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Künstlerateliers: Räume für kreatives Schaffen
Räume für kreatives Schaffen
Künstlerinnen und Künstler brauchen Platz, um ihrem kreativen Schaffen Raum zu geben. Gerade in der bildenden Kunst ist es vielfach gar nicht so einfach, diesem Bedürfnis gerecht zu werden. Das Geld ist knapp, ein Salär nicht regelmäßig, die Raummieten hingegen meist hoch. In Bruneck ist mit der Idee der „Künstlerateliers“ nun ein Projekt gestartet, welches diesem Problem Abhilfe schaffen soll.
von Judith Steinmair
Derweil gibt es zwei an der Zahl, ein drittes ist bereits in konkreter Planung. Als Organisator und Verwalter der Künstlerateliers fungiert der Museumsverein Bruneck, tatkräftige Unterstützung kommt dabei aber von der Stadtgemeinde Bruneck. Dieser ist die Bereitstellung solcher Räume für Künstlerinnen und Künstler nämlich schon länger ein großes Anliegen, wie Bürgermeister Roland Griessmair gegenüber der PZ unterstreicht. Der Wunsch von Seiten einiger Kunstschaffender nach solchen Ateliers sei auf seinem Schreibtisch bereits vor einiger Zeit gelandet. Für die Stadtgemeinde selbst als öffentliche Institution allerdings nur schwerlich erfüllbar die Anfrage, für einige wenige Künstlerinnen und Künstler als Vermieterin aufzutreten. Und so wandte sich der Brunecker Bürgermeister zuerst mit der Projektidee an den Südtiroler Künstlerbund, in Folge dann auch an das Stadtmuseum Bruneck. Ohne Erfolg zunächst. Jetzt aber wurden Nägel mit Köpfen gemacht, und die Initiative ist gestartet.
Bürgermeister und Kulturstadtrat Roland Griessmair.
FÜR EINE LEBENDIGE KUNSTSZENE
Die Gemeinde stellt dem Museumsverein unentgeltlich (oder fast) Immobilien zur Verfügung, dieser vermietet die Objekte dann zu einem möglichst geringen Preis an Künstlerinnen und Künstler weiter und finanziert mit dem Mietgeld dann gegebenenfalls auch weitere Ateliers, welche der Museumsverein, in Sache Suche nach Immobilien selbst pro-
Markus Pescoller, der Präsident des Musumsvereins Bruneck. jst
aktiv, auf dem freien Markt findet. So das Konzept, das in seiner Umsetzung durchaus noch ausbaufähig ist, wie der Präsident des Museumsvereins, Markus Pescoller, verrät (siehe Interview). Entsprechend zufrieden über den Projektstartschuss gibt sich Bürgermeister Griessmair: „Es war zwar ein wenig zähflüssig zunächst, dass Projekt in Fahrt zu bringen, aber ich bin froh, dass es nun so gut wächst das Ganze. Und ich hoffe, dass noch weitere Ateliers entstehen werden und sich Bruneck als Künstlerstädtchen etablieren wird. Dass wir Begegnungspunkte schaffen und einen Austausch zwischen Newcomern und bereits renommierten Künstlerinnen und Künstlern ermöglichen. Nicht zuletzt auch in Hinsicht auf den neuen Kunstraum, der ja konkrete Züge annimmt und künstlerisch möglichst breit und vielfältig aufgestellt sein soll.“
DAS ENDE EINER LANGEN SUCHE
Froh über diese Initiative zeigen sich vor allem aber auch die Künstler*innen selbst, deren mühsames Streben nach einem Atelier nun endlich ein gutes Ende gefunden hat. Denn leicht sei das Ergattern einer geeigneten Räumlichkeit hierzulande nicht, wie der Brunecker Künstler Lorenz Ganthaler sagt, es gäbe einfach zu wenig leerstehende, die auch noch halbwegs erschwinglich seien. In Italien seien solche Initiativen bisher, anders als beispielsweise in Deutschland, so-
wieso nicht üblich, umso begrüßenswerter sei nun dieser Schritt, vor allem auch die Tatsache, dass Künstlerateliers nicht nur in Kunstzentren, sondern auch in der Peripherie entstehen. Für ihn sei diese Möglichkeit, angestoßen von einigen seiner Künstlerkolleginnen und -kollegen, überhaupt erst der Grund gewesen, nach Bruneck zurückzukommen und hier zu arbeiten. Und nun teilt sich der junge Künstler also zusammen mit vier Kolleginnen und Kollegen die Räumlichkeiten des Ex-Fotolabors Rapid in Bruneck, mittlerweile zu Künstlerateliers umfunktioniert: „Wir haben die Immobilie zwar gemeinsam gemietet, jede und jeder hat aber einen getrennten Raum, und somit ist auch unsere Privatsphäre gewährleistet. Das ist natürlich ideal, oftmals erhält man ja lediglich eine kleine Ecke in einem großen Raum, mir stehen beispielsweise an die 70 Quadratmeter zur Verfügung, das ist im Grunde schon großzügig.“
Im Gespräch mit Markus Pescoller, Präsident des Museumsvereins Bruneck
PZ: Wie ist die Idee zu diesen Künstlerateliers entstanden?
