KunststoffXtra 11/2020

Page 25

KUNSTSTOFF XTRA

Forschung/Entwicklung

Projekt für wiederverwertbare Kunststoffmaterialien gefördert

Kunststoff kann nachhaltig sein

«Stellen Sie sich zerkratzte Oberflächen von Wohnungsmöbeln vor, zum Beispiel in der Küche», beschreibt Ulrich Schubert vom Center for Energy and Environmental Chemistry Jena (CEEC Jena) der Friedrich-Schiller-Universität ein mögliches Einsatzgebiet intelligenter Kunststoffe. «Sie erwärmen die entsprechende Oberfläche einfach – etwa mit einem Haartrockner – und sie sieht nicht nur wieder aus wie neu, sondern sie ist neu.» Die sogenannten Vitrimere sollen Gebrauchsgegenstände nicht nur langlebiger machen, sodass sie seltener ersetzt werden müssen – und damit einen Beitrag zum Umweltschutz leisten. Sie können auch leichter wiederverwertet werden. «Besonders Verbundwerkstoffe lassen sich kaum recyceln, denn die hier eingesetzten Materialien lassen sich so gut wie nicht mehr voneinander trennen», erklärt Schubert. Deutlich wird dieses Problem, wenn Windkraftanlagen erneuert werden müssen. «Hier fallen grosse Mengen an Abfall an, allein schon über die Rotorblätter. Bis auf wenige Ausnahmen gibt es hier bisher keine geeignete Strategie, diese Ressourcen weiter zu nutzen.»

Intelligente Materialien Mit intelligenten Werkstoffen wie den Vitrimeren liesse sich das ändern. «Diese Materialien sind schaltbar», sagt Schubert. «Das heisst, ihre Verarbeitbarkeit kann gesteuert werden.» So lassen sich theoretisch Verbundwerkstoffe herstellen, die bei Bedarf wieder getrennt und weiter genutzt werden können. Genau das will das durch Schubert koordinierte Team in den kommenden fünf Jahren erforschen. «Besonders interessieren uns faserverstärkte Werkstoffe», so Schubert weiter. «Hier wollen wir vor allem Glas- und Kohlenstofffa11/2020

Jens Meyer/Universität Jena

Nachhaltige Kunststoffe, die sich selbst heilen, intelligente Eigenschaften aufweisen und bei Bedarf recycelt werden können, werden künftig an der Friedrich-Schiller-Universität Jena erforscht. Ein entsprechendes Projekt, koordiniert durch den Chemiker und Materialwissenschaftler Prof. Dr. Ulrich S. Schubert, wird dazu mit zwei Millionen Euro von der Carl-Zeiss-Stiftung gefördert.

Dr. Stefan Zechel von der Universität Jena untersucht das Formgedächtnisverhalten von Kunststoffen. Dabei wird gezeigt, wie ein Kunststoff in einer deformierten Form (links) in seine ursprüngliche Form (rechts) zurückkehrt. Das Wissenschafter-Team forscht an nachhaltigen Kunststoffen, die sich selbst heilen, intelligente Eigenschaften aufweisen und bei Bedarf recycelt werden können.

nachhaltigen Materialien zu ermöglichen.» Die Aussichten dafür sind gut. «Bei der Erforschung innovativer Materialien liegt Jena ganz klar im Spitzenfeld der deutschen Universitäten», sagt Schubert. Das zeige sich nicht zuletzt durch die im Neubau befindlichen Gebäude des Center for Energy and Environmental Chemistry Jena II (CEEC Jena II) und dem angeschlossenen Anwendungszentrum CEEC Jena, in die derzeit insgesamt 50 Millionen Euro investiert werden und die den Standort Jena weiter auf diesem Gebiet stärken.

Für fünf Jahre finanziert

Noch keine konkreten Anwendungen

Mit seinem Vorhaben hat der Jenaer Wissenschaftler und die Forschungsgruppe auch die Carl-Zeiss-Stiftung überzeugt. Über einen Zeitraum von fünf Jahren wurde nun für das ambitionierte Projekt die hohe Fördersumme von zwei Millionen Euro bewilligt. «So einen Betrag erhält man normalerweise nur für ein grosses koordiniertes Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft», erklärt Schubert. Etwa acht Doktorandinnen und Doktoranden sollen in den kommenden Jahren diese neue Materialklasse von der Synthese, der Verarbeitung, ihren zugrundeliegenden Mechanismen bis hin zu ihren Umwelteinflüssen untersuchen. Des Weiteren wird eine Nachwuchsgruppe etabliert.

Dass diese nachhaltigen Kunststoffe letztlich in unseren Alltag Einzug halten werden und eines Tages in Flugzeugen, auf Oberflächen oder etwa in Tennisschlägern eingesetzt werden, davon ist Schubert überzeugt. «Vitrimere sind noch eine sehr junge Klasse von Kunststoffen. Konkrete Anwendungen sind bisher noch nicht vorhanden. Unser Ziel ist es aber, mit dieser Forschung eine neue Generation von

Kontakt Friedrich-Schiller-Universität Jena Philosophenweg 7a D-07743 Jena +49 3641 9-48201 ulrich.schubert@uni-jena.de www.uni-jena.de

sern in die neuen Kunststoffe einbetten, die u. a. für den Leichtbau und die Einsparung von CO² -Emissionen eingesetzt werden können. Uns interessieren aber auch Nanokomposite, in denen Nanofüllstoffe das Material verstärken.»

n 23


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.