INNOVATOR by The Red Bulletin AT 2019 #2

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Start-up-Newcomer

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN 02/2019

9 wegweisende BusinessIdeen aus Österreich

02/19

Worin bist du wirklich gut?

Stärken vs. Schwächen: die Anleitung zur besseren Selbstwahrnehmung

Der Raketenmann

Ein Brite hebt mit seinem Jet-Pack-Rucksack ab

AUSGABE ÖSTERREICH EURO 3,50

„LÄCHELN IST SO ANSTECKEND WIE GÄHNEN. SCHAFFEN WIR ALSO POSITIVE G E F Ü H L E .“

WA R U M EMOTIONEN D E I N K A P I TA L SIND UND WIE DU SIE STEUERN KANNST

INSPIRING PEOPLE AND IDEAS

BERNADETTE FRECH CEO VON I N S TA H E L P

BETTER FUTURE EDITION

DIE EMOTIONS MANAGERIN




EDITORIAL

Waltraud Hable Die Journalistin und Buchautorin befindet sich seit Mai (wieder) auf Welt­reise. Zuvor sprach sie mit Emotions­managerin Bernadette Frech darüber, wie wir Gefühle optimal nutzen können. Sprich: eine global nützliche Fähigkeit. S EIT E 26

Oliver Jiszda Der Wiener fotografierte bereits Stars wie Cristiano Ronaldo oder Niki Lauda. Von voestalpine-CEO Wolfgang Eder war er dennoch beeindruckt: „Er hat 50.000 Leute unter sich. Trotzdem redet er mit dir immer auf Augenhöhe.“ S EIT E 6 4

Was Visionäre antreibt „Wut kann ein toller Antrieb sein, sofern du ihre Kraft nutzt, um nach neuen Lösungen zu suchen“, sagt Bernadette Frech. Die 36-jährige Emotionsmanagerin weiß, wovon sie spricht: Als CEO von Instahelp, einer Plattform für psychologische Onlineberatung, hilft sie Menschen, von ihren Emotionen (es muss ja nicht immer Wut sein) zu profitieren. Denn: „Deine Gefühle sind dein Kapital“, ab Seite 26. Der Antrieb von Richard Browning ist eher laut als gefühlvoll: ein selbst gebauter, mit Raketendüsen bestückter Anzug, mit dem in Zukunft noch mehr Menschen ganz ohne Flugzeug abheben sollen. Ab Seite 32 fliegst du mit. Die Geschichte des Fliegens war immer auch eine Geschichte des Scheiterns. Im besten Fall mit wichtigen Erkenntnissen als Beiprodukt. Ebendiese Denkweise fördert Dejan Stojanovic mit seinen Fuckup Nights Vienna, einer Event­Serie, bei der jeder vergnügt über die größten Fehler seiner Laufbahn berichtet. Seite 92 Viel Spaß beim Lesen! Die Redaktion

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INNOVATOR

MATO JOHANNIK (COVER), PATRICIA WEISSKIRCHNER

CONTRIBUTORS

I N N O V AT O R


NEUE WEGE

© Matthias Heschl

GEMEINSAM GEHEN.

Willkommen bei einer Bank, die einen klaren Blick auf das große Ganze hat. Die weiß, worauf es im Leben ankommt. Wünsche kennt und neue Wege findet. Und so Menschen ein Leben lang zur Seite stehen kann. All das macht eine Bank zur Hausbank – Ihrer Hausbank!

www.volksbank.at


INHALT BULLEVARD 10 18 12 20 14 22 16 24 Frischzellenkur

Strom aus dem All

Ein Wiener Start-up haucht dem 3D-Druck Leben ein. Echtes Leben.

Wie ein Solarkraftwerk in 36.000 Meter Höhe die Erde mit Energie versorgen kann.

Lotte bringt’s

Dieser selbstfahrende Roboter ist der Lieferbote der Zukunft.

Wie in der Formel 1

Grüne Power

Schlauer Test

Die modernste Algenfabrik der Welt steht in Niederösterreich.

Ein Biotech-Start-up aus Wien schafft Klarheit bei Allergien.

Robin Food

Cool Runnings

Überschüssige Lebensmittel? Dieser Mann weiß, was zu tun ist.

Warum Kühlpads deine Performance beim Sport steigern könnten.

GUIDE 90 92 94

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P R OTOT Y P

Die Adler-Kamera Tierische Filmaufnahmen dank Teflon und Carbon. HEITER SCHEITERN

Es lebe der Fehler! Wieso wir öfter über Misserfolge sprechen sollten.

Dieses E-Bike lädt sich mit KERS-Technik selbst.

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„Das gibt’s nicht“

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Das Laser-Labor

32 REPORTAGE

Senkrechtstarter Richard Browning träumte vom Fliegen – und steckte eine Rakete in seinen Rucksack. Zu Besuch bei Englands „Rocket Man“.

KO L U M N E

Innovationsguru Andi Gall über die Möglichkeit des Unmöglichen. T EC H - H I G H L I G H T

Auf der Suche nach neuen Antibiotikastämmen.

S AV E T H E DAT E

Dein Eventplan Die wichtigsten Festivals und besten Tipps mit ­Expertin Tanja Sternbauer.

INNOVATOR


I N N O V AT O R

FEATURES

GRAVITY INDUSTRIES

26 42 48 54 56 64 72 80 INNOVATOR

C OV ERS TO RY

Gefühle an die Macht Ein Treffen mit Emotionsmanagerin und Instahelp-CEO Bernadette Frech.

S ERV I C E

Erkenne deine Stärken Vom Feuermelder im Kopf bis zur „Messi-Methode“: eine Anleitung zur Selbsterkenntnis in 14 Schritten.

P RO D U K T T I P P S

Next-Level-Gadgets 3D-Sound-Generatoren, VR-Mikros und flotte Drohnen: Bei dieser Technik wird sogar die NASA neidisch.

M EI N S TA R T- U P- M O M EN T

„Schräg ist normal“ Gerald Stangl über die Gemeinsamkeiten von Gründern und Athleten – und seinen Erfolg mit mySugr.

R EP O R TAG E

Finanzieller Spielraum Zu Besuch bei den George Labs der Erste Group: ein InnovationsWorkshop in sechs Schritten.

P O R T R ÄT

Die Kraft des „Wir“ voestalpine-CEO Wolfgang Eder über Zusammenhalt als Erfolgsrezept.

SYS T EM G E S C H I C H T E

Lang lebe die Biene! Wieso die summenden Insekten so wichtig sind. Und wie wir sie retten.

S TA R T- U P-S EC T I O N

Österreich denkt mit Von der Sparhilfe zur Mitfahrbörse: neun rot-weiß-rote Problemlösungen.

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I N N O V AT O R

BULLEVARD

JOHANNES LANG

IDEEN FÜR EINE BESSERE WELT

INNOVATOR

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B U L L E VA R D

Die Burg thront auf einer Bleistiftspitze. Sie ist so winzig, dass sie mit freiem Auge kaum erkennbar ist. Und trotzdem hat sie alles, was eine Burg braucht. Natürlich auch Türme. Zwei Türmchen, um genau zu sein. Einer erinnert an einen italienischen Glockenturm, der andere ­fasziniert mit hauchdünnen Säulen. Jeweils 16 ergeben ­eines von insgesamt zwei Stock­werken: „Die Säulen sind ­hundertmal dünner als ein menschliches Haar“, sagt ­Denise Mandt. Die 27-Jährige ist Mit­ begründerin von UpNano. Das Wiener Start-up hat eine

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sierter Medizin. Ein gesunder Druck, sozusagen. Kein Wunder, dass UpNano mit dieser Entwicklung bei der #glaubandich-Challenge 2019 der Erste Bank zum „Start-up des Jahres“ gekürt wurde. Der erste 500.000 Euro teure Drucker wurde bereits verkauft. Ziel ist es, jedes Jahr 30 Stück auf den Markt zu bringen. Konkurrenz gibt es kaum. Vor allem deshalb, weil die UpNano-Lösung mit 70 bis 80 Kilogramm einem handelsüblichen Papierdrucker ähnelt. Die Burg wurde übrigens mit einem Exemplar der ­zweiten Generation gedruckt. Sechs Minuten hat das ge­ dauert. Gut, aber es geht noch ­besser. Peter Gruber, UpNano-­Mitgründer und Head of Technology, hat weiter­ getüftelt: „Wir sind bereits deutlich schneller.“ upnano.info

INNOVATOR

JOHANNES LANG

Das Wiener Start-up UpNano schrumpft die Welt auf Mikro-Format – und beschert ihr damit riesige Fortschritte.

Maschine entwickelt, die es möglich macht, mikroskopisch kleine 3D-Drucke herzustellen. Diese 3D-Drucke über­ zeugen durch ihren Detailreichtum – wie die Zwei-­ Türmchen-Burg, die auf einer Grundfläche von 0,2 Quadratmillimetern ruht. Vor allem aber verfügen sie über eine einzigartige Eigenschaft: Sie enthalten lebende Zellen. „Vergrößert würde das aus­sehen wie die Schokostückchen in ­einer Kugel Stracciatella-Eis“, erklärt Mandt. Was es bringt, lebende ­Zellen in Photopolymere, also durch Licht aushärtbare Kunststoffe, zu packen? Diese Technik beflügelt die medizinische Forschung. „Damit lässt sich untersuchen, wie sich bestimmte Medikamente auf Zellen auswirken“, sagt Mandt. Derzeit wird das in ­einer – zweidimensionalen – Petrischale getestet. „In ­einer dreidimensionalen Form reagieren die Zellen so wie im menschlichen Körper.“ Und weil jedermanns Zellen ein­ gebracht werden können, ist diese Technik ein Riesenschritt in Richtung personali-

WOLFGANG WIESER

WIR DRUCKEN DICH GESUND

Wer sich der Burg auf der Bleistiftspitze nähert, erkennt immer mehr ­Details. Die Säulen im rechten Turm sind hundertmal dünner als ein Haar.

TU WIEN, UPNANO

MEDIZIN


I N N O V AT O R

„WIR BAUEN LEBENDE ZELLEN IN UNSERE 3D-DRUCKE EIN. DER FORSCHUNG WEGEN.“ Denise Mandt, 27, ist Mitbegründerin des ausgezeichneten Wiener Start-ups UpNano.

INNOVATOR

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B U L L E VA R D

Sonntags nie wieder Hosen anziehen? Legitim, weil künftig ein Lieferroboter die Pizza bringt.

Die Greifarme legen die Lieferung direkt in den Haus-Paketautomat.

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Interessiert an neuen Mobilitätskonzepten? Am 28. und 29. September finden in Spielberg wieder die Krone E-Mobility Play Days statt. Das ganze Programm und alle Infos findest du unter: projekt-spielberg.com

INNOVATOR

UNION WAGNER

MIT KÄSE, ABER OHNE SMALLTALK

­Tages- und Nachtzeit. „Voraussetzung dafür ist eine eigene Cleveron-Gepäckstation vor dem Haus, der sogenannte CleverPod. (Nur per App zu öffnen, Miete: 15 Euro/ Monat.) Sobald Lotte am Zielort angekommen ist, schiebt sie die Lieferung per Greifarm in den CleverPod, in dem Speisen zwei Stunden lang warm bleiben. Ist die Lieferung s­ icher verstaut, gibt die App Bescheid – fertig. 2020 soll Lotte in Estland in Probebetrieb gehen. Doch warum eigentlich Lotte? Weil Cleveron jeden Prototyp nach estnischen Kinderbuchklassikern benennt. Und das Buch „Lotte im Dorf der Erfinder“ als Zeichentrickfilm weltweiten Erfolg hatte. Ein Omen? cleveron.com

CLEVERON

M O B I L I TÄT

Lotte ist die Pizza-Botin unserer Träume: pünktlich, schweigsam, an Trinkgeld desinteressiert – und um drei Uhr morgens genauso flink wie mittags um zwölf. Denn Lotte ist ein voll autonomer Lieferroboter. 100 Kilogramm leicht, vierrädrig, elektrisch motorisiert. Und der neueste Wurf des estnischen LogistikStart-ups Cleveron. „Lotte spart den Unternehmen Geld“, sagt Cleveron-CEO Arno Kütt, „und den Kunden Stress. Sie kann ja nicht nur Pizza zustellen, sondern Pakete jeder Art. Und das zu jeder

JOHANNES LANG

Ab nächstem Jahr auf Estlands Straßen unterwegs: der selbstfahrende Lieferroboter „Lotte“


MARQ

TM

KOLLEKTION

Erhältlich im Uhrenfachhandel. Mehr auf garmin.com

L E I D E N S C H A F T. N E U D E F I N I E R T.


B U L L E VA R D

ERNÄHRUNG

DIE ALGENANGLER

Die modernste Algenfabrik der Welt steht in Niederösterreich: Hier produziert man Superfood – auf höchst nachhaltige Art und Weise. In einem 10.000 Qua­drat­ meter großen Glashaus erheben sich 43.000 durch­ sichtige Röhren, jede davon sechs Meter hoch und voller Leben. Im Inneren ­dieser Röh­ ren blubbert es, das Wasser strahlt grün. Die Szenerie wirkt wie aus einem Science-­ Fiction-Blockbuster von ­Ridley Scott. Aber das hier ist keine Fiction, sondern ­Science. Und wir sind nicht in Hollywood, sondern im nieder­ österreichischen Bruck an der Leitha. Hier produziert die Firma ecoduna jährlich bis zu 100 Tonnen Mikroalgen, Best­ seller sind die Arten Chlorella (wirkt auf uns entgiftend) und Spirulina (ist reich an ­Vitamin K und Vitamin A) in Kapselform – kurz: nährstoff­ reiches Detox-Superfood. 14

Das Besondere daran: e­ coduna betreibt die weltweit modernste Algenproduktion. Statt auf offene Teichsysteme setzt man hier seit 2018 auf einen geschlossenen Produk­ tionskreislauf, der Verunreini­ gungen ebenso ausschließt wie Wasserverlust durch ­Verdunstung. Im Fachjargon ­heißen diese sonnenlicht­ durchlässigen Glasröhren Photo-Bio-Reaktoren. Drinnen: ein Mix aus Stickstoff, CO² und Algennährstoffen. Der ­Effekt: Die Algen wachsen dort zehnmal schneller als Landpflanzen, ohne landwirt­ schaftliche Nutzflächen zu verbrauchen. Im Herbst 2019 will man in Bruck an der Leitha nun eine neue Mikroalge auf den Markt bringen: Aus heimischen ­Teichen wurde ein Stamm ­ein­zelliger Grünalgen isoliert, der ­einen besonders hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren aufweist. Diese benötigt der menschliche Körper für die Entwicklung des Gehirns, sie sind Bestandteil der Netzhaut und unterstützen das HerzKreislauf-System. Omega-3 wird aktuell vor allem aus ­Fischen bezogen, obwohl diese es nicht selbst bilden, sondern über die Nahrungskette durch Algen aufnehmen. Die neue Alge ist deshalb nicht nur eine vegane Alternative, sondern auch eine direkt logische. ecoduna.com

Mikroalgen-Tabletten entgiften, liefern Vitamine und Protein.

MIKROALGEN WACHSEN ZEHNMAL SCHNELLER ALS LANDPFLANZEN.

INNOVATOR


WALTRAUD HABLE

JOHANNES LANG

I N N O V AT O R

ECODUNA

In diesen sechs Meter hohen Glasröhren produziert ecoduna in Bruck an der Leitha nährstoffreiche Algen.

INNOVATOR

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B U L L E VA R D

Kämpft mit Blockchain und Networking gegen Lebensmittelverschwendung: Dalibor Matijević

FOOD

ROBIN HOOD DES ESSENS

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alle Grenzen gedachte Netzwerk unter der Marke „Robin Food“ auch in Österreich und Deutschland Fuß fassen. Die Idee und der an­ steckende Enthusiasmus des Slowenen haben 2018 auch die Jury des European Youth Award überzeugt: Das Projekt räumte den Hauptpreis ab. Matijevićs Vorfahren stammen aus e­ inem kleinen Dorf in der Nähe von Banja Luka, Teile der Familie leben noch immer dort. Seine Herkunft ist Teil seiner Motivation: „Wenn du häufig in e­ inem Land bist, in dem viel Armut herrscht, ist es nur ­natürlich, dass du etwas verändern willst.“ foodplusx.com

INNOVATOR

GÜNTHER KRALICEK

Matijevićs Mission war damit noch lange nicht zu Ende: 2016 ruft er das Sozialprojekt „Robin Food“ ins Leben. Damit möchte er vor dem Wegwerfen gerettete Lebensmittel unter genau jene Leute bringen, die sie am nötigsten brauchen. Gelingen soll dies unter anderem auch mittels lokaler „Robin Food“-Läden, in denen Nahrungsmittel zu günstigen Preisen angeboten werden. Eine Herkulesaufgabe. Und doch stellen sich bald ­erste E ­ rfolge ein. In Ljubljana und Maribor wurden derartige Shops eröffnet. Eine eigene App fürs Smartphone, über die Bedürftige Zugang zu günstigen Produkten finden, ist kurz vor der Fertigstellung. Demnächst soll das über

CEED SLOVENIA

Dalibor Matijević ist ein umtriebiger junger Mann. Der Dreißigjährige hat ein Diplom als Maschinentechniker, spielte Basketball in der Profiliga und gründete bereits mehrere Start-ups. Sein bisher größtes Ding ließ er vor vier Jahren vom Stapel: „Food+x“, eine Unternehmensplattform mit dem Ziel, überschüssige Lebens­ mittel entlang der Waren­kette aufzuspüren und ­potenzielle Verkäufer und Käufer zusammenzuführen. Eine Art B2BOnlinebörse, dank BlockchainTechnologie transparent und sicher. Man kann sagen: Die Saat geht auf. „Food+x“ kooperiert heute mit über 120 Unternehmen und ver­ mittelt zwischen Herstellern, Händlern, Hotel- und Restaurantketten in ganz Europa.

JOHANNES LANG

Dalibor Matijević will überschüssige Nahrungsmittel sinnvoll verwerten. Mit Blockchain, lokalen Shops, einer App und viel Enthusiasmus.


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DIE ERSTE SOLAR-­ TANKSTELLE IM ALL SOLL SCHON 2030 IN BETRIEB GEHEN.

ENERGIE

ALL- STROM FÜR ALLE

Chinesische Ingenieure wollen das erste Solarkraftwerk im Weltall bauen. Spoiler: Es wird deshalb kein Strom­ kabel vom Himmel baumeln.

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Solarstrom aus dem All gelangt per Mikro­ wellen oder Laserstrahlen auf die Erde.

INNOVATOR

GETTY IMAGES, IMAGE AND CONCEPT COURTESY JOHN C. MANKINS UNION WAGNER JOHANNES LANG

„Es gibt keine fundamen­ talen technischen Hinder­ nisse, die gegen die Errichtung von Solarkraftwerken im Welt­ all sprechen“, befindet die ­International Academy of ­Astronautics in einer Studie. Die chinesische Regierung überlas optimistisch das Wort „fundamental“. Und machte sich an die Arbeit. In Chongqing entsteht der­ zeit ein Prototyp mit quadrat­ kilometergroßen Kollektoren, der von 2021 bis 2025 in der Stratosphäre getestet werden soll. Ab 2030 könnte die extra­ terrestrische Photovoltaik­ anlage in 36.000 Meter Höhe in Betrieb gehen – und dort so viel Strom produzieren wie ein Kernkraftwerk. Denn die üblichen Nachteile von Solar­ energie – die tages- und ­jahreszeitlichen Produktions­


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schwankungen und die stö­ rende Absorption des Sonnen­ lichts durch die Atmosphäre – sind im All kein Thema. Aber wie kommt der Strom auf die Erde? In Form von Mikro­wellen oder als Laser­ strahl und auf der Erde über ein Empfangsgerät rück­ gewandelt – die sogenannte Metamaterialantenne. „Solar­ strom aus dem Orbit ist eine INNOVATOR

unerschöpfliche Quelle saube­ rer Energie für die Menschheit, die all ­unsere Versorgungs­ probleme lösen kann“, glaubt Pang Zhihao von der China Academy of Space Technology. Wissenschaftler wie er träumen schon vom nächsten Schritt: von Solarkraftwerken auf Planet Merkur, ganz nahe an der Sonne und damit noch effi­zienter. Die Technologien

dafür gäbe es schon: Mit 3DDruckern könnten Roboter vor Ort aus Merkur-Rohstoffen Photovoltaikanlagen bauen. Im 3D-Drucker wird auch das erste All-Solarkraftwerk entstehen – anders wären ­Logistik und Transportkosten nicht zu stemmen. Denn es wird rund 1000 Tonnen wiegen, gut doppelt so viel wie die Raumstation ISS.

Solarpanels auf der Raumstation ISS, mit 450 Tonnen ein Leichtgewicht gegen das geplante ­Sonnenkraftwerk

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B U L L E VA R D

„E-BIKES MACHEN NICHT FAULER. SIE NEHMEN NUR DAS SCHWITZEN WEG.“ Mobilität der Zukunft: Zug, Auto, U-Bahn – und zwischendurch immer wieder aufs faltbare Elektrorad umsteigen

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INNOVATOR


I N N O V AT O R

M O B I L I TÄT

DAS IST DIE NEUE FORMEL E

VA L E R I E W O L F F U N D VA L E N T I N VO D E V GRÜNDER VELLO BIKE

Privat und geschäftlich ein Team: Vodev ist verantwortlich für Technik und Design der Räder, Wolff für die Unternehmensentwicklung.