Markus Pescoller: Der Bedarf von Seiten der Künstler*innen an geeigneten und leistbaren Ateliers war ja durchaus schon länger vorhanden. Einige von ihnen sind dann mit der Bitte um entsprechende Unterstützung bereits vor einiger Zeit an den Brunecker Bürgermeister herangetreten, dieser wiederum an uns als Stadtmuseum, die Idee ist aber versandet. Der vorhergehende Ausschuss hat diesbezüglich keinerlei Initiative ergriffen, wobei ich festhalten muss, dass unser altes Statut auch ziemlich starr war und wenig Spielraum zugelassen hat.
Nun scheint Ihr aber einen Weg gefunden zu haben?
Wir haben mittlerweile ja nicht nur einen neuen Ausschuss und kürzlich unser Statut verändert, sondern ganz allgemein auch unsere Ausrichtung als Museum und Museumsverein neu überdacht. Eine Verjüngung des Ausschusses war uns dabei ebenso wichtig, wie eine maximale Amtszeit des/ der Präsidenten/in, jetzt also angelegt auf 4 + 4, also insgesamt nicht mehr als acht Jahre. Derzeit teilen wir uns die Präsidentschaft, wir arbeiten quasi als Doppelspitze, ich als ältestes Ausschussmitglied und Eeva Aichner als jüngstes Mitglied, wobei ich seit vielen Jahren auch mit unserer Vizepräsidentin Thina Adams (Leiterin des LUMEN Museum, Anm. der Redaktion) eng zusammenarbeite. Die einstige Definition von Museum - sprich Sammeln, Bewahren und Forschen - ist unseres Erachtens nach nicht mehr zeitgemäß. Wir verstehen das Stadtmuseum als Dienstleister, was bedeutet, dass wir zuständig sind für die Künstler*innen, eine Anlaufstelle, die möglichst niederschwellig arbeitet nach dem Motto: Ihr habt eine Idee, >>
Die Möglichkeiten sind vielfältig und sollen alle Bedürfnisse abdecken. Die neuen Räume wurden von den Kunstschaffenden sehr begrüßt.
wir versuchen, Euch dabei zu unterstützen und sie umzusetzen! In diesem Zusammenhang sind auch die Künstlerateliers zu sehen: Die Idee stand im Raum, und zusammen mit dem Bürgermeister und den Künstler*innen haben wir das Projekt in Angriff genommen.
Und wie funktioniert das Ganze genau?
