohnungsbau.
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SYMALIT POWER-CHARGER-BOX UNSER BEITRAG ZUR ELEKTROMOBILITÄT von Symalit
Dass Innovation und Tradition keine Widersprüche darstellen, beweist die im aargauischen Lenzburg ansässige SYMALIT AG, welche sich seit 70 Jahren erfolgreich im Kabelschutzrohr-Bereich und deren vielfältigen Komplettlösungen etabliert hat.
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o erstaunt es denn nicht, dass mit der neu konzipierten Power-Char ger-Box, einem Kombi-Artikel aus Schacht, Deckel und Betonsockel, der Zeit
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geist im Bereich der Elektromobilität voll getroffen wird und die SYMALIT AG ihren Teil zu einer intakten Infrastruktur der EMobility beiträgt.
Die Verkaufszahlen im Bereich der Elektro fahrzeuge nehmen rasant zu und manch ein Autokäufer macht sich, nebst ökonomischen Überlegungen, auch vermehrt ideologische
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und ökologische Gedanken, denn in den verschiedenen relevanten Entscheidungs faktoren wie Investitionskosten, Angebots vielfalt, Infrastrukturnetz, Aufladezeiten und so weiter wurden allseits massive Fort schritte erzielt. Verantwortungsbewusstsein für die Umwelt ist eben nicht mehr bloss für einen kleinen Kreis unserer Konsum-Gesellschaft ein re levantes Thema.
INNOVATIVE LADESTATION Vor gut drei Jahren wurden erste Prototypen von Kabelschächten aus glasfaserverstärk tem, rezykliertem Polyethylen produziert. Erste mögliche Kunden wurden bereits in der Planungsphase früh miteinbezogen und es entstand ein Gemeinschaftswerk aus ei nem zweiteiligen Schacht: Ein Teil dient als Kabelschacht und wird mittels Gussdeckel ebenerdig verschlossen, auf den zweiten Teil kommt der teilweise sichtbare Betonsockel als Fundament für die Ladestation.
Ein entscheidender Vorteil dieser Ladestation ist die unkomplizierte, schnelle und dadurch kostengünstige Installation. Aufgrund des Unterbaus kann auf eine Schalung verzichtet werden und die notwendigen Einführungs löcher lassen sich problemlos mittels Kro nenbohrer vor Ort praktisch und punktgenau auf diesen äusserst leichten Schacht setzen. Natürlich ist der Betonsockel mit dem not wendigen Einführungsloch für die ElektroEinspeisung ebenfalls schon vorbereitet. Diese Vorgehensweise erlaubt eine Installa tion auf einem stark frequentierten Parkplatz (zum Beispiel bei Bahnhöfen, Poststellen, Einkaufszentren, Sport- und Freizeitstadien) in knapp einem Tag – und dadurch kann, zum Wohl des Kunden, die Anlage schnellst möglich in Betrieb genommen werden. Die Power-Charger-Box entspricht somit klar dem Kaiteki-Gedanken unseres Mutterhauses, unser Verhalten möglichst nachhaltig und ressourcenschonend stets zu hinterfragen und zu optimieren.
MCAM Symalit AG | Hardstrasse 5 | CH-5600 Lenzburg | Telefon +41 (0) 62 885 83 80 | verkauf@symalit.ch | www.symalit.ch
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ES GEHT VORWÄRTS von Andrea Leu
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ie pandemiebedingte Ausnahmesituation hat uns allen in den letzten Jahren einiges abverlangt. Wir mussten uns an neue Realitäten gewöhnen, Bekanntes über Bord werfen und rasch auf Veränderungen reagieren. Einige schon lange brennende Themen haben in dieser Zeit einen richtigen Schub erhalten – zum Beispiel die Digitalisierung. Die Bauund Immobilienwirtschaft weiss schon lange, dass digitale Technolo gien die Branche auf den Kopf stellen werden, trotzdem wird heute oft noch wie vor 100 Jahren gebaut. Während viele andere Sektoren durch die Digitalisierung deutlich produktiver geworden sind, hinkt die Bauwirtschaft mit jährlich nur rund einem Prozent Produktivitätszuwachs in den vergangenen zwei Jahrzehnten deutlich hinterher. Die neue Dynamik wird Auswirkungen weit über die Branche hinaus haben, denn mit rund 15 Prozent des Brutto inlandprodukts ist sie ein zentraler Wirtschaftsfaktor in der Schweiz und beeinflusst viele andere Sektoren. Eine produktivere Bau- und Immobilienwirtschaft ist deshalb auch gesamtgesellschaftlich mehr als sinnvoll. Inzwischen sind auch die Technologien ausgereift und es gibt praktische Lösungen auf dem Markt. Dies kann keine Ausrede mehr sein. Am Beispiel von Building Information Management (BIM) kann dies belegt werden. BIM kann als Kernstück der digitalen Transformation fungieren. Als kollaborativer Prozess, bei dem alle an einem Projekt beteiligten Parteien sicherstellen, dass die Informationen während des gesamten Lebenszyklus konsistent ausgetauscht werden, ermöglicht BIM neue Dienste und komplett veränderte Formen der Zusammenarbeit. Eines ist dabei zentral: Das Potenzial von BIM muss als Wertschöpfer
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und nicht als Kostenfaktor verstanden werden. Zusätzlich zu den finanziellen Vorteilen müssen die Akteurinnen und Akteure die strategische Rolle von BIM als wesentlichen Treiber der Digitalisierung erkennen. Und schliesslich sind koordinierte Anstrengungen erforderlich, um neue Talente mit Digital- und BIM-Kenntnissen anzuziehen, vorhandene Mitarbeitende weiterzubilden und Unternehmenskulturen zu verändern. Digitale Technologien müssen zukünftig grossflächig eingesetzt beziehungsweise erprobt werden und schliesslich zu Standards und Normen führen, die die Branche insgesamt weiterbringen. Ein Blick über die Landesgrenzen hinaus ist dabei durchaus sinnvoll. Genau hier setzen wir mit Bauen digital Schweiz / buildingSMART Switzerland an: Wir weisen auf Best Practices in unserem Land hin, machen sie öffentlich und bereiten damit den Boden für Standards und Normen. Gleichzeitig vernetzen wir uns international. Denn eines ist klar: Die Digitalisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft ist nicht ausschliesslich einer Frage wwder Technologie, sondern vor allem das Resultat der richtigen Strategie und der passenden Organisation. Zusammengefasst geht es um eine innovative Unternehmenskultur.
ANDREA LEU ist Co-Geschäftsführerin von Bauen digital Schweiz / buildingSMART Switzerland. www.bauen-digital.ch
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BAUEN
CLOUD-ZUTRITTSKONTROLLE AUTOMATISIERUNG IN CO-WORKING UND CO-LIVING SPACES von Lone K. Halvorsen
Eine intelligente Zutrittslösung für jedes Unternehmen: überaus einfach und intuitiv zu bedienen, kabellos und mit wenig Aufwand zu installieren. Das komfortable und bahnbrechende Zutrittsmanagement Salto KS bietet eine viel bessere Funktionalität und Leistungsfähigkeit als jede mechanische Schliessanlage. Eine unkomplizierte, skalierbare und flexible Cloud-Zutrittslösung.
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er Co-Working-Anbieter «Office LAB» und das Co-Living-Unter nehmen «LivingTown» haben sich für die cloudbasierte Zutrittslösung «Salto KS Keys as a Service» entschieden. Salto KS ist ein cloudbasiertes Zutrittssystem, das speziell für die mobile EchtzeitZutrittskontrolle entwickelt wurde. Es lässt sich kabellos und mit wenig Auf wand installieren. Zu den Kernfunktionen gehört das ortsunabhängige und mobile Zutrittsmanagement via Web und Mobile App. Sämtliche Kommunikation zwischen den Komponenten erfolgt hochverschlüs selt und ist damit gegen Abhören und Kopieren geschützt. Sicherheitskritische Vorgänge lassen sich nur über eine ZweiFaktor-Authentifizierung initiieren. Für die Türöffnung stehen Smart Tags (Badges), digitale Schlüssel und PIN-Codes zur Ver fügung – auch parallel. Ausschlaggebend für die Entscheidung waren für die beiden
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Anbieter die umfassenden Funktionen für das Zutrittsmanagement, die einfache Bedienung sowie die Integration in die jeweils eingesetzten Managementplatt formen.
DIGITALISIERUNG IN MEHREREN FORMATEN Mit Office LAB und LivingTown hat die auf Digitalisierung in der Baubranche spezialisierte RESO Group AG in den ver gangenen Jahren zwei Marken für CoWorking und Co-Living in der Schweiz lanciert. Die Office LAB AG bietet an mehreren Standorten inspirierende und stilvolle Co-Working-Spaces mit moder ner und professioneller Infrastruktur so wie flexiblen Mietmodellen an. Die Living Town AG hat sich dem professionellen Business-Co-Living verschrieben und of feriert unterschiedlich gestylte und aus gestattete Lofts mit umfassenden Services
und Gastronomie – bevorzugt am glei chen Standort wie Office LAB. Den Grundgedanken hinter den Angeboten formuliert Roger Krieg, Gründer und In haber der RESO Group, wie folgt: «Die Digitalisierung prägt immer mehr unser privates und professionelles Umfeld – und genau das spiegeln wir mit Office LAB und LivingTown wider. Wir bieten die höchste Nutzerfreundlichkeit, die man heute haben kann. Gleichzeitig sparen wir Ressourcen für unsere Kunden, weil sie sich auf ihr Kerngeschäft konzentrie ren können und nur das an Raum, Servi ces und Technik bezahlen, was sie tat sächlich verbrauchen. Und sie profitieren von maximaler Flexibilität und bestem Komfort. Das funktioniert aber nur, wenn man als Anbieter das Prozessmanage ment digitalisiert, was wir sowohl bei Office LAB als auch LivingTown durchgängig umgesetzt haben.»
BAUEN
nimmt diese Aufgabe ein zweites Tool, weil dieses System darüber hinaus etliche Hospitality-Funktionen enthält.
NAHTLOSE EINBINDUNG
BEDIENUNG ÜBER SMARTPHONE Dabei spielt die zentrale mobile Applikation eine entscheidende Rolle. «Unsere Kunden sollen alles mit ihrem Smartphone erledigen können: Check-in, Meetingraum oder Waschmaschine reservieren, abrechnen, Türen öffnen – und das jeweils in Abhängig keit von ihrer Buchung. Das bedingt integ rierte digitale Abläufe über mehrere Systeme hinweg», erklärt Myriam Baumann, Chief Project Officer bei der Office LAB AG. Für die Zutrittskontrolle heisst das in erster Linie, dass sie mit den genutzten Management plattformen kompatibel sein muss. Office LAB verwendet hierfür ein zentrales Verwal tungstool für Stammdaten, Verträge, Pay ment, Buchungen, Zutrittsrechte und als Community-Plattform. Bei LivingTown über
«Wir haben uns für Salto KS Keys as a Service als Zutrittslösung entschieden, weil es sich um eine cloudbasierte Lö sung handelt und das System in unsere beiden Managementplattformen inte griert ist. Ausserdem hat uns die Preis struktur überzeugt – es gibt keine versteckten Kosten, wodurch wir zuver lässig kalkulieren können», sagt Myriam Baumann. Ferner erfüllt das System die beiden Grundanforderungen hin sichtlich einer einfachen Bedienung für die Kunden und der Möglichkeit, Türen aus der Ferne via Mobile und Web App zu öffnen, da für Non-Serviced-Flächen der Zutritt aus der Ferne gewährt werden muss, weil sich keine Personen vor Ort befinden. Die Zutrittskontrolle fügt sich nahtlos in das digitale Ökosystem ein, freut sich Roland Rillig, COO bei Office LAB und LivingTown: «Unsere Kunden können beispielsweise externe Meeting-Teilnehmer kurzfristig als Gäste anlegen und ihnen temporäre Zutritts rechte zuweisen. Das wird wiederum sehr fein und individuell über ein CreditSystem abgerechnet. Ähnlich funktio nieren zum Beispiel unsere Online- Buchu ngen. Die Zutrittsrechte werden automatisiert entsprechend der Bu chung zugeteilt und als digitaler Schlüs sel in der zentralen App bereitgestellt. Diese digitalen Schlüssel gelten dann nicht nur an den Bürotüren, sondern ebenso für die Liftsteuerung oder die Ladestationen, Parkplätze oder buch baren Services bei LivingTown.»
über eine Wireless-Funkverbindung auf Bluetooth-Basis mit IQs verbunden. Die IQs fungieren als Hub und stellen über WLAN die Echtzeitverbindung mit der Web und der Mobile App her. Mehr als 200 Personen sind als Nutzer angelegt und verwenden vorwiegend digitale Schlüssel und als Rückfallebene Smart Tags. Laut Myriam Baumann zahlt sich der Ein satz der Zutrittslösung gleich mehrfach aus: «Wir konnten und können unser Konzept kundenfreundlicher realisieren, weil es durchgängig digitalisiert ist. Die Community-Zonen sind einfacher und sympathischer zugänglich. Und sowohl wir als auch unsere Kunden sparen enorm viel Zeit bei der Verwaltung der Zutrittsrechte. Nicht zu unterschätzen ist obendrein der Sicherheitsaspekt: Wir müssen uns nicht fragen, ob nach einer Kündigung wirklich alle Schlüssel zu rückgegeben wurden – wir sperren sie mit einem Mausklick!»
Die Zutrittskontrolle lässt sich ortsunabhängig bedienen.
MOBILE ECHTZEITZUTRITTSKONTROLLE Am Standort Zürich-Altstetten sind bei Office LAB über 36 Zutrittspunkte und bei LivingTown über 85 Zutrittspunkte mit der Lösung ausgestattet. Als Hardware kommen funkvernetzte XS4-One-Langschildbe schläge an den Büro-, Studio- und Woh nungstüren zum Einsatz. Elektronische Salto-Neo-Zylinder finden sich an den Tü ren für die Besprechungsräume bei Office LAB sowie an Lagereinheiten und Schrän ken bei LivingTown. Die kabellosen elekt ronischen Beschläge und Zylinder sind
Mit digitalen Schlüsseln Türen per Smartphone öffnen.
SALTO Systems AG | Werkhofstrasse 2 | CH-8360 Eschlikon | Tel.: +41 (0) 71 973 72 72 | info.ch@saltosystems.com | www.saltosystems.ch
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ARCHITEKTUR
Neue Aufenthaltsqualität im warm gestalteten Selbstbedienungscafé.
EINE ERFOLGREICHE METAMORPHOSE DIE SANIERUNG DER RÄBGASS IN BASEL von Judith Opferkuch
Das Räbgass Center in Basel steht exemplarisch für die Entwicklung vieler in den 1980er-Jahren erbauten Einkaufszentren. Nach florierenden Jahren verliert das Center durch die Abwanderung eines wichtigen Ankermieters und aufgrund der Lage an Attraktivität und Glanz. Dank erfolgreicher Revitalisierung der Retailflächen, eines mit neuen hochwertigen Wohnungen ausgebauten Dachgeschosses und einer nachhaltigen Gebäudesanierung verleiht Mint Architecture der Immobilie ein Second Life. Seite 36 // bauRUNDSCHAU
ARCHITEKTUR
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as im Herzen des Stadtteils Klein basel gelegene Einkaufszentrum beherbergte bis Mitte der 1990erJahre das Warenhaus Jelmoli. Nach des sen Auszug und aufgrund der Lage nahe dem Claraplatz, der bis vor ein paar Jahren mit Imageproblemen zu kämpfen hatte, verliert das Zentrum für Mieterinnen und Mieter an Attraktivität und vermag auch architektonisch und baulich den geforder ten Standards nicht mehr gerecht zu wer den. Es droht ein Schicksal, wie es vielen vergleichbaren Läden in der Innenstadt geht. Sie kommen in die Krise und ver schwinden vom Markt und die Innenstädte drohen zu veröden. Die Räbgass wählt aber einen innovativen Weg. Als sich 2017 schliesslich eine der grossen Detailhandelsketten als neue Mieterin für das Räbgass entscheidet, kommt der Pro zess einer grundlegenden Revitalisierung und Sanierung in Gang. Die Besitzerin der Immobilie beauftragt Mint Architecture mit der Sanierung des Einkaufszentrums mit dem Ziel, den Leerstand zu beheben und die Retailfläche neu zu nutzen.
ZIEL MIXED-USE-IMMOBILIE
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Als Architekturbüro mit Expertise in der Revitalisierung kommerziell genutzter Be standsimmobilien und Retailflächen befas sen sich die Spezialisten und Architekten in einer umfassenden Analyse sowohl mit der Nutzung als auch mit einer nachhaltigen Sanierung der Immobilie inklusive des drei geschossigen Parkings. Mit Blick auf eine ökonomische und ökologische Aufwer tung empfehlen sie eine Mischnutzung, einhergehend mit einer Totalsanierung der
Gebäudeentwicklung/Aufwertung: Im 850 Quadratmeter grossen Hohlraum im Dachgeschoss entstehen sechs attraktive Loftwohnungen.
veralteten Gebäudetechnik sowie der ur sprünglichen Fassade aus Waschbeton. Während im Einkaufszentrum mit neuer Aufteilung und baulichen Eingriffen die Re tailflächen aufgewertet werden und die Mall modernisiert wird, soll das Gebäude durch die Nutzung des Dachgeschosses zu einer Mixed-use-Immobilie weiterent wickelt werden. In dem bisher nur als Lüf tungszentrale und Lager genutzten, über 850 Quadratmeter grossen Hohlraum sollen moderne Loftwohnungen entstehen.
REVITALISIERUNG DES EINKAUFSZENTRUMS Mit der Neuauslegung der Fläche erhalten die drei Hauptmieter des Räbgass-Ein kaufszentrums auf den drei Retail-Etagen grosszügige Verkaufsflächen. Sie umsäu men die komplett sanierte Mall, die durch die Versetzung des Eingangs und der Roll treppe sowie durch den Einsatz von Glas und zusätzlichen Fensterfronten ein gross zügiges und helles Ambiente erhält. Dazu tragen auch die neue leistungsstarke LEDBeleuchtung, eine durchgängige Signal technik und eine schlichte, zeitlose Mate rialisierung bei. Das in die Jahre gekommene Einkaufszentrum erhält durch die Revitalisierung harmonische Raumverhält nisse mit guter Sichtbarkeit der Mieterinnen und Mieter sowie einfachen Zugängen zu den Geschäften. Dank der Auffrischung der Fassade und neuem Brand Design lädt das Einkaufszentrum innen wie aussen zu einem Besuch ein.
ATTRAKTIVER WOHNRAUM Dieser Wertigkeit gerecht zu werden, die nen auch die von den Architekten entwor fenen Loftwohnungen im Dachgeschoss. Während fünf der sechs unterschiedlich grossen Wohnungen durchgängig offen mit je einem Patio und einer Terrasse ge staltet sind, verfügt die grösste Wohnung zusätzlich über ein abgeschlossenes Schlafzimmer und eine grosszügige Dach terrasse mit Abendsonne. Es entstehen attraktive Wohnräume, die durch einen se paraten Lift zugänglich gemacht werden und mit hohen Räumen sowie schlichten und hochwertigen Materialien bestechen. So wird die luftige Kühle des Raumes durch ein warmes Eichenparkett leicht durchbrochen. Silbern gestrichene und die Technik freilegende Betondecken sowie Patio- und Terrassenplatten aus Beton ver leihen den Wohnungen Grossstadt-Flair. Dazu trägt auch die puristische Linienfüh rung bei, die sich beispielsweise in den
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dezent dunkelblauen Küchenelementen wie auch den schnurgeraden Leuchtschi enen widerspiegelt. Grosszügige Bäder und Gästetoiletten, gänzlich in grauem Stein und schwarz gehalten, runden die Innenarchitektur der Wohnungen ab.
SECOND LIFE Mint Architecture saniert die Bestandsim mobilie bis auf die Fassade nach moderns ten Nachhaltigkeits- und Minergiestan dards, baut im Zuge des Dachausbaus einen Solarpark und berücksichtigt die von der Stadt geforderten Bestimmungen zur Erhöhung der Biodiversität. Die besonderen Herausforderungen, die sich den Architek ten bei den Bauarbeiten boten, zeigen sich unter anderem darin, dass das Einkaufs zentrum im laufenden Betrieb modernisiert wird und für die Erstellung der Wohnungen vorab eine gewaltige Menge Beton aus dem früheren Mansardendach herausge schnitten werden musste. Die nachhaltige Sanierung des RäbgassCenters und die erfolgreiche Revitalisie rung durch Mischnutzung haben dem über 40-jährigen Bau ein zweites Leben einge haucht. Die baulichen Eingriffe, allen voran die Entwicklung von neuem Wohnraum, sorgen für einen stimulierenden Mietermix, werten die Gebäudequalität auf und erhö hen die Frequenz von Einkaufszentrum und Parking. Die durch die Loftwohnungen zusätzlich bewirtschaftete Fläche steigert den Wert und die Qualität der Immobilie und bietet in einem wiederbelebten Quartier neuen attraktiven Wohnraum, der in kür zester Zeit vermietet werden konnte.
NACHHALTIGKEIT IST TRUMPF
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Das Einkaufszentrum, das dreigeschossige Parking und die Wohnetage des Räbgass-
Centers entsprechen – die Fassade aus genommen– den jüngsten Minergiestan dards. Das Gebäude wurde gleichsam auf das Grundgerippe heruntergestrippt und nach den neuesten Standards wiederer baut, was mitunter die Wärmedämmung, die Luftdichtheit, Photovoltaik, Belüftungs systeme und Beleuchtungsanlagen mit LED beinhaltet. Auf dem Dach ist neu ein Solarpark installiert. Die Flachdachanlage mit Ausrichtung Ost-West produziert 94.52 Kilowattpeak, die Indachanlage des nach Süden ausgerichteten Schrägdachs 29.65 Kilowattpeak. Der durch den Solarpark er zeugte Strom deckt einen Grossteil des Haustechnikbedarfs (Kühlung und Lüftung) des Einkaufszentrums ab. Auch der Biodi versität wird entsprechend den Auflagen der Stadt Basel Rechnung getragen. Die Massnahmen umfassen die Teilbegrünung des Daches, für welche ein spezifisches, auf die Region abgestimmtes Substrat ver wendet wurde. Ausserdem werden auf dem Dach, nebst dem Solarpark, partiell unterschiedlich hohe Substratbereiche auf geschüttet und Hügel aus Astwerk ange legt, um den Bodentieren Rückzugsorte zu bieten und die Standortvielfalt zu fördern. Der Entscheid der Eigentümerin, die in den 1980er-Jahren erstellte Waschbetonfas sade zu erhalten, verhinderte die Freiset zung der darin eingeschlossenen grauen Energie. Generell zeigt sich die Nachhaltig keit im vorliegenden Projekt darin, dass im Bestand gebaut und auf einen Ersatzbau verzichtet wurde. Die Sanierung und die grossräumigen Entwicklungsmassnahmen verhelfen einer End-of-Life-Immobilie zu einem zweiten Leben. Sämtliche Retail flächen und Wohnungen wurden kurz nach der Fertigstellung vermietet und tragen zu einer höheren Frequenz des im Aufschwung begriffenen Kleinbasler Claraquartiers bei.