VELLO/LEONARDO RAMIREZ CASTILLO

GÜNTHER KRALICEK

JOHANNES LANG

Ein E-Faltrad mit ungewöhnlichem Energie­ management: Dank Formel-1-Technologie lädt sich der Akku während der Fahrt von selbst wieder auf.

INNOVATOR

Stell dir vor, es ist Rush­ hour und dir ist das so was von egal. Innerhalb von neun Sekunden machst du dein E-Faltrad startklar, und ab geht die Post. Das AkkuDisplay zeigt 50 Prozent. Du fliegst vorbei an hupenden Blechkolonnen und hast dein Ziel in zwölf Minuten erreicht. Neuer Akku-Stand: 53 Prozent. Klingt unmöglich, ist aber ­Tatsache beim neuen VELLO Bike+. Während der Fahrt lädt sich der Akku nämlich von selbst wieder auf. KERS (Kine­ tic Energy Recovery System) heißt die Technologie, die ­Formel-1-Fans von den Boliden der Königsklasse kennen. Aufs Rad übertragen bedeutet das: Energierückgewinnung beim Bremsen und Bergabfahren sowie bei Rückenwind. Damit wirbelt VELLO Bike in der Szene aktuell gehörig Staub auf. Die Idee dahinter hat ihren Ursprung im Jahr 2009. Für eine Radtour durch Kuba baute Gründer Valentin Vodev für seine Partnerin Va­ lerie Wolff und sich Falt­räder, um damit notfalls rasch in Zug, Bus oder einen der bun­ ten Retro-Cadillacs umsteigen zu können. Die Reise wird ein so inspirierender Erfolg, dass der gebürtige Bulgare an sei­ nen Prototypen weitertüftelt.

Vier Jahre später gehen erste Falträder in Serienproduktion. Doch Vodev denkt noch einen Schritt weiter, an ein Faltrad mit E-Antrieb. Zwei Parameter stecken sein Ziel ab: Effizienz und Leichtigkeit. Der gelernte Produktdesigner (Angewandte, Wien; Royal College of Art, London) hört vom KERS-System aus der For­ mel 1, das ihm wie geschaffen für seine Zwecke scheint. Ein sich selbst speisender Akku, der als Zwischenspeicher funktioniert – so lassen sich Platz und Gewicht sparen. Vier Sensoren messen während

der Fahrt Neigung, Rücktritt, Beschleunigung und Dreh­ moment. So kann der Motor­ schub optimal dosiert werden: beeindruckend effizient. Nach drei Jahren Entwicklungs­ arbeit ist das Baby serienreif. Es wiegt schlanke 12,9 Kilo und ist ab 2590 Euro zu haben. Vodev hat nicht das Rad neu erfunden, sondern auf be­ stehende technische L ­ ösungen zurückgegriffen und diese ­clever zusammenfügt. „Manch­ mal wundere ich mich selbst, warum das noch kein anderer so umgesetzt hat.“ vello.bike

Mit den Maßen eines Reisetrolleys passt das VELLO Bike+ auch in den Kofferraum eines Smart.

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Der Allergy Explorer des Wiener BiotechStart-ups Macro Array Diagnostics testet bis zu 300 Allergene gleichzeitig ab.

GESUNDHEIT

ALLERGIEN? MADMAX HILFT!

Der Madmax-Automat soll bis zu 150 Blutproben pro Tag auslesen.

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gebildet wird. In diesem Fall kann eine Hündin pro­blemlos gehalten werden. ALEX ist österreichweit in Allergie-Ambulatorien im Einsatz. Preis: rund 150 Euro. Derzeit tüftelt man an einem vollautomatisierten Gerät für die Blutproben: Madmax (Macro Array Diagnostics Multi Array Xplorer) soll 2020 an Labore geliefert werden und 150 Samples pro Tag auslesen. Eine kleine Revolution. Weiteres Plus: Über igevia. com ist nun auch ein HomeKit verfügbar, mit dem sich der Patient selbst Blut aus der Fingerkuppe entnimmt und dieses dann zur Auswertung an ein Labor schickt. macroarraydx.com

WALTRAUD HABLE

Oft sind zusätzlich Atem- bzw. Blutchecks nötig. Genau deshalb gilt der „ALEX – Allergy Explorer“ des 2016 gegründeten Wiener Biotech-Start-ups Macro Array Diagnostics als revolutionär: Für das molekulare Diagnoseverfahren – das die bei Aller­gien auftretenden Antikörper misst – braucht es nur einen Tropfen Blut, um bis zu 300 Allergene zu testen. „Wir können die Ergebnisse genau auftrennen“, erklärt CEO Christian Harwanegg. „Es kann zum Beispiel sein, dass man erhitztes Eiweiß verträgt, Eischnee aber nicht.“ Auch bei der Tierhaarallergie ist genaues Hinschauen sinnvoll: M ­ itunter ist man nur auf männliche Hunde allergisch bzw. auf das Allergen Can f 5, das in der Prostata von Rüden

CHRISTIAN H A R WA N E G G C E O VO N M AC R O A R R AY D I AG N O S T I C S

Der Molekularbiologe ist selbst Allergiker und will die neue Diagnostik zu einem für jeden leist­ baren Preis verfügbar machen.

INNOVATOR

MADX, BRANDENSTEIN COMMUNICATIONS/MARTIN STEIGER

Die Haut juckt, die Nase läuft, die Schleimhäute schwellen an – reagiert man allergisch, merkt man das in der Regel sofort. Die Suche nach dem Auslöser für die ­Immunreaktion hingegen kann dauern: Denn Hauttests, bei denen unterschiedlichste Al­lergenextrakte aufgetragen werden, decken nur einen Bruchteil des Spektrums ab.

JOHANNES LANG

Ein Tropfen Blut klärt, wo’s hakt: Bist du auf Eiweiß oder Eigelb allergisch? Auf alle Hunde oder nur auf Rüden?


Energie bewusst einsetzen. Das ist: Mein Antrieb. Meine Energie.

Christian Redl Zehnfacher Weltrekordhalter im Freitauchen

Mit dem auskommen, was von Natur aus da ist. Das ist nachhaltig leben. Das ist nachhaltige Energie: 100 % Wasserkraft aus Ă–sterreich. verbund.com/MeinAntrieb


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B U L L E VA R D

Muskelkühlung ist vor, während und nach dem Training sinnvoll.

SPORT

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Arme und Oberkörper geben. Tests mit Spitzensportlern brachten vielversprechende Ergebnisse. Österreichs Tennisprofi Jürgen Melzer kühlte sich mit den Pads zwischen den Spielsätzen ab: „Sie halfen, meine Leistung abzurufen.“ Je nach Bedarf kann man emcools vor der Belastung („PreCooling“), danach („Post-Cooling“) sowie währenddessen („Per-Cooling“) tragen. emcools.com JOHANNES LANG

Das mit der Körpertemperatur ist eine gefinkelte Sache – und für den Organismus Schwerstarbeit: Zwischen 36,3 und 37,4 Grad C ­ elsius laufen alle Organe im Normalbetrieb. Ab 42 Grad droht ein Kreislaufkollaps, ab 44 Grad der Tod. Warum dieser medizinische Schnellexkurs? Weil er zu verstehen hilft, dass bei sportlicher Aktivität – wenn die Körpertemperatur ansteigt – das Herz-Kreislauf-System vor allem mit der Wärme­ regulation beschäftigt ist. Und das kostet Energie. Systemische Kühlung bietet Entlastung. Sie hilft, die Ausdauer- oder Kraftleistung län-

ger aufrechtzuerhalten. Und sorgt nach dem Training für eine schnellere Regeneration, weil sie etwa Muskel­kater entgegenwirkt. emcools, ein Start-up aus Traiskirchen in Niederösterreich, hat nun Kühlpads mit patentierter HypoCarbonTechnologie auf den Markt ­gebracht. Ursprünglich für die Intensiv­medizin entwickelt, werden sie dort seit zehn ­Jahren für bessere Über­ lebenschancen nach einem Herz­stillstand eingesetzt. Das Besondere: Die Pads weisen nur eine sehr geringe Kondenswasserbildung auf und sorgen so für eine konstante Kühltemperatur von ­sieben bis neun Grad – ein ­Bereich, in dem die Haut ­keine Erfrierungen erleidet, die Kühlung aber trotzdem in ­tiefere Ge­webeschichten vordringen kann. emcools bietet Wearables für Unter-, Oberschenkel und Kopf, im nächsten Schritt soll es sie auch für

WALTRAUD HABLE

Ein Start-up aus Niederösterreich steigert mit Kühlpads aus der Notfallmedizin die Leistung von (Top-)Sportlern.

Anschnallen und los: emcools-Wearables sind derzeit für Ober-, Unterschenkel und Kopf erhältlich.

INNOVATOR

EMCOOLS

SCHÖN COOL BLEIBEN


VERLEIHT DEM SOMMER FLÜÜÜGEL. MIT DEM GESCHMACK VON SÜDSEEFRÜCHTEN.

BELEBT GEIST UND KÖRPER®.


Bernadette Frech, CEO von Instahelp: Die studierte Emo­ tionsmanagerin hilft anderen, Gefßhle richtig einzusetzen.


DEINE GEFÜHLE SIND DEIN KAPITAL Fotos Mato Johannik

Interview Waltraud Hable

Psychohygiene auf Knopfdruck: Das Grazer Start-up Instahelp bietet psychologische Onlineberatung – via Textchat oder Videotelefonie. Für CEO Bernadette Frech ein wich­ tiger Teil der Gesundheits­vorsorge. Bei uns erklärt sie, wie du durch Emotionsmanagement dein ­Leben veränderst – und auch das deiner Umgebung.

INNOVATOR

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Zwischen 17 und 21 Uhr herrscht Hochbetrieb bei Instahelp. Dann, wenn Psychologen-Praxen bereits geschlossen haben, trudeln die meisten Anfragen ein. Ob Beziehungsstress, Jobängste, Selbstwertprobleme: Via Textchat oder Audio- und Videotelefonie kann man bei Instahelp orts- und zeit­ flexibel auf einen Pool an Psycho­ logen zugreifen und sich seine ­Probleme von der Seele reden bzw. schreiben – und das in mittlerweile fünf europäischen Ländern.

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Millionen Euro In­ vestment heimst Geschäfts­ führerin ­Bernadette Frech im Februar 2019 ein, nach­ dem sie Instahelp in der TV-Show „2 Minuten 2 Millionen“ präsen­ tiert. Auf dem 4gamechangersFestival im April wird das 2015 von Toto Wolff, René Berger und den ehemaligen sms.at-Machern Jürgen und Martin Pansy gegrün­ dete Unternehmen zum Start-up of the Year gekürt. Zwei Milestones, ein Resümee: Die Idee der psychologischen ­Online-Beratung ist gut, Bedarf ist vorhanden. Allein in der Alpen­ republik kämpft rund eine Million Menschen mit psychischen Pro­ blemen. Viele davon suchen nie professionelle Hilfe auf. Die ge­ bürtige Grazerin Frech setzt auf Prävention: „Man geht ins Fitness­

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studio, um physisch gesund zu bleiben. Warum also nicht auch regel­mäßig Emotionshygiene ­be­treiben? Konzerne wie Lidl, ­Re­nault und Trivago stellen ihren Mitarbeitern unser Angebot als Teil der betrieblichen Gesund­ heitsvorsorge gratis zur Ver­ fügung.“ Im Interview erklärt die 36-Jährige, warum vermeintlich schlechte Gefühle eigentlich gut sind – und wie du lernen kannst, mit ihnen besser umzugehen. innovator: Frau Frech, Sie sind Geschäftsführerin von Instahelp – und eine gute Kundin auf Ihrer P ­ lattform, wie man hört? bernadette frech (lacht): Ja, ich nutze die psychologische Online-Beratung immer montags um 21 Uhr, das ist mein Fixtermin. Um diese Uhrzeit sind meine bei­ den Söhne im Bett. Dann kann ich am Computer mit dem Experten in aller Ruhe Situationen durch­ gehen, die mich beschäftigen, oder mich anleiten lassen, was ich im Alltag an mir beobachten soll. Man enttarnt so rasch Ver­ haltensmuster und lernt die ei­ genen Stressoren besser kennen. Kann ich nur jedem empfehlen.

Bernadette Frech in trotziger, wütender Pose. Aber sie weiß: Negative Gefühle können ein guter Treiber sein.

Sie haben an der Aston Business School in England im Bereich

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FA C T S & F IGURE S

1800 Anfragen pro Monat verzeichnet Instahelp 4–6 Sitzungen absolviert ein User im Schnitt 50:50 Geschlechter­ verhältnis, Männer und Frauen suchen gleicher­ maßen bei Instahelp Rat 25–45 Jahre ist die Alters­ spanne der User

Emotionsmanagement promoviert. Das klingt sehr technisch. Kann man Gefühle überhaupt managen? Man kann sie sogar sehr gut managen! Wir sind unseren Emo­ tionen ja nicht einfach nur aus­ geliefert. Wir regulieren sie täglich. Beruflich wie privat gibt es klar definierte Emotionen, die von uns erwartet werden, und Emotionen, die wir unterdrücken sollen. Von meinem Shareholder René Berger habe ich den Satz: „Manage deine Emotionen, sonst managen sie dich.“ Das trifft es ganz gut.

INNOVATOR

Dabei heißt es: Gefühle haben im Job nichts verloren. So tough ein Manager vielleicht nach außen hin wirkt und auf wie viele harte Zahlen und Fakten er sich auch berufen mag – Entschei­ dungen kannst du nur treffen, wenn Emotion da ist. Allein mit Ratio geht es nicht. Und generell werden im Job ja durchaus Ge­fühle erwartet: Im Start-up-Bereich will man etwa dauerhaft pure Leiden­ schaft sehen, obwohl Begeisterung eine kurzfristige Emotion ist.

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„Wut ist gut für Innovationen. Wenn du nie Wut spürst, wenn etwas nicht funktioniert, veränderst du auch nichts, suchst du nicht nach neuen Lösungen.“

Und von welchen Gefühlen wird erwartet, dass man sie unterdrückt? Ein Beispiel wäre Stolz. Oft zeigen wir ihn nicht, um nicht arrogant zu wirken. Studien belegen, dass unterdrückte Emotionen sich nicht nur negativ auf die psychische Gesundheit auswirken, sondern auch auf das Immunsystem. Genau! Deswegen sind Angebote wie Instahelp auch so wichtig. ­Unsere psychologische Online­ beratung ersetzt keine ­Therapie, das darf sie rein rechtlich auch nicht, sie kann aber dazu bei­ tragen, dass es gar nicht erst zu ­einer psychischen Erkrankung oder zum Burn-out kommt. Aber niemand kann nur positive Gefühle haben. Wut und Angst gehören zum Leben. Ich habe gelernt: Es gibt keine „schlechten“ Gefühle, sie sind nur falsch besetzt. Wut, Angst und Scham können tolle Treiber sein, die man für sich nutzen kann. Wut als Erfolgsbaustein? Solange man dem anderen nicht an die Gurgel springt, ja. (Lacht.) Wut ist gut für Innovationen. Wenn du nie Wut spürst, wenn ­etwas nicht funktioniert, ver­ änderst du auch nichts, suchst du nicht nach neuen Lösungen. Angst wiederum kann dich pushen, deine Sinne zu schärfen, fokus­ sierter zu agieren. Man nennt das ­„re­framing“. Du nimmst einfach ­einen anderen Blickwinkel ein. Sie meinen damit, sich Dinge einfach schönzureden? Es bedeutet eher, flexibel zu den­ ken. Es wäre ein Leichtes, zu sa­ gen, mein Job stresst mich, meine

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Ein Lächeln ist laut Frech so ansteckend wie Gähnen: „Umso wichtiger ist es, positive Gefühle zu schaffen.“


Kinder zehren an mir. Stattdessen versuche ich, zu sehen, was für ein schöner Abschnitt das gerade ist, in dem ich meine Söhne begleiten darf. Oder was für ein Privileg es ist, dass ich überhaupt Arbeit und so eine verantwortungsvolle Position habe. Man kann das beliebig durchspielen: Wut über eine vermeintlich ungerechte Behandlung – das kennt jeder – bietet zum Beispiel eine Chance, zu erkennen, warum genau mich der Vorfall so wütend macht. Versteht man den wahren Grund, bringt einen das wirklich weiter.

wir damit umgehen sollen. Wir reden zwar weiter, aber letztlich kommen wir nicht weiter, weil die Person in dieser Emotion gefangen ist. Bei Instahelp visieren wir neue Märkte an, das bedeutet viel Veränderung für das Team. Für mich als Geschäftsführerin lohnt es sich nachzufragen: Warum machst du dir Sorgen? Warum bist du dagegen? Nur wenn du die Ängste aufdeckst, wirst du den gesetzten Meilenstein erreichen. Und: Man muss mit Visionen arbeiten, gemeinsam erarbeiten, was unserem Tun einen Sinn gibt.

Und wie „managt“ man seine Gefühle noch? Durch „emotional forecasting“ etwa. Wir haben ja mitunter die Wahl, welcher Situation wir eine Emotion schenken wollen.

Ein Satz, der immer für positive Stimmung sorgt? „Danke.“ Wir alle leisten viel und freuen uns, wenn das erkannt und anerkannt wird.

Was meinen Sie damit? Will ich mich wirklich mit einer Person treffen, von der ich weiß, dass sie mir nicht guttut – ja oder nein? Will ich den Job, der keine Work-Life-Balance erlaubt? Vieles ist vorhersehbar, man muss nur achtsamer werden. Dabei kann ein neutraler Experte helfen. Was ist eigentlich falsch daran, Gefühle einfach rauszulassen? Gar nichts. Aber rauszulassen heißt nicht, dass es total un­ kontrolliert oder für das Gegenüber unangenehm sein muss. Ich darf natürlich verbalisieren: „Das macht mich jetzt richtig ­wütend.“ Dann wissen die anderen Bescheid, dass da mein Herz daran hängt. Man sollte sich nur bewusst sein: Stimmungen sind so ansteckend wie Gähnen. Umso wichtiger ist es, positive Gefühle zu schaffen. Mich selbst mag ich ja steuern können. Aber was ist mit den anderen? Was, wenn in einem Team einer immer dagegen ist und alle runterzieht? Mein persönlicher Zugang wäre, es anzusprechen, aber ich pflege sicher einen sehr empathischen Führungsstil. Wir übergehen ­unangenehme Situationen sehr gerne, weil wir nicht wissen, wie

INNOVATOR

Wir haben heute viel über direkte Kommunikation gesprochen. Bei Instahelp kann ich Psychologen – wenn gewünscht – auch nur via Textchat konsultieren. Lässt sich per Chat überhaupt eine Beziehung aufbauen? Ja. 60 Prozent unserer Kunden nutzen Textchat, 40 Prozent Audiound Videotelefonie. Der Chat mag unpersönlicher wirken, aber er hat Vorteile: Wenn du um zwei Uhr früh nicht schlafen kannst, kannst du die Emotion in dem Moment formulieren, in dem du sie gerade fühlst. Die Antwort des Psychologen bekommst du am nächsten Morgen, aber die Beschreibung ist frisch. Außerdem hat der Chat auch eine Art Tagebuchfunktion, du kannst nach­lesen, darüber reflektieren … Dass Online-Angebote eine gute Ergänzung zum Gesundheits­ wesen sind, zeigt sich an Ländern wie Schweden. Dort kannst du auch schon per Webcam zum Arzt gehen und ihm deine Symptome zeigen. Bis dorthin ist es in Österreich noch ein weiter Weg. INSTAHELP.AT Styling Simon Winkelmüller Hair & Make Up Sabine Reiter Bluse CELINE Hose FILIPPA K über N°5

Psychologische Beratung online

SO FUNKTIONIERT I N S TA H E L P 1 Du loggst dich anonym und kostenlos auf Instahelp ein.

2 Innerhalb von Minuten meldet sich ein „Ersthelfer“, ein geschulter Psychologe, der je nach Problemstellung einen passenden Gesundheits- oder klinischen Psychologen vorschlägt.

3 Dieser nimmt binnen 24 Stunden Kontakt auf. Alle Psychologen verfügen über mindestens drei Jahre Berufserfahrung und eine Zusatzqualifikation im Bereich der Online-Beratung. Das E-Health-Angebot wurde mit der Sigmund Freud PrivatUniversität Wien und einem wissenschaftlichen Beirat entwickelt. Wird man sich mit dem Psychologen einig, finden die Beratungen per Textchat oder verschlüsselter Audiound Videotelefonie statt.

4 40 Minuten Beratung pro Woche kosten 49 Euro, 60 Minuten 69 Euro, die Schnupperwoche gibt’s ab 29 Euro.

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R i c h a r d B r o w n i n g ko m m t d e m Tr a u m v o m F l i e g e n n ä h e r a l s j e e i n M e n s c h d a v o r.

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INNOVATOR


TEXT TOM GUISE FOTOS G R EG F U N N E L L , G R AV I T Y I N D U S T R I E S

SENKRECHTSTARTER

S e it h u n d e r t J a h re n s c h e ite r t die M e n s c h h e it d a r a n , e in J et- Pa c k zu b a u e n , mit d e m m a n e r s te n s vo m Bo d e n a b h e b e n , z we ite n s le b e n dig w ie d e r zu rü c kko m m e n u n d d rit te n s G e l d ve r die n e n ka n n . Da n n ka m d e r Brite Ric h a r d Brow nin g u n d ve rb a ute e in e Ra ke te in e in e n Ru c k s a c k .

