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COVID-19 UND RHEUMATOLOGIE Post-COVID: Häufung von Autoimmunerkrankungen in Deutschland?

Einige Auswertungen von Datenbanken hatten bereits darauf hingewiesen, dass vor allem schwere COVID-19-Verläufe als Trigger für die Entwicklung zumindest einiger Autoimmunerkrankungen (AIRD) fungieren könnten. Die hierzu bislang größte, bislang aber nur als Preprint verfügbare Analyse von Versicherungsdaten durch deutsche Experten um Jochen Schmitt und Falko Tesch, Dresden, scheint diese Assoziation zu bestätigen. Am stärksten betroffen waren hospitalisierte bzw. intensivmedizinisch behandelte COVID-19-Patienten. Aus der rheumatologischen Brille gesehen, kam es Post-COVID vor allem gehäuft zu Vaskulitiden.

Schon lange vor SARS-CoV-2 wurden Virusinfektionen als mögliche Trigger für AIRD diskutiert. Neu angefacht wurde diese Debatte durch den Nachweis von Autoantikörpern in Blutproben von (Post)-COVID-19-Patienten, wobei deren klinische Relevanz bisher unklar ist. Jetzt analysierte das deutsche Team, ob bei Patienten nach durchgemachter COVID-19- Erkrankung häufiger eine AIRD diagnostiziert wurde. Herangezogen wurden hierfür die Abrechnungsdaten der Jahre 2019 bis Juni 2021 von 38,9 Millionen gesetzlich Versicherten. Diese stammen von der AOK PLUS, der BARMER, der DAK-Gesundheit, der IKK classic, der Techniker Krankenkasse sowie aus der Forschungsdatenbank der InGef, über die ein wesentlicher Teil der Daten von Betriebskrankenkassen einbezogen wurde.

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Darunter waren 641.704 Patienten, die sich 2020 mit dem SARSCoV-2-Wildtyp infiziert hatten. Von diesen wurden 40.846 aufgrund COVID-19 hospitalisiert, davon mussten 10.357 auf die Intensivstation. Die Patienten wurden nun mit der 3-fachen Anzahl von auf Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen und Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen gematchten Versicherten verglichen, die im ersten Pandemiejahr keine (nachgewiesene) SARS-CoV-2-Infektion durchmachten.

Vor allem deutlicher Anstieg von Vaskulitiden

Tatsächlich fand sich unter den Infizierten 3-15 Monate nach ihrer COVID-19-Erkrankung ein Anstieg von AIRD im Vergleich zu den nicht von COVID-19 betroffenen Versicherten mit Inzidenzraten (IR) von 15,05 vs. 10,55 Diagnosen einer AIRD pro 1.000 Versichertenjahre (VJ), was einer signifikanten relativen Zunahme von AIRD-Diagnosen um 43 % entsprach (relative Inzidenzrate [IRR] 1,43; 95% KI 1,37-1,48). Die am häufigsten neu aufgetretenen AIRD waren Hashimoto-Thyreoiditis (IR 4,41/1.000 VJ; IRR 1,42), Morbus Basedow (IR 3,52/1.000 VJ; IRR 1,41), Psoriasis vulgaris (IR 3,17/1.000 VJ; IRR 1,17), rheumatoide Arthritis (IR 2,43/1.000 VJ; IRR 1,42) und Sjögren-Syndrom (IR 1,24/1.000 VJ; IRR 1,44). Insbesondere Vaskulitiden wie Granulomatose mit Polyangiitis (IRR 2,51), Morbus Behçet (IRR 2,42), Sarkoidose (IRR 2,14) und Arteriitis temporalis (IRR 1,63) wiesen die größten Assoziationen mit einer vorherigen COVID-19-Erkrankung auf.

Ein weiteres Ergebnis der Datenanalyse war, dass das Risiko einer AIRD mit dem Schweregrad der vorangegangenen Infektion assoziiert war. Während der Anstieg von neu aufgetretenen Autoimmunerkrankungen bei ambulant behandelten COVID-19-Patienten noch moderat ausfiel (IRR 1,38), war bei hospitalisierten Patienten (IRR 1,75) und mehr noch den intensivpflichtigen (oft auch invasiv beatmeten) COVID-19-Patienten (IRR 2,28) ein Anstieg der Neudiagnosen auf bis zu über das Doppelte zu verzeichnen.

Abgesehen davon, dass ein Peer-Review noch aussteht, lässt diese Analyse von Versichertendaten keine gesicherten Rückschlüsse darüber zu, ob tatsächlich ein kausaler Zusammenhang zwischen einer durchgemachten COVID-19-Infektion und relativ zeitnah folgenden AIRD-Diagnosen vorliegt. So könnte eine vorangegangene Infektion mit den damit verbundenen Arztbesuchen zu einem größeren Symptombewusstsein geführt haben. Auch könnten Ärzte bei der Untersuchung primär die COVID-19-Patienten genauer nach weiteren Erkrankungen gefragt haben, worauf auch die DGRh in einer Stellungnahme vom 3. Februar hinweist. m

Quellen: medRxiv 2023; doi: 10.1101/2023.01.25.23285014

Pressemitteilung Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden, 30. Januar 2023

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