5 minute read
Floristik: Die 0-Kilometer-Sträuße
REGIONALITÄT IN DER FLORISTIK Die 0-Kilometer-Sträuße
Seit geraumer Zeit scheint ein verstärktes Bewusstsein in Sachen Regionalität - gerade beim Einkaufen, allen voran von Lebensmitteln – in unserem Konsumdenken Einzug zu halten. Lokale Produkte stehen hoch im Kurs, „Kilometer 0“ lautet das Schlagwort. Doch wie sieht unser diesbezügliches Kaufverhalten in Bezug auf Blumen aus? „Null-km Sträuße“ – Die Anschlagtafel mit dem verlockenden Angebot in der Brunecker Gärtnerei Grünes und Co erweckt Neugierde, denn welche Blumen gibt es denn überhaupt bei uns im Pustertal, und können sie unserer Vorstellung eines schönen Blumenstraußes gerecht werden? PZ-Redakteurin Judith Steinmair hat sich mit Marion Pallhuber, Floristin und Geschäftsführerin der Gärtnerei und Clair Dejaco, Leiterin des Sozialbereichs von Grünes und Co zum Lokalaugenschein getroffen, um mehr über die bunte Welt der einheimischen Schnittblumen und die entsprechenden Auswirkungen in puncto Klimaschutz in Erfahrung zu bringen.
Eine Gärtnerei, die von einer Sozialgenossenschaft geführt wird - das an sich ist bereits ein interessantes Projekt, und seit Jänner 2020 stellt Grünes und Co eindrucksvoll unter Beweis, dass so ein Konzept durchaus funktioniert. Ziel der Genossenschaft ist die Inklusion am Arbeitsplatz. Menschen, die aus verschiedenen Gründen im Moment Schwierigkeiten haben, sich auf dem ersten Arbeitsmarkt zurechtzufinden, haben bei Grünes und Co die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten zu trainieren und einen, ihren Bedürfnissen angemessenen Arbeitsplatz zu erhalten. Dadurch soll ein persönlicher Mehrwert für die/den Einzelne/n entstehen, zugleich aber auch ein wichtiger gesellschaftlicher Beitrag im Sinne der Teilhabe und Inklusion geleistet werden. Verständlich, dass bei einer Sozialgenossenschaft dann auch Werte und gesellschaftliche Herausforderungen, wie etwa die Nachhaltigkeit, eine tragende Rolle spielen. Ein Thema, das gerade im Bereich „Gärtnereien“ so einige Tücken mit sich bringt. Denn es ist gar nicht so einfach, ressourcenschonend zu arbeiten. Lieferungen aus dem Ausland, vor allem aus Holland, stehen nach wie vor an der Tagesordnung, Verpackungsmaterial gibt es somit en masse, und selbst für Blumentöpfe gibt es derzeit noch keine wirklich ausgereiften nachhaltigen Lösungen, wie die Verantwortlichen von Grünes und Co das Alltagsgeschäft schildern. Aber man versuche, wo immer möglich, einen Beitrag zur Nachhaltigkeit zu leisten und umweltschonend zu arbeiten, unter anderem eben auch mit eigenen lokalen Schnittblumen.
Die Mitarbeiter stehen für Rat und Tat gerne zur Seite.
SCHNITTBLUMEN UND DEREN NACHHALTIGKEIT
Mit der eigenen Produktion von Schnittblumen gelingt es der Genossenschaft deren Einkauf zu verringern und in Folge dessen auch das Verpackungsmaterial. „Konkret ersparen wir uns derzeit zwei Transporte pro Woche aus Holland“, sagt Marion Pallhuber. Das Positive daran liegt klar auf der Hand: Weniger Transporte, weniger CO2-Ausstoß, ein besserer Fußabdruck! Aber auch darüber hinaus bringe das Kultivieren eigener Schnittblumen viele Vorteile mit sich, unterstreicht Clair Dejaco, so könne man nämlich die Herstellungsbedingungen kontrollieren, eine Tatsache, die bei gekaufter Ware natür-
lich nicht möglich ist. Was im Fall von Grünes und Co bedeutet, dass bei den lokalen Schnittblumen gänzlich auf Pestizide verzichtet wird. Und durch das unmittelbare, tägliche Abschneiden vor Ort ohne lange Zufahrtswege ist die Haltbarkeit der Schnittblumen verständlicherweise deutlich besser im Vergleich zu Blumen aus dem Ausland, sie sind frischer und langlebiger. Zudem, man mag es kaum glauben, besticht der Selbstanbau auch durch eine größere Auswahl, das heißt, das Sortiment umfasst eine größere Artenvielfalt als sonst üblicherweise erhältlich, wie Marion Pallhuber versichert (s. Liste Schnittblumen). Natürlich sei es im Pustertal aufgrund der geografischen Gegebenheiten nicht möglich, das ganze Jahr über zu produzieren, aber ein Teil der Floristik kann durchaus abgedeckt werden. Von Mai bis Oktober wächst, je nach Witterung selbstverständlich, eine Vielzahl an Frisch- und Trockenblumen sowie Schnittgrün auf dem Acker, der sich fußläufig im großzügigen Areal hinter der Gärtnerei erstreckt. Eine wahre Farbenpracht und ein Paradies für Bienen und Insekten! Im Herbst werden dann die bis dahin nicht verkauften Blumen für Trockensträuße und anderes verarbeitet, und von Ende Dezember bis März bietet die Gärtnerei auch eine große Auswahl an eigenen Tulpen und Narzissen an.
