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Eine geballte Ladung Inspiration zum Jahresende

Beim letzten Treffen der Pustertaler Vertreterinnen und Vertreter des Südtiroler Wirtschafts-rings im heurigen Jahr war Nabelschau mit dem Blick über den Tellerrand angesagt: Käser Michael Steiner, Hotelierin Michaela Nöckler, Tischler Reinhold Stoll, Softwareentwickler Hannes Kathrein, Großtierpraktikerin Monika Hinterhuber und Unternehmer Markus Bergmeister begeisterten am Firmensitz von „Die Hofers“ mit der Erzählung über ihren Werdegang und ihre Visionen.

Wenn Wirtschaftstreibende gefragt werden, wofür ihnen das Jahr 2022 vor allem in Erinnerung bleiben wird, dann ist die Antwort oft: Energiekrise, Auswirkungen des Krieges, unsichere Zukunft. In der Tat wurde auch die heimische Wirtschaft seit Beginn der Coronapandemie auf vielfältige Weise herausgefordert. Natürlich hätten die Pusterer Mitglieder des Südtiroler Wirtschaftsrings (SWR) bei ihrem letzten Treffen vor Jahresabschluss darüber sprechen können. Sie haben das am Rande auch getan. „Doch wir wollen gerade in schwierigen Zeiten ein Trotzdem entgegensetzen“, sagte Andreas Leiter, SWR-Bezirkspräsident des Pustertals. Dieses Trotzdem sollte die Anwesenden inspirieren und kam in Form von Gesprächen mit sechs Menschen aus dem Pustertal auf die Bühne, die allesamt Besonderes in ihrer beruflichen Karriere leisten. Yvonne und Jens Hofer („Die Hofers“) hatten zum dritten Treffen des SWR in ihren Betrieb geladen. Jens Hofer freute sich darauf, an diesem Abend „gemeinsam über den Tellerrand zu blicken”.

DIE CHANCEN NUTZEN

Als Erster erzählte Michael Steiner von seinem Weg. Eigentlich wollte er ja Hubschrauberpilot werden. Die Landwirtschaftsschule be-

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Inspirierten mit ihren Erzählungen: (vorne, v.l.) Michaela Nöckler, Hannes Kathrein, Monika Hinterhuber, (hinten, v.l.) Reinhold Stoll, Markus Bergmeister und Michael Steiner.

sucht er dann doch, aber ohne klares Ziel, Bauer zu werden. Ein Praktikum bei einem Stadtkäser in der Schweiz ändert alles. Käse ist ihm damals nicht fremd, seine Eltern haben sich Zuhause auf dem Eggemairhof eine kleine Hofkäserei aufgebaut. Beim Schweizer Käser sieht er, dass man Käse nicht nur gut machen, sondern auch richtig davon leben kann. Mit viel frischen Ideen kommt er zurück und überzeugt seine Eltern, den Hof und die Käseproduktion umzukrempeln. Kein leichtes Unterfangen. Heute ist Eggemoa für seine Weichkäsekreationen bis weit über das Pustertal hinaus bekannt. Sein Ziel für die Zukunft: „Wachsen. Mein Hauptproblem ist im Moment, dass wir noch zu klein sind und alles auf mich zurückfällt. Werden wir etwas größer, kann ich Verantwortung abgeben.” Auf die Frage, welche Probleme er am Standort Pustertal vor allem verortet, antwortete er, dass er sich lieber auf die Chancen konzentriert, die wir hier haben. „Was landwirtschaftliche Genussmittel betrifft, hat sich viel getan und es wird sich noch viel tun.” Eine Hauptschwierigkeit? „Die Mentalität. Vieles wird dadurch zerredet. Das bremst uns.” Einer der Zuhörer wollte wissen, ob die bäuerlichen Produkte noch mehr Förderung brauchen. „Zu viele Förderungen machen den Innovationsgeist kaputt”, so Steiner.

Licht an: Inspiration beim letzten SWR-Treffen. Holz: Der Rohstoff, mit dem Tischler Reinhold Stoll Erstaunliches gelingt.