Die Stadtgemeinde stellt uns derzeit gratis zwei Ateliers zur Verfügung, eines in der Europastraße, ein zweites in der Ex-Bocciahalle, nunmehr Haus der Vereine, was momentan aber noch nicht bezogen werden kann. Einstweilen haben wir selbst ein weiteres gefunden, nämlich in den Räumlichkeiten des Ex-Fotolabors Rapid in der Brunecker Gewerbezone. Diese Ateliers werden dann von uns an interessierte Künstler*innen weitervermietet, zur alleinigen Nutzung oder an mehrere Personen, das kommt ganz auf die Größe der Immobilie und die Bedürfnisse der Künstler*innen an. Wichtig ist, dass der Mietpreis weit unter dem üblichen Tarif liegt. Mit den Mieteinnahmen des einen Ateliers können wir dann das zweite gegenfinanzieren. Wir haben diesbezüglich auch beim Land um Beiträge angesucht, fallen mit unserem Projekt aber durch den Rost, da Zuschüsse nur für sogenannte Wechselateliers möglich sind, also für eine Nutzung über einen kurzen Zeitraum hinweg. Diese Vorgabe ist für uns in Bruneck mit einem überschaubaren Einzugsgebiet aber keine attraktive Option. Wir haben uns indes für eine zweigeteilte Formel entschieden mit einem statischen Element, sprich die Vermietung an Künstler*innen, die über einen längeren Zeitraum hier arbeiten, und mit einem variablen Element, mit welchem wir Interessierten auch für einen kürzeren Zeitraum einen Schaffensplatz zur Verfügung stellen wollen. Die zweite Variante ist allerdings momentan noch nicht in der Umsetzungsphase, dafür müssen wir erst noch entsprechende erweiterte räumliche Möglichkeiten finden, das heißt, Ateliers, die auch einen Wohnbereich bieten. Wir können ja schlecht eine Ausschreibung starten und Künstler*innen eine Zeit lang ein Atelier zur Verfügung stellen, sie dann aber horrende Wohnungsmieten zahlen lassen. Das kann sich kaum jemand leisten, insgesamt ist die finanzielle Lage vieler Künstler*innen ja prekär. Wir strecken nach wie vor unsere Fühler aus und suchen nach weiteren Immobilien, auch über Bruneck hinaus in anderen Gemeinden. Einige Vorschläge liegen schon auf dem Tisch, ein paar Gespräche haben wir bereits geführt, wenn also Gemeinden entsprechende Infrastrukturen haben, die sie uns zur Verfügung stellen können, sich bitte gerne bei uns zu melden!
Dann habt Ihr noch nicht alle Künstler*innen unterbringen können?
Das Atelier in der Europastraße hat Gino Alberti angemietet, das zweite Atelier teilen sich fünf Künstler*innen, nämlich Julia Bornefeld, Wilma Kammerer, Sylvie Riant, Lorenz Ganthaler und Adama Keita. Zwei Interessierte warten noch auf einen Platz, dürften dann aber hoffentlich ab Frühjahr in der zugesicherten Ex-Bocciahalle unterkommen. Als wir die Informationen zum Projekt „Künstlerateliers“ über uns als Museum sowie über den Künstlerbund via E-Mail gestreut haben, war der Andrang zunächst überschaubar. Aber wir möchten das Projekt ausbauen, auch in der Peripherie, und interessierte Künstler*innen können sich gerne weiterhin bei uns melden. Wir bemühen uns um weitere Ateliers, es hängt, wie gesagt davon ab, ob wir dann auch Räumlichkeiten von den Gemeinden bekommen.
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Josef Tasser (Verkauf)
T. 329 4877051 josef.tasser@pz-media.it
Wie steht es denn ganz allgemein um unsere Kunstszene hier im Pustertal?
Bekanntlich gelten ja die Propheten im eigenen Land wenig…. Dieser Ansicht wollen wir entgegensteuern. Wir haben in der bildenden Kunst sehr viele Ressourcen vor Ort, das sollten wir schätzen und verstärkt eine entsprechende Szene aufbauen. Wenn wir nur einmal Bruneck mit größenmäßig vergleichbaren Ortschaften etwa in Österreich anschauen, können wir getrost behaupten, dass in Bruneck sehr viel passiert, und dass wir uns durch eine ganz starke produktive Szene auszeichnen, im gesamten künstlerischen Bereich übrigens. Wobei ich unterstreichen möchte, dass wir uns als Museumsverein nicht ausschließlich auf Bruneck konzentrieren, sondern auch die Peripherie bespielen wollen. Unser Anspruch ist es, für alle Künstler*innen-Generationen da zu sein, und wir suchen somit auch den Dialog mit allen. Was junge Künstler*innen anbelangt ist es natürlich so, dass viele von ihnen in den unterschiedlichsten Orten studieren und häufig dann auch dort bleiben. Im Rahmen verschiedenster Projekte und Ausstellungen gelingt es uns aber immer wieder, sie auch zu uns zu holen. Und mit der Idee der Künstlerateliers möchten wir schließlich in einem zweiten Moment ja auch unsere Szene mit interessanten Künstlerinnen und Künstler von außerhalb bereichern. // Interview: Judith Steinmair