12 minute read
Günther Pörnbacher: Der Wald ist keine Spielwiese“
Er sieht Wälder wachsen, beobachtet Schädlinge und fragt sich, wann die Bäume und ihr Holz endlich wieder das Standing bekommen, das sie sich verdienen: Günther Pörnbacher, 55, leitet seit 2003 das Forstinspektorat Welsberg. Im Interview erzählt er, warum das Pustertal von Schäden durch Borkenkäfer bisher verschont geblieben ist, ab wann Freizeitnutzung im Wald zum Problem wird und was sich in unserem Umgang ändern muss.
PZ: Herr Pörnbacher, wie ist es um den
Wald im Pustertal bestellt?
Günther Pörnbacher: Man muss ein bisschen differenzieren. Speziell im Oberpustertal haben wir noch eine gute Situation. Das Gebiet ist optimal für die Baumarten, die wir haben. Je weiter man Richtung Eisacktal und Süden schaut, gibt es zum Beispiel mit der Kiefer Probleme. Das hängt mit den trockenen Jahren zusammen, die wir hatten. Wo es Kiefernwälder gibt, haben wir vom Ausgangsgestein her saure, arme Böden, die teilweise sandig sind und relativ wenig Wasser zurückhalten. Wenn es mehrere Wochen keine Niederschläge gibt, dann kommt die Kiefer in den sogenannten Trockenstress. Davon sind wir im Pustertal noch weitgehend verschont geblieben.
Was bedeutet Trockenstress für einen
Baum?
Das kann man sich wie bei einem Menschen vorstellen, der ein geschwächtes Immunsystem hat. Der Baum produziert dann weniger Harz und ist allgemein weniger resistent gegenüber Schädlingen. In Deutschland und Tschechien sieht man die dramatischen Ausmaße der Trockenheit seit Jahren. Das hat zeitweise zu einem Überfluss an Holz und enormen Preisfluktuationen geführt.
Die Wälder in Deutschland und Tschechien sind ausgetrocknet und durch Borkenkäfer bedroht. Sind die kleinen Wir bieten … Reparaturdienste Wir bieten … Reparaturdienste Insekten aus der Ordnung der Rüssel-für Geräte der Marken für Geräte der Marken käfer im Pustertal ein Thema? Miele, Siemens, Bosch Miele, Siemens, Bosch und viele mehr … und viele mehr … REPARATURDIENSTE für Geräte der TEL. 0474 375000 TEL. 0474 375000 führenden Marken T. 0474 375 000
Günther Pörnbacher, Jahrgang 1966, wächst auf einem Bauernhof in Olang auf. Nach dem Besuch des Humanistischen Gymnasiums in Bruneck überlegt er lange, ob er Deutsch und Geschichte studieren soll – oder doch Forstwirtschaft. Schließlich entschließt er sich für letzteres und macht seinen Abschluss an der Boku in Wien. Nach dem Studium unterrichtet er ein paar Jahre und fängt in Sterzing als Forstrat an. Seit 2003 ist er Amtsdirektor im Forstinspektorat Welsberg. „Damit bin ich auch schon fast Altholz”, sagt er und lacht. 23 Förster arbeiten in dem Gebiet, das ziemlich genau ein Zehntel der Landesfläche ausmacht und vom Bachl in Nasen bis zur Staatsgrenze reicht. Dazu kommen noch ein Forstrat, drei Verwaltungsangestellte und 40 saisonale Forstarbeiter. „Ein Traumberuf”, sagt Pörnbacher, „weil wir als Forstdienst unter anderem auch Landschaft mitgestalten können.” Neben dem Wald (der ihn seit der Kindheit begleitet), interessiert er sich für Politik und Musik und engagiert sich im örtlichen Fußballverein. Pörnbacher lebt mit seiner Familie in Olang. //
Speziell im Forstinspektorat Welsberg beobachten wir den Borkenkäfer seit Jahrzehnten. Dazu stellen wir im Wald Fallen auf, in die ein Lockstoff gehängt wird, der die Käfer anzieht. Die Fallen werden periodisch entleert. Aufgrund der Anzahl der Tiere kann ihre Entwicklung im Wald beobachtet werden. Seit dem Sturmtief Vaia im November 2018 haben wir das Ganze noch intensiviert. Wir haben festgestellt, dass wir in den vergangenen Jahren großes Glück hatten. Denn ein Monat ist im Vorkommen der Borkenkäfer ganz entscheidend: der Mai. Und in den vergangenen Jahren war das Wetter bei uns im Mai kühl und nass. Der Käfer fängt im Mai an zu brüten. Und diese Möglichkeit hatte er aufgrund des schlechten Wetters nur bedingt. Heuer hat sich seine Entwicklung aber auf Juni verlagert, womit sich die Gefahr einer zweiten Generation für August und September erhöht. Wir sehen am Beispiel Deutschland, welche Bedrohung das für Wälder sein kann.