INNOVATOR

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C h e f t e s t e r u n d M a s t e r m i n d . R i c h a r d B r o w n i n g i n s e i n e r We r k s t a t t k u r z v o r e i n e m Te s t f l u g .

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A JET-SUIT FACTS 1050 PS

Power insgesamt

3,6 KM

maximale Flughöhe

51,5 KM/H

aktueller Geschwindigkeitsrekord

INNOVATOR

pril 2017, San Mateo, Kalifornien. Venture-Capital-Geber Adam Draper steht auf dem Parkplatz der von seinem Vater Tim gegründeten Draper Uni­ versity. An einer Wand des Gebäudes prangen drei stockwerkhohe DC-­ Comics-Charaktere und ein Text: „Nicht alle Superhelden tragen Capes.“ Auch Tim ist da, ein legendärer ­Investor, der früh auf Tesla, Skype und Twitch setzte und dem nach­ gesagt wird, in den frühen Tagen von Hotmail virales Marketing erfunden zu haben. Außerdem vor Ort: 150 handverlesene Venture-Capital-Geber von ­Silicon Valley. Sie sind Drapers Einladung gefolgt, gemeinsam ein ­potenziell lukratives Investment zu besichtigen. Etwas abseits schnallt sich ein ­britischer Wissenschaftler und Er­ finder einen eigenartig aussehenden Rucksack um, verbunden mit einer Reihe von Kanistern, die wiederum an seinen – für einen Wissenschaftler ziemlich athletischen – Unterarmen und Waden befestigt sind. Der Mann mit dem Rucksack heißt Richard Browning. Der Rucksack ist ein Jet-Pack. Später wird Browning gestehen, dass er nicht die geringste Ahnung hatte, ob die Show, die über sein weiteres Leben entscheiden sollte, überhaupt klappen würde. „Ein Treibstofftank war undicht, die Elektronik wackelig, nur vier der sechs Motoren funktionierten – zwei hatte ich überhaupt erst in letzter Minute gekauft, als ich in Amerika ankam.“ Browning startet die Motoren, die heulen kurz auf, spucken ein wenig

Feuer und schalten sich jaulend wieder ab, was die versammelten VentureCapital-Geber alles andere als beeindruckt. „Innerlich starb ich vor Angst, aber ich versuchte, eine absolut coole Miene zu machen und sagte: ‚Keine Sorge, er wärmt sich nur auf!‘“ Browning stemmt seine Beine breit in den Boden, richtet die Arme nach unten und macht einen zweiten Startversuch. Wieder heulen die Motoren auf, diesmal aber immer kräftiger. Das millionenschwere Publikum hält sich die Ohren zu, die Gesichter sind immer noch skeptisch, aber das Interesse steigt sichtlich, als Funken aus den Düsen an Brownings Armen und Beinen sprühen, sich zunächst in blaue, zapfenförmige Flammen verwandeln, dann in einen den Körper umgebenden, wabernden Hitze-Nebel. Was folgt, ist reines Erstaunen: Browning hebt ab, gleitet auf einem Meter Höhe über den Park­platz, steigt über die versammelte Investorenschar hinauf, bis er kurz darauf an jener Stelle wieder landet, von der er ab­gehoben ist, und dabei Staub zur ­Seite wirbelt.

„Das ist das Verrückteste, was wir hier je gesehen haben.“ „Ich hatte große Angst davor, abzustürzen und das gesamte Equipment zu ruinieren“, gibt Browning später zu, „das wäre ziemlich beschissen gewesen, weil geplant war, dass ich den Jet-Suit später bei einem TEDTalk vorführe.“

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T

im Draper wendet sich einigen Männern auf dem Parkplatz zu, bespricht sich kurz mit ihnen, geht dann, ganz Pokerface, zu Browning und streckt ihm einen Hundertdollarschein entgegen. „Junge“, brüllt er durch den Lärm der Motoren und lacht, „eine ziemlich coole Parkplatz-Reinigungsaktion war das!“ Dann deutet er auf seine Investoren-Kollegen: „Die Typen sind fix und fertig. Absolut begeistert. Das ist das Verrückteste, was wir hier je ge­ sehen haben. Du hast gerade genau jenen Superhelden-Spirit gezeigt, den wir von einem Start-up erwarten. Da ­wollen wir dabei sein. Wie wäre es mit einer halben Million Dollar für zehn Prozent?“ Browning erzählt: „Ich bemühte mich um das coolste Pokerface meines Lebens und antwortete: ‚Wie wäre es mit 650.000 Dollar?‘ Draper nickte, gleich auf dem Parkplatz unterzeichneten wir ein Agreement auf der Rückseite des Hundertdollarscheins. Dabei liefen die Motoren noch in ­ihrem Kühlkreislauf!“ Browning, 40, hatte nicht einmal ein Jahr davor begonnen, an der Idee eines Jet-Suit zu basteln. Seit der Gründung seines Start-ups waren nicht einmal sechs Wochen vergangen.

S

eit er denken kann, glüht in ­Richard Browning eine Leidenschaft fürs Fliegen. „Mein Vater war Luftfahrt-Ingenieur und ­Erfinder. Sein Vater wiederum war im Krieg Pilot und Ausbildner beim Militär. Mein anderer Großvater war Vorsitzender des britischen Luft- und Raumfahrtherstellers Westland Helicopters. Flug, Technik, PS – das liegt mir im Blut.“ Mit achtzehn folgte Browning der Familientradition und begann ein Ingenieursstudium. „Aber es ging nur ums Rechnen und Mathematik, keine Werkzeuge, Maschinen oder sonst was mit Praxisbezug weit und breit.“ Er brach das Studium ab und begann zu jobben. Beim Ölriesen BP landete er einen Coup: „Ich entwickelte ein Frachtverfolgungssystem, das

„Wir werden eine Rennserie starten, wie das Red Bull Air Race.“ j­ eder zunächst für einen Witz hielt. Aber ich hatte den Mut, einen Prototyp zu bauen. Das Ding schlug ein wie eine Bombe. Es veränderte die globale Rohstoffindustrie und brachte Milliarden.“ Andere hätten sich vielleicht auf den Lorbeeren ausgeruht, Browning stellte sich einer komplett neuen Herausforderung. „Ich ging zur ‚Royal Marines Reserve‘. Zwei Jahre später hatte ich mein grünes Barett. Die zwei Jahre veränderten mich grundlegend. Die Ausbildner bei den Marines prügeln dich körperlich und geistig. Gnadenlos. Und damit bringen sie dich weiter, als du es je für möglich ge­ halten hättest“, sagt er. Browning begann, Ultra-Marathons zu laufen. Er verwandelte seinen Körper mit Calisthenics in eine Fitness-Maschine. Und ebendiese Fitness brachte ihn auf die nächste Idee: „Ich war leicht und stark. Ich konnte mein Körpergewicht in den verrücktesten Positionen halten, Planches,

B a c k s t a g e . „ J e t-S u i t-St u l p e n ( i m B i l d ) u n d R u c k s a c k p r o d u z i e r e n w i r i m 3 D - D r u c ke r.“

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A b l e g e n , a b h e b e n . Fü r o r d e n t l i c h B a r e s k a n n j e d e r m a n n B r o w n i n g s J e t-S u i t t e s t e n .

1919

WIE DIE ZEIT VERFLIEGT  ... Meilensteine in der ­G eschichte der indivi­ dualisier ten Luf t fahr t

Nur ein Patent Konzept eines ersten Jet-Packs vom russi­ schen Erfinder Alek­ sandr Andrejew – für den Raketenantrieb sollten Sauerstoff und Methan sorgen.

Muscle-ups, Flags. Eines Tages bekam ich Spaß an dem Gedanken, diese ­Fähigkeiten bis an die Grenzen des physikalisch Möglichen auszureizen. Es heißt ja, dass der Mensch zu schwach und zu schwer ist, um zu fliegen – okay, unsere Arme sind dafür vielleicht einfach nicht geeignet. Aber was, wenn man mit ein paar PS nachhilft?“

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1940 Geheimprojekt In einem „Himmels­ stürmer“ getauften Projekt arbeiten die Nationalsozialisten an einem Fluganzug, basierend auf dem Puls-Jet-Antrieb der V1-Flugbombe.

1947 Militärweste Nach Ende des Zwei­ ten Weltkriegs ent­ wickeln die USA mit­ hilfe des deutschen Wissenschaftlers Wernher von Braun eine Jet-betriebene Weste fürs Militär.

1961 Fluggürtel Der Ingenieur Harold Graham geht im Auf­ trag von Bell Aero­ space mit seinem Raketengürtel in die Luft – 13 Sekunden lang, 35 Meter weit.

I

m Jahr 1919 wurde vom russischen Erfinder Aleksandr Andrejew das erste Jet-Pack konzipiert, ein mit Sauerstoff und Methan betriebenes Raketensystem, das patentiert, aber nie gebaut wurde. In den hundert Jahren seither ­haben sich viele andere nach dem Himmel gestreckt – mit bestenfalls ­gemischten Ergebnissen.  37


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SUIT UP: MIT DIESEM ANZUG LEBST DU HOCH

Kilogramm Schubkraft gehen von der am Rückenteil befestigten, modifizierten Hauptturbine aus.

Alles im Blick und Kraf t aus den Armen – die wichtigsten Daten zu Richard Brownings Jet-Suit.

Kilogramm Schubkraft liefert jede der vier Antriebsdüsen für die Arme – bei nur 1,9 Kilogramm Eigengewicht.

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Liter Ke r o s i n passen in den Jet-Suit. Der aktuelle Tankstand wird im Visier-Display angezeigt.

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Kilogramm Tr o c ke n ­ gewicht bringt der komplette Jet-Suit auf die Waage. Ohne Treibstoff, wohlgemerkt.

5

Tu r b i n e n insgesamt werden eingesetzt, um eine perfekte Schubkraft zu gewährleisten.

1

elm und Visier mit H Head-up-Display

5

teuergerät und S Starterbatterien

2

Leder-Flugjacke

6

3

teuerplatine, die S Treibstoff- und Motordaten an das am Bein fixierte Smartphone liefert

martphone zur ÜberS tragung von Treibstoff- und Motordaten zum Helmdisplay

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l eichte Bikerboots

4

1

2 3

luminium-Armeinheit A mit Gashebel 4

„Die Schwerkraf t ist eine der wenigen K r ä f te , d i e w i r n o c h n i c h t i n d e n G r i f f g e krieg t haben. Wie cool wäre es, dieser Macht zu t r o t ze n? “ D a r a u f b e r u h t B r o w n i n g s I d e e , d e m m e n s c h l i c h e n Kö r p e r P S h i n z u z u f ü g e n . U n d e r m e i n t , er habe alle Herausforderungen der Physik wirklich g e m e i s te r t : „ E i n i g e L e u te kö n n e n l e r n e n , i n w e n i g e n M i n u te n z u f l i e g e n . H a s t d u d a s G e f ü h l m a l r a u s , m e r k s t d u n i c h t , d a s s d i e Tr i e b w e r ke s c h w e r s i n d; d u  m e r k s t n u r d e n S c h u b u n d w i e g e n a u u n d s t a b i l d a s Sy s te m i s t , s e l b s t b e i s t a r ke m W i n d .“

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6

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RUSSELL BELL

Basierend auf dem Puls-Jet-Antrieb ihrer V1-Flugbombe, versuchten sich die Nazis im Projekt „Himmelsstürmer“. Nach Kriegsende entwickelte der deutsche Wissenschaftler Wernher von Braun eine Jet-betriebene Weste für die US-Armee. 1961 schickte Bell Aerospace im ersten Freiflug den Ingenieur Harold Graham mit einer Art Raketengürtel in die Luft, 13 Sekunden lang und 35 Meter weit, knapp ­einen Meter über dem Boden. Das Bell-Aerospace-Modell wurde durch zwei Auftritte weltberühmt, 1965 im Bond-Film „Thunderball“ und 1984 bei der Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Los Angeles. Keiner der Ansätze brachte die ­beiden Hauptprobleme auch nur annähernd in den Griff: Zu viel Gewicht bei zu geringem Kraftstoff-GewichtsVerhältnis limitierten die Flugzeit auf eine Handvoll Sekunden, und alle Modelle blieben dramatisch instabil. Und genau in diesen Hindernissen sah Browning seine Chance. „An ein neues Projekt gehe ich immer mit demselben System heran. Ich analysiere, was jemand anderer getan hat, und frage mich: Kann ich das besser machen?“, sagt er. „Mein Plan war, ­jedes mögliche Gramm in meinem Flugsystem wegzulassen – und meine Muskelkraft als Stabilisator gegen die Schwerkraft einzusetzen.“ Historisch gesehen sind sogenannte Jet-Packs eigentlich Raketen-Packs: Der Treibstoff (oft Wasserstoff) erzeugt in einer chemischen Reaktion mit einem Oxidationsmittel einen ­heißen Gas-Stoß. „Aber es gab zuletzt einen ziemlichen Durchbruch bei leistungsstarken Mikro-Gasturbinen, die sich bei Modellflugzeugen bewährten“, erzählt Browning, der den Begriff „Modellflugzeug“ recht großzügig einsetzt: Die angesprochenen mit JetTreibstoff betriebenen Turbinen sind miniaturisierte Flugzeugtriebwerke, die bei 1,9 Kilo Gewicht jeweils 22 Kilo Schub bei einer Temperatur von 700 Grad aus dem Auspuff drücken. „Ein irres Schub-Gewichts-Verhältnis“, sagt er. „Dank der Ultra-Läufe war ich ziemlich leicht, also sollte ich abheben können, wie ich mir ausrechnete. ­Theoretisch sollte ich auch kräftig ­genug sein, aber ich grübelte hin und

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„ Jede Erfindung, die die Mensch­ heit weiter­ gebracht hat, entstammt der Missachtung konventioneller Annahmen.“ her, ob ich die Last auf meine Arme, Schultern oder Beine bringen sollte. Aber Zweifel gehören dazu. Der Weg zum Erfolg führt nur über Unsicherheiten. Jeder Unternehmer, der dir sagt, dass er immer wusste, dass ­irgendwas funktionieren würde, redet Schwachsinn. Wenn Dinge sicher sind, hat sie schon jemand zuvor getan.“

I

m März 2016 begann Browning mit Tests auf einem Bauernhof in der Nähe seines Hauses in Salis­ bury. „Keine Straßen weit und breit, nicht einmal ein Fußweg“, sagt er. „Wir hielten es absolut geheim.“

Pioniergeist. „Ich analysiere, was jemand anderer getan hat, und f r a g e m i c h : K a n n i c h d a s b e s s e r? “

Alles begann mit einer am Arm ­ efestigten Düse. „Ich feuerte sie ab, b wow, da steckte irre Power drin! Aber dennoch nicht genug, das war klar. Wir brauchten weitere Motoren.“ Als Nächstes befestigte er an jedem Arm eine Düse. Irgendwann zwischendurch versuchte er drei auf jedem Arm zu befestigen, 66 Kilo Schub pro Handgelenk. „Das war dann doch zu viel“, sagt Browning. „Wir experimentierten weiter, scheiterten jedes Mal, aber lernten bei jedem Scheitern.“ „Die großen Luftfahrtfirmen ­könnten ein halbes Dutzend Gründe nennen, warum das nie funktionieren kann“, sagt er. „Du seist nie in der Lage, genug Treibstoff zu transportieren, würden sie sagen, du könnest nie genug Energie erzeugen, und wenn doch, würdest du sie niemals bändigen können. Die Rotationskräfte würden deinen Arm jedes Mal abreißen, wenn du ihn bewegst. Und die Hitze wäre unkontrollierbar – du würdest in einem Feuerball verglühen. Am Ende bräuchte man, wenn es nach herkömmlichen Vorstellungen geht, ein riesiges traditionelles Jet-Pack mit Armlehnen, Kreiselinstrument und was auch immer. Aber das wäre vom Leistungsgewicht her nicht machbar.“ Seine Lösung war, alle Stimmen der Experten zu ignorieren. „Jede Erfindung, die die Menschheit je weitergebracht hat, entstammt der Missachtung konventioneller Annahmen“, sagt er. „Natürlich haben die zu 99 Prozent recht. Aber ich jage das eine Prozent. Das ist der Platz, in dem man die Welt verändert.“ Im November 2016 fand er dieses eine Prozent. Mit sechs Düsen, die an seinem Körper befestigt waren – eine pro Bein, zwei pro Arm –, flog Browning sechs Sekunden lang über den Hof. „Mein rechtes Bein hatte ich nicht unter Kontrolle. Es ist schwierig genug zu steuern, wohin deine Arme zeigen, aber stell dir vor, dass du bei all der Power auch deine Beine stabilisieren musst. Die Auspuffe waren ein paar Zentimeter vom Boden entfernt, ließen den Beton zersplittern und wirbelten Staub in die Motoren. Ich bekam Angst. Ich wollte nicht auf die allzu harte Tour lernen.“

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Todeszone von 10 bis 200 Metern. Zu hoch für einen glimpflichen Sturz , zu niedrig für den Fallschirm.

Aber als er sicher gelandet war, trug er ein breites Grinsen im Gesicht. „Ich dachte mir: Mein Gott, wir haben soeben die Tür zu etwas Großartigem geöffnet.“ Fünf Monate später und um 650.000 Dollar reicher steht Browning vor dem TED-Talk-Publikum im kanadischen Vancouver und fliegt. Die Menge gerät aus dem Häuschen.

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ktober 2018, ein Flugplatz außerhalb von Ipswich in England, in jeder Hinsicht weit entfernt vom Bauernhof-Test­ gelände. Im Inneren eines kathedralen­ artigen Hangars, verziert mit dem Logo von Brownings Unternehmens Gravity Industries, wirbelt am Ende eines pechschwarzen Tunnels ein riesiger Ventilator – eine streng geheime Versuchsanlage für Triebwerke. In der Mitte des Hangars kann j­eder den Jet-Suit testen, mit ­einem Sicherheitsgurt an einem Kran befestigt. Das Abenteuer ist kein Schnäppchen (über den Preis wird nicht gern geredet), aber darum geht es nicht: Es ist der erste Schritt zur Verwirklichung von Brownings Vision der massentaug­ lichen individualisierten Fliegerei. Seit der Vorführung auf Drapers Parkplatz in Kalifornien ist viel ­passiert: mehr als 60 Auftritte auf der ganzen Welt – darunter vier TEDTalks –, eine Show mit Tom Cruise und der Guinness-Geschwindigkeitsweltrekord für den Flug in einem ­körpergesteuerten Anzug mit Strahltriebwerk: 51,53 km/h. Inoffiziell ist er längst schneller. „Auf der Bournemouth Air Show erreichten wir 74 km/h“, erzählt Browning und lacht auf, „allerdings ver­sehentlich!“ Es war nicht der einzige Fehler, der dort passierte: Sowohl er als auch sein Kollege Angelo Grubisic beendeten ihre Vorführung mit einem Sturz ins Wasser, Browning schätzt den Schaden auf rund 18.000 Euro. Glücklicherweise kann er es sich leisten: Einen Tag zuvor hatte er einen Jet-Suit für knapp 380.000 Euro verkauft.

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Das Londoner Kaufhaus Selfridges bietet den Jet-Suit übrigens online an. Brownings Sinn für Inszenierung lässt sich am Event anlässlich des Verkaufsstarts erkennen: Er landete einen Flug auf der belebten Straße davor. Wenn er von Medien als „wahrer Iron Man“ gefeiert wird, gefällt ihm das. „Ich liebe den ersten ‚Iron Man‘Film“, lächelt er. „Die Idee, dass Tony Stark im Business Erfolg hat, aber dass ihm das nicht reicht und er in seiner Freizeit etwas Außergewöhnliches

„ Zweifel gehören dazu. Der Weg zum Erfolg führt immer über Unsicher­ heiten.“

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DER EXKLUSIVE MILE HIGH CLUB Über flieger Richard Browning über die drei anderen globalen Wegbereiter individuellen Abhebens.

FRANKY ZAPATA Frankreich Erfinder des Flyboard Air, des düsenbetriebenen Nachfolgers seines wassergetriebenen ­Hoverboards. Im April 2016 schraubte Franky den Guinness-Rekord für den weitesten Schwebeflug auf 2,25 Kilometer. „Zapata ist sehr gut, aber sehr riskant. Wenn er nur einen Fehler macht, reißt er sich die Beine ab.“

GETTY IMAGES, PICTUREDESK.COM

YVES ROSSY Schweiz Der „Jet-Man“ startet aus großer Höhe mit ­einem starren Flügelsystem, das die USLuftfahrtbehörden als Flugzeug eingestuft haben. „Ich liebe ihn sehr, aber er muss aus einem Hubschrauber springen, seine Triebwerke starten, fliegen, bis ihm der Treibstoff ausgeht, und dann den Fallschirm auslösen.“

DAVID MAYMAN Australien Fliegt mit traditionellen Jet-Pack-Triebwerken. „Netter Kerl, aber das Ding sieht aus wie von Olympia 1984 – ein riesiges Jet-Pack mit Joysticks. Das funktioniert meiner Meinung nach nie. Aber weltweit ar­ beiten nur vier Typen an ernsthaften FluganzugProjekten – da gibt es genug Platz für alle.“

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macht – damit kann ich mich identi­ fizieren.“ Robert Downey Jr.s Leute haben Browning übrigens kontaktiert: Der Hollywoodstar hat um einen Ter­ min zum persönlichen Kennenlernen gebeten.