ALT UND NEU ERGÄNZEN SICH

Der Innovationsgeist der nächsten Gesprächspartnerin besteht gerade in der Bewahrung von etwas Altem. Auf dem Weg dorthin hat Michaela Nöckler zunächst „eine Kurve gemacht”. Nach ihrem Wirtschaftsstudium unterrichtet sie ein paar Jahre. Dann suchen die Großeltern eine Nachfolge für das von ihnen geführte Hotel. Keine der sieben Töchter will, da springt die Enkelin ein und pachtet den Bühelwirt in St. Jakob für ein Jahr auf Probe. Das klappt erstaunlich gut, so gut, dass sie den Betrieb schlussendlich ganz übernimmt. Doch so, wie er ist, kann er nicht in die Zukunft geführt werden. Zusammen mit ihrem Mann entscheidet sie, einen modernen Zubau zu realisieren und diesen mit dem alten Gasthaus zu verbinden. Alt und neu ergänzen sich ganz selbstverständlich. Doch neu heißt nicht schnelllebig: Die verwendeten Materialien spiegeln nicht nur das Ahrntal und Südtirol wider, sondern sind so hochwertig und behutsam gewählt, dass sie auch noch in Jahrzehnten Beständigkeit haben. Das große Presseecho, so Nöckler, half dabei, einen guten Start hinzubekommen. Als Corona die Hotellerie lahmlegt und dann der erste Winter nach Ausbruch der Pandemie vor der Tür steht, sperrt Nöckler ihr Hotel nicht auf. Sie nutzt die Zeit, um das ganze Hotelkonzept auf 100 Prozent bio auszurichten. In der Küche, aber auch bei Kosmetik, Energie und vielen anderen Bereichen. „Nun erstellen wir alle zwei Jahre die Klimabilanz. Die Herausforderungen sind groß, aber wir werden den Betrieb nachhaltig in die Zukunft führen.”

AUS HOLZ VIEL GEMACHT

Tischlermeister Reinhold Stoll begeisterte die Zuhörerinnen und Zuhörer im Anschluss mit seiner feinsinnigen Herangehensweise an den Rohstoff Holz. Gerade erst wurde der 64-Jährige mit dem Bayerischen Staatspreis für Gestaltung ausgezeichnet (PZ berichtete). Es ist das Ergebnis jahrzehntelanger Auseinandersetzung mit Massivholz. Eine weiterführende Schule zu besuchen, wäre in seiner Jugend finanziell nicht drin gewesen, so Stoll. Also macht er die Ausbildung zum Tischler. Das Berufsbild kennt er. Schon sein Vater führte eine kleine Tischlerei in Taisten. Nach Abschluss der Lehre zieht es ihn nach München, der Rockkonzerte wegen, Genesis, Led Zeppelin, solche Sachen. Am Ende bleibt er auch in der bayerischen Landeshauptstadt, weil ihm sein Tischlermeister große Freiheiten lässt und ihm rät, die Meisterschule zu absolvieren. In Garmisch besucht er die Schule für Holz und Gestaltung und blickt in eine neue Welt. „Was ich damals gelernt habe, bildet noch heute die Grundlage für meinen Betrieb.” Auch die Fachakademie hängt er ein paar Jahre später noch dran. Weil er ein lebenslang Lernender ist. „Ich möchte Stücke von Wert machen. Ein Möbelstück, das nur sechs Jahre irgendwo steht, dafür ist mir meine Arbeitszeit zu schade. Ich möchte Stücke für Generationen machen oder für ein Menschenleben.” Applaus aus dem Publikum. >>

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Als Monika Hinterhuber in Wien ihr Veterinärmedizinstudium absolvierte, waren Großtierpraktikerinnen selten. Viel öfter entschieden sich Frauen für kleinere Tiere, Hunde, Katzen, Hasen. Auch ihr Umfeld winkte ab, doch Hinterhuber, die Brunecker Wurzeln hat, und in Innsbruck aufgewachsen ist, lässt sich nicht davon abbringen. Als im Ahrntal eine Stelle frei wird, sagt sie zu. Nicht nur der Dialekt ist eine erste Hürde, auch die Fahrten zu den Höfen wollen gelernt sein. Und dann natürlich der Beruf an sich. In den mehr als 20 Jahren ihrer Tätigkeit beobachtet Hinterhuber hautnah, welche Themen Bauern beschäftigen. Viele schaffen den Sprung in die Zukunft, doch immer mehr geben den Betrieb auf. Auch ihr Beruf hat sich in Teilen geändert. Seit zwei, drei Jahren wird er zunehmend digitalisiert, der „gläserne Tierarzt” sei das Ziel. Für sie selbst bedeute das, nach getaner Arbeit noch viel Zeit mit Eintippen ins digitale Behandlungsregister zuzubringen. Doch in erster Linie denkt sie an die Herausforderungen der Bäuerinnen und Bauern selbst. Im Gespräch regt Hinterhuber an, die Rentabilität auch über die bäuerlichen Produkte zu regulieren. Nachwuchssorgen treiben indes auch die Großtierpraktierinnen und -praktiker um. „Junge Leute fragen sich heute, wie viel Geld sie mit einem Beruf verdienen, wie viel Freizeit sie haben und wie es mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf aussieht und da schneidet dieses Berufsbild nicht so gut ab.” Nach einem Rat für Schüler und Studentinnen gefragt: „Geht raus in die Welt und versucht, möglichst viel zu sehen!”

