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Music reviews

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Magische Trüffel

Magische Trüffel

Text: M-Dog

Madcon „Contraband“

Im Mai 2010 demonstrierte das skandinavische Popduo Madcon (in Zusammenarbeit mit dem Eurovision Song Contest und dem norwegischen TV-Sender NRK), wie man mit Kreativität, Technologie und Musik unzählige Menschen dazu bringen kann, die trübe Rezessions-Stimmung wegzutanzen. Sie lieferten mit ihrer Single „Glow“ den Soundtrack für den Eurodance-Flashmob, der von Millionen Zuschauern in ganz Europa live verfolgt wurde. Schon vor einigen Jahren gelang den zwei Norwegern mit ihrer Hit-Single „Beggin“ der internationale Durchbruch, auch wenn es danach erst mal etwas ruhiger um Tshawe Baqwas und Yosef Wolde-Mariam wurde. Ein kontinuierlich hohes Maß an kommerziellem Erfolg aufrecht zu erhalten, gehört in unseren wirtschaftlich unsicheren Zeiten aber auch zu den kniffligsten Aufgaben einer Band und nicht selten verlieren Musiker mit den Jahren ihren ursprünglichen Spirit. Nicht so Madcon – man bewahrte sich die Energie, konzentrierte sich immer wieder aufs Neue und ging so einen Weg, der die Zwei jetzt mit dem nagelneuen Studioalbum „Contraband“ aufwarten lässt. Und die Zeichen stehen nicht schlecht - mit „Glow“ konnte Madcon jedenfalls nahtlos an den großen Erfolg von „Beggin’“ anknüpfen. Fazit: Hitpotenzial!

Michael Franti & Spearhead “The Sound Of Sunshine”

Das inspirierende neue Studioalbum des US-amerikanischen Reggae-Rebells Michael Franti und seiner langjährigen Begleitband Spearhead ist eine musikalische Sonnendusche – hell, schön und für alle Zuhörer sehr ermutigend in schwierigen Zeiten wie diesen. Ironischerweise entstand dieses mal Rock-Reggae-Wohlfühlalbum während einer schwierigen persönlichen Phase für Singer- & Songwriter Franti, der im August letzten Jahres einen bösartigen Blinddarmdurchbruch hatte und in ein Krankenhaus eingeliefert werden musste. Den möglichen Tod vor Augen schrieb Franti viele der neuen Songs aus diesem Bewusstsein heraus – und noch während er im Krankenhaus lag. Dabei wurde ihm bewusst, dass unzählige andere Menschen tagtäglich noch viel schlimmeres durchmachen und so reifte in ihm der Wunsch, für eben diese Menschen ein Album aufzunehmen, welches auf musikalische Weise Hoffnung und Optimismus vermitteln soll. Das gelang ihm schließlich – sicherlich auch wegen der Hilfe der internationalen Reggae-Ikonen Sly and Robbie auf Jamaika, wo die Stücke von „The Sound Of Sunshine“ eingespielt wurden, bevor es dann zum Mixen zurück in die USA ging. Fazit: Unbedingt zugreifen!

The Black Eyed Peas “The Beginning”

Die Black Eyed Peas hatten mit „The E.N.D.“ ein wahres Highlight ihrer Karriere veröffentlicht, das letzte Album der US-Band ging weltweit mehrere Millionen Male über die Ladentheken - von Single-Verkäufen mal ganz zu schweigen. Da lag es nahe, das neue Album „The Beginning“ zu nennen. Will.I.Am bekräftigte allerdings in einem Interview, dass der Titel nicht nur auf das Vorgängeralbum bezogen ist. Es gehe dabei auch um die Nutzung neuer Technologien. Der Name sei daher eher als „symbolisch“ zu betrachten.

Passend dazu wollen die Black Eyed Peas für ihr neues Album mit „Augmented Reality“ oder auch 3D und 360° Videos arbeiten. Und natürlich wurde auch für „The Beginning“ wieder mit neuen und alten Song herumexperimentiert. Herausgekommen ist dabei zunächst einmal die erste Single „The Time (The Dirty Bit)“ - die bestätigt, was eh alle vermutet haben: Das neue Album ist in erster Linie eine Fortsetzung des letzten. Fazit: Viel mehr muss man zum sechsten Studioalbum der Band gar nicht sagen.

New Model Army “Anthology”

Nach 30 Jahren Bandgeschichte kann man wirklich ein Best Of-Album herausbringen – bei NMA kommt dieses in Form einer Doppel-CD mit insgesamt 30 Tracks daher. Dass eine derartige Zusammenstellung nicht für jedermans Zustimmung sorgen kann, dürfte klar sein. Schließlich sind die Geschmäcker verschieden. Aber es ist schon überraschend, dass DIE Bandhymne schlechthin (51st State) nicht mit dabei ist. Vermutlich kann die Band ihr populärstes Stück selbst gar nicht mehr leiden, denn bei dieser Compilation durften alle Besetzungsmitglieder (ehemalige wie aktuelle) ihre persönlichen Favoriten selbst auswählen. Aber keine Angst: Der Großteil der unvergänglichen Klassiker befindet sich natürlich schon unter den 30 ausgewählten Tracks. „Anthology“ geht nicht chronologisch vor, was die musikalische Entwicklung der Band und ihre unterschiedlichen musikalischen Schwerpunkte (von Punk über Wave zu Indie und Folk) umso deutlicher veranschaulicht und für musikalische Abwechslung sorgt. Daneben fällt das neuere, hauptsächlich auf der zweiten CD vertretene Material schon etwas ab, obwohl es beileibe nicht schlecht ist und auf jeden Fall auf die Compilation gehört. Fazit: Kaufempfehlung für Neueinsteiger.