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rowning denkt währenddessen sehr konkret weiter, und zwar an eine Formel-1-ähnliche Renn­ serie: Private Teams sollen seine Jet-Anzüge lizenzieren und ihre Pilo­ ten um die Wette übers Wasser jagen. „Wie das Red Bull Air Race, aber auf einer intimeren Ebene“, sagt er. „Wir reisen um die Welt – der Hafen von Singapur, Kaliforniens Bay Area, der Hudson River, die Themse.“ In seiner Trainingsanlage rekrutiert er bereits Piloten für die Rennserie. Längst ist der Jet-Suit gegenüber dem ersten Modell weiter verbessert. Er verfügt nun über einen einzigen Rückstrahl mit 55 Kilo Schub und je zwei Turbinen an den Armen. „Wenn man aus jedem Motor eine gerade Linie zieht, ist es wie ein India­ ner-Tipi mit fünf Stangen, deshalb ist das System so stabil.“ Es gibt Brillen mit Head-up-Display, „und der Com­ puter schaltet automatisch nach ein paar Minuten den Schub zurück, denn dann hast du fünf bis sechs Kilo weniger Treibstoff dabei.“ Für den Fall einer unfreiwilligen Wasserlandung gibt es eine automa­ tisch aktivierte Rettungsweste. Der Anzug ist für Höhen bis zu 6000 Metern ausgelegt, die Flughöhe wird nur durch die Düsen begrenzt, die sich bei zu dünner Luft ausschal­ ten. Am gefährlichsten ist der Flug, so Browning, im Korridor zwischen etwa 10 und 200 Metern über dem Boden. „Zu hoch für einen glimpflichen Sturz und zu niedrig für den Einsatz eines Fallschirms“, sagt er. Technisch wäre sogar das Brechen der Schallgeschwindigkeit möglich, aber dabei gibt es eine Sollbruchstelle. „Stell dir vor, was passiert, wenn du deinen Kopf aus dem Fenster eines Überschalljägers steckst“, sagt einer aus Brownings Team von Gravity ­Industries. „Aber wer weiß, vielleicht fällt uns auch dazu was ein.“

Mehr über den Anzug selbst, Test- und Kaufmöglichkeit sowie die Bewerbung für die Rennserie: gravity.co  41


INN OVATOR WIS SEN

HOW TO FIND YOUR STRENGTH EINE

ANLEITUN G SCHRIT TEN

IN

Als „Generation Selfie“ sind wir es gewohnt, uns auf Social Media bestmöglich zu präsentieren. Bei der Selbstwahrnehmung ist die wirklich wichtige Frage aber nicht „Wie sehe ich aus?“, sondern „Was leiste ich?“. Hier sind 14 Tipps, wie man seine Stärken und Schwächen besser versteht.

Aufgezeichnet von Marc Baumann

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Karriere in Eigenregie Der schnellste, effektivste und billigste Weg, um dein Leben und deine Karriere zu verbessern? Ein kritischer Blick in den Spiegel und ehrliche Selbstanalyse. Je klarer du deine eigenen Stärken und Grenzen erkennst, desto klügere Karriereentscheidungen wirst du treffen. Du kannst damit Berufe identifizieren, die tatsächlich zu deinen Werten und Fähigkeiten passen. Du wirst deinen Job mehr mögen, besser darin abschneiden­ und widerstandsfähiger in Kri­ sen sein. Selbsterkenntnis ist mit anderen Worten eine stark unter­schätzte Talentförderung. Kostet nichts und bringt viel.

Warum man ein deutscher Amerikaner sein sollte „Confidence before competence“, sagt man in den Vereinigten ­Staaten. Dort spricht man erst gar nicht über eigene Schwächen, sondern konzentriert sich nur auf seine Stärken und glaubt an den eigenen Erfolg. Aber diese „Fake it till you make it“-Botschaft funktio­

„Menschen überschätzen ihre eigene Arbeitsleistung im Schnitt um 20 bis 30 Prozent. Wir neigen dazu, Erfolge unseren eigenen Verdiensten zuzurechnen, den Grund für Misserfolge dagegen bei anderen zu suchen.“

niert nur bis zu einem gewissen Grad. Positives Denken und Moti­ vationssprüche können einem viel Kraft geben – aber man muss dabei ein realistisches Bild der eigenen Fähigkeiten im Blick be­ halten. Der Glücksrittermentalität der USA steht eine überkritische deutsche Selbstzweifelkultur ge­ genüber. Ideal wäre eine Kombi­ nation aus beiden Welten: Sei ein Deutscher, wenn’s um die Analyse deiner Fehler geht, und lass deinen inneren Amerikaner raus, um sie selbstbewusst zu überwinden.

Du täuschst dich Sich selber realistisch beurteilen?­ Gar nicht so einfach, wie auch die Wissenschaft festgestellt hat: Um durchschnittlich 20 bis 30 Prozent überschätzen Menschen ihre ­eigene Arbeitsleistung. In unserer Selbstwahrnehmung neigen wir Studien zufolge dazu, Erfolge unseren eigenen Verdiensten zuzurechnen, den Grund für Miss­erfolge dagegen bei anderen zu suchen. Und wir schenken eher Informationen Glauben, die unsere Meinung bestätigen, und übersehen gerne Quellen, deren Aussagen wir nicht zustimmen.

Beginne ganz einfach: mit einer SMS Bitte deinen Partner, Freunde, Familienmitglieder oder Kollegen, dich in einer SMS oder WhatsApp in fünf Worten zu beschreiben,


Schließ die Lücke zwischen Identität und Ruf Identität ist die Summe unserer Absichten, Gedanken, Wünsche – all das, was unser Verhalten prägt. Deine Identität kann positiv sein („Ich bin aufregend, ich gehe gerne Risiken ein“), auch wenn dein Ruf gleichzeitig weniger gut ist. Denn andere könnten dich

TOMAS CHAMORROPREMUZIC

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ADAM YEARSLEY

wegen deiner Risikofreude als ­unvorhersehbar und unzuverlässig ansehen. Reputation ist das, was Menschen aus unserer Identität machen. Während wir unsere Identität, unsere Persönlichkeit kaum ändern werden, können wir sehr wohl an unserem Ruf arbeiten. Versuche die Lücke zwischen dem, wie du dich siehst, und dem, wie andere dich sehen, zu schließen. Anders gesagt: Begib dich in die Schublade, in der du auch wirklich stecken möchtest.

Motivation braucht ein höheres Ziel Meist hinterfragen wir uns erst dann, wenn wir Ärger oder schlechtes Feedback bei der Arbeit bekommen haben. Also lieber früher und aus eigenen Stücken damit anfangen. Ob Sorge vor ungenügender Leistung oder eine leuchtende Vision der eigenen Karriere – beides können starke Beweggründe sein. Wobei negative Motive wie Angst nachlassen können, sobald keine unmittel-

bare Kritik mehr zu befürchten ist. Auf jeden Fall solltest du ein höheres Ziel haben, das du verfolgst. Einen Nutzen über die reine Veränderung hinaus, etwas, was dich dazu bringt, auf längeren Durststrecken dranzubleiben.

Fünf Fragen zum Verständnis deiner Stärken Was fällt dir bei der Arbeit leicht? Was machst du gerne? Was motiviert dich? Wofür ­loben dich andere? Wann warst du am erfolgreichsten?

Fünf Fragen, um deine Schwächen zu verstehen Bei welchen Arbeiten tust du dir besonders schwer? Welche Aufgaben magst du am wenigsten? Was kritisieren andere an dir? Was war deine größte Nieder­ lage? Wo müsstest du dich am dringendsten verbessern?

Was Talent, Führungsvermögen und berufliche Kom­ petenz ausmacht, wo man diese Eigenschaften findet und wie man sie ­fördert, erforscht Tomas ChamorroPremuzic, Wirtschaftspsychologe u. a. an der Columbia University, seit vielen Jahren. Adam Yearsley ist als ­Global Head of Talent Management bei Red Bull für die Gewinnung und Entwicklung hoch veranlagter Mitarbeiter zuständig. Gemeinsam haben die zwei Arbeitsexperten mit Red Bull Wingfinder ein starkes Tool zur Potenzial­ entfaltung entwickelt.

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von denen mindestens eines eine Schwäche beschreiben soll. Mach vorher eine Liste mit den Antworten, die du erwartest. Die meistgenannten Antworten verraten etwas über deinen Ruf, den du vielleicht schon erahnst. Kritikpunkte, die nur ein- oder zweimal genannt werden, können besonders nützlich sein, weil sie Schwachpunkte ansprechen, die dir selbst vielleicht noch verborgen sind. Denk an die letzten zwei bis drei Jahre im Job: Wie haben Vorgesetzte, Kollegen oder Kunden deine Arbeit beurteilt? Und: Denk auch an die kleinen spöttischen Nebenbemerkungen oder Sprüche, die man manchmal in der Kaffeeküche oder im Aufzug hört, darin kann sich ernsthafte Kritik verstecken.


Tiefe Einblicke in Motivation, Selbstvertrauen und Talent zum Nachlesen.

Drive: Was Sie wirklich motiviert

Confidence: The Surprising Truth ...

Die Durchschnittsfalle: Gene – Talente – Chancen

Daniel H. Pink zeigt auf, wieso Zuckerbrot (Geld) und Peitsche (Druck) keine guten Treiber sind.

Überbordendes Selbstbewusstsein macht selten erfolgreich, weiß ­Tomas Chamorro-Premuzic.

„Die Gesellschaft braucht Peaks und Freaks!“, meint Markus Hengstschläger, einst Punk, heute Uni-Professor.

Finde deine Flügel Deine Persönlichkeit ist im Grunde genom­ men eine Geschichte, die du über dich selbst geschrieben hast. Diese Geschichte lässt sich nicht umschreiben, aber du kannst Rück­ schlüsse aus ihr ziehen. Persönlichkeitstests wie der Red Bull Wingfinder (siehe nächste Seite) können dir dabei helfen. Der Test basiert auf 30 Jahren psychologischer For­ schung, ist kostenlos und dauert 45 Minuten. Wingfinder versucht, dein Selbstbild zu ver­ stehen, und analysiert aus den vier Schlüssel­ bereichen Motivation, Verbundenheit, Krea­ tivität und Denkfähigkeit deine Stärken.

Was wirklich wichtig ist Vermutlich könntest du dich nicht nur in einem Bereich verbessern, sondern in vielen. Aber mach dich nicht zur Großbaustelle. Welche

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Schwäche hält dich am meisten zurück? Auf welchem Gebiet bist du am stärksten ­motiviert, dich zu verbessern? Das reicht. Denn wenn du dich zu vielen Fronten gleich­ zeitig stellst, verlierst du den Fokus, und am Ende passiert gar nicht. Steck dir also selbst Zwischenziele. Wenn man den Mount Everest besteigt, braucht man Basislager.

Der Feuermelder in deinem Kopf Schwächen überwindet man nicht von heute auf morgen. Darum muss man lernen, mit ihnen umzugehen. Du solltest eine innere Notfallsirene haben, die frühzeitig losheult, wenn du im Beruf an deine Problemzonen stößt. Lerne, solche Situationen vorherzu­ sehen. Entwirf für diesen Fall einen inneren Evakuierungsplan, der dich in sicheres Gebiet bringt. Was kannst du tun, um in brenzligen Momenten besser als früher die Kontrolle zu behalten? Überlege, wie du reagierst, anstatt einfach nur zu reagieren.

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es immer machst. Wir tun zu oft die immer gleichen Dinge, hoffen aber gleichzeitig auf ein anderes Ergebnis. Fakt ist: Niemand ver­ ändert sein Leben, indem er immer nur dasselbe macht. Es geht dar­ um, sich weiterzuentwickeln.

Mach es wie Messi Professionelle Fußballspieler trainieren fünfmal pro Woche, bestreiten in derselben Zeit aber meist nur ein Spiel. Der Rest von uns tritt im Büro jeden Tag zum Wettkampf an und übt vielleicht einmal im Jahr. Wir verbringen viel zu wenig Zeit mit Selbstopti­ mierung – jeder Profisportler wür­ de darüber nur den Kopf schüt­ teln. Das zu ändern ist schwierig. Bau bewusst Pausen in deinen stressigen Alltag ein, die dir Zeit und Raum geben, auf dein Leben zu schauen und dich zu fragen, ob du das erreichst, was du willst. Natürlich ist der bequeme Weg jener, es so zu machen, wie du

Die fünf P erfolgreicher Sportler

Niemand macht den Job für dich Die meisten Probleme werden ge­ löst, wenn die richtige Person am richtigen Arbeitsplatz sitzt. Talent ist gewissermaßen Persönlichkeit am passenden Ort. Aber erwarte nicht, dass die Unternehmen ­diese Suche für dich übernehmen. Es liegt ausschließlich an dir.

Purpose: Hab einen Traum und folge ihm. Practise: Üben. Immer und immer wieder. Progression: Versuche, im Laufe­ der Zeit immer höhere Ziele zu erreichen. Steigere dich. Performance: Höre auf Feedback, lerne aus deinen Leistungen. Perseverance: Eine Niederlage ist einfach nur der Punkt, von dem aus das nächste Rennen beginnt.

Red Bull Wingfinder: Durch Beantworten simpler Fragen erhältst du eine Analyse deiner beruflichen Stärken in vier Schlüsselkategorien sowie einen Coaching-Plan mit Strategien, sie noch zu optimieren.

Connections

Drive

Creativity

Thinking

Arbeitest du gut mit anderen zusammen oder besser eigenständig?

Wie ehrgeizig bist du, und wie steht es um deine Gelassenheit?

Wie innovativ denkst du? Wie logisch und ­ na­lytisch gehst du vor? a

Kannst du abstrakt ­denken und komplexe Probleme lösen?

Jetzt selbst testen: wingfinder.com

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AUF DEM SPRUNG IN DIE SELBSTSTÄNDIGKEIT? FREE

Wie Sie alle Hürden meistern: www.wingfinder.com

AS

SE

SS

MENT


360-GRAD-KAMERAS, VR-MIKROFONE, RASANTE DROHNEN ODER EINE WÄRMEBILDKAMERA, DIE SELBST DIE NASA BENUTZEN KÖNNTE – DIESE GADGETS WOLLEN MEHR ALS NUR SPIELEN. FOTOGRAFIE KLAUS PICHLER TEXT MARC BAUMANN

DER NEXT LEVEL GADGET GUIDE


DROHNE MAVIC 2 PRO

DAS FLIEGENDE AUGE Rookies verkauft man vorzugsweise Produkte, die „leicht zu bedienen“ sind – was frei übersetzt nichts anderes heißt als: wenige Funktionen. Die Mavic Pro 2 macht es besser: Sie hilft dem ­unerfahrenen Piloten mit erstklassiger Techno­ logie dabei, nicht gleich gegen die nächste ­Hauswand zu krachen. Sensoren messen die Abstände nicht nur zum Boden, sondern auch

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zur Seite und sogar nach oben, wodurch die Drohne unter Brücken oder in geschlossenen Räumen fliegen kann. Kommt sie einem Hin­ dernis zu nahe, schlägt sie Alarm, stoppt selb­ ständig und umfliegt es notfalls. Für das Landen in der Dämmerung gibt es einen Spot, der den Boden ausleuchtet. Dazu eine wertvolle Hassel­blad-L1D-20c-­ Kamera und einen kräf­ tigen Motor mit bis zu 72  Stunden­kilometer Highspeed. Und dass man sie zusammen­ falten und in einer Trag­ tasche verstauen kann, macht die Mavic 2 Pro zum perfekten FliegerHandgepäck. AB 1499 EURO DJI.COM

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VARIOCAM HD

SIE MACHT HEISSE BILDER Gadgets werden gerne als „technische Spie­ lereien“ abgetan, aber diese thermografische Kamera lässt sich – ­n eben aller Freude an der Technik – auch hochprofessionell ein­ setzen: von der Sicher­ heits­kontrolle in der Raumfahrt über die Automobilindustrie bis hin zur medizinischen Diagnose bei der Krebs­ früherkennung. Denn die hochsensible Vario­ CAM ® HD research 900

kann kleinste Tempe­ ratur­unterschiede darstellen – und das in einem extrem großen Messfenster von minus 40 bis plus 2000 Grad. Aber man darf die Ka­ mera natürlich auch einfach nur aus Neugier und ­Ausprobierfreude benutzen, etwa bei der Verfolgung ­schneller Tiere im Wald in der Dunkelheit oder bei der Darstellung von Körper­ temperaturen im Freien. Serious Fun, sozusagen. AB 14.950 EURO INFRATEC-INFRARED.COM


QUS SMART-TEXTIL

HÖR AUF DEIN HEMD

T-Shirts waren bislang nicht besonders klug – das ist kein Vorwurf, sind ja nur T-Shirts. Smart-Textil von Qus ­definiert den Begriff Funktionswäsche allerdings komplett neu: Sie wird zum Arzt (misst Herzrate und Atemfrequenz), zum Sportwissenschaftler (misst Kalorienverbrauch und g-Kräfte) und zum Pfadfinder (zeigt Geo-Daten an). Wie das geht? Ins Gewebe des Qus-Shirts eingearbeitete Sen-

soren (Bild) zeichnen alle relevanten Daten auf und speichern sie in einer Cloud – ganz ohne störenden Brustgurt. Die Qus-ShirtHersteller haben neben dem Sportsektor auch den Gesund­h eits­b ereich im Auge: für Live-­Moni­ toring von Patienten im Krankenbett. Und waschbar ist das Hemd natürlich auch. Technik soll ja nicht zum Himmel stinken. 269,90 EURO QUS-SPORTS.COM

GOPRO FUSION

VOLLER AKTIONSRADIUS Bevor Nick Woodman die GoPro, die Mutter ­aller Action-Cams, erfand, schnallte er sich beim Wellenreiten eine Einwegkamera mit Gummi­bändern an den Körper. Die Kamera sah er nie wieder, dafür wurde er zum Milliardär. Sein Traum eines perfekten Surf-Videos hat sich aber erst fünfzehn Jahre später erfüllt: mit der GoPro Fusion 360. Denn anders als alle ­G oPros zuvor filmt sie den Surfer nicht nur von

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einer Seite, sondern in seiner Gesamtheit. Und dank der OverCaptureFunktion und der 5.2KAuflösung kann man in der Postproduktion selbst den perfekten Blickwinkel auswählen. Das alles in bewährter GoPro-Qualität – dazu einige Stichworte: wasser­dicht bis fünf ­Meter, Ultra-HD-Videos, Slo-Mo, 360-Grad-Tonaufnahme, 18-Mega­ pixel-Kamera und Sprachsteuerung in zehn Sprachen. 410 EURO GOPRO.COM/FUSION

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RYLO

THE NEW KID ON THE BLOCK

360-Grad-Kameras sind immer noch eine recht kleine Nische im Kamera-­G eschäft – dar­ um ist es erstaunlich, wie hochwertig die Geräte bereits sind und wie hart namhafte Firmen wie GoPro, Samsung oder Garmin um das doch nur langsam wachsende Kunden­segment kämpfen. Dass ein kleines Start-up wie Rylo aus dem Stand in diesem Wettkampf mithalten kann, erstaunt – umso mehr, als die Rylo-Videokamera gerade bei der Bildstabilisie-

rung ganz vorn dabei ist. Die App gehört ebenfalls zum Besten, was der Markt hergibt – aber mit Software kennen sich die Gründer, die zuvor bei Facebook und Instagram waren und die vielbeachtete Hyperlapse-App für Instagram geschaffen haben, natür­ lich aus. Viel Ahnung haben sie offenbar auch von Design, die kleine, handliche Rylo-Cam sieht schlicht super elegant aus. Bei so viel inneren Werten darf man das ja auch mal sagen. CA. 430 EURO RYLO.COM

AMBEO VR MICROPHONE

REVOLUTION IM OHR Seinen ersten Kinofilm mit Dolby Surround vergisst man nicht („Jurassic Park“, 1993). Bei Immersive Audio kommt zur Breite und Tiefe des Tons noch eine zusätzliche Dimension dazu: die Höhe. Bei Ambeo VR Mic von Sennheiser verstecken sich in den Kopfhörern vier Aufnahmekapseln, die Klänge aus allen Richtungen aufnehmen. Das Resultat: unfassbar realistischer 3D-Sound. Anwendungsgebiete für solche 360-GradTonaufnahmen: Film­ aufnahmen, Video­spiele,

Sportübertragungen, Konzerte – in all diesen Bereichen wird Immersive Audio den Erlebnisfaktor heben. Für den Privatgebrauch bieten diese In-Ears die per­fek­ te Einstiegsdroge, um Sound-Erlebnisse rundum zu revolutionieren. AB 299 EURO SENNHEISER.COM


OSMO POCKET

HOLLYWOOD IN DER HOSENTASCHE Die DJI Osmo Pocket ist klein wie ein Schoko­ riegel, hat aber alles, um damit einen großen Kinofilm in 4K ­Ultra HD zu drehen. Drei beweg­ liche Achsen stabili­ sieren in Echtzeit jede

Verfolgungsjagd, und die Handheld-Kamera (übrigens mit Gesichts­ erkennungs­funktion) folgt problemlos sich bewegenden Objekten. Die Auswahl der Dreh­ orte? Man kann sich ein­ fach von den unzähligen Kamera-Optionen ins­ pirieren lassen: Epische Landschaftsaufnahmen gibt es im PanoramaModus, zudem ist auch das Filmen bei Nacht im Gangsterhauptquartier problemlos möglich. Wer eine Tierdoku drehen will, kann mit einem wasserdichten Gehäuse abtauchen. Und der Showdown des Films lässt sich – Dra­ matiker, aufgepasst – in Vierfach-Zeitlupe aufnehmen. AB 339 EURO DJI.COM