Neues Gesamtbild: sanierte Fassade aus Waschbeton aus den 80er-Jahren.
DAS PROJEKT • Auftraggeber Swiss Prime Site Immobilien AG • Auftrag Revitalisierung des Einkaufszentrums Räbgass Nachhaltige Gebäudesanierung der Bestandsimmobilie Gebäudeentwicklung durch Schaffung zusätzlicher Flächen für Wohnraum • Standort Rebgasse 20, Basel Art des Projekts Revitalisierung und Bauen im Bestand • Flächen Gesamtsanierungsfläche: 28’400 Quadratmete Parketagen (drei Geschosse): 7640 Quadratmeter Hauptnutzungsfläche gesamt (Retail und Wohnen): 6360 Quadratmeter Einkaufszentrum gesamt (Retail und Mall): 4600 Quadratmeter Gesamtwohnungsflächen: 830 Quadratmeter (Wohnungen: 104 bis 195 Quadratmeter)
JUDITH OPFERKUCH ist PR & Communications Consultant, Editor, Exhibition Management bei der vademecom ag. www.raebgass.ch
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Wir bauen Ladelösungen. Auch für kommende Generationen.
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ARCHITEKTUR
KUNST TRIFFT AUF WISSENSCHAFT DER NOVARTIS PAVILLON IN BASEL ALS LEUCHTTURMPROJEKT von Georg Lutz
Der von AMDL CIRCLE und Michele De Lucchi entworfene Novartis Pavillon wurde im Frühjahr in Basel eröffnet. Schon von Weitem ist die beeindruckende Solarlösung erkennbar, die sich an die Gebäudehülle schmiegt. Im Gebäude befindet sich das neue Ausstellungs-, Begegnungs- und Veranstaltungszentrum. Die Räumlichkeiten laden zu einem Dialog über Life Sciences ein. Es geht um einen Ort, der die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Gesundheitswesens darstellt.
Eine neue Generation organischer Photovoltaik-Lösungen passt sich der Fassade an. Das hat Vorbildcharakter.
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er Novartis Pavillon ist die neueste Ergänzung des Novartis Campus Basel und schliesst sich einer Sammlung von Gebäuden an, die von an deren hochkarätigen Architekten wie Da vid Chipperfield, Frank Gehry und Tadao Ando entworfen wurden. Der Novartis Pavillon soll ein Ort des Ler nens, des Wissens und des Austauschs für die Öffentlichkeit sein, um die Welt der Wissenschaft und der Medizin der Bevöl kerung näherzubringen. Er beherbergt die «Wonders of Medicine», eine vom ATELIER BRÜCKNER gestaltete multimediale Dau erausstellung, deren Inhalte in enger Zu
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sammenarbeit mit den Wissenschaftler innen und Wissenschaftlern von Novartis entstanden sind. Christian W. Blaser, Architekt und Gründer der Blaser Architekten AG, spricht den Teamspirit während der Planungs- und Bauphase an: «Wir hatten das grosse Glück, mit einem Kunden zusammenzuar beiten, der interdisziplinäre Teamarbeit för dert. Diesen Prozess haben wir sehr ge nossen. Wir haben eng mit AMDL CIRCLE und dem gesamten Planungsteam zusam mengearbeitet, von der Planung bis hin zum Bau, um ein Gebäude zu schaffen, das der Stadt Basel etwas zurückgibt.»
EINE NULL-ENERGIEMEDIENFASSADE Das neue Gebäude verfügt über eine markante Null-Energie-Medienfassade, die eine symbolische Rolle in der Architek tur einnimmt. AMDL CIRCLE führte eine Reihe von parametrischen Designstudien durch, um die Geometrie und das grafi sche Bild der Fassade zu definieren, die in Zusammenarbeit mit iart entworfen und realisiert wurde. Die Fassade nutzt eine neue Generation organischer Photovoltaik und ein Gitter aus LED-Lichtern, um die Werke der drei internationalen Künstler Daniel Canogar, Esther Hunziker und Semiconductor darzustellen. Kuratiert vom
© Laurits Jensen
© Laurits Jensen
ARCHITEKTUR
Der Grundriss des Novartis Pavillons greift die universelle Symbolik des Kreises auf.
Haus der Elektronischen Künste (HEK) in Basel, haben die ausgewählten Künstle rinnen und Künstler in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlerinnen und Wissen schaftlern Lichtinstallationen entwickelt, die sich an den Formen und Farben von Zellen und Molekülen sowie an den Themen Nachhaltigkeit und Konvergenz von Kunst und Wissenschaft orientieren. Valentin Spiess, Vorsitzender und Gründer von iart, betont dazu: «Basierend auf der Idee eines Netzwerks von Zellen, überspannt die Fas sade das Gebäude als halbtransparente Membran. Organische Photovoltaik in Kombination mit LEDs erzeugen eine Symbiose aus Material und Licht, die ein
vielschichtiges Erscheinungsbild ergibt. Die erforderliche Energie wird von der Membran selbst erzeugt, wodurch unsere Vision einer Null-Energie-Medienfassade verwirklicht wird.»
DIE WERTE DER WISSENSCHAFT KOMMUNIZIEREN Der kreisförmige Grundriss des Gebäudes wurde entworfen, um die Konnektivität für Besucherinnen und Besucher und Mitar beitende gleichermassen zu verstärken. Er ist auf zwei Ebenen – Erd- und Ober geschoss – angelegt, die für verschiedene Funktionen genutzt werden können. Im Erdgeschoss sorgt eine 360-Grad-Vergla
sung dafür, dass natürliches Licht in per fekter Kontinuität mit dem Aussenbereich in den Raum gelangt. Der offene Raum mit weitem Ausblick über den Rhein heisst die Besucher willkommen. Das Gebäude bie tet flexible Räume zum Lernen sowie für Meetings und Veranstaltungen an. Neben dem Eingangsfoyer befinden sich ein Café und ein Check-in-Bereich mit einem informellen und flexibel gestaltbaren Eventraum, der die Interaktion fördern und eine Plattform für die Durchführung von Veranstaltungen, aber auch für den Empfang von Besuchergruppen wie Schulen und Vereinen bieten soll.
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© ATELIER-BRÜCKNER_Michael-Reiner
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Der Einsatz von Akustikvorhängen zur Raumtrennung und das breite Angebot an digitalen Technologien machen es zu einem hochmodernen Standort für den Campus und die Stadt Basel. Michele De Lucchi, Architekt, Designer und Gründer von AMDL CIRCLE, kommen tierte das Projekt: «Zukunftsorientiert, innovativ, offen und optimistisch. Der Grundriss des Novartis Pavillons ist ins piriert von der universellen Symbolik des Kreises, der als kraftvolles Feld psycho physischer Energie gilt, eine Art heiliger Bereich, in dem alle physischen und spi rituellen Kräfte konzentriert sind. Denn die Architektur selbst muss Energie ver mitteln, muss inspirieren und Verbindun gen zwischen verschiedenen Stimmen und Kulturen fördern.»
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Die Besucher*innen tauchen in die Welt der Wissenschaft ein.
«WONDERS OF MEDICINE» Im Zwischengeschoss verbindet ein Mul timedia-Theater mit Treppenbestuhlung das Erdgeschoss mit dem Obergeschoss und führt die Besucher zu den Themen der Ausstellung «Wonders of Medicine». AMDL CIRCLE entwarf den Raum als flie ssende Galerie ohne Wände oder tren nende Elemente, die eine Bühne für die von ATELIER BRÜCKNER entworfene Ausstellung bilden. Die Besucherinnen und Besucher werden auf eine Rundreise durch vier verschiedene Themen mitge nommen: «Verletzlichkeit des Lebens» beschreibt, wie sich Krankheiten und Therapien auf das Leben der Patientinnen und Patienten auswirken; «Vom Labor zum Patienten» zeigt die Prozesse bei der Entwicklung und Herstellung von Medi kamenten; «Schritte durch die Zeit» er zählt die Geschichte der Medizin und die Entstehung der pharmazeutischen Indus trie in Basel; «Zukunft des Gesundheits wesens» lädt die Besucherinnen und Be sucher zu virtuellen Diskussionen mit Expertinnen und Experten über die sozi alen und ethischen Auswirkungen von Trends ein, die die Zukunft des Gesund heitswesens bestimmen. An der Unterseite des doppelt geneigten Daches, das die Form eines grossen Bo gens hat, laufen künstliche Lichter entlang und verschmelzen mit der Leuchtkraft und Lebendigkeit der an der Wand angebrach ten Videomonitore. Das Ergebnis ist eine immersive Umgebung, in der der Besu cher das Gefühl hat, in die Welt der Wis senschaft, der Forschung und der Ent wicklung des Wissens einzutauchen.
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ARCHITEKTUR
PERFEKTER HALT
Der Novartis Pavillon ist ein optisches Signal in der Basler Stadtlandschaft.
EINE INTERDISZIPLINÄRE TEAMARBEIT AMDL CIRCLE arbeitete eng mit dem ortsansässigen Archi tekten und Generalplaner Blaser Butscher Architekten AG zusammen. Dieser war für die Planung, die Ausschreibung, die technische Planung, den Bau und die Durchführung des Projekts verantwortlich. Neben der Leitung eines Teams von 25 Planern und mehr als 50 einzelnen Auftragnehmern war er auch für den Bau und die Montage von Prototypen für alle relevanten Strukturen, Ausstattungen und Innenräume auf der Baustelle verantwortlich.
MASSGESCHNEIDERTE MÖBEL Die Materialpalette im Inneren wurde so ausgewählt, dass sie eine helle und humanistische Ausstrahlung hat. Die «geweisste» laminierte Holzstruktur und die Deckenlamellen wurden mit einem durchgehenden hellgrauen Terrazzoboden kombiniert und bilden den Hintergrund für die dunkelgrünen Trennvorhänge und Details aus natürlichem Eichenholz. AMDL CIRCLE hat für das Projekt massgeschneiderte Einrichtungsgegenstände entworfen, die von Produzione Privata, dem von Michele De Lucchi gegründeten Unternehmen zur Entwicklung experimenteller Designobjekte und zur Förderung des Handwerks, hergestellt wurden. Shirin Brückner, Geschäftsführerin von ATELIER BRÜCKNER, betont abschliessend: «Der Novartis Pavillon ist eine hochmo derne Plattform, um die Life-Sciences-Industrie kennenzulernen. Die Gestaltung der Ausstellung macht den Besuch zu einem ein zigartigen Erlebnis. Ein fliessender, leuchtender Rundgang bietet vier Kapitel, die sich an der Geschichte orientieren. Die Erzählung bringt den Besucherinnen und Besuchern die Menschen, die in der Medizin tätig sind, nahe und macht den Inhalt greifbar: Das Gesundheitswesen ist ein Thema, das uns alle angeht.»
GEORG LUTZ ist Chefredaktor von bauRUNDSCHAU. www.campus.novartis.com/de/novartis-pavillon
FÜR PROFIS www.profix.swiss
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Tel. 061 500 20 20
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FÜR DESIGNAFFINE GÄSTE ITALIENISCHES ARCHITEKTURJUWEL von Christina Horisberger / Conzept-B
Die Villa Allungata auf Elba ist eine von zwei piccole case al mare, die der italienische Architekt und Gestalter Giò Ponti Anfang der 1960er-Jahre realisiert hat. FELIX PARTNER Architektur und Design aus Zürich haben das denkmalgeschützte Juwel im Parco Nationale originalgetreu renoviert.
E
ingeschossige, weiss getünchte Bungalowhäuser inmitten der wilden Naturlandschaft gibt es auf Elba viele. Die Villa Allungata im Parco Nationale an der Ostküste der toskanischen Ferien insel ist allerdings ein architekturhistori sches Juwel. Entworfen hat das Ferien haus der bekannte italienische Architekt und Designer Giò Ponti Anfang der 1960erJahre im Auftrag einer englischen Immo bilienfirma. Zehn Häuser, ein Hotel und ein Restaurant umfasste das damalige Bau programm. Gebaut wurden letztlich aber
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nur zwei Häuser, die Villa Ottogonale und die Villa Allungata.
BLICK ÜBERS MEER Bevor Giò Ponti die Villa entwarf, beschäf tigte er sich intensiv mit der Lage und dem Lichteinfall auf dem Grundstück so wie der traditionellen lokalen Bauweise. So interpretierte Ponti ein bei vielen alten Häusern immer wieder vorkommendes Element: das Hochziehen der Mauer mit ihrer speziellen Form über den Dachrand, interpretiert auf eine moderne Weise. Die
Räume – das Wohnzimmer, die Loggia und die vier Schlafzimmer – richtete der Architekt vollumfänglich auf das Land schaftserlebnis mit dem unverbauten Meerblick aus. Betritt man die Schlafzim mer vom rückseitigen Erschliessungsbe reich, kann man direkt durch die Terras sentüren aufs Meer blicken. Dank clever platzierter Fenster auf der Nordseite des Gebäudes meint man bereits beim An blick der Bilder, die kühlende Brise zu spüren, die während der heissen Som mernächte durch die Räume zieht.
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INNENARCHITEKTUR
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Der Architekt und Designer Giò Ponti realisierte vor 60 Jahren im Rahmen der Naturlandschaft Elbas diese Villa.
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INNENARCHITEKTUR
JUWEL EINES FERIENHAUSES AM MEER Die Isola d’Elba gilt als Ferienperle der Toskana. Sie bietet Entspannung an lauschigen Stränden, herrliche Ausflugsziele in einer mediterranen Naturlandschaft und kulturelle Highlights. Und im Parco Nationale im Osten der Insel mit unverstelltem Meerblick liegt die von Giò Ponti entworfene Villa Allungata. Das Ferienhaus, ein nationales italienisches Architekturdenkmal für designund architekturaffine Gäste, bietet Platz für bis maximal sieben Personen.
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www.villaallungata.com
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FELIX PARTNER Architektur und Design realisierten die aufwendige, aber gleichermassen rücksichtsvolle Sanierung.
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VERWAHRLOSTER ZUSTAND Die Villa Allungata gehörte während 25 Jahren einem Schweizer Filmemacher, bevor sie von FELIX PARTNER Architek tur und Design in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege in Pisa restauriert wurde. Der Zustand vor dem Umbau war «absolut katastrophal», wie sich Peter Fe lix von FELIX PARTNER Architektur und Design erinnert: Das Dach und die Ter rasse waren undicht, die Haustechnik und Ölheizung funktionierten nicht mehr und das Sockelgeschoss mit Garage war pro visorisch abgestützt worden. Nicht mehr zu gebrauchen waren zudem die Küche und alle Bäder. «Das Potenzial von histo rischen Immobilien zu erkennen, auch wenn ihr Zustand noch so schlecht ist, gehört indes zu unseren Kernkompeten zen. Mit unserem professionellen Ansatz und unserer jahrzehntelangen Erfahrung können wir Kunden in dieser Hinsicht sehr gut beraten und sie von einer wertvollen Investition überzeugen», so Peter Felix. So war es eine Knochenarbeit, die zu erhal tenden Elemente herauszuschälen und diese auch in der Restaurierungsphase zu
schützen. Bei der Instandsetzung folgten die Architekten dem Grundsatz, das Gebäude wo immer möglich originalgetreu wiederher zustellen. Zum Glück stellte sich heraus, dass die eigentliche Bausubstanz weitge hend erhalten werden konnte. Das Pultdach wurde indes gänzlich erneuert, das Funda ment mit der Garage neu erstellt und der Hang mit einer Mauer gestützt. Dies eröff nete zugleich die Möglichkeit, einen Pool in den Garten zu integrieren, in welchem neu auf rund 5 000 Quadratmetern Zitronen-, Oliven- und Feigenbäume wachsen.
LUFTIGE RAUMHÖHEN Nicht nur die Anzahl der Schlafzimmer für insgesamt sieben Personen und das Wohn- und Esszimmer haben entgegen der schlichten Erscheinung der Architektur etwas sehr Grosszügiges. Auch besitzt jedes Schlafzimmer ein eigenes Bad mit Oberlichtern und eine luftige Raumhöhe von drei Metern. Die handglasierten Kera mikfliesen mit ihrer auffälligen Geometrie schaffen eine starke Identität. Wie durch dacht Ponti die Jahreszeiten berücksichtigt hat, zeigt sich unter anderem in der Loggia
im Südwesten: Sie ist gut beschattet und besitzt zugleich ein Cheminée für kühlere Abende.
© Heinz Unger
INNENARCHITEKTUR
AMBIENTE DER 1960ER-JAHRE Die Bäder haben FELIX PARTNER Archi tektur und Design erneuert, aber ebenfalls zurückhaltend materialisiert – unter Beibe haltung der alten Holztüren und mit dem Einsatz von Türdrückern von Giò Ponti so wie Armaturen, die in die Zeit der 1960erJahre passen. Dies gilt auch für die Möb lierung. Im Haus findet sich Vintage Design von Giò Ponti, wie etwa seine wabenför migen Couchtische. Die Designs von Ponti wurden durch eine private Sammlung von typischen Designklassikern jener Jahre er gänzt. «Die aufwendige und zugleich rück sichtsvolle Restauration und Renovation der Villa Allungata hat uns erneut bewusst gemacht, wie virtuos Giò Ponti die Räume und die Innenarchitektur auf die Umge bung ausgerichtet und dabei die traditio nelle Architektur der Insel berücksichtigt hat», sagt Peter Felix. «Das Ferienhaus am Meer atmet nun wieder den Geist jener Jahre, in denen es erbaut wurde.»
Der Charme der 1960er Jahre wurde dank der Sanierung zu neuem Leben erweckt.
CHRISTINA HORISBERGER arbeitet bei der Conzept-B GmbH. www.conzept-b.ch
Was immer Sie planen. Planen Sie mit dem passenden Hitzeschutz. Bereits bei der Planung gilt es, sommerliche Überhitzung miteinzubeziehen und dagegen vorzubeugen.Vorsorgenisteffizienter,alsspäter für teures Geld technische Nachrüstungen vorzunehmen. minergie.ch/hitzeschutz
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INNENARCHITEKTUR
ES IST NOCH LUFT NACH OBEN DIE DIGITALISIERUNG DER GASTROBETRIEBE Interview mit Reto Keller von Ursula Ammann
Kochgeräte, die über das Internet miteinander kommunizieren, Gerichte gemäss vorprogrammierten Rezepten eigenständig zubereiten und sich per Smartphone oder Tablet steuern lassen – das und vieles mehr sieht die «Küche 4.0» vor. Doch ist sie tatsächlich das oft propagierte Zukunftsmodell für Gastrobetriebe? Reto Keller, Absolvent des MAS in Business Administration an der OST – Ostschweizer Fachhochschule, hat in seiner Masterarbeit die Digitalisierungspotenziale für die professionelle Küche unter die Lupe genommen. Es gibt digitale Insellösungen für heutige Gastroküchen, aber kaum vernetzte Systeme.
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INNENARCHITEKTUR
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elchen Bezug haben Sie zur professionellen Küche? Zwar komme ich nicht aus der Gastronomiebranche, dennoch weist mein Berufsalltag einige Berührungspunkte mit der professionellen Küche auf. Seit einiger Zeit arbeite ich als Projektleiter im Bereich der Elektronikentwicklung in einer kleinen Firma. Unser Hauptprodukt sind Indukti onsgeneratoren für gewerbliche Kochfel der. Zudem entwickeln und verkaufen wir thermische Steuerungen für Koch-, Brat-, Frittier- und Warmhaltegeräte. Einer unserer Kunden – ein Hersteller von gewerblichen Kochgeräten – macht sich derzeit Gedan ken, seine Produktpalette den Ansprüchen an eine digitale und vernetzte Küche an zupassen. Er hat uns diesbezüglich um eine Einschätzung gebeten. Diese Heraus forderung nahm ich zum Anlass, meine Masterarbeit dem Thema «Digitalisie rungspotenziale für die professionelle Küche» zu widmen. Es gibt die Prognose, dass Profiküchen in naher Zukunft digitalisiert und vernetzt sein werden. Was hat es mit der sogenannten «Küche 4.0» auf sich? Die «Küche 4.0» ist eine Adaption der «In dustrie 4.0». Unter Letzterer versteht man, dass Maschinen, aber auch Maschinen und Menschen über das Internet of Things mit einander verbunden sind und kommunizie ren können. Diese vernetzten Objekte las sen sich dann beispielsweise als ganzes System virtuell abbilden und steuern. Da raus ergeben sich in der Industrie viele Chancen. Man kann beispielsweise individu eller, flexibler sowie effizienter produzieren, die Einsatzfähigkeit der Mitarbeitenden steigern und Geschäftsmodelle erweitern. Worin liegen die Chancen für die Küche? Im Zusammenhang mit der «Küche 4.0» sieht man den Vorteil der Digitalisierung und Vernetzung unter anderem darin, dass sich durch smarte Geräte Energie einsparen lässt. Als weiteres Potenzial gilt die automa tische Protokollierung der Hygienedaten. So überwacht die Spülmaschine zum Beispiel selbst, ob die Spültemperatur genügend hoch ist. Und der Kombisteamer ist in der Lage, die Kerntemperatur des Fleisches zu messen, sodass eine Gesundheitsgefähr dung ausgeschlossen werden kann. Die Hersteller betonen auch immer wieder, dass weniger Fachpersonal notwendig sei, weil sich Garmethoden und -abläufe auf dem Gerät vorprogrammieren lassen. So kann beispielsweise eine Hilfskraft einfach das
Gargut in den Kombidämpfer schieben und das entsprechende Programm starten, ohne die spezifischen Zeit- und Temperaturver läufe genau zu kennen. Ein namhafter Her steller von Kochsystemtechnik wirbt sogar damit, dass sich 90 Prozent aller globalen Rezepte allein mit einem intelligenten Kombi dämpfer und einer Multifunktionskipp-Brat pfanne herstellen lassen. Wie klar zeichnet sich die «Küche 4.0» jetzt schon ab? Es gibt einige Geräte, die digitalisiert sind. Die Schwierigkeit ist aber deren Vernet zung, die es für eine systemübergreifende Kommunikation und eine komplette Auto matisierung der Küche bräuchte. Denn der wahre Nutzen der Digitalisierung entsteht dann, wenn sich möglichst viele Geräte mit einander vernetzen und in ein Küchenleit system einbinden lassen. Ein solches Sys tem würde es erlauben, die Küche mit all ihren Objekten virtuell abzubilden – zum Beispiel über eine App auf dem Handy. Von dort könnte man sämtliche Funktionen überwachen und steuern.
