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Volksbühne St. Magdalena: Selbstjustiz in Gsies
VOLKSBÜHNE ST. MAGDALENA Selbstjustiz in Gsies
Schwere Kost ist sein Ding. Erst vor fünf Wochen inszenierte der Theaterpädagoge Hans Stoll in Mühlwald ein Stück über Kindesmissbrauch, nun holt er mit den Gsiesern die Themen Selbstjustiz, Vorurteile und Internethetze auf die Bühne. Die PZ sprach mit dem umtriebigen Regisseur über seine jüngste Bühnenproduktion und wie er es schafft, mit zwei Amateurbühnen nahezu zeitgleich den Finger in offene Wunden unserer Gesellschaft zu legen.
PZ: Herr Strobl, der Vorhang in Mühlwald ist kaum gefallen, schon gehen im
Vereinshaus von St. Magdalena in Gsies die Scheinwerfer an. Haben Sie nie genug Theater?
Hans Strobl: Die letzte Zeit war schon etwas stressig (lacht). Doch irgendwie ist das Aufeinanderfolgen der zwei Stücke ein Überbleibsel der Pandemie. In Mühlwald haben wir bereits vor zwei Jahren mit den Proben begonnen, doch dann machte die zweite und dritte und, was weiß ich, wievielte Coronawelle alles dicht. Damit hat niemand gerechnet. Unabhängig davon habe ich den Gsiesern die Regie für ihre Aufführung 2022 zugesagt. Das lag damals ja noch in überschaubarer Ferne. Nun ist halt beides zusammengekommen. Zum Glück bin ich in Pen-

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Bewegend, bedrückend - vor allem aber mutig ist die Inszenierung von „Der Fall Rautermann“ durch die Volksbühne St. Magdalena/Gsies, die am Freitag, 25. November Premiere hat und danach noch vier Mal auf dem Spielplan steht.
sion, ansonsten wäre ich mit sechs bis sieben Proben pro Woche wohl überfordert gewesen. So galt es halt, die Proben gut einzuteilen, was mit ausschließlich berufstätigen Laiendarstellern nicht ganz einfach war.
Wieder haben sie ein modernes Drama ausgesucht, bei dem es nichts zu lachen gibt …
„Der Fall Rautermann“ thematisiert den Umgang mit Vorurteilen in Zeiten des Internets. Ein selbsternanntes „Komitee der gerechten Bürger“ entführt einen mutmaßlichen Kindermörder, für dessen Schuld es lediglich Indizien, aber keine Beweise gibt. Mit der Entführungsaktion, die im Internet online geht, soll einerseits die Öffentlichkeit aufgerüttelt und andererseits ein Geständnis erzwungen werden. Während der e-Mob, der sich durch die direkte Einspeisung der Befragung ins Netz zunehmend aufwühlen lässt, lauthals die Bestrafung des potentiellen Triebtäters fordert, rückt auf der Bühne, einem Kellerloch, immer beklemmender die Frage ins Rampenlicht: War er es oder war er es nicht? Wer ist hier Täter, wer ist Opfer?

Zwischen Wehklagen und Wut: Die verbitterte Mutter eines verschwundenen Mädchens (gespielt von Katti Bachmann, rechts) versucht vom mutmaßlichen Triebtäter Gerd Rautermann (gespielt von Lukas Steinmayr, links) ein Geständnis zu erzwingen.

Theater, das bewegt, aufwühlt und Fragen auf-
wirft: Schon längst hat sich Hans Strobl, Ausbildner und Spielleiter im Südtiroler Theaterverein, mit seinen packend-intensiven, meist erschreckend aktuellen Inszenierungen gesellschaftlicher Reizthemen einen Namen gemacht.
Ein Schauspiel das zur Herausforderung wird … für Darsteller, Publikum und Regisseur. Kann man das so sagen?
Das denke ich schon. Mir war es wichtig, die ausnahmslos jungen Spielerinnen und Spieler so zu führen, dass sie ihre Rollen authentisch und ehrlich spielen, dass sie ihre eigenen Erfahrungen und Empfindungen als Fundgrube nützen, um die Figuren zu füllen. Und darin liegt dann auch die Herausforderung für
DIE TERMINE: DER FALL RAUTERMANN
Die Volksbühne St. Magdalena/Gsies spielt ein Entführungsdrama von Jürgen Baumgarten
• Freitag, 25. November 2022 – 20 Uhr Premiere • Sonntag, 26. November 2022 – 18 Uhr • Mittwoch, 30. November 2022 – 20 Uhr • Freitag, 2. Dezember 2022 – 20 Uhr • Sonntag, 4. November 2022 – 18 Uhr
Kartenvorverkauf unter 349 2318287 (18-21 Uhr, keine Sprachnachrichten) oder eine Stunde vor Aufführungsbeginn an der Theaterkasse im Vereinshaus St. Magdalena/ Gsies. Für Kinder nicht geeignet!

Zwischen Recht und Rache: Das „Komitee der gerechten Bürger“ verliert zusehends die Kontrolle über den Entführungsfall und ihre eigenen Gefühle (v.l. Tina/Jasmin Huber, Jan/Daniel Gostner, Tom/Alois Mooswalder und Silvia/Rebecca Reier).
die sechs Darsteller auf der Bühne. Dazu dient auch, dass wir das in Hochsprache verfasste Stück gemeinsam in den Dialekt übertragen haben. Das ist einfach näher bei den Spielern und auch näher beim Publikum.
Womit wir beim anderen Teil der Frage wären: Was darf, was soll sich das Publikum im Vereinshaus von St. Magdalena erwarten?
Ein Stück, das unter die Haut geht, das aufrüttelt und hoffentlich auch Stoff für Diskussionen liefert. // Interview: Eduard Tasser