MIKME MICROPHONE

DER RAUSCH HAT EIN ENDE INNOVATOR

„Made in Germany“ liest man heutzutage eher mit Skepsis. Das kabel­ lose Smartphone-Mikro­ fon Mikme hält aber da­ gegen: Erdacht wurde es in Österreich, gefertigt wird es in Deutschland. Das digitale Aufnahme­ gerät nimmt jedes Ge­ spräch, jeden Podcast, jedes Video, jeden Song oder sonstige Geräusche – in Studioqualität – auf. Die dazugehörige App synchronisiert auf Wunsch den Ton mit ­parallel gedrehten ­iPhone-Videos (die ­Android-App fehlt leider noch). Es kann aber

auch als USB-Mikrofon mit dem Mac oder PC verwendet werden. Mit­ tels Mikme-App steuert man Aufnahmen aus der Ferne und streamt sie bequem ans iPhone. 198 EURO MIKME.COM

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SUSANNE EINZENBERGER

Vereinfacht das Diabetes-Manage­ ment: Gerald Stangl, 39, ­Design ­Director und Co-Founder von mySugr

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MEIN S TA RT-UP-MOMENT

VERTRAUTER WAHNSINN Vom Judoka zum Co-Founder der erfolg­ reichen Diabetes-Management-App mySugr: Gerald Stangl erzählt, wieso Sportler ideale Gründer sind und welcher Fehler die beiden Gruppen verbindet. innovator: Euer Start-up wurde 2017 an den Schweizer Pharma-Riesen Roche verkauft (um kolportierte­200 Millionen Euro; Anm.). War diese Entwicklung bei der Gründung für dich absehbar? gerald stangl: Ich habe 2009 Begriffe wie Start-up und Exit noch gar nicht gekannt. Und auch von Diabetes verstand ich wenig. Nicht gerade die besten Voraussetzungen. Mit Frank Westermann, meinem Co-Founder, habe ich gerade am Design einer Preisvergleichsplattform für Pflegeprodukte gearbeitet. Dann kam der App Store auf. Und Frank zu mir: „Ich glaube, dass dieses Smartphone viele Probleme für mich als Diabetiker lösen könnte.“ Also begann ich mich damit zu beschäftigen. Mit dem Smartphone? Ich habe mir verschiedenstes bestellt: Smartphones, Kindles, das erste iPad aus Amerika. Damit habe ich dann herumexperimentiert. Und ich wurde aufmerk­ samer im Alltag, habe immer mehr Diabetiker erkannt und darauf ­geachtet, welche Tools sie verwenden. Dann wurde es mir klar. Was? Dass wir nicht nur Franks Problem lösen können. Durch ihn wusste

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ich, dass die stark datengetriebene Diabetes-Therapie mit einer App einfacher wäre. Und ich hatte eine konkrete Vorstellung davon, wie die aussehen könnte. Wie hat dein Umfeld auf eure Idee reagiert? Ich war 30, beruflich erfolgreich, hatte eine große Wohnung. Natürlich wirst du komisch angeschaut, wenn du alles für ein Projekt auf­ gibst, das zu der Zeit wenige verstanden. Aber viele meiner Freunde kennen mich vom Judo, wo ich jahrelang Wettkämpfe bestritten habe. Im Sport ist es normal, schräg zu denken und für wahnsinnige Ideen alles aufzugeben. Wie bei Olympia zu starten? Genau. Sportler verstehen verrückte Träume. Sie wissen, dass Verzicht dazugehört. Du kannst nicht Olympiasieger werden und gleichzeitig in Saus und Braus ­leben. Du musst zurückschrauben. Was bedeutete das für dich? Ich bin in eine Substandard­ wohnung gezogen. Ohne Heizung, mit Außenklo. Das war mir aber wurscht und meinen Freunden auch. Genügsamkeit ist uns ­Gründern leichtgefallen. Was war im Gegenzug die ­g rößte Herausforderung? Ein gutes Technik-Team aufzubauen. App-Entwickler, UX-Designer – die Berufe hat es damals noch nicht gegeben. Und damit Leute

sich in ein risikoreiches Start-up begeben, müssen sie etwas spüren. Die Idee ist dabei nur ein Prozent. Sie müssen vielmehr spüren, dass die Gründer nicht nur leidenschaftlich, sondern auch zäh sind. Zäh? Zäh bedeutet, sich selbst um ein Problem zu kümmern, bis es gelöst ist. Ich habe alles über die ­nötige Technik gelernt, um dann die richtigen Fragen zu stellen und die richtigen Leute zu finden. Du musst dir jeden Mitarbeiter verdienen. Er muss sehen, wie die Founder sich reinhängen und dabei von nichts entmutigen lassen. Das ist uns gelungen, weil wir, getrieben von der Idee, unglaublich viel Energie zum Arbeiten hatten. Sich voll reinhängen, härter arbeiten als die anderen – eine ­weitere Lehre aus dem Sport. Und zum Teil ein Trugschluss. Wie bitte? Nicht der, der am härtesten trainiert, schafft es, sondern der­ jenige, der am smartesten trainiert. Der Körper und Geist nicht überbelastet. Das haben leider auch wir nicht in dem Ausmaß respektiert. Aber genau deshalb passieren viele Fehler, die du dann Jahre mitträgst. Fehler, die du hättest vermeiden können, wenn du dir einen Tag Auszeit gegönnt hättest. Der Tipp an Gründer wäre ­demnach: Mach mal Urlaub! Hart arbeiten bleibt essentieller Bestandteil. Aber lass dich nicht stressen! Hör auf deinen Körper! Heute denke ich mir öfter: Ist es so wichtig, die Entscheidung gleich zu treffen? Wird mich das in drei Jahren noch beschäftigen? Oder nehme ich mich besser zwei Tage zurück und entscheide dann mit ausgeruhtem Geist. mySugr bietet Diabetikern heute Rundumversorgung mit App, Teststreifen, Messgeräten und Beratung und hat 1,7 Millionen User. MYSUGR.COM

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TEXT — JONAS VOGT FOTOS — OLIVER JISZDA

FINANZSPIELRAUM Revolution ohne Zerstörung, On-the-Edge-Technologie, ohne Kunden zu verschrecken. Die George Labs der Erste Group zeigen, wie man Innovationen antreibt – nicht nur im Online-Banking. Ein Workshop in sechs Schritten.

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Transparenz: Am Erste Campus im mondänen Quartier Belvedere in Wien-Favoriten findet Innovation hinter flächigen Glasfassaden statt.

im text


Gäbe es eine Liste von Start-up-Klischees, die George Labs würden fast alle erfüllen. Im offenen Büro starren Mitarbeiter im Alter zwischen 25 und 35 auf ihre Computer. Es gibt keine fixen Sitzplätze, dafür eine Tischtennis­ platte in der Mitte des Raums. Man trägt weiße Sneaker und Jeansjacke. Natürlich.

Eigentlich ist das hier kein Start‑up im engeren Sinne. Vor knapp sechs Jahren hat sich die Erste Group (16 Millionen Kunden in 7 Ländern) selbst eine Innova‑ tions-Unit verpasst. Mit dem Ziel, die Strukturen eines 200 Jahre alten Unternehmens zu hinter­ fragen, ohne gleich alles kurz und klein zu schlagen. George, die Online-Banking-­Plattform der Erste Group, ist das sichtbare ­Ergebnis. Aber auch ­darüber ­hinaus sind die Labs ein Beispiel ­dafür, wie man – gerade in einem großen und daher etwas schwerfälligen Unternehmen – Inno­vationsprozesse Schritt für Schritt einführen kann. Und dabei am besten alle mitnimmt – die ­Kunden und die eigenen Leute.

Weitsicht: Boris Marte, 54, ist einer der Köpfe der George Labs. Sein Auf­ treten ist Silicon Valley pur. Das ist auch der Anspruch, den er verkörpert.

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Wo stehe ich?

Im Jahr 2012 ist Boris Marte, weiße Sneaker, Jeansjacke, D ­ reitagebart, schon elf Jahre bei der ­Erste Group tätig. Zu dem Zeitpunkt nutzen 45 Prozent der ­Österreicher Online-Banking, jeder allerdings bei der Bank, bei der er auch sein Konto hat. Plattformen, die für alle zugänglich als Schnittstellen zur Hausbank genutzt werden können, sind noch ferne Zukunftsmusik. Marte macht eine Bestandsaufnahme. „Damals wussten wir nicht, wo das hinführen würde“, sagt er. „Wir haben nur gesehen, dass sich die Industrie, in der wir uns befinden, dramatisch verändert.“ Aus allen Ecken entsteht Konkurrenz: Start-ups aus dem Bereich Finanztechnologie, FinTechs genannt, entwickeln ­Zahlungssysteme; Direktbanken wie die N 26 konzentrieren sich auf junge Zielgruppen; Big Techs wie Google setzen dazu an, in den ­Bereich Finanzprodukte zu ­gehen. Und dazwischen sitzen die ­alten, schwerfäl­ligen Endkundenbanken wie die Erste Group. „Wir wussten, dass wir eine Antwort brauchen.“


2 „DIE INDUSTRIE VERÄNDERT SICH DRAMATISCH: DIREKTBANKEN, BIG TECHS, STARTUPS – UND DAZWISCHEN WIR.“

BANKING (FAST) OHNE BANKER: DAS TEAM DER GEORGE LABS

17 %

UX Designer & Produktmanager Datenwissenschaftler & Datenanalysten Requirement Engineers & Scrum Masters

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20 %

42 %

21 %

SoftwareEntwickler

Was brauche ich?

Gemeinsam mit Freunden und späteren Mitarbeitern stellt Marte drei Thesen auf. Erstens: Um die notwendige Trans­ formation zu schaffen, benötigt die Bank externe Kompetenzen, Leute aus anderen Branchen mit anderen Per­spektiven. Zweitens: Es braucht einen Platz, um ­erfinderisch und mutig sein zu können, wo Fehler erlaubt sind und ausprobiert werden darf. Drittens: Das Unternehmen muss zum Anziehungspunkt für Talente werden, die sonst den Weg in die ver­ meintlich verstaubte Bankenbranche nicht gehen würden. Andreas Treichl, CEO der Erste Group, lässt sich überzeugen. Er be­auftragt Marte, ein Innovationszentrum einzu­ richten, und sichert die notwendigen Mittel für drei Jahre zu. Rasch fällt die Entscheidung, dass es für einen glaub­ haften Paradigmenwechsel ein sicht­ bares Zeichen braucht. Aus diesen Über­ legungen wird der Erste Hub gegründet, ein internes Start-up – der Vorgänger der George Labs. Das Anfangs­team be­ steht aus knapp 20 Leuten, eine agile, eigenständige Einheit, die ­einen Proto­ typ auf der ganzen Linie auf die Beine ­stellen kann. Mit Designern, SoftwareEntwicklern, Datenanalysten. Der implizite Deal, den sie mit der Führung abschließen: Das Team soll die Freiheit bekommen, althergebrachte Strukturen der Bank zu hinterfragen und bei Bedarf auch einzureißen. ­Voraussetzung: Die neu geschaffenen Strukturen müssen zu marktreifen ­Produkten führen.

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Flexibilität: In den George Labs ­arbeiten kleine ­Feature-Teams räumlich zusammen, fixe Work­ stations gibt es ­allerdings nicht.

„WIR MÜSSEN BEI UNS SELBST STRUKTUREN SCHAFFEN, DIE STETS VERÄNDERBAR SIND.“

GEORGE, DIE ONLINEBANKING-PLATTFORM DER ERSTE GROUP Der Launch fand Anfang 2015 statt, mittlerweile hat die Plattform 4,7 Millionen User in vier Ländern. Davon kommen 1,7 Millionen ­allein aus Österreich. Der Marktanteil von George liegt unter den Online-Banking-Usern bei 38 Prozent.


DIE AUFGABENSTELLUNG WAR: WIR BRAUCHEN KEIN HIPSTERPRODUKT, SONDERN EINES FÜR ALLE KUNDEN.

Lässigkeit: Isabella Frey (Chapter Lead & Product Owner) auf einem der Arbeitssofas

VON DER IDEE ZUM ENTWURF – VOM DESIGN ZUR INNOVATION „Der Weg zum Leben der Menschen führt über das Design“, sagt Chefdesigner Maurizio Poletto. „Gutes Design macht eine App ­intuitiv und einfach zu bedienen.“ Dafür sorgt er in den George Labs u. a. mit Art D ­ irector Stefanie Prinz. george-labs.com

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Wie will ich arbeiten?

Um von Ideen schnell zu den geforderten Produkten zu kommen, stellt das Team selbst ein paar Grundregeln („Kitchen Rules“) auf – wie etwa die Orientierung an einem konkreten, aktuell vorhande­ nen Problem. Oder das wöchentliche „Idea Pitching“, bei dem neue Ideen vor­ gestellt werden und dann gemeinsam ent­schieden wird, welche davon weiter­ verfolgt werden sollen. „Das war eine völlig andere Arbeits­ weise, als sie im Bankenumfeld vorher geherrscht hatte“, sagt Marte. Diese unter­nehmenskulturellen Änderungen sind notwendig, um Mitarbeiter aus der Start-up-Szene zu gewinnen und Identifi­kationspotenzial zu wecken. Aus dieser Szene kommt auch die in den Labs selbst verordnete Minimal-­ Value-Product-Philosophie: Man plant nicht das perfekte Produkt am Reiß­ brett, sondern geht mit einem unfertigen Produkt auf den Markt und beendet es erst mit den aus der Kundennutzung ­gewonnenen Daten.

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Was will ich machen?

In den ersten Jahren entwickelt das Team der George Labs eine Reihe von Apps wie „Hilfreich“, eine Möglichkeit, bei Zahlun­ gen gleichzeitig zu spenden, oder „Fair­ Split“, mit der man Zahlungen in einer Gruppe aufteilen kann. Knapp die Hälfte aller Ideen scheitert, weil sie von den Kunden nicht angenommen wird. Im ­Gegenzug führt die direkte Implemen­ tierung des Feedbacks genau zu jenen Apps, die Kunden verlangen. „Gewisse Dinge kann man nicht vor­ hersehen“, sagt Marte und erinnert an die „Wechselstube“-App, „niemand bestellt darüber täglich Fremdwährungen, aber eine weitere Funktion, das Abfragen des Wechselkurses, wurde permanent ver­ wendet. Nachdem wir erfahren hatten, wie beliebt die Funktion war, konnten wir das für weitere Entwicklungen natür­ lich besser berücksichtigen.“ Die Aufgabenstellung war nicht: Die Erste Bank braucht ein Hipster-Produkt, sondern ein digitales Angebot an den ­gesamten Kundenstock. Es muss die ­komplette Bandbreite der Bankengruppe ­abbilden und sich in Sachen Usability mit den großen Konkurrenten messen können. Auch Jahre nach dem Launch hinterlassen die User mit ihrem Nutzungs­ verhalten Daten, geben Feedback und verbessern das Produkt so mit jedem ­neuen Upgrade. „Das verlangt die Ein­ sicht, dass man selber nie zwingend richtig­liegt“, sagt Marte. Das Richtig­ liegen komme erst mit den Daten.

Zusammenarbeit: ­Stefanie Prinz (Art ­Director, li.) und Christa Maier (Chapter Lead & Product Owner) beim Testen neuer Features.

Ausgeglichenheit: Bei Schönwetter wird die Arbeit auch mal an die frische Luft verlegt (im Bild das Gartendeck des Erste Campus).


Der Erfolg ruft andere Banken auf den Plan, Marte wird zum gern gesehenen Gastredner: „Viele machen aber den großen Fehler, zu glauben, dass es reicht, ein Lab zu gründen oder sich von irgendeinem FinTech eine App bauen zu lassen. Ohne interne Bereitschaft, dich grundlegenden Veränderungs­prozessen auszusetzen, geht gar nichts.“

6 „AM ANFANG GING ES DARUM, MIT DEM TEAM ÄNDERUNGEN VORAN­ZU­ TREIBEN – UND WOHL AUCH EIN PAAR LEUTE IM HAUS AUF­ZU­ SCHEUCHEN.“

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Wie werde ich konkret?

Anfang 2015 wird George gelauncht. Die erste Welle der Kampagnen kommt ohne die Logos der beteiligten Banken aus. „Auch die Launch-Strategie war ein großes Risiko“, bestätigt Marte. „Niemand wusste, ob unser Produkt so akzeptiert würde, wie wir es erhofften. Wir hätten auch lediglich kommunizieren können, dass es ein Upgrade des bestehenden ­Netbankings gibt, haben uns dann aber bewusst dafür entschieden, mit etwas ganz Neuem in den Markt zu gehen.“ Das unter eigener Marke zu machen brauchte viel interne Überzeugungsarbeit. Aber es funktioniert. Und wie. Nach knapp vier Jahren hat George allein in Österreich 1,7 Millionen User.

Wie erhalte ich mir das?

Am Anfang ging es bei den George Labs darum, im kleinen Team Änderungen voranzutreiben – und wohl auch, allein durch die Existenz der Unit ein paar Leute im Haus aufzuscheuchen. Heute, im siebten Jahr, haben sich die Um­ stände geändert: Rund 200 Mitarbeiter arbeiten an George, bis zu 50 weitere werden gesucht. Bis Mitte 2020 ist man mit Neuerungen ausgebucht. „Auch im großen Team innovativ zu bleiben ist eine gewaltige Herausforderung“, sagt Marte. „Dafür müssen wir bei uns selbst immer wieder aufs Neue Strukturen schaffen, die veränderbar sind.“ Der Bankensektor ist im Wandel. Der Zahlungsverkehr wird durch neue Payment-Services zu einer Nebensache, die der Kunde kaum noch wahrnimmt – etwa durch den kontaktlosen Bezahldienst Apple Pay. Die Erste Bank und Sparkassen haben ihn Ende April eingeführt – auch ein Beispiel dafür, wie man in den George Labs arbeitet. Denn trotz der „disruptiven Kraft“ im Innovations­ team muss nicht immer etwas zerstört werden. Oft geht es mehr darum, intelligente Designlösungen in bestehende Systeme zu integrieren und auch dabei die Kunden mitzunehmen. „Es bringt uns nichts, zu techy und zu edgy zu sein“, so Marte. „Wir müssen mit neuen Entwicklungen Schritt halten und trotzdem für die Masse da sein.“ Die Evolution der Revolution sozusagen.

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Die Konstante, die jeden Wandel übersteht: voestalpine-CEO W O L FGA N G E D E R über Werte, die in der Existenzkrise ebenso ­z ählen wie an der Weltspitze.

WIE WIR WIRKT FOTO : Oliver Jiszda H A I R & M A K E- U P : Sandra Landwer th

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Wolfgang Eder, geboren 1952 am Attersee, beendete sein Jus-Studium in Salzburg 1976, begann 1978 bei der VOEST. Und blieb dort bis heute.

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Hightech-Weltmarktführer: In Linz schlägt das Herz des globalen Konzerns voestalpine. Rund 500 Konzerngesellschaften in über 50 Ländern, über 50.000 Mitarbeiter, knapp 13 Milliarden Euro Umsatz. 66

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Wolfgang Eder wurde in 40 Jahren vom Jung juristen eines bleischweren österreichischen Staatskonzerns zum CEO eines Hightech-Weltmarktführers mit Star t‑up-Spirit – ohne das Unternehmen zu wechseln. Im Sommer dankt er als voestalpine-Vorstand ab. Ein Gespräch über und

GEMEINSAMKEIT

V E RT R AU E N , V E R A N T W O RT U N G

als zeitlose unternehmerische

Grundwer te.

H Herr Eder, wir wollen darüber reden, was die Kultur eines Unter­nehmens mit seinem Erfolg zu tun hat. wolfgang eder: Gut. Da haben wir viel zu besprechen.