«Ein solches System würde es erlauben, die Küche mit all ihren Objekten virtuell abzubilden.» Existieren solche Systeme noch nicht? Zwar bieten verschiedene Kochgeräteher steller entsprechende Lösungen an, doch diese sind weitgehend auf das eigene Produktsortiment sowie auf Produkte mit hohem Technisierungsgrad begrenzt – beispielsweise auf Kaffeemaschinen, Ge schirrspüler, Kombidämpfer oder Backstati onen. Für Geräte der klassischen Kochtech nik, dazu zählen Kochplatten, Fritteusen oder Wasserbäder, sind kaum vernetzbare Systeme auf dem Markt zu finden. Damit ein
Reto Keller, Absolvent des MAS in Business Administration
Küchenmonitoring-System attraktiv würde, müssten möglichst viele Geräte einer Küche unterschiedlicher Hersteller vernetzt werden können und mit einheitlichen Daten und Schnittstellen arbeiten. Im Jahr 2018 wurde erstmals durch einen Arbeitsausschuss für Grossküchengeräte eine Spezifikation, die Norm DIN SPEC 18898, verfasst. Diese legt eine Kommunikationsschnittstelle für ge werbliches Küchenequipment fest. Aller dings fällt auf, dass es sich bei den 16 auf geführten Gerätetypen vor allem um Geräte für die Zubereitung, die Nachbereitung und die Reinigung handelt. Über Systeme zur Vorbereitung wie Gemüsewaschmaschinen oder Kartoffelschälanlagen finden sich keine Schnittstellendefinitionen. Bei den Herstel lern, die bereits eigene Plattformlösungen anbieten, dürfte das Interesse, in einem sol chen Verbund mitzuwirken und ihre Geräte einer allgemeinen Norm anzupassen, ohne hin gering sein, weil sie dadurch ihre Mono polstellung in Gefahr sehen. Wie gross ist der Markt für digitalisierte und vernetzte Küchen? In der Realität zeigt sich ein eher ernüch terndes Bild. Ein Küchenplaner, den ich im Rahmen meiner Masterarbeit interviewt habe, hatte bisher noch keine einzige An frage, eine Küche zu digitalisieren. In der Schweiz scheint die «Küche 4.0» kaum ein Thema zu sein. In Deutschland, wo die Norm DIN SPEC 18898 ihren Ursprung hat, ist dies schon eher der Fall. Der Markt ist dort zwar auch nicht besonders gross, doch es gibt ein paar Prestigeprojekte. Das hängt wahrscheinlich damit zusam men, dass «Industrie 4.0» in unserem Nachbarland besonders stark propagiert und gefördert wird.
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Was halten Gastronominnen und Gast ronomen selbst von der «Küche 4.0»? Die Gastronomie ist in erster Linie auf preiswerte und robuste Küchengeräte mit langer Lebensdauer angewiesen. Die Be reitschaft, doppelt so viel auszugeben, weil das Gerät noch über eine Schnittstelle zum Auslesen von Daten verfügt, ist eher klein. Für viele stehen die Mehrkosten in keinem guten Verhältnis zum zusätzlichen Nutzen. Dazu kommt, dass die Komplexi tät bei der Bedienung digitaler Geräte zu nimmt. Gastronominnen und Gastromin nen möchten sich und ihre Mitarbeitenden nicht mit Technik überfordern, sondern ihre Zeit ins Kochen investieren. Das erklärt auch, warum bei vielen digitalen Geräten nicht das volle Potenzial ausgeschöpft wird. Darüber hinaus gibt es bei einer di gitalisierten und vernetzten Küche noch andere Nachteile: Sobald ein Gerät ans Internet of Things angeschlossen ist, kön nen theoretisch auch Hackerangriffe dar auf stattfinden. Ob Landgasthof, Selbstbedienungsrestaurant oder Kantine: Gastronomische Betriebe und ihre Küchen sind sehr unterschiedlich. Gibt es solche, bei denen sich Digitalisierung und Vernetzung eher lohnen als bei anderen? Bei Grossbetrieben lohnt es sich definitiv eher. So macht es beispielsweise bei der Backstation in einem grossen Hotel Sinn, wenn die Prozesse in den Öfen program mierbar sind, damit nicht rund um die Uhr ein Bäcker vor Ort sein muss, sondern auch das Servicepersonal Brot oder Crois sants fachgerecht aufbacken kann. Wenn es im Betrieb einen Küchenleiter gibt, der mehrheitlich im Büro am PC sitzt und ge wisse Abläufe von dort aus überwachen will, ist eine digitalisierte Küche ebenfalls nicht verkehrt. Wenig Nutzen bringt sie aber dort, wo verschiedene Arbeiten auf wenig Leute verteilt sind. Dort, wo der Chef meist selbst noch am Herd steht und die Lage überblickt, so wie es in vielen Res taurants der Fall ist. Personalgewinnung und Personalkosten gehören nachweislich zu den ausgeprägtesten Problemfeldern der Gastronomie. Inwiefern könnte man diesen mit einer digitalisierten Küche entgegenwirken? Personaleinsparungen sind ein häufig vor gebrachtes Argument in der Digitalisie rungswelt. Ich bezweifle aber, dass man dieses in jedem Fall auf die Gastrobranche
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anwenden kann. Hier muss man auch wie der unterscheiden: In einem Grossbetrieb mag es möglich sein, durch intelligente Geräte Fachkräfte vereinzelt zu kompen sieren. In kleineren Restaurants, die auf individuelles Handwerk setzen, braucht es weiterhin Köchinnen und Köche – nur schon, um die Speisen richtig abzuschme cken. Bei den Interviews, die ich im Rah men meiner Masterarbeit geführt habe, war auffallend, dass Personen mit starkem Praxisbezug zum Küchenumfeld die Digi talisierung nicht als Heilmittel zur Bekämp fung des Fachkräftemangels sehen. Über haupt zeigen sie sich der «Küche 4.0» gegenüber viel weniger euphorisch als Personen, die einen technischen Bezug zum Thema haben. Sie haben sich auch die Frage gestellt, welches betriebswirtschaftliche Potenzial die Digitalisierung der professionellen Küche für Küchenhersteller bietet. Zu welcher Erkenntnis sind Sie gekommen? Vor dem Hintergrund, dass automatisierte Prozesse praktisch nur in Grossküchen einen Nutzen bringen, ist das betriebswirt schaftliche Potenzial ernüchternd. Denn Grossküchen machen einen sehr geringen Teil unter den Gastronomiebetrieben aus. Es wäre also mit sehr kleinen Stückzahlen zu rechnen und diese müssten sich die Hersteller erst noch untereinander auftei len. Die Digitalisierung einzelner Geräte kann unter Umständen Sinn machen – ins besondere beim HACCP-Reporting, wozu beispielsweise die automatisierte Tempe raturüberwachung der Kühlgeräte zählt. Es lohnt sich jedoch kaum, die gesamte Produktpalette den Anforderungen der «Küche 4.0» anzupassen. Denn die Inves titionen wären enorm hoch, die Nachfrage aber sehr klein. Wie Sie in Ihrer Arbeit festhalten, könnten sich Hersteller von Küchengeräten, die sich bisher wenig mit Digitalisierung auseinandersetzten, gezwungen sehen, auf den Zug aufzuspringen. Sie haben deshalb Handlungsempfehlungen ausgearbeitet. Wie lassen sich diese zusammenfassen? Es sind drei Punkte, die ich empfehle. Erstens: Es gilt, keine neuen Probleme für die Gastronomiebetriebe zu schaffen. Diese Gefahr besteht, wenn die Hersteller in einen blinden Aktionismus verfallen und durch überstürzte Digitalisierungsversuche eine anfällige Technologie an ihre Kund
schaft weitergeben. Die zweite Empfeh lung: Wenn man Änderungen plant, dann besser in kleinen Schritten. Die gesamte Produktpalette anzupassen, ist mit einem sehr hohen Investitionsrisiko verbunden, zumal man sich immer auf einen Tech nologiewandel gefasst machen muss. Meine dritte Empfehlung, von proprietä ren Systemen abzusehen, richtet sich hauptsächlich an Hersteller, die noch keine Vernetzungslösungen anbieten. Denjenigen, die bereits mit eigenen Systemen am Markt präsent sind, lege ich nahe, den Schnittstellenstandard zu unterstützen. Dies aus dem Grund, dass für Kunden, die an einer «Küche 4.0» interessiert sind, herstellereigene Insel lösungen nicht ausreichen.
RETO KELLER ist Absolvent des MAS in Business Administration an der OST – Ostschweizer Fachhochschule. www.ost.ch/de
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Die analoge Küche braucht es weiterhin – beispielsweise beim Abschmecken.
Bei grossen Lösungen kann eine Digitalisierungsstrategie ihre Vorteile ausspielen.
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© Interface
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VIELSEITIGE UND NACHHALTIGE TEPPICHFLIESEN VON DER NATUR INSPIRIERTE FARBEN UND SANFTE BASISNOTEN von Lone K. Halvorsen
Teppichfliesen sind für viele eine beliebte Alternative zum häufig eingesetzten Teppichboden. Sie bieten Wärme und den Gehkomfort, den man von Teppichen erwartet, haben jedoch gleichzeitig den Vorteil, dass sie in verschiedenen Grössen, Mustern und Materialien miteinander kombiniert werden können.
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ei der neuen Teppichfliesenkollek tion «Woven Gradience» kombi niert das Unternehmen Interface von der Natur inspirierte Farben mit sanften, zurückhaltenden Grautönen. Der modu lare Bodenbelag ist so gestaltet, dass sich mit ihm einzigartige Verlegungen kre ieren lassen. Die Farbauswahl zeichnet sich durch ausdrucksstarke, aber auch matte Farbtöne aus, die in sanfte, ent spannende Grautöne übergehen, sodass
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Architekten und Designer spielend leicht Farbakzente in die Bodengestaltung in tegrieren können. Die Kollektion ist eine clevere neue Option für Büros, Hotels und Bildungseinrichtungen. «Das Team hat sich bei der Entwicklung von Woven Gra dience von der natürlichen Verschmel zung verschiedener Farben und Texturen aus der Natur inspirieren lassen», so Mandy Leeming, Design Director EAAA. «Die Kollektion feiert die Farbvielfalt, aber
auf eine Weise, die sich nahtlos in die Umgebung des Arbeitsplatzes einfügt. Indem wir strahlende, kräftige Naturtöne wie Rose, Emerald, Forest und Ocean sanft in neutrale Grautöne übergehen las sen, können wir einerseits visuell anre gende Bodendesigns schaffen, die mo dern und frisch wirken. Andererseits erzielen die Grautöne in der Kombination eine dezente Optik, die Ruhe und Zurück haltung ausstrahlt.»
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hinweg CO2-neutral. Die neue Kollektion ist mit der PVC- und bitumenfreien Rücken konstruktion CQuest™Bio ausgestattet, die biobasierte und recycelte Materialien ent hält. Bei einer Verlegung mit Teppichfliesen entsteht weniger Abfall als bei Teppich böden, denn einzelne Fliesen können aus getauscht werden. Sollte es zu Beschädi gungen kommen, ist es also nicht nötig, den gesamten Bodenbelag zu entfernen und zu entsorgen.
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Während bei Teppichen die verbesserte Färbetechnologie in vielen verschiedenen Designs angeboten werden kann, nutzen die Designer auch bei Teppichfliessen ihre Fantasie. In verschiedenen Grössen, For men und Farben wird es möglich gemacht, lebendige und dynamische Designs zu entwerfen. Diese sind für Anwendungsbe reiche geeignet, bei denen die Vielseitig keit gegenüber einem gewöhnlichen Tep pich bevorzugt wird. Zudem lassen sich die Teppichfliesen wunderbar kombinieren und zusammenfügen und ermöglichen so die kreative Verlegung jeder einzelnen Fliese. Es können gar unterschiedliche Verlegearten angewendet werden, um die gewünschte Optik zu erzielen. Die Kollek tion Woven Gradience umfasst zwölf Farb gebungen, die alle von Naturtönen inspi riert sind und auf verschiedene Weise verlegt werden können. Die acht kräftigen Farben sind Emerald, Ocean, Terracotta, Sunrise, Rose, Forest, Lagoon und Sage. Die Grautöne der Kollektion decken das gesamte Spektrum von Ink über Charcoal bis hin zu Stone und Pearl ab. Die kräfti gen Farben können in unterschiedlichen Varianten mit den Grautönen kombiniert werden, um abwechslungsreiche Farbver läufe zu schaffen. Lebendiges Rosa ver schmilzt mit wohltuenden Smaragdtönen und sattes Terrakotta geht harmonisch in beruhigendes Aqua über. Jeder Farbton ruht dabei auf sanften Grautönen. Der Ein satz verschiedener Farbgebungen, die in einanderlaufen, eignet sich unter anderem, um Laufwege oder Zonen mithilfe des Bo denbelags zu kreieren. Optisch abge grenzte Bereiche schaffen Struktur und geben dem Nutzer auch auf grösseren Flächen Orientierung. Damit bietet die Kol lektion einen kreativen, funktionalen An satz für Büroräume, ohne Kompromisse bei Qualität, Design oder Nachhaltigkeit einzugehen.
Die Kollektion Woven Gradience ist wie alle Bodenbeläge von Interface Teil des von Drittanbietern verifizierten Programms Carbon Neutral Floors™. Seit 1996 konnte das Unternehmen den CO2-Fussabdruck seiner Teppichfliesenprodukte um über 76 Prozent reduzieren. Bisher nicht vermeid bare Emissionen gleicht Interface aus, in dem der Hersteller Klimaschutzprojekte unterstützt. Dadurch sind die Produkte über ihren gesamten Produktlebenszyklus
Für den Einsatz in öffentlichen Räumen gibt es geeignete Lösungen. © Interface
PERFEKT KOMBINIERBARE FARBPALETTE
DIE NACHHALTIGKEITSMISSION Das global agierende Bodenbelagsunter nehmen Interface hat sich auf CO2-neut rale, textile, modulare und elastische Bo denbeläge spezialisiert. Gemeinsam mit den Kunden arbeitet es daran, Innenräume für höchste Ansprüche zu kreieren, die Wohlbefinden, Produktivität und Kreativität fördern und mehr Nachhaltigkeit schaffen.
Teppichfliesen sind langlebig und vielseitig.
Interface Schweiz GmbH | Bederstrasse 109 | CH-8002 Zürich | Tel.: +41 (0)44 913 68 00 | info-ch@interface.com | www.interface.com
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IKONISCHE FORMGEBUNG UND SCHLICHTE ELEGANZ INDIVIDUELLE BAD-LÖSUNGEN IN HÖCHSTER QUALITÄT von Lone K. Halvorsen
Das Badezimmer ist ein Ort der Ruhe, der Entspannung und des Komforts. Mit individuellen Lösungen soll ein eigener Charme vermittelt werden, bei dem nebst ansprechender Ästhetik ausgefeilte Funktionalität und beste Qualität überzeugen.
Inspiriert von japanischen Ritualen und deren Handwerkskunst.
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Waschtische mit sanften Konturen.
J
edes Badezimmer hat seinen eigenen Charme, der nach individuellen Lösun gen verlangt. Aus diesem Grund bietet das Unternehmen Duravit zahlreiche indi viduelle Einrichtungsmöglichkeiten für das Bad, sodass jeder seinen persönlichen Ein richtungsstil verwirklichen kann. Das Unter nehmen strebt danach, anspruchsvolle Äs thetik, Funktionalität und Nachhaltigkeit im Herstellungsprozess und beim Gebrauch der Badmöbel-Sets und Badkeramik den Bedürfnissen der Menschen anzupassen. Demzufolge kooperiert das Unternehmen auch weltweit mit renommierten Designer*innen, denn mit dieser Expertise und Kunstfertigkeit werden hier aussergewöhn liche Entwürfe hergestellt, die neuartige An sätze mit bewährten Gestaltungsmöglich keiten vereinen sowie zeitgleich individuell, geschmackvoll und exklusiv sind.
EINE HOMMAGE AN DIE TRADITIONELLE HANDWERKSKUNST Mit «Zencha» hat der angesehene Desig ner Sebastian Herkner – inspiriert von tra ditionellen japanischen Ritualen und deren Handwerkskunst – eine durchdachte Bad kollektion entworfen, die ungewöhnliche Aufsatzbecken mit puristischen Möbeln kombiniert. Auffälligstes Gestaltungsmerk mal von Becken und Badewanne ist die abgerundete Form, die in einem grazilen, weich nach aussen gewölbten Rand mün det. Die doppelwandigen Sanitärobjekte aus DuraCeram® und DuraSolid® treffen auf modulare, geometrische Badmöbel mit einem feinen Rahmen. Sie sind aus Mate rialien wie Holz und Strukturglas gefertigt, die neben viel Stauraum eine besondere
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und hochwertige Haptik bieten. «Ich hatte seit jeher den Wunsch, eine Bad-Serie für Duravit zu entwickeln», sagt der Offen bacher Designer. Damit reiht er sich ein in die Riege renommierter Designer*innen wie Philippe Starck und Cecilie Manz, die Kollektionen für den deutschen Hersteller entworfen haben. Ausgangspunkt für den Entwurf sind handgefertigte Teeschalen aus Keramik, die der Designer in Japan entdeckte. Ihre weichen, organischen Formen tauchen abstrahiert bei den Sanitärobjekten auf. Als bombierte Rechtecke gestaltet, wer den sie nach unten hin bauchig und laufen mit einem feinen Schwung nach oben aus. Ebenso sinnlich sind die verwendeten Materialien: Die Becken werden aus DuraCeram® und die Badewannen naht los aus DuraSolid® gefertigt – beide über zeugen mit angenehm warmer Haptik und hochwertiger matter Optik. Herausragen des gestalterisches Merkmal ist zudem ein feiner Rahmen von lediglich sechs Millime tern Stärke. Er bildet eine gleichmässige Schattenfuge, die das Möbel elegant und leicht wirken lässt. Die Möbel der Kollek tion sind modular aufgebaut und vielseitig einsetzbar – als offene Regale oder Schub laden mit Push-open- und Selbsteinzug stechnik. In Kombination mit dem Aufsatz becken werden sie zu einem formschönen Eyecatcher im Badezimmer.
EIN BADEZIMMER WIE EIN TAG AM STRAND Wie das unbeschwerte Gefühl eines Kurz urlaubs am Meer: Die neue Bad-Serie «Soleil by Starck» schafft mit ausgespro
chenen feinen Linien eine natürliche und ruhige Atmosphäre. Das kompakte Pro gramm aus Waschtischen, WCs und Ba dewannen erweitert die Gestaltungsmög lichkeiten im Bad um eine neue, von natürlicher Weichheit geprägte Option. Klar und zeitlos modern fügt sich das De sign von Philippe Starck flexibel in eine Vielzahl von Einrichtungsstilen ein. Bei den Waschtischen erinnert die Form des In nenbeckens an die Silhouette vom Wind geformter Dünen. Die sanften Konturen mit fliessenden Übergängen kreieren de zente Grosszügigkeit und sind zudem leicht zu reinigen. Dank des ausgewoge nen Verhältnisses von Beckengrösse, Ar maturenplattform und Ablagefläche erwei sen sich die Waschbecken als perfekte Alltagsbegleiter. Das Feingefühl in der Formgebung zeigt sich auch bei den WCs mit filigranem, leicht überstehendem De ckel, die sich unauffällig in den Raum in tegrieren. Dank Absenkautomatik schliesst der Deckel sanft und geräuschlos. Zudem ist er leicht zu greifen, ohne Sitz oder Ke ramik berühren zu müssen – ein essenzi eller Pluspunkt in Sachen Hygiene. Die formale Sanftheit und den leicht angedeu teten Aussenrand des Waschtisches hat Philippe Starck auch meisterhaft auf das Design der Badewanne übertragen. Bei den Einbauwannen mit eingeformter Ab lage für den Kopf sind mehrere Einsitzer sowie ein Zweisitzer-Modell in planungs freundlichen Abmessungen erhältlich, die optional mit Air-System ausgestattet wer den können. Die freistehende, ovale Wanne ist ein Highlight und die samtige Optik und Haptik setzen auch kleine Bäder perfekt in Szene.
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IKONISCHE FORMGEBUNG UND SCHLICHTE ELEGANZ Nach der erfolgreichen Einführung von «White Tulip» hat Philippe Starck mit «Tulum» seine zweite Armaturenserie für Duravit entworfen. Das monolithische, auf elementare Komponenten reduzierte De sign setzt gekonnt Akzente und zeigt sich enorm anpassungsfähig. Die ausgewo gene Komposition aus runden und ecki gen Formen schafft optische Klarheit. Die Armaturen fügen sich perfekt in unter schiedlichste Badinterieurs ein und passen zu den unterschiedlichsten Keramikserien. Zeitlosigkeit bedeutet für Philippe Starck, dass Objekte langlebig sind – auf materi eller, kultureller und emotionaler Ebene. Beim Entwurf von Tulum setzt er diesen Gedanken mit einer gelungenen Symbiose aus Purismus und Eleganz um. Die schlan ken, rechteckigen Geometrien von Auslauf und Griff verlaufen exakt parallel aus dem konischen Körper. Durch die Verbindung runder und eckiger Elemente passen die Armaturen zu runden, organisch geformten oder eckigen Sanitärkörpern. Der flache, hochwertig verarbeitete Auslauf ist exakt gleich breit wie der lange, elegante Hebel griff. Er verleiht der Armatur ihre edle Op tik und gewährleistet die einfache und prä zise Einstellung von Wassermenge und -temperatur. Ob in Chrom oder mit matt schwarzer Oberfläche, von den kompak ten Waschtischarmaturen für das kleine Gästebad bis hin zu extrahohen Modellen für die Kombination mit Waschschalen – Tulum by Starck bietet mit verschiedenen Höhen für Waschtischmischer die jeweils exakt passende Lösung. Haptisch wie op tisch vermittelt die Armaturenserie einen durablen Eindruck und überzeugt qualita tiv mit langlebigen Keramikkartuschen und perfekt verarbeiteten Oberflächen.
