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‹VO BÄRG UND TAL› LIEDERHEFT Liebes Konzertpublikum, liebe Mitsingende Volkslieder nehmen in Geschichte und Gesellschaft einen ganz besonderen Platz ein: Sie sind Erinnerungsorte und stiften zugleich Identität. Das gemein same Singen sowie das Teilen und Über l iefern von Liedgut sind lebendige T raditionen, die die Gesellschaft zusam menhalten. Man findet sie im alltägli chen Leben genauso wie beispielsweise im politischen Kontext. Und Volkslieder sind wahre Geschichtenerzähler: Sie verraten uns viel über die Mobilität, Diversität und den Wan del der Gesellschaft über mehrere Jahr hunderte hinweg. Einige der Lieder wur den im klassischen Sinne ‹komponiert›, viele jedoch sind zunächst mündlich überliefert, weshalb unzählige Sprach-, Text- und Melodievariationen im Um lauf sind. Auch grosse Komponistinnen und Komponisten wie F elix Mendels sohn Bartholdy,Gustav Mahler, Béla Bartók oder Helena Winkelman schöpf ten immer wieder aus dem reichen Fun dus der traditionellen Volkslieder. Eines der ältesten noch geläufigen Schweizer Volkslieder ist das Guggisbärglied . Erste Fassungen stammen aus dem beginnenden 18. Jahrhundert. Ähn
lich weit zurück reicht Die Gedanken sind frei . Die Motive des Liedtexts fin den sich aber bereits im Mittelalter. Das schlesische Volkslied ist heute im gesamten deutschen Sprachraum ver breitet. Dass Landesgrenzen bei Volks liedern zumeist eine untergeordnete Rolle spielen, beweist auch L’inverno è passato , das sowohl im Tessin wie auch in Norditalien zu Hause ist. Typische Schweizer Abendlieder sind hingegen La sera sper il lag und Lueget, vo Bärg und Tal . Wenn Sie bei Letzterem genau hinhören, fällt Ihnen in der Melodie führung vielleicht die Anlehnung an das Alphorn auf. Ebenfalls im Programm haben wir W. Nuss vo Bümpliz . Und jetzt fragen Sie sich vielleicht: Ist das überhaupt ein Volkslied? Das wird sich wohl erst in den nächsten Jahren bis Jahrhunderten zeigen – denn was ein Volkslied ist, ent scheidet sich nicht im Ursprung, son dern in dem, was die Menschen daraus machen.
Elena D’Orta Musikvermittlung
Hans-Georg Hofmann Künstlerischer Direktor