PICTUREDESK.COM

Als Sie 1978 zur VÖEST gekommen sind, wie hat da die Unternehmens­ kultur ausgesehen? Es war ein von der Politik kontrolliertes Unternehmen, die Unternehmenskultur war de facto eine Politkultur und damit eine ausgeprägte Misstrauenskultur. ­Hinter jedem Entscheidungsträger gab es eine politische Back-up-Organisation der jeweiligen Parteizentralen, ohne die keine wesentliche Entscheidung getroffen wurde. Wieso hat das dennoch halbwegs funk­ tioniert? Die VÖEST war in den 50ern, 60ern und 70ern ziemlich erfolgreich. Da gab es zum einen die Erfindung des Linz-Donawitz-Verfahrens in den 1950ern, das war ja wirklich eine revolutionäre Technologie in der Stahlerzeugung, die über 15, 20 Jahre für einen wirtschaft­ lichen Höhenflug gesorgt hat. Und zum anderen, als der Niedergang evident wurde, INNOVATOR

die berühmte Erklärung des damaligen Finanzministers Herbert Salcher, der sinngemäß sagte, für die verstaatlichte ­Industrie werde es immer genug Geld ­geben, wodurch die unternehmerischen Schwächen relativiert wurden. Das hat bei den 80.000 Mitarbeitern nicht unbedingt den Biss gefördert. Rund 85.000 waren es am Ende, und ­natürlich dachten viele: „Was soll uns da schon passieren?“ Damit wurde der früher so positive „VÖEST-Geist“ endgültig durch Überheblichkeit und Realitäts­ verweigerung abgelöst. Realistische Wirtschaftlichkeits-Rechnungen, ein kritisches Durchleuchten von Projekten – die unternehmerischen Basics –, all das spielte eine immer geringere Rolle. Noch in den 70ern begann der Abstieg, und am 29. November 1985 waren wir de facto pleite. Dann kam das bittere Tal der Tränen. Acht Jahre später hatte die VÖEST ­gerade noch 15.000 Mitarbeiter. Es war eine furchtbare Zeit. Wir hatten 1986, 1987 ständig Listen vor uns mit ­Betrieben, die verkauft oder – noch viel schlimmer – zugesperrt werden mussten, mit Namen von Menschen, deren Job gefährdet oder von vorherein nicht zu halten war. Sie sehen diese Listen und wissen: Hinter den Namen stehen Familien, stehen Schicksale. Glauben Sie mir, so was vergisst man nie. Da lernt man, was es heißt, Verantwortung übernehmen zu müssen, und wie bedrückend das sein kann. Damals waren Sie Anfang 30. Bis 35, 40 kreiste mein Berufsleben praktisch ausschließlich um diesen Überlebenskampf. Man kämpft um die Zukunft und fragt sich am Ende immer wieder, warum das so kommen musste. Das ging so bis …? Bis 1993. Erst nach acht Jahren wussten wir: Ja, neben einigen positiven Assets, die aus Finanzierungsgründen aber ab­  67


VOESTALPINE GLOBAL Das Unternehmen mit Hauptsitz in Linz ist mit 500 Konzerngesellschaften und -standorten in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten vertreten. Die Zahl der Mitarbeiter weltweit: 51.600 (Stand: 2017/18).

Länder mit Standorten der voestalpine

gegeben werden mussten, gibt es einen überlebensfähigen Kern. Wie kann man als Führungspersönlichkeit Leute in einer Phase mitnehmen, in der es nur nackte Überlebensangst gibt? Da gibt es nur einen Treiber, nur eine Basis, und das ist Vertrauen, wechselseitiges Ver­ trauen – und damit Vertrauen darauf, dass man es gemeinsam schafft, schaffen muss, das verbindet mehr als alles andere. Aber ich vertraue doch nicht dem, der mich morgen vielleicht feuert. Und doch ist es uns letztlich gelungen, das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen, weil sie nicht uns, sondern das Umfeld vor unserer Zeit für das Desaster verant­ wortlich gemacht haben – und weil sie wussten, dass wir alles tun, um mög­ lichst viele zu halten. Entscheidend war aber auch das Vertrauen innerhalb der Führungsmannschaft. Keine politischen Spielchen mehr, sondern nur ein gemein­ sames unternehmerisches Ziel: zu über­ leben. Das war ein 180-Grad-Kultur­ wechsel. Den mussten wir schaffen. Und wie haben Sie den 80.000, 70.000, 60.000, 50.000 Leuten gesagt, was Sie vorhaben? Überhaupt nicht. Für solche Diskussionen 68

blieb zum einen keine Zeit, wir wussten aber einfach auch viel zu wenig über ­unsere eigene Lage, so schnell war letztlich das Ende gekommen. Wir mussten erst einmal den politischen und wirtschaft­ lichen Schutt wegräumen, wir mussten überhaupt erst herausfinden, wo wir noch Geld verdienen und wo wir das meiste Geld verlieren. Wir hätten in dieser Phase seriöserweise niemandem in die Augen schauen und sagen können: „Vertrau uns, du hast auf Dauer eine Zukunft.“ Sie durften sich die eigene Hilflosigkeit nicht anmerken lassen? Das hätte die Verunsicherung nur erhöht. Heute würde man sagen, es war einfach Leadership angesagt. Und es gab einen fundamentalen, sehr kritischen Unter­ schied zu späteren Krisenjahren, etwa zu 2008/09: Die Mitarbeiter waren in den 80er- und 90er-Jahren noch nicht unmittel­ bar, persönlich ins unternehmerische Ge­ schehen eingebunden, das geschah erst ab 2000 durch die Mitarbeiterbeteiligung. Ab da entwickelten sie sich zu unserer zweitgrößten Aktionärsgruppe, und es gab eine permanente, immer professioneller werdende Gesprächsbasis. Da konnte man fast im Monatstakt riesige Informations­ veranstaltungen machen, wie es steht, was Sache ist, ungeschminkt, weil sie es einfach auch aus unternehmerischer Sicht verstanden haben. Das wäre heute immer noch so? Ja. Denn dieses Wir-Gefühl ist heute fixer Teil der Kultur, des Unternehmens­ verständnisses. Das ist die Stärke der voest­alpine heute. Wenn ich vor 20 Jahren durch den Betrieb ging, fragten mich die Leute: „Wie lange gibt’s uns noch, wie ­sicher sind unsere Arbeitsplätze?“ Heute lauten die Fragen: „Wie schaut es mit der Dividende aus?“ oder „Wo geht der Kurs hin?“ Oder jemand sagt: „Ich weiß, was ich meinen Enkeln einmal vererbe, näm­ lich meine voestalpine-Aktien.“ Gleich­ zeitig verstehen die Mitarbeiter unsere Ziele, unsere Strategie h ­ eute viel besser. Das ist entscheidend. So entsteht in einem Unternehmen ganz von selbst jene Ener­ gie, die den Unterschied zwischen Spitze und Durchschnitt ausmacht. Ich bin jedes Mal wieder begeistert, was in dieser ­Riesenmannschaft an Energie steckt. Wäre ich Gründer, würden Sie mir als Erstes raten, meine Mitarbeiter zu beteiligen?

INNOVATOR


UMSATZ NACH BRANCHEN Leichter, fester, schneller: Den größten Umsatz beschert voestalpine die Automobilindustrie – wobei die Leichtbau-Platinen des Unternehmens weltweit am gefragtesten sind. Ebenso Weltmarkt­ führer ist das Unternehmen im Spezialschienenbereich.

15  %

9  %

Energieindustrie

Bauindustrie

3  % Luftfahrt

11  % Bahnsysteme

5  % Haushaltsgeräte / Konsumgüter

34  % Automobilindustrie

9  % Maschinenund Stahlbau

14  % Sonstige

Ich würde Ihnen raten, alles zu versuchen, dass Ihre Mitarbeiter auch jenen unternehmerischen Geist entwickeln, der sie selbst treibt. Die Grundprinzipien des ­Unternehmertums, Freiheit im Denken, Engagement und Vertrauensfähigkeit, die müssen verankert sein. Wie Sie das machen, ist Ihnen überlassen. Was macht einen Designer zu einem besseren Designer, wenn er unter­ nehmerisch denkt? Er soll doch ­designerisch denken! Er kann noch so ein Genie sein. Wenn er sagt: „Mir ist egal, ob mein Design in die Strategie passt, wie hoch die Kosten sind und ob es den Kunden gefällt“, dann funktioniert das nicht. Design um des ­Designs willen wäre wie Forschung um der Forschung willen. INNOVATOR

Sie sagen: „Ein Unternehmen braucht die richtigen Leute und eine Vertrauens­ kultur.“ Wie sucht man die richtigen Leute, und wie findet man sie? Die Zeit ist zu schnelllebig, um sich nur auf das zu verlassen, was das Unternehmen aus eigenem schafft. Aber die Basis, die muss das sein, was aus der eigenen Kultur, dem eigenen Verständnis entsteht. Im ­Übrigen braucht es auch die permanente personelle Anreicherung von außen. Unter Ihren rund 50.000 Mitarbeitern sind über 800 Forscher. Diese 800 Leute kosten erst mal nur sehr viel Geld. Sie haben an die 200 Millionen Euro Budget pro Jahr. Was antworten Sie, wenn jemand fragt: „Was bringen die überhaupt?“  69


Em deliciatur am nemodig enimossimus eum intint omnimpor sini atendior si dolore, si berrum veliquiam, is es illam.

„Wer nur das S I C H E R E macht, schwimmt hintennach.“

Der wichtigste Rat des voestalpine-CEO an Gründer? „Versuchen Sie alles, damit Ihre Mitarbeiter unternehmerischen Geist entwickeln. Die Grundprinzipien des Unternehmertums, die müssen in jedem verankert sein.“ 70

INNOVATOR


Dann sage ich: Die bringen die Zukunft. Und wir achten schon drauf, dass das nicht l’art pour l’art wird. Projekte, die nicht den erwarteten Nutzen, unzureichende Fortschritte bringen, vom Markt nicht angenommen werden, werden eingestellt. Wir haben da sehr klare Roadmaps, wir wissen genau, was wir im nächsten und übernächsten Jahr, im ­kommenden Jahrzehnt machen, was wir erreichen wollen. Aber, zurück zu den ­Basics, die Forschung ist bei uns völlig ­unumstritten. Und das hat tatsächlich mit dem LD-Verfahren zu tun, mit 1952. Die Menschen in diesem Unternehmen sind seit diesem Erfolgserlebnis beseelt davon, technisch besser zu sein als die Konkurrenz. Das ist unser Erbe. Jetzt sind wir wieder bei der Kultur. Mut zur Veränderung und Vertrauen in die eigene Stärke sind es, die uns in vielen Bereichen neue Wege gehen lassen, bis hin zur Komplettdigitalisierung von Hochgeschwindigkeits-Bahnstrecken, gesteuert allein von Sensoren und Messpunkten, Stichwort „Internet der Dinge“. Die Forschung ist bei uns auch Teil der Außenmannschaft. Das heißt, wenn wir mit Airbus oder der Deutschen Bahn, Autoherstellern oder ­Ölgesellschaften über Grundsätzliches ­reden, sitzen die Forscher mit den übrigen Technikern und den Verkäufern am Tisch.

800 Forscher im Unternehmen, Budget: rund 200 Millionen Euro. Eder: „Fragt mich jemand, was diese 800 Leute bringen, dann sage ich: Die bringen die Zukunft.“

Sie sagen sogar: „Wir machen nur Produkte, mit denen wir unter den Top-drei der Welt reüssieren können.“ Sie formulieren damit den Spirit eines Start-ups. Ja, wenn man von vornherein „unter ­ferner liefen“ ist, sollte man es gar nicht versuchen. Wie soll das bei 50.000 Leuten gelingen? Es gelingt. Aber das ging nicht von heute auf morgen. Vom Börsengang 1995 bis 2005 haben wir genau dafür die Weichen gestellt. Da haben wir geschaut, in welchen Bereichen wir auf Dauer global unter den Top-drei sein können. Wo wir die Mannschaft dafür haben, die Möglichkeiten. Wo das nicht der Fall war, haben wir – in sozial verträglicher Form – entsprechende Anpassungen auch über Unternehmensverkäufe vorgenommen. Jetzt sind wir top fokussiert auf Zukunftsbereiche wie Hochgeschwindigkeitsstrecken für 350-km/h-Züge, mit bis zu 350 Meter langen Weichenkonstruktionen, die bis zu eine Million Euro kosten, wobei der Stahlanteil weniger als zehn Prozent des Wertes ­beträgt, der Rest sind Elektronik, Mecha­ tronik, Digitalisierung, künstliche Intelligenz – das machen wir aber alles selbst. Innovation bedeutet immer auch Risiko. Wie schätzen Sie das ab? Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, wo Sie wie viel investieren und wo nicht? Ein Beispiel: 2004 bin ich mit unserem damaligen Forschungschef zusammen­ gesessen, und er hat gemeint: „Wir haben da etwas ganz Neues, etwas, das alles in den Schatten stellen könnte, was es bisher gab. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass es funktioniert, ist zehn bis fünfzehn Prozent.“ Er sprach von phs-ultraform, ­einer Technik, bei der sehr dünnes, sehr festes verzinktes Stahlband aufgeheizt wird, um es dann über Umformverfahren in die endgültige Form zu bringen, etwa als Karosserieteil. Der Haken: Damit es funktioniert, muss man das Ganze auf 850 Grad erhitzen, bei 500 Grad verdampft allerdings Zink. Also physikalisch ist es nicht möglich. Eigentlich. Oh. Im Vertrauen auf unsere Forscher haben wir rund 30 Millionen Euro in die Entwicklung investiert. Und seit 2010 schaffen wir das. Wer nur das Sichere macht, schwimmt hintennach – oder umgekehrt: Will man einen Schritt voraus sein, sollte man sich vorher des damit untrennbar verbundenen Risikos bewusst werden.

INNOVATOR

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AUFTRIEB FÜR DIE BIENEN  Das s die H o nigb ie n e b e d ro h t is t , b e d ro h t u n s a lle .

D o c h a n ih re r Ret t u n g w ir d fle iß ig gea rb e ite t .

Wir p r äs e n tie re n a c h t in n ov ati ve I d e e n ,

die un s e r alle r Fo r t b e s te h e n sic h e rn . T E X T: W E R N E R J E S S N E R

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INNOVATOR


GEFÄHRDETE SPEZIES

JOAO PAULO BURINI/GETTY IMAGES

Die Honigbiene hat viele Feinde – vom Schädling bis zum Menschen. Letzterer macht sich aber ­daran, mit neuen Ideen alte Fehler zu korrigieren.

INNOVATOR

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ABER ICH ESSE DOCH KEINEN HONIG! Warum trotzdem jeder Bienen braucht.

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Von den weltweit wichtigsten 100 Nutzpflanzen, die 90 Pro­ zent der globalen Nahrungsmittelver­ sorgung sicherstellen, brauchen 71 Bienen zur Bestäubung.

30 Prozent unseres ­Nahrungsangebots hängen unmittelbar mit der Bestäubung durch Bienen zu­ sammen, noch viel mehr auf Umwegen.

60 Prozent aller ­Regale blieben leer, als ein Supermarkt von Bienen abhängige Produkte verbannte – darunter zahlreiche Pflegeprodukte und Baumwollkleidung.

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V

BUSINESS DER BIENEN

INGO ARNDT

Hinter Rind und Schwein ist die Biene das wichtigste Nutz­ tier. Weltweit sorgt sie für einen jähr­ lichen Umsatz von 265 Milliarden Euro.

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Vor dem Supermarktregal vergessen wir gern, wie abhängig wir von der Biene sind. Unzählige Lebensmittel und Alltagsprodukte sind auf Bienen­ bestäubung angewiesen – bedrohlich viele. Was vielen allzu melodrama­ tisch klingt, wird auf einen Blick klar. Die Liste reicht dabei von Obst und Gemüse über Kakao, Kosmetika und Gummibärchen bis hin zu Tofu und ­T-Shirts aus Baumwolle. Bei den ver­ bleibenden Milchprodukten müsste auch hinterfragt werden, wie gut wohl ­Joghurt oder Käse von Kühen schmecken würden, die ihr Leben lang auf Golfplatzrasen ohne Kräuter und Blüten grasen müssten. Ihre Bestäubungsleistung macht die Bienen zum Big Player der Wirt­ schaft – global betrachtet auf einem Niveau mit dem Technologiekonzern Apple: 265 Milliarden Euro Umsatz (auf die Summe beläuft sich der Wert

der Bestäubung) s­ tehen 236 Milli­ arden Euro des iPhone-Herstellers (Geschäftsjahr 2018) gegenüber. Man muss kein Umweltschützer sein, um von den Zahlen der letzten Jahre alarmiert zu sein. Weltweit ­verloren Imker in den Wintern regel­ mäßig 30 Prozent und mehr ihrer ­Völker, weil diese erfroren oder ver­ hungert waren – hervorgerufen durch systematische Schwächung der einzel­ nen Bienen infolge des Einsatzes von Insektiziden, zusätzlich zu bekannten Gegnern wie veränderten klimati­ schen Bedingungen und dem Befall durch die V ­ arroamilbe. Es war, als ob in einem Schweinestall eines von drei Tieren tot am Boden läge. Diese Botschaft kam an, auch bei einer Generation von jungen Entre­ preneuren, die sich den zunehmenden Herausforderungen stellten: mit neu­ en, zum Teil innovativen Antworten. So wie Mark und Martin Poreda, zwei Brüder aus Wien, die bereits mit der Gründung der ArbeitgeberBewertungsplattform kununu – und dem Verkauf an Xing – Geschäftssinn bewiesen haben. Ihr neues Start-up heißt „Hektar Nektar“ und ist ein ­Online-Marktplatz, über den Imker Bienen und Zubehör handeln können. „Uns war das Bienensterben bis vor kurzem gar kein Begriff“, sagt Martin ­Poreda. „Als uns ein Imker um Hilfe für seinen Web-Auftritt bat, haben wir das Problem erkannt – und in uns zugleich neuen Unternehmergeist gespürt.“ Neben einer eigenen Ver­ sandbox für Lebendbienen zeichnet sich Hektar Nektar auch durch die ­Initiative „Projekt 2028“ aus. Hierbei können Unternehmen Imker mit dem Kauf e­ ines Startersets (Bienen plus

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Die wichtigsten Gründe für das Bienensterben

MONOKULTUREN

Maisacker und Co sind Bienenwüsten. ­Ungemähte und ­un­kultivierte Grün­ streifen verschwinden. Zierrasen: wertlos.

KLIMAWECHSEL

Wärmephasen im Winter lassen Bienen früher aufwachen. Sie brauchen mehr Energie und verhungern.

PESTIZIDE

Permanenter Drogen­ rausch – Bienen sind desorientiert, kränkeln und vernachlässigen den Nachwuchs.

SCHÄDLINGE

2019 gibt es in Europa kein Bienenvolk ohne Varroa-Befall. Globali­ sierte Krankheit: Ame­ rikanische Faulbrut.

INTENSIVE LANDWIRTSCHAFT

Riesige Flächen werden binnen kürzester Zeit maschinell geerntet. ­Sumsis Supermarkt ist somit schlagartig leer.

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Zubehör kosten 950 Euro) unterstützen und so ihren Beitrag zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit leisten. Martin Poreda: „Die Rechnung ist ganz ­einfach: Mehr Imker bedeuten mehr Bienen.“ Ein weiteres Beispiel für das neue Engagement ist Johannes Jank, Mittzwanziger, Snowboard-Coach, studierter Produktdesigner – und Imker. Seine Diplomarbeit bei der Designagentur Kiska galt der Entwicklung ­eines mobilen Bienenstocks, der sich auch im urbanen Raum überall aufstellen lässt. Der gebürtige Nürnberger ist – gemeinsam mit Daniel Pfeifenberger – die treibende Kraft hinter „Bienenhof Salzburg“, einem BienenKompetenzzentrum, das g ­ erade mitten in der Stadt entsteht. Hier sollen Bienen und Menschen sehr niederschwellig miteinander in Kontakt kommen. Das Wissen über Bienen sei oft sehr lückenhaft, kritisiert Daniel Pfeifenberger: „Sticht, sammelt Honig, ist in Gefahr.“ Dem begegnen die beiden Jungimker mit der mächtigsten Waffe der Zivilisation – mit Bildung. Und sie haben genau da angesetzt, wo es am nachhaltigsten ist: bei der Jugend. „Wer als Kind Bienen erlebt hat, ­bekommt einen a ­ nderen Zugang zu ihnen als jemand, der sie nur aus dem Internet kennt“, meint Pfeifenberger und baut darauf, dass der ­Samen auch bei der nächsten Gene­ ration auf fruchtbaren Boden fällt. Das Schwierige und gleichzeitig Schöne an der Natur: Man kann keinen Algorithmus schreiben, keinen Roboter bauen, der alles wiedergutmacht (selbst wenn Entwickler in ­Harvard mit ihren RoboBees, Bienenrobotern zur Bestäubung, ebendas versuchen). Es braucht viele brillante Ideen, um zu retten, was der Mensch in Gefahr bringt. Das Gute: Es gibt sie.

HIGHTECH FÜR DIE „ MAJA KULTUR“

Acht unkonventionelle Ideen, Projekte und Konzepte, die der Biene das Leben ­e rleichtern – von Social Media über Wellness bis Forschung.

GESUNDES „SCHWITZEN“

Kernstück der Bienen­ sauna ist das Heiz­ modul, das direkt unter der Beute platziert wird. Die Heizplatten erwärmen den Stock auf 41 bis 42 Grad. Das tötet die Varroamilbe – und hilft den Bienen.

BIENENSAUNA

WARUM GEHT ES DEN BIENEN SCHLECHT?