Puristische, modulare Stauraummöbel prägen die Atmosphäre.
Eine gelungene Symbiose aus Purismus und Eleganz.
Langer, elegant geformter Griff mit angenehmer Haptik.
Feine Linien und ruhige Optik sind stilprägend.
Duravit Schweiz AG | Bahnweg 4 | CH-5504 Othmarsingen | Tel.: +41 (0) 62 887 25 50 | www.duravit.ch
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© Frieder Kaiser, Stadtgärtnerei Basel.
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«Im Triangel» Erlenmatt wurde ein Teil des Hartbelags entsiegelt. So entstand ein wasserdurchlässiger Kiesplatz, auf dem in Zukunft 18 zusätzliche Bäume Schatten spenden.
HANDLUNGSBEDARF IST DA DIE SCHWAMMSTADT BASEL von Georg Lutz
Der Klimawandel ist Mitte Juli auch in Basel mit Händen zu greifen. Die Hitzewellen lähmen mit über 35 Grad das städtische Leben. Bislang waren die grossen Herausforderungen des Klimawandels weit weg und eher Theorie, jetzt sind sie praktisch zu spüren. Das Mikroklima der Städte befeuert diese Entwicklung. Der hohe Versiegelungsgrad, die geringe Vegetation, der beeinträchtigte Wasserhaushalt oder die Oberflächenvergrösserung durch die Gebäudedichte sind wichtige Stichworte. Es gilt den Kurs zu ändern. Der angestrebte Status einer Schwammstadt ist eine Lösung. Seite 58 // bauRUNDSCHAU
UMWELT & TECHNIK
A
uch in Basel sind die städtischen Wärmeinseleffekte der Klimaerwärmung deutlich vorhanden. Was kann man dagegen tun? Es gilt mehr Grün an Fassaden, auf dem Dach und an Parkplätzen zu organisieren. Luftkorri dore sollten in der Nacht für Kühlung sorgen. Wasser sollte weniger verdunsten. Dafür müssen aber die Böden in Teilen entsiegelt werden. Das Konzept der Schwammstadt in Basel ist ein Lösungsmodell – neben vielen anderen. Zunächst braucht es aber einen Überblick und strategische Fragestellungen und Konzepte, um zu Handlungsszenarien zu kommen.
KLIMAGERECHTE ENTWICKLUNG Das Stadtklimakonzept in Basel fokussiert auf eine klimaange passte Siedlungs-entwicklung, welche der zunehmenden Hit zebelastung entgegenwirkt und auch an sehr heissen Tagen eine gute Lebens- und Aufenthaltsqualität schafft. Weitere ne gative Auswirkungen des Klimawandels wie zunehmende Starkniederschläge und Trockenperioden werden bei Unterneh mensverantwortlichen, aber auch im Rahmen der kantonalen Behörden thematisiert. Ein Ergebnis im Kanton Basel ist das Stadtklimakonzept. Es wirkt als neues planerisches Instrument der politisch Verantwortlichen. Zunächst geht es, im Rahmen der kantonalen Verwaltung, um konsolidierte Strategie- und Handlungsanweisungen. Diese wur den und werden vom Regierungsrat genehmigt und haben so mit behördenverbindlichen Charakter. Gegenüber privaten Grundeigentümern und Grundeigentümerinnen dient es als Be ratungsgrundlage. Die strategischen Aussagen und die darauf aufbauenden Handlungsfelder fokussieren auf den Zeitraum bis 2030.
DER SCHWAMM UND SEIN PRINZIP Ein wichtiger Baustein der klimaangepassten Siedlungsentwick lung ist dabei das Schwammstadt-Prinzip. Basel will Schwamm stadt werden und damit einen wichtigen Beitrag zur Reduktion der Hitze in der Stadt und zum Umgang mit Starkregen leisten. Mit dem Schwammstadt-Prinzip kann Regenwasser im Boden wie in einem Schwamm verstärkt gespeichert werden und via Stadtgrün verdunsten. VoltaNord ist das erste Areal, das nach dem Schwammstadt-Prinzip entwickelt werden soll.
VIELSEITIGE ZUTRITTSLÖSUNGEN ––– FÜR JEDEN ZUTRITTSPUNKT Vielfältige Beschläge, Schlösser, Zylinder und Wandleser für Türen aller Art sowie Aufzüge, Zufahrten, Tore, Möbel u.v.m.
––– FÜR MASSGESCHNEIDERTE SYSTEME Flexible Kombination von virtueller Vernetzung, Funkvernetzung, Mobile Access, Online- und Cloud-Systemen.
––– FÜR EFFIZIENTEN BETRIEB
Optimierte digitale Prozesse durch Integration mit Drittsystemen sowie Einbindung in die vorhandene IT- und Systemlandschaft.
Das Schwammstadt-Prinzip schliesst den Regenwasserkreis lauf im Freiraum. Es ist ein wichtiger Baustein auf Basels Weg hin zu einer noch stärker begrünten, klimaangepassten Stadt, so wie es das Stadtklimakonzept vorsieht. Der Abfluss von Re genwasser in die Kanalisation soll reduziert, seine Verweildauer im städtischen Raum erhöht und seine Verdunstung mittels Ve getation gefördert werden. Mit der Schwammstadt kommt das Regenwasser direkt den Bäumen zugute, statt ungenutzt in die Kanalisation zu fliessen. So steht den Stadtbäumen an ihren meist trockenen Standorten mehr Wasser zur Verfügung. In der Folge entwickeln sie sich gesünder und überstehen trockene Sommer besser. Ein vitaler Baumbestand verdunstet mehr Wasser und kühlt so das Stadtklima. Gleichzeitig wird die Kanali sation entlastet und die Gefahr von Überflutungen aufgrund zunehmender Starkregenereignisse reduziert. SALTO Systems AG www.saltosystems.ch
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UMWELT & TECHNIK
Das Schwammstadt-Prinzip erfordert eine entsprechende Infrastruktur, die das Bau- und Verkehrsdepartement bei an stehenden Bauprojekten, wenn immer möglich, mitplant. Wesentliche Elemente der Schwammstadt sind zum Beispiel wasserdurchlässige Oberflächen, offene Rinnen oder sogenannte bepflanzte Re tentionsmulden. Retentionsmulden sind modellierte Grünflächen, in die das Re genwasser von Hartflächen eingeleitet, gestaut und anschliessend von der Ve getation verdunstet wird. Überschüssiges Wasser wird durch eine Bodenpassage gereinigt und versickert in den Unter grund, wo es das lokale Grundwasser anreichert. Durch all diese Massnahmen bleibt das Regenwasser im natürlichen Kreislauf und als wertvolle Ressource im Naturhaushalt erhalten.
DAS BEISPIEL VOLTANORD Nebst baulichen Massnahmen wie auf dem Areal VoltaNord wird das Prinzip Schwammstadt auch mit fortschrittlichen Planungsinstrumenten und Richtlinien so wie Forschungsprojekten gefördert, bei spielsweise durch die Stadtgärtnerei. Die
INTERVIEW MIT ESTHER KELLER
Esther Keller ist seit 2021 Regierungsrätin und Vorsteherin des Bau- und Verkehrsdepartements des Kantons Basel-Stadt.
Stadtgärtnerei betreibt momentan eine Forschungsanlage in der Baumschule in Arlesheim. Zusammen mit der ZHAW Zür cher Hochschule für Angewandte Wissen schaften prüft sie den unterschiedlichen Einsatz von Pflanzenkohle in Baumsubstrat und misst deren Einfluss auf die Baument wicklung. Pflanzenkohle ist in der Lage, grosse Mengen an pflanzenverfügbarem Wasser und Nährstoffen zu speichern. Erste aussagekräftige Resultate erwartet die Stadtgärtnerei Ende 2022.
Die klassisch versiegelten Böden und rein begradigte Flüsse befeuern den Klimawandel – auch in Basel.
Ein Schwamm saugt Flüssigkeit auf. Wie soll dies in Basel funktionieren? Unser Schwamm ist der Boden. Das wertvolle Regenwasser soll, wenn immer möglich, nicht ungenutzt in die Kanalisation fliessen, sondern dem städ tischen Freiraum erhalten bleiben. We sentliche Elemente der Schwammstadt sind wasserdurchlässige Oberflächen, offene Rinnen, Teiche oder auch unter irdische Zisternen. Und wie sehen die Ziele dabei aus? Im Kampf gegen die immer höheren Tem peraturen durch den Klimawandel ist das Schwammstadt-Prinzip ein wichtiger Bau stein. Es sorgt dafür, dass den Stadtbäu men mehr Wasser zur Verfügung steht. Ein vitaler Baumbestand wiederum verdunstet mehr Wasser und kühlt so die Luft. Können Sie uns zwei, drei Projekte ver raten, die im Rahmen des Schwammstadt-Prinzips in Basel realisiert werden? VoltaNord ist das erste Areal in Basel, auf dem wir das Prinzip Schwammstadt umsetzen werden, konkret auf dem Lysbüchelplatz und im Saint-Louis-Park sowie in den anschliessenden Quartier strassen. Besteht hier nicht die Gefahr von Rebound-Effekten? Es gibt auf der Mikro-Ebene spannende Projekte, die aber dann auf einer Makro-Ebene, hier beispielsweise durch Versie gelung, konterkariert werden. Diese Effekte beobachten wir selbst verständlich. Mit dem Stadtklimakon zept, das von der Regierung jüngst beschlossen wurde, haben wir aber ein klares Bekenntnis abgegeben: Wir wollen die Stadt entsiegeln und begrünen. Das Schwammstadt-Prinzip ist ein wichti ger Schritt hin zu diesem Ziel. Es wertet den Stadtraum auf, kommt so der Bevöl kerung zugute und führt zu wesentlich tieferen Kosten bei der Abwasserinfra struktur.
GEORG LUTZ ist Chefredaktor von bauRUNDSCHAU. Das alte Basel bietet grüne Vorbilder – die Umgebung der St.-Jakobs-Kirche in Basel.
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www.bvd.bs.ch
UMWELT & TECHNIK
Hoval HomeVent® ER
2021
Das Komfortlüftungssystem. Einzigartig bei Leistung und Installation.
GOLD AWARD
Hoval | Verantwortung für Energie und Umwelt
Die kompakte Hoval HomeVent® ER setzt neue Massstäbe bei Komfortlüftungen. Mit einer Leistung von 400 m3 pro Stunde, maximaler Flexibilität beim Einbau sowie dank Isi-System und wärmegedämmten EPP-Rohren mit einer schnellen und sicheren Installation. Mehr erfahren: www.hoval.ch/homevent-er
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© Humberg GmbH, FH Münster
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Bäume leisten durch Beschattung und Verdunstung einen wichtigen Beitrag zu einem angenehmen Stadtklima. Das Team um Prof. Dr. Helmut Grüning forscht zu Baumrigolensystemen.
WAS TUN BEI TROCKENHEIT? TIPPS FÜR WASSERVERSORGER Interview mit Prof. Dr. Grüning von Georg Lutz
Zu wenig Niederschläge und viele Wochen gar keine – Natur und Mensch leiden unter der Trockenheit. Prof. Dr. Helmut Grüning forscht im Bereich Stadthydrologie und Wasserversorgung. Er erklärt im folgenden Interview, wie wir aktuell und zukünftig mit diesen Folgen des Klimawandels umgehen sollten.
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aben wir eigentlich auf diesem Planeten nicht genug Wasser? Grundsätzlich geht Wasser weltweit nicht verloren: Bäche und Flüsse führen das Wasser in die Meere, dort verdunstet es und trifft als Niederschlag wieder auf Landflächen. Aber die Niederschläge ver teilen sich zunehmend anders. In Deutsch
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land haben wir Jahresniederschläge zwi schen 400 bis 1800 Millimeter pro Jahr. Eine generelle Wasserknappheit liegt nicht vor. Doch klimatische Veränderungen füh ren nicht nur zu lokalen Problemen, son dern sind eine globale Herausforderung, die uns alle betreffen: Wir erleben eine Zu nahme ausgeprägter Hitze- und Trocken
phasen, auch in Europa, die durch extreme Niederschlagsereignisse unterbrochen werden. Wie hängt beides zusammen? Der Starkregen führt zu Überflutungen. Zudem fliesst das Wasser rasch über die Oberfläche und die Gewässer ab und
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reichert nicht den Boden mit Wasser an. Im Boden selbst unterscheiden wir unter anderem zwischen pflanzenverfügbarem Wasser im Oberbodenbereich und dem Grundwasser, aus dem wir zu über 60 Prozent in Deutschland das Trinkwasser gewinnen. Diese Grundwasserkörper lie gen etwa 100 Meter tief und benötigen zur Anreicherung langanhaltenden Regen. Die Regeneration des Grundwassers er folgt üblicherweise im Winterhalbjahr. Folgen mehrere niederschlagsarme Jahre, sinkt der Grundwasserspiegel und wir haben ein Versorgungsproblem. Die ausgeprägte Hitze führt dazu, dass oberflächennahes Wasser verdunstet und ein Dürreproblem folgt. Wir beob achten darüber hinaus eine Zunahme niederschlagsarmer Monate im Frühjahr, gerade dann, wenn die Pflanzen das Wasser zu Beginn der Vegetationsperi ode benötigen.
© FH Münster / Frederik Tebbe
Was muss sich aus Ihrer Sicht im Bereich der Wasserversorgung ändern? Der anthropogene Klimawandel ist leider nicht mehr aufzuhalten. Wir können den Prozess nur dämpfen und uns auf die Fol gen einstellen. Einfach tiefere Brunnen zu bohren, reicht nicht aus. Die Wasserver sorgung muss sich breiter aufstellen. Dazu kann die Vernetzung unterschiedli cher Versorgungsbereiche gehören, so dass ein Ausgleich zwischen Gebieten mit Wasserüberschuss und Mangelge bieten erfolgen kann. Weiterhin sollte Wasser durch unterschiedliche Arten ge wonnen werden. In Münster wird bei spielsweise Grundwasser gewonnen,
aber auch Wasser aus dem DortmundEms-Kanal entnommen. Das ist übrigens in erster Linie Flusswasser und kann gut aufbereitet werden. In Teilen Deutsch lands und der Schweiz tragen Talsperren dazu bei, dass Wasser auch im Sommer verfügbar ist. In der Wasserversorgung gibt es eine wichtige Regel: nie mehr ent nehmen, als nachkommt. Wenn der Re gen ausbleibt, muss künftig also gespart werden. Ein Thema kann auch die Nut zung von behandeltem Abwasser für Be wässerungszecke sein.
«Wir müssen eine blaugrüne Infrastruktur entwickeln.» Wie müssen wir mit den Herausforderungen in unseren Städten umgehen? Im urbanen Raum müssen wir massiv um denken. Wasser muss unmittelbar in der Stadt versickern und verdunsten. Wir müssen eine blau-grüne Infrastruktur ent wickeln. Wasser trägt durch die Verduns tung zur Kühlung bei. Gerade Stadt bäume leisten durch Beschattung und Verdunstung einen wichtigen Beitrag zu einem angenehmen Stadtklima. Hier for schen wir an Baumrigolensystemen, um
die Vegetation mit dem dort gespeicher ten Regenwasser zu bewässern und durch dezentrale Rückhaltesysteme das Überflutungsrisiko zu begrenzen. Ideal wären kleine Parks und Seen im Abstand von einigen Hundert Metern, die durch entsprechend angeordnete Strassen eine Durchlüftung ermöglichen. Damit können wir die Folgen von Hitze und Trockenheit mildern. Was muss passieren, damit die aktuellen Probleme nicht auch zukünftig unser Leben beherrschen? Das mag hart klingen, aber wir müssen Verzicht üben und ausserdem durch in telligente Lösungen auf die Herausfor derungen reagieren. Dazu zählt in erster Linie die Reduktion des CO2-Ausstosses. Die elf global wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnung Ende des 19. Jahrhunderts liegen innerhalb der vergangenen 20 Jahre. Das sind keine natürlichen Klimaschwankungen. Wir müssen zudem bedenken, dass soge nanntes virtuelles Wasser in jedem Stück Fleisch und in jedem T-Shirt enthalten ist. Das bedeutet, wir nutzen damit auch Wasser in Ländern der Erde mit extre mem Wassermangel. Was können Privathaushalte tun, um beim Wassersparen effizienter zu sein? Der private Wasserbedarf pro Person ist in Deutschland in den letzten Jahren we niger geworden und pendelt sich derzeit auf etwa 120 Liter pro Einwohner und Tag ein. Das Wasser ist, wie gesagt, grund sätzlich ja auch vorhanden. Aber wenn es im Sommer knapp wird, müssen wir uns einschränken. Ein Rasensprenger verteilt in der Stunde etwa 700 Liter Wasser. Wenn jeder Liter zählt, dann hilft natürlich auch der Verzicht. Kein Auto waschen, kürzer duschen und ein Pool in jedem Garten muss vielleicht auch nicht sein. Wobei es mir schwer fällt, gerade Kindern den Badespass zu nehmen.
PROF. DR. HELMUT GRÜNING lehrt Wasserversorgung und Entwässe rungstechnik am Fachbereich Energie – Gebäude – Umwelt und forscht im Technikum für Hydraulik und Stadt hydrologie auf dem Steinfurter Campus. www.fh-muenster.de
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© INTILION GmbH
Stresstest für die Batterie – der Propagationstest.
RISIKO STROMSPEICHER WIE MAN GROSSBRÄNDE UND EXPLOSIONEN VERHINDERN KANN von Iris Krampitz
Mit Batteriespeichern kann man überschüssigen Sonnenstrom zwischenspeichern, erhöhte Bedarfe decken, den Eigenverbrauch erhöhen, Lastspitzen kappen und bei einem Blackout Ersatzstrom bekommen. Im Zeichen der Energiewende sind sie ein wichtiges Modul. Es gibt aber Gefahren, die zu lösen sind.
L
ithiumbatterien, die nach europäi schen Standards entwickelt wurden, sind eigensicher, beinhalten aber u.a. wegen ihrer leicht brennbaren Bestandteile Restrisiken für einen Brand. Der Energie speicherexperte INTILION hat ein Konzept entwickelt, mit dem Risiken frühzeitig er kannt und Brände zuverlässig verhindert werden. Lithium-Ionen-Akkus haben im Unter schied zu Bleiakkumulatoren eine sehr hohe Energiedichte, weshalb sie häufig für stationäre Energiespeichersysteme eingesetzt werden. Die Hersteller setzen beim Zellmaterial in der Regel entweder auf das thermisch etwas stabilere LithiumEisenphosphat oder auf Zellen aus Lithium-Nickel-Mangan-Kobalt (NMC), die eine noch höhere Energiedichte ha ben. Beide Zelltechnologien können sich jedoch bei hohen Temperaturen zersetzen, weil dann die Schichtstruktur der Metall oxide zusammenbricht. Dabei werden hohe Energiemengen frei und es kommt zu einem sogenannten thermischen Durchgehen (thermal runaway). Durch die dadurch entstehende Hitze verdampft
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das flüssige Elektrolyt, wodurch leicht ent zündliche Gase entstehen. Wenn sich diese Gase entzünden, brennt die Zelle. Weil dieser Prozess sich selbst verstärkt, ist er nur sehr schwer zu stoppen. Bei ei nem Brand kann sich das Feuer innerhalb der Batterie von Zelle zu Zelle ausbreiten. Schon die Überhitzung einer einzelnen Zelle birgt die Gefahr, dass diese und be nachbarte Zellen in Brand geraten, was zu einer Kettenreaktion führen kann, die den gesamten Lithium-Ionen-Speicher betrifft. Im schlimmsten Fall wird ein Grossbrand ausgelöst. Um sich davor zu schützen, sollte man sich mit den Überwachungsund Brandschutzkonzepten der Strom speicheranbieter befassen.
AKKUS ÜBERWACHEN Speichersysteme sollten mit einem Batte riemanagementsystem ausgestattet sein, das den aktuellen europäischen Standards entspricht. Es sollte sicherstellen, dass alle Batteriezellen in einem definierten, sicheren Betriebsbereich arbeiten beziehungsweise die Batterie automatisch abgeschaltet wird, wenn sie diesen Bereich verlässt. So lassen sich grössere Schäden vermeiden.
RICHTLINIEN EINHALTEN Für den Batteriespeicher sollten nur hoch wertige Zellen verbaut werden, deren Si cherheit regelmässig überprüft wird. Sys teme, die die Anwendungsregel VDE-AR-E 2510-50 erfüllen, sind ein Garant für eine hohe Systemsicherheit während des ge samten Lebenszyklus, denn die Anwen dungsregel schreibt vor, dass im Falle eines thermischen Durchgehens einer Zelle keine Propagation auf weitere Module erfolgen darf. Zudem darf es auch ausserhalb des Batteriemoduls nicht zu einem Brand oder einer Explosion kommen und herumflie gende Teile sind zu vermeiden.
MECHANISCH SCHÜTZEN Durch seinen speziellen, rein mechani schen Aufbau erfüllt das neue Brand schutzgehäuse INTILION I FLEPS des Energiespeicherexperten INTILION zuver lässig sämtliche Sicherheitsanforderungen. Weil INTILION bei dieser Lösung jedes ein zelne Batteriemodul mechanisch durch ein Brandschutzgehäuse schützt, gelingt es dem Unternehmen, sicher und zuverlässig zu verhindern, dass sich ein Zellbrand auf das Gesamtsystem auswirkt.
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Explosionen noch Grossbrände verursa chen, weil der Brand stets auf das Modul begrenzt wird, in dem er entstanden ist. Dabei kommt das System ähnlich wie eine Schmelzsicherung vollständig ohne Elekt ronik aus, ist vollkommen wartungsfrei und funktioniert unabhängig von Stromquellen, was die Ausfallsicherheit maximiert.
BRÄNDE EINGRENZEN Spezielle Luftkanäle verhindern das Entste hen zündfähiger Gemische. Funkenlösch kammern sorgen dafür, dass sich keine of fenen Flammen bilden können. Auch unbemerkte Montage- oder Transportschä den oder zellinterne Kurzschlüsse können dank des mechanischen Schutzes weder
Das integrierte Batteriemanagementsys tem überwacht die Batterie kontinuierlich über ihre gesamte Lebensdauer. Beim Verlassen des definierten Betriebsfens ters reagiert das Batteriemanagement system sofort und kühlt die Zellen oder schaltet sie ab. Eine überlagerte System steuerung sorgt mit Thermomanagement, Fernüberwachung und einer Plausibili tätskontrolle für zusätzliche Sicherheit, so dass die Energiespeichersysteme stets im optimalen Betriebsbereich arbeiten.
wasser oder Grundwasser mit giftigen Elektrolyten kontaminiert werden kann. Optional bietet INTILION die Lösung mit einem Gasfiltersystem an, das potenziell auftretende Gase neutralisiert.