Dabei hat der Käfer in einem funktionierenden Ökosystem eigentlich eine wichtige Aufgabe.
In der Natur gibt es keinen Schädling. Den Begriff hat der Mensch geprägt. Die vom gesunden Ökosystem vorgesehene Aufgabe des Borkenkäfers ist, in das liegengebliebene Holz und in geschwächte und kranke Bäume hineinzugehen. Er frisst die weiße Schicht unter der Rinde, das sogenannte Kambium und unterbricht den Saftstrom. Der Baum stirbt in der Folge ab. Der Borkenkäfer bereitet den Baum also für die nächsten Lebewesen vor, die ihn weiter abbauen, bis hin
Seit 2003 ist Günther Pörnbacher Amtsdirektor im Forstinspektorat Welsberg. Ein vielseitiger Beruf, der erlaubt, „Landschaft mitzugestalten“. Dazu gehört auch der Bau einer Trockenmauer, wie hier in Gsies (rechts).
zu den Pilzen und anderen Organismen, bis schlussendlich Humus daraus wird. Solange der Borkenkäfer in geschwächte Bäume geht, oder in Holz, das bereits am Boden liegt, ist das also ganz normal. Wenn er sich aber exponentiell entwickelt und kaum liegendes Holz vorfindet, dann kann er gesunde, stehende Bäume befallen. In überschaubarer Anzahl hat er in einem gesunden Baum keine Chance, weil der ihn in seinem Harz ersäuft. Wenn der Käfer aber in hoher Zahl und in Wellen kommt, ist ihm der Baum nicht mehr gewachsen.
2019 hat der Sturm Vaia im Alpenraum ganze Wälder niedergefegt. Wie ist der
Stand der Dinge im Oberpustertal?
Wir im Oberpustertal sind relativ gut weggekommen. Wir hatten nicht diese riesigen Kahlflächen wie etwa im Eggental oder Belluno. Bis zu 95 Prozent des Vaia-Holzes sind bei uns aufgearbeitet. Wenn der Wald flächig liegt, dann ist das Aufarbeiten leichter. Bei Schneedruck, der bei uns in den vergangenen Wintern enorm war, schaut es anders aus. Da steht ein Baum, dann liegen zwei, dann kommen wieder stehende Bäume: Das bringt ungleich höheren Aufwand mit sich. Unsere heimischen Firmen waren außerstande, alles aufzuarbeiten. Und da kommen die großen Player ins Spiel mit ausländischen Arbeitsgruppen.
Wie bewegen sich Arbeiter aus Rumänien, Bosnien und anderen Ländern in unseren Wäldern?
Sie sind es seit Langem gewöhnt, in Europa Schadholz aufzuarbeiten, kennen aber unsere Rahmenbedingungen nicht und bringen wenig Sensibilität für den Gebirgswald mit. Der Holzpreis ist im Moment verhältnismäßig hoch. Was passiert also? Die Leute fällen auch Bäume, die sich noch erholen könnten bzw. kaum beschädigt sind. Da wird teilweise das Doppelte aus den Wäldern entnommen als sein müsste. Wir müssten als Förster daneben stehen und sagen, dieser Baum darf weg, dieser bleibt. Wir versuchen es über Aufklärung und Anweisungen, es ist aber aus Zeitgründen nur bedingt möglich. Normalerweise markiert der Förster jeden Baum, der gefällt werden darf. Leider ist das bei Windwürfen und Schneedrücken nicht möglich. Und dann ist da noch die Sprachbarriere…
Und was ist mit der Verantwortung der
Waldeigentümer?
Viele kümmern sich leider viel zu wenig um ihren Wald. Sie machen mit dem Käufer oder Organisator der Schlägerung einen Preis aus, übergeben das Holz „am Stock“ , wie man sagt, und schauen nicht nach, ob die Arbeiter auch gesunde Bäume mitnehmen. Für einen Bauernhof hatte der Wald früher immer eine Art Sparkassenfunktion. Wenn ein Bauer umgebaut hat oder ein Erbe anstand, dann hat man etwas aus dem Wald geholt. Heute arbeiten viele Bauern längst im Nebenerwerb und nutzen den Wald nicht in periodischen Abständen, was optimal wäre. Und dann gibt es auch immer mehr Eigentümer, die nicht einmal wissen, wo die Eigentumsgrenzen verlaufen.
Wer ist verantwortlich, wenn im Wald etwas passiert?
