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Karl Brunner: Niemand schafft es allein – Zusammenhalt ist „in

Im Herbst 2020, inmitten der zweiten Welle der Coronapandemie – übernahm Karl Brunner den Direktorenposten im Südtiroler Kinderdorf von seinem Vorgänger Heinz Senoner. Im Gespräch mit der PZ gibt er einen kurzen Einblick über die ersten Monate seiner Tätigkeit und einen Ausblick auf kommende Herausforderungen.

PZ: Herr Brunner, sie sind nun seit etwa neun Monaten im

Kinderdorf als Direktor tätig. Haben Sie bereits das Gefühl, angekommen zu sein?

Karl Brunner: Ich habe gleich die erste Zeit genutzt, um ins Kinderdorf „hineinzutauchen“. Es war mir ein Anliegen, recht schnell sowohl die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kennenzulernen, aber auch Kontakt zu den Kindern und Jugendlichen zu suchen, sofern das die Umstände zugelassen haben. Außerdem habe ich auch früh viele der ehrenamtlich Tätigen treffen können, die durch ihr Wirken einen wichtigen Teil zum Gelingen des Kinderdorfs beitragen. Diese Zeit war sehr intensiv und manchmal habe ich das Gefühl, ich bin schon länger da, als es der Kalender bestätigt.

IMPFEN SCHÜTZT!

Für dich. Für mich. Für uns.

„Entweder man impft sich oder man infiziert sich mit großer Wahrscheinlichkeit früher oder später mit Corona.“

Dr. Stefan Brandt

Internist und Leiter der Dialysestation Krankenhaus Bruneck

Dieses Jahr gibt es das Kinderdorf seit 65 Jahren. Ist so ein

Angebot heutzutage überhaupt noch zeitgemäß und notwendig?

Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass die Aufgaben, die wir mit dem Südtiroler Kinderdorf übernehmen, eine hohe gesellschaftliche Relevanz haben – ansonsten hätte ich den Beruf auch nicht gewählt. Es gibt auch heute Familien, die zumindest zeitweise Unterstützung benötigen, um ihre Beziehungen zueinander so zu gestalten, dass für die Kinder und Jugendlichen Karl Brunner ist seit neun Monaten im Amt. ein positives Umfeld geschaffen wird. Und das wird es auch weiterhin brauchen. Im Kinderdorf haben wir die notwendige Qualität und das entsprechende Engagement, genau dort anzusetzen. Hier haben unsere Vorgängerinnen und Vorgänger schon früh darauf gesetzt, die Gruppen möglichst klein zu halten und das kommt den Herausforderungen der heutigen Zeit sehr zugute. Die klassische „Heimerziehung“ kommt ja aus einer Tradition der großen Häuser, während im Kinderdorf schon früh ein Umfeld geschaffen wurde, das „familienähnlich“ ist. Wir gehen mit unserem Angebot der Mobilen Familienarbeit auch direkt in Familien, um sie in der Gestaltung ihres Beziehungsalltags zu unterstützen oder Besuche von Kindern durch getrenntlebende Elternteile zu begleiten. Das ist eine wichtige Aufgabe, die es in der heutigen Zeit vermehrt braucht. Unser Therapie Center bietet vielfältige Angebote für Kinder und Jugendliche an – sowohl für solche, die im Kinderdorf leben als auch für viele, die von außen z.B. zur Musik- oder Psychotherapie zu uns kommen. Im Haus Rainegg kommen alleinerziehende Frauen mit ihren Kindern für ein Jahr unter und werden in ihren Kompetenzen gestärkt. Über den treff.familie versuchen wir außerdem in der Gesellschaft ein Bewusstsein dafür zu schärfen, dass Familie ein Auftrag für uns alle ist. In einem afrikanischen Sprichwort heißt es: „Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf“ und das stimmt auch. Ich kann also sagen, dass

Das Südtiroler Kinderdorf gibt es seit 65 Jahren. Im Kinderdorf wurde schon früh ein Umfeld geschaffen, das „familienähnlich“ ist. So soll ein echtes Zuhause entstehen.

das Kinderdorf mit seinen 65 Jahren schon ein reifes Alter hat aber immer noch sehr „in“ ist.

Was waren die Momente, die Sie als Direktor am meisten überrascht haben?

Viele der Überraschungen haben sich gleich zu Beginn meiner Tätigkeit und zum Teil auch schon davor eingestellt: Ich hatte ein Bild von außen und war dann doch sehr überrascht, dass es im Kinderdorf etwa 90 Mitarbeiter*innen gibt, dass nur ein Teil der Tätigkeit direkt auf dem bekannten Gelände in Brixen ausgeübt wird, weil es z.B. eine Wohngemeinschaft in Meran oder das Haus Rainegg an der Mahr gibt, die auch ganz wesentlich zum Kinderdorf dazugehören. Weniger überrascht aber umso mehr begeistert hat mich das tagtägliche Engagement der Mitarbeiter*innen im Kinderdorf, das ich erleben darf. Hier sind viele Menschen von der Idee beseelt, ihre Arbeit in den Dienst von Familien in herausfordernden Situationen zu stellen. Das braucht unsere Gesellschaft auch!