GEPRÜFT UND ZERTIFIZIERT Die Performance sämtlicher Kompo nenten überprüft INTILION regelmässig in den firmeneigenen Laboren und Test centern. Dabei wird jede Komponente sowohl für sich allein als auch auf Systemebene untersucht. Ausserdem arb eitet INTILION aktuell mit anerkannten externen Prüfinstituten daran, diese Sicherheitskriterien nachzuweisen und zu zertifizieren.
IRIS KRAMPITZ
GEWÄSSER SCHÜTZEN
ist Geschäftsführerin von Krampitz Communications.
Weil man die benachbarten Module nicht mit Löschwasser kühlen muss, lässt sich mit dem Gehäuse verhindern, dass Ab
www.intilion.com www.pr-krampitz.de
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NEW WORK – ARBEITSWELT DER ZUKUNFT Die Corona-Pandemie ist zu Ende – Zeit für eine neue Ära nach Covid-19 und eine neue Normalität. Einige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wünschen sich nichts sehnlicher als eine Normalisierung ihres Arbeitsalltags und den Schritt zurück an den Arbeitsplatz, andere bevorzugen weiterhin das Arbeiten in den eigenen vier Wänden. Der Zeitpunkt ist gekommen, die Weichen für die Zukunft zu stellen und die Vorstellung einer neuen Zukunft in aktives Handeln umzuwandeln. Doch wie sieht der Arbeitsplatz der Zukunft aus? Seite 66 // bauRUNDSCHAU
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C
ovid-19 hat die Wichtigkeit der In formations- und Kommunikations technologie aufgezeigt und der digitalen Transformation einen Schub verliehen. Während mehrerer Lockdowns mussten Mitarbeitende ihre Tätigkeiten virtuell erledigen, sich remote mit Team kollegen austauschen und Geschäftster mine online wahrnehmen. In unglaub licher Geschwindigkeit wurden digitale Lösungen für die Erledigung der Aufga ben gefunden und erfolgreich umgesetzt, zeitgleich wurden jedoch auch Grenzen erkannt – nicht nur von technologischer, sondern auch von soziokultureller Seite. In einem digitalen Raum fallen das physi sche Miteinander, die Gespräche an der Kaffeemaschine, der Schwatz im Fahr stuhl oder der Austausch am Mittagstisch weg, was im Umkehrschluss negative Auswirkungen auf die soziale Neugier, das Hervorbringen neuer kreativer Ideen und Innovationen und die Stärkung sozi aler Bindungen hat. Obwohl die Flexibilität, die wegfallende Reisezeit, die Kosten- und Zeitersparnis, das Gefühl einer optimalen Work-Life-Ba lance sowie die höhere Produktivität zu den Vorzügen der Telearbeit gehören, müssen die Wünsche aller berücksichtigt werden. Es gilt nun, die Mitarbeitenden für mehrwertschaffende kreative Tätigkeiten und den sozialen Austausch wieder phy sisch am Arbeitsplatz zusammenzu bringen, diesen für individuelle Aufgaben jedoch die Flexibilität der Telearbeit zu er möglichen. Dieser Spagat muss in jedem Unternehmen erreicht werden, damit der Mehrwert des Arbeitsplatzes und die Vor züge des Homeoffice optimal kombiniert werden können. Dabei ist von zentraler Wichtigkeit, dass Teams (virtuell wie real) optimal miteinander harmonieren und Rol len sowie Aufgaben entsprechend definiert und weiterentwickelt werden. Die Mitar beitenden müssen, unabhängig von ihrem Arbeitsort, mit ins Boot geholt und in sämt liche Prozesse miteinbezogen werden. Im Zentrum jedes unternehmerischen Wan dels stehen somit der Mensch und die Mitarbeiterzufriedenheit.
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Erfahrungen zu vermitteln und einen qua litativ hochwertigen Wissenstransfer zu gewährleisten, arbeitet das iimt eng mit Partnern und Experten aus der Industrie und international renommierten Hoch schulen, Firmen und Verbänden zusam men. Studierende haben somit die Gele genheit, sich mit Businessexperten weltweit zu vernetzen und das persönliche inter nationale Netzwerk an wichtigen Kontak ten zu erweitern. Investieren Sie noch heute in Ihre Zu kunft. Wir beraten Sie gerne und würden uns freuen, Sie am iimt begrüssen zu dürfen.
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KLEINER PELLETOFEN MIT GROSSEM POTENZIAL INTERNATIONALES FORSCHUNGSPROJEKT DER FACHHOCHSCHULE NORDWESTSCHWEIZ von Dr. Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)
Holzheizungen ermöglichen die Erzeugung von Wärmeenergie aus einem nachwachsenden und damit CO2-neutralen Rohstoff, der in der Schweiz reichlich vorhanden ist. Ein verbreiteter Brennstoff von Holzheizungen sind Pellets. Werden Pelletöfen für die Beheizung einzelner Räume in gut wärmegedämmten Neubauten eingesetzt, sind sie heute für ihren Zweck oft überdimensioniert. Ein internationales Forschungsprojekt mit Beteiligung der Fachhochschule Nordwestschweiz hat vor diesem Hintergrund einen klein dimensionierten Pelletofen entwickelt. Innovative Ofentechnik kombiniert mit fortschrittlicher Regelstrategie führt zu hohem Wirkungsgrad und tiefen Emissionen.
Energie kompakt: ein Lager mit Holzpellets.
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© B. Vogel
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Nach Auskunft der Statistik von Holzenergie Schweiz waren Ende 2020 gut 11’000 Pelletöfen im Einsatz. Grafik: B. Vogel
P
ellets sind handlich und lassen sich automatisiert verfeuern. Die Holz presslinge kommen in Kraftwerken und industriellen Feuerungsanlagen ebenso zum Einsatz wie im Wohnbereich. Hier produzieren Pelletkessel in Zentral heizungen Heizwärme und Warmwasser, oder Pelletöfen werden – im kleineren Massstab – für die Beheizung von einzel nen oder mehreren Räumen eingesetzt, dies in der Regel ergänzend zu einer Hei zung, die die Grundwärme im Gebäude bereitstellt. Rund 11’000 Pelletöfen für die Beheizung von Einzelräumen sind landes weit im Einsatz (Stand Ende 2020). Pelletkessel und -öfen haben in Österreich, aber auch in (Süd-)Deutschland in den letzten 20 Jahren starke Verbreitung ge funden. Holzöfen hätten in der Schweiz noch ein grosses, bislang ungenutztes Potenzial, sagt Tom Strebel. Der gelernte Maschinenbauer hat bei Alstom in der Entwicklung von Gasturbinen gearbeitet und ist heute wissenschaftlicher Mitarbei ter am Institut für Biomasse und Ressour ceneffizienz (IBRE) der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Windisch (AG). Am IBRE wurden im letzten Jahr zehnt Kompetenzen im Bereich Holzfeu erungen aufgebaut. Hier wird zudem die
einzige Schweizer Prüfstelle für Holz feuerungen betrieben.
KLEINOFEN FÜR GUT ISOLIERTE NEUBAUTEN Pelletöfen für die Beheizung von Einzel räumen haben heute typischerweise Leis tungen von acht bis zehn Kilowatt. So lassen sich Räume schnell beheizen. Ist die Wärme einmal da, können die Öfen bis auf 40 Prozent ihrer Nennleistung heruntergefahren werden. Sie stellen dann Wärme im Umfang von drei bis vier Kilowatt bereit. Mit dieser Leistung seien die Holzöfen für moderne, gut isolierte Wohngebäude allerdings überdimensio niert, sagt Tom Strebel. Diese Beobach tung gab den Anstoss für die Entwicklung eines klein dimensionierten Pelletofens (eines sogenannten Mikro-Pelletkamin ofens) mit einer Nennleistung von vier Kilowatt, die sich bis auf 1.3 Kilowatt reduzieren lässt. Die Entwicklung des Pelletofens fand in einer internationalen Partnerschaft unter dem Dach des europäischen Forschungsund Entwicklungsprogramms «ERA-NET Bioenergy» statt: Die BIOS Bioenergie systeme GmbH (Graz/Österreich) sorgte gemeinsam mit der RIKA Innovative Ofen
technik GmbH (Micheldorf/Österreich) für die Entwicklung und Konzeption des neuen Mikro-Pelletkaminofens, wobei BIOS die Koordination des Projekts oblag. Die LAMTEC Mess- und Regeltechnik für Feuerungen GmbH & Co. KG (Walldorf / Deutschland) steuerte Sensoren für die Messung von Kohlenmonoxid (CO) bei. Ein Team aus Forscherinnen und For schern der FHNW schliesslich kümmerte sich um die Entwicklung einer innovativen Regelung. Dieses Teilprojekt wurde vom BFE finanziell unterstützt.
HOHER WIRKUNGSGRAD Die neue Regelung in Kombination mit der optimierten Mikro-Kaminofentech nologie soll sicherstellen, dass der Pel letofen im Dauerbetrieb mit einem maxi malen Wirkungsgrad arbeitet, und dies ohne Anstieg der CO- und FeinstaubEmissionen. Für die neue Regelung wurde der Pelletofen mit einem CO- und einem Temperatursensor ausgerüstet. Diese messen beim Austritt des Abga ses aus der Brennkammer dessen COGehalt und Temperatur. Kennt man diese Werte, lässt sich der Ofen stets am op timalen Betriebspunkt halten, indem man der Brennkammer mehr oder weniger Luft zuführt.
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Die Forschenden der FHNW haben die neu entwickelte Regelstrategie an zwei Prototypen des Ofens erfolgreich getestet. In Versuchen wurde ein Wirkungsgrad von 93 Prozent bei Nennlast und bis zu 97 Pro zent bei Teillast erzielt. «Das sind sehr gute Werte, die mehrere Prozentpunkte über dem liegen, was bisherige Pelletöfen er zielen», sagt Tom Strebel. Während die Forschenden auf einen hohen Wirkungs grad hinarbeiteten, mussten sie dafür sor gen, dass die Abgastemperatur nicht zu weit abfiel, um eine unerwünschte Kon densation (Flüssigkeitsbildung) im Abgas zu vermeiden. Dafür waren beim Bau des Ofens spezielle konstruktive Massnahmen (Verzicht auf Wärmetauscherrippen, zu sätzliche Isolation) erforderlich.
DIGITALER ZWILLING DES PELLETOFENS
Auch wenn der neue Mikro-Pelletkamino fen noch Zukunftsmusik ist, werten die Forschenden der FHNW das Forschungs projekt als Erfolg. Sie konnten die neue Regelstrategie in relativ kurzer Zeit entwi ckeln, weil sie am Computer einen «digi talen Zwilling» des Pelletofens entworfen haben. Gemeint ist damit ein Modell, das den Verbrennungsprozess des realen Ofens realitätsgetreu abbildet. Dank des Modells lassen sich unterschiedliche Re gelstrategien testen – und dies viel schnel ler als bei der Durchführung realer Tests. Verantwortlich für die Erstellung des Modells war Daniel Lustenberger, der an der Eidgenössischen Technischen Hoch schule Zürich Maschinenbau studiert hat. Er arbeitet unterdessen als wissenschaft licher Assistent an der Fachhochschule in Windisch.
BIOENERGIE VORANBRINGEN «Das Modell stärkt die Kompetenz unse res Instituts im Bereich der Holzheizungen und lässt sich auf andere Verbrennungs systeme adaptieren», sagt Lustenberger. Die Forscherinnen und Forscher der FHNW wollen ihr Know-how in weitere Pro
© BFE-Schlussbericht
Der Mikro-Pelletkaminofen liegt als Proto typ vor. Mit 66 Milligramm pro Normkubik meter (m3N) CO wird der Jahresgrenzwert der EU-Ökodesign-Richtlinie (300 mg / m3N) deutlich unterschritten. Auch die EU-Grenzwerte für Feinstaub (20 mg / m3N bezogen auf 13 Prozent Restsauerstoffgehalt) werden mit 3.1 mg / m3N klar eingehalten. Bis zu einem kommerziellen Produkt ist noch ein mehrjähriger Indust rialisierungsprozess erforderlich. Soll in ei nem neuen Ofen die Regelungsstrategie
der FHNW zum Einsatz kommen, muss der CO-Sensor weiterentwickelt werden. Er muss insbesondere kleiner und billiger gebaut werden können.
Zusammenhang zwischen Luftmenge und CO-Emissionen.
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jekte zur Fortentwicklung der Bioenergie einbringen. Um dies tun zu können, ist bereits ein Folgeprojekt angedacht, an dem auch Schweizer Hersteller von Holz heizkesseln teilnehmen sollen.
MAXIMALER WIRKUNGSGRAD DANK EINSATZ VON CO- UND TEMPERATURSENSOR Die Forschenden der FHNW verfolgten das Ziel, einen von BIOS und RIKA entwickelten Mikro-Pelletkaminofen mit einem hohen Wir kungsgrad und tiefen CO-Emissionen zu betreiben. Der Ausstoss von CO (Kohlen monoxid) ist abhängig davon, wie viel Luft dem Verbrennungsprozess zur Verfügung steht (siehe Grafik unten): Wird zu wenig Luft zugeführt (entspricht wenig Restsauerstoff im Abgas), herrscht in der Brennkammer ein Sauerstoffmangel, was hohe CO-Emissio nen zur Folge hat. Zu hohen CO-Emissionen kommt es hingegen auch bei einer übermä ssigen Luftzufuhr (entspricht viel Restsauer stoff im Abgas), denn damit herrscht in der Brennkammer eine zu tiefe Temperatur, was die vollständige Umwandlung (Oxidation) von CO in CO2 verhindert. Wird die Luftzufuhr richtig dosiert, sind die CO-Emissionen tief. Ein hoher Wirkungsgrad liegt vor, wenn ein maximaler Anteil der in den Pellets enthal tenen Energie in Heizwärme umgesetzt wird. Um dies zu erreichen, müssen die
Die an der FHNW neu entwickelte Rege lung zielt darauf ab, während des kontinu ierlichen Betriebs jeweils den maximalen Wirkungsgrad zu finden (ohne dabei den Grenzwert für die CO-Emissionen zu über schreiten). Um dieses Ziel zu erreichen, vermindert die Regelung die Luftzufuhr (und damit den Restsauerstoff) bis an den Punkt, an dem die CO-Emissionen wegen Sauerstoffarmut zu steigen beginnen. Da mit dies gelingt, wird der CO-Gehalt im Abgas ständig mit einem Sensor ermittelt. «Durch die direkte Messung der CO-Emis sion im Abgas kann sichergestellt werden, dass der Pelletofen immer am optimalen Betriebspunkt arbeitet», schreiben die For schenden im BFE-Schlussbericht. Im Ge gensatz zu bisherigen Regelungen über einen fest eingestellten Temperaturwert arbeitet die neue Regelung ohne Vorgabe eines fixen Betriebspunkts.
Das Team aus Forschenden der FHNW hat mit zwei Prototypen von Pelletöfen gearbeitet. Mit dem ersten wurde das Konzept erprobt, während der zweite (Bild) in seiner Konstruktionsweise schon auf eine spätere Serienfertigung ausgerichtet ist.
© FHNW
Es ist nicht möglich, die Luftzufuhr aus schliesslich auf Basis der gemessenen CO-Emissionen zu regeln, da sich die CO-Emissionen über einen relativ weiten Bereich des Restsauerstoff-Gehalts nicht ändern (siehe Grafik 01). Damit über die Luftzufuhr ein optimierter Wirkungsgrad erreicht werden kann, kommt daher neben dem CO-Sensor zusätzlich ein Tempera tursensor zum Einsatz. Temperatursenso ren werden heute schon standardmässig in Pelletöfen verwendet.
Ziel ist, Wärmeverluste im Abgas zu minimieren. © FHNW
Verluste minimiert werden (siehe Grafik rechts). Der wichtigste Verlust ist der Ab gas-Wärmestrom, also die Wärme, die mit den Abgasen durch den Kamin in die Um gebung entweicht. Um diese Verluste möglichst gering zu halten, muss der Luft überschuss (Restsauerstoff) im Abgas möglichst gering gehalten werden.
© BFE-Schlussbericht
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Blick in den Speicher, aus dem der Ofen mit Pellets versorgt wird.
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EVU STELLEN SICH DER DIGITALISIERUNG ONLINE-BERATUNGSTOOL «DIGITAL4EVU» DER FACHHOCHSCHULE NORDWESTSCHWEIZ von Dr. Benedikt Vogel, im Auftrag des Bundesamts für Energie (BFE)
© EWA-energieUri
Digitale Technologien durchdringen mehr und mehr unseren Alltag. Das spüren auch die rund 600 Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EVU) der Schweiz. Bei ihnen berührt die Digitalisierung strategische und operative Fragen, betroffen sind alle Geschäftsbereiche von der Produktion bis zur Kundenbetreuung. Die Fachhochschule Nordwestschweiz hat mit Unterstützung des Bundesamts für Energie (BFE) einen digitalen Berater für EVU entwickelt. Er hilft den Stromversorgern, ihren Digitalisierungsgrad mit einem beschränkten finanziellen und zeitlichen Aufwand zu erheben und Prioritäten bei der Anwendung digitaler Technologien zu setzen.
Das Wasserkraftwerk Bürglen – mit 25 Megawatt das leistungsstärkste Kraftwerk der EWA-energieUri AG – versorgt über 22’000 Haushalte mit «URstrom».
D
er Kanton Uri zählt gut 36’000 Ein wohnerinnen und Einwohner sowie zahlreiche Industrie-, Gewerbeund Dienstleistungsbetriebe. Die meisten von ihnen werden von der EWA-energie Uri AG (Altdorf) mit Strom («URstrom») beliefert. Der Urner Energiedienstleister gehört mit 360 Mitarbeiterinnen und Mit
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arbeitern zu den mittelgrossen Stromver sorgern der Schweiz. «Wir befassen uns seit mehreren Jahren mit der Digitalisie rung und haben hierfür auch eine spezifi sche Digitalisierungsstrategie entwickelt», sagt Werner Jauch, Vorsitzender der Ge schäftsleitung der EWA-energieUri AG. Das Unternehmen hat dafür auch die Ex
pertise externer Expertinnen und Exper ten genutzt und verschiedene Branchen vergleiche (Benchmarks) durchg eführt. «Die Umsetzung der Digitalisierungs strategie ist ein langfristig angelegter Pro zess, da sind Benchmark-Vergleiche und Einschätzungen von aussen stets willkom men», sagt Jauch.
Beispielhaftes Auswertungsergebnis des Online-Beratungstools für das (fiktive) Energieversorgungsunternehmen «Tiefenau»: Die Darstellung zeigt, ob die Direktionsmitglieder den aktuellen Handlungsbedarf für die Digitalisierung ihres Unternehmens in den Bereichen Kooperation, Marktwachstum und Innovation als «hoch» (rot), «mittel» (gelb) oder «tief» (grün) einschätzen. Screenshot: FHNW
Beispielhaftes Auswertungsergebnis des Online-Beratungstools für das (fiktive) Energieversorgungsunternehmen «Tiefenau»: Es werden die Einschätzungen von drei Mitarbeitenden der Abteilung Netze des EVU Tiefenau im Vergleich angezeigt, nämlich bezogen auf den Handlungsbedarf («hoch», «mittel» oder «tief») für die Digitalisierung des Unternehmens. Diese Darstellung ermöglicht, Transparenz zu schaffen bezüglich der Frage, wo die einzelnen Mitarbeitenden im Unternehmen Optimierungspotenzial sehen und wo zwischen ihnen Abweichungen bestehen. Nur der sogenannte Firmenadministrator, welcher im Unternehmen verantwortlich für die Digitalisierung ist, sieht dieses Auswertungsergebnis, nicht aber die einzelnen Mitarbeitenden. Screenshot: FHNW
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BERATUNGSTOOL DER FHNW Diesem Zweck dient seit Neuestem auch ein Online-Beratungstool mit dem Namen «Digital4EVU», das die Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) mit Unterstüt zung des Bundesamts für Energie ent wickelt hat. «Mit dem Online-Beratungs tool geben wir den KMU im Energiesektor ein Instrument an die Hand, mit dem sie schnell und mit überschaubarem Aufwand wissen, wo sie bei der Digitalisierung stehen und wie sie gezielt Massnahmen ergreifen können», sagt Stella Gatziu Grivas, die seit 2007 als Professorin an der Hochschule für Wirtschaft der FHNW forscht und lehrt. Als Expertin für digitale Transforma tion hat sie das Beratungstool gemeinsam mit einem Team der FHNW entwickelt. «Digital4EVU» nutzt eine webbasierte Plattform von «abiliCor», einem FHNWSpin-off, an dessen Gründung Gatziu Grivas 2017 beteiligt war. «Digital4EVU» ist so konzipiert, dass Un ternehmen es im ersten Schritt ohne fremde Hilfe nutzen können: Nachdem sich ein EVU bei dem Portal angemeldet
hat, werden mehrere Unternehmensver treter mit unterschiedlichen Verantwort lichkeiten eingeladen, einen Online-Fra gebogen auszufüllen. Insgesamt 52 Fragen decken 15 für die digitale Trans formation relevante Bereiche ab, grup piert um die Schwerpunkte Kundenbe ziehung, Geschäftsmodell, operatives Management und Organisation. Haupt ziel ist, den Ist-Zustand der Digitalisie rung zu erfassen, dies unter Berücksich tigung der verschiedenen Perspektiven der teilnehmenden Unternehmensvertre ter. Liegen die Antworten vor, werden diese durch «Digital4EVU» automatisch ausgewertet und die Analyseergebnisse auf dem Dashboard angezeigt (und da bei auch die Antworten der Unterneh mensvertreter einander gegenüberge stellt). Die EVU bekommen dabei Informationen zu Stand und Handlungs bedarf bezüglich Digitalisierung. Dieses Ergebnis ist die Grundlage, auf der das EVU in einem zweiten Schritt unter Bei zug eines / einer branchenkundigen Be raters / Beraterin gezielt Massnahmen diskutiert und umsetzt.