In Österreich herrscht partielles Betretungsverbot, bei uns gilt das nicht. Führt ein markierter Wanderweg durch den Wald, ist man durch die IDM versichert. Der Eigentümer kann, außer in Ausnahmefällen nicht verpflichtet werden, umgefallene Bäume wegzuräumen. Er darf aber auch nicht fahrlässig handeln und zum Beispiel ohne Sicherheitsvorkehrung Bäume fällen, wenn Radfahrer oder Wanderer vorbeikommen.
Sind Zecken ein Thema, mit dem man sich im Forstinspektorat Welsberg beschäftigt?
Ja, wobei wir seit Längerem kein Monitoring mehr vorgenommen haben. Zecken zeigen sehr gut die Folgen des Klimawandels. Früher hieß es, die gehen nicht über 800 m Meereshöhe oder sie haben ein Problem mit Witterungsextremen. Aber diese „Glaubenssätze“ muss man überdenken, denn die Tiere scheinen resistenter als man glaubte. Die Zecke wird immer mehr zur Begleiterscheinung auch in unseren Zonen werden.
Fly- und Ziplines, Klettergarten, Themenwege: Ist der Wald als Event im
Kleinen zu begrüßen?
Der Wald hat verschiedene Aufgaben. Im Gebirge erfüllt er in erster Linie Schutzfunktionen, dann nutzen wir seinen >>
Die Windwurf-Schäden durch den Sturm Vaia waren wie hier in Sexten beträchtlich und trotzdem kam das Oberpusteral noch gut weg. 95 Prozent des VaiaHolzes sind in der Zwischenzeit bereits aufgearbeitet worden. Eine grandiose Leistung aller!
wertvollen nachwachsenden Rohstoff, er produziert O2, baut CO2 ein, filtert die Luft, gleicht Temperaturextreme aus, auch die Erholungsfunktion kommt dazu. Auch die Nebennutzung für sanfte Events wie Waldbaden oder Yoga, aber auch das Fahren mit Motocross, dem Mountainbike und andere Freizeittätigkeiten werden mehr. Ein Hochseilgarten in Dorfnähe, der fachgerecht gebaut ist, ist verkraftbar. Downhillstrecken überall, Schneeschuhwanderer und Skitourengeher, die im Gelände kreuz und quer gehen, haben extrem zugenommen. Diese Freizeitnutzung schafft zunehmend Probleme.
Weil eine Grenze überschritten wird?
Der Wald ist ein Lebensraum mit Tieren und Pflanzen, keine Spielwiese. Wir müssen ihn als große Biozönose wahrnehmen. Viele Freizeitsportler nutzen diesen Lebensraum gedankenlos und posten schöne Bilder. Ob sie sich mitten in einem Schneehuhnhabitat oder in einem Gamseinstandgebiet befinden ist ihnen kaum bewusst. Tourengeher nehmen Abfahrten, die früher tabu waren. Das Wild hat kaum mehr die nötige Ruhe und wird dadurch in Bereiche vertrieben, wo es sich sonst nicht aufhalten würde, was wiederum andere Probleme nach sich zieht.
Was müsste sich ändern?
Die Gesinnung und die Sensibilität für den Wald und andere Lebensräume muss wieder in die Köpfe. Sich ein paar Minuten Zeit nehmen, um zu reflektieren, wo ich mich gerade bewege und was in diesem Umfeld zu beachten ist.
Wären spezielle Schneisen für Tourengeher oder ausgewiesene Trails im
Wald eine Lösung?
Es gibt solche Ansätze und Ideen, die Umsetzung ist aber schwierig. Einmal, weil Grundbesitzer nicht immer einverstanden sind, und dann, weil es immer Leute gibt, die trotzdem vom normalen Weg abweichen. Einige Trails für Mountenbiker wurden im Oberpustertal bereits realisiert.
Zurück zum Holzpreis: Wie kann es sein, dass er in den vergangenen Monaten so enorm angestiegen ist?
Der globale Schnittholzpreis, also vor allem Bretter aber auch Platten, geht seit Herbst durch die Decke. Das hat einmal mit dem Recovery-Ansatz der US-Regierung zu tun, die Sanierungen und Umbauten fördert. Kanada hat viel Holz an die USA geliefert und den Export gedrosselt, weil das Waldsterben im Land beträchtlich ist. China erhält weniger Holz von Russland, weil der russische Präsident die Verarbeitung und Veredelung des Holzes im Inland stärken und das Produkt dann entsprechend teuer verkaufen will. Im Übrigen ist Vaia-Holz tonnenweise
Schneerechen in Lärchenholz in Anbruchgebieten von Lawinen (wie hier am Rammelstein) werden von Forstarbeitern in Regie errichtet und dienen dazu, ein Aufkommen des Jungwaldes zu erleichtern.