Was sind die derzeit wichtigsten Herausforderungen für das

Kinderdorf im Alltag?

Das Kinderdorf erbringt einen wichtigen Auftrag für die Gesellschaft, wofür auch von der öffentlichen Hand Mittel aufgebracht werden. Mit diesen Geldern können wir einen signifikanten Teil unserer Ausgaben decken. Damit das alles möglich ist, was heute im Kinderdorf angeboten wird, brauchen wir Hilfe. Wir müssen Menschen dafür begeistern, dass sie uns beim Helfen helfen: in Form von Sachspenden oder aber auch in Form von Geldmitteln. Das Netzwerk, das alle Eltern benötigen, um den Alltag mit ihren Kindern zu meistern, braucht es auch auf unserer Ebene, denn niemand schafft es alleine und wir sind sehr dankbar für die Unterstützung, die wir für unsere Arbeit erhalten! Eine andere Herausforderung sind die Anfragen zur Unterbringung für Kinder zwischen 3 und 6 Jahren. In diesem Alter ist es für die Kinder noch einmal herausfordernder, zeitweise nicht bei ihrer Familie leben zu können. Dennoch braucht es auch für diese Zielgruppe ein Angebot und da gibt es bisher wenige Möglichkeiten. Wir beschäftigen uns mit der Frage, was wir als Kinderdorf tun können, um hier einen Beitrag zu leisten. // Interview: Reinhard Weger

FRÜHERKENNUNG RETTET LEBEN VERGISS DICH NICHT - auch zu Zeiten von Corona

Die Anfangsphase der Corona-Krise war geprägt von dem Bestreben, ärztliche Kapazitäten für an COVID-19 erkrankte Menschen freizuhalten. Nicht unbedingt notwendige Behandlungen und Untersuchungen wurden daher vorerst abgesagt. Zwischenmenschliche Kontakte sollten auf ein Minimum reduziert werden, um das Ansteckungsrisiko zu verringern und die Krankheitszahlen beherrschbar zu halten. Eine negative Auswirkung der Maßnahmen ist jedoch, dass viele Menschen aus Angst vor einer Infektion den Besuch im Krankenhaus vermeiden – mit dem Ergebnis, dass zum Teil lebensbedrohliche Symptome nicht behandelt werden. Auch viele Vorsorgeuntersuchungen wurden aufgeschoben – und sollten jetzt dringend nachgeholt werden. Denn je früher Krankheiten und Risikofaktoren erkannt werden, desto größer sind die Chancen auf Heilung. Im besten Fall kann die Prävention Leben retten. Frauengesundheit.pustertal bietet als Kompetenzzentrum im Brunecker Krankenhaus Unterstützung und Beratung bei einer Vielzahl von Fragen und Problemen, welche die körperliche und seelische Gesundheit der Frauen betreffen. Mit der Plakataktion „Vergiss dich nicht… auch zu Zeiten von Corona“ möchte das interdisziplinäre Team von frauengesundheit. pustertal allen Frauen nahelegen, auch zum jetzigen Zeitpunkt sich selbst und vor allem die eigene Gesundheit nicht zu vergessen.

// Sara Zambelli Pavà

MEIN HAUSTIER

GENAU NACHSCHAUEN

WAS VERBIRGT SICH HINTER DEN ANGABEN AUF DEN FUTTERVERPACKUNGEN?

Egal, ob es sich um Trocken- oder Nassfutter für Hunde und Katzen handelt, bestimmte Angaben sind gesetzlich vorgeschrieben und müssen aufgelistet sein: • Zusammensetzung • Mindesthaltbarkeit • Analytische Bestandteile • Fütterungsempfehlung

Bei den Angaben zur Fütterungsempfehlung muss man jedoch beachten, dass die benötigte Futtermenge von Tier zu Tier variieren kann und es sich hierbei lediglich um eine Empfehlung handelt. Bei den analytischen Bestandteilen werden Rohprotein, Rohfett, Rohfaser und Rohasche angegeben. Was verbirgt sich eigentlich hinter diesen Werten? Vor allem was die Werte von Rohfaser und Rohasche aussagen, ist vielen nicht bekannt. Mittels der „Weender Analyse“ werden diese Werte beim Futter ermittelt.