DIE WIN-WIN-SITUATION
Lokale Produkte also auch beim Einkauf von Schnittblumen? Den Kund*innen gefällt’s, so Marion Pallhuber. Die Wertschätzung sei durchwegs spürbar, die Resonanz sehr gut. Wen wundert’s, schließlich überzeugt das Angebot der Null-km-Sträuße auch durch ein außerordentlich gutes Preis-Leistungsverhältnis, ein nicht unwesentlicher Aspekt in Zeiten ständiger Preissteigerungen, ein Phänomen, das auch vor Schnittblumen nicht halt macht. „Insgesamt ist der Anbau eigener Schnittblumen für uns eine absolute Win-win-Situation“, fasst Clair Dejaco das Konzept zusammen, „wir versuchen damit, der Verringerung der Umweltbelastung zusätzlich zu bereits bestehenden Maßnahmen - wie der Verzicht auf umweltunverträgliche Verpackungsmaterialien wie Cellophan oder auf Pestizide - Rechnung zu tragen. Darüber hinaus bietet die niederschwellige Tätigkeit optimale Integrationsmöglichkeiten für Menschen mit einer Benachteiligung – alles in allem also genau im Sinne unseres sozialgenossenschaftlichen Gedankens, sehr zum Wohlgefallen unserer Mitarbeiter*innen, der Kund*innen und natürlich auch der Bienen und Insekten…“ Einziger Wehrmutstropfen derzeit: das leidige Thema des Personalmangels. Die Arbeit in einer Gärtnerei ist vielfältig, zu tun gibt‘s genug und geeignetes Fachpersonal, vor allem Florist*innen, sind gar nicht zu einfach zu finden. „Wer also Interesse bekundet und Teil unseres tollen Teams werden möchte, kann sich gerne bei uns melden“, so der abschließende Apell der Geschäftsführerin.
// Judith Steinmair
UM EINEN EINBLICK ZU BEKOMMEN, WAS DERZEIT SO ALLES AUF PUSTERTALS WIESEN UND ÄCKERN BLÜHEN KANN, IM FOLGENDEN EINE AUSWAHL VON DEN DERZEIT ERHÄLTLICHEN LOKALEN BLUMEN:
FRISCHBLUMEN
Ageratum houstonianum - Gewöhnlicher Leberbalsam Antirrhinum majus - Löwenmaul Callistephus chinensis – Astern Chrysanthemum parthenium – Mutterkraut Daucus carota – Möhre Dianthus barbatus – Bartnelke Zinnia elegans – Zinnien Helianthus annuus – Sonnenblumen Sedum telephium – große Fetthenne Delphinium ajacis – Rittersporn Gladiolus x hortulanus – Gladiolen Dahlia x hortensis – Dahlien
TROCKENBLUMEN
Helichrysum bracteatum – Strohblume Limonium sintuatum – Strandflieder Nigella damascena – Jungfer im Grünen Achillea millefolium – Schafgarben Cucurbita pepo – Zierkürbis - HERBST Zea mays – Ziermais - HERBST
SCHNITTGRÜN
Amaranthus cruentus – Fuchsschwanz Bupleurum rotundifolium – Rundblättriges Hasenohr Panicum virgatum – Rispenhirse Alchemilla mollis – Weicher Frauenmantel Verschiedene Minzen
Bruneck / Brunico 0474 553637 Welsberg / Monguelfo 0474 944522 www.schraffl.it