ERFAHRUNGEN AUS ANDEREN BRANCHEN Nachdem das Pilotprojekt abgeschlossen ist, steht «Digital4EVU» nach Auskunft von Stella Gatziu Grivas für den kommerziellen Einsatz bereit. Mit dem Beratungstool könnten Unternehmen Digitalisierungs schritte innerhalb weniger Wochen planen und angehen. Aufgrund der automatisier ten Datenerhebung und -auswertung sei die Dienstleistung günstiger als klassische Beratungsangebote, verspricht Gatziu Grivas. Das Online-Beratungstool war im Rah men eines Innotourprojekts des Staats sekretariats für Wirtschaft (SECO) zusam men mit der FHNW für die Hotellerie entwickelt worden. Seit 2019 wurde es in mehreren Branchen in Pilots getestet und im Rahmen von Beratungspaketen ange boten. Alle Beratungswerkzeuge sind ähnlich aufgebaut, haben jedoch bran chenspezifische Ausprägungen. Neben Hotelleriesuisse und dem Schweizeri schen Baumeisterverband setzt auch EXPERTsuisse, der Verband für Wirt
Beispielhaftes Auswertungsergebnis des Online-Beratungstools für das (fiktive) Energieversorgungsunternehmen «Tiefenau»: Auf der linken Seite ist zu sehen, wie die Unternehmensvertreterinnen und -vertreter den Stand der Digitalisierung im Bereich Netze für vier Dimensionen einschätzen. Die Grafik rechts zeigt, wie ausgeprägt die Digitalisierung im Bereich Netze gemäss Unternehmensstrategie (grün) beziehungsweise gemäss Expertenmeinung (hellblau) sein sollte. Diese Darstellung ermöglicht die Gegenüberstellung von interner und externer Sicht. Sie kann Änderungen in Bereichen anregen, die man als Unternehmen nicht im Blick hatte. Screenshot: FHNW
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© B. Vogel
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Stella Gatziu Grivas ist seit 2007 Professorin für Wirtschaftsinformatik an der FachhochschuleNordwestschweiz (FHNW). Sie hat das Online-Beratungstool für Energieversorgungsunternehmen zur Unterstützung des digitalen Wandels mit einem FHNW-Team entworfen
schaftsprüfung, Steuern und Treuhand, auf das Beratungstool. Seit 2019 nahmen rund 40 Firmen das Angebot in Anspruch. «Das Tool ermöglicht den Unternehmens vertretern, niederschwellig zu erfahren, welche Facetten das Thema der digitalen Transformation umfasst und worin die grössten Herausforderungen für das ei gene Unternehmen liegen», sagt Luzia Hafen, verantwortlich für Business-Trans formation bei EXPERTsuisse.
NÜTZLICH UND BEDIENUNGSFREUNDLICH Künftig soll das Beratungsangebot nun auch Energieversorgern zur Verfügung stehen. Die EWA-energieUri-Gruppe war eines von fünf Unternehmen, die «Digital4EVU» in den letzten Monaten im Rahmen eines Pilots nutzten und auf seine Praxistauglichkeit testeten. Dies geschah anlässlich von zwei Workshops mit Projektteam und Unternehmens vertretern. Bei dem Pilot habe sich das Digitalisierungswerkzeug als nützlich und soweit bedienungsfreundlich erwiesen, sagt Werner Jauch, CEO der EWAenergieUri AG. «Das Beratungstool hat uns bestätigt, dass wir in unserer früher erarbeiteten Digitalisierungsstrategie alle relevanten Handlungsfelder adressiert und teilweise bereits umgesetzt haben, und es hat uns weitere interessante Anregungen gegeben.»
Dazu gehören laut Jauch zum Beispiel neue Ansätze zur Kundeninteraktion mit tels einer stärkeren Beachtung des Com munity-Gedankens. Das heisst praktisch etwa, Prosumer – also Kunden, die selbst auch Strom produzieren – mit speziellen digitalen Angeboten als eigene Gruppe anzusprechen. Die Auseinandersetzung mit «Digital4EVU» gab den Verantwort lichen des Energiedienstleisters Anstösse, die digitalen Meldeprozesse mit Kunden beteiligung kontinuierlich weiterzuent wickeln. «Die Diskussion hat uns auch auf gezeigt, dass wir schon gut unterwegs sind und viel umgesetzt haben, dass wir aber bei unseren Digitalisierungsbestre bungen den Schlitten nicht überladen dür fen, da wir letztlich nur begrenzte Ressour cen haben», sagt Jauch.
VERBESSERUNGEN AUS DER PILOTANWENDUNG Nützlich war diese Pilotanwendung auch für das Projektteam. Dank der Rückmel dungen von EWA-energieUri konnte das Team nochmals an den Fragen des Be ratungstools feilen, damit diese richtig verstanden werden und zielgenaue Ant worten erlauben. Ein anderes Feedback war, dass die Auswertung des Tools nicht in jedem Fall selbsterklärend war. Hier streben die Projektverantwortlichen weitere Optimierungen an: Ein Chatbot, der gegenwärtig entwickelt wird,
soll die Auswertungsergebnisse zusätz lich erläutern. Wie das Online-Beratungstool «Digital4EVU» von den Elektrizitätsversorgern ange nommen wird, wird sich zeigen. Eine Anwendung mag darin bestehen, eine schnelle Rückmeldung zum Stand der Digitalisierung im eigenen Unternehmen zu bekommen. Die Erfahrung zeigt je doch, dass das Thema Digitalisierung vielschichtig ist, sodass mit einigen Klicks auf einem Online-Tool noch nicht viel gewonnen ist, und Digitalisierung vielmehr eine vertiefte Beschäftigung er fordert. «Digital4EVU» kann diese ver tiefte Beschäftigung nicht ersetzen, EVU aber bei einer intensiven Auseinander setzung mit dem Thema Digitalisierung begleiten.
HINWEIS Auskünfte zum Projekt erteilt Annina Faes (annina.faes@bfe.admin.ch), Leiterin des BFE-Programms Wissensund Technologietransfer. Weitere Fachbeiträge aus dem Bereich Wissens- und Technologie transfer finden Sie unter www.bfe.admin.ch/ec-ewg.
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ÜBER DEN WOLKEN KOMFORTABLE RAUMAUTOMATIONSSTEUERUNG von Georg Lutz
Das Hochhaus ONE FORTY WEST im Frankfurter Senckenberg-Quartier bietet einige wegweisende Lösungen. Zu einem komfortablen Wohn- und Aufenthaltserlebnis der Bewohner und Hotelgäste trägt in der neuen Vorzeigeimmobilie der Mainmetropole unter anderem eine hochwertige Gebäudeautomation bei, die cloudbasierte App-Lösung ermöglicht eine komfortable Raumautomationssteuerung im neuen Hybridhochhaus. Die mobile Building-Services-App bietet eine standortunabhängige Kontrolle und Bedienung.
Der Begriff hybride Stadtentwicklung bekommt neue Dimensionen.
A
uf einer Bruttogrundfläche von circa 57’500 Quadratmetern und einer Höhe von 140 Metern bietet das exklusive Hybridhochhaus, das nach den Plänen des Frankfurter Architekturbüros cma cyrus moser architekten gebaut wurde, eine heterogene Nutzungsmi schung aus Premium-Eigentumswohnun gen sowie einem Hotel. Bereits ab Som mer 2021 konnten im Vier-Sterne-PlusHotel der Marke Meliá, das in den Etagen eins bis 23 untergebracht ist, Zimmer ge bucht werden. Die Eigentumswohnungen in den Etagen 24 bis 40 waren im Herbst 2021 bezugsfertig. Die T-Rex Grundstücks
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entwicklungs GmbH & Co. KG achtete als Bauherrin bereits in der frühen Planungs phase auf eine optimale Koordination der Schnittstellen zwischen den einzelnen technischen Gewerken. Die Gebäudeau tomationsexperten von SAUTER wurden daher zur Funktionalitätssicherstellung der Liegenschaft in der Ausführungsplanung in das Team der Bauherrin berufen.
KERNPUNKT DER FUNKTIONALITÄT Durch den Trend hin zu hochtechnisierten und smarten Gebäuden gewinnt die ein wandfreie Funktionalität der Gebäudeau
tomation bereits in der frühen Planungs phase an Bedeutung. Somit rücken die Gebäudeautomation und ihre Integration in die übrigen technischen Gewerke in den Fokus der Planer, um frühzeitig geeignete Schnittstellen festzulegen. SAUTER stellte daher bereits in der Leistungsphase fünf der Planung des ONE FORTY WEST einen Mitarbeiter für das Team der T-Rex Grund stücksentwicklungs GmbH & Co. KG ab. Die Ergebnisse der Planungsrunden hielt SAUTER in einem funktionalen Leistungs buch (FLB) fest, welches bereits während der Ausführung die Funktionalität des Ge bäudes beschrieb. Im Betrieb stellt es nun
für den Facility-Management-Dienstleister das grundlegende Informationswerkzeug zur gesamten Gebäudefunktionalität dar.
HYBRIDNUTZUNG ERMÖGLICHEN Für die optimale Anlagenautomation im Gebäude installierte SAUTER 4700 Daten punkte sowie 130 M-Bus-Zähler und 100 Modbus-Datenpunkte. SAUTER zeichnet für die Programmierung der Funktionalität der mittels DALI gesteuerten Beleuchtung verantwortlich, wobei Hotelzimmer und Flure unabhängig voneinander sind. Die Eigentums- und Mietwohnungen sind für
FIRMENPORTRAIT SAUTER Deutschland ist mit insgesamt 34 Büros in ganz Deutschland vertreten und erwirtschaftete 2021 einen Jahresumsatz von 291 Millionen Euro. Die SauterCumulus GmbH entwickelt und fertigt Produkte, die im Raum- und Gebäude management zum Einsatz kommen. Dazu zählen beispielsweise Automations- und Raumautomationssysteme sowie Sensoren und Aktoren für die gesamte HLKund Raumautomationstechnik, die als Einzelkomponenten oder im Systemverbund sowohl in Neubauten als auch im Rahmen von Modernisierungsmassnahmen eingesetzt werden. Ergänzt werden die Produkte durch spezielle Softwarelösungen. Die Sauter FM GmbH, ein Schwesterunternehmen der Sauter-Cumulus GmbH, hat sich auf Dienstleistungen im Bereich Facility Management spezialisiert. Dazu gehören die Wartung und Instandsetzung jeglicher technischer Gewerke einer Immobilie ebenso wie der reibungslose und energieeffiziente Betrieb der Objekte. Das Unternehmen beschäftigt in Deutschland 1405 Mitarbeiter.
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ONE FORTY WEST / © Commerz Real AG (Visualisierung: EVE images)
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die Regelung von Raumtemperatur, Lüf tung und Sonnenschutz in jeder Elektroun terverteilung mit SAUTER-ecos504-I/OModulen und KNX-Schnittstellen ausge rüstet. Die individuelle Steuerung erfolgt über Touch-Raumbediengeräte und eine cloudbasierte App-Lösung.
SMART LIVING Um dem exklusiven Charakter des gesam ten Gebäudes gerecht zu werden, kommt die cloudbasierte SAUTER-Bedienlösung Mobile Building Services zum Einsatz. Die Konnektivität des Systems wurde bereits bei der Planung berücksichtigt, sodass spätere Änderungen im bestehenden Automationssystem vermieden werden. In der aktuellen Nutzungsphase werden die Bewohner durch die SAUTER-App bei spielsweise über Temperatur, Sonnen schutzsteuerung und Beleuchtung infor miert. Zukünftig ist eine Erweiterung des SaaS via Cloud geplant. Die grundsätzli che Freigabe der Nutzungsrechte erfolgt über den FM-Dienstleister, darüber hinaus können die Bewohner individuelle Zugriffs rechte für die Steuerung von Licht, Tem peratur oder Ventilation vergeben. Da durch ist das gesamte Gebäude für weitere Digitalisierungsentwicklungen in der Zu kunft gerüstet.
Das ONE FORTY WEST steht im Frankfurter Senckenberg-Quartier. ONE FORTY WEST / © Commerz Real AG (Visualisierung: EVE images)
ONE FORTY WEST / © Commerz Real AG (Visualisierung: EVE images)
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Die Regelung von Raumtemperatur, Lüftung und Sonnenschutz erfolgt über SAUTERecos504-I/O-Module und KNX-Schnittstellen.
GEORG LUTZ ist Chefredaktor von bauRUNDSCHAU.
Das komfortable Wohn- und Aufenthaltserlebnis braucht eine hochwertige und moderne Gebäudeautomation.
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www.sauter-cumulus.de
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Garagentor-Systeme und Türen Objekttüren und Zargen Industrietor-Systeme Verlade- und Logistiksysteme
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EINE NEUE KULTUR DIE ENERGIEWENDE GESTALTEN Interview mit David Emin und Dr. Klaus Wersching von Georg Lutz
Bei Schneider Electric geht es auf den ersten Blick um Themen wie elektrische Energie verteilung und industrielle Automation. Dazu braucht es Produkte wie Schaltanlagen, Schalter, Steuerung und Messtechnik. Auf den zweiten Blick steht aber nun das Big Picture der Energiewende im Fokus. Aus diesem Grund geht es im folgenden Interview um die Wandlungen der Energienetze und deren zukünftige Herausforderungen, das Ziel der Dekarbonisierung und damit zusammenhängende Strategien, sowie ganz praktische Projekte, wie jenes von Microgrids.
Transparenz und dezentrale Lösungen heissen die wichtigen Schlagworte.
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nergienetze und Energiewirtschaft waren früher überschaubar aufgestellt. Wenige Oligopole bestimmten mit grossen Kraftwerken den Markt. Kann man das so zusammenfassen? Dr. Klaus Wersching: Es gab einerseits die Bewegung in Richtung Zentralisie rung. Das war beispielsweise bei gro ssen Kraftwerkblöcken so, egal ob das über Atom oder Kohle lief. Auf der ande ren Seite gab es auf der Netzseite, da muss ich Sie korrigieren, immer schon eine Vielzahl von kleinen Energievertei lungsunternehmen. Dabei habe ich die drei Länder Österreich, Schweiz und Deutschland im Blick. Sie sprechen jetzt die Stadtwerke an? Genau. Es war schon immer ein Bestreben der Lokalpolitik, mitbestimmen zu können, wie und wo Netze ausgebaut werden. Das bildet auch heute die praktische Situation ab. So haben wir in Deutschland mehr als 900 Energieversorger. In der Schweiz sind es knapp 340 Versorger. Jetzt haben wir die klassische Situation skizziert. Was hat sich dann verändert? Vor gut 30 Jahren begannen Bürgerinitia tiven und andere lokale Akteure, auch ein zelne Unternehmerpersönlichkeiten, auf regenerative Energien zu setzen. Diese waren schon von ihrer Philosophie her klar auf dezentrale Strukturen ausgerichtet.
Aber das betraf doch zunächst nur wenige Nischenmärkte? Ja, das war in den 80er-Jahren so. Dann gab es aber in den 90er-Jahren und spä testens mit Einführung des «ErneuerbareEnergien-Gesetzes» (EEG) in den 2000ern
Dr. Klaus Wersching
einen Schub bei Wind- und Sonnenenergie. Und schnell gesellten sich die OffshoreWindparks in der Nordsee dazu – mit star ker Entwicklung bis heute. Auch in der Schweiz gab es in diesem Zeitrahmen ver schiedene Fördertöpfe und es gab regio nal beeindruckende Lösungen … … womit wir schon bei der ersten Herausforderung sind: den Flaschenhälsen, sprich den fehlenden Trassen, die Strom beispielsweise in Deutschland vom Norden in den Süden transportieren. Ja, das ist eine riesige Herausforderung. Wir haben in Deutschland im Süden grosse Städte und Industrien, die energiehungrig sind. Demgegenüber gibt es neu zuge baute Energiekapazitäten im Norden, vor allem die Windenergie. Es braucht zuver lässige Übertragungsnetze, um nur mit geringen Verlusten den Strom von Nord nach Süd zu bringen. Sind bei regenerativen Energien, wenn wir die Kundenseite anschauen, nicht dezentrale Lösungen spannend? Hier sind doch innovative Sharingmodelle möglich, beispielsweise durch gemeinsame Nutzung von Photovoltaikanlagen oder Speicher. Wie sehen Sie die Potenziale? Das zentrale Stichwort heisst hier Micro grids. Wir haben in Berlin im EUREF-Cam pus, einem klimafreundlichen Zukunftsort mit Modellcharakter, eine Art Pilotanlage auf gebaut. Schneider Electric ist Ankermieter im EUREF-Campus, der seit 2014 die CO2Ziele der Bundesregierung für 2045 erfüllt. Dabei handelt es sich um ein Areal mit gemeinsamem Stromverbrauch und Strom erzeugung. Dazu kommen Speicher-
David Emin
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kapazitäten und Lasten, die man steuern und temporär verschieben kann. Der hohe Digitalisierungsgrad des Geländes bietet ein hochmodernes Arbeitsumfeld für über 150 ansässige Firmen und Start-ups, welche zu Zukunftsthemen rund um die Energiewende forschen. Ich bin überzeugt, dass dies ein interessanter Ansatz ist – ganz gleich, ob es um Industrieanlagen, Häfen, Flughäfen oder einen Unicampus geht. Da liesse sich viel bewegen und es ist noch verdammt viel Luft nach oben da. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Kom bination aus lokaler Erzeugung, Energie speicherung und Energieverbrauch redu ziert die Gefahr von Ausfällen und führt zu einer besseren Energiebilanz. Wie sieht Ihre Rolle hier aus? Wir entwickeln und produzieren Produkte und Lösungen, die die Energieverteilung auf dem Areal ermöglichen. Es braucht aber auch Sichtbarkeit. Gefragt ist ein transparentes Energiemanagementsys tem. Wir integrieren Echtzeitdaten und Datenanalytik in unser umfassendes, skalierbares Managementsystem für die Microgrids. Unsere offenen Lösungen können hierbei sowohl an neue wie auch bestehende Systeme von Schneider Electric oder von Fremdanbietern ange bunden werden. Es geht dabei um praktische Fragen, wie etwa den idealen Zeitpunkt zur Speicheraufladung, oder die Nutzung sonnenreicher Stunden, im Rahmen der Produktionsprozesse. Auf diese Weise lassen sich besonders wirtschaftliche Lösungen realisieren. Welche Software setzen Sie dabei ein? EcoStruxure Microgrid Advisor ist bei spielsweise eine cloudbasierte, bedarfs orientierte Energiemanagement-Soft wareplattform, die den DistributedEnergy-Resources (DER)-Betrieb er fasst, prognostiziert und automatisch optimiert. Die Lösung ermöglicht die dynamische Steuerung von Energie ressourcen vor Ort. Die Software kann direkt mit den dezentralen Energiequel len des Kunden verbunden werden, um automatisiert zu optimieren, wie und wann Energie verbraucht, erzeugt und gespeichert werden soll. Mithilfe der webbasierten Benutzeroberfläche kön nen so die erzielten Einsparungen, Er träge und reduzierten CO2-Emissionen jederzeit beobachtet werden.
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Software- braucht Hardwarelösungen. Wie sieht diese bei Ihnen aus? EcoStruxure Microgrid Operation ist eine Steuerungslösung für Microgrids, die auf einem Microgrid-Controller und einem lo kalen Bediensystem basiert. Es fördert die Nutzung erneuerbarer Energien und orga nisiert automatisch die Aktivitäten des In selbetriebs, bei ungewöhnlichen Netzbe dingungen. Vernetzte Feldgeräte auf der unteren Ebene unserer offenen, interope rablen und IoT-fähigen EcoStruxure-Sys temarchitektur schaffen die transparente Datenbasis, um diese ungewöhnlichen Netzbedingungen zu erkennen.
«Jetzt sind unsere Kunden hellwach und setzen sich an die Spitze der Veränderung.» In welchen Formen kann die Digitalisierung helfen? Das Thema Sichtbarkeit haben wir schon angesprochen. Man kann nur etwas mes sen oder Effizienzen verbessern, wenn man sie visualisiert und dann analysiert. Auf diese Weise lassen sich wesentliche Fragen beantworten, beispielsweise wel ches die grössten Energietreiber sind. Das haben wir bei uns selbst, im Sachsen werk von Schneider Electric in Regens burg, umgesetzt. So konnten auch wir die grossen Energiefresser lokalisieren und dafür energieärmere Lösungen finden. Ein Beispiel: Das Thema Licht wurde als grosser Verbraucher identifiziert. Das Er gebnis: Im Sachsenwerk wird bereits heute CO2-neutral produziert – dank umfassender Digitalisierungsmassnahmen, Analysetools und nicht zuletzt eines intelligenten Ener giemanagements. Dieses hilft hier ohne Frage, nachhaltiger zu agieren. Wie werden sich die Trends in den nächsten Jahren entwickeln? Es gibt ein klares Ziel für die Hersteller und Betreiber von Industrieanlagen: die dras tische Verminderung des CO2-Fussab
drucks. Wir verfolgen selbst eine ambitio nierte Nachhaltigkeitsagenda und gehen mit gutem Beispiel voran. Derzeit betrei ben wir 51 CO2-freie Standorte weltweit. Bis 2025 werden es 150 sein – ein Drittel ist also erreicht. In den letzten Jahren hat uns die Rebound-Problematik immer wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht. Am Beispiel der Automob ilbranche kann man dies plastisch aufzeigen. Wir verfügen zwar über immer effizientere Motoren, die auch weniger Schadstoffe produzieren, aber durch die erhöhte Stückzahl verlieren diese Effekte an Wirkung. Wir sprechen ja von dem Ziel, CO2-neutral zu produzieren – oder noch besser mit Netto-Null-CO2-Emissionen in der Wert schöpfungskette und bei Produkten. Da spielt dann auch die Stückzahl nicht mehr diese Rolle. Aber das heisst, von einer Effizienz- zu einer Suffizienz-Strategie zu kommen, die beispielsweise mehr Verfahren der Kreislaufwirtschaft beinhaltet. Hier schaffen wir Transparenz und setzen Zeichen. Wir wollen bis 2025 weltweit kli maneutral und bis 2030 auch mit einem kompromisslosen Verzicht auf Kompen sationsmodelle arbeiten. Die weiteren ehr geizigen Zielsetzungen sind kohlenstoff neutrale Wertschöpfungsketten und Produkte bis 2040 und schliesslich eine Netto-Null-Lieferkette bis 2050. Das ist sportlich und der Ablasshandel der Kompensationsmodelle wird vermieden. Ja, sehr sportlich. Es gilt hier, an sehr vie len Stellschrauben zu drehen. Ziehen Ihre Kunden an diesem Punkt mit Ihnen an einem Strang? David Emin: Es hat bei den Kunden zu nächst länger gedauert, die Abwehrhaltung war spürbar. Aber später ist der Knoten geplatzt. Zunächst hiess es: Solch eine Software brauchen wir nicht, ebenso wenig benötigen wir motorisierte Schaltanlagen oder Fernsteuerung von der Zentrale aus. Und was hat sich verändert? Erstaunlicherweise kommen heute die gleichen Unternehmensverantwortlichen auf uns zu und verlangen ohne grosse Rücksprache digitale Lösungen für ihre Produkte und Netze, um dadurch auch
© schneider electric
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Die SF6-freie Mittelspannungsanlage SM AirSeT macht die Energieverteilung umweltfreundlicher.
