Relax Magazin 2022

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B A D E N - W Ü R T T E M BER G

SINNLICHE GEWISSHEI T IM SCHLOSS Unser Verhältnis zu Berührungen hat sich gewandelt . In einem luxur iösen, von Park und Wald umgebenen Schlosshotel weiß man mit dem heiklen Thema sensibel umzugehen.

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er Ohrwurm „Tausendmal berührt“ wurde lange vor der „Corona-Zeit“ geschrieben. Heute müsste man wohl titeln: „Tausendmal nicht berührt“. Das Virus hat nicht nur die Welt komplett verdreht, sondern auch unser Berührungsverhalten. Aus Mangel an realen Begegnungen rückten die TouchScreens von Handys oder Tablets noch näher. Gleichzeitig hat in anderen Bereichen die absolute Berührungslosigkeit Einzug gehalten. Angefangen von Supermarktkassen, die auffordern, „zur Sicherheit unserer Mitarbeiter“ möglichst „berührungslos“ zu bezahlen, bis hin zu unbeholfenen Winke-Verbeugungs-Begrüßungen bester Freundinnen, die einander jahrzehntelang stets fest zu umarmen pflegten. Wenn Abstandhalten Leben retten soll, hat die Tuchfühlung Feierabend. Die zwischenmenschliche Berührung und wie sie sich im Laufe der Corona-Maßnahmen verändert hat, ist für die sogenannten „körpernahen Dienstleistungen“ ein wichtiges Thema. Die Wellnesshotellerie als eine Branche, für die Anwendungen mit Körperkontakt zur Kerntätigkeit zählen, muss sich darüber Gedanken machen, wie sie in Zukunft mit Berührungen umgehen wird. Wie begrüßt man fortan liebgewonnene Stammgäste? Wie gestaltet man die notwendige räumliche Nähe zwischen Kosmetikerin und Kundin während eines Peelings? Wie reagieren die Teilnehmer einer Yogastunde auf haltungskorri-

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gierende Berührungen? Und eine zentrale Frage lautet: Wollen die Gäste überhaupt wieder berührt werden? Im luxuriösen Wald & Schlosshotel Friedrichsruhe in Baden-Württemberg, einem der allerbesten Spa-Hotels Deutschlands, kann man diese Frage klar mit Ja beantworten. Denn es zeigte sich, dass die Gäste des renommierten Fünfstern-superiorHauses nach den vielen Monaten der Schließung Berührungen und zwischenmenschliche Ges­ten nun mehr wertschätzen als davor. „Sie kommen heute seltener mit dem Handy herein, und sie verlassen die Massage mit mehr Dankbarkeit und Herzlichkeit als früher“, berichtet etwa die Massagetherapeutin Anna Annett Albinus. Sie und ihre Kolleginnen wussten freilich schon vor Corona, dass die körperliche Nähe, wie sie zwischen Therapeuten und Gästen herrscht, auch die seelische Nähe verstärken kann. Heute jedoch sind die Gespräche währenddessen oft noch tiefer, noch persönlicher. „Es entsteht Verständnis füreinander. Man spürt die Energie des anderen, selbst mit geschlossenen Augen.“ Auch die Wertschätzung der Therapeuten dem eigenen Beruf gegenüber ist gewachsen. Für sie ist es eine höchst erfüllende Aufgabe, durch gezielte Berührungen, die sie in jahrelanger Ausbildung und Praxis bis zur Virtuosität weiterentwickelt haben, in diesen anspruchsvollen Zeiten zur körperlichen und seelischen Gesundheit ihrer Gäste beizutragen.


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