WICHTIGE RICHTWERTE

Um den Wert der Rohasche zu ermitteln wird die Trockenmasse des Futters auf 550 Grad Celsius erhitzt. Bei dieser Temperatur werden alle organischen Bestandteile verbrannt und übrig bleibt Asche. Anhand dieser Asche wird der Anteil anorganischer Stoffe ersichtlich, der dann als Richtwert für den Mineralstoffgehalt des Futters gilt. Unter der Rohfaser versteht man den unverdaulichen organischen Anteil des Futters. Dieser wird ermittelt, indem das Futter eine halbe Stunde einer verdünnten Säure und anschließend einer verdünnten Lauge ausgesetzt wird. Alles was sich dann an organischen Stoffen nicht aufgelöst hat, wird der Rohfaser zugeordnet. Die Rohfaser besteht aus Lignin, Zellulose und Hemizellulose.

DIE ZUSAMMENSETZUNG

Schauen wir uns nun die Zusammensetzung von einem Futter an. Hierbei muss in der Reihenfolge der Zutaten immer das zuerst genannt werden, was am meisten enthalten ist. Und genau hier wird von einigen Herstellern gerne getrickst. So kann der Hersteller zum Beispiel alle enthaltenen Getreidesorten einzeln auflisten. Fleisch steht dann bei den Zutaten an erster Stelle, aber es ist trotzdem wesentlich mehr Getreide im Futter enthalten als Fleisch. Man spricht hier von einer geschlossenen oder offenen Deklaration. Bei der geschlossenen Deklaration wird die Zusammensetzung nur nach Futtermittelgruppen aufgeschlüsselt und bei der offenen Deklaration erfolgt sie nach der tatsächlichen Zusammensetzung und bietet somit mehr Transparenz. Ein klassisches Beispiel für die geschlossene Deklaration ist z. B. folgende Zusammensetzung: „Fleisch und tierische Nebenerzeugnisse, Getreide und pflanzliche Nebenerzeugnisse, Fette und Öle und Mineralstoffe“ – hinter dieser Zusammensetzung befindet sich ein Futter, welches sowohl für Hunde als auch Katzen absolut ungeeignet ist! Tierische Nebenerzeugnisse sind Schlachtabfälle, die nicht für die Lebensmittelproduktion für den Menschen geeignet sind, z. B. Magen, Darm, Sehnen, Knochen, Federn, Huf, Horn, Haut, etc. Auch pflanzliche Nebenerzeugnisse sind nicht für den menschlichen Verzehr zugelassen. Hierzu gehören z. B. Rübenschnitzel, Melasse, etc. Es lohnt sich also auf jeden Fall, sich mal die Zusammensetzung des Futters genau anzuschauen. Häufig erkennt man anhand der Zusammensetzung schon, warum es beim Tier möglicherweise gesundheitliche Probleme oder Unverträglichkeiten gibt.

Michaela Olbert

Ernährungsberaterin für Hunde und Katzen

BORDERLINE (Teil 1)

Bei unserer Tochter wurde nun Borderline diagnostiziert. Wir hatten mit ihr immer schon Schwierigkeiten v.a. in der Jugendzeit, weil sie sich extrem gehen lassen konnte und alles ausprobiert hat. Sie hat damals zwar die Schule noch einigermaßen auf die Reihe bekommen, aber nach dem Schulabschluss ging es rapide abwärts. Da sie sich als Studentin mehr hätte selbst organisieren müssen, kam sie mit dieser Selbstverantwortung nicht zurecht. Hinzu kam, dass sie in eine Depression gestürzt ist, als ihr Freund sie verlassen hat. Dabei wäre sie sehr intelligent und hätte die Fähigkeit, ihr Studium locker zu schaffen. Seit wir nun diese Diagnose erhalten haben, sind wir geschockt und fragen uns, ob sie überhaupt noch eine Chance hat, ihr Leben zu meistern. Sie wird heuer 25 Jahre alt. Wir verstehen auch nicht, weshalb unsere Tochter diese Probleme entwickelt hat und unser Sohn der 3 Jahre jünger ist, überhaupt keine Probleme hat. Kann das sein? So wollten wir Sie nach Ihrer Einschätzung fragen, ob so eine Borderline Störung behandelt werden kann und es eine realistische Chance auf Heilung gibt?