Energie zu sparen. Unsere Kunden waren lange konservativ, sie befanden sich im Verharrungsmodus. Jetzt sind sie hell wach und setzen sich an die Spitze der Veränderung. Da geht es aber dann nicht mehr um neue Tools oder Hardware, sondern um die Entwicklung einer Veränderungskultur? Ja, und ein*e Ingenieur*in braucht nüch terne Argumente, ein*e Marketingverant wortliche*r braucht Visionen. Das sind unterschiedliche Welten, sie kommen hier aber immer mehr zusammen. Es ist ver gleichbar mit der Elektromobilität. Die europäischen Ingenieur*innen und Manager*innen haben lange gewartet, sie waren Bedenkenträger. Sie liessen Tesla vorbeiziehen. Heute kommen sie mit einer unglaublichen Geschwindigkeit und Pro fessionalität daher. So ist das auch mit unseren Kunden. Zunächst gab es eine Abwehrhaltung, jetzt muss alles ganz schnell gehen. Es gilt allerdings auch, Län derunterschiede zu beobachten. Die Schweizer*innen gelten als besonders konservativ. Ja, aber wenn sie überzeugt sind, geht es vergleichsweise schneller als in anderen Ländern. Ein gutes Beispiel ist die SF6-freie Technologie, die die Treibhausgase dieser klassischen Lösung vermeidet. Unsere SM AirSeT ist eine SF6-freie Schaltanlage für die Sekundärverteilung in der Mittelspan nung. Sie erfreut sich hierzulande grosser
Beliebtheit. Wir haben sie im ersten Jahr nach der Markteinführung am besten in der Schweiz verkauft. Die SM AirSeT läuft mit reiner Luft und digitalen Innovationen und macht die Energieverteilung damit deutlich umweltfreundlicher. Man hat gemerkt, dass die Verantwortlichen bereit sind, über viele früher bestehende Hürden zu springen und das Netz der Zukunft nachhaltig zu gestal ten. Wir sind hier inzwischen ein bis zwei Jahre weiter als in Deutschland. Das liegt vermutlich auch an der volkswirtschaftlichen Situation. Die Schweiz ist ein Hartwährungsland. Gerade in Krisenzeiten gehen Schweizer Unternehmensverantwortliche, die im Export tätig sind, durch ein Stahlbad. Allein aus dieser Situation heraus müssen die Verantwortlichen innovativer als Mitbewerber in der EU sein. Ja, das ist ein Erklärungsstrang. Es geht aber nicht nur um Effizienz. Es ist das Ver ständnis für den notwendigen Übergang von einer Welt in eine andere. Wenn dann noch das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt, kommt es zu schnellen Entscheidungen. Die Dekarbonisierung der Energieversorgung war bis vor wenigen Monaten eine Herausforderung, die den Klimawandel im Hintergrund hatte. Wir waren immer noch in einer wachsenden Ökonische und es gab viele Bremser. Das hat sich jetzt mit dem Krieg in der Ukraine verändert. Regenerative Energien sind plötzlich zu Freiheits-
und Sicherheitsgarantien geworden. Sie sind in der Praxis. Wie erleben Sie den Wandel? Die Gasabhängigkeit trifft bei uns vor al lem den Wärmesektor, sprich Heizungen. Strom wird nur zu 13 Prozent von Gas er zeugt. Das sind in erster Linie sehr flexible Kraftwerke, die Spitzen abfangen. Natür lich steuert man hier zurzeit um, um das eingesparte Gas dann für Heizungen, aber auch in der industriellen Produktion einzusetzen. Der von Ihnen erwähnte zusätzliche Schub für regenerative Energien ist für uns positiv. So können Produkte von uns in jedem neuen Windturm verbaut werden. Das sind unter anderem Schaltanlagen, Transforma toren oder Schutzgeräte und Steuerungs einheiten. In jeder PV-Anlage oder jedem PV-Park gibt es Verteilungslösungen und Netzanbindungen, bei denen Schneider Electric mit Produkten beteiligt ist. Nicht nur in Deutschland gibt es neue Ver änderungsgeschwindigkeiten, auch seitens der Politik. Robert Habeck, der deutsche Wirtschaftsminister, hat an Ostern 2022 eine Agenda kommuniziert. Er möchte einen jährlichen Ausbau von Wind-OnshoreAnlagen realisieren, der mittelfristig bei zehn Gigawatt pro Jahr liegt. Bei PhotovoltaikSolar-Anlagen peilt er einen Ausbau von 22 Gigawatt pro Jahr an. In den besten Jah ren waren wir noch maximal bei knapp acht Gigawatt PV pro Jahr. Das ist eine dreifache Ausbaukapazität und wir sind dabei.
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Ja, das ist politisch sicher ein Gamechanger. Aber es gibt auch Hürden. Nehmen wir nur den Fachkräfte- und Handwerksmangel. Bestellen Sie heute mal eine Solaranlage oder eine Wärmepumpe. Unter einem halben Jahr Wartezeit geht da gar nichts. In Basel haben wir 15’000 Heizungsanlagen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Mit den Handwerkern, die auf dem Markt verfügbar sind, können jährlich um die 300 ausgetauscht werden. Solche Zahlen lassen politische Visionen, theoretische Überlegungen und Agenden schnell in der Praxis zusammenbröseln. Aktuell steht das Thema Verfügbarkeit von Rohstoffen und Vorprodukten durch das Reissen von Lieferketten noch im Vorder grund. Aber ich teile Ihre Einschätzung, es fehlt immer mehr an Personal und Manpower – und zwar bei Herstellern, Betreibern oder auch Serviceanbietern. Dazu kommt, dass die Babyboomer-Generation in Rente geht. Da bricht einiges weg. Wir stehen wirklich auch vor einer personellen Transformation. Da müssen ganz viele Verantwortliche sehr schnell aktiv werden. Dazu kommt aber auch die industriepolitische Situation. In den 90er-Jahren haben wir eine
europäische Solarindustrie gehabt. Die ist in grossen Teilen vom Markt verschwunden. Das hat unterschiedliche Gründe. Ein zentraler Grund ist die unzureichende europäische und nationale Industriepolitik, was regenerative Energien betrifft. Da hat die chinesische Seite ganz anders agiert. Wir brauchen wieder unterschiedliche Solarmodule in unterschiedlichen Preis segmenten aus europäischer Fertigung. Einige Unternehmen agieren in dieser Notlage auch schon selbst, indem sie auf ihrem Firmengelände Aus- und Weiterbildungen anbieten. Wie ist das bei Ihnen? Schneider Electric ist von der Struktur her mit mehreren Standorten dezentral aufge stellt. Wir haben neben den Werken eher kleine Standorte, nutzen aber die klassi schen Ausbildungsberufe, Traineeprogramme oder dualen Studiengänge, um die auch bei uns vorhandenen Personallücken zu verringern. Da sind wir sehr aktiv. So ver mitteln wir jüngeren Mitarbeiter*innen und Interessierten die Attraktivität der Berufs bilder. Hier gilt es, spannende Chancen für eine langjährige interessante Tätigkeit im Rahmen der Energietechnik zu präsentieren und anzubieten.
Ja, es braucht sehr praktische Vor bilder und Visionen, um bei der Dekarbonisierung echte qualitative und quantitative Fortschritte zu machen. Bei der Dekarbonisierung ist die Tendenz wichtig: Wir setzen auf Strom, und das passiert ja auch. Nehmen wir nur die Mo bilität oder die Heizung. Überall kommt grüner Strom ins Spiel, also mehr Elektro mobilität und mehr Heizpumpen. Dekar bonisierung bedeutet dann gleichzeitig hö herer Stromverbrauch. Dazu braucht es die Digitalisierung, damit die Analyse und die darauf aufbauenden Lösungen eine transparente und effiziente Grundlage be kommen. Unser Softwareportfolio ist daher in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Und wir können dies an unseren Stand orten aufzeigen. Jetzt erleben Kernkraftwerke in der EU eine Renaissance, sie kommen plötzlich grün daher. Wir brauchen Energie, egal woher sie kommt. Wie sehen Sie die Situation? Ich argumentiere da sehr pragmatisch. Man braucht mindestens 15 Jahre, um ein Atomkraftwerk auf den Markt zu bringen, selbst wenn man Geneh migungsverfahren beschleunigt. Das Thema Atom wird in Deutschland und der Schweiz nicht die Lösung sein. Es geht jetzt um Schnelligkeit. Der Faktor Zeit ist heute das zentrale Argument gegen Atom. Umgekehrt haben wir bei Sonne und Wind ausgereifte Technologien auf dem Markt, die inzwischen auch preis lich gegenüber den klassischen Lös ungen besser dastehen und sofort ein setzbar sind. Wir freuen uns, unseren Teil zu diesem Transformationsprozess bei tragen zu können.
DR. KLAUS WERSCHING ist Head of Offer Management Power Systems DACH bei Schneider Electric.
DAVID EMIN Der Übergang von der einen Welt in die andere beinhaltet nicht nur mehr Effizienz, sondern auch eine andere Kultur
ist VP Power Systems DACH bei Schneider Electric.
Schneider Electric (Schweiz) AG | Schermenwaldstrasse 11 | CH-3063 Ittigen | Tel. +41 (03) 1 917 33 33 customercare.ch@se.com | www.schneider-electric.ch.
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AUSGABE 02 / 2022
URS KESSLER EINE HERZENSANGELEGENHEIT
ANDREAS STAUBLI, CEO PRICEWATERHOUSE COOPERS CUSTOMER JOURNEY IM ZENTRUM
MATTHIAS ACKERET, PERSÖNLICH PRINT WIRKT!
ANDREAS BÜTTIKER NEW GENERATION, NEW WORK LEADERSHIP
BANK CIC NACHFOLGEPLANUNG IST MEHR ALS NUR EIN VERKAUF
RAYNALD AESCHLIMANN, CEO OMEGA EINE AVANTGARDISTISCHE REISE
AB T R O F O S SCHWEIZER BERGBAHNEN Swissness auf dem höchsten Punkt
PRESTIGE BUSINESS STEHT FÜR AUFREGENDE HINTERGRUNDSTORIES, PORTRAITS UND ANALYSEN AUS DER WIRTSCHAFTSWELT DER FÜHRENDEN UNTERNEHMEN IN DER SCHWEIZ.
IN T ERSCHEHRLICH Ä J 4-MAL-
WWW.PRESTIGE-BUSINESS.CH Ausgabe 03/2022 // Seite 85
AUF DEM MARKT DER ERSTE CO2-NEUTRALE BETON DER SCHWEIZ von Christian Wengi
Das in der achten Generation geführte Familienunternehmen Zindel United hat sich zur Aufgabe gemacht, mit seinen Tochtergesellschaften nachhaltige und innovative Lösungen für die kommenden Generationen zu erarbeiten. Diese Aufgabe haben der Baustoffhersteller Logbau und der Pflanzenkohle-Produzent INEGA mit KLARK umgesetzt. Das neue Verfahren wurde in intensiver Forschung gemeinsam mit der Fachhochschule OST entwickelt und bereits in der Praxis eingesetzt.
Der CO2-neutrale Beton wird bereits eingesetzt und besteht den Winter-Härtetest beim Betonieren der neuen INEGA-Produktionshalle.
BEEINDRUCKENDE CO2-BILANZ Dank der Verwendung von hochwertiger INKoh-Pflanzenkohle als Zusatzstoff ver wandelt Logbau den Beton in eine CO2Senke. Das Basisprinzip: Holz lagert auf natürliche Weise eine beträchtliche Menge an CO2 ein, welches durch das speziell ent wickelte Pyrolyseverfahren dauerhaft in der Pflanzenkohle gebunden wird. Im Vergleich zu herkömmlichem Beton können so mehr als 200 Kilogramm CO2 pro Kubikmeter Beton permanent neutralisiert werden. Bei
einem durchschnittlichen Einfamilienhaus mit ungefähr 120 Kubikmeter Beton ent spricht dies 24 Tonnen Kohlendioxid – oder in etwa gleich viel, wie ein durchschnittli ches Auto in der Schweiz während zehn Jahren ausstösst. Die Ökobilanz kann durch sekundäre Rohmaterialien, CO2-reduzierten Zement sowie Betonabbruch mit CO2-Spei cherung sogar noch weiter verbessert wer den. Ein CO2-negativer Beton mit über zwei Dritteln Sekundärrohstoffen ist somit in na her Zukunft ebenfalls möglich. Bei einem Jahresbedarf von circa 15.5 Millionen Ku bikmeter Beton in der Schweiz liegt damit das Reduktionspotenzial bei circa 2.7 Milli onen Tonnen CO2 pro Jahr. Das ist so viel, wie alle Einwohner der Städte Zürich und Genf im gleichen Zeitraum ausstossen.
MIT DER OSTSCHWEIZER FACHHOCHSCHULE ENTWICKELT
und INEGA von Anfang an begleitet, die Grundlagenforschung beigesteuert und re gelmässige Tests durchgeführt, um die ide ale Rezeptur zu ermitteln. Das Endprodukt verfügt über gleichwertige Eigenschaften wie herkömmlicher Beton, ist aber komplett CO2-neutral und je nach Re zeptur sogar CO2-negativ, also eine perma nente CO2-Senke. Zudem ist der Klimabeton vollständig rezyklierbar. Das Patent für den Klimabeton wurde bereits angemeldet. Der Schlüssel dazu ist die für Baustoffe entwi ckelte INKoh-Pflanzenkohle von INEGA. Diese entsteht ausschliesslich aus unbehan deltem Restholz aus regionaler Forstwirt schaft. Logbau kombiniert dieses naturreine Schweizer Produkt mit ihrem Beton und er hält so ein innovatives Endprodukt. Erste Tests und Studien haben zudem ergeben,
Intensive Forschung und zahlreiche Versu che haben zum Erfolg geführt. Spezialistin nen und Spezialisten der Ostschweizer Fachhochschule (OST) in Rapperswil haben die gemeinsame Entwicklung von Logbau
© zindelunited/mattiasnutt
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eton ist nach wie vor der vielseitigste und meistgenutzte Baustoff der Schweiz. Er ist äusserst flexibel, ein fach zu verbauen und kann einzigartige Designakzente setzen. Aufgrund der CO2Bilanz steht Beton in der öffentlichen Wahrnehmung allerdings unter Druck. Logbau mit Sitz in Maienfeld hat sich zur Aufgabe gemacht, diese Bilanz zu verbes sern, ohne Abstriche bei der Verarbeitung und der Leistung zu machen. Der Aufwand hat sich gelohnt, entstanden ist der erste wirklich CO2-neutrale Beton der Schweiz.
ÜBER DIE LOGBAU AG Logbau AG ist ein innovatives und nachhaltig handelndes Unternehmen in den Bereichen Baustoffe (Kies, Beton, Erdbaustoffe), Entsorgung/Recycling, Transporte (Betonfahrmischer, Mulden, Kipper, Spezialtransporte) und Steinhandel (Gartenplatten, Mauersteine). Rund 80 Mitarbeitende schaffen an 9 Standorten täglich Lösungen, die das Leben begleiten. Logbau nimmt in Sachen Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit schon lange eine Pionierrolle ein und gewann 2014 den Umweltpreis Schweiz mit dem Ragazer Erdbeton.
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Hochwertige INKoh-Pflanzenkohle aus ausschliesslich einheimischer Holzwirtschaft. © zindelunited/mattiasnutt
© zindelunited/mattiasnutt
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dass KLARK potenziell noch weitere Vorteile bietet, zum Beispiel reduzierte Schwindrisse, eine effizientere Wärmedämmung sowie einen besseren Schallschutz. Weiterfüh rende Untersuchungen sind in Planung.
BEREITS ERSTE WÄNDE BETONIERT Der neue Klimabeton erfüllt die Anforderun gen der gängigen Beton-Norm SN EN 206 und kann im Hochbau problemlos einge setzt werden. Der Erfolgspunkt ist erreicht. Durch die einzigartige Komposition und Leistungsfähigkeit ist ein Hightech-Baustoff aus natürlichen Ressourcen entstanden, der die Baubranche im Klimaschutz auf eine neue Ebene hebt. Architekten, Ingeni eure und Baumeister müssen weder in der Planung noch beim Einbau Einschränkun gen in Kauf nehmen. Der Beweis dafür sind die ersten Wände der neuen INKoh-Pro duktionshalle in Maienfeld, welche prob lemlos mit dem neuen Baustoff betoniert werden konnten. Da die Pflanzenkohle noch nicht als Zusatzstoff von Beton in der Norm integriert ist, muss der Beton aktuell nach Zusammensetzung und nicht nach Eigenschaften ausgeschrieben werden.
BALD SCHWEIZWEIT ERHÄLTLICH Der neue Klimabeton ist marktreif. Die Ver antwortlichen sind bereits mit interessier ten Bauherrschaften und Partnern in Kon takt und bauen parallel die industrielle Produktionskette auf. Aktuell kann Logbau KLARK in Graubünden, St. Gallen und im Fürstentum Liechtenstein liefern. Mittelfristig soll der Klimabeton durch Partnerschaften und neue INKoh-Produktionsanlagen in der ganzen Schweiz hergestellt und ver trieben werden. Dies erhöht die regionale Wertschöpfung und macht die CO2-nega tive Innovation über die Kantonsgrenzen hinaus verfügbar. Dr. Mario Cavigelli, Re gierungsrat und Vorsteher des Departe ments für Infrastruktur, Energie und Mobi lität des Kantons Graubünden, sieht den Klimabeton auch als Beweis für die Inno vationskraft der Bündner Unternehmen: «Zindel United hat mit Logbau und INEGA gezeigt, wie erfolgreich eine zielgerichtete Kooperation sein kann. Eine hohe Wert schöpfung und Umweltschutz müssen sich nicht ausschliessen. Dies sichert und schafft Arbeitsplätze und beweist einmal mehr, dass der Kanton Graubünden ein Top-Wirtschaftsstandort ist.»
Stromausfälle sind romantisch.
Falls Sie das nicht so sehen: Vertrauen Sie auf Bimex-Notstromsysteme. Mit USV-Anlagen von Piller für den Schutz kritischer Infrastruktur. www.notstrom.ch
WIE ENTSTEHT DIE PFLANZENKOHLE? INKoh-Pflanzenkohle ist ein naturreines Schweizer Produkt, das von INEGA in einem speziell entwickelten Pyrolyseverfahren aus unbehandeltem Restholz aus regionaler Forstwirtschaft hergestellt wird. Sie wird nach den höchsten European-BiocharCertification (EBC)-Standards hergestellt und kann je nach Produktionsverfahren in der Biolandwirtschaft, als Tierfutterzusatz, im Gartenbau oder in der Wasserreinigung eingesetzt werden. Ein Gramm Pflanzen kohle weist eine innere Oberfläche von mehr als 400 Quadratmetern auf (18 Gramm entsprechen der Fläche eines Fussballfeldes) und kann ein Fünffaches des Eigengewichts an Wasser speichern.
CHRISTIAN WENGI ist Leiter des Verkaufs der Logbau AG. www.klark.swiss www.inkoh.swiss
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NACHHALTIGES ENERGIEMONITORING MID ENERGIEZÄHLER Mit den MID Energiezählern lassen sich die Ströme grosser Verbraucher erfassen, die nicht direkt gemessen werden können. Die Komplettlösung aus Energiezähler und Aufsteck-Stromwandlern entspricht der MID-Richtlinie 2014 / 32 / EU und erlaubt ein nachhaltiges Energiemonitoring sowie eine direkte Verbrauchsabrechnung.
Die MID Energiezähler gibt es in unterschiedlichen Ausführungen, um für die jeweilige Aufgabe die ideale Lösung anbieten zu können.
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Querschnitt durch den MID Energiezähler.
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ie Energiezähler gestatten eine nachhaltige Überwachung von Wirkund Blindenergie, Netzfrequenz so wie Strom, Spannung und Leistung. Damit werden sie den verändernden Anforderun gen des Schaltanlagenbaus gerecht, der nach smarten Energiezählern für die ver schiedenen Anwendungen im Gebäude bereich und in der Industrie verlangt. So lässt sich mit der kompakten Lösung der Energieverbrauch von produzierenden Ma schinen in der auftragsbezogenen Ferti gung ebenso messen wie der jeweilige Energieverbrauch der einzelnen Mieter in verteilten Liegenschaften. Die erfassten Daten und Energiequalitäts merkmale können dabei entweder über das grosszügige Display angezeigt oder bequem in der Energiedaten-Manage ment-Applikation von Wago erfasst und dargestellt werden. Dafür stehen eine MBus- und Modbus-Schnittstelle sowie zwei S0-Schnittstellen für beide Energierichtun gen mit einstellbarer Impulsrate zur Verfü gung. Da das Display zudem beleuchtet ist, lassen sich die Messwerte selbst unter ungünstigen Einbaubedingungen gut er kennen.
KONFIGURATION ÜBER TASTER ODER BLUETOOTH Die Konfiguration des Zählers erfolgt wahl weise über sensitive Bedienelemente un terhalb des Displays oder über eine intui tive App (siehe Infokasten). Letztere ermöglicht eine einfache und schnelle Konfiguration über Bluetooth und ist kos tenlos für Android oder iOS erhältlich. Mit der Wago Energy Meter Configurator App lassen sich unter anderem die ModbusAdressen, die Baudrate, die S0-Impulsrate sowie weitere Parameter einstellen. Neben der Konfiguration können auch die Ener gie- und Standardmesswerte ausgelesen und je Phase dargestellt werden. Die Werte lassen sich dabei jederzeit spei chern und als Report oder als csv-Datei exportieren. Das Versenden von Moment
Das beleuchtete Display garantiert auch an schlecht beleuchteten Orten ein fehlerfreies Ablesen der Energiedaten.
aufnahmen über gängige Mail- und Mes senger-Dienste, beispielsweise an den Betreiber einer Ladesäule, ist mit der kom fortablen App ebenfalls möglich.