Stereolab „Not Music“

Stereolab sind wirklich unermüdlich. Seit bald 20 Jahren veröffentlichen sie Album um Album, leider haben sie ihre anfänglich sehr erfreulichen Wurzeln im Laufe der Zeit immer weiter vernachlässigt und drifteten zwischenzeitlich in brasilianische Salsa-Klänge ab. Viele Fans waren ein bisschen enttäuscht und wünschten sich die alten Stereo-Labor-Angestellen zurück. Nun wurden ihre Gebete erhört - denn das auf dem Bandeigenen Label Duophonic veröffentlichte 12. Studioalbum „Not Music“ knüpft wieder verstärkt an die früheren bzw. mittleren Phasen an. Das Album beginnt ganz zart und verspielt, die Gitarren erlauben sich manche Umwege, dann setzen Keyboards und Glockenspiel ein und machen „Everybody’s Weird Except Me“ gleich zu einem Ohrenschmaus, der aber sogleich von den herausragenden Bläsern und erhaben schwingenden Piano-Sounds des darauf folgenden Titels „Supah Jaianto“ getoppt wird. Dazu begeben sich Synthesizer, Gitarren und Streicher mit auf den Gipfel einer zwar leicht begehbaren, aber dennoch gestenreich strahlender Musiklandschaft, in der die Stimme von Sängerin Laetitia Sadier als raumfüllendes Instrument und als markantes Wiedererkennungsmerkmal wirkt. Fazit: Auch für alte Fans wieder geeignet...

James Blunt “Some kind Of Trouble”

Mit optimistischen, gut gelaunten Uptempo-Songs versucht Blunt seinen ihm seit „You‘re Beautiful“ vorauseilenden Ruf als introvertierter, sensibler Songwriter ein Stück weit zurechtzurücken, ohne dabei die Fans emotionaler Balladen ganz zu vernachlässigen. Und so nehmen beispielsweise Songs wie „Best Laid Plans“ oder „If Time Is All I Have“ den Hörer wie gewohnt und ganz sanft an die Hand. Sie führen ihn durch Höhen und Tiefen des Liebesleids, an geplatzten Träumen und vergebenen Chancen vorbei - während ein einsames Piano klagt und kurz darauf Streicherarrangements dann doch wieder alles gut machen. „Some Kind Of Trouble“ ist zwar reich an positiven wie negativen Emotionen, doch gleichzeitig wirkt das Album ein wenig lieblos. Denn so sehr sich Blunt auch müht, fast kein einziger Song wirkt wie ehrlich empfunden. Tiefer Schmerz? Überwältigende Freude? Ärger? Partystimmung? Wut? Fehlanzeige. Die völlig für ihren Radio-Einsatz durchformatierten Songs nivellieren jegliches Gefühl. Und um Missverständnisse zu vermeiden: Beim vergleichsweise simplen „You‘re Beautiful“ war jenes noch deutlich zu spüren. Fazit: Nur was für eiserne Fans.

Jamiroquai “Rock Dust Light Star”

Abgefahrene Kopfbedeckungen, wilde Choreographien und ein wenig Out-of-Space-Feeling - Jamiroquai und besonders Frontmann Jay Kay sind anders. Und das schon seit 18 Jahren erstaunlich konsequent. Nun präsentieren sie ihr mittlerweile 7. Album und holen nach 5 Jahren Abstinenz zu einem neuen Rundumschlag aus. Schon die Vorab-Single „White Knuckle Ride“ ist ein Song, der ganz in der Tradition von „You Give Me Something“ und „Deeper Underground“ steht. Trotzdem ist „Rock Dust Light Star“ kein Album, in das man sich gleich beim ersten Hören verliebt. Es will entdeckt werden, auch wenn es mit den gewohnten Synthesizern und der markanten Stimme von Jay Kay besticht. Nach ein paar Anläufen entpuppen sich vor allem der Titelsong „Rock Dust Light Star“, das bereits erwähnte „White Knuckle Ride“, das sanfte „Blue Skies“, „She’s A Fast Persuader“ und „Goodbye To My Dancer“ nach und nach als geniale Pluspunkte dieses Albums. Zwei Jahre haben Jamiroquai gemeinsam am neuen Album gearbeitet und es hat sich gelohnt. Außerdem waren sie nie Kommerz und wollen es auch nicht sein. Fazit: Gut so!

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