PROZESSE DIGITALISIEREN

Die große Welt vom kleinen Bruneck aus bespielen – das gelingt den Softwareentwicklern von Abuscom seit vielen Jahren. Geschäftsführer Hannes Kathrein erklärte zunächst, was das Unternehmen genau macht: „Wir digitalisieren Prozesse, die in Betrieben bestehen. Unser Schwerpunkt ist Controlling und der Reporting-Bereich.” Kathrein und sein Geschäftspartner Leonhard Holzer waren beide bei Sinter Metals tätig. Als sie sich selbständig machten, betraten sie Neuland. In der von ihnen entwickelten Standardsoftware steckt nun das Wissen von 20 Jahren. Auch Abuscom spürt den Mangel an Fachkräften. Gerade erst sprang Wir bieten … Reparaturdienste Wir bieten … Reparaturdienste ein potentieller Mitarbeiter aus Russland (!) für Geräte der Marken für Geräte der Marken ab, weil er in Bruneck und Umgebung kei-Miele, Siemens, Bosch Miele, Siemens, Bosch und viele mehr … und viele mehr … REPARATURDIENSTE für Geräte der TEL. 0474 375000 TEL. 0474 375000 führenden Marken T. 0474 375 000

Aus besonderem Holz geschnitzt: Andreas Leiter im Gespräch mit Tischlermeister Reinhold Stoll.

ne leistbare Wohnung fand. „Es geht eben längst nicht mehr nur um die Frage, wie man die Leute herkriegt, sondern auch, wo sie wohnen können”, so Kathrein. (Ein Thema, das der SWR Pustertal auch bei einer der vergangenen Veranstaltungen aufgegriffen hat.) Wie reagiert man darauf?, so die Frage aus dem Publikum. „Mit Flexibilität. Wir haben gerade eine deutsche Entwicklerin eingestellt, die in der Toskana lebt. Zwei Wochen ist sie in Bruneck, zwei Wochen arbeitet sie von Zuhause aus.” Das sei nicht immer einfach, aber es lohne sich am Ende.

HÖHEN UND TIEFEN

Einen Hauch amerikanisches Unternehmertum brachte der letzte Gesprächspartner auf die Wohnzimmerbühne, die Yvonne Hofer mit viel Liebe zum Detail vorbereitet hatte. Markus Bergmeister führt heute ein Unternehmen mit 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: ProLight. Das war nicht immer so. Im Jahr 2000 macht sich der gelernte Elektriker mit Anfang 20 selbstständig und baut sich seinen kleinen Lampenbetrieb auf. Das läuft zunächst gut, doch als das Internet salonfähig wird, bricht der Verkauf ein. „Also dachte ich, ich muss ein eigenes Produkt auf den Markt bringen.” Er setzt auf LED-Technik und macht bei einem Ideenwettbewerb der Österreichischen Bundesbahn für Tunnelbeleuchtung mit – und gewinnt. „Da musste ich erst einmal schauen, dass wir die Handläufe für die Beleuchtung überhaupt produzieren können.” Er schafft auch das. Doch in ruhigen Gewässern befindet er sich trotzdem nicht. Als Zahlungen von Kunden ausbleiben, klopft der Gerichtsvollzieher an die Tür. Einen Monat gibt er ihm. „Eine sehr schwierige Zeit.” Doch er überwindet auch diese Hürde und ist mit seiner LED-Technik heute fest im Markt etabliert. Was ihm dabei geholfen hat, im Ausland zu bestehen? „Der Südtiroler ist dort als fleißiger Arbeiter bekannt, der einen ehrlichen Charakter hat.” Wo die Leuchten von ProLight zu sehen sind?, wollte jemand wissen. „In jedem Tunnel auf der Strecke Feldkirch-Wien zum Beispiel, und in Zukunft in jedem Schweizer Bahnhof.” Für seine Schilderung über Höhen und Tiefen des Unternehmertums erntete Bergmeister spontanen Applaus. Wie viel Innovationsgeist im Pustertal steckt, begeisterte auch SWR-Präsident Federico Giudiceandrea. „Eine tolle Veranstaltung”, sagte er. Sie hat im wahrsten Sinne über den Tellerrand hinaus geführt und ist doch bei den Wurzeln geblieben. // Verena Duregger

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