IDEE: MIT HITZE GEGEN DIE MILBE

BIENENSAUNA

D

ie Varroamilbe, Haupt­ feindin der Honigbiene, ist temperatursensibel. Daraus ergibt sich die Idee: Man heizt die Brut mehr­ mals pro Jahr auf 41 bis 42 Grad auf, sodass die Schädlinge ­sterben, die Bienen aber nicht. Diese können durch das Schla­ gen ihrer Flügel für Wärme­ ausgleich sorgen. Hauptvorteil: Auf den – ohnehin fragwürdi­ gen – Einsatz von Chemie kann verzichtet werden. Seit 2017 werden die ­sensiblen HightechGeräte in Bayern produziert, anfänglich mit finanzieller ­Hilfe von 300 Imkern und Bienenfreunden. bienensauna . de

IDEE: MEHR DATEN FÜR MEHR ERTRAG

B.TREE

D

er Steirer Hannes Oberreiter ist Hobby­ imker und Hobby­ programmierer. Was dabei herauskommt, wenn er seine beiden Leidenschaften miteinander verbindet: eine geniale App fürs Management der Bienenvölker. Imker behal­ ten dank der übersichtlichen Oberfläche stets den Überblick: Welches Volk steht wo? Wel­ ches war das fleißigste? Wann wurde zum letzten Mal kon­ trolliert, behandelt oder ge­ füttert? Die vielen statistischen Auswertungen ermöglichen ­effizienteres Arbeiten. Und in der Cloud kann man die Daten auch mit anderen teilen. info . btree . at

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HIVE MANAGER

N

IDEE: BAUMHÖHLE ZUM SELBERBAUEN

SCHIFFER-TREE

D

IDEE: DAS IMKEREIKOMPETENZZENTRUM

BIENENLIEB

W

ach Abschluss des Sportstudiums an der ETH Zürich widmete sich Pascal Brunner der Umsetzung der Ideen seines Vaters, eines seit Jahrzehnten passionierten Imkers. Gemeinsam gründeten die beiden Schweizer das Start-up Vatorex und entwickelten unter diesem ­Namen den Hive Manager, ein digitales Kompen­dium für jeden Bienenstock inklusive Karte und Kalender mit Reminder-Funktion. Die App bietet eine einfache Übersicht über anfallende Tätigkeiten für (Hobby-)Imker, die auch offline funk­tioniert – nicht un­ wesentlich bei exponierten Standorten.

er ursprüngliche ­Lebensraum von ­Bienen sind Baum­ höhlen. Dort benötigen sie w ­ eniger Honig, um zu über­ leben, und können mit Parasiten wie der Varroamilbe ohne Hilfe des I­ mkers umgehen. Der Schiffer-Tree ist ein Nachbau eben­dieser Baumhöhle: Dabei werden Massivholz­ platten mittels Stahlbändern und Spannschrauben ähnlich wie bei F ­ ässern zu Wänden verzurrt und von Baumscheiben ab­geschlossen – die Bau­ anleitung gibt’s online. Wem das zum Selberbauen zu kom­ pliziert erscheint, der kann sich auch einen fertigen Tree um rund 600 Euro kaufen.

as in anderen Be­ reichen längst eta­ bliert ist, entsteht in der I­ mkerei erst: geballte Zentren zur Wissensvermittlung und Weitergabe, in denen Amateure wie Profis gleichermaßen willkommen sind. Ein Leuchtturmprojekt ist der B ­ ienenhof Salzburg des Vereins Bienenlieb. „Wir wollen die Welt der Biene ­erlebbar machen, Menschen ­begeistern und ihnen einen besseren U ­ mgang mit der ­Natur auf den Weg geben“, so Obmann D ­ aniel Pfeifenberger. Das Gewissen schärfen sollen auch Patenschaften für Bienen, die Privatpersonen ebenso wie ­Firmen übernehmen können.

vatore x . ch

beenature - proj ect. com

bienenlieb . at

DER MIT DEN BIENEN TANZT

Daniel Pfeifen­ berger unterstützt mit seinem Verein Bienenlieb seit ­Jahren diverse Pro­ jekte. Sein größtes ist das Kompetenz­ zentrum Bienenhof Salzburg.

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JOHANNES JANK, HEKTAR NEKTAR

IDEE: MANAGING TOOL FÜR ÜBERALL


DIE IMKERFÖRDERER

Mark und Martin Poreda, selbst keine Imker, ver­ netzen diese aber auf ihrer Plattform Hektar Nektar mit Bienenfreunden und Unternehmen.

IDEE: FORSCHUNG SPANNEND MACHEN

WE4BEE

J

IDEE: EIN BIENENSTOCK, DER MIT DIR SPRICHT

BEESAVER

D

IDEE: MEHR IMKER HEISST MEHR BIENEN

HEKTAR NEKTAR

E

ürgen Tautz, der legen­ däre Bienenexperte, Verhaltensforscher und Soziobiologe von der Universität Würzburg, meint: „Gäbe es die Honigbiene nicht – man müsste sie erfinden.“ Um diese Faszination auch bei der Generation Smartphone zu ­wecken, hat der emeritierte Professor das Projekt We4Bee initiiert. Dabei sollen Schüler anhand von bereitgestellten Hightech-Bienenstöcken das Verhalten der Bienen erfor­ schen, als Teil eines weltweiten Netzwerks für Datensammlung und -analyse. Die von der Uni Würzburg aufbereiteten Daten werden dann generationen­ gerecht via App zur allgemei­ nen Verfügung gestellt.

as Kärntner Start-up um die beiden Gründer Karl Maier und Tadej Čertov macht den Arbeits­fortschritt von Bienen­ völkern auf einer App sichtbar. Somit können Imker ihre ­Bienen häufiger kontrollieren, ohne sie dabei zu stören. ­Möglich macht das ein Mess­ system, b ­ estehend aus Waage, Mikrofonen, Temperaturund Luftfeuchtesensoren im Stock. Das so gewonnene Big Data wird der Bienen-­ Community zur Verfügung ­gestellt – für Forschungs­ zwecke und weitere Imker­ praxis. Und bei drastischen Veränderungen – oder Dieb­ stahl – warnt die App mit Alarmfunktion via SMS.

ine Biene ist allein genauso verloren wie ein einzelner Imker. Hektar Nektar schließt aktuell 5700 Bienenfreunde unkompliziert und direkt kurz, vom Tierfreund zum Umwelt­ schützer, vom Landwirt zum ­Professor, vom Imker zum Kon­ sumenten. Via Online-Markt­ platz werden zudem Imkerei­ zubehör und Bienenvölker gehandelt, Letztere sogar in speziellen Kartonboxen für den Lebendversand. Und damit die ­Community noch weiter­ wächst, haben die Gründer Mark und Martin Poreda das „Projekt 2028“ ins Leben ­ge­rufen, wo Unternehmen die Kosten der (Neo-)Imker übernehmen können.

we 4bee . de

beesaver . at

hek tarnek tar . com

INNOVATOR

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SURGEBRIGHT DA S IS T ECHT E KNOCHEN A RBEIT

surgebright-Gründer Dr. Klaus Pastl mit den Geschäftsführern und Söhnen Thomas und Lukas

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START

INNOVATOR

SURGEBRIGHT

Der Gedanke an Schrauben im Körper gefällt den wenigsten. Um Knochenbrüche zu stabi­ lisieren und Fehlstellungen zu korrigieren, sind sie manch­ mal jedoch unerlässlich. Was aber, wenn sie nicht aus Metall ­wären und nach getaner Arbeit einfach „verschwänden“? Diese Frage hat sich Doktor Klaus Pastl, Facharzt für ortho­ pädische Chirurgie, nur allzu oft gestellt – und in Shark Screw, einer Schraube aus Spenderknochen, die Antwort gefunden. Mit seinem Start-up surgebright produziert und sterilisiert er die Schrauben in einem mehrwöchigen Prozess. Vorteil: Der Körper erkennt die humane Knochenmatrix, akzeptiert sie und wandelt sie in eigene Knochen um. Schon nach sechs Wochen ist die Schraube mit Blut­ gefäßen durchzogen, nach etwa einem Jahr im Röntgen unsichtbar. Eine Operation zur Entfernung ist somit obsolet. surgebright.com


Das Start-up surgebright formt Schrauben aus menschlichen Knochen und erspart Patienten so eine zweite Operation.

ME UP INNOVATOR

VOM GAMECHANGER IN DER CHIRURGIE ÜBER D I E D I G I TA L E S P A R B Ü C H S E B I S H I N Z U K Ü H E N , D I E M I T U N S KO M M U N I Z I E R E N KÖ N N E N . W I R ZEIGEN GENIALE IDEEN VON ÖSTERREICHISCHEN JUNGUNTERNEHMEN. T E X T: C H R I S T O P H K R I S TA N D L & C H R I S T I A N E B E R L E - A B A S O L O

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SM A X TEC UP DAT E AUS DEM RINDERM AGEN Ein Muh lässt sich so oder so deuten, man kann schließlich in keine Kuh hineinschauen. Oder doch? Nachdem ihnen ein Tierarzt von den Sorgen vieler Bauern erzählt hatte, machten sich die Grazer Techniker Mario Fallast und Stefan Rosenkranz an die Arbeit. Ihre Lösung: smaxtec. Eine Sonde – etwa zehn Zentimeter­ lang und aus medizinischem Kunststoff – wird von den Kühen geschluckt und liefert über Sensoren permanent Infos zu Körpertemperatur, Bewegung und Trinkverhalten. Mittels App und Dashboard weiß der Bauer über den Zustand seiner Herde Bescheid, Push-Nachrichten alarmieren ihn, wenn es zu bedenklichen Veränderungen kommt. Dadurch lassen sich Erkrankungen ebenso frühzeitig erkennen (und vielfach noch ohne Antibiotika behandeln) wie der optimale Besamungszeitpunkt oder die anstehende Geburt eines Kalbs. smaxtec.com

Bauer sucht Infos: Die Deostick-große Sonde überträgt Daten aus dem Kuhmagen via Base Station an die App.

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Zwei Techniker aus der Stadt revolutionieren die Arbeit am Land: Mario Fallast und Stefan Rosenkranz von smaxtec


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Local Heroes: Lukas Binder, Gregor Wallner und Kevin Bachmann bieten OnlineNahversorgung.

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MONKEE DAS K A NNS T DU DIR SPA REN SMAXTEC/MICHAEL FIEDLER, GETTY IMAGES, SQUAD MEDIA, MONKEE, JINGLE

„Wo wir auch unterwegs sind, wir werden immer zu Impulskäufen angeregt“, zeichnet Martin Granig ein allzu vertrautes Bild. „Ein blinkendes Angebot hier, ein Schnäpp-

chen da, und schon haben wir wieder Geld für etwas ausgegeben, was wir eigentlich nicht brauchen.“ Spätestens nach der Geburt seiner Tochter­ wurde dem Tiroler klar, dass er mit dem Geld etwas Sinnvolleres machen könnte. ­Sparen zum Beispiel. „Wenn das nur so einfach wäre, wie Geld auszugeben …“ Der Satz wurde zur Triebkraft hinter der Gründung von Monkee, einer App, die als persönlicher Finanzcoach fungiert. User können damit individuelle Sparziele definieren und diesen – dank Verbindung zum Girokonto ihrer Bank – mit nur zwei Klicks näher kommen. Monkee errechnet leicht zu erreichende Wochenziele und spornt dich – und ausgewählte Mitsparer – mittels Push-Nach­ richten an. Granig: „Das ist die Sparbüchse im Zeitalter der Digitalisierung.“ monkee.com Gemeinsam sparen für Töchterchen Lisa – mit der MonkeeApp kein Problem

JINGLE DREI FREUNDE GEGEN A M A ZON

„Das Internet ist super, um Produkte zu finden. Es ist aber sehr schlecht darin, dir die Verfügbarkeit dieser Produkte in deiner Nähe zu zeigen“, erklärt Gregor Wallner, Co-Founder von Jingle. „Genau hier kommt unsere Plattform ins Spiel.“ Jingle funktioniert wie andere Online-Marktplätze: Du suchst ein Produkt und bekommst Ergebnisse an­gezeigt – allerdings mit der Angabe der Entfernung zu dir. Du erfährst also, wo du dein neues Handy oder Grillset sofort abholen kannst. Die Daten­ bank speist sich aus jenen der Partner­händler – unter denen sich mit Hervis, Thalia und Media Markt bereits einige namhafte Firmen befinden. Auch für alle, die zu faul zum Selbstabholen sind, gibt es Abhilfe. „Wir testen aktuell in Wien einen Zustellservice“, so Wallner. Wer die Produkte – sogar binnen einer Stunde – liefert? „Wir selbst.“ Das nennt man Start-up-Spirit. jingle.market  83


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UP STREAM SURFING ZUGKR Ä F TIGER WAS SER -SPAS S Surfer lieben das Surfen. Blöd ist nur, dass sie dafür meist an ferne Strände fliegen müssen. „Und städtische Standwellen bedeuten für Betreiber hohen finanziellen Aufwand und enormen Stromverbrauch“, zitiert Michael Strobel aus der Marktrecherche seiner Master­ arbeit zu diesem Thema. Seine so umweltfreundliche wie günstige Alternative Up Stream Surfing ist das Resultat dreijähriger Forschung und funktioniert nur im Team. ­Basis für den Surfspaß im Fluss sind ein an einer Brücke mon­ tiertes 300-Meter-Seil mit Fla­ schenzug und ein Unterwasser­ segel mit Schwimmkörper. Drückt eine Person das Segel in die Fluten, wird der Surfer dank Kraftübersetzung mit vierfacher Fließgeschwindig­ keit angezogen (siehe Grafik). In Innsbruck und Zürich kann man bereits UpstreamSurfen, weitere Einsatzorte für das flexible System werden gesucht. upstreamsurfing.com

SO FUNKTIONIERT’S

A Brücke B Flaschenzug C Surfer D Unterwassersegel E Flussströmung

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C

B A

Der Surfer wird über einen Flaschenzug flussaufwärts gezogen. Die Kraft stammt vom Unterwassersegel, das gegen die Strömung gedrückt werden muss.

E D

B


Die Brille trackt Augen­ bewegungen, die handy­ große Smart Unit wertet die Daten aus.

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CHRISRIEFENBERG.COM, CAM INES, VIEWPOINTSYSTEM

V IE W P OINT SYS TEM ICH SEHE WAS, WA S DU AUCH SIEHS T

Ingenieure, Surfer und Founder: Andreas Trapp, Simon Ra Garben und Michael Strobel von Up Stream Surfing

„Wir haben das menschliche Blickverhalten digitalisiert.“ So beschreibt CEO Nils Berger in einem Satz die Errungenschaften von Viewpointsystem. Das Wiener Start-up entwickelt seit Jahren Eye-TrackingSysteme, bestehend aus Brille (neuerdings auch mit MixedReality-Funktionen), Smart Unit zur Datenaufzeichnung und Analyse-Software. Konkret wird damit das vom Brillenträger Gesehene präzise erfasst und als Videostream in Echtzeit versendet – ideal etwa für Fernwartungen in der Industrie. Doch die Anwendungsmöglichkeiten reichen viel weiter: von Fahrlehrern, die prüfen können, ob ihre Schüler Gefahren­ situationen rechtzeitig sehen, bis zu Marketing-Strategen, die wissen wollen, auf welche Werbeschilder Kunden wirklich reagieren. Berger: „Was alles möglich ist, erfahren wir oft erst in Gesprächen mit den Kunden. Das ist das Tolle.“ viewpointsystem.com  85


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CONTE X TFLOW GOOGLE FÜR R A DIOLOGEN

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Die klugen Köpfe hinter contextflow: Markus Holzer, Georg Langs, Allan Hanbury und René Donner

Die Suchmaschine vergleicht das aktuelle CT-Bild (links) mit ähnlichen Fällen in der Datenbank.

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P OW UNIT Y DER GP S -TR ACKER FÜR DEIN E -BIKE „Fahrraddiebe hassen uns“, behaupten Stefan Sinnegger, Christian Strassl und Maximilian Loy von PowUnity. Verständlich, macht das Start-up doch das „Geschäftsmodell“ jener Langfinger zunichte, die es auf teure E-Bikes abgesehen haben. Wer ein solches besitzt, kennt das mulmige Gefühl, wenn es unbewacht auf der Straße oder im Radkeller steht. Mit dem BikeTrax-System von PowUnity, bestehend aus GPSTracker, SIM-Karte und App, kann man die Nerven um – im Verhältnis zum E-Bike – günstige 199,90 Euro beruhigen. Der im Motorgehäuse einzubauende Tracker löst Alarm aus, sobald das Rad bewegt wird. Und wenn das Diebe nicht abschreckt, kommst du ihnen dank App zumindest auf die Schliche. Die zeigt jederzeit an, wo sich dein E-Bike befindet – auf fünf Meter genau, in Echtzeit, europaweit. 2020 will PowUnity das System auf nichtmotorisierte Räder ausweiten. powunity.com

CONTEXTFLOW, MARIA KIRCHNER, ANDREAS FRIEDLE

Machine Learning und Arti­ ficial Intelligence sind in der Start-up-Szene häufig nur Buzzwords. Wie diese Techno­logien wirklich sinnvoll eingesetzt werden können, zeigt contextflow, eine Ausgründung der Medizinischen Universität Wien. Das Team um CEO Markus Holzer bietet Radiologen eine Möglichkeit, die unsereiner von Google bereits kennt: die Suche nach ähnlichen Bildern. In die Medizin übersetzt heißt das, dass Aufnahmen einer Computertomographie oder Magnetresonanz mit tausenden Bildern in einer Datenbank verglichen werden. Der Radiologe markiert auffällige Stellen, die Software findet Referenzfälle, auf deren Diagnose er zurückgreifen kann. Das spart Zeit und erhöht die Qualität. „In den Kliniken liegen so viele Informationen bereit. Wir helfen, diese nutzbar zu machen“, so Holzer. contextflow.com

Sicherheits-Plus: Mit dem Tracking-System lassen sich natürlich auch gefahrene Routen festhalten.


Ein Diebstahlschutz-­ Paket kostet knapp 200 Euro und kann derzeit an E-Bike-Motoren von Bosch und Yamaha montiert werden.

9 UMM A DUM MOB IL E S MITEIN A NDER

Mit ummadum wollen René Schader und Thomas Angerer den Verkehr entlasten und zugleich den Gemeinsinn fördern.

Die Straßen sind überfüllt, die Autos selbst aber nahezu leer. „Wir haben in Österreich einen Besetzungsgrad von im Schnitt 1,2 Personen pro Fahrzeug“, moniert René Schader. Mit der Plattform ummadum möchte der Mobilitätsexperte (er baute in Osttirol bereits ein E-Car-Sharing-System auf) das ändern. Die ummadumApp ist aber mehr als nur eine weitere Mitfahrbörse, sie ist ein echtes Win-win-Konzept. User können wie gewohnt Fahrten teilen und Mitfahr­ gelegenheiten finden. Der Clou: Gemeinden oder Arbeitgeber stellen sogenannte Mobilitätspunkte zur Verfügung, die die Mitfahrer dem Fahrer übertragen. Der kann sie dann in ummadum-Punkte umwandeln und diese bei regionalen Partnern wie Tankstellen oder Geschäften einlösen. Das Konzept reduziert den Verkehr, fördert soziales Miteinander und stärkt obendrein die Kaufkraft in der Region. ummadum.com

Mitfahrgelegenheit via App finden und anbieten. In Schwaz und Wattens werden bereits Punkte ausgegeben.

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INSPIRING PEOPLE AND IDEAS

Das Magazin fĂźr Zukunftsmacher & Entrepreneure mit Start-Ups, Pionieren und genialen Erfindungen. Dein Abo mit 3 Ausgaben kostenfrei bestellen: theredbulletininnovator.com


GUIDE

I N N O V AT O R

Infos und Events:

Heiße Tipps für Inspiration im Sommerloch // Die Top-Termine aus dem Talent Garden und von Startup Live // Prototyp im Check: die AdlerKamera // Fuckup Night Spezial: So geht Fehlerkultur // Kolumne: Wie ein Besuch in Kärnten ein Weltbild verändert //

INNOVATOR

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CHECK IT OUT

HIGHTECH ADLERAUGE

Erfolgsstory Eagle Cam: wie das „Red Bull Media House Wingslab“ Filmaufnahmen buchstäblich Flügel verlieh.

DIE KAMERA Das Objektiv, hier in Rechtsauslage montiert, kann auch links oder oberhalb des Adlerkopfes positioniert werden. Gesamtgewicht der Kamera: 75 Gramm.

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DIE K AMER AF R AU Steinadler-Dame Fritzi, hier mit der oberhalb des Kopfes positionierten Eagle Cam, stammt aus Bayern. Ihre Hauptkunden sind Tourismus­ regionen, die einen Rundflug von ihr buchen.

INNOVATOR

KLAUS PICHLER, RED BULL MEDIA HOUSE ARCHIV

A

m Anfang stand eine Frage: Kann ein Vogel filmen? Gestellt vom Team der Terra Mater Factual Studios in der Produktionsphase ihres 2016er-Kinohits „Wie Brüder im Wind“. Die Antwort siehst du auf dem Bild. Es zeigt jene Kamera ­inklusive Halterung, mit der Steinadler-Dame Fritzi in die Luft gestiegen und zur ersten fliegenden Produzentin von Videoaufnahmen in Kinoqualität avanciert ist. Entwickelt wurde dieser Prototyp vom auf Bildsensoren spezia­ lisierten Fraunhofer-Institut in Berlin in monatelanger Forschung. „Die Herausforderung bestand in der Miniaturisierung einer fünf Kilogramm schweren Filmkamera“, erinnert Andi Gall, Chief Inno­ vation Officer des Red Bull Media House, an die Zeit vor GoPro und Co. „Gemeistert haben wir sie, ­indem wir – einfach gesagt – einzelne Teile der zerlegten Kamera auf einer extra gefertigten CarbonAufhängung fixiert haben.“ Die Lösung ist nur 75 Gramm schwer, liefert aber Ergebnisse in Full HD. Gall: „Nachdem wir die Bilder am Berg erstmals gesehen hatten, lagen wir uns vor Freude minutenlang in den Armen.“ Die Aufnahmen begeisterten nicht nur im Film, sondern auch via Social Media, wo Videoclips mit dem signifikanten Adlerkopf viral gingen. Für das Wingslab ein Indiz, dranzubleiben. Und weiter zu experimentieren – zum Beispiel mit 360-Grad-Kameras aus GoPro-Linsen, dem neuesten Equipment von Kamerafrau Fritzi.