Schwerstarbeit: Das Bild dieser Hangrutschverbauung in Antholz zeigt, dass es oft nicht ohne schweres Gerät geht. Wenn es um den Rohstoff Holz geht, kann Günther Pörnbacher schnell ins Schwärmen geraten. Schon als Kind war der Bauernbub lieber im Wald als auf dem Feld.
nach China verkauft worden. Jetzt sind wir in der fast schon perversen Situation, dass die Firmen, die im Holzbau tätig sind, kein Holz mehr bekommen, weil europäische Unternehmen ins Ausland exportieren. Ein Teil des Problems ist mit kurzfristigem und egoistischem Denken zu erklären, ein Teil ist hausgemacht. Früher hat man sich ein Holzlager gehalten, aber das ist vielen zu aufwändig und teuer geworden. Holz wird importiert, geschnitten und weiterverkauft. Und jetzt gibt es Engpässe in der Rundholzbeschaffung, trotz der gestiegenen Preise.
Wird Holz als Baustoff seinen Wert halten?
Aufgrund seiner Möglichkeiten und der Kohlenstoffbindung wird der Wert noch steigen, ja die Verwendung unabdingbar werden. Die Frage ist, ob sich das Ungleichgewicht irgendwann einpendelt und Waldbesitzer endlich wieder einen fairen Preis für ihr Holz bekommen. Die Spanne zwischen Baum und Brett stimmt hinten und vorne nicht. Da wären der Bauernbund und andere Player gefragt: Es bräuchte eine Art Waldbesitzerverband, in der jemand Mitglied werden kann, Beratung bekommt und den Verkauf gleich abwickeln kann. Somit könnte man sich am Markt viel besser positionieren. Der Wald hat auch in dieser Hinsicht in Südtirol leider nicht das Standing, das er sich verdienen würde.
Dabei reden wir doch immer alle von regionalen Kreisläufen.
Holz ist einer der wenigen Rohstoffe, den wir neben den Touristen haben (lacht). In durchschnittlichen Jahren geht aber die Hälfte des Südtiroler Holzes ins Ausland, und wir importieren Holz für die heimische Bauwirtschaft. Da stimmt etwas nicht. Es fehlt die entsprechende Wertschöpfungskette im Land. mehr zukunftsfähig, weil auch der Sojaanbau zur Rodung des Regenwaldes beiträgt. Und dann das Thema Wasser. Wir bräuchten in Südtirol kein Mineralwasser bei der
Was bedrückt Sie? Qualität unseres Trinkwassers. Warum sind Der bedenkenlose Umgang mit unseren be- wir nicht imstande, dem Gast zu vermitteln, grenzten Ressourcen. Auch die Versiegelung dass unser Wasser gut und gesund ist – und der Böden ist ein großes Problem. Ein ak- wir es ihm auch gerne ausschenken zu eituelles Beispiel ist das neue Mobilitätszen- nem fairen Preis. Wir müssen endlich ins trum in Bruneck. 90 Prozent davon sind As- Machen kommen. Ob wir es hören wollen phalt. Wenn das Wasser nicht versickern oder nicht: Uns läuft die Zeit davon, und es kann, wo es fällt, schafft das vielseitige Pro- entscheidet sich jetzt, ob wir unseren Nachbleme. Vielfach wird es mittlerweile direkt kommen einen halbwegs lebenswerten Plain die Regenwasserleitungen geleitet und neten hinterlassen. Ein „weiter so“ wird sich damit direkt in die Vorfluter. Und die schwil- nicht spielen. len nach einer halben Stunde Starknieder- // Interview: Verena Duregger schlag bedenklich an. Diese Entwicklung der Versiegelung ist bedenklich. Wir müssen Nieder- HOLZ I FLIESEN I STEIN schläge dem Grundwasser wieder zufügen. Auch in der Landwirtschaft kann einiges getan werden: Haben einige Quadratmeter Blühstreifen wirklich nirgends mehr Platz zum Wohle der Artenvielfalt? Überproportionale Düngergaben führen zu Humusabbau in den !!! S O M M E R A L A R M !!! Zeit für Tage und Abende auf der Terrasse Große Auswahl an hochwertigen Fliesen Böden. Im Humus und Outdoor-Möbel werden große Men- Wir beraten Sie gerne! gen Kohlenstoff ge- Unsere Öffnungszeiten: 08:00-12:00 | 14:00-18:00 MO bis FR speichert. Auch Tel. 0474 474786 oder info@nidus.volgger.it Sojaimporte aus NIDUS – Volgger Holz, Bruneckerstr. 30, 39030 St. Lorenzen (BZ)Südamerika sind in www.nidus.volgger.itdiesen Zeiten nicht