(Mann 56)

Dr. Egon Mair

Damit alle Leser zumindest ansatzweise einen Eindruck davon erhalten können, was unter einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) zu verstehen ist, gehe ich vorab kurz auf das Erscheinungsbild ein. Eine Borderline-Persönlichkeitsstörung, die manchmal auch emotional instabile Persönlichkeitsstörung des Borderline Typus genannt wird, bezeichnet im Grunde ein tiefgreifende Störung in der Persönlichkeitsstruktur. Betroffene Personen sind sehr impulsiv und emotional instabil. In ihren Gefühlen und ihrer Stimmung schwanken sie oftmals sehr schnell zwischen den Extremen. So sind beispielsweise schnelle Wechsel zwischen Traurigkeit/Verzweiflung, Wutausbrüchen und ggf. auch positiver Stimmung keine Seltenheit. Auch in Ihrer Beziehungsgestaltung sind sie sehr schwankend und unstet. Sie können einen Partner in einem Moment idealisieren und dann wieder entwerten. Meist hegen sie eine große Angst vor dem Verlassen werden. Sie fühlen sich selbst sehr häufig emotional stark belastet und spüren oftmals eine große Leere in sich. In vielen Fällen zeigt sich auch selbstverletzendes oder selbstschädigendes/destruktives Verhalten. Ebenso treten in Zusammenhang mit einer BPS häufig auch depressive Zustände und Angststörungen auf. Eine BPS macht sich normalerweise bereits im Jugendalter bemerkbar und Betroffene haben große Schwierigkeiten in ihrer Identitätsfindung und mit dem Leben bzw. vor allem mit sich selbst zurecht zu kommen. Die innere Instabilität und Impulsivität überträgt sich auf das Leben, welches dadurch ebenfalls chaotisch wird. Somit ist die Belastung sowohl für den/die Betroffene/n selbst, als auch für das unmittelbare Umfeld hoch.

Persönlichkeitsstörung bedeutet, dass eine Störung stark in der Persönlichkeitsstruktur verankert bzw. mit dieser verwoben ist. Dies ist auch der Grund, weshalb Persönlichkeitsstörungen in früheren Zeiten gewissermaßen als „unbehandelbar“ galten. Mittlerweile gibt es auch effektive Therapieansätze, Persönlichkeitsstörungen zu behandeln bzw. zumindest eine deutliche Besserung zu erreichen, auch wenn diese Behandlung in der Regel über einen langen Zeitraum erfolgt und die Veränderungen nur schrittweise erzielt werden können. Es ist ebenso wichtig zu unterscheiden, ob eine betroffene Person eine „echte“, also eine voll ausgeprägte Boderline-Persönlichkeitsstörung aufweist oder ob eine Person nur einzelne Merkmale und somit nur eine Tendenz in Richtung dieser Störung zeigt. Letzteres kommt nämlich viel häufiger vor und in diesem Falle sollte man von einer BPS-Diagnose absehen oder klarstellen, dass es sich nur um eine Tendenz in diese Richtung handelt. Da jede Diagnose gewissermaßen auch einen Stempel darstellt, sollte dieser niemanden aufgedrückt werden, wenn es nicht eindeutig der Fall ist. Die Behandlung einer BPS-Tendenz ist zwar sehr ähnlich, wie bei der echten BPS, doch können die Veränderungsprozesse, je nachdem wie stark oder leicht die Ausprägung ist, auch deutlich zügiger von statten gehen. Da es ansonsten den Rahmen sprengen würde, werde ich in der nächsten Ausgabe ausführlicher auf die Behandlungsmöglichkeiten einer Borderline-Persönlichkeitsstörung eingehen und in dieser Ausgabe noch kurz Ihre Frage nach dem „Weshalb“ aufgreifen.

Es ist verständlich, dass Sie sich die Frage stellen, wieso bei ihrem Sohn alles in Ordnung ist und bei Ihrer Tochter nicht. Dies kann jedoch durchaus der Fall sein. Zu den Ursachen gibt es unterschiedliche Ansätze. Einige davon gehen von genetischen Ursachen aus, die jedoch bisher nie wirklich nachgewiesen werden konnten. Manche vermuten neurobiologische Ursachen im Gehirn. Andere Ansätze gehen davon aus, dass zumindest bei der „echten“ BPS häufig schwere Traumatisierungen zugrunde liegen. Dies können singuläre Traumata z.B. sexueller Missbrauch sein oder emotionale Traumatisierungen, die über einen längeren Zeitraum eingewirkt haben und sich häufig sehr früh in der Kindheit ereignet haben oder dort bereits begonnen haben. Die Erfahrung in der praktischen Arbeit zeigt, dass solche traumatische Ursachen bei der BPS tatsächlich in vielen Fällen vorliegen. In jedem Fall sind aus wissenschaftlicher Sicht die Ursachen noch nicht restlos geklärt.

Wenn Sie eine Frage stellen möchten, können Sie diese anonym schriftlich oder telefonisch an unsere Redaktion richten oder Sie deponieren Ihre Frage direkt bei

Dr. Egon Mair

Psychologe - Psychotherapeut - Coach - Supervisor Stadtgasse Nr. 53, 39031 Bruneck; Tel.: 340/4026948 • www.psychologie.it

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