PROTOTYP

„NACHDEM WIR DIE BILDER ERSTMALS GESEHEN HATTEN, LAGEN WIR UNS VOR FREUDE MINUTENLANG IN DEN A RMEN.“

DAS CARBONRIGG Die Halterung wird mit Teflon-Bändern auf den Rücken des Adlers geschnallt. So wird dieser in seinen Bewegungs­abläufen kaum gestört.

RED BUL L ­M EDIA HOUSE WINGSL AB Andi Gall, Chief In­no­ vation Officer des Red Bull Media House, prüft mit seinem Team neue Gadgets und sucht gemeinsam mit den Entwicklern nach Einsatzmöglichkeiten. Hier stellt er immer je einen Prototyp genauer vor. Über eine kleine FlugRevolution liest du in Andi Galls Kolumne auf Seite 96.

INNOVATOR

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LEARN FROM IT

TIME TO FAIL

Dejan Stojanovic, 38, ist Veranstalter der Fuckup Nights Vienna und berät Firmen im Umgang mit Fehlern.

Heiter scheitern: Fuckup-NightsGründer Dejan Stojanovic über den Reiz von Fehlern. Und: 5 Tipps, wie deine Idee garantiert floppt. innovator: Wie steht es um die Fehlerkultur in Österreich? dejan stojanovic: Wir haben hier tendenziell eher eine „Blame Culture“. Also die Suche nach einem Schuldigen. Genau. Er war’s, sie war’s. Oder man kehrt den Fehler aus Angst vor den Konsequenzen unter den Teppich – und fragt viel zu spät: Was war die Ursache des Fehlers? Wie kann man ihn abstellen? Das Problem liegt also schon in der Fragestellung? Wenn man mich fragt, wie man Fehler abstellen oder beseitigen kann, erwartet man ein Zutun von mir, es besser zu machen. Werde ich gefragt, wer schuld ist, lehne ich mich zurück und warte auf die Strafe. Das ist kontraproduktiv. Was wäre produktiv? Sich als Führungskraft hinzu­ stellen und zu sagen: „Ich habe etwas falsch gemacht.“ Das ist eine kraftvolle Message und zeigt, dass es okay ist, Fehler zu machen. Es wird für niemanden Konsequenzen geben, höchstens Dankbarkeit, da der Schaden im Unternehmen nicht größer wird.

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„Über Fehler offen zu sprechen und dabei zu lachen ist unglaublich inspirierend.“ Und bei den Fuckup Nights wird diese Kultur vorgelebt? Fuckup Nights sind eine Möglich­ keit, das Thema Scheitern zu enttabuisieren. Unsere Speaker auf der Bühne zeigen, dass Fehler­ ­jedem passieren und nur ein Schritt am Weg zum Erfolg sind. Was haben die Speaker von ­ihrem Auftritt? Emotionen. Anerkennung. Wert­ schätzung. Menschen zu helfen, nicht denselben Fehler zu begehen wie man selbst, tut jedem gut. Und wie profitieren Besucher? Sie sehen, dass über Fehler offen gesprochen und dabei gelacht werden kann. Das ist unglaublich inspirierend. Manche wollen am liebsten gleich in die Arbeit, um diese Kultur auszuleben.

INNOVATOR

CONNY KUCERA, PAUL UNMUTH

Fuckup Nights (FUNs) sind Veranstaltungen, bei ­denen Entrepreneure vor Publikum über ihre größten Fehler und die Lehren daraus sprechen. Serial Entrepreneur und Unternehmensberater Dejan Stojanovic, 38, hat die Event-Serie aus Mexiko 2015 nach Österreich gebracht und veranstaltet seitdem regelmäßig die Fuckup Nights Vienna. Er will damit zeigen: Innovation braucht die Bereitschaft zum Scheitern. Und Scheitern bringt dich weiter.


SCHÖNER SCHEITERN

DER WEG ZUM FUCKUP

Um aus Fehlern zu lernen, musst du erst selbst welche machen. Hier sind fünf Klassiker:

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Zieh immer­ alles allein durch Du hattest die Idee, also verwirklichst du sie auch. Und zwar nur du. Ein Partner mag zwar ein anderes Skillset mitbringen, aber er hat auch eine andere Meinung. Und das führt zu Streit. Und Business-Angels? Die sollen dich mit ­ihren verstaubten Weis­heiten bloß in Frieden lassen.

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Warte, bis alles perfekt ist

Warte so lange wie möglich, bevor du mit deiner Idee an die Öffentlichkeit trittst – schließlich muss jedes noch so kleine Detail perfekt sein. Und Details brauchst du viele: Features, Features, Features – nur so kannst du dich von der Konkurrenz abheben. Sobald die Nachfrage größer ist, werden die Kunden alle Features dann auch nutzen.

INNOVATOR

HAVE FUN 5

Teure Berater: je mehr, desto besser Weil du „lean“ bleiben möchtest, lagerst du komplette Arbeits­ bereiche an externe „Experten“ aus. Je mehr, desto besser. Dass deine Ideen oft nicht so umgesetzt werden, wie du dir das vorstellst, und jeder neue Auftrag teuer ist, kannst du nicht wissen.

4

Sorg dich nicht ums Geld, ist ja nicht deins Das Kapital kommt von den Investoren. Und die werden auch nachlegen, wenn es nicht so läuft wie im BusinessPlan beschrieben. Die Hektik und Hysterie der anderen? Die wird sich schon noch legen.

Keine Lust auf eigene Fehler? Dann lerne von denen der anderen:

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Juni Fuckup Nights Vienna Vol. XXV powered by INNOVATOR Zum Jubiläum fährt Veranstalter Dejan Stojanovic schwere Geschütze auf. Erstmals finden die Fuckup Nights als „Summer Edition“ open air statt. Doch auch im Szene-Club Volksgarten bleibt das Grundprinzip dasselbe: Erfolgreiche Unternehmer schildern den Besuchern bei freiem Eintritt ihre größten Fuckups und wecken damit bei ihnen Emotionen und Inspiration (Bild). Volksgarten, Wien; fuckupnights.at

3

Pfeif auf Marketing

Du bist verliebt in dein geniales Produkt. Also werden die anderen das garantiert auch sein. Sie müssen sich nur Zeit nehmen, um es zu entdecken und zu verstehen. Wozu überhaupt die Werbetrommel rühren? Eben. Das wäre bloß eitel.

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DO IT

SAVE THE DATE

Die Oberöster­ reicherin Tanja Sternbauer ist in der ganzen Welt zu Hause – vor­ wiegend in Wien und Tel Aviv. Als Mitgründerin von „Female Founders“ und Managing Partner bei „Startup Live“ kümmert sie sich um Diversität und Vernetzung in der Szene.

MIT TANJA STERNBAUER

Events für alle, die über Trends und neue Technologien Bescheid wissen wollen. Hier findest du Termine, die du in den kommenden Wochen nicht verpassen solltest – exklusive Tipps von einer Expertin aus der Start-up-Szene. innovator :

Warum gibt es im Sommer weniger Events? TANJA STERNBAUER: Weil einfach viele Leute im Urlaub sind. Start-ups machen Urlaub? Nicht die Start-ups, aber potenzielle Speaker. Es ist schwer, echte Kaliber im Juli oder August zu einem Event zu bekommen. Deshalb verstehe ich Veranstalter, die im Sommer pausieren. Was rätst du Interessierten als Alternative? Verreisen! An kleine Meet-ups an­ docken. Die gibt es schon. Ich nutze den Sommer dazu, Abstand von Wien zu gewinnen. Wenn in Österreich nichts los ist, hat man Gelegenheit, ein an­ deres Ökosystem kennenzulernen.

25 Juli Innovation Melange

Die kreative Eventserie von Europas größtem Co-Working-Network: Diesmal treffen sich Experten und jene, die es werden wollen, zum Thema User Experience. Theorie kommt von Innovation School Director Stefan Bauer, praktischer Input vom FinTech-Start-up Lendo.

Zum Beispiel? Ich war vor kurzem in Priština und bin immer noch geflasht. Ich hätte mir nie erwartet, dass die Szene im Kosovo so spannend ist. Klein, aber voller Drive. Du merkst den Hunger der Leute. Hier ist ein Start-up keine Lifestyle-Entscheidung, sondern ein Muss, um Geld zu verdienen. Ein idealer Trip für alle, die nicht unbedingt ans Meer wollen. Und für alle anderen? In Albanien ist auch gerade einiges am Entstehen – an den Küstenorten. Sonst kann ich jedem nur Tel Aviv ans Herz legen, wo ich den ganzen Sommer verbringe. Die „Einfach tun“-Mentalität in Israel ist beeindruckend.

16 Mein lSpezia p ip T

bis 19. September DLD Tel Aviv Innovation Festival „So einen Event hast du noch nicht gesehen. Open Air auf einem alten Bahnhofsgelände, zwei Minuten vom Meer entfernt, und Speaker von Weltformat, die sich nicht in einer VIP-Lounge verstecken, sondern mit dir auf Augenhöhe sprechen.“ dldtelaviv.com

Der große Vorteil meines Office dort: die internationale Community, an die ich andocke.

TANJA STERNBAUER

Talent Garden, Wien; talentgarden.at

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INNOVATOR


S A V E T H E D AT E

MARCELLA RIUZ CRUZ, TALENT GARDEN VIENNA/SEBASTIAN KREUZBERGER, TAMÁS KÜNSZTLER

7 5 bis

September Startup Live Summer Party Wer hart arbeitet, darf auch mal feiern. Umso besser, wenn man dabei auch noch Kontakte knüpfen und sich von Größen der Gründerszene inspirieren lassen kann: Das Sommerfest von Startup Live (im Bild der 2018er-Event in der Wiener Pratersauna) verbindet das Angenehme mit dem Nützlichen.

TANJA STERNBAUER

Strandbad, Klagenfurt; startuplive.org

Juli Business Angel Summit „Am Hahnenkamm kommen d’ Leut z’samm.“ Was für Kitzbühel im Winter gilt, stimmt auch bei diesem Networking-Event für potenzielle Investoren und Jung­ unternehmer. Neben Startup-Pitches gibt es Keynotes der erfolgreichen Gründer von Tricentis und Von Erl. Rasmushof, Kitzbühel; businessangelsummit.at

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INNOVATOR

Pitching Sessions unter der Sonne, Netzwerken mit kühlen Drinks und Beach-Party – es wird herrlich!

Juni Red Bull Amaphiko Fellowship Program

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September Austrian Startup Stammtisch An diesem Stammtisch wird nicht über Politik gelästert, sondern Zukunft gestaltet. Die Institution der heimischen Start-up-Szene feiert ihre 75. Auflage und bietet auch zum Jubiläum namhafte Gastspeaker sowie „Speed Dating“ für Gründer: Direk­ teres Feedback gibt’s kaum. Wien; austrianstartups.com

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und 27. ­September Wirtschafts­ forum Velden Ausnahmsweise lassen sich im Casino alle in die Karten schauen: Wirtschaftsexperten aus Österreich, Ost- und ­Südosteuropa diskutieren zu den Themen Export, Digitalisierung und Industrie 4.0. Für Start-ups interessant: Der Pitch Call ist noch offen. Casino, Velden; forumvelden.at

Ende Juni endet die Bewerbungsfrist für das neue FellowshipProgramm von Red Bull Amaphiko, das im September 2019 startet. Es unterstützt Unternehmer mit einem sozialen An­ liegen ein halbes Jahr lang mit Workshops, Coachings und dem Zugang zu einem globalen Netzwerk von Social Entre­ preneurs. Anmeldung und Infos: redbull.com/amaphiko

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READ IT

MOMENT MAL  – DAS GEHT DOCH NICHT!

W

ie oft wurden wir schon mit Ideen konfrontiert, bei denen Bauch und Kopf gleichermaßen gesagt ­haben: „Du hast gelernt, dass das nicht funktioniert, also lass es sein!“ Wie oft erleben wir im beruf­ lichen Alltag, dass das geplante Vorhaben nicht dem Standard entspreche, zu unkonventionell sei – und deshalb keine ­Genehmigung bekommt.

Andreas Gall 54, spürt als Chief Innovation Officer im Red Bull Media House Neuerungen auf, die die Zukunft der Medien und der Consumer ­Technology gestalten.

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Als Innovator werde ich oft mit diesen Widersprüchen konfrontiert, bei denen die präsentierte Idee so überhaupt nicht in das Gelernte passt. Und natürlich gehört es auch zum Business, dass man gelernte Strukturen, Prozesse und Technologieanwendungen erst einmal verteidigt – also auf dem Bestehenden beharrt, anstatt sich offen einer anderen Sichtweise, Lösung oder Erneuerung zu stellen. Warum ist es wichtig, das aktuell Gelernte immer wieder zu hinterfragen? Weil der technologische Fortschritt nicht Halt macht

und das Unmögliche mitunter möglich wird. Die Physik ändert sich nicht. Die Rahmenbedingungen mitunter schon. Vor zwei Jahren bekam ich einen Anruf von einem netten Herrn, der schon am Telefon so klang, als wäre er nicht mehr im „Start-up-Alter“. Er erzählte mir von einer Erfindung für den Luftfahrzeug­ bereich – ein Team von erfahrenen Ingenieuren habe es geschafft, ein Fluggerät zu entwickeln, das mit einem einzigen Rotor auskomme. „Moment mal – das geht doch nicht! Nur ein Hauptrotor ohne Drehmomentausgleich – das kann nicht funktionieren!“

Feldkirchen statt San Francisco

Skepsis und Neugierde müssen selbst am Telefon hörbar gewesen sein, und ich bekam eine Einladung, den flugfähigen Prototyp zu bestaunen. Nicht in San ­Francisco, Wien oder München, sondern in Feldkirchen, einer kleinen Stadt in Kärnten. Der Besuch sollte mein Mindset nachhaltig ändern. Unsere Vorväter haben Dinge ersonnen, die auf Basis der ihnen zur Verfügung ­stehenden Mittel noch nicht umsetzbar waren. Die Erfindungen und Ideen landeten in Schubladen oder Archiven. Doch es gibt Menschen, die dieses Wissen pflegen und durchforsten, um zu prüfen, ob ­vielleicht der Zeitpunkt gekommen ist, um aus der Vision eine funktionierende ­Realität zu machen. Diese Personen sitzen nicht nur in Bibliotheken, Universitäten und Forschungsanstalten, sondern auch in privaten Communitys von „Freizeit­ forschern“. Alte Ideen werden aus dem Archiv geholt, mit höchstem Respekt

INNOVATOR

MICHAEL PRESCHL

Wenn ein Besuch in Kärnten alles auf den Kopf stellt: unser Wissen über Physik und Aerodynamik und das allgemeine Bild von Erfindern.


KOLUMNE

IMPRESSUM

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Österreich, ISSN 1995-8838

„DIE PHYSIK ÄNDERT SICH NICHT. DIE ­R A H M E N B E D I N G U N G E N MITUNTER SCHON.“

Chefredakteur The Red Bulletin Alexander Macheck Chefredakteur Innovator Arek Piatek Art Director Kasimir Reimann Photo Director Eva Kerschbaum Chefin vom Dienst Marion Lukas-Wildmann Managing Editor Ulrich Corazza Freie Mitarbeiter Marc Baumann, Waltraud Hable, Jakob Hübner, Reiner Kapeller, Johannes Kornacher, Alexander Lisetz, Stefan Wagner, Wolfgang Wieser Grafik Miriam Bloching, Martina de CarvalhoHutter, Kevin Goll, Carita Najewitz, Antonia Uhlig Illustrationen Johannes Lang Fotoredaktion Marion Batty, Ellen Haas

vor dem damaligen Wissensstand. Eine nächste Generation übernimmt, und in manchen Fällen wird aus der „verrückten, unrealistischen Idee“ ein erfolgreiches Produkt.

Innovation braucht Emotion

Damit das funktioniert, braucht es nicht nur den kühlen, analytischen Blick des Wissenschaftlers, sondern auch Begeis­ terung und Emotion – ein Feuer, das in ­einem lodert. Und diese Emotionalität kann ansteckend sein: Das Fluggerät, das eigentlich so nie fliegen dürfte, hob vor meinen Augen ab. Stellte auf den Kopf, was ich über Physik und Aerodynamik zu wis­ sen meinte. Ich hatte Tränen in den Augen vor Begeisterung, Freude und Respekt vor den alten Ingenieuren, die vor vierzig Jahren im ersten Anlauf gescheitert waren – nun war ihre große Stunde gekommen. Was das im Bewusstsein meines Teams geändert hat? Wir sind offener und moti­ vierter Erfindungen gegenüber, die auf den ersten Blick verrückt oder unmöglich erscheinen. Wir beflügeln bewusst auch Projekte, die aus der Vergangenheit zu uns gefunden haben und auf eine nächste Chance warten. Und wir haben gelernt: Innovation braucht gute Rahmenbedin­ gungen, Zeit und oft den richtigen Zeit­ punkt. Vor allem aber braucht Innovation eine über das Rationale hinausgehende Begeisterung – sie braucht Emotion! Die Story über das Kärntner Start-up und sein Fluggerät finden Sie in der nächsten Ausgabe des INNOVATOR-Magazins.

Global Project Management Melissa Stutz Global Head of Media Sales Gerhard Riedler Head of Publishing Development und Product Management Stefan Ebner Publishing Management Sara Varming (Ltg.), Bernhard Schmied, Mia Wienerberger Head of Creative Markus Kietreiber Commercial Design Peter Knehtl (Ltg.), Sasha Bunch, Simone Fischer, Martina Maier

Länderredaktion Christian Eberle-Abasolo Country Project Management Bernhard Schmied Media Sales Innovator Österreich Gerald Daum Media Sales Vanessa Elwitschger, Franz Fellner, Mario Filipovic, Thomas Hutterer, Franz Kaiser, Alexander Kopellos, Stefanie Krallinger, Christopher Miesbauer, Nicole Okasek-Lang, Valentina Pierer, Jennifer Sabejew, Phillip Schleussner, Elisabeth Staber, Johannes Wahrmann-Schär anzeigen@at.redbulletin.com Druck Prinovis Ltd. & Co. KG, D-90471 Nürnberg Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz Informationen zum Medieninhaber sind ständig und unmittelbar unter folgender Web-Adresse auffindbar: www.redbulletin.at/impressum Redaktionsadresse Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-0  Fax +43 1 90221-28809 Kontakt redaktion@at.redbulletin.com

Creative Solutions Eva Locker (Ltg.), Verena Schörkhuber, Edith Zöchling-Marchart Anzeigendisposition Manuela Brandstätter, Monika Spitaler Produktion Friedrich Indich, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig Lektorat Hans Fleißner (Ltg.), Petra Hannert, Monika Hasleder, Billy Kirnbauer-Walek, ­ Belinda Mautner, Klaus Peham, Vera Pink Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Nenad Isailovic, Josef Mühlbacher Herstellung Veronika Felder Office Management Yvonne Tremmel (Ltg.), Alexander Peham

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Deutschland, ISSN 2079-4258 Länderredaktion David Mayer Country Project Management Natascha Djodat Anzeigenverkauf Matej Anusic, matej.anusic@redbull.com Thomas Keihl, thomas.keihl@redbull.com

MIT-Experte Michael Thaler Abo und Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.), Klaus ­Pleninger (Vertrieb), Nicole Glaser ­( Vertrieb), ­Victoria Schwärzler, ­Yoldaş Yarar (Abo) General Manager und Publisher Andreas Kornhofer Verlagsanschrift Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-0 Fax +43 1 90221-28809 Web redbulletin.com Medieninhaber, Verlag und Herausgeber Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Schweiz, ISSN 2308-5886 Länderredaktion Arek Piatek Country Project Management Melissa Stutz Anzeigenverkauf Marcel Bannwart, marcel.bannwart@redbull.com Abo- und Leserservice abo@ch.redbulletin.com

Geschäftsführer Dkfm. Dietrich Mateschitz, Gerrit Meier, Dietmar Otti, Christopher Reindl INNOVATOR

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TECH-HIGHLIGHT

„ MIT DEM LASER ENTDECKEN WIR NEUE ANTIBIOTIKA TAUSENDMAL SCHNELLER.“ Dr. Irene Wüthrich

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Winzige Lebensretter „Wir sitzen auf einer tickenden Zeitbombe“, sagt Dr. Irene Wüthrich, Forscherin an der ETH Zürich. Sie meint damit die stetig wachsende Zahl antibiotikaresistenter Keime. Ihr Start-up SpheroBiotics soll ­diese Bombe entschärfen. Mit Co-Founder Dr. Steven Schmitt lässt sie einen Laser nach neuen Antibiotikastämmen suchen – in mikroskopisch kleinen, natürlichen Gemeinschaften von Mikroorganismen. Die Chancen stehen gut: 99 Prozent der Mikro­ organismen sind bislang unerforscht. Und ihre „Nano-Fleming-Methode“ kann pro Woche Millionen von ihnen scannen. Bei Erfolg wird die Bombe also nicht hochgehen. spherobiotics.com

INNOVATOR

SPHEROBIOTICS

Per Laser auf der Suche nach natürlichen Anti­ biotika: Schmitt und ­Wüthrich identifizierten schon 100 neue anti­ bakterielle Stoffe.



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www.audi.at/zubehoer Bitte beachten Sie, dass sich durch Sonderausstattungen und Zubehör relevante Fahrzeugparameter, wie z.B. Gewicht, Rollwiderstand und Aerodynamik verändern und sich dadurch abweichende Verbrauchswerte und CO2-Emissionen ergeben können. Symbolfotos.


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