EINFACHE INSTALLATION Die Installation der Wandlerzähler ist auf grund der bewährten Push-in-Technologie und der Hebel-Anschlusstechnik sehr ein fach. Die Verdrahtung erfolgt werkzeugfrei, wobei die Federklemmtechnik Push-In Cage Clamp über die gesamte Lebens dauer für eine sichere und wartungsfreie Verbindung sorgt. Mit einer Breite von le diglich 35 mm ist die smarte Lösung äu ssert kompakt ausgeführt und spart damit jede Menge Platz im Schaltschrank. Die passenden Aufsteck-Stromwandler entsprechen dem Modul D des Konformi tätsbewertungsverfahrens und können op timal mit den Energiezählern (MID) zu einer Komplettlösung kombiniert werden. Ein Schnellbefestigungsadapter ermöglicht eine einfache und kostengünstige Befes tigung. Durch die vielen Montagemöglich keiten profitiert der Anwender zudem von einer hohen Flexibilität. Erhältlich sind die MID Energiezähler mit und ohne METAS-Zulassung.
Alain Galliker
IN FÜNF EINFACHEN SCHRITTEN ZUM MESSERGEBNIS Die MID Energiezähler gestatten ein schnelles und einfaches Energie monitoring in Gebäuden und Industrie und bieten damit die Grundlage für nachhaltige und wirtschaftliche Optimierungsmassnahmen. Nach der Installation über die bewährte Push-In-Klemme braucht es nur fünf Schritte für das Auslesen der Daten. 1. Wago App Energy Meter Configu rator (Android/iOS) herunterladen. 2. Bluetooth-Kommunikation am Zähler aktivieren (mittlere Taste am Energiezähler 5 Sekunden gedrückt halten). 3. Menü auf dem EnergiezählerDisplay erscheint, Bluetooth wird aktiviert und ein QR-Code angezeigt. 4. QR-Code mit Wago App Energy Meter Configurator einscannen, App und Zähler verbinden sich. 5. Parameter werden angezeigt und können ausgelesen werden. Wenn gewünscht lassen sich diese als CSV-File abspeichern.
WAGO Kontakttechnik SA | Route de l'Industrie 19 | 1564 Domdidier | Tel.: +41 (0) 26 676 74 47 | in.Galliker@wago.com | ww.wago.com
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VORBEREITET SEIN GERÜSTET FÜR EINE STROMMANGELLAGE von Beat Hühnli
Nach den Warnungen des Bundes vor einem Strommangel ziehen manche Unternehmen eine Notstromversorgung in Betracht. Was ist grundsätzlich vorzukehren? Und welche Möglichkeiten stehen zur Auswahl?
I
m Herbst 2021 gab die Eidgenössische Elektrizitätskommission ElCom bekannt, dass ab 2025 in der Schweiz der Strom knapp werden könnte. Gleichzeitig forderte OSTRAL – die Organisation für Stromver sorgung in ausserordentlichen Lagen – Zehntausende von Grossverbrauchern auf, sich auf etwaige Stromspar-Dekrete des Bundes vorzubereiten.
THEMA ZEITIG ANGEHEN «Eine Strommangellage steht zwar nicht unmittelbar vor der Tür», sagt Beat Müller,
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Geschäftsleiter der Bimex Energy AG im bernischen Uetendorf. «Akuter ist derzeit die Gefahr von Stromausfällen – oder gar von Blackouts, deren Folgen weit gravie render sein können als die Folgen einer Strommangellage.» Viele Unternehmen verfügen deshalb schon heute über ein Notstromsystem, das Kurzunterbrüche und tagelange Netzausfälle kompensiert. Dennoch mahnt Beat Müller eine ge wisse Eile an: «Firmen sollten bald klären, ob sie mit Blick auf eine Mangellage eine Notstromlösung benötigen respektive ob
bestehende Notstromkonzepte auch in einer Mangellage greifen würden.» Der Grund für den Zeitdruck: «Die Nachfrage nach Stromaggregaten steigt deutlich und führt zu Lieferengpässen.» Ein weiterer Grund für die verlängerten Lieferfristen sind gemäss Beat Müller Unterbrüche in den Lieferketten.
SITUATION ANALYSIEREN Beat Müller empfiehlt, eine Risikoanalyse vorzunehmen: Könnte die Firma während Wochen oder Monaten mit weniger Strom
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(Energie) auskommen? Wenn nicht, was wären die Folgen? Welche Prozesse müs sen unbedingt aufrechterhalten werden? Könnten die Lieferanten noch liefern? Könn ten die Kunden die Ware noch abnehmen und weiterverarbeiten? Was würde passie ren, wenn das Elektrizitätswerk temporär das ganze Versorgungsgebiet abschalten müsste? Eine Analyse bringt Licht ins Dun kel, bleibt aber bis zu einem gewissen Grad spekulativ. Denn erstens ist unbe kannt, wie sich politische Initiativen – zum Beispiel der Bau von Gaskraftwerken – auf die Versorgungslage auswirken würden. Zweitens konkretisieren sich Sparmass nahmen erst, wenn tatsächlich ein Strom mangel da ist und der Bund entsprechende Bewirtschaftungsverordnungen erlässt. Ein Beispiel: In einer Mangellage kann der Bund den Strombezug von Grossverbrauchern kontingentieren. Gemeint sind Firmen, die jährlich 100’000 Kilowattstunden und mehr verbrauchen. Dennoch müssen gemäss OSTRAL auch kleinere Verbraucher mit Einschränkungen rechnen – unter anderem deshalb, weil immer mehr lastgangfähige Stromzähler, die «Smart Meter», im Einsatz sind. Sie ermöglichen es, jede Firma zu kontingentieren, die damit ausgerüstet ist. Wer zum Schluss kommt, dass sein Unter nehmen eine minimale oder eine umfang reichere Notstromversorgung braucht, kann folgende Varianten in Betracht ziehen.
dabei auf USV-Anlagen der deutschen Piller Group – sie produziert als einzige Firma der Welt sowohl rotierende als auch statische USV-Technologien mit kinetischen Energiespeichern oder Batterien. Kineti sche Speicher haben nebst der Batteriefrei heit den Vorteil, dass sie Leistungsschwan kungen entgegenwirken, die beim Einsatz von Wind- und Solarstrom auftreten.
MOBILE AGGREGATE Mobile Dieselaggregate werden auf Anhän ger oder Lastwagen gebaut. Jedes mobile Notstromaggregat wird von einem abgas normierten, wirtschaftlichen Dieselmotor der Abgasstufe 5 angetrieben. Die Bimex Energy AG konzipiert mobile Aggregate häufig als Spezialaggregate für hochspezi fische Anwendungen – etwa für Elektrizi tätswerke, Wasserversorger, Industrie, Ar mee, Zivilschutz, Polizei oder Bahnbetriebe.
HYBRIDE AGGREGATE Für den ortsunabhängigen Einsatz sind oft auch hybride Aggregate geeignet. Diese sind mit Hochleistungsbatterien ausge stattet und kaum hörbar, sie können ent weder als Energiespeicher genutzt werden oder fungieren als intelligente Lastmana ger im Verbund mit Solarmodulen, Diese laggregaten oder Netzstrom. Hybride Ag gregate eignen sich unter anderem zum Betanken von Elektrofahrzeugen.
KLEINSTROMERZEUGER Die handlichste Form, um selbst ein Mi nimum an Strom zu produzieren, sind benzin- oder dieselbetriebene Klein stromerzeuger und Traktorgeneratoren. Die Bimex Energy AG ist Generalver treterin für die hochwertigen EisemannStromerzeuger in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein.
STATIONÄRE NOTSTROMANLAGEN Stationäre Notstromanlagen sind entweder im Gebäude installiert oder stehen fix montiert im Freien – in einer schallge dämpften und wetterfesten Hülle. Die Bimex Energy AG plant die Anlagen von A bis Z, inklusive Aggregat, Kühlung, Lüf tung, Brennstoffversorgung, Abgasanlage und Abgasreinigung. Es werden Dieselag gregate der neuen Abgasstufe 5 verwen det. Die Aggregate stammen ausschliess lich von europäischen Qualitätsherstellern.
NOTSTROMSYSTEME MIT USV USV-Systeme gewährleisten das unterbre chungsfreie Umschalten auf Notstrom, schützen also kritische Infrastrukturen wie Banken, Versicherungen, Telekomanbieter, Spitäler, Rechencenter, Flughäfen oder Industriebetriebe mit heiklen Produktions prozessen. Die Bimex Energy AG setzt
Bimex Energy AG | Glütschbachstrasse 32 | CH-3661 Uetendorf | Tel.: +41 (0) 33 334 55 66 | info@bimex.ch | www.bimex.ch Bimex Energy AG | Zürichstrasse 55 | CH-8340 Hinwil | Tel.: +41 (0) 43 843 24 24 | info@bimex.ch | www.bimex.ch
Ausgabe 03/2022 // Seite 91
UMWELT & TECHNIK
Herr Keller tankt Biomethan an der neuen Tankstelle der Müller Energie GmbH.
VEREDELUNG KREISLAUFWIRTSCHAFT IN DER LANDWIRTSCHAFT von Herr Ueli Oester
Seit dem Herbst 2021 kann auf dem Hof von Andrea und Christian Müller in Thayngen (SH) besonders umweltfreundlich Biomethan getankt werden. Neben Kartoffeln und Fleisch produzieren Müllers auch Ökostrom, Wärme und neuerdings Biomethan für Fahrzeuge. Es ist die erste Biomethan-Inseltankstelle der Schweiz in einer Landwirtschaftszone, die als zonenkonform eingestuft und bewilligt wurde.
D
as Kehrichtfahrzeug der Firma Keller Kehricht Abfuhren GmbH ist bereits ein erster grosser Ab nehmer des heimischen Treibstoffs. Das eingesammelte Grüngut zusammen mit dem Hofdünger von Müller Energie GmbH wird in der bestehenden Biogasanlage vergoren und in der neuen Aufbereitungs anlage von Apex AG zu Treibstoff «ver edelt». Die Energie aus den regionalen Abfällen wird so zum Treibstoff mit Her kunft «vor der eigenen Tür» und ersetzt den bisher eingesetzten Diesel. An der Zapfsäule können auch private BiogasFahrzeuge getankt werden. Dazu kann von Müllers ein Tank-Chip bezogen wer den und ab sofort ist die Tankstelle für den 24-Stundenbetrieb offen.
BIOMETHAN TANKEN Biomethan eignet sich vorzüglich für Per sonenwagen, Kommunalfahrzeuge, den Schwerverkehr und Busse. Je nach Fahr zeugtyp dauert die Betankung nur unwe sentlich länger als mit Benzin oder Diesel. Mit Biomethan fährt es sich ebenso öko logisch wie mit einem Elektroantrieb und stellt eine oft vergessene, attraktive Al ternative dar. Das bestehende Netz von Erdgas- / Biogastankstellen wird durch
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solche Inseltankstellen ergänzt und auf bereitetes Biogas kann getankt werden, an Orten wo kein Erdgas- / Biogasnetz vorhanden ist.
VERARBEITUNG VON BIOGAS Biogas entsteht bei der anaeroben Vergä rung von Biomasse aus Kläranlagen, Landwirtschaftsbetrieben, kommunalem Grüngut oder Gastronomieabfällen. Es enthält typischerweise etwa 55 bis 60 Pro zent Methan (CH4), 40 bis 45 Prozent Koh lendioxid (CO2), ist mit Wasser gesättigt und enthält weitere Begleitstoffe wie Siloxane, Schwefelwasserstoff, Ammo niak, etc. Wird das Biogas vorbehandelt (entfeuchtet und entschwefelt) kann es in Blockheizkraftwerken zur Produktion von Strom und Wärme genutzt werden. Diese Technologie ist tausendfach bewährt. Für die Verwendung als Treibstoff muss Biogas zwingend weiter «veredelt» werden. Das CO2, Wasserdampf und weitere Begleit stoffe müssen fast vollständig entfernt wer den, um es als Biomethan ins Erdgasnetz einzuspeisen oder zum Tanken von Erd gas- / Biogasfahrzeugen zu nutzen. Das Bio gas wird gekühlt, entwässert und mittels Aktivkohlefilter von den Begleitstoffen ge trennt. Anschliessend wird es verdichtet und
ÖKOSTROM SCHWEIZ Ökostrom Schweiz ist der Fachverband der landwirtschaftlichen Biogasproduzenten. Die 2000 gegründete Genossenschaft umfasst über 160 landwirtschaft liche Biogasanlagenbetreiber aus der ganzen Schweiz. Ökostrom Schweiz ist damit die grösste und bedeutendste Organisation im Bereich erneuerbarer Energie aus Biogas. Das aus vornehmlich Hofdüngern und organischen Reststoffen gewonnene Biogas wird dabei in Strom und Wärme, Biogas-Brennstoff oder Biogas-Treibstoff umgewandelt. Dadurch leisten Biogasanlagen einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz und dem Ersatz fossiler Brenn- und Treibstoffe in der Schweiz. Ökostrom Schweiz unterstützt seine Mitglieder unter anderem bei der Planung und Bewilligung, Bau und Betrieb von Biogasaufbereitungsanlagen und -tankstellen. Mit der Insel-Tankstelle der Müller Energie GmbH konnte das erste Leuchtturm-Projekt der Schweiz in der Landwirtschaftszone initiiert und umgesetzt werden. den selektiven Membranen von Evonik Fibres GmbH zugeführt, wo das CO2 ab
UMWELT & TECHNIK
EVONIK FIBRES GMBH Das Herz der Biogas-Aufbereitungsanlage sind die Membranen. Evonik Fibres GmbH aus Deutschland ist ein weltweit führendes Unternehmen der Spezialchemie. Im Mittelpunkt stehen Megatrends wie Gesundheit, Ernährung und Ressourceneffizienz. Mit den Sepuran Green Membranen bietet Evonik ein elegantes Verfahren zur Aufbereitung von Rohgas zu Biomethan an, das sich sehr gut auch für kleinere Biogasmengen eignet, wie sie für viele schweizerische Anlagen vorkommen. Weiterentwicklungen schliessen unter anderem WasserstoffAnwendungen ein.
Prinzipschema: Biogas-Anwendungen für die Produktion von Strom, Wärme und Biomethan als Treibstoff und für die Einspeisung ins Gasnetz.
getrennt wird und so zu Biomethan oder Erdgasqualität aufbereitet wird. Durch die Abtrennung von CO2 wird der Methananteil von etwa 55 auf 96 Prozent erhöht. Mit dieser Qualität kann Biomethan ins Erd gasnetz eingespeist werden. Für die Fahr zeugbetankung wird es weiterverdichtet, in Hochdruckflaschenbündel gespeichert und steht für die Betankung bereit. Das Offgas mit geringem CH4-Anteil aus der Aufbereitung wird an die Atmosphäre abgegeben oder als Schwachgas dem Fermenter zurückg eführt, wo es dem Biogas zugemischt und im Blockheizkraft werk zur Strom- und Wärmeproduktion genutzt wird.
KOMPAKTANLAGEN: BIOMETHAN-TANKSTELLE UND FÜR DIE GASNETZEINSPEISUNG Bei beiden Anwendungen enthält der 20-Fuss-Container (6 x 2.5 x 3 Meter) alle not wendigen Module. Die Anlagen arbeiten
Rohstoff Organische Abfallstoffe
Photosynthese CO2-Aufnahme
Nutzung Wärme, Mobilität, Stromerzeugung
Herstellung Vergärungsprozess, BiogasAufbereitung und Einspeisung
Verteilung Verteilung über das Gasleitungsnetz
Mit der Kreislaufwirtschaft schliesst sich der CO2-Kreislauf.
Blue BONSAI Typ BB27 mit grossem Speicher und Biomethan-Zapfsäule (Thayngen, SH).
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UMWELT & TECHNIK
automatisch. Einzig bei der Biomethan- Tankstelle mit integrierter Hochdrucktechnik steht der Hochdruckspeicher nebenan und die Zapfsäule dort, wo parkiert und betankt werden kann. Der Container ist aufgeteilt in zwei Teilbereiche, den Ex-Bereich (ExZone 2) mit den gasführenden Modulen sowie dem Nicht-Ex-Bereich mit der Steu erungstechnik und dem Kaltwassersatz. Die beiden Teilbereiche sind durch eine gas dichte Trennwand getrennt. Aus dem Auf bereitungsraum führen die Ausblaseleitung für das abgetrennte CO2 und eine Entlüf tungsleitung über Dach. Für allfällige Still standzeiten sind in beiden Räumen Raum heizungen installiert und die Räume sind mit den notwendigen Lüftungen versehen.
WARTUNGSKOSTEN Für die Wartung fallen jährliche Kosten an. Ein grosser Teil dieser Kosten betreffen die Verdichter-Wartung, Filter, Austausch der Aktivkohle und weiterer Betriebsmittel so wie für Rückstellungen für den Ersatz von Verdichter, Aufbereitungs-Membranen und Gasanalysegeräte, etc. Bei sorgfältiger Überwachung der Membranen kann die von Evonik «garantierte» Lebenserwartung von drei Jahren stark verlängert werden. Ein weiterer, grosser Teil der Wartungskosten entfallen auf die Wochenkontrollen, die nach eingehender Schulung und mit einiger Er fahrung vom ortsansässigen Betriebs personal durchgeführt werden können. Per Fernzugriff wird die Anlage überwacht, An passungen können implementiert und bei allfälligen Störungen Ferndiagnosen erstel len und Eingriffe vorgenommen werden. Prädiktive Diagnosen und einfache Anpas sungen erfolgen so einfach, schnell und kostengünstig. So sind Wartungsarbeiten einfach planbar, schnell und kostengünstig.
Die bauähnliche BlueFEED-Anlage Typ BF35 bereitet Klärgas auf Erdgasqualität auf und speist es ins Gasnetz der Viteos SA, Neuchâtel.
Unser Ziel: eine möglichst wirtschaftliche Gesamtlösung (Neubau und Betrieb).
ÖKOLOGISIERUNG DER ERDGASLEITUNGEN Wird Biomethan ins Erdgasnetz eingespeist, ersetzt es sukzessive fossiles Erdgas. Auch die Einspeisung von synthetischem Methan (Power-to-Gas) oder Wasserstoff ersetzt fossiles Erdgas. Der Trend zur Dekarboni sierung hält Einzug und schreitet voran.
AUSBLICK Bereits sind die ersten Inseltankstellen von Apex in der Schweiz im Betrieb und weitere
folgen, auch im grenznahen Ausland. Mit der zunehmenden Dekarbonisierung er hält auch Wasserstoff einen grösseren Stellenwert. Mit der Methanisierung kann Wasserstoff gebunden und ins beste hende Erdgasnetz eingespeist werden. Apex beobachtet diese Entwicklung ak tiv und kooperiert mit verschiedenen Instituten und Forschungsanstalten und ist am Technologietransfer interessiert. Mit der Realisierung von Pilotprojekten werden Erfahrungen im Feld gesammelt. Diese sind Vorläufer von zukünftigen, marktreifen Produkten. Sie dürfen ge spannt sein …
APEX AG Die Apex AG wurde 2003 in Däniken (SO) gegründet. In der ganzen Schweiz unterwegs, baut und wartet Apex installierte Erdgas- / Biogastankstellen von klein bis gross. Seit einigen Jahren produziert Apex selbst entwickelte, kleine BiogasAufbereitungsanlagen bis circa 100 Normkubikmeter pro Stunde Biogas für die Einspeisung von Biomethan ins Erdgasnetz (Typ BlueFEED). Dort wo kein Gasnetz zur Verfügung steht, kommen Insellösungen mit integrierter Tankstelle zum Einsatz (Typ BlueBONSAI). Die Biomethan-Aktivitäten passen synergetisch ideal zum angestammten Geschäftsfeld und zum Trend der vermehrt nachgefragten Mengen an erneuerbaren Energien, lokal, dezentral und «Swiss Made». Apex plant, baut und betreut diese Systeme und bietet umfassende Dienstleistungen als «one-stopshop» an. Erneuerbare Gase als Energiespeicher (zum Beispiel Wasserstoff) stehen im Fokus unserer Entwicklungsarbeiten. Zusätzliche Informationen erhalten Sie unter www.apex.eu.com oder bei Apex AG, Industriestrasse 31, 4568 Däniken.
Apex AG | Industriestrasse 31 | CH-4568 Däniken | Tel.: +41 (0) 62 291 26 69 | info@apex.eu.com| www.apex.eu.com
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www.bundesrundschau.ch
VORSCHAU & IMPRESSUM
VORSCHAU DIE NÄCHSTE BAURUNDSCHAU UND ENERGIERUNDSCHAU AUSGABE ERSCHEINT IM OKTOBER 2022 Folgende Schwerpunkte stehen auf unserer Agenda:
Energiewende und solare Lösungen
Energielösungen
Architektonische Highlights
Aus- und Weiterbildung
Die moderne und digitale Küche
Mobilität
Sichere Gebäudehüllen
Sicherheit
Herausgeber Editorial Media Group AG Ceres Tower Hohenrainstrasse 24 CH-4133 Pratteln Telefon +41 61 551 39 40 Telefax +41 61 551 39 49 info@editorial.ag www.editorial.ag Geschäftsleitung Peter Levetzow p.levetzow@editorial.ag Verlags- und Projektleitung Hasan Dursun h.dursun@editorial.ag Verkauf & Marketing Roland Baer r.baer@editorial.ag Chefredaktion Georg Lutz g.lutz@editorial.ag
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Leitung Produktion & Grafik Andrea Schumacher a.schumacher@editorial.ag Korrektorat / Lektorat Mario Hetzel Aboservice info@editorial.ag Autoren Ursula Ammann Roland Baer Andreas Breschan Lone K. Halvorsen Christina Horisberger Beat Hühnli Iris Krampitz Andrea Leu Georg Lutz MCAM Symalit AG MEVA Schalungs-Systeme AG Robert Minovsky Ueli Oester Judith Opferkuch Stéphane Rey Dr. Peter Richner
Daniel Senn Tristan Thaller Dr. Benedikt Vogel Christian Wengi Dr. Urs Wiederkehr Interview David Emin Prof. Dr. Grüning Esther Keller Reto Keller Markus Weber Dr. Klaus Wersching Titelbild WAGO Kontakttechnik SA Bilder Atelier Brückner Michael Reiner Digital Construction@HSLU Andrea Diglas EWA-energieUri FHNW FH Münster / Frederik Tebbe Frieder Kaiser, Stadtgärtnerei Basel Humberg GmbH, FH Münster
iart Interface INTILION GmbH Laurits Jensen Minergie Mint Architecture ONE FORTY WEST / © Commerz Real AG (Visualisierung: EVE images) Shutterstock Heinz Unger B. Vogel Werkbank IT GmbH Felix Wey / Empa zindelunited / Matthias Nutt Jahresabo Vier Ausgaben CHF 19.– Einzelpreis CHF 5.90 info@editorial.ag ISSN Print 2504-1142 ISSN E-Mag 2813-1